Ausländische Fachkräfte als Mittel gegen den perspektivischen Pflegenotstand in der Thüringer Altenpflege Universität Erfurt, Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Studiengang „Master Erziehungswissenschaft – Innovation und Management im Bildungswesen“ Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts (M.A.) vorgelegt von Henri Beck (B.A.) Erstgutachter: PD Dr. Mattias Vonken Zweitgutachter: Dr. Dietmar Heisler Eingereicht am: 31.08.2015 Für Fragen stehe ich Ihnen gerne unter [email protected] zur Verfügung. Inhaltsverzeichnis 0. Vorwort ...................................................................................................................... 1 1. Einleitung ................................................................................................................... 2 2. Theoretischer Hintergrund ......................................................................................... 4 2.1 Ausländische Pflegekräfte in Deutschland und Thüringen ........................................ 4 2.2 Integration und Assimilation ...................................................................................... 5 2.3 Kultursensible Management-Konzepte ...................................................................... 7 2.3.1 Interkulturelles Management .............................................................................. 7 2.3.2 Interkulturelle Öffnung....................................................................................... 9 2.3.3 Diversity Management ..................................................................................... 11 2.4 Kritische Auseinandersetzung mit dem aktuellem Forschungsstand ....................... 12 2.5 Forschungsfrage ....................................................................................................... 13 3. Methodisches Vorgehen ........................................................................................... 14 3.1 Forschungsdesign ......................................................................................................... 14 3.2 Stichprobe..................................................................................................................... 15 3.3 Stichprobenziehung ...................................................................................................... 15 3.4 Erhebungsmethode ....................................................................................................... 16 3.5 Interviewleitfaden ......................................................................................................... 16 3.6 Literaturrecherche ........................................................................................................ 17 3.7 Auswertung der Experteninterviews ............................................................................ 17 4. Ergebnisse ................................................................................................................ 19 4.1 Fachkräftebedarf ...................................................................................................... 19 4.2 Rekrutierung ............................................................................................................. 20 4.2.1 Rekrutierung ausländischer Pflegefachkräfte aus dem Ausland ...................... 21 4.2.2 Rekrutierung ausländischer Pflege(fach)kräfte aus dem Inland ....................... 21 4.2.3 Rekrutierung ausländischer Auszubildender .................................................... 22 4.2.4 Gründe gegen die Rekrutierung von Pflegefachkräften aus dem Ausland ...... 22 4.3 Erfahrungswerte ....................................................................................................... 24 4.3.1 Sprachniveau des ausländischen Pflegepersonals ............................................ 24 4.3.2 Fachkenntnisse des ausländischen Pflegepersonals ......................................... 26 4.3.3 Integration im Betrieb ...................................................................................... 28 4.3.4 Vorteile der Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte und Auszubildender .... 31 4.4 Attraktivität .............................................................................................................. 32 4.5 Bindung .................................................................................................................... 33 4.6 Anforderungen ......................................................................................................... 34 4.7 Interner Handlungsbedarf......................................................................................... 37 4.8 Externer Handlungsbedarf ....................................................................................... 37 4.9 Ethische Bedenken ................................................................................................... 38 5. Schlussfolgerungen .................................................................................................. 42 5.1 Theoretische Einordnung ......................................................................................... 42 5.2 Grenzen der Untersuchung und Methodenkritik ...................................................... 43 5.3 Alternativen .............................................................................................................. 44 5.4 Handlungsempfehlung ............................................................................................. 