20151223 ZOL Seite 7 Gemeindeschreiber

ZO/AvU
Mittwoch, 23. Dezember 2015
Bezirk Hinwil l 7
«Mein Sohn Beat ist immer in meinem Herzen»
I
n der Nacht auf den 8. Dezember 1993 erlitt Erwin
Strittmatter einen furcht­
baren Schicksalsschlag, der ihn
bis heute prägt. Er erinnert sich
daran, wie wenn es gestern gewesen wäre. Sein Sohn, der damals bei ihm wohnte, kam nach
der Arbeit einfach nicht nach
Hause. Er erinnert sich an die
Sorge der Freundin des 26-Jährigen. An seine eigene Sorge. Wie
er auf dem Sofa lag und wartete.
Und dabei einschlief. Daran, wie
ihn am Tag darauf zwei zivile
Polizisten bei seiner Arbeits­
stelle erwarteten und ihm mitteilten, dass sein Sohn in der
Nacht in Volketswil erschossen
worden war (siehe Kasten).
SCHICKSALSSCHLAG
Sohn beim Tanken
erschossen
Beat Strittmatter wurde in der
Nacht auf den 8. Dezember 1993
beim Tanken an einer Tankstelle
beim Volki-Land von Roger S. ermordet. Er war ein Zufallsopfer
und nicht das einzige des damals
20-jährigen Lehrlings.
Zwei Tage nach dem Mord an
Strittmatter, dem er 450 Franken abnahm, erschoss Roger S.
in Baden einen 74-jährigen Waffenhändler. Da er gestört wurde,
erbeutete er dort keinen Rappen.
Vor Gericht gab Roger S. an, er
habe die Raubüberfälle verübt,
weil sein Stiftenlohn nicht gereicht habe, um die Raten für
seinen Zweitwagen zu zahlen.
­
Einen Monat zuvor hatte er zudem auf der Toilette eines Rastplatzes der Forchautobahn einen
Mann angeschossen, weil dieser
ihn angeblich sexuell belästigt
habe. Das Opfer überlebte.
Der skrupellose Täter zeigte
sich vor Gericht emotionslos und
kalt. «Er spricht über seine Taten,
als ob er über Parkbussen ­reden
würde», sagte damals der Bezirksanwalt. Im März 1996 wurde
Roger S. vom Zürcher Obergericht des mehrfachen Mords, des
qualifizierten Raubs, des Diebstahls sowie der versuchten vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Zuchthausstrafe verurteilt. Den Opferfamilien wurde
Geld zugesprochen. ahu
Persönlich
Erwin Strittmatter
besucht jedes Jahr die «offeni
Wiehnacht» in Wetzikon.
«Das war ein gewaltiger Einschnitt in mein Leben», erinnert
sich Strittmatter. «Ich weiss
nicht, wie ich das damals überhaupt überstanden habe.»
Erwin Strittmatter sitzt im
Rollstuhl in seinem Zimmer im
Alterswohnheim Am Wildbach
in Wetzikon, sein Blick ist während des Gesprächs ins Leere gerichtet. Nur hin und wieder hebt
er unvermittelt den Kopf und
schaut seinem Besuch direkt in
die Augen. Strittmatter wirkt erschöpft. Das Reden strengt ihn
an, auch emotional.
Strittmatter hat sein ganzes
Leben in Wetzikon verbracht.
Hier lernte er Dreher, hier arbeitete er 22 Jahre lang bei der EPA,
zuerst als Hausabwart, dann als
Lagerchef. Sein Sohn hatte Bäcker/Konditor gelernt und danach eine Kochlehre absolviert.
Zum Zeitpunkt seiner Ermordung arbeitete er im Service. Sie
seien sehr gut zusammen aus­
gekommen, erzählt Strittmatter.
Sie hätten Pläne gehabt, ihren
Hausteil zu verkaufen und zusammen ein Restaurant aufzumachen.
Erschossen wurde Beat Strittmatter «von einem 20-jährigen
Lümmel», wie sein Vater sagt.
«Er war einfach zur falschen
Zeit am falschen Ort.» Den
Täter habe er nur einmal beim
Gerichtsprozess gesehen. Ob er
noch im Gefängnis sitzt oder auf
freiem Fuss ist, daran ver-
Erwin Strittmatter feiert Weihnachten mit gemischten Gefühlen: Sein Sohn wurde im Dezember vor 22 Jahren brutal ermordet.
schwendet Erwin Strittmatter
keine Gedanken. «Das ist Schnee
von gestern.»
