Waldstrategie 2020 im Spiegel der dritten Bundeswaldinventur von Hermann Englert, Martin Lorenz und Matthias Dieter, unter Zuarbeit von Friederike Lang und Jürgen Bauhus zum Thema Bodenschutz 1. Hintergrund Der wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik (WBW) des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) prüft, ob und in welchem Maße die Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur (BWI) die Umsetzung der Waldstrategie reflektieren. Die Waldstrategie 2020 der Bundesregierung enthält etwa 60 Zielformulierungen. Die Mehrzahl der Ziele ist allgemein formuliert und gestattet keine Überprüfung ihrer Erreichung anhand der BWI. Eine solche Überprüfung ist nur für etwa ein Fünftel der Ziele zumindest partiell möglich. Das vorliegende Papier behandelt jedes dieser Ziele in einem gesonderten Abschnitt. Zu Beginn jedes Abschnittes wird das entsprechende Ziel zitiert. Anschließend wird analysiert, ob die Ergebnisse der BWI nach dem gegenwärtigen Wissensstand für eine Erreichung des jeweiligen Zieles sprechen. Dabei kann häufig auf am Thünen-Institut für Waldökosysteme bereits durchgeführte Analysen zurückgegriffen werden. Am Ende jedes Abschnittes wird für das entsprechende Ziel ein Fazit gezogen. Da sich die Waldstrategie auf die Zukunft richtet, die BWI aber die Vergangenheit und die Gegenwart beschreibt, lässt sich nicht vorhersagen, ob ein bestimmtes Ziel bis zum Jahr 2020 erreicht sein wird oder nicht. Die meisten im Text und in den Tabellen dieses Papiers ausgewiesenen Zahlen sind gerundet. Alle Berechnungen wurden jedoch immer mit maximaler Genauigkeit durchgeführt. Deshalb lassen sich die Berechnungen anhand der ausgewiesenen Zahlen nicht immer exakt nachvollziehen. 2. 2.1 Ziele und ihre Erreichung Erhalt der Kohlenstoffsenkenfunktion Ziel: Wald soll als CO2-Senke erhalten bleiben. Mit Maßnahmen zur Anpassung der deutschen Wälder an den Klimawandel und zur Erschließung des CO2Minderungspotentials von Wald und Holz werden die Klima- und Energieziele der Bundesregierung unterstützt (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.1 auf Seite 11). Das Ziel spricht die Kohlenstoffbindung sowohl im Wald als auch im genutzten Holz an. Die Erreichung des Ziels muss deshalb unter Beachtung des Kohlenstoffkreislaufs anhand des Waldspeichers und des Holzproduktspeichers geprüft werden. Die angestrebte Kohlenstoffsenkenfunktion des Waldes wird erzielt, solange der Wald in einer gegebenen Periode der Atmosphäre mehr Kohlenstoff entzieht 1 (sequestriert) als er in die Atmosphäre freisetzt. Die Sequestrierung von Kohlenstoff erfolgt durch den Zuwachs an Biomasse (Bruttosequestrierung). Die Freisetzung von Kohlenstoff in die Atmosphäre wird durch den Abgang von Biomasse aus dem Wald ausgelöst, also durch das Absterben und die chemische oder thermische Zersetzung von Biomasse. Zur Beurteilung der Wirkung des Waldes als Kohlenstoffsenke ist deshalb der freigesetzte Kohlenstoff von der Bruttosequestrierung zu subtrahieren. Das Resultat ist die Nettosequestrierung durch den Wald. Der in der abgegangenen Biomasse gespeicherte Kohlenstoff wird also nicht der Kohlenstoffsenkenfunktion des Waldes zugerechnet. Die Dauer seiner Speicherung in der abgegangenen Biomasse (z. B. im Energieholz oder im Holzprodukt) hängt davon ab, wie schnell sich diese zersetzt oder verbrannt wird. Zwar gelangt die im Holzprodukt gespeicherte Kohlenstoffmenge früher oder später wieder in die Atmosphäre, aber der vorangegangenen Holznutzung folgt erneuter Holzzuwachs im Wald. Damit geht eine erneute Sequestrierung einher und es entsteht ein Kohlenstoffkreislauf. Zusätzlich bewirkt die Holznutzung Substitutionseffekte. Holz kann andere Rohstoffe ersetzen (stoffliche Substitution), zu deren Erzeugung zusätzliche Energie erforderlich wäre. Die Verbrennung von Holz kann die Verbrennung fossiler Energieträger ersetzen (energetische Substitution). Anhand von Daten der ersten BWI (BWI 1987, ergänzt aus dem „Datenspeicher Wald“ für die neuen Bundesländer), der zweiten BWI (BWI 2002) und der dritten BWI (BWI 2012) lassen sich die Kohlenstoffvorräte der Baumbiomasse (ober- und unterirdisch) und des Totholzes im Wald ermitteln. Die Kohlenstoffvorräte des Waldbodens und seiner Streuauflage lassen sich anhand von Daten der zwei Bodenzustandserhebungen (BZE I von 1987 bis 1993 und BZE II von 2006 bis 2008) abschätzen. Mit Hilfe von BWI- und BZE-Daten kalkuliert das Thünen-Institut für Waldökosysteme die Kohlenstoffvorräte und deren Veränderungen im Wald (Wellbrock et al. 2014). Die Ergebnisse fließen in die jährliche Treibhausgasberichterstattung der Bundesrepublik Deutschland ein (UBA 2014). Demnach betrugen im Jahre 2012 die Kohlenstoffvorräte der oberirdischen Baumbiomasse 993 Mio. t, die der unterirdischen Baumbiomasse 156 Mio. t und die des Totholzes 20 Mio. t, zusammen also 1.169 Mio. t. Die Addition der Kohlenstoffvorräte der Waldböden mit 659 Mio. t und der Kohlenstoffvorräte der Streuauflage mit 191 Mio. t. ergibt 2.019 Mio. t. Kohlenstoff im Wald. Daraus ergibt sich seit dem Jahre 1990 eine jährliche Entlastung der Atmosphäre um durchschnittlich 52 Mio. t CO2. Die Verwendung des genutzten, also dem Waldspeicher entnommenen Holzes lässt sich nicht anhand der Daten der BWI bestimmen. Rüter et al. (2011) haben allerdings für das potentielle Rohholzaufkommen im Zeitraum 2013 bis 2020 abgeschätzt, welche weitere Verwendung das Holz findet und wie die Verlängerung der Speicherung in Holzprodukten sowie die stoffliche und energetische Substitution auf die CO2-Bilanz wirken: 2 Das Basisszenario des Waldentwicklungs- und Holzaufkommensmodells WEHAM unterstellt ein jährliches potentielles Rohholzaufkommen von 81 Mio. m³ (Efm o. R.). Die Umrechnung in absolut trockenes Holz (durch Multiplikation mit einer Raumdichte von 0,5) und in Kohlenstoffmasse (durch Multiplikation mit dem IPCCDefaultwert von ebenfalls 0,5) ergibt eine Entnahme aus dem Waldspeicher von ca. 20 Mio. t Kohlenstoff. Daraus errechnet sich die Masse des aus dem entnommenen Holz freisetzbaren Kohlendioxids (durch Multiplikation mit dem Faktor 3,67, s. o.) mit ca. 74 Mio. t CO2 pro Jahr. Davon werden etwa zwei Drittel durch die Verbrennung von Energieholz freigesetzt. Rund 20,4 Mio. t CO2 werden in Holzprodukten gebunden, und 2,1 Mio. t CO2 bleiben im Wald als ungenutzter Zuwachs gespeichert. Der Waldspeicher und der Produktspeicher gemeinsam sequestrieren nach dem Basisszenario netto pro Jahr 22,4 Mio. t CO2 aus der Atmosphäre. Der sequestrierte Kohlenstoff wird zwar abhängig von der Lebensdauer der Bäume und der Holzprodukte durch Verrottung oder Verbrennung später wieder freigesetzt, wird aber im Falle nachhaltiger Forstwirtschaft wieder von nachwachsenden Bäumen gebunden. Zusätzlich zur CO2-Speicherung in Holzprodukten hat die Holznutzung eine weitere Wirkung. Die energetische Nutzung von Holz ersetzt die energetische Nutzung fossiler Energieträger, die CO2 freisetzt. Die stoffliche Nutzung von Holz ersetzt die Nutzung solcher Stoffe, die sonst unter zusätzlichem Energieeinsatz alternativ hergestellt werden müssten. Nach dem WEHAM-Basisszenario und der Untersuchung von Rüter et al. beträgt dieser Substitutionseffekt für den stofflich genutzten Teil 67,8 Mio. t CO2 und für den energetisch genutzten Teil 37,7 Mio. t CO2 jährlich. Zusammen wird demnach jährlich eine Freisetzung von 105,5 Mio t CO2 vermieden. Dieser Substitutionseffekt ist also deutlich höher als die Sequestrierung durch den Wald- und Produktspeicher von 22,4 Mio t CO2 (s. o.). Die Summe aus Substitution und Sequestrierung beträgt demnach 127,9 Mio. t CO2 pro Jahr. Inwieweit der Baumartenwechsel (siehe nachfolgendes Kapitel) jeweils einer Anpassung an den Klimawandel dient, kann pauschal nicht festgestellt werden. Die Flächenzunahme seltenerer Baumarten sowie die Zunahme der Mischung bei allen Hauptbaumartengruppen (Tabellen 2.3-1, 2.3-2 und 2.7-3) kann aber als Beitrag zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel angesehen werden. Das Risiko eines Totalausfalls einzelner Bestände durch abiotische und biotische Störungen wird durch Diversifikation i.d.R. verringert, auch wenn durch die Mischung nicht unbedingt die Anfälligkeit der einzelnen Baumarten gegenüber dem spezifischen Risiko reduziert wird. Da es in Einzelfällen aber vorkommen kann, dass Mischbestände bei Trockenheit stärker unter Wasserstress leiden als Reinbestände (Grossiord et al. 2014), kann auch dieser Risikominimierungsstrategie ein spezifisches Risiko anhaften. Fazit: Die Ergebnisse der BWI belegen, dass der Wald in Deutschland seit 1990 als Kohlenstoffsenke gewirkt hat. Daraus lässt sich allerdings nicht schließen, dass 3 diese Kohlenstoffsenkenfunktion in Zukunft erhalten bleiben wird. Auch bei Abnahme der Senkenfunktion bleibt allerdings die energetische und stoffliche Substitutionswirkung erhalten, was die Klima- und Energieziele der Bundesregierung ebenfalls unterstützt. Der Substitutionseffekt der Holznutzung ist derzeit fast fünfmal höher als die Sequestrierung durch den Wald- und Produktspeicher. U. a. aus diesem Grund fördern zuwachsstarke Baumarten mit hohem Nutzungspotential den Klimaschutzeffekt, während weniger produktive Baumarten mit geringem Nutzungspotential diesen eher senken. 