Präsentation

NÖ Landesverein für Sachwalterschaft
und Bewohnervertretung
Bewohnervertretung
Freiheit
bewahren.
Sicherheit
Mobilität
Menschenwürde
Selbstbestimmung
geben.
achten.
erhalten.
stärken.
Lebensqualität
steigern.
ICH UNTER ANDEREN
Aus Sicht der Bewohnervertretung
Über die Freiheit und ihre Grenzen
10 Jahre HeimAufG
Dr. Christian Bürger
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
10 Jahre HeimAufG
Zahlen. Daten. Fakten.
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Wieviel wird fixiert?
Freiheitsbe- und einschränkende Maßnahmen 2005 - 2014
NÖLV
Jahr
Altenpflegeeinrichtung
Behinderteneinrichtung
Krankenanstalt
Summe
Anzahl der gemeldeten FB/FE
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
4.307
2.734
2.398
2.716
2.158
2.032
1.932
1.611
1.625
1.557
308
321
264
100
96
128
165
188
253
270
0
3
268
1.732
8.573 11.577 11.050
9.214
9.038
9.677
4615
3.058
2.930
4.548 10.827 13.737 13.147 11.013 10.916 11.504
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Freiheitsbe- und einschränkende Maßnahmen
NÖLV-Bewohnervertretung 2005 - 2014
NÖLV
Meldungseingang NÖLV
Anzahl der gemeldeten FB/FE
16.000
Jahr
Altenpflegeeinrichtung
Behinderteneinrichtung
Krankenanstalt
Summe
2005
2006
14.000
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
12.000
10.000
4.307
8.000
6.000
308
4.000
2.734
2.398
2.716
2.158
2.032
1.932
1.611
1.625
1.557
321
264
100
96
128
165
188
253
270
268
1.732
8.573 11.577 11.050
9.214
9.038
9.677
2012
2013
2.000
0
0
3
2.Hj.2005
4615
3.058
2006
2007
2.930
2008
2009
2010
2011
2014
NÖLV
FE NÖLV
FB + FE NÖLV
4.548
10.827
13.737 13.147
11.013 10.916 11.504
FB
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Verteilung nach Art der Maßnahme
Referenz Jahresbericht NÖLV-Bewohnervertretung 2014
Wie wird fixiert?
3%
4%
30%
Hindern am Verlassen des Bettes



Seitenteile
Bauchgurt
Hand-/Fußmanschetten
Hindern am Verlassen einer Sitzgelegenheit

Fixierung am Rollstuhl/Lehnsessel mittels
Therapietisch, Gurt oder Sitzhose
Hindern am Verlassen eines Bereichs