45 5.5 Fazit .......................................................................................................................... 46 Quellenverzeichnis ................................................................................................................. 48 Anhang A – Interviewleitfaden Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 0. Vorwort Bevor das vorliegende Forschungsprojekt näher beschrieben wird, müssen noch einige kurze Bemerkungen zum Sprachgebrauch in dieser Arbeit erfolgen. Zur besseren Leserlichkeit wurde auf die gleichzeitige Verwendung von männlichen und weiblichen Formen bei Personenbezeichnungen verzichtet. Stattdessen wurde versucht geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu verwenden. Wenn dies nicht möglich war, wurde die männliche Form benutzt, was aber kein Hinweis auf das eigentliche Geschlecht der beschriebenen Personen sein soll. Darüber hinaus werden oft die Vokabeln „Ausländer“ und „ausländische Pflegekräfte“ verwendet. Dies soll keinen Hinweis auf den Rechtsstatus der beschriebenen Personen sein. Hiermit sind sowohl Personen mit als auch ohne deutsche Staatsbürgerschaft gemeint, die einen Migrationshintergrund besitzen und/oder ihre pflegerische Ausbildung im Ausland absolviert haben. Mitarbeiter, die keinen Migrationshintergrund besitzen werden als „deutsche Mitarbeiter“ oder „heimische Mitarbeiter“ bezeichnet. Der Begriff „Pflegefachkraft“ fällt in der vorliegenden Arbeit relativ häufig. Da die beschriebenen Personen in Deutschland nicht immer den Fachkraftstatus innehaben, obwohl sie eine pflegerische Ausbildung absolviert haben, wird hier auf den Begriff „Pflegekraft“ zurückgegriffen. Nur wenn die Personen als Pflegefachkraft in Deutschland anerkannt sind werden sie auch als solche bezeichnet. 1 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 1. Einleitung Es ist offiziell. Der allseits postulierte Pflegenotstand hat sein erstes Thüringer Opfer gefunden. Das Altenpflegeheim in Hüpstedt, nördlich von Mühlhausen, musste im Juli 2015 seinen Betrieb einstellen. Der Grund hierfür ist, laut offizieller Stellungnahme der Betreiber, der Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften. Die Folge: 25 Heimbewohner müssen ihre vertraute Umgebung verlassen. Zusätzlich müssen sich 16 Mitarbeiter um eine neue Beschäftigung bemühen. Es war die allererste Schließung eines Thüringer Pflegeheims aufgrund von Personalmangel (Schmalzl, Thüringer Allgemeine Online 2015). Doch wie überraschend ist diese Entwicklung? Der Begriff Pflegenotstand geistert schon seit Jahrzehnten durch die deutsche Medienlandschaft. Er bezeichnet den akuten Personalmangel in deutschen Pflegeeinrichtungen, der sich negativ auf die Qualität der Pflege und die Arbeitszufriedenheit der Pflegenden auswirkt (Krajic 2005, S.6). Gerade die Altenpflege sieht sich vor einer gewaltigen Herausforderung, da sie sich in einer Sonderrolle befindet. Wie die meisten Branchen, ist auch die Altenpflege vom altersbedingten Ausscheiden vieler ihrer Beschäftigten betroffen. Im Gegensatz zu vielen anderen Bereichen steht die Altenpflege aber noch vor einer weiteren Herausforderung. Kein anderer Arbeitsbereich ist vom demographischen Wandel so stark betroffen. Aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung wächst die Branche weiter und weiter (TMWAT 2013, S.23). Zudem hat die Branche ein Imageproblem, das in Verbindung mit der hohen Arbeitsbelastung zu einer hohen Anzahl an Berufsaussteigern führt (Meussling-Sentpali 2014, S.15). Was muss also getan werden damit Thüringer Pflegeheime nicht das gleiche Schicksal erleiden wie das Altenpflegeheim in Hüpstedt? Um den Fachkräftebedarf zu decken verfolgen Thüringer Unternehmen verschiedene 2 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Strategien der Personalgewinnung und Personalbindung. Neben der eigenen Ausbildung setzen die Einrichtungen, unter anderem, auf die verstärkte Investition in die Weiterbildung oder Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben. Die Möglichkeit Personal aus dem Ausland zu werben, wird von relativ wenigen Betrieben als zielführende Personalgewinnungsstrategie angesehen (TMWAT 2010, S.114). Auch wenn dies im Gesundheit- und Sozialwesen schon seit vielen Jahren gängige Praxis ist, verwehren sich viele Unternehmen dieser Idee. Aber auch für die Einrichtungen, die bereits Erfahrung mit ausländischen Pflegern gemacht haben, kann das Anwerben im Ausland für nur ein Teil einer erfolgreichen Personalrekrutierung sein kann (Bonin et al. 2015, S.70). Dennoch ist es sehr interessant der Frage nachzugehen, wie dies am besten gelingen kann. Auch wenn Pflegepersonal aus dem Ausland teilweise schon seit Jahren in Thüringen tätig ist, wurden die Bedingungen ihrer Arbeit bisher kaum untersucht. Die vorliegende Arbeit stellt sich der Frage wie diese Mitarbeiter bisher in Einrichtungen der Thüringer Altenpflege rekrutiert und integriert wurden. Zudem soll untersucht werden, welche Faktoren der Integration hinderlich oder förderlich sein können. Hierzu wurden insgesamt acht Interviews mit Leitungspersonal in Thüringer Altenpflegeeinrichtungen durchgeführt. Diese wurden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Arbeit soll den Status-Quo der Zusammenarbeit mit ausländischem Pflegepersonal beschreiben. Zudemm sollen die Ergebnisse zu einer Handlungsempfehlung für die Einrichtungen und Trägerorganisationen der Altenpflege verdichtet werden, die in der praktischen Arbeit zu Rate gezogen werden kann. Bevor das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der Erhebung näher beschrieben werden, erfolgt aber zuerst eine theoretische Einführung. Hierbei werden die bisherigen Erfahrungen mit ausländischen Pflegern in Deutschland kurz beschrieben. Anschließend wird der Begriff Integration kurz beschrieben. Danach erfolgt eine Einführung in drei kultursensible Management-Konzepte. 