2.2 Erhaltung einer breiten Eigentumsstreuung Ziel: Die Bundesregierung steht für eine breite Streuung des privaten Eigentums und wird sich weiterhin für dessen Gewährleistung einsetzten (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.2 auf Seite 13). Die Erhebungsergebnisse der BWI 2002 und der BWI 2012 ermöglichen die Ermittlung der Veränderung der Eigentumsarten an der Waldfläche zwischen den beiden Erhebungsjahren. Diese Ermittlung kann aber nicht durch den direkten Vergleich der Erhebungsergebnisse aus beiden Jahren erfolgen, weil in der BWI 2002 nicht die vollständige Anzahl von Erhebungspunkten aufgenommen wurde. Zwar weist die BWI 2012 die absoluten Veränderungsgrößen zwischen beiden Inventuren aus, aber benötigt werden die relativen Veränderungen bezogen auf das Jahr 2002. Deshalb werden die Anteile der Eigentumsarten im Jahre 2002 anhand der Veränderungsgröße aus den Anteilen der Eigentumsarten im Jahre 2012 rückgerechnet. Tabelle 2.2-1 zeigt die Waldfläche nach Eigentumsarten in den Jahren 2002 und 2012 sowohl in Hektar als auch als prozentuale Anteile an der Gesamtwaldfläche. Darin nimmt der Privatwald ohne Treuhandwald mit 44,0 % in 2002 und mit 47,1 % in 2012 den größten Anteil ein. Zugleich weist der Privatwald ohne Treuhandwald mit rund 373 Tsd. ha die größte Zunahme zwischen den beiden Erhebungsjahren auf. Der Grund dafür ist vor allem der Verkauf von rund 301 Tsd. ha Treuhandwald an private Eigentümer. Der Anteil des Treuhandwaldes hat sich im selben Zeitraum entsprechend stark verringert, nämlich von 3,6 % auf 0,9 %. Im Gegensatz dazu ist die Eigentumsstruktur des Staats- und Körperschaftswaldes nahezu unverändert geblieben. Der Einfluss des Verkaufs von Treuhandwald an private Eigentümer auf die Privatwaldfläche ist in Abb. 2.2-1 veranschaulicht. 4 Tabelle 2.2-1: Waldfläche nach Eigentumsarten in den Jahren 2002 (rückgerechnet) und 2012 Eigentumsart (letzte) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald (ohne Treuhandwald) Treuhandwald Alle Eigentumsarten Waldfläche [1000 ha] Änderung 2002 2002-2012 Waldflächenanteil [%] 2012 2002 2012 433 3.316 2.207 5.008 -30 -7 14 373 403 3.310 2.220 5.380 3,8 29,2 19,4 44,0 3,5 29,0 19,4 47,1 406 11.370 -301 50 105 11.419 3,6 100,0 0,9 100,0 Im Jahre 2002 betrug die durch die BWI ermittelte Fläche des Privatwaldes einschließlich des Treuhandwaldes 5.229.609 ha. Die darin enthaltene Treuhandwaldfläche betrug 405.887 ha. Die aus der BWI 2012 durch Rückrechnung ermittelte Privatwaldfläche einschließlich Treuhandwald im Jahre 2002 beträgt 5.413.414 ha. Damit ist die für 2002 rückgerechnete Privatwaldfläche einschließlich Treuhandwald um 183.805 ha größer als die von der BWI 2002 ermittelte Privatwaldfläche einschließlich Treuhandwald. Diese „Rückrechnungsdifferenz“ ist Ausdruck der Tatsache, dass im Jahre nicht alle Erhebungspunkte aufgenommen wurden. Die Rückrechnungsdifferenz lässt sich nicht nach Treuhandwald einerseits und Privatwald ohne Treuhandwald andererseits aufteilen. Deshalb wird vereinfachend angenommen, dass der Treuhandwald im Jahre 2002 vollständig erhoben wurde und deshalb weiterhin mit 405.887 ha angesetzt werden kann. Die Rückrechnungsdifferenz wird also vollständig dem Privatwald ohne Treuhandwald zugerechnet, dessen Fläche sich deshalb im Jahre 2002 auf rückgerechnet 5.007.526 ha beläuft. Im Jahre 2012 betrug die von der BWI ermittelte Privatwaldfläche einschließlich Treuhandwald 5.485.678 ha. Der darin enthaltene Rest an Treuhandwaldfläche betrug 105.308. Im Besitz privater Eigentümer war also zusätzlich zur ursprünglichen Privatwaldfläche ohne Treuhandwald von 5.007.526 ha eine aus Treuhandwald stammende Fläche von 300.579 ha. Darüber hinaus wurde eine Zunahme des Privatwaldes von 72.265 ha verzeichnet. Diese stammt einerseits aus dem Staatswald des Bundes und der Länder, andererseits aus Erstaufforstungen in Höhe von 32.583 ha (Tab. 2.9-2) Damit ergibt sich eine Privatwaldfläche ohne Treuhandwald von 5.380.370 ha. 5 Abbildung 2.2-1: Einfluss der Vergrößerung der Inventurfläche im Jahre 2012 und des Verkaufs von Treuhandwald an private Eigentümer auf die Privatwaldfläche. Privatwaldfläche Aufteilung der Privatwaldfläche 5.229.609 ha Treuhandwald Privatwald ohne Treuhandwald 405.887 ha 4.823.722 ha Jahr 2002 rückgerechnet Privatwald inkl. Treuhandwald 5.413.414 ha Treuhandwald Privatwald ohne Treuhandwald 405.887 ha 5.007.526 ha 5.485.678 ha Enthalten: Privatwald aus Treuhandwald 300.579 ha Privatwald inkl. Treuhandwald Treuhandwald 105.308 ha Jahr 2012 Privatwald ohne Treuhandwald 5.380.370 ha Enthalten: Zunahme an Privatwaldfläche 72.265 ha Privatwald inkl. Treuhandwald (Enthalten: Die Rückrechnungsdifferenz 183.805 ha) Jahr 2002 Tabelle 2.2-2 zeigt die Verteilung der Privatwaldfläche auf die verschiedenen Betriebsgrößen in den Jahren 2002 und 2012. Da der Auswertung der BWI 2012 in diesem Falle keine Veränderungsgrößen zu entnehmen waren, konnte keine Rückrechnung in das Jahr 2002 vorgenommen werden. Stattdessen wurde die Änderung auf die von der BWI 2002 ermittelten Flächen bezogen. Der Anteil der Betriebsgrößenklasse ≤ 20 ha an der gesamten Privatwaldfläche hat von 57,2 % in 2002 um 11,2 % auf 50,8% in 2012 abgenommen. Im Gegensatz dazu haben die Anteile aller anderen Betriebsgrößenklassen zugenommen, und zwar um Prozentsätze von 9,7 bis 21,3 %. 6 Tabelle 2.2-2: Privatwaldfläche (ohne Treuhandwald) nach Betriebsgrößen in den Jahren 2002 (nicht rückgerechnet) und 2012. (Die Anteile beziehen sich auf unterschiedliche Flächen in 2002 und 2012.) Jahr 2002 2012 Betriebsgrößenklassen [ha] Privatwaldfläche [1000 ha] Flächenanteil [%] Privatwaldfläche [1000 ha] Flächenanteil [%] Änderung des Flächenanteils [%] Änderung des Flächenanteils in Prozentpunkten ≤20 2.760 >2050 391 >50100 273 >100200 242 >200500 327 >5001000 256 >1000 575 Alle Größen 1 4.824 57,2 8,1 5,7 5,0 6,8 5,3 11,9 100,0 2.733 529 334 309 443 329 704 5.380 50,8 -11,2 -6,4 9,8 21,2 1,7 6,2 9,7 0,5 5,7 14,5 0,7 8,2 21,3 1,4 6,1 15,1 0,8 13,1 9,8 1,2 100,0 1) In BWI 2002 erhobener Wert (keine Rückrechnung aus dem Jahr 2012). Fazit: Die Anteile der Eigentumsarten an der Waldfläche haben sich zwischen den Jahren 2002 und 2012 zugunsten des Privatwaldes entwickelt, was überwiegend – aber nicht nur - eine Folge des Verkaufs von Treuhandwald an private Eigentümer ist. Rund 47 % der Waldfläche waren im Jahre 2012 Privatwald. Sonst ist die Eigentumsstruktur des Waldes stabil geblieben. Die Struktur der Privatwaldfläche nach Betriebsgrößen hat sich zu Lasten der kleinsten Betriebsgrößen verändert. 2.3 Sicherung und Ausbau der Wertschöpfung Ziel: Die Forstwirtschaft ist die Grundlage für eine leistungsfähige und international wettbewerbsfähige Holzwirtschaft. Die Rahmenbedingungen sollen so gestaltet werden, dass die ökologischen und sozialen Funktionen des Waldes, damit verbundene Arbeitsplätze und Wertschöpfung auch in Zukunft gesichert und ausgebaut werden können (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.2 auf Seite 13). Die Formulierung dieses Zieles ist widersprüchlich, da davon ausgegangen werden kann, dass Zielkonflikte zwischen wirtschaftlich wettbewerbsfähiger Holzproduktion und naturschutzpolitischen Ansprüchen an die Forstwirtschaft bestehen. Für die Anreicherung von Totholz im Wald z. B. dürfte sich kein positiver Nettoeffekt auf Arbeitsplätze und Wertschöpfung konstruieren lassen. Es ist nicht klar, ob die zu sichernden und auszubauenden ökologischen und sozialen Funktionen des Waldes auf diejenigen beschränkt sind, die zu Arbeitsplätzen und Wertschöpfung führen oder umfassend zu verstehen sind. Anhand von Indikatoren der BWI lässt sich allenfalls prüfen, ob bestimmte Maßnahmen der Forstwirtschaft zur Sicherung der ökologischen Funktionen beitragen, und ob diese Maßnahmen im Konflikt zur Sicherung der sozialen Funktionen, der Arbeitsplätze und der Wertschöpfung stehen. Ein geeigneter Näherungsindikator für den Zielkonflikt zwischen wirtschaftlichen, sozialen und naturschutzpolitischen Ansprüchen ist der Flächenanteil der Laubbaumarten. Seine Erhöhung ist eine zentrale Forderung der 7 Naturschutzvertreter zur Sicherung der ökologischen Funktionen des Waldes. Versteht man die Bereitstellung von Waldökosystemleistungen wie z. B. Ästhetik und Erholung als soziale Funktionen des Waldes, so kann die Erhöhung des Flächenanteils der Laubbaumarten auch zur Sicherung der sozialen Funktionen des Waldes beitragen. So ermittelten Elsasser et al. (2010) positive Zahlungsbereitschaften der Bevölkerung in Deutschland für das durch einen höheren Laubbaumanteil verbesserte Landschaftsbild. Deshalb wird hier in einem ersten Schritt geprüft, ob und in welchem Maße das Ziel eines höheren Laubwaldflächenanteils erreicht wurde. Dazu werden jüngere Bestände (Alter 1 – 40 Jahre) und ältere Bestände (Alter > 40 Jahre) getrennt analysiert. Bei den jüngeren Beständen wird davon ausgegangen, dass sie die seit einigen Jahrzehnten betriebene Steigerung des Laubwaldanteils reflektieren. Bei den älteren Beständen wird davon ausgegangen, dass sich ihr Laubbaumanteil durch die überwiegende Nutzung von Nadelholz (besonders Fichte) erhöht. In einem zweiten Schritt werden die entsprechenden Konsequenzen für die Wertschöpfung beschrieben. Die Berechnungen beziehen sich auf die bestockte Holzbodenfläche im begehbaren Wald, also auf den bestockten Anteil der dauernd zur Holzerzeugung bestimmten Fläche. Nicht eingeschlossen sind demnach die Nichtholzbodenfläche (z. B. Schneisen ab 5 Metern Breite, Waldwege und Holzlagerplätze), die nichtbegehbare Fläche (mit z. B. Betretungsverboten oder gefährlichen Geländebedingungen), die Blößen sowie Bestandes- und Bestockungslücken. Außerdem beziehen sich die Berechnungen nur auf den Hauptbestand. Der erste Schritt fußt auf den Ergebnissen der BWI 2012. Tabellen 2.3-1 und 2.3-2 enthalten jeweils für die Altersgruppen bis 40 Jahre und über 40 Jahre die bestockten Holzbodenflächen und deren prozentuale Anteile im Hauptbestand in den Jahren 2002 und 2012. Aus den in Abschnitt 2.2 genannten Gründen lässt der direkte Vergleich der Zustandsgrößen in beiden Jahren nicht auf die Veränderungsgrößen schließen. Die Veränderungsgrößen stehen jedoch als Ergebnis der BWI 3 für die Schnittmenge der Aufnahmeflächen beider Inventuren zur Verfügung. Beide Tabellen zeigen außerdem die Änderungen der Flächen für die einzelnen Baumartengruppen von 2002 bis 2012, und zwar sowohl als absolute Flächenänderungen in Hektar als auch als prozentuale Änderung der Flächenanteile. Die absoluten Änderungen sind direkt den Auswertungstabellen der BWI 3 zu entnehmen. In der jüngeren Altersgruppe (bis 40 Jahre, Tabelle 2.3-1) hat der Anteil aller Laubbäume von 40,8 % auf 47,8 % zugenommen, also um das 1,171 fache, entsprechend 17,1 %. Diese Steigerung fällt bei den anderen Laubbaumarten hoher Lebensdauer höher aus als bei Eiche und Buche. Umgekehrt nehmen die Flächenanteile von Kiefer, Fichte und Lärche stark ab. Damit ist die Zunahme des Laubbaumanteils in der jüngeren Altersgruppe insgesamt deutlich höher als in der älteren. In der älteren Altersgruppe (über 40 Jahre, Tabelle 2.3-2) ist der Laubbaumanteil nämlich von 42,1 % auf 43,3 % gestiegen, also nur um 3,0 %. 