Nach dem Tod seines Sohnes
stürzte sich Erwin Strittmatter,
der von seiner Frau geschieden
war, in die Arbeit, engagierte
sich bei der Feuerwehr und im
Schiessverein. «Zum Glück hatte
ich gute Freunde. Mit ihnen
habe ich viel geredet, das hat mir
geholfen.» Auch heute noch ist
ihm das soziale Leben wichtig.
Zu einer seiner drei Schwestern
pflegt er regen Kontakt, ebenso
mit ehemaligen Feuerwehrkollegen. Jeden Nachmittag trifft er
Freunde aus der Alterssiedlung
zum Jassen. 55-jährig wurde
Strittmatter bei der EPA entlas-
sen. Einen Job fand er nicht
mehr – immer habe es geheissen,
er sei überqualifiziert.
Während der nächsten 14 Jahre arbeitete er als selbständiger
Allrounder, erledigte für andere
Leute Garten- oder Reparaturarbeiten. Mit 69 wurden bei
ihm verschiedene Herzfehler
diagnostiziert, nach einer Operation zog er in die Alterssiedlung Am Wildbach. Als es körperlich immer mehr bergab ging
und er nicht mehr gehen konnte,
siedelte er ins Alterswohnheim
über, wo es ihm sehr gefällt.
«Hier ist es schön, es ist die
beste Institution, die man sich
denken kann.» Der Vergangenheit trauere er nicht nach, er sei
keiner, der jammere. «Das bringt
ja nichts. Ich muss das Beste aus
meiner Situation machen. Was
passiert ist, ist passé. Es ist schon
lange her.»
Trotzdem denke er hie und da,
dass er nicht hier gelandet wäre,
wenn sein Sohn noch leben würde. «Er hätte schon für mich geschaut. Auch wenn es mir hier
gefällt, ist es doch etwas anderes
zu Hause mit der Familie.»
­Gerade beim Mittagessen fehle
ihm der Austausch mit anderen.
«Viele sitzen da und träumen vor
sich hin. Niemand spricht. Aber
man muss das Positive sehen:
Das Essen ist gut.» Langeweile
kenne er nicht. Am Morgen habe
er Physiotherapie, schaue Fernsehen, mache in der Kochgruppe
mit oder sitze einfach im Zim-
Seraina Boner
mer und warte, bis es Mittag
werde. Und am Nachmittag wird
gejasst. Fotos im Zimmer des
­A lterswohnheims zeigen seinen
Vater, sein Patenkind, Strittmatter selbst als kleinen Bub und als
jungen Erwachsenen strahlend
bei einem Waffenlauf. Mit seiner
Tochter und seinen zwei Enkeln
hat Strittmatter keinen Kontakt,
über die Gründe möchte er nicht
reden.
Fotos von seinem Sohn sind keine zu sehen. Sie seien beim Umzug von der Alterssiedlung ins
Alterswohnheim wohl verloren
gegangen. «Ich brauche keine
Fotos. Mein Sohn Beat ist immer
in meinem Herzen.» Weihnachten war für Strittmatters immer
Gemeindeschreiber wechselt ins Heimatdorf
FISCHENTHAL/HINWIL Gemeindeschreiber Roger
Winter hat seine Stelle
in Fischenthal gekündigt
und tritt in seinem Wohnort
Hinwil die Nachfolge
von Gemeindeschreiber
Daniel Nehmer an.
Zeitgleich kommunizierten gestern Morgen die Gemeinden Fischenthal und Hinwil den Wechsel in der Gemeindeverwaltung:
Gemeindeschreiber Roger Winter hat sein Arbeitsverhältnis in
Fischenthal per Ende April 2016
gekündigt und tritt per 1. Mai
2016 in Hinwil die Stelle als Gemeindeschreiber an. Winter ist
in Hinwil aufgewachsen und
wohnt in Hadlikon. Den Wohnsitz nennt Winter denn auch als
Grund für seinen Wechsel.
«Wenn sich die Gelegenheit in
Hinwil nicht ergeben hätte, wäre
ich eventuell bis zum Schluss in
Fischenthal geblieben.»
Der 56-Jährige war 15 Jahre
lang Gemeindeschreiber in Fi-
schenthal und zuvor während
13 Jahren Kanzleisekretär in der
Gemeindeverwaltung Bäretswil.
Im Jahr 1999 absolvierte er berufsbegleitend das Gemeindeschreiberdiplom.
