in den 80er-Jahren herrschte plötzlich Goldgräber

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del duero
das rote
wunder
In den 80er-Jahren herrschte plötzlich Goldgräber-Stimmung
im Ribera del Duero, und der Boom hält bis heute an. Seither hat
sich die Anbaufläche mehr als verdreifacht, die Region ist nun
schärfster Konkurrent des Rioja-Gebiets.
Text Peter M oser
Foto: beigestellt
Kühle Nächte im Sommer
sorgen für optimale
aromatische Ausprägung
der Trauben.
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falstaff jul–aug 2015
Aquam nis et eum dolorume ma non reptaes quiatur
sapictore offic tempore
ssitatur, sequi amus, quodi
jul–aug 2015 falstaff
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del duero
Vega Sicilia (3)
Peter Sisseck, Dominio de
Pingus (1)
pago de los capellanes (8)
Paco Rodero von
Pago de los Capellanes.
1. Dominio de Pingus
2. Quintanilla de Onésimo
3. Vega Sicilia
4. Aalto Bodegas y Viñedos
5. Quintanilla de Arriba
6. Pesquera de Duero
7. Pedrosa de Duero
8. Pago de los Capellanes
9. La Horra
10. Viña Sastre
11. Bodegas Dominio de
Atauta S. L.
E
s war eine Handvoll engagierter Herren, die das Wunder
»Ribera del Duero« auf den
Weg brachten. Diese heute
längst Arrivierten haben eine
wachsende Zahl junger Betriebe als Konkurrenz bekommen, die ebenfalls
in der Region ihr Glück versuchen. Am
Duero werkt heute nämlich eine junge Generation engagierter Önologen, die sich gegenseitig zu Höchstleistungen antreiben. So kann
man heute aus einer erfreulich breiten Palette
von Rotweinen wählen. Ribera del Duero
hat sich zum schärfsten Konkurrenten des
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altehrwürdigen Rioja-Gebiets entwickelt und
setzt dieses mit seinen ebenfalls auf der Rebsorte Tempranillo basierenden Weinen am
Markt gehörig unter Druck. Immer öfter
kaufen in Rioja aktive Kellereien auch im
Ribera-Gebiet Weingärten, um vom Boom zu
profitieren. Es gibt aber auch den umgekehrten Zugang, indem Betriebe aus dem Ribera
neuerdings in Rioja Kellereien errichten.
Ein Blick zurück: Vor den 80er-Jahren gab
es in der Region ein einziges Weingut von
Rang, und dieses galt in Spanien unter Weinkennern als der Erzeuger des besten Rotweins des Landes: Vega Sicilia ist bis heute
eine Ikone in der Welt des Weins, und dieser
Ruhm fußt auf der enormen Lagerfähigkeit
und Qualität des Unico. Maßgeblich mitgeformt hat diesen Wein der langjährige Kellermeister und Betriebsleiter Mariano García,
einer der Väter der D. O. Ribera del Duero.
Ein anderer, der das Qualitätspotenzial sehr
früh erkannte, war Alejandro Fernández. Er
begann im Jahr 1972, im Alter von 40 Jahren, seinen Traum vom eigenen Weingut
umzusetzen und nannte den Betrieb nach seinem Geburtsort Tinto Pesquera. Er bemühte
sich um höchste Qualität und setzte auf die
Möglichkeiten der Tinta del País, um Rot-
Spanien:
Ribera del Duero
Fotos: Peter Sisseck, beigestellt Illustration: Artur Bodenstein
Aalto BODEGAS (4)
Vega Sicilia ist das berühmteste
Weingut aus dem Ribera del Duero
und vielleicht sogar ganz Spaniens. Seine Unicos sind legendär.
wein nach Bordelaiser Vorbild zu keltern.
Der Zufall wollte es, dass ein junger amerikanischer Weinjournalist seinen Pesquera in
der zweiten Hälfte der 80er-Jahre probierte
und diesen kühn mit dem legendären Pétrus
verglich. So hat Robert Parker jun. eher en
passant einem aufstrebenden spanischen
Winzer einen enormen Anschub gegeben, der
andere Betriebe der Region förmlich mitriss.