8 Tabelle 2.3-1: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile im Nadelbäume in der Altersgruppe bis 40 Jahre Baumartengruppe Eiche Buche andere Lb hoher Lebensd. andere Lb niedriger Lebensd. alle Laubbäume Fichte Tanne Douglasie Kiefer Lärche alle Nadelbäume Alle Baumarten 2012 [1000 ha] [%] 162,2 6,0 252,0 9,3 293,1 10,9 582,5 21,6 1.289,9 47,8 781,0 28,9 47,3 1,8 114,8 4,3 397,8 14,7 67,1 2,5 1.408,0 52,2 2.697,8 100,0 Eiche Buche andere Lb hoher Lebensd. andere Lb niedriger Lebensd. alle Laubbäume Fichte Tanne Douglasie Kiefer Lärche alle Nadelbäume Alle Baumarten Laub- und Laub- und Veränderung [1000 ha] [%] -2,0 15,1 13,9 23,3 24,8 27,3 -30,3 10,8 6,3 17,1 -223,1 -9,4 9,8 46,9 -13,7 4,1 -181,0 -19,9 -44,3 -29,8 -452,3 -11,8 -446,0 - Tabelle 2.3-2: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile im Nadelbäume in der Altersgruppe über 40 Jahre Baumartengruppe Hauptbestand der Hauptbestand der 2012 Veränderung [1000 ha] [%] [1000 ha] [%] 967,5 12,2 72,3 1,3 1.428,0 18,0 88,5 0,0 476,5 6,0 74,8 11,2 565,4 7,1 73,6 7,8 3.437,4 43,3 309,1 3,0 1.982,2 25,0 -19,4 -7,1 135,5 1,7 8,8 0,2 102,8 1,3 48,9 79,0 2.031,8 25,6 96,2 -1,6 240,0 3,0 50,6 18,8 4.492,3 56,7 185,0 -2,2 7.929,7 100,0 494,1 Tabellen 2.3-1 und 2.3-2 zeigen eine deutliche Abnahme der Nadelbaumfläche. Die Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Wertschöpfung lassen sich wieder nicht aus den Zahlen der BWI ablesen. Da das hier behandelte Ziel der Waldstrategie aber auch umfasst, dass „verbundene Arbeitsplätze und Wertschöpfung auch in Zukunft gesichert und ausgebaut werden können“, soll auf die möglichen Auswirkungen kurz eingegangen werden. Die Abnahme der Nadelbaumfläche lässt mittelfristig erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen des Clusters Forst und Holz erwarten. Knapp 90 % des stofflich genutzten Holzes in Deutschland ist Nadelholz. 9 Es bleibt zu befürchten, dass sich die Anpassungskosten der Holz- und Papierindustrie an Laubholz als Rohstoff bei gegebenen Weltmarktpreisen der Produkte nicht decken lassen und daher die Produktion im Cluster Forst und Holz in Deutschland zukünftig verringert wird. Hohe Nadelholzpotentiale v. a. in der borealen Zone und die Intensivierung der globalen Holzhandelsbeziehungen mit Ostasien lassen eher Einfuhren entsprechender Halb- und Fertigprodukte erwarten. Tabelle 2.3-3 weist für die Jahre 2002 und 2012 die Laub- und Nadelwaldanteile an der Waldfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten unter Schirm nach Bundesländern aus. In allen Bundesländern betrug der Nadelbaumanteil an der Verjüngungsfläche in beiden Jahren nur einen Bruchteil des Laubbaumanteils. In Deutschland insgesamt lag der Laubwaldanteil im Jahre 2012 bei 76,4%. Er übertraf damit den entsprechenden Anteil von 74,1 % im Jahre 2002 nur geringfügig. Tabelle 2.3-3: Anteil der Holzbodenfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten unter Schirm nach Bundesländern. (Der Bestockungstyp „mehrere gleichrangige Baumarten“ ist dem Laubwald zugerechnet.) Bundesland Anteil der Waldfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten unter Schirm [%] 2002 2012 Nadelwald Laubwald Nadelwald Laubwald Baden-Württemberg Bayern Brandenburg + Berlin Hessen Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Thüringen Hamburg + Bremen 31,0 43,1 17,0 17,1 3,6 13,0 20,2 23,1 10,1 34,4 8,3 13,6 22,3 0,0 69,0 56,9 83,0 82,9 96,4 87,0 79,8 76,9 89,9 65,6 91,7 86,4 77,7 98,2 28,4 38,6 15,5 13,7 4,6 15,2 18,4 17,8 3,9 36,8 7,8 12,0 28,2 0,0 71,6 61,4 84,5 86,3 95,4 84,8 81,6 82,2 96,1 63,2 92,2 88,0 71,8 100,0 alle Bundesländer 25,9 74,1 23,6 76,4 Tabelle 2.3-4 zeigt für die Jahre 2002 und 2012 die Laub- und Nadelwaldanteile an der Holzbodenfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten unter Schirm nach Bestockungstypen. Anders als in Tabelle 2.3-3 ist der Bestockungstyp „mehrere gleichranginge Baumarten“ nicht dem Laubwald zugerechnet, sondern separat ausgewiesen. Deshalb unterscheiden sich die Anteile der Waldfläche der Verjüngung für den Laubwald (67,9 % in 2002 und 69,9 % in 2012) in Tabelle 2.3-4 von den entsprechenden Eintragungen in Tabelle 2.3-3. 10 Der Anteil der Holzbodenfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten im Laubwald hat sich in der Zeit von 2002 bis 2012 leicht erhöht. Dies reflektiert besonders die Erhöhung des Anteils der Verjüngung beim Buchen-Typ von 24,4 % in 2002 auf 29,9 % in 2012. Umgekehrt hat sich der Anteil der Waldfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten im Nadelwald im selben Zeitraum leicht verringert, nämlich von 25,9 % in 2002 auf 23,6 % in 2012. Darin spiegelt sich besonders die Abnahme des Anteils der Verjüngung beim Fichten-Typ wider, nämlich von 19,9 % in 2002 auf 17,6 % in 2012. Tabelle 2.3-4: Anteil der Holzbodenfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten unter Schirm nach Bestockungstypen. (Der Bestockungstyp „mehrere gleichrangige Baumarten“ ist weder dem Laub- noch dem Nadelwald zugerechnet.) Bestockungstyp der Verjüngung unter Schirm Eichen-Typ Buchen-Typ Eschen-Typ Birken-Typ Erlen-Typ Typ sonst. Laubbäume mit niedriger Lebensdauer Typ sonst. Laubbäume mit hoher Lebensdauer Laubwald Fichten-Typ Tannen-Typ Douglasien-Typ Kiefern-Typ Lärchen-Typ Nadelwald Typ mit mehreren gleichrangigen Baumarten alle führenden Baumarten (Verjüngung unter Schirm) Anteil der Waldfläche der Verjüngung der Hauptbaumarten unter Schirm [%] 2002 2012 4,9 3,9 24,4 29,9 6,7 4,8 2,8 2,5 0,7 0,6 14,6 13,9 13,7 14,3 67,9 69,9 19,9 17,6 1,9 2,0 0,4 0,8 3,5 3,0 0,2 0,2 25,9 23,6 6,1 6,4 100,0 100,0 Neben dem Laubholzanteil ist der Totholzvorrat ein Näherungsindikator für die Sicherung der ökologischen Funktionen des Waldes (s. Abschnitt 2.7). Er beträgt nach der erweiterten Totholzdefinition der BWI 2012 gut 20 m³/ha. Nach der alten Totholzdefinition hat er von 11,6 m³/ha in 2002 um 2,1 m³/ha auf 13,7 m³/ha zugenommen. Voraussetzung für diesen Vergleich ist die Anwendung derselben Totholzdefinition in beiden Jahren. Mit diesem Beitrag zur Sicherung der ökologischen Funktion ist aber nicht zwangsläufig ein Beitrag zu Sicherung der sozialen und ökonomischen Funktion verbunden. So ist durch die Anreicherung von Totholz im Wald kein positiver Nettoeffekt auf Arbeitsplätze und Wertschöpfung zu erwarten. 11 Fazit: Soweit die Analyse der Indikatoren eine solche Aussage gestattet, wurden die ökologischen und sozialen Funktionen des Waldes ausgebaut. Der Laubbaumanteil an der Verjüngung beträgt bereits seit 2002 über drei Viertel. In der Folge kann aber nicht von einer Sicherung oder gar einem Ausbau der mit der Forstwirtschaft verbundenen Arbeitsplätze und Wertschöpfung ausgegangen werden. Eher das Gegenteil ist der Fall. 2.4 Mobilisierung der Holzpotentiale im Kleinprivatwald Ziel: Die Mobilisierung der Holzpotentiale, insbesondere auch im Kleinprivatwald unter 10 ha, soll durch Maßnahmen zum Ausgleich der organisatorischen und logistischen Strukturprobleme verbessert werden (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.2, Seite 13). Das Holzpotential ist eine besser geeignete Referenzgröße als der Holzzuwachs, denn sie beschreibt die Nutzungsmöglichkeit bei gängiger forstlicher Bewirtschaftung und berücksichtigt zusätzlich die Hiebsreife. Es ist möglich, mehr oder weniger als den jährlichen Zuwachs zu nutzen. Die Ergebnisse der BWI 2002 und der BWI 2012 gestatten eine differenzierte Analyse der Änderung der Holznutzung im Kleinprivatwald mit Betriebsgrößen zwar nicht unter 10 ha, aber unter 20 ha. Die für diese Analyse notwendige Berechnung von Veränderungsgrößen muss Daten der ersten BWI (BWI 1987) einbeziehen. Weil diese nur in den alten Bundesländern durchgeführt wurde, muss die Analyse teilweise auf die alten Bundesländer beschränkt bleiben. Tabelle 2.4-1 vergleicht die Holznutzung im Kleinprivatwald unter 20 ha in den beiden Perioden 1987 – 2002 und 2002 - 2012 in den alten Bundesländern. In diesen beiden Zeiträumen wurde die Holznutzung im Kleinprivatwald in den alten Bundesländern insgesamt von 9,4 Mio. Efm/a um 4,6 Mio. Efm/a auf 14,0 Mio. Efm/a gesteigert. Die Bezugswaldflächen in beiden Aufnahmeperioden sind nahezu gleich, weshalb die Steigerung der Holznutzung praktisch nicht durch eine Flächenvergrößerung bestimmt wurde, sondern die Steigerung pro Hektar reflektiert. Die Holznutzung pro Hektar wurde von 4,8 Efm/a/ha um beinahe 50 % auf 7,1 Efm/a/ha im Jahre 2012 erhöht (Tabelle 2.4-2). Hingegen lag im Kleinprivatwald