3 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 2. Theoretischer Hintergrund Möchte man sich mit ausländischen Fachkräften in Deutschland beschäftigen, sollte man die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte nicht unbeachtet lassen. Auch die Auseinandersetzung mit einigen theoretischen Konstrukten und Konzepten ist unumgänglich. Der Begriff Integration nimmt hier eine zentrale Rolle ein. In den letzten Jahrzehenten wurden zudem Management-Konzepte entwickelt, welche den Prozess der Integration vom gesamtgesellschaftlichen Kontext auf den organisationalen Kontext zu übertragen versuchen. Die Bekanntesten sind das Interkulturelle Management, die Interkulturelle Öffnung und das Diversity Management. 2.1 Ausländische Pflegekräfte in Deutschland und Thüringen Die Rekrutierung von Pflegepersonal aus dem Ausland ist keine Idee des 21. Jahrhunderts. Bereits in den 1960er Jahren wurden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Philippinen sowie Südkorea Anwerbungsverträge geschlossen, um vakante Stellen in bundesdeutschen Krankenhäusern zu besetzen. Diese beliefen zum damaligen Zeitpunkt auf über 30.000. Die Zusammenarbeit erwies sich allerdings sowohl auf sprachlicher als auch auf fachlicher Ebene als schwierig. Als Reaktion auf die Differenzen in den Ausbildungsprofilen wurde in den 70er Jahren damit begonnen, südkoreanische Krankenschwester eigens in Deutschland auszubilden. Das Resultat dieser Unternehmungen war allerdings ernüchternd. Nur ein kleiner Teil der angeworbenen Pflegekräfte sah in Deutschland eine neue Heimat. Der Personalbedarf in den bundesdeutschen Krankenhäusern konnte nur in geringem Maße durch ausländische Krankenschwestern gedeckt werden (Fischer in Journal Diakonie Deutschland 2014). 4 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Doch die Rekrutierung von Pflegepersonal aus dem Ausland wurde über die Jahre hinweg deutschlandweit bis heute verfolgt. So wurde beispielsweise vor einem Jahr ein Projekt durch die Arbeiterwohlfahrt initiiert, das die Anwerbung von chinesischen Krankenschwestern und -pfleger zum Ziel hatte. Drei Jahre zuvor fand ein ähnliches Unterfangen mit lettischen Pflegekräften statt. Auch in der Thüringer Altenpflege wurden in diesem Zusammenhang mittlerweile viele Erfahrungswerte gesammelt (Rauch Thüringer Allgemeine Online 2014). Diese Erfahrungen könnten in den kommenden Jahren Gold wert sein, denn bei dem prognostizierten Fachkräftebedarf in der Altenpflege für die nächsten Jahre müssen alle Ressourcen in der Personalgewinnung ausgeschöpft werden. Gerade Thüringen, mit seiner im Bundes-vergleich relativ schlechten Bezahlung, steht bezüglich der Fachkräftesituation in der Altenpflege in den nächsten 10 bis 15 Jahre vor einer großen Herausforderung. 2.2 Integration und Assimilation Solange es Gastarbeiter in Deutschland gibt, ist auch der Begriff Integration aus dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken. Der aus dem Lateinischen übernommene Begriff bezeichnet ursprünglich das Konzept der (Wieder)Herstellung eines Ganzen. Im soziologischen Kontext bezieht er sich auf die Verbindung einer Vielzahl von einzelnen Individuen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit (Duden 2015). Hier wird deutlich, dass der Begriff eine deutlich andere inhaltliche Auflandung besitzt, als im gesamtgesellschaftlichen und medialen Diskurs. Hier wird Integration häufig mit dem Begriff „Anpassung“ gleichgesetzt. Tatsächlich ist der Eingliederungsprozess einer Minderheit in eine Mehrheitsgesellschaft deutlich komplexer und vielschichtiger. 5 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege So bezeichnet der Begriff Assimilation einen Prozess, in dem das Individuum seine Mitgliedschaft zwischen zwei Gruppen transferiert. Dies kann sich unterschiedlichen Weisen vollziehen. Bei der monistischen Assimilation gibt das Individuum die Mitgliedschaft in der Herkunftskultur auf. Es geht völlig in der Aufnahmegesellschaft auf, die ihrerseits keine Anpassungsleistungen vollzieht. Bei der pluralistischen Assimilation existieren mehrere Gruppen nebeneinander, während sie ihre kulturelle Identität möglichst aufrechterhalten. Die interaktionistische Assimilation bezeichnet einen Prozess der beidseitigen Annäherung, die einer Veränderung der Mehrheitsgesellschaft mit sich bringt. Hierbei ist die Akzeptanz der Kultur der Minderheit von entscheidender Bedeutung (Pries 2003, S.31). Ein aktuelleres Modell gliedert Integration in verschiedene Bereiche, die sich einander bedingen. Hartmut Esser beschreibt in seinen 2001 veröffentlichten Artikel „Integration und ethische Schichtung“ vier Dimensionen der Sozialintegration. Die erste Dimension, die Kulturation, bezeichnet Wissen und Kompetenzen, die zum erfolgreichen Agieren und Interagieren in der Aufnahmegesellschaft nötig sind. Hierzu zählen vor allem Sprachkenntnisse, aber auch die Kenntnis kulturspezifischer Verhaltensweisen. Die Dimension der Platzierung beschreibt die Besetzung bestimmter gesellschaftlich relevanter Positionen, womit vor allem der rechtliche und berufliche Status eines Migranten gemeint ist. Die dritte Dimension der Sozialintegration bezeichnet