Versperrte Tür/Station/Einrichtung
Anordnung des Zurückhaltens
Elektronische Überwachungssysteme
Freiheitsbeschränkung durch sedierende Medikation
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63%
Krankenanstalt
OGH 22.2.2007, 3 Ob 246/06g
Geltungsbereich des HeimAufG bei
Patienten, die iZm einer psychischen
Krankheit – unabhängig vom
Aufnahmegrund - ständiger Pflege
bedürfen.
5 Meilensteine der
Rechtsprechung in der
NÖLV-Bewohnervertretung
Minderjährige
Kinder-/Jugendheim
OGH 22.4.2014, 7 Ob 1/14v
Kein Geltungsbereich des HeimAufG
bei Heimen unter Aufsicht des Kinderund Jugendhilfeträgers.
Sicherheitsdienste
in Betreuungseinrichtungen
OGH 29.10.2014, 7 Ob 139/14p
Keine Mitwirkung privater Sicherheitsdienste bei FB bzw pflegerischen
Handlungen, dies ist dem gehobenen
Dienst vorbehalten.
in Pflege- und Betreuungseinrichtungen
OGH 3.5.2007, 1 Ob 80/07g
Geltungsbereich des HeimAufG
(ausgenommen alterstypische
Beschränkungen)
Freiheitseinschränkung
Wegfall der Einwilligungsfähigkeit
OGH 19.4.2012, 7 Ob 36/12p
Bei bereits lange zurückliegenden
Zustimmungserklärungen liegt ab Wegfall
der Einsichts- und Urteilsfähigkeit eine
Freiheitsbeschränkung vor.
„TOTALE“ INSTITUTIONEN
Gegenwelten
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
4 Charakteristika einer totalen Institution
aus Erving Goffman, Asyle
1. In totalen Institutionen spielt sich das ganze Leben
(Arbeit, Freizeit, Schlaf) am selben Ort und unter
derselben Autorität ab.
2. Die Insassen totaler Institutionen verbringen den
ganzen Tag in unmittelbarer Nähe einer großen Zahl
von Schicksalsgenossen.
3. Der ganze Tagesablauf in einer totalen Institution ist
streng geregelt.
4. Totale Institutionen geben vor einem rationalen Plan zu
folgen, der angeblich dazu dienen soll, ein bestimmtes
offizielles Ziel zu erreichen.
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Charakteristika einer totalen Institution
aus Erving Goffman, Asyle
 Diese Konstellation ergibt sich Goffman zufolge
zwangläufig überall dort, wo eine große Anzahl von
Menschen durch wenig Personal unter Kontrolle
gehalten werden soll.
 Eine totale Institution umfasst somit zwei soziologische
Gruppen:
Insassen und Personal, von denen eine den ganzen Tag ohne
Kontakt nach draußen in der Institution verbringt, während die
andere nach einem Acht-Stunden-Tag die Anstalt verlässt und
in die Welt draußen integriert ist.
 Dauernde Anwesenheit einer Unzahl von Menschen,
denen sich ein Insasse nicht entziehen kann.
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Charakteristika einer totalen Institution
aus Erving Goffman, Asyle
 Mit dem Eintritt in eine totale Institution verliert ein Insasse
den größten Teil seiner bisherigen sozialen Bezüge, seines
Besitzes und seiner Handlungsmöglichkeiten.
 Dies führt zu einem Verlust der Selbstachtung und Identität,
mithin also zu seiner Demütigung.
 Mit der Aufnahmeprozedur wird dem Insassen auf einen
Schlag klar gemacht, dass alles was draußen war, in der
Anstalt nicht mehr zählt.
 Während man draußen normalerweise verschiedene Rollen
(in Beruf, Freizeit, Familie) spielt, haben Insassen totaler
Institutionen rund um die Uhr nur eine Rolle zu spielen: die
des Insassen.
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Charakteristika einer totalen Institution
aus Erving Goffman, Asyle
 In totalen Institutionen kann sich der einzelne Insasse kaum
Privatsphäre schaffen:
 die Kleidung ist einheitlich
 private Gegenstände sind nur in geringer Zahl erlaubt,
 die Schlafräume werden regelmäßig gefilzt
 Die Insassen totaler Institutionen werden ihrer
Persönlichkeitsausrüstung (identity kit) beraubt.
 Insassen totaler Institutionen sind vielen Beschmutzungen
(contaminations) ihrer Würde ausgesetzt: schlechtes Essen, Zwang
zur Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Psychopharmaka),
verbale und tätliche sexuelle Übergriffe, körperliche Durchsuchung
Filzung der Schlafräume, Befingern persönlicher Gegenstände
beim Eintritt in die Anstalt, erzwungener Kontakt mit Menschen,
Lesen der Privatpost, Abhören von Gesprächen, öffentliche
Diskussion persönlicher Angelegenheiten
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Charakteristika einer totalen Institution
aus Erving Goffman, Asyle
 Bemerkenswert sind schließlich eine Reihe zeremonieller
Veranstaltungen und Einrichtungen, die in fast allen totalen
Institutionen zu finden sind. Ihre Zielrichtung ist ein zweifache:
 1. Der scharfe Gegensatz zwischen Insassen und Personal
wird vorübergehend aufgehoben, um ihn anschließend um so
strenger durchhalten zu können.
 2. Die Anstalt will sich der Öffentlichkeit in gutem Licht zeigen.
 Beispiele für solche Ereignisse sind die alljährliche
Weihnachtsfeier, Theateraufführungen, Führungen durch die
Anstalt, Inspektionsbesuche von höherer Stelle.
 Bei all diesen Gelegenheiten dürfen die Insassen für kurze Zeit ihre
sonstige Rolle vergessen und der Öffentlichkeit ein Bild der Anstalt
präsentieren, das dem Alltag in der Anstalt ganz und gar nicht
entspricht .
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Pflegende Angehörige
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
Belastungen pflegender Angehöriger
(Gräßel, 1995)






Angegriffene Gesundheit
Verringerung des Lebensstandards
Beziehung zu anderen leidet
Zufriedenheitsabnahme
Konflikt zwischen Anforderungen
Wunsch auszubrechen
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
50%
51%
52%
53%
54%
57%
Belastungen pflegender Angehöriger (2)
(Gräßel, 1995)