unter 20 ha die Holznutzung für den Zeitraum 2002 - 2012 in den neuen Bundesländern nur bei 3,0 Efm/a/ha. Daraus errechnet sich für ganz Deutschland für den Zeitraum 2002-20012 eine Nutzung von 6,2 Efm/a/ha in dieser Größenklasse. Während sich die Änderung der Nutzung aus dem o. g. Grund nur für die alten Bundesländer berechnen lässt, kann die Mobilisierung der Holzpotentiale für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelt werden. Dazu wird die tatsächliche Holznutzung von 2002 bis 2012 mit dem Potential verglichen. Als Potential wird hier 12 das Holzaufkommen gemäß dem Basisszenario der Waldentwicklungs- und Holzaufkommensmodellierung durch WEHAM betrachtet. Für den Kleinprivatwald mit Betriebsgrößen unter 20 ha in ganz Deutschland berechnet WEHAM auf Grundlage der Steuerparameter des Basisszenarios eine Holznutzung von rd. 22.489 Tsd. Efm/a von 2002 bis 2012. Da sich die Berechnungen von WEHAM auf den Hauptbestand beziehen, müssen ihre Ergebnisse zur besseren Vergleichbarkeit mit der aus der BWI abgeleiteten Holznutzung auf den gesamten Bestand, also auf alle Bestandesschichten, hochgerechnet werden. Der für die Hochrechnung benötigte Faktor lässt sich aus dem Vorrat aller Bestandesschichten nach BWI und dem Vorrat des Hauptbestandes nach WEHAM als etwa 1,05 berechnen. Die Hochrechnung mit dem Faktor 1,05 ergibt rd. 23.613 Tsd. Efm/a. Die entsprechende von der BWI ausgewiesene Nutzung beträgt rd. 20.224 Tsd. Efm/a. Das bedeutet, dass der Kleinprivatwald mit Betriebsgrößen unter 20 ha in Deutschland sein Nutzungspotential bereits zu 86 % ausgeschöpft hat. Allerdings geben die Zahlen keinen Aufschluss darüber, in welchem Maße die Holznutzung eine Folge von Naturereignissen wie dem Orkan Kyrill war. Tabelle 2.4-1: Vergleich der Nutzungen im Kleinprivatwald bis 20 ha Betriebsgröße in den Perioden 1987 bis 2002 und 2002 bis 2012 (nur alte Bundesländer) Bundesland Schleswig-Holstein Niedersachsen, Hamburg u. Bremen Nordrhein-Westfalen Hessen Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Bayern Saarland Nutzung [1000 Efm/a] 1987* -2002 2002-2012 Differenz ) 136 543 916 287 344 1.871 5.240 27 180 998 1.847 326 578 2.133 7.861 57 44 455 932 39 235 262 2.621 31 alte Bundesländer 9.363 13.981 4.618 *) Die Kluppschwelle betrug 1987 10 cm m.R., 2002 7 cm m.R. Damit verbunden ist eine Unterschätzung der Gesamtnutzungsmenge um etwa 0,4 %. 13 Tabelle 2.4-2: Vergleich der Nutzungen im Kleinprivatwald bis 20 ha Betriebsgröße in den Perioden 1987 bis 2002 und 2002 bis 2012 (nur alte Bundesländer) bezogen auf die Holzbodenfläche Bundesland Nutzung [Efm/a/ha] ) 1987* -2002 2002-2012 Differenz Schleswig-Holstein Niedersachsen, Hamburg u. Bremen Nordrhein-Westfalen Hessen Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Bayern Saarland 3,9 2,2 3,5 4,8 2,5 7,4 5,4 2,2 4,9 3,4 8,1 5,6 4,0 9,1 8,5 3,4 1,0 1,2 4,6 0,8 1,5 1,7 3,1 1,2 alte Bundesländer 4,8 7,2 2,5 *) Die Kluppschwelle betrug 1987 10 cm m.R., 2002 7 cm m.R. Damit verbunden ist eine Unterschätzung der Gesamtnutzungsmenge um etwa 0,4 %. Fazit: Die Mobilisierung von Holz im Kleinprivatwald wurde deutlich verbessert. Die Potentialausschöpfung der letzten zehn Jahre lag bei 86 %. Allerdings ist keine Aussage darüber möglich, in welchem Maße die gesteigerte Holznutzung eine Folge von Maßnahmen zum Ausgleich von Strukturproblemen oder von Naturereignissen war. 2.5 Steigerung der Holzernte Ziel: Die Holzernte wird maximal bis zum durchschnittlichen jährlichen Zuwachs gesteigert. Basis ist das Referenzszenario der Bundesregierung für die Klimaverhandlungen: rund 100 Mio. m3 pro Jahr (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.3 auf Seite 15). Eine Steigerung der Holznutzung ist prinzipiell möglich durch Ausdehnung der produktiven Fläche. Umgekehrt führt eine Verkleinerung der produktiven Fläche zu einem Sinken der Nutzungsmöglichkeiten. Weitere Einflussgrößen auf die Holzernte sind die Umtriebszeit, die Durchforstungsstärke, die Baumartenzusammensetzung, die Altersstruktur und die Reduzierung des nicht verwerteten Abganges. Die Holznutzung soll dabei nicht über die Referenz des Basisszenarios der Bundesregierung für die Klimaverhandlungen gesteigert werden. Tabelle 2.5-1 zeigt, dass trotz einer insgesamt vergrößerten Waldfläche die Holzbodenfläche ohne jegliche Einschränkung der Holznutzung geringfügig abgenommen hat. Hauptfaktor für diese Entwicklung ist die Steigerung des Flächenanteils der Kategorie „Holznutzung nicht zulässig oder nicht zu erwarten“ um nahezu das Vierfache. Die beiden anderen Flächenkategorien sind etwa gleich 14 geblieben. Die Fläche, die nicht oder nur mit Einschränkung der Holzproduktion zur Verfügung stand, hat um 74 % zugenommen. Tabelle 2.5-1: Holzbodenfläche mit Nutzungseinschränkungen Holzboden Nichtbegehbare Fläche 1) Holznutzung nicht zulässig Zwischensumme derzeit keine Holznutzung 2) Holznutzung teilweise nicht zulässig Zwischensumme derzeit keine (inkl. teilw. keine) Holznutzung ohne Einschränkung der Holznutzung Gesamte begehbare und Nichtbegehbare Fläche 1) BWI 2002 [Tsd. ha] [%] 153 1,4 92 0,9 BWI 2012 [Tsd. ha] [%] 166 1,5 450 4,1 Änderg. [%] 8,6 387,7 245 485 2,3 4,5 617 489 5,6 4,4 151,2 0,9 730 9.991 6,8 93,2 1.272 9.780 10,0 90,0 74,2 -2,1 10.721 100,0 11.054 100,0 3,1 2) Holznutzung nicht zulässig oder nicht zu erwarten 1/3 oder 2/3 des üblichen Aufkommens erwartbar Tabelle 2.5-2 zeigt für die Baumartengruppen der BWI den Zuwachs, die Nutzung an Derbholz und den nicht verwerteten Abgang in Vorratsfestmetern pro Jahr in der Periode von 2002 bis 2012. Basis ist die Vereinigungsfläche der Inventuren beider Jahre. Die rechte Spalte drückt den gesamten Abgang einschließlich der Nutzung als prozentualen Anteil des Zuwachses aus. Im betrachteten zehnjährigen Zeitraum gingen bezogen auf die Gesamtheit aller Baumarten 87,5 % des Zuwachses ab. Der entsprechende Anteil betrug für die Laubbäume 66,6% % und für die Nadelbäume 98,3 %. Bei den Nadelbäumen fällt die Fichte als einzige Baumart auf, bei der der Abgang den Zuwachs um 15,0 % übertrifft. Das gegenwärtige Verhältnis von Abgang zu Zuwachs lässt sich zum Teil als Folge des zweiten Weltkriegs erklären. In der Nachkriegszeit wurden aus Reparationshieben entstandene Kahlschlagsflächen überwiegend mit Nadelholz wieder aufgeforstet. Die daraus resultierenden Bestände tragen maßgeblich zum hohen Holzzuwachs in Deutschland bei, sind jedoch noch nicht hiebsreif. Die Differenz zwischen Nutzung und Zuwachs darf daher nicht als ungenutztes Nutzungspotential verstanden werden. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass es nicht nur ein einziges Nutzungspotential gibt, sondern, je nach waldbaulichen Vorstellungen, einen Potentialfächer. So weist beispielsweise ein im Auftrag des BMEL erstelltes WEHAM-Szenario auch ein Nutzungspotential in Höhe des Zuwachses aus. Ein anderes Szenario liegt deutlich darunter (Polley, Kroiher, 2006). 15 Tabelle 2.5-2: Durchschnittlicher jährlicher Zuwachs, durchschnittliche jährliche Nutzung an Derbholz und durchschnittlicher nicht verwerteter Abgang. Alle Abgänge einschl. Nutzung als absolute Größe und als Prozentsatz des Zuwachses (von 2002 bis 2012). Baumartengruppe Zuwachs [1000 Vfm/a] Nutzung [1000 Vfm/a] Nicht verwerteter Abgang [1000 Vfm/a] Alle Abgänge [1000 Vfm/a] als Teil des Zuwachses [%] Eiche Buche andere Lb h. Lebensd. andere Lb n. Lebensd. alle Laubbäume Fichte Tanne Douglasie Kiefer Lärche 9.353 18.293 6.596 7.283 41.526 45.671 2.997 3.864 24.180 3.365 4.348 12.963 2.515 3.476 23.302 49.292 1.919 1.546 17.659 2.206 796 995 546 2.021 4.358 3.214 197 100 2.346 202 5.144 13.958 3.061 5.497 27.660 52.505 2.116 1.646 20.006 2.408 55,0 76,3 46,4 75,5 66,6 115,0 70,6 42,6 82,7 71,6 alle Nadelbäume 80.076 72.622 6.058 78.681 98,3 121.602 95.925 10.417 106.341 87,5 Alle Baumarten Fazit: Die Holzbodenfläche ohne jegliche Einschränkung der Holznutzung hat geringfügig abgenommen. Die Holzernte liegt, insbesondere wegen der Altersklassenverteilung des Waldes in Deutschland, in der Summe unterhalb des durchschnittlichen jährlichen Zuwachses. Mit geringeren Umtriebszeiten, z. B. bei Fichte, ließe sich die hohe Nachfrage nach Fichtenholz mittelstarker Dimensionen besser decken. Die Zielformulierung misst dem Zuwachs einen Indikatorwert für die Nachhaltigkeit bei. Langfristig werden durch den Wechsel von Nadel- zu Laubholz der Zuwachs und damit die Nutzungsmöglichkeit sinken, denn wie die BWI belegt, haben die Nadelbaumarten im Schnitt einen deutlich (um fast 50 %) höheren Volumenzuwachs als die Laubbaumarten. Die Größe des Zuwachses vernachlässigt aber die aktuelle Altersklassenstruktur und die Hiebsreife der Bestände. Ein besserer Weiser ist das Holznutzungspotential, das im folgenden Abschnitt analysiert wird (s. Abschnitt 2.5). 