die Interaktion. Sie bezeichnet die wechselseitige Orientierung von Personen mit unterschiedlichen kulturellem Hintergrund aneinander über Wissen und Symbole. Die letzte Dimension ist die Identifikation, womit die Identifikation mit dem gesamten sozialen System der Mehrheitsgesellschaft gemeint ist (Esser 2001b, S.40). Die beschriebenen Theorien beziehen sich immer auf den gesamtgesellschaftlichen Kontext. Sie geben allerdings wenig Hinweise darauf, wie die Umsetzung in spezielleren Kontexten funktionieren könnte, wie zum Beispiel in einem Betrieb mit multinationaler Beleg- oder 6 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Kundschaft. Hierzu wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedene kultursensible Management-Konzepte entwickelt. Die wohl bekanntesten werden im folgenden Kapitel näher beschrieben. 2.3 Kultursensible Management-Konzepte Das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen, Lebensentwürfe und Nationen in der Arbeitswelt verlangte von den Akteuren ein Umdenken. Im Laufe der letzten Jahrzehnte entwickelten sich verschiedene kultursensible Konzepte, die in der Unternehmensführung Einzug hielten. Im Folgenden sollen drei der bekanntesten Konzepte vorgestellt werden. Hierbei wird kurz auf deren Entstehungsgeschichte, deren Zielstellungen, die Umsetzung sowie auf kritische Aspekte der jeweiligen Konzepte eingegangen. 2.3.1 Interkulturelles Management Im Zuge der Globalisierung der Märkte entstand die Notwendigkeit Management-Konzepte zu entwickeln, die der neuen kulturellen Vielfalt von Kunden und Belegschaft gerecht werden. Dies gilt nicht nur für transnationale Großkonzerne mit multinationalen Management-Teams. Privatpersonen, Staaten, Regionen und auch nationale Organisationen sind unweigerlich Teil einer sich ständig wandelnden Welt mit sich rasch ändernden Wettbewerbsbedingungen. Die Internationalisierung der Märkte für Güter und Dienstleistungen, der Produktion, der Arbeitsmärkte und der Finanzmärkte verlangen von allen Organisationen eine neue Denkweise (Koch 2012, S.17f.). Das Konzept des Interkulturellen Managements versucht dem gerecht zu werden. 7 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Mit dem Begriff Interkulturelles Management wird im Allgemeinen die „professionelle, zielorientierte Gestaltung, Steuerung und Entwicklung von Strukturen und Prozessen von Organisationen – in einem Kontext, der von dem Zusammentreffen von mindestens zwei unterschiedlichen Kulturen geprägt ist“ (Koch 2012, S.57) verstanden und hebt sich durch den expliziten Kulturbezug von anderen Management-Definitionen ab. Die grundsätzliche Zielstellung dieses Konzeptes ist es positive Auswirkungen unterschiedlicher Kulturen zu unterstützen und negative Auswirkungen zu verhindern (Emrich 2011, S.31). Interkulturelle Situationen können unterschiedlichste Bedingungen haben. So stellt sich zum Beispiel die Frage, ob das Management für, in oder von anderen Kulturkreisen im Vordergrund der Unternehmung steht. Will man Fachkräfte aus dem Ausland im heimischen Betrieb einstellen so wird das Management von anderen Kulturkreisen zum zentralen Thema. Bi- oder multikulturell zusammengesetzte Arbeitsgruppen stellen besondere Anforderungen an die Leitungsebene. Hierbei gilt es Konfliktpotenziale und Verständigungsschwierigkeiten bezüglich der Ziele, Mittel, Funktionen, Teamkultur und Terminvorgaben rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen (Koch 2012, S.66). Gerade das Personalmanagement spielt im interkulturellen Kontext eine wichtige Rolle. Die internationale Personalgewinnung unterscheidet sich insbesondere durch die folgenden Punkte von der Personalgewinnung im Inland. Zum einen erweitert sich das Feld der potentiellen Bewerber erheblich, was zur Folge hat, dass die Verantwortlichen ohne interkulturelle Fähigkeiten nur beschränkt agieren können. Der Erwerb dieser Fähigkeiten ist Haupt-bestandteil der interkulturellen Personalentwicklung. Hierbei soll der Umgang mit fremden Kulturen innerhalb von kognitiven, affektiven und verhaltensorientierten Trainingsmethoden verbessert werden. Der Begriff Interkulturelle Kompetenz ist hier zum Schlagwort geworden. Der Begriff existiert schon seit den 1960er Jahren und wurde von dem Sozialpsychologe George H. Gardner geprägt. Dieser bezeichnete Personen mit interkultureller Kompetenz als jene, die mit interkultureller Kommunikationsfähigkeit 8 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege ausgestattet sind und sich durch ein hohes Maß an Integrität, Stabilität und Extrovertiertheit auszeichnen. Zusätzlich sollten sie eine an universellen Werten ausgerichtete Sozialisation durchlebt haben und besondere intuitive Fähigkeiten besitzen (Emmrich 2011, S. 29). Es zeigt sich, dass viele Eigenschaften nur schwer erlernbar sind. Die meisten geforderten Merkmale können sich, wenn überhaupt, nur über Jahre hinweg entwickeln. Dennoch werben zahlreiche Weiterbildungsanbieter seit geraumer Zeit für Seminare mit dieser Thematik. Mittlerweile geht man davon aus, dass interkulturelle Kompetenz erlernbar ist. Hierbei geht es insbesondere um die ständige Reflexion der Eigen- und Fremdkultur. Allerdings sind die sozialisationsbedingten Voraussetzungen von Mensch zu Mensch unterschiedlich (Kumbruck & Derboven 2005, S.6). Auch die Personalführung wird zum integralen Bestandteil des interkulturellen Personalmanagements. Führungskräfte müssen die Idee der Interkultur verinnerlichen und in ihrer täglichen Arbeit leben. Wichtig dabei ist, dass sie sich ihrer eigenen kulturellen Sozialisation bewusst sind und diese ständig reflektieren. Wer in interkulturellen Konflikten vermitteln will, muss wissen wodurch sich seine eigene Kultur auszeichnet (Kumbruck & Derboven 2005, S.7). Wer Synergien durch einen Nationenmix in der Belegschaft erzeugen will, darf Ungleiches nicht gleich behandeln. Interkulturelles Personalmanagement muss von der Leitungsebene initiiert werden, sonst verlaufen sich die Bestrebungen schon bald (Emrich 2011, S.167f.). 