Als Parker im Oktober des Jahres 1997 Fer­
nandez’ Topwein Janus aus dem Jahrgang
1994 mit stolzen 97 Punkte bedachte, hatte
Ribera del Duero endgültig die Weltbühne
des Weins betreten.
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Bodegas Rodero: Ein gutes
Beispiel für die moderne
Kellerarchitektur der Region.
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Blick in den Weinkeller:
Bei Bodegas Aalto reifen
stoffige Rotweine heran.
D
ie Geschichte des heute längst weltbekannten Weinbaugebiets ist eine kurze. Erst Ende der 80er-Jahre
wurde das Potenzial des Tempranillo erkannt.
Direktor des Consejo Regulador, dem Kon­
trollrat der Region, die Aalto Bodegas, dessen stoffige, moderne Weine wie der Aalto PS
bereits vielfach ausgezeichnet wurden.
Ebenfalls teilweise außerhalb der offiziellen Gemarkung und darum ebenfalls unter
der Klassifikation Vinos de la Tiera Castilla y
León – wie jene von Mauro – kommen die
Weine von Abadia Retuerta auf den Markt.
Neben der klassischen, aus überwiegend
Tempranillo bestehenden Selección Especial,
einem der großen Preis-Leistungs-Weine Spaniens, wurden spezielle Parzellen für reinsortige Weine gefunden: Pago Garduña für
Syrah, Pago Negralada für Tempranillo oder
Pago Valdebellón für Cabernet Sauvignon,
die stets Anwärter für den besten Sortenvertreter Spaniens abgeben.
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Fotos: beigestellt
In der gleichen Ausgabe von Parkers
Wein-Guide wurde der Grundstein für eine
echte Weltkarriere gelegt. Der Wein des jungen
dänischen Winemakers Peter Sisseck, der sich
in der Nähe von Vega Sicilia niedergelassen
hatte, wurde mit 98 Parker-Punkten geadelt.
Es war der Pingus 1995, der Premierenjahrgang dieses längst zum Kultwein und Blue
Chip und nebenbei auch teuersten Wein Spaniens avancierten Gewächses. 325 Kisten
wurden von diesem legendären Erstling
erzeugt. »Als ich den Wein den spanischen
Händlern anbot, wollte ihn niemand haben,
der Preis war zu hoch und noch dazu von
einem Ausländer. Dann kamen die 98 ParkerPunkte und die internationale Nachfrage«,
erzählt Peter »Pingus« Sisseck schmunzelnd.
»Seither verlange ich von den Spaniern immer
einen höheren Preis als vom Rest der Welt.«
Und der ist ohnehin noch hoch genug. 2004
erhielt der Pingus als erster Wein der Appellation die heiß begehrten 100 Parker-Punkte.
2012 vergab Parker-Mitarbeiter Neal Martin auch für den 1962er-Unico von Vega Sicilia anlässlich einer großen Vertikale die
Höchstmarke. Der Autor dieses Artikels hatte im Laufe der Jahre Gelegenheit, mehr als
50 Jahrgänge des Unico zu verkosten, seine
Wahl fiele aktuell auf den grandiosen 1998er.
Es war der letzte Jahrgang unter der Ägide
des Starönologen Mariano García, der in den
80er-Jahren begann, in Tudela de Duero
außerhalb der D. O. mit seiner Familie die
Bodegas Mauro aufzubauen und den TopWein Terreus zu entwickeln. Nach seinem
Abgang bei Vega Sicilia gründete er mit
Javier Zaccagnini, dem langjährigen
del duero
> Ein weiteres Projekt, das zur Gruppe
der »Outsider« zählt, ist Quinta Sardonia,
das ursprünglich von Starönologe Peter Sis­
seck gemeinsam mit seinem Schüler und
Winemaker Jerôme Bougnaud aus der Taufe
gehoben wurde. Der biodynamische Betrieb
wurde 2010 von der Gruppe Terras Gauda
übernommen. Aber zurück zu Peter Sisseck:
Der in Kopenhagen geborene Winemaker hat
in Bordeaux Önologie studiert, war für zahlreiche Châteaux zuständig und schließlich in
Kalifornien bei Simi, bevor ihn sein Onkel
Peter Vinding-Diers ins Ribera del Duero
lockte, wo er seit 1990 als Haupt-Winemaker für Hacienda Monasterio tätig ist – bis
heute. Zusammen mit Carlos de la Fuente
erzeugt er hier drei Rotweine, allesamt im
Bioanbau: den Hacienda Monasterio
Cosecha, die Reserva und aus besonderen
Jahren eine Reserva Especial. Ein Besuch bei
Pago de Capellanes in Pedrosa ist sowohl für
Weinkenner als auch für Freunde gelungener
moderner Kellerarchitektur lohnend. In der
Rodero Villa Winery entstehen die fünf Rotweine, jeder für sich ein Spitzenwein seiner
Klasse. Neben einem Joven, der Crianza und
der Reserva gibt es zwei außergewöhnliche
Lagenweine, den Nogal und den Picón.