2.6 Mobilisierung der Holznutzungspotentiale Ziel: Die vorhandenen, nachhaltig verfügbaren Rohstoffpotentiale sollen stärker mobilisiert und marktgerecht bereitgestellt werden. Dabei sollen bestehende Instrumente zur Rohholzmobilisierung weiterentwickelt und effektiver eingesetzt werden. Dazu zählen die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse, die Beratung und Betreuung der Waldbesitzer – insbesondere der Kleinprivatwaldbesitzer, Waldflurbereinigungen oder Waldpachtmodelle. (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.3, Seite 17) Bezüglich des o. g. Ziels lässt sich anhand der BWI nur überprüfen, inwieweit sich die Holznutzung geändert hat und ob und in welchem Maße das nachhaltig 16 verfügbare Holzpotential ausgeschöpft wurde. Diese Analyse der Änderung muss auf die alten Bundesländer beschränkt bleiben, weil die erste BWI 1987 nur in den alten Bundesländern durchgeführt wurde. Tabelle 2.6-1 vergleicht die Holznutzung in den beiden Perioden 1987 – 2002 und 2002-2012 in den alten Bundesländern. In diesen beiden Zeiträumen wurde die Holznutzung insgesamt von 49,7 Mio. Efm/a um 11,2 Mio. Efm/a auf 60,9 Mio. Efm/a gesteigert. Das entspricht einer Steigerung um 22,6 %. Die Bezugsholzbodenfläche in den beiden Aufnahmeperioden hat aber nur um 3,6 % zugenommen. Die Steigerung der Holznutzung wurde also nicht maßgeblich durch eine Flächenvergrößerung bestimmt, sondern reflektiert v. a. die Steigerung pro Hektar. Die durchschnittliche Holznutzung pro Hektar wurde von 6,6 Efm/a/ha um 1,2 Efm/a/ha auf 7,9 Efm/a/ha erhöht (Tabelle 2.6-2). Dies entspricht einer Erhöhung um 18,2 %. Im Gegensatz zur Nutzung kann die Mobilisierung der Holznutzungspotentiale für die gesamte Bundesrepublik Deutschland ermittelt werden. Dazu wird die tatsächliche Holznutzung von 2002 bis 2012 mit dem Potential verglichen. Als Potential wird hier wieder das Holzaufkommen gemäß dem Basisszenario der Waldentwicklungs- und Holzaufkommensmodellierung (WEHAM) betrachtet. Tabelle 2.6-1: Vergleich der Nutzungen in den Perioden 1987-2002 und 2002-2012 (alte Bundesländer) Eigentumsart (letzte) Nutzung [1000 Efm/a] 1987 -2002 2002-2012 Differenz *) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald 572 15.672 12.924 20.507 742 16.423 13.808 29.904 170 752 884 9.397 Alle Eigentumsarten 49.674 60.877 11.203 *) Die Kluppschwelle betrug 1987 10 cm m.R., 2002 7 cm m.R. Damit verbunden ist eine Unterschätzung der Gesamtnutzungsmenge um etwa 0,4 %. Für ganz Deutschland berechnet WEHAM für die Periode von 2002 bis 2012 eine Holznutzung über alle Eigentumsarten von 74.654 Tsd. Efm/a. Da die von WEHAM berechnete Holznutzung auf den Hauptbestand bezogen ist, muss sie zum Vergleich mit der aus der BWI abgeleiteten Holznutzung auf den gesamten Bestand, also auf alle Bestandesschichten, hochgerechnet werden. Der für die Hochrechnung benötigte Faktor lässt sich aus dem Vorrat aller Bestandesschichten nach BWI und dem Vorrat des Hauptbestandes nach WEHAM als etwa 1,05 berechnen. Die Hochrechnung der Nutzung auf alle Bestandesschichten ergibt damit 78.386 Tsd. Efm/a. Bezogen auf die dem Szenario zugrundeliegende Fläche von 10.376 Tsd. ha ergibt sich ein Potential pro Fläche von 7,2 Efm/a/ha (Tabelle 2.6-3). Für die gleiche Periode weist die BWI eine Nutzung von 75.680 Tsd. Efm/a/ha auf einer Fläche von 17 10.832 Tsd. ha aus. Die daraus resultierende Nutzung pro Fläche beträgt 7,0 Efm/a/ha. Über alle Eigentumsarten und Größenklassen wurde demnach das Nutzungspotential zwischen 2002 und 2012 zu 96,5 % ausgeschöpft. Im Staatswald des Bundes und der Länder beträgt die Nutzung des Potentials 95,1 % bzw. 109,5 %. Im Körperschaftswald wurde das Potential zu 100,3 % und im Privatwald zu 88,9% ausgeschöpft. Tabelle 2.6-2: Vergleich der Nutzungen in den Perioden 1987-2002 und 2002-2012 (alte Bundesländer) bezogen auf die Holzbodenfläche Eigentumsart (letzte) Nutzung [Efm/a/ha Hbfl.] 1987 -2002 2002-2012 Differenz *) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald 3,9 7,5 7,4 5,9 5,0 7,7 7,7 8,1 1,1 0,2 0,3 2,3 Alle Eigentumsarten 6,6 7,9 1,2 *) Die Kluppschwelle betrug 1987 10 cm m.R., 2002 7 cm m.R. Damit verbunden ist eine Unterschätzung der Gesamtnutzungsmenge um etwa 0,4 %. Tabelle 2.6-3: Vergleich der Nutzung in den Perioden 2002-2012 mit dem Potential in ganz Deutschland Staatswald (Bund) Staatswald (Länder) Körperschaftswald Privatwald alle Eigentumsarten 3 Potential [1000 m /a] lt. WEHAM (nur Hauptbestand) 1.597 19.196 14.505 39.354 74.654 1.677 20.156 15.231 41.322 78.386 356 4,5 2.995 6,4 2.031 7,1 4.992 7,9 10.376 7,2 1.595 346 4,6 95,1 22.062 3.163 7,0 109,5 15.276 2.100 7,3 100,3 36.746 5.221 7,0 88,9 75.680 10.832 7,0 96,5 3 Potential [1000 m /a] lt.WEHAM (zzgl. 5% f. Nebenbestand.) Fläche [1000 ha] lt. WEHAM 3 Potential pro Fläche [m /a/ha] 3 Nutzung [1000 m /a] lt. BWI (alle Bestandesschichten) Fläche [1000 ha] lt. BWI 3 Nutzung pro Fläche [m /a/ha] Ausschöpfg. d. Potentials [%] Fazit: Die Mobilisierung von Holz in Deutschland insgesamt sowie auch im Kleinprivatwald wurde deutlich verbessert. Die Potentialausschöpfung der letzten zehn Jahre lag bei 96,5 %. Die Angabe zur Holznutzung aus dem Vergleich der beiden letzten Bundeswaldinventuren weicht aber von den Ergebnissen der amtlichen Einschlagsstatistik z. T. erheblich ab (Jochem et al., 2015). Dies erfordert 18 deren dringende Verbesserung oder den Einsatz von alternativen Methoden zur Einschlagsbestimmung (vgl. Jochem et al., 2015). 2.7 Erhöhung der biologischen Vielfalt Ziel: Die biologische Vielfalt im Wald soll entsprechend den Zielen der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt (NBS) erhöht werden. (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.4, Seite 21) Die NBS zielt auf die nationale Umsetzung des im Jahre 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) beschlossenen Übereinkommens über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD). Damit ist ihr Hauptziel die Umkehr des Verlustes von biologischer Vielfalt in Deutschland (BMU 2007). Eine Erhöhung der biologischen Vielfalt im Wald steigert das Potential der Waldökosysteme, multifunktionale Leistungen für die Gesellschaft zu erbringen. Die biologische Vielfalt kommt v. a. im floristischen und faunistischem Artenreichtum sowie im Strukturreichtum der Waldökosysteme zum Ausdruck. Sie lässt sich in ihrer Komplexität nicht durch Großrauminventuren wie die BWI erfassen. Die BWI umfasst allerdings einige Erhebungsmerkmale, deren Analyse Hinweise auf Veränderungen in der biologischen Vielfalt geben kann. Diese Merkmale sind das Bestockungsalter, der Bestockungsaufbau, die Durchmesserverteilung, die Baumartenanteile, die Naturnähe der Baumartenzusammensetzung, der Totholzanteil im Wald und die Biotopbäume. In diesem Abschnitt werden exemplarisch der Bestockungsaufbau, die Baumartenanteile und der Totholzanteil analysiert. Hinzu kommt die in Abschnitt 2.7 analysierte Herausnahme von Flächen aus der Holzproduktion, die ebenfalls zur Steigerung der biologischen Vielfalt beiträgt. Wie bereits in Abschnitt 2.2 beziehen sich die Ergebnisse auf die bestockte Holzbodenfläche, also auf den bestockten Anteil der dauernd zur Holzerzeugung bestimmten Fläche. Nicht eingeschlossen sind demnach die Nichtholzbodenfläche (z. B. Schneisen ab 5 Metern Breite, Waldwege und Holzlagerplätze), die nichtbegehbare Fläche (mit z. B. Betretungsverboten oder gefährlichen Geländebedingungen), die Blößen sowie Bestandes- und Bestockungslücken. Außerdem beziehen sich die Berechnungen nur auf den Hauptbestand. Bestockungsaufbau Ein Merkmal für die biologische Vielfalt des Waldes ist der Bestockungsaufbau. Eine reiche vertikale Struktur, d. h. eine ausgeprägte Schichtung des Kronenraumes, bietet Lebensraum für eine größere Vielfalt an Pflanzen und Tieren. Sie ermöglicht dem Wald auch eine bessere Anpassung an sich ändernde Umweltfaktoren. Tabellen 2.7-1 und 2.7-2 enthalten die Holzbodenflächen und –flächenanteile von 19 Wäldern mit unterschiedlichem Bestockungsaufbau in unterschiedlichen Bestockungstypen in den Jahren 2002 und 2012. Auch hier entstammen die Daten für das Jahr 2002 nicht der BWI 2, sondern sind aus den o. g. Gründen das Ergebnis einer Rückrechnung mit Hilfe der entsprechenden Veränderungsgrößen der BWI 3. Der Anteil einschichtiger Waldbestände hat sich im Zeitraum von 2002 bis 2012 deutlich verringert. Er betrug im Jahre 2002 für alle Bestockungstypen gemeinsam 45,9 % und im Jahre 2012 nur noch 32,0 %. Entsprechend hat der Anteil von zweiund mehrschichtigen sowie plenterwaldähnlichen Beständen insgesamt zugenommen, und zwar von 54,1 % in 2002 auf 68,0 % in 2012 – also um ein knappes Drittel. Dabei stieg der Anteil zweischichtiger Bestände von 45,1 % auf 57,3 %. Dieser Anstieg ist beim Douglasien-Typ besonders ausgeprägt. Der Anteil zweischichtiger Bestände stieg beim Douglasien-Typ um etwa die Hälfte, nämlich von 30,5 % auf 46,0 %. Der Anteil mehrschichtiger und plenterwaldartiger Bestände nahm von 9,0 % auf 10,8 % zu. Hingegen stieg der Anteil mehrschichtiger und plenterwaldartiger Buchen-Typ-Bestände um knapp zwei Drittel, nämlich von 8,5 % auf 13,9 %. Wegen ihres geringen Anteils beeinflussen die mehrschichtigen und plenterwaldähnlichen Bestände das Gesamtergebnis nur wenig. Tabelle 2.7-1: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile nach Bestockungstyp und Bestockungsaufbau in 2002 (rückgerechnet aus dem Jahre 2012), ohne Bestockungslücken Bestockungstyp Eichen-Typ Buchen-Typ Eschen-Typ Birken-Typ Erlen-Typ Sonst. Lbb.-Typ LLaubb.Typ Fichten-Typ Tannen-Typ Douglasien-Typ Kiefern-Typ Lärchen-Typ Mehrere gleichrangige Arten Alle Bestockungstypen Einschichtig [1000 ha] [%] 310 33,6 594 35,5 60 34,7 146 44,9 110 47,8 258 41,5 1.893 55,5 33 22,6 115 66,5 1.229 47,3 93 45,0 Bestockte Holzbodenfläche Zweischichtig Mehrschichtig oder plenterartig 1000 [ha] [%] [1000 ha] [%] 513 55,6 99 10,8 934 55,9 142 8,5 94 54,2 19 11,2 156 48,0 23 7,1 103 44,9 17 7,3 303 48,8 60 9,6 1.249 36,6 268 7,9 68 46,5 45 31,0 53 30,5 5 3,1 1.125 43,3 243 9,3 102 49,4 12 5,7 99 34,5 151 52,5 4.941 45,9 4.852 45,1 20 37 12,9 971 9,0 Alle Arten von Bestockungsaufbau [1000 ha] 923 1.671 174 325 230 620 3.411 146 173 2.597 207 288 10.764 Abbildung 2.7-1 verdeutlicht einen weiteren Zusammenhang, der sich aus einem Vergleich des Bestockungsaufbaus in beiden Bundeswaldinventuren ergibt. Dort sind die Flächenanteile der Bestockungstypen nach der Größe ihres Anteils an der Holzbodenfläche im Jahr 2002 angeordnet. Man erkennt, dass die Anteile der häufigeren Bestockungstypen im Betrachtungszeitraum zurückgegangen sind, während die Flächenanteile der selteneren Bestockungstypen zugenommen haben. 