2.3.2 Interkulturelle Öffnung Im Vergleich zum interkulturellen Management ist das Konzept der Interkulturellen Öffnung eine recht junge Idee. Ihre Ursprünge finden sich in der deutschen Sozialarbeit Anfang der 90er Jahre. Die anfängliche Überlegung war es, die sozialen Dienste in Deutschland für ausländische Mitbürger zu öffnen. Zu diesem Zeitpunkt existierten noch viele 9 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Sonderleistungen für Ausländer (Schröer 2007, S.6f) Das Konzept der Interkulturellen Öffnung isz aber nicht nur auf die Institutionen der Sozialversorgung anwendbar. Heute sind viele Betriebe der Privatwirtschaft dabei sich interkulturell zu öffnen. Im Folgenden soll kurz beschrieben werden, was mit dem Konzept der Interkulturellen Öffnung überhaupt gemeint ist: „Interkulturelle Öffnung kann zusammenfassend verstanden werden als ein bewusst gestalteter Prozess, der (selbst-)reflexive Lern- und Veränderungsprozesse von und zwischen unterschiedlichen Menschen, Lebensweisen und Organisationsformen ermöglicht, wodurch Zugangsbarrieren und Abgrenzungsmechanismen in den zu öffnenden Organisationen abgebaut werden und Anerkennung ermöglicht wird.“ (Schröer 2007, S.9 f.) Der Wort „Öffnung“ macht bereits deutlich, dass es um die Beseitigung von Barrieren, Hindernissen und Stolpersteinen handelt. Eine Organisation, die sich öffnen will, ist in einer oder mehreren Hinsichten verschlossen. Dies wirkt sich auf kulturelle Minderheiten aus. Will sie in der Aufnahmeorganisation agieren sieht sie sich mit einer Vielzahl an Problemen konfrontiert. Hier sind in an erster Stelle Verständigungsschwierigkeiten aufgrund von Sprachbarrieren zu nennen. Zudem können rechtliche und bürokratische Hindernisse, die die freie Entfaltung in der Aufnahmegesellschaft behindern. Auf der anderen Seite zeichnen sich auch die Akteure der Mehrheitsgesellschaft durch hinderliche Eigenschaften aus. Die einheimischen Fachkräfte können den Prozess der kulturellen Öffnung behindern, indem die Interaktion mit Minderheiten durch Vorurteile, Angst, Überforderung, Unsicherheiten und unflexible Denkmuster gestört wird (Schröer 2007, S.10). Interkulturelle Öffnung hat das Ziel Organisationen, die bisher für Minderheiten verschlossen waren, für diese zugänglich zu machen. Um dies umzusetzen ist es wichtig sowohl in der Personalgewinnung als auch in der Organisations- und Personalentwicklung 10 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege aktiv zu werden. Interkulturelle Qualifizierung der Mitarbeiter in Aus- und Weiterbildung oder die Rekrutierung von Personal mit Migrationshintergrund sind Grundpfeiler der Interkulturellen Öffnung in jedem Unternehmen (Schröer 2007, S. 50f.). Allerdings hat das Konzept auch seine Kehrseite. Durch die ständige Thematisierung kultureller Unterschiede besteht aber die Gefahr eines defizit-orientierten Denkens. Kulturelle Diversität wird nicht zur Norm, wenn sie ständig in den Fokus des gesellschaftlichen Handelns und Denkens gerückt wird (Schröer 2007, S. 20). Hier hat sich das Konzept des Diversity Managements als sinnvolle Alternative erwiesen. 2.3.3 Diversity Management Der Begriff Diversity Management beschreibt ein Management-Konzept, das sich bereits in den 1980er Jahren im Zuge von ökonomischen Krisen entwickelt hat. Es bezeichnet die „Gesamtheit der Maßnahmen, die dazu führen, dass Unterschiedlichkeiten in und von einer Organisation anerkannt, wertgeschätzt und als positive Beiträge zum Erfolg genutzt werden“ (Stuber 2004, in Schröer 2007 S.24). Diese Unterschiedlichkeit bezieht sich allerdings nicht allein auf die kulturelle Vielfältigkeit innerhalb einer Organisation. Im Vergleich zu den bereits genannten Konzepten bezieht sich Diversity-Management auf verschiedenste Merkmalsdimensionen eines Individuums, wie Geschlecht, Sexualität, Alter, Religion, Behinderungen, Ethnie und andere (Besamusca-Janssen, Scheve 1999, S.67). Die Umsetzung erfolgt ähnlich wie bei der Interkulturellen Öffnung. Allerdings bezieht sich die Anpassung der Unternehmensstrategie nicht alleine auf interkulturelle Unterschiede. Vielmehr geht es um eine Sensibilisierung für die individuellen und interindividuellen Besonderheiten jedes Einzelnen. Allerdings besteht bei falscher Umsetzung des Diversity Managements die Gefahr, dass alle Mitarbeiter gleich behandelt werden. Gender 11 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Mainstreaming, die Interkulturelle Öffnung oder die Inklusion von Menschen mit Behinderung könnten durch eine vermeintliche Einheitslösung in den Hintergrund gedrängt werden (Schröer 2007, S.28). 