Zu Fischenthal gepasst
Der Fischenthaler Gemeinderat
schreibt in einer Mitteilung,
man bedauere den Weggang
sehr, bringe aber vollstes Verständnis für die Beweggründe
auf. Während seiner Zeit in Fischenthal habe Winter den Bereich Öffentlichkeitsarbeit verstärkt. Dazu hätten die Einführung einer eigenen Website im
Jahr 2000 und deren Neuauflage
im Jahr 2007 sowie die Einführung eines Weisungshefts ab
dem Jahr 2002 für die Gemeindeversammlungen gehört. Weiter erwähnt der Gemeinderat
insbesondere die Totalrevisionen der Gemeindeordnung in
den Jahren 2010 und 2014. Letztere stand im Zusammenhang
mit der Einführung der Ein-
«Wenn sich
die Gelegenheit
in Hinwil nicht
ergeben hätte, wäre
ich eventuell bis zum
Schluss geblieben.»
Roger Winter,
Gemeindeschreiber in Fischenthal
heitsgemeinde, deren Umsetzung der Gemeinderat als wesentliches Verdienst Winters betrachtet. «Er verstand es, frühzeitig die notwendigen Brücken
zur Schule herzustellen, die
heiklen Bereiche zu erkennen,
vernünftige Lösungen zu suchen
und zu finden und so das Projekt
‹Einheitsgemeinde› zusammen
mit allen Beteiligten in die richtige Richtung zu lenken.»
Von Anfang an sei es Winter
ein grosses Anliegen gewesen,
für eine gute Zusammenarbeit
zwischen Verwaltung, Gemeinderat und Behörden zu sorgen
und gegenüber den Anliegen der
Bevölkerung ein offenes Ohr zu
haben. «Ein Grundsatz, der ihn
während seiner Tätigkeit stets
begleitete und von der Bevölkerung in positivem Sinn wahrgenommen wurde», schreibt der
Gemeinderat. Dadurch habe die
Bevölkerung den Behörden bei
deren Entscheidungen das Vertrauen geschenkt. Mit seiner
Art habe er ganz einfach zu Fi-
schenthal gepasst. Das sieht
auch Winter selbst so: «Sonst
wäre ich nicht 15 Jahre hiergeblieben.»
Breites Gemeindewissen
Winter tritt in Hinwil die Nachfolge von Daniel Nehmer an, der
die Gemeinde nach sieben Jahren als Gemeindeschreiber verlässt. Der Hinwiler Gemeinderat
schreibt in einer Mitteilung,
man freue sich, mit Winter «eine
erfahrene und kompetente Persönlichkeit für die anspruchsvolle Führungsposition gefunden zu haben». Die Auswertung
der zahlreichen Bewerbungen
sowie des mehrstufigen Auswahlverfahrens habe ergeben,
dass sich Winter für die Stelle
bestens eigne. Neben der ausgewiesenen Berufserfahrung verfüge er als Hinwiler Einwohner
über ein breit gefächertes Gemeindewissen, das für die Arbeit
und zur Lösungsfindung von
Nutzen sein werde.
Andreas Kurz
ein wichtiges Fest. «Weihnachten war uns heilig. Beat war sehr
engagiert und viel unterwegs.
Doch an Weihnachten war er immer zu Hause.»Für Erwin Strittmatter ist es wichtig, an diesem
Tag nicht allein zu sein. Lange
Jahre feierte der 73-Jährige mit
seiner Schwester und deren Familie, seit einigen Jahren besucht er die «offeni Wiehnacht»
in Wetzikon. «Das ist eine super
Sache», sagt er. «Ein schönes
Programm mit Essen, Liedern
und Zusammensein. Ich bin
dankbar, dass es das gibt und ich
dorthin gehen darf.» Strittmatter ist mit wenig zufrieden.
Wünsche habe er keine. «Einfach, dass es mir noch lange gut
geht.»
Annette Saloma
Nationales
Schaulaufen
BÄRETSWIL Der Ice Sport
Club Bäretswil bietet Eiskunstlaufen für Kinder, Jugendliche
und Erwachsene an. Am kommenden Sonntag, 27. Dezember,
lädt der Verein ab 15 Uhr in
der Eissporthalle Bäretswil zu
einem der grössten Eiskunstschaulaufen der Schweiz ein.
Unter der Regie von Trainer Urs
Streule zeigen beim traditionellen Weihnachtsschaulaufen die
Eiskunstläufer des Vereins aus
allen Kategorien und Altersklassen ihr Können.
Umrahmt wird das vielseitige
Programm der Laiensportler
von den Darbietungen mehrerer
Spitzensportler, die extra für
diesen Anlass anreisen. Mit dabei sind etwa die ehemalige
Senioren-Schweizer-Meisterin,
der ehemalige Weltmeister der
Master, der aktuelle Schweizer
Meister im Eistanz und andere
Spitzenläufer. Die Veranstaltung
wird von verschiedenen Sponsoren unterstützt. Der Eintritt zur
Eishalle ist gratis. zo