35 Prozentanteil an der Holzbodenfläche 30 25 20 15 2002 2012 10 5 0 Abbildung 2.7-1: Veränderung der Waldfläche nach Bestockungstyp von 2002 bis 2012 *) *) ALN-Typ: Typ sonst. Laubbäume mit niedriger Lebensdauer, ALH-Typ: Typ sonst. Laubbäume mit *) hoher Lebensdauer, Misch-Typ: Typ mit mehreren gleichrangigen Baumarten 21 Tabelle 2.7-2: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile nach Bestockungstyp und Bestockungsaufbau in 2012, ohne Bestockungslücken Bestockungstyp Eichen-Typ Buchen-Typ Eschen-Typ Birken-Typ Erlen-Typ Sonst. Lbb.-Typ LLaubb.Typ Fichten-Typ Tannen-Typ Douglasien-Typ Kiefern-Typ Lärchen-Typ Mehrere gleichrangige Arten Alle Bestockungstypen Einschichtig [1000 ha] [%] 216 22,1 365 20,3 44 22,1 109 32,6 88 37,1 213 31,2 1.331 41,8 27 16,4 104 47,4 833 33,2 58 27,7 Bestockte Holzbodenfläche Zweischichtig Mehrschichtig oder plenterartig [1000 ha] [%] [1000 ha] [%] 619 63,5 140 14,4 1.185 65,8 251 13,9 127 62,9 30 15,1 200 59,7 26 7,7 131 55,1 18 7,7 394 57,6 76 11,1 1.595 50,1 257 8,1 82 49,9 55 33,7 101 46,0 14 6,5 1.443 57,5 234 9,3 133 63,4 19 8,8 Alle Arten von Bestockungsaufbau [1000 ha] 975 1801 201 335 238 684 3.183 164 219 2.510 210 77 23,5 203 62,2 47 14,3 327 3.466 32,0 6.213 57,3 1.167 10,8 10.846 Flächenanteil von Laubwald Laubwälder verfügen häufig über eine höhere Baumartenvielfalt als Nadelwälder, weil Nadelwälder häufiger als Laubwälder Reinbestände sind. Der Anstieg des Flächenanteils von Laubwald wurde anhand von Daten der BWI bereits für die jüngeren Altersgruppen (1 – 40 Jahre) gezeigt (Abschnitt 2.2). Tabelle 2.7-3 zeigt diese Veränderung für alle Altersklassen vom Jahr 2002 bis zum Jahr 2012. Aus den ebenfalls bereits genannten Gründen (Abschnitt 2.2) entstammen die Daten für das Jahr 2002 nicht der BWI 2, sondern sind das Ergebnis einer Rückrechnung mit Hilfe der Veränderungsgrößen aus der BWI 3. Der Anteil aller Laubbäume hat sich von 41,7 % im Jahre 2002 auf 44,5 % im Jahre 2012 erhöht. Das entspricht einer Zunahme der Laubbaumfläche um knapp 7 % in zehn Jahren. Die entsprechende Zunahme beträgt bei Eiche ca. 7 % und bei Buche nur ca. 6 %, bei den anderen Laubbäumen hoher Lebensdauer aber ca. 15 %. Umgekehrt nehmen die Flächenanteile von Fichte und Kiefer ab. Bei Tanne, Douglasie und Lärche ist allerdings eine geringe Zunahme zu verzeichnen. 22 Tabelle 2.7-3: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile im Hauptbestand der Laub- und Nadelbäume in 2002 (rückgerechnet aus dem Jahre 2012) und in 2012, ohne Bestandes- und Bestockungslücken Baumartengruppe Eiche Buche andere Lb hoher Lebensdauer andere Lb niedriger Lebensdauer alle Laubbäume Fichte Tanne Douglasie Kiefer Lärche alle Nadelbäume Alle Nadelbäume Best. Holzbodenfläche 2002 Best. Holzbodenfläche 2012 [1000 ha] [%] [1000 ha] [%] 1.059 10,0 1.130 10,6 1.578 14,9 1.680 15,8 670 6,3 770 7,2 1.105 10,4 1.148 10,8 4.412 41,7 4.727 44,5 3.006 28,4 2.763 26,0 164 1,6 183 1,7 182 1,7 218 2,0 2.514 23,8 2.430 22,9 301 2,8 307 2,9 6.167 58,3 5.900 55,5 10.579 100.0 10.628 100.0 Totholzvorrat Der Totholzvorrat wurde bereits in Abschnitt 2.3 ermittelt. Er beträgt nach der erweiterten Totholzdefinition der BWI 2012 gut 20 m³/ha. Nach der alten Totholzdefinition hat er von 11,6 m³/ha in 2002 um 2,1 m³/ha auf 13,7 m³/ha zugenommen. Baumalter Tabelle 2.7-4 zeigt die Veränderung der Waldfläche nach Baumartengruppen und Altersklassen zwischen den Jahren 2002 und 2012. Bei der Gesamtheit aller Baumarten fällt die gegensätzliche Entwicklung in den Baumaltersklassen bis bzw. über 100 Jahren auf. In vier der fünf Klassen bis zum Alter 100 Jahre hat die Waldfläche abgenommen. Diese Abnahme beträgt über alle fünf Altersklassen zusammen rund 345 Tsd. ha. Umgekehrt hat die Waldfläche in jeder der Klassen über dem Alter 100 Jahre zugenommen, und zwar zusammen um rund 393 Tsd. ha. Die Zunahme der Anteile alter Bäume ist überwiegend in der Entwicklung der Altersstruktur der Laubbäume begründet. So hat bei den Laubbäumen die Waldfläche aller Baumaltersklassen von bereits mindestens 60 Jahren zugenommen, und zwar um rund 370 Tsd. ha. Die Waldfläche der Laubbäume mit einem Alter von bis zu 60 Jahren hat um rund 54 Tsd. ha abgenommen. Das Durchschnittsalter des Waldes hat sich im Zeitraum von 2002 bis 2012 erhöht, und zwar um viereinhalb Jahre (BMEL 2014). 23 Tabelle 2.7-4: Veränderung der Holzbodenfläche zwischen 2002 und 2012 nach Baumaltersklassen und Baumartengruppen Alter [Jahre] Eiche Buche andere Lb h. Lebensd. andere Lb n. Lebensd. alle Laubbäume Fichte Tanne Douglasie Kiefer Lärche alle Nadelbäume alle Baumarten Veränderung der Holzbodenfläche [1000 ha] zwischen 2002 und 2012 nach Baumaltersklassen 121- 41- 61- 81- 101- 121- 141- >160 Alle 20 40 60 80 100 120 140 160 Alter -19 17 -2 16 0 25 -37 6 -58 65 -38 -186 7 3 -2 -12 -142 -39 -10 -34 -184 -268 -242 -204 -27 -16 2 -19 -60 73 6 36 -83 13 46 -14 26 13 22 59 120 -54 -1 9 38 19 12 132 -6 19 21 18 52 -84 -2 1 7 10 -69 -16 0 4 13 13 29 19 -3 2 42 5 64 94 14 -1 9 2 24 5 2 1 45 1 54 78 34 23 4 1 63 10 5 0 34 1 50 113 31 45 4 0 81 11 2 0 14 2 28 109 70 102 100 43 315 -242 19 35 -85 6 -267 48 Anteil Waldfläche in Schutzgebietskategorien Die biologische Vielfalt der Wälder wird erhalten oder erhöht durch die Einrichtung von Schutzgebieten verschiedener Kategorien. Dazu zählen neben Naturschutzgebieten bestimmte durch Naturschutz- oder Waldgesetze geschützte Biotope. Der Anteil der Waldfläche in solchen Schutzgebieten beträgt laut BMEL (2014) fünf Prozent. Auf rund 10 % der Waldfläche findet derzeit keine oder nur eingeschränkte Holznutzung statt (Tabelle 2.5-1). Fazit: Das Durchschnittsalter der Bäume hat sich erhöht, was für Laubbäume in besonderem Maße zutrifft. Die Zunahme des Laubbaumanteils und der Schichtung im Kronenraum sowie die Zunahme seltener Bestockungstypen innerhalb der zehnjährigen Erhebungsperiode sprechen für eine Zunahme der biologischen Vielfalt im Wald. Weitere Indikatoren für deren Zunahme sind der gestiegene Anteil von Waldflächen, die durch Naturschutz- oder Waldgesetze geschützt sind oder auf denen keine Holznutzung stattfindet, sowie die Zunahme an Totholz. 24 2.8 Erhalt der Waldfläche und Steigerung der Stabilität, Vielfalt und Naturnähe der Baumartenzusammensetzung Ziel: Die Waldfläche in Deutschland soll erhalten bleiben und die Stabilität, Vielfalt und Naturnähe der Wälder gesteigert werden. Der Anbau standortgerechter und überwiegend heimischer Baumarten leistet hierzu einen wichtigen Beitrag. (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.5, Seite 23) Die Zielformulierung fasst mehrere in diesem Papier an anderer Stelle behandelte Ziele der Waldstrategie zusammen. Hinzu kommt die Steigerung der Naturnähe. Die Naturnähe charakterisiert, in welchem Maße die gegebene Baumartenzusammensetzung der auf dem jeweiligen Standort zu erwartenden natürlichen Zusammensetzung entspricht. Ihre Änderung wird im Folgenden überprüft. Tabellen 2.8-1 und 2.8-2 zeigen die Holzbodenfläche und –flächenanteile für die verschiedenen Bestockungstypen in verschiedenen Naturnähestufen in den Jahren 2002 und 2012. Die Änderungen der Flächenanteile in den verschiedenen Naturnähestufen sind sowohl insgesamt als auch in den einzelnen Bestockungstypen gering. Deshalb ist bei kleinen Domänen mit einem hohen Stichprobenfehler zu rechnen. Unter den vereinzelten Ausnahmen fällt der Eschen-Typ auf. Sein Flächenanteil sehr naturnaher und naturnaher Bestände nimmt von 48,5 % in 2002 auf 40,0 % in 2012 ab. Hingegen nimmt sein Anteil bedingt naturnaher Bestände im selben Zeitraum von 41,9 % auf 47,0 % zu. Umgekehrt fällt beim Kieferntyp eine Abnahme des Anteils bedingt naturnaher Bestände von 68,5 % auf 62,8 % auf. Sein Anteil an kulturbestimmten Beständen steigt im selben Zeitraum von 12,9 % auf 18,3 %. BMEL vergleicht die Naturnähe der Hauptbestockung mit derjenigen der Jungbestockung. Die Jungbestockung besteht aus denjenigen Bäumen in einem BWI-Probekreis von 10 Metern Radius, die eine Höhe von 0,2 m bis 4,0 m haben. Auch dieser Vergleich weist auf eine nur geringe Verbesserung der Naturnähe hin. Der Flächenanteil sehr naturnaher, naturnaher und bedingt naturnaher Bestände beträgt in der Hauptbestockung ca. 76 %, in der Jungbestockung alleine 82 %. 25 Tabelle 2.8-1: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile nach Bestockungstyp und Naturnähestufen in 2002, ohne Bestockungslücken Bestockungstyp Eichen-Typ Buchen-Typ Eschen-Typ Birken-Typ Erlen-Typ Sonst. Lbb.-Typ LLaubb.Typ Fichten-Typ Tannen-Typ Douglasien-Typ Kiefern-Typ Lärchen-Typ Mehrere gleichrangige Arten Alle Bestockungstypen Sehr naturnah und naturnah [1000 ha] [%] 412 46,9 1.370 82,5 79 48,5 94 30,3 87 42,8 136 24,8 928 27,4 104 71,7 387 15,2 Bestockte Holzbodenfläche Bedingt naturnah Kulturbetont Kulturbestimmt [1000 ha] 393 257 68 196 53 256 1.102 23 66 1.744 22 [%] [1000 ha] 44,6 30 15,4 22 41,9 7 63,1 8 26,0 24 46,7 62 32,6 339 16,2 5 38,5 28 68,5 88 10,8 67 [%] 3,4 1,3 4,6 2,7 12,1 11,3 10,0 3,2 16,2 3,4 32,8 [1000 ha] 45 13 8 12 39 94 1.017 13 77 328 116 [%] 5,1 0,8 5,0 3,9 19,1 17,2 30,0 8,9 45,3 12,9 56,4 Alle Naturnähestufen [1000 ha] 880 1.662 163 311 202 548 3.386 145 171 2.547 206 15 5,3 277 1.776 16,9 10.496 99 35,9 138 49,9 25 8,9 3.697 35,2 4.318 41,1 705 6,7 Tabelle 2.8-2: Bestockte Holzbodenflächen und -anteile nach Bestockungstyp und Naturnähestufen in 2012, ohne Bestockungslücken Bestockungstyp Eichen-Typ Buchen-Typ Eschen-Typ Birken-Typ Erlen-Typ Sonst. Lbb.