2.4 Kritische Auseinandersetzung mit dem aktuellem Forschungsstand Es konnte bereits dargelegt werden, welche Erfahrungen bisher in der Deutschen Pflege mit ausländischen Fachkräften gesammelt wurden. Problematisch dabei ist allerdings, dass dieses Erfahrungen bisher nicht wissenschaftlich aufbereitet und eher im Kontext von Presseveröffentlichungen betrachtet wurden. Die meisten der geschilderten Erfahrungswerte beziehen sich zudem auf den Bereich der Krankenpflege. Konkrete Veröffentlichungen zur Situation in Thüringen sind rar. Die vorgestellten Management-Konzepte müssen ebenfalls kritisch betrachtet werden. Die Entstehung des Interkulturellen Managements kann auf die Globalisierung der Märkte zurückgeführt werden. Die meisten aktuellen Veröffentlichungen beschreiben allerdings nur die Umsetzung in international agierenden Großkonzernen. Deshalb ist es sehr schwierig die Ideen auf mittelgroße Unternehmen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft zu übertragen, die maximal international rekrutieren, aber ansonsten nur national und regional agieren. Die vorliegende Arbeit fokussiert Bedingungen und Voraussetzungen der innerbetrieblichen Integration ausländischen Pflegepersonals. Gerade das Verhältnis von Migranten, Kunden, deutschen Mitarbeitern und der Geschäftsführung sollte Aufschluss darüber geben, inwieweit die Integration der ausländischen Pflegekräfte im Betrieb vorangeschritten ist. 12 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 2.5 Forschungsfrage Die beschriebenen Erfahrungswerte in Deutschland geben wenig Aufschluss über die Situation in Thüringen. Inwieweit die skizzierten Management-Konzepte umsetzbar sind oder umgesetzt werden, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht umfassend untersucht werden. Deswegen wurde sich hier auf die Integration von Ausländern in den Altenpflegeeinrichtungen beschränkt. Die Integration von Fachkräften gelingt nicht automatisch, sondern ist ein Prozess der Engagement und Aktivität erforderlich macht. Deshalb stellt sich die vorliegende Arbeit der Forschungsfrage: „Welche Voraussetzungen und Bedingungen müssen gegeben sein, um ausländische Fachkräfte und Auszubildende erfolgreich in Thüringer Altenpflegeeinrichtungen zu integrieren?“ Diese Frage bringt einige untergeordnete Fragestellungen mit sich, die im Folgenden aufgelistet sind: 1. Droht den Einrichtungen in Thüringen ein perspektivischer Fachkräftemangel? 2. Wie werden ausländische Pflegefachkräfte rekrutiert? 3. Welche Erfahrungswerte gibt es mit ausländischen Pflegefachkräften oder Auszubildenden bereits? 4. Welche Anreize werden für (potentielle) Pflegefachkräfte oder Auszubildende aus dem Ausland geschaffen? 5. Was wird getan, um ausländische Pflegefachkräfte und Auszubildende an das Unternehmen zu binden? 6. Welche Anforderungen werden an ausländische Pflegefachkräfte oder Auszubildende gestellt? 7. Wo wird Handlungsbedarf bezüglich der Zusammenarbeit mit ausländischen Fachkräften oder Auszubildenden innerhalb der Unternehmen gesehen? 8. Wo besteht Handlungsbedarf bezüglich der Zusammenarbeit mit ausländischen Fachkräften oder Auszubildenden außerhalb der Unternehmen? 9. Gibt es ethische Bedenken bei der Rekrutierung ausländischer Fachkräfte? 13 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 3. Methodisches Vorgehen In diesem Kapitel wird zunächst die methodische Vorgehensweise im Überblick dargestellt. Zu Beginn wird das Forschungsdesign erläutert. Im Anschluss wird die Stichprobe, die Stichprobenziehung und die Erhebungsmethode vorgestellt. Abschließend wird die Auswertungsmethode näher beschrieben. 3.1 Forschungsdesign Das Forschungsdesign der vorliegenden Arbeit hat einen rein qualitativen Charakter. Da bisher sehr wenig Literatur über die Integration von Ausländern im Betrieb und noch weniger für den Bereich der Altenpflege vorhanden ist, kann hier noch keine Hypothesenprüfung mit Mitteln der quantitativen Forschung erfolgen. Die Entscheidung für ein qualitatives Vorgehen hat mehrere Gründe. Zum einem ist das (verfügbare) Vorwissen im Forschungskontext zu gering. Zum anderen handelt es sich um eine recht heikle Thematik (Flick 2006). Die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften in Thüringen wurde in den letzten Monaten relativ kritisch in den Medien bearbeitet, wobei auch die Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft negativ besprochen wurden. Das Vertrauen muss erst über Schlüsselpersonen aufgebaut werden, was wiederum einen zeitlichen Mehraufwand mit sich bringt. Die vorliegende Studie verfolgt ein exploratives Erkenntnisinteresse. Explorative Studien bieten sich an, wenn die forschende Person über relativ wenig Vorwissen bezüglich des zu beforschenden Bereich besitzt und auch generelle wenig zugängliche Informationen bezüglich des Erkenntnisinteresses vorliegen. Hierbei ist es sinnvoll qualitative Erhebung mit Personen durchzuführen, die das Feld sehr gut kennen. Hierzu bieten sich 14 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Experteninterviews an (Dieckmann 2009, S.34). Diese wurden durch wortwörtliche Transkription aufbereitet und mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. 3.2 Stichprobe Zur Untersuchung der Fragestellung wurden Experteninterviews mit insgesamt acht Heimleitern der Thüringer Altenpflege durchgeführt. Hierbei war es wichtig sowohl Einrichtung im ländlichen als auch im urbanen Raum zu untersuchen, da sich die Fachkräftesituation in der Altenpflege in den Regionen unterscheidet. Insgesamt wurden Altenpflegeeinrichtungen in sieben verschiedenen Landkreisen in Thüringen befragt, die sowohl ambulant als auch stationär tätig sind. Zudem wurden sowohl Unternehmen der Freien Wohlfahrtspflege als auch private Pflegedienste befragt. All dies sollte ein möglichst umfangreiches Bild der Thüringer Altenpflege erzeugen. Die Heimleiter wurden in diesem Kontext zu Rate gezogen, da diese in Altenpflegeeinrichtung meist mit dem Personalmanagement betreut sind. Sie besitzen sowohl Kenntnisse über die alltäglichen Arbeit mit ausländischen Fachkräften, als auch über die strukturellen Bedingungen, die dieser Arbeit zu Grunde liegen. 