Es gibt in Ribera del Duero mittlerweile
eine Handvoll Weine, in der Regel spezielle
Selektionen aus besonders alten Weingärten,
die es zu hohen Punkten und damit auch zu
entsprechenden dreistelligen Preisen im Handel gebracht haben. Da wären zu nennen: die
beiden Malleolus-Lagen von Emilio Moro
namens Sanchomartin und Valderramiro,
Hermanos Sastre mit Pesus oder Villacreces
mit Nebro, ebenso Dominio de Atauta mit
dem Vegatiles und dem Llanos de Almendro.
Alles Sammlerstücke, erzeugt in limitierter
Menge und in der Gastronomie völlig unerschwinglich.
Was also trinken im gehobenen, aber doch
noch halbwegs leistbaren Segment? Unser
Tipp ist folgendes Quartett: Alion, der
N
eben einigen teuren
Prestige-Weinen, die
weltweite Nachfrage erfahren, bietet Ribera del Duero
viele preiswerte Produkte,
die zu kosten sich lohnt.
Pablo Alvarez (li.) von der
Star-Bodega Vega Sicilia.
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Der dänische Önologe
Peter Sisseck schuf
mit Pingus die neue
Ikone der Region.
moderne kleine Bruder von Vega Sicilia,
vinifiziert von Xavier Ausas, die klassische
Reserva von Pesquera, der flotte Aalto von
Mariano García oder die Reserva von Hacienda Monasterio, der Pingus Sisseck den
letzten Schliff verleiht. Da ist man garantiert
auf der sicheren Seite. Und im Tasting-Teil
ab Seite 212 haben wir für Sie sechs ganz
besonders empfehlenswerte Weine
herausgekostet.
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Fotos: beigestellt
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best of Ribera
del duero
Weitere Bewertungen und Beschreibungen ab Seite 212
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»2011 Mauro Terreus«
Bodegas Mauro
Tudela de Duero
14,5 Vol.-%, NK. Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern, violette Reflexe, zarter Wasserrand. Intensive
schwarze Beerenfrucht, Brombeerkonfit, Zwetschgen, zart nach
La­kritze, Röstaromen und Edelholzwürze, süße Gewürze. Stoffig, engmaschig und extraktsüß, opulente
und doch elegante Textur, seidenweiche Tannine, reife Kirschen, Thymian, anhaltend, Zukunftspotenzial.
www.vinos.de, € 89,–
»2010 Pago Negralada«
Abadia Retuerta
Sardon de Duero
14 Vol.-%, NK. Dunkles Rubingranat,
tiefer Kern. Intensive schwarze
Beerenfrucht, Schlehen, zart nach
Gewürzen und Edelholz, etwas
Nougat, tabakiger Anklang. Saftig,
elegante Textur, zarte Extraktsü­ße, feine, seidige Tannine, reife
Kirschenfrucht, feines Säuregerüst,
sehr lange anhaltend, mineralischer
Nachhall, wirkt bereits zugänglich,
Länge und Reifepotenzial.
www.weinart.at, € 90,–
»2010 Mauro Vendimia
Seleccionada (VS)«
Bodegas Mauro
Tudela de Duero
14,5 Vol.-%, NK. Leuchtendes
Rubingranat, fester Farbkern, violette Reflexe, dezente Randaufhellung.