-Typ LLaubb.Typ Fichten-Typ Tannen-Typ Douglasien-Typ Kiefern-Typ Lärchen-Typ Mehrere gleichrangige Arten Alle Bestockungstypen Bestockte Holzbodenfläche Sehr naturnah Bedingt naturnah Kulturbetont Kulturbestimmt und naturnah [1000 ha] [%] [1000 ha] [%] [1000 ha] [%] [1000 ha] [%] 442 45,3 444 45,5 36 3,7 53 5,5 253 14,0 21 1,2 12 0,7 1.516 84,2 81 40,0 95 47,0 11 5,6 15 7,4 106 31,6 197 58,7 14 4,0 19 5,6 102 42,8 64 26,8 29 12,2 43 18,2 170 24,8 318 46,5 77 11,3 119 17,4 881 27,7 1.154 36,2 336 10,6 812 25,5 111 67,9 25 15,3 8 4,8 20 12,0 0 0,0 88 40,2 35 15,9 96 43,8 367 14,6 1.577 62,8 108 4,3 458 18,3 0 0,2 26.321 12,5 73 34,8 110 52,5 116 35,5 158 48,4 32 9,7 3.891 35,9 4.396 40,5 780 7,2 21 Alle Naturnähestufen [1000 ha] 975 1.801 201 335 238 684 3.183 164 219 2.510 210 6,5 327 1.779 16,4 10.846 Fazit: Bereits im vorigen Abschnitt wurde festgestellt, dass die Zunahme des Laubbaumanteils und der Schichtung im Kronenraum sowie die Zunahme seltener 26 Bestockungstypen für eine Zunahme der biologischen Vielfalt des Waldes sprechen. Eine Steigerung der Naturnähe des Waldes ist dabei nur ansatzweise zu beobachten. Die Waldfläche ist in etwa erhalten geblieben und hat sich sogar geringfügig vergrößert (s. nächster Abschnitt). 2.9 Ausbau der Waldfläche und Reduzierung des Flächenverbrauchs für Siedlungsmaßnahmen Ziel: Dort wo möglich soll die Waldfläche ausgebaut und der Flächenverbrauch für Siedlungs- und Infrastrukturmaßnahmen reduziert werden. Im Rahmen der regionalen Möglichkeiten sollen Neuanlagen von Wald mit besonders hohem Klimanutzen sowie positive Wirkungen auf Natur und Landschaftsbild erfolgen. (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.5, Seite 23) Die Änderung von Waldfläche, Siedlungsflächen und Infrastrukturflächen lässt sich anhand der Daten der BWI ermitteln. Diese lässt sich allerdings weder zum Klimanutzen noch zum Landschaftsbild in Beziehung setzen. Der angestrebte Ausbau der Waldfläche geht unausweichlich zu Lasten anderer Landnutzungsformen. Die Daten der BWI 3 gestatten Aussagen über die Richtung und das Ausmaß der Veränderung der Waldfläche von 2002 bis 2012, sowie über die damit einhergehenden Änderungen anderer Landnutzungsflächen. Tabelle 2.9-1 gibt für die einzelnen Eigentumsarten die Größe der Neuwaldfläche an, und zwar stratifiziert nach der Landnutzungsform vor der Neuwaldbildung. Demnach stammt der überwiegende Teil der Neuwaldfläche mit 63.873 ha aus der Landwirtschaft. Gut halb so viel ging mit 35.236 ha aus ursprünglich bebauten Flächen hervor. Insgesamt betrug die Neuwaldbildung 107.875 ha. Ihr steht die Umwandlung von Waldfläche in andere Flächennutzungen gegenüber. Tabelle 2.9-2 gibt für die einzelnen Eigentumsformen die Größe der Umwandlungsfläche nach der Waldumwandlung im selben Zeitraum an. Insgesamt wurden demnach 58.278 ha Wald umgewandelt. Davon machte die Umwandlung in bebaute Flächen mit 41.322 ha den größten Anteil aus. Tabelle 2.9-3 stellt die Saldierung der beiden vorigen Tabellen dar und enthält somit die Netto-Veränderungen der Waldfläche nach Eigentumsarten und Nutzungsformen. Demnach wurden 48.714 ha an landwirtschaftlicher Fläche und 6.970 ha an Feuchtund Wasserflächen in Wald umgewandelt. Zugleich wurden 6.086 ha Wald bebaut, so dass die Zunahme der Waldfläche per Saldo 49.597 ha beträgt. 27 Tabelle 2.9-1: Neuwaldfläche nach Eigentumsart und Landnutzungsform vor Neuwaldbildung im Zeitraum von 2002 bis 2012 Eigentumsart (letzte) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald Alle Eigentumsarten Bebaut 3.784 1.695 3.985 25.772 Neuwaldfläche [ha] Feucht- u. Landwirtschaft Wasserflächen 4.881 2.393 8.862 595 14.259 2.292 35.871 3.486 35.236 63.873 Tabelle 2.9-2: Umwandlungsfläche nach Eigentumsart und Waldumwandlung im Zeitraum von 2002 bis 2012 Eigentumsart (letzte) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald Alle Eigentumsarten Bebaut 9.055 6.654 6.189 19.425 8.766 15.160 107.875 Landnutzungsform Umwandlungsfläche [ha] Feucht- u. Landwirtschaft Wasserflächen 498 0 999 200 1.700 400 11.962 1.196 41.322 Alle Landnutzungsformen 11.058 11.151 20.537 65.129 1.796 nach Alle Landnutzungsformen 9.553 7.853 8.289 32.583 58.278 Tabelle 2.9-3: Netto-Veränderung der Waldfläche nach Eigentumsarten und Landnutzungsformen im Zeitraum von 2002 bis 2012 Eigentumsart (letzte) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald Alle Eigentumsarten Bebaut -5.271 -4.959 -2.204 6.347 Veränderung der Waldfläche [ha] Feucht- u. Landwirtschaft Wasserflächen 4.383 2.393 7.862 395 12.559 1.892 23.909 2.290 -6.086 48.714 6.970 Alle Landnutzungsformen 1.505 3.299 12.248 32.546 49.597 Fazit: Die Waldfläche in Deutschland ist im Zeitraum von 2002 bis 2012 nicht nur erhalten geblieben ist, sondern hat sich um knapp 50.000 Hektar vergrößert. Insofern haben die Forstpolitik und die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen das Ziel, die Waldfläche auszubauen, erreicht. Die Vergrößerung der Waldfläche ging zum größten Teil zu Lasten landwirtschaftlicher Flächen. Per Saldo ging Wald an bebaute Flächen verloren. 28 2.10 Begründung vielfältiger, stabiler und ertragsstarker Mischwälder Ziel: Begründung vielfältiger, stabiler und ertragsstarker Mischwälder. Risikominimierung durch Vermeidung instabiler Dichtstände bzw. überhöhter Vorräte im Zuge einer konsequenten Waldpflege (Läuterungen, Durchforstungen). (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.5, Seite 23) Dieses Ziel fasst mehrere an anderer Stelle in diesem Papier behandelte Ziele der Waldstrategie zusammen. Entsprechend wird auf sie nur im Fazit wieder Bezug genommen. Aufgrund des Erhebungskonzeptes der BWI können die Pflege- und Nutzungsflächen nicht unmittelbar ausgewertet werden. Mithin bleibt offen, auf wieviel Hektar bspw. eine konsequente Waldpflege durchgeführt wurde. In Bezug auf die Ertragsstärke lässt sich aus den Ergebnissen der BWI ableiten, dass einerseits das Waldvermögen in Form von höheren Holzvorräten in geringem Maße ausgebaut wurde. Allerdings hat die BWI auch gezeigt, dass das Durchschnittsalter der Wälder zugenommen hat, und damit die ertragsschwächeren oberen Altersklassen einen höheren Anteil am Gesamtvorrat einnehmen (Tabelle 2.10-1). Eine Ausdehnung der Produktionszeit in den oberen Altersklassen führt insbesondere beim Nadelholz zu negativen Grenzerträgen, so dass das Ertragspotential der Wälder insgesamt nicht ausgeschöpft werden kann. Tabelle 2.10-1: Index des Vorrates (2002= 100%) [%] nach Laub- und Nadelholz und Altersklasse Altersklassen [Jahre] Alle Laubbäume [%] 1-20 93 21-40 103 41-60 101 61-80 122 81-100 101-120 121-140 141-160 113 110 109 129 >160 147 Alle 114 Alle Nadelbäume [%] 61 80 114 101 90 111 116 145 159 102 Alle Baumarten [%] 73 85 110 107 97 111 112 134 150 107 Fazit: Die Zunahme des Laubbaumanteils und der Schichtung im Kronenraum sowie die Zunahme seltener Bestockungstypen weist auf die Entwicklung zu vielfältigeren und stabileren Beständen hin (Tabellen 2.7-1 bis 2.7-3). Für die Begründung ertragsstärkerer Bestände lassen sich allerdings keine Belege finden, in Anbetracht der Laubholzmehrung ist eher das Gegenteil zu erwarten. Im Durchschnitt ältere Waldbestände weisen zwar hohe Nutzungsmöglichkeiten aus, allerdings sinkt der Zuwachs und steigen die Produktionsrisiken, z. B. in Form von Sturmschäden oder Holzfäule und -verfärbungen. Langfristig besteht die Gefahr, dass das Zuwachspotential der Waldstandorte nicht ausgeschöpft und damit forstwirtschaftlich suboptimal produziert wird. 29 2.11 Wildbestandsregulierung Die Wildbestände sind so zu regulieren, dass eine natürliche Verjüngung aller Hauptbaumarten ohne Zaun möglich wird. (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.6, Seite 25). Die BWI erhebt keine Informationen über den Wildbestand und seine Regulierung. Sie liefert allerdings Daten über Verjüngung (d. h. Bäume mit einer Mindesthöhe von 20 cm und einem Brusthöhendurchmesser unter 7 cm), Zäunung und Wildverbiss. Für die Verjüngungsfläche und die Jungbestockung (Abschnitt 2.8) wird der Anteil einfach und mehrfach verbissener Pflanzen ausgewiesen. Die BWI 2012 weist für Jungbestockung und Verjüngungsflächen den Anteil einfach und mehrfach verbissener Pflanzen aus. Im Jahre 2012 waren demnach 12,1 % der Pflanzen mit einer Höhe von 20 bis 130 cm einfach sowie 15,5 % mehrfach verbissen. Der Anteil dieser verbissenen Pflanzen betrug damit zusammen 27,6 %. Dabei fällt die Fichte als mit 6,4 % am geringsten verbissen auf. Den höchsten Anteil verbissener Pflanzen hat die Eiche mit 43,3 %. Ein Vergleich mit der Situation im Jahre 2002 ist nicht möglich, weil die Kriterien für die Ansprache von Verbissschäden nicht dieselben wie im Jahre 2012 waren 1 . Werden die Unterschiede der beiden Begriffsdefinitionen jedoch vernachlässigt, was in Bezug auf die Verbissschäden der letzten 12 Monate plausibel erscheint, so hat der einfache Verbiss von 18,3 % im Jahre 2002 auf 12,1 % im Jahre 2012 abgenommen. Für eine tiefere Analyse der Verbissbelastung und ihrer Entwicklung ist das Erhebungsverfahren der Bundeswaldinventur allerdings nicht vorgesehen. Die Daten der BWI ermöglichen einen Vergleich der Anteile der gezäunten Flächen in den Jahren 2002 und 2012. Die Tabellen 2.11-1 und 2.11-2 zeigen die Anteile nach Eigentumsarten bezogen auf die Holzbodenfläche, die Jungbestockungsfläche und die Verjüngungsfläche. Erwartungsgemäß ist bei allen Eigentumsarten der Anteil der gezäunten Fläche bezogen auf die Verjüngungsfläche am größten. Von 2002 bis 2012 hat der gezäunte Anteil der Waldfläche in allen drei Flächenkategorien abgenommen. Bezogen auf die Verjüngungsfläche nahm die gezäunte Fläche von rund 290 Tsd ha auf rund 273 Tsd ha ab. Bezogen auf die Verjüngungsfläche entspricht dies einer Abnahme des Flächenanteils von 16,2 % auf 12,1 %. Bezogen auf die Holzbodenfläche nahm der entsprechende Flächenanteil von 2,7 % auf 2,5% ab. 1 Die Auswertungstabellen der Bundeswaldinventur 2012 verwenden für die Verbissschäden innerhalb der letzten 12 Monate die Begriffsdefinition „einfacher Verbiss der Terminalknospe innerhalb der letzten 12 Monate“, die BWI 2002 verwendet die Definition „Verbiss in den letzten 12 Monaten“. 