3.3 Stichprobenziehung Das Auswahlverfahren bei Erhebung wurde durch eine Vorab-Festlegung bestimmt. Das wichtigste Auswahlkriterium waren die bereits vorhandenen Erfahrungen der Einrichtungen mit ausländischen Pflegekräften. Da aber nur die Praxispartner wirkliche Kenntnisse über die Eigenheiten der einzelnen Einrichtungen hatten und auch der Kontakt nur über sie erfolgen 15 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege konnte, gab es nur einen indirekten Einfluss auf die Stichprobenziehung durch den Forschenden. 3.4 Erhebungsmethode Wie schon eingangs erwähnt wurden zur Beantwortung leitfadengestützte Experteninterviews durchgeführt. der Hierdurch kann Forschungsfrage einerseits das Sonderwissen, das nur der Experte besitzt, erfragt werden, andererseits lässt es Raum für Nachfragen in Bezug auf Expertenwissen, das sich erst im Verlauf des Interviews zeigt (Meuser & Nagel 2011, S. 57f.). Ebenfalls wird hierdurch eine spontane Anpassung der Fragestellung an den Gesprächsverlauf ermöglicht. Alle Interviews wurden mit einem mobilen Digitalrekorder aufgezeichnet und anschließend wortwörtlich transkribiert. Vor dem Interview unterzeichneten die Interviewpartner die Kenntnisnahme der Anonymitätsvereinbarungen. 3.5 Interviewleitfaden Zur Untersuchung der Forschungsfrage wurde ein Interviewleitfaden erstellt, der die Forschungsfragen 2 bis 7 untersucht. Der Leitfaden orientiert sich an den bereits vorgestellten Forschungsfragen. Die Interviewpartner wurden vor den Interviews über die Intention des Forschungsprojekts informiert. Darüber hinaus wurde ihnen die anonyme Handhabung ihrer Daten versichert. Im Anschluss wurden sie gebeten sich, ihre Einrichtung und ihre Personalgewinnungsstrategien kurz vorzustellen. Mit diesen Fragen sollte ein relativ weicher Einstieg in das Interview gewährleistet werden. Anschließend wurden die 16 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Interviewpartner zur Rekrutierung von ausländischen Pflegekräften und Auszubildenden befragt. Danach sollten die Befragten über Erfahrungen, Einstellungen, Anforderungen und Bedarfe in Bezug auf ausländische Pfleger berichten. Abschließend wurden attraktivitätssteigernde Faktoren und Personalbindungsstrategien bezüglich ausländischer Pflegekräfte thematisiert. Der Interviewleitfaden befindet sich in Anhang A. Die transkribierten und anonymisierten Interviews befinden sich in Anhang B. 3.6 Literaturrecherche Die Fragen 1,8 und 9 werden hingegen im Rahmen einer Literaturrecherche untersucht, da hier bereits ausreichende Forschungsliteratur vorhanden ist. Die Forschungsfrage 1 kann nicht auf qualitative Weise bearbeitet werden. Deshalb wurden hierzu Arbeitsmarktstatistiken analysiert, um zu einem Ergebnis zu gelangen. Bei der Forschungsfrage 8 wurde ebenfalls auf eine Befragung verzichtet, da hier eine starke Erzählungsgenerierung befürchtet wird, die den Rahmen des Forschungsprojekts übersteigt. Deshalb wurde sich auf bereits vorhandene Erkenntnisse bezogen. Für die ethische Bewertung der Rekrutierung von ausländischen Pflegekräften wurde ebenfalls auf diese Methode gesetzt, da hier der globale Kontext eine wichtige Rolle spielt. 3.7 Auswertung der Experteninterviews Nach der Erhebung wird auf Grundlage der transkribierten Experteninterviews eine strukturierende qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt. Diese Sonderform der qualitativen Inhaltsanalyse eignet sich besonders für explorative und beschreibende Forschungen 17 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege (Kuckartz 2012, S.75) und ist eine bewährte Methode um leitfadengestützte Interviews auszuwerten (Kuckartz 2012, S.78). Die inhaltlich-strukturierende Inhaltsanalyse gliedert sich in insgesamt sieben Arbeitsschritte. Zu Beginn erfolgt die initiierende Textarbeit, die das sorgfältige Lesen und das Markieren wichtiger Textstellen beinhaltet. Danach werden die thematischen Hauptkategorien entwickelt. Diese ergeben sich aus dem Interviewleitfaden, der wiederum auf den Forschungsfragen zwei bis sieben beruht. Im Anschluss wird das gesammelte Material entlang der Hauptkategorien codiert. Es folgt das Zusammenstellen aller, mit der gleichen Hauptkategorie codierten, Textpassagen. Anschließend werden induktiv Unterkategorien bestimmt. Danach wird noch einmal das komplette Material anhand des ausdifferenzierten Kategoriensystems codiert. Abschließend erfolgen eine kategorien- basierte Auswertung (Kuckartz 2012, S.78). Diese Auswertung erfolgt entlang der Forschungsfragen in Kapitel 4.2 bis 4.7. Die Definitionen der Haupt- und Subkategorien befinden sich im Anhang C. Im digitalen Anhang E (s. letzte Seite) befinden sich die paraphrasierende Zusammenfassung der relevanten Textabschnitte, sowie deren finale Codierung. 18 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 4. Ergebnisse Im Folgenden Kapitel werden nun die Ergebnisse der Experteninterviews und Literaturrecherchen dargestellt. Die kategorienbasierte Auswertung der Inhaltsanalyse erfolgt entlang der Forschungsfragen. 