Attraktive dunkle Fruchtnuancen,
mit Anklängen von Trockenkräutern, einem Hauch von MokkaRöstaromen, rauchiger Touch. Stoffig, kernig, reife Kirschen, samtige,
tragende Tannine, extraktsüßer
Anklang im Abgang.
www.vinos.de, € 59,90
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»2007 Vega Sicilia Único
Gran Reserva«
Bodegas Vega Sicilia
Valbuena de Duero
14,5 Vol.-%, NK. Kräftiges Rubin­
granat, violette Reflexe, dezenter
Ockerrand. Edelholznuancen, rotes
Waldbeerkonfit, Brombeeren,
Dörrzwetschgen im Hintergrund,
tabakig, ein Hauch von Nougat.
Extraktsüße, reife Herzkirschen,
samtige, perfekt integrierte Tannine, finessenreich strukturiert, salzige Mineralität, Frische und Länge.
www.vinorama.at, € 299,30
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ta sting-info
»2009 Pago de los
Capellanes El Picon«
Pago de los Capellanes
Pedrosa de Duero
15 Vol.-%, NK. Dunkles Rubingranat.
Würzige Nase, zarte Anklänge von
Dörrobst, Feigen, reife Kirschen,
etwas Nougat, zarte balsamische
Anklänge. Komplex, engmaschig,
wirkt konzentriert, mächtige, gut
eingebundene Tannine, extraktsüß,
gute Frische, feine Schokoladenoten
im Abgang, bleibt haften, zitroniger
Touch, gutes weiteres Potenzial.
www.cielo-de-vino.de, € 149,–
»2011 Pago Valdebellon
Cabernet Sauvignon«
Abadia Retuerta
Sardon de Duero
Tiefdunkles Rubingranat, opaker
Kern, violette Reflexe, zarte Randaufhellung. Zunächst zart blättrigtabakig, feine Edelholznoten,
Gewürze, schwarzes Waldbeerkonfit unterlegt, zart nach Velour und
Nougat. Kraftvoll, saftig und süß,
präsente Tannine, die bereits gut
eingebunden sind, zart nach Feigen
im Nachhall, bleibt haften.
www.weinart.at, € 90,–
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»2011 Pingus«
Dominio de Pingus
Quintanilla de Onesimo
15,5 Vol.-%. Tiefdunkles Rubingranat, opaker Kern. Schwarzes Beerenkonfit, Edelholzwürze, Anklänge
von Heidelbeeren, kandierte Veilchen, rauchige Anklänge, dunkle
Mineralität, süße Gewürznuancen.
Sehr kraftvoll, opulente Textur,
extraktsüß, reife, tragende Tannine,
dezente Schokoladenoten im Nachhall, ausgezeichnete Länge.
www.vinos.de, € 790,–
»2011 Alión«
Bodegas y Viñedos Alion
Peñafiel
14,5 Vol.-%, NK. Kräftiges Rubingranat, violette Reflexe, breitere Randaufhellung. Süße Gewürze, Edelholzanklänge, dunkle Beerenfrucht,
reife Zwetschgen, kandierte Orangenzesten, etwas Kardamom. Saftig, gute Komplexität, reife Kirschen, angenehme Fruchtsüße, feine, gut verwobene Tannin, verfügt
über Länge, sicheres Reifepotenzial.
www.vinorama.at, € 59,80
»2009 Vega Sicilia
Valbuena 5 año Reserva«
Bodegas Vega Sicilia
Valbuena de Duero
14 Vol.-%, NK. Dunkles Rubingranat.
Süße Gewürze, Nougat dunkle
Beerenfrucht, feine Holzwürze,
Brombeeren und schwarze Kirschen. Komplex, stoffig, extrakt­
süße Textur, sehr feine Tannine,
frische Struktur, elegant und mit
guter Länge ausgestattet, sehr
balanciert, delikate Kirschenfrucht.
www.vinorama.at, € 123,90
falstaff jul–aug 2015
Fotos: beigestellt
wein / r i b e r a