30 Tabelle 2.11-1: Flächenanteile mit Zaunschutz nach Eigentumsarten, bezogen auf die Flächen des Holzbodens, der Jungbestockung und der Verjüngung im Jahre 2002 Eigentumsart (letzte) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald Treuhandwald Alle Eigentumsarten Flächenanteil mit Zaunschutz [%] bezogen auf Holzboden Jungbestockung Verjüngung 5,2 28,7 37,3 2,5 11,2 13,7 2,2 10,3 12,8 3,0 14,6 18,3 1,6 10,4 12,6 2,7 13,0 16,2 Tabelle 2.11-2: Flächenanteile mit Zaunschutz nach Eigentumsarten, bezogen auf die Flächen des Holzbodens, der Jungbestockung und der Verjüngung im Jahre 2012 Eigentumsart (letzte) Staatswald – Bund Staatswald – Land Körperschaftswald Privatwald Alle Eigentumsarten Flächenanteil mit Zaunschutz [%] bezogen auf Holzboden Jungbestockung Verjüngung 3,4 15,5 16,9 2,0 7,6 8,8 1,8 6,6 7,6 3,1 13,5 16,4 2,5 10,3 12,1 Fazit: Von den im Rahmen der BWI 2012 auf Wildverbiss untersuchten Bäumen wiesen über ein Viertel Verbissschäden auf. Wegen einer Änderung der Erhebungsmethodik lässt sich die Änderung der Verbissschäden gegenüber der BWI 2002 nicht exakt ermitteln. Tendenziell lässt sich aber ein Rückgang erkennen. Die Abnahme des Anteils an eingezäunten Flächen ist kein schlüssiges Indiz für eine geringere Gefährdung der Verjüngung durch Wild, weil auch die verjüngte Fläche insgesamt abgenommen hat. 2.12 Vermeidung von Kahlschlägen Aufgrund der Bedeutung der Böden als wertvolles Produktionskapital sollen Kahlschläge im Rahmen der Bestimmungen der Landeswaldgesetze vermieden werden. (Waldstrategie 2020, Paragraph 3.7, Seite 28). Die Daten der BWI gestatten keine Aussage darüber, zu welchen Anteilen genutztes Holz aus Kahlschlägen stammt, und ob diese Kahlschläge im Rahmen der jeweils gültigen Landesgesetzgebung lagen. Die BWI unterscheidet lediglich nach selektiver Nutzung und flächiger Nutzung. Außerdem wird nach nicht verwertetem Abgang (d. h. nach nicht verwerteten und abgestorbenen Bäumen), sowie nach nicht gefundenen Bäumen unterschieden. Im letzteren Fall lässt sich nicht auf die Nutzung der Bäume schließen, weil die Stöcke unauffindbar sind. Im Folgenden wird der Anteil des selektiv genutzten Holzes ermittelt. 31 In der Periode von 2002 bis 2012 wurden jährlich ca. 78,8 Mio Vorratsfestmeter Derbholz (VfmD) selektiv2 genutzt (Tabelle 2.12.-1). Das entspricht einer selektiven Nutzung von 82,2 % der gesamten jährlichen Nutzung. Bei den Laubbäumen war die selektive Nutzung mit 91,8 % höher als bei den Nadelbäumen (79,1 %). Flächig genutzt wurden im gleichen Zeitraum jährlich 16,1 Mio VfmD, was einem Anteil von 16,8 % entspricht. Der entsprechende Anteil betrug bei den Laubbäumen 6,5 % und bei den Nadelbäumen 20,2 %. Dabei fällt der hohe Anteil flächiger Nutzung bei der Fichte mit ca. 27,5 % auf. Dabei ist zu bedenken, dass die Fichte, insbesondere aufgrund ihres auf vielen Böden flach ausgeprägten Wurzelsystems, nur über eine geringe individuelle Stabilität verfügt. Bestände aus Fichte sind daher auf eine hohe kollektive Stabilität gegenüber Wind angewiesen. Eine selektive Nutzung der Fichtenaltbestände durchbricht die kollektive Stabilität; auch dürften Kalamitäten (insbes. Windwurf) vielfach flächig aufgetreten sein. Tabelle 2.12-1: Vorrat des ausgeschiedenen Bestandes nach Baumartengruppe und Abgangsart Baumartengruppe Vorrat des ausgeschiedenen Bestandes [1000 VfmD/a] Selektive Nutzung Eiche Buche andere Lb h. Lebensd. andere Lb n. Lebensd. alle Laubbäume Fichte Tanne Douglasie Kiefer Lärche alle Nadelbäume alle Baumarten 4.070 12.129 2.236 2.951 21.386 35.426 1.713 1.496 16.716 2.080 57.431 78.818 Flächige Nutzung Nicht gefunden 201 705 215 389 1.509 13.532 191 33 779 108 14.642 16.151 77 129 64 137 407 334 15 17 165 18 549 956 Nutzung (gesamt) 4.348 12.963 2.515 3.476 23.302 49.292 1.919 1.546 17.659 2.206 72.622 95.925 Nicht Alle verwerteter AbgangsAbgang arten 796 5.144 995 13.958 546 3.061 2.021 5.497 4.358 27.660 3.214 52.505 197 2.116 100 1.646 2.346 20.006 202 2.408 6.058 78.681 10.417 106.341 Die Aussagekraft des mittels BWI festgestellten Freiflächenanteils im Wald für den Bodenschutz ist jedoch gering. Die Verbindung zwischen der Vermeidung von Freiflächen und dem Bodenschutz beruht auf klassischen Untersuchungen zur Auswirkung von Kahlschlägen auf die organische Bodensubstanz und Nährstoffausträge (z. B. Covington 1981). Diese zeigten, dass in Folge der Entfernung des Bestands die Mineralisation der organischen Substanz erheblich zunahm. Neuere Übersichtsarbeiten zeigen jedoch, dass diese Effekte nicht auf alle Standortstypen übertragbar sind (z. B. Yanai 2003). Kahlschläge können z. B. auch 2 Selektive Nutzung im Sinne der BWI bedeutet, dass mindestens ein Baum aus der im Jahr 2002 erhobenen Winkelzählprobe bei der Wiederholungsinventur 2012 vorgefunden wurde 32 zu einer Vernässung des Bodens und somit zu einer Hemmung der Zersetzung organischer Substanz führen. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die nach Kahlschlag und selbst nach kleineren Störungen wie Lochhieben sehr hohe Nitratausträge mit dem Sickerwasser festgestellt haben (z. B. Bauhus und Bartsch 1993, Mellert et al. 1998). Diese hohen Nitratausträge, die i.d.R. mit einer erhöhten Bodenversauerung und dem Austrag von Kationen einhergehen, beruhen jedoch nicht unbedingt oder allein auf einer beschleunigten Umsetzung der organischen Bodensubstanz, sondern lassen sich auch durch die unterbrochene Nährstoffaufnahme und erhöhte Sickerung von Niederschlagswasser durch Entfernen der Vegetation erklären (Vitousek und Melillo, 1979). Die Effekte von flächigen Verjüngungsverfahren auf den Nährstoffhaushalt hängen daher sehr stark von der Entwicklung der Vegetation nach Störung ab (Jerabkova et al. 2011). Dazu macht die BWI aber keine Angaben. Daher kann man keinen allgemein gültigen, direkten Zusammenhang zwischen flächigen Verjüngungsverfahren und den oben genannten Aspekten des Bodenschutzes postulieren. Dennoch ist die Vermeidung von Nährstoffausträgen und die Erhaltung der organischen Bodensubstanz sicherlich mit einer höheren Wahrscheinlichkeit gewährleistet, wenn die Baumvegetation nicht auf größerer Fläche entfernt wird. Dies gilt insbesondere für Standorte, bei denen der Großteil der organischen Substanz in der Humusauflage gespeichert ist, sowie für Stickstoff gesättigte Ökosysteme (z. B. Kohlpaintner et al. 2009, Jerabkova et al. 2011, Christophel et al. 2013). Fazit: Das genutzte Holz stammt im Durchschnitt zu drei Vierteln aus selektiver Nutzung. Ein knappes Sechstel der Nutzung stammt aus flächiger Nutzung. Der Anteil von Kahlschlägen daran ist unbekannt. Der Anteil der „Freiflächen“ ist überdies kein geeigneter Indikator für die Anstrengungen der Forstwirtschaft im Bereich des Bodenschutzes. 3. Fazit für die nächste Bundeswaldinventur Die Bundeswaldinventur ist für die Erfassung des Waldzustandes und für das Monitoring der Waldentwicklung von größter Wichtigkeit. Sie ist eine unverzichtbare Datenquelle zur Überprüfung des Erreichens der waldpolitischen Ziele. Durch Wiederholungsinventuren gewinnt sie laufend an Bedeutung - insofern sollten die Erhebungs- und Auswerteroutinen möglichst aufrecht erhalten bleiben. Anpassungen und Ergänzungen sollten nur nach eingehender Prüfung vorgenommen werden, u. a. um Brüche in Zeitreihen möglichst zu vermeiden. Entsprechender Anpassungs- und Ergänzungsbedarf wird vom Wissenschaftlichen Beirat Waldpolitik des BMEL insbesondere bei der Erfassung der tatsächlichen Flächennutzung gesehen; dies betrifft die systematische Erfassung der Verjüngungsformen (Naturverjüngung, Voranbau, Freiflächenkultur) und die Bestandeserschliessung, aber auch die Abgrenzung von Kalamitätsflächen (durch Sturm, Käfer oder sonstiges) von Kahlschlagsflächen. 33 Die Auswertung der Bundeswaldinventur im Hinblick auf die Ziele der Waldstrategie 2020 zeigt, dass die Forstwirtschaft in Deutschland den Wald, entsprechend dem vorherrschenden Leitbild der Multifunktionalität, so bewirtschaftet und entwickelt hat, dass seine Beiträge zur Erreichung zahlreicher gesellschaftlicher Ansprüche sichergestellt oder sogar gestiegen sind. Im Hinblick auf die zukünftige Erfüllung der von der Bundesregierung gesteckten Ziele kündigt sich allerdings ein Ungleichgewicht an: während Indikatoren im Bereich Biodiversität und Waldnaturschutz auf eine durchgängig positive Entwicklung verweisen, weisen die Indikatoren aus dem Bereich Eigentum, Arbeit und Einkommen langfristig eher auf eine Verschlechterung hin. Es bleibt der Politik vorbehalten, zu entscheiden, wie sie mit diesen divergierenden Trends umgeht. Wenn ökonomische Ziele aber weiter Bestand haben sollen, vor allem vor dem Hintergrund einer Umstellung auf Bioökonomie, sind technische Anpassungen und Kompensationsmaßnahmen notwendig. 34 3. Literatur Bauhus, J. u. Bartsch, N. (1995) Mechanisms of carbon and nutrient release and retention within beech forest gaps. I. Microclimate, water balance and seepage water chemistry. Plant and Soil 168-169, 579-584. BMEL, 2014: Der Wald in Deutschland – Ausgewählte Ergebnisse der dritten Bundeswaldinventur. 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