Aufgabe von Zukunftsplänen
Erschwerte Bewältigung pflegeunabhängiger Aufgaben
Körperliche Erschöpfung
Nicht abschalten könne
Wunsch nach Erholung
Traurigkeit über das Schicksal
Pflege kostet viel Kraft
Zeitmangel für eigene Interessen
NÖ Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung
58%
63%
65%
66%
76%
79%
84%
85%
Perspektiven pflegender Angehöriger
(Stuhlmann, 2013)
 Spirale von Abhängigkeit durch die Pflege und dem Wunsch nach
eigener Autonomie
 Schuldgefühle
 Aggression, Rückzug oder Kompensation durch Rigidität und
(unberechtigte) Vorwürfe
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EXKURS
Der alte Mensch im
Krankenhaus
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Demenz im Krankenhaus
 Anteil demenzkranker Patienten im Krankenhaus > 10%
(vgl. Schaeffer/Wingenfeld, 2008)
 Krankenhaus fällt aus den vielen Innovationen zur Verbesserung
der Versorgungssituation Demenzkranker heraus
(Kleina/Wingenfeld, 2007)
 Dieses Herausfallen führt zur Demenzkrise in der Akutsituation
(Kichen-Peters, 2013)
 Patienten mit Demenz berühren Routinen und stören das System
(Kleina/Wingenfeld, 2007).
 Menschen mit Demenz befinden sich im Krankenhaus in einer
fremden Situation und reagieren entsprechend verwirrt und
ängstlich.
 Aus der Perspektive des Menschen mit Demenz ist das
Krankenhaus extrem gefährlich für ihn. (Groening, 2013)
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Perspektiven pflegender Angehöriger 2
(Stuhlmann, 2013)
 Hoffnung auf Besserung/Heilung – Enttäuschung
 Vorheriger Zustand wird nicht mehr oder erst nach Monaten wieder
erreicht
 Frühere Erfahrungen mit Krankenhausaufenthalten erzeugen
Vorbehalte
 Krankenhausaufenthalt als „Verschnaufpause“
 Krankenhausaufenthalt als Weichenstellung zur Heimunterbringung
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Defensive Haltung der Kliniken gegenüber Angehörigen
(Stuhlmann, 2013)
 Angehörige oft als zusätzliche Belastung empfunden
 Sie stören, nehmen zusätzlich Zeit in Anspruch, fordern,
kontrollieren, wollen bei Untersuchungen dabei sein.
 Vermieden wird die Auseinandersetzung über
 Die Erwartungen der Angehörigen
 Das Risiko der Verschlechterung
 Das Auftreten neuer Symptome
 Unzureichende und oft gestörte Kommunikation mit Angehörigen
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Doppelfunktion der Angehörigen
(Stuhlmann, 2013)
 Angehörige könnten herausfordernde Verhaltensweisen des
Patienten erklären und Verständnis schaffen
 Sie können dem Patienten durch ihre Anwesenheit, gewohnte
Gegenstände und vertraute Rituale Sicherheit vermitteln
 Sie sind gefordert als „Dolmetscher“ und Vermitter
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Aktive Einbeziehung von Angehörigen im Krankenhaus
(Stuhlmann, 2013)
 Erweiterte medizinische, biografische und pflegerische Anamnese mit
Angehörigen erheben












Gewohnheiten, Rituale des Patienten
Verhaltensauffälligkeiten (zB Bewegungsdrang), wichtige Lebensereignisse
Bisheriger Umgang mit herausforderndem Verhalten
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Begleitung bei Diagnostik und Therapie
Spätbetreuung am Abend (reduziert Schlafstörungen/nächtliche Unruhe)
Hilfe beim Essenanreichern
Reduzierung von Fixierungen und sedierenden Medikamenten
Verringerung des Sturzrisikos und von Austrocknung
Rooming-In anbieten
Angehörigenvisite zusammen mit Ärzte und Pflege anbieten
Aktive Beschwerdearbeit/Druck von außen zulassen
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7 Forderungen
(angelehnt an Groening 2013)
1) Weitestgehender Verzicht auf invasive Diagnose und Behandlung
sowie sexuell belastete Pflegetechniken (Harnkatheter, Zäpfchen,
Darmrohre, Ultraschall statt vaginale Untersuchungen)
2) Gewaltschutz
3) Begleitpersonen (e.a. Demenzbegleiter, Mitaufnahme von
Angehörigen)
4) Schaffung eines demenzgerechten Milieus (gesondert
eingerichteter Bereich für Menschen mit fortgeschrittener Demenz
und Verhaltensstörungen, segregative Betreuung)
5) Prozessleitlinie (Anderes Aufnahmeprocedere, Lotsen,
Pflegeperson als Anwältin der Patienten mit Demenz)
6) Validation, Biografiearbeit, DCM (Dementia Care Mapping)
7) Palliative Pflege und Behandlung im Ursprung „Ummantelung“
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Menschen mit fortgeschrittener Demenz sind…
 psychisch krank
 desorientiert
 Selbst- oder fremdgefährdende Verhaltensweisen
 tlw. fixiert
 idR physisch krank
 alt oder hochaltrig
 Multimorbidität
 Multifunktionelle Einschränkungen
 medikalisiert
 Multimedikation
 tlw. sediert
 Irgendwann fremdbestimmt
 sterbend
 Hospiz und palliative care
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Notwendig ist die Sorge
aller für die Freiheit.
Sie kann nur bewahrt
werden, wo sie zu
Bewusstsein gekommen
und in die Verantwortung
aufgenommen ist.
Karl Jaspers
Herzlichen Dank für Ihr Interesse
und Ihre Aufmerksamkeit!
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