4.1 Fachkräftebedarf Die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften ist mit einem höheren Aufwand für die Pflegeeinrichtungen verbunden, als das Rekrutieren von heimischen Personal. Sprachliche Barrieren und bürokratische Hürden müssen bei der Personalgewinnung von vornherein bedacht werden. Dieser Aufwand ist nur gerechtfertigt, wenn sich die Unternehmen in einer angespannten Personalsituation befinden oder zukünftig mit einer solchen zu rechnen ist. Deshalb soll dieses Kapitel klären, ob der personelle Bedarf in Thüringen heute und in den nächsten Jahren so groß ist, dass ausländische Fachkräfte rekrutiert werden müssen. Die Anzahl pflegebedürftiger Menschen soll sich bis zum Jahr 2030 um 32% erhöhen (Ehrlich 2014, S.27). Dies führt zu einem erheblichen Erweiterungsdruck in der Altenpflege. Bereits jetzt hat Thüringen den höchsten Anteil an Pflegebedürftigen in ganz Deutschland. In dieser Hinsicht ist Thüringen, neben Sachsen, das Bundesland mit der ungünstigsten Altersstruktur (TMWAT 2013, S. 12 ff). Von den insgesamt über 9.000 ausgebildeten Altenpflegern in Thüringen, laut Bundesagentur für Arbeit, gerade einmal 72 ohne Arbeit sind, was einer branchenspezifischen Arbeitslosenquote von unter einem Prozent gleich kommt. Im Jahr 2015 lag die Anzahl der gemeldeten Stellen für Altenpflegefachkräfte bei 327 (Bundesagentur für Arbeit 2015, S.12). Demzufolge ist der Thüringer Arbeitsmarkt als Personalressource zurzeit nicht ausreichend. Allerdings darf bei der Frage nach der 19 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Fachkräftesituation in Thüringen natürlich nicht die Ausbildung in den Betrieben vergessen werden, welche die wichtigste Ressource bei der Fachkräftegewinnung ist. Für das Jahr 2014 wurde ein Nachschub von 550 neu ausgebildeten Altenfachpflegern prognostiziert. Gleichzeitig erhöhte sich der jährliche Fachkräftebedarf um nur 440 Altenpfleger. Trotzdem suchen die Unternehmen nach neuen Fachkräften. Deshalb ist davon auszugehen, dass mindestens 20% der Absolventen Thüringen verlassen oder gar nicht erst in den Beruf eintreten (Ehrlich 2014, S.36). Für das Jahr 2030 wird die Branche in Thüringen, durch Ersatz- und Erweiterungsbedarf, knapp 8000 neuen Fachkräfte brauchen. Wie sich der Fachkräftebedarf in den nächsten Jahren entwickeln wird, ist dennoch nicht genau abzuschätzen. Zu viele Parameter, wie beispielsweise die Ab- und Zuwanderung oder die Entwicklung der Fachkraftquote bestimmen den zukünftigen Bedarf (Bonin et al. 2015, S.25). Deshalb sollte die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften und Auszubildenden nicht vernachlässigt und als Personalgewinnungsstrategie auch zukünftig verfolgt werden. 4.2 Rekrutierung Jedes der befragten Unternehmen hat auf die eine oder andere Weise Erfahrungen mit ausländischen Pflegekräften oder ausländischen Auszubildenden gemacht. Allerdings unterscheiden sich die Rekrutierungswege erheblich voneinander. Eine gezielte Akquise konnte bei keiner der Einrichtungen festgestellt werden. Wenn Personen aus dem Ausland eingestellt wurden, dann war dies auf ein Engagement der Trägerorganisationen zurückzuführen. Zudem wurden Pflegekräfte mit Migrationshintergrund aus dem Inland eingestellt, über die an späterer Stelle noch einmal gesondert eingegangen wird. 20 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 4.2.1 Rekrutierung ausländischer Pflegefachkräfte aus dem Ausland Die Rekrutierung von ausländischen Pflegefachkräften aus dem Ausland fand bei den befragten Einrichtungen ausschließlich über Projekte der Trägerorganisationen statt. Die Wenigsten dieser Pflegekräfte konnten in Deutschland als Fachkraft arbeiten, da die Sprachkenntnisse zu Beginn der Tätigkeit in Deutschland nicht ausreichend waren. Hierzu Die Rekrutierung fand sowohl im europäischen Ausland als auch in Asien statt. Die Gründe für das Anwerben ausländischer Pflegefachkräfte finden sich primär in der angespannten Fachkräftesituation der Einrichtungen. 4.2.2 Rekrutierung ausländischer Pflege(fach)kräfte aus dem Inland Auch aus dem Inland konnten die Einrichtungen ausländische Fachkräfte rekrutieren. Diese stammten allesamt aus dem osteuropäischen Raum und absolvierten dort auch ihre pflegerische Ausbildung. Die Personalgewinnung fand ausschließlich über den Weg der Bewerbung statt. Darüber hinaus beschäftigten die Unternehmen auch ausländische Pflegekräfte. Diese stammten aus ganz unterschiedlichen Regionen. Die Wurzeln dieser Pflegekräfte lagen primär im süd-, südost- und osteuropäischen Raum. Andere Pflegekräfte stammten aus dem west- und zentralasiatischen Raum. Hierbei handelte es sich zum Teil um politische Flüchtlinge. Die ausländischen Pflegekräfte wurden einerseits über die Bundesagentur für Arbeit vermittelt, andererseits bewarben sich diese eigenständig bei den Einrichtungen. 21 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 4.2.3 Rekrutierung ausländischer Auszubildender Einige Unternehmen hatten bereits Erfahrungen mit Auszubildenden aus dem Ausland gemacht. Diese kamen ausschließlich aus Spanien und wurden über die Trägerorganisationen an die Pflegeeinrichtungen vermittelt. Diese Vermittlung entstand aus einer Notsituation heraus, die sich wiederum aus dem Handeln einer unseriösen Vermittlungsagentur ergab. „Den wurden da Praktikumsplätze versprochen und Arbeit und und und. Und das hat da überhaupt nicht funktioniert und da hat sich der Träger halt eingeschaltet und dann sind drei Jugendliche aus Peru und Spanien dann in unsere Einrichtung gekommen.“ (A4: 32-34) Allerdings gibt es bei einigen der Einrichtungen bereits feste Plänen und Bestrebungen ausländische Auszubildende aus dem europäischen und asiatischen Ausland zu rekrutieren. Sowohl der Kontakte zu internationalen Vermittlungsagenturen als auch die zeitliche Rahmenplanung sind bereits vorhanden. „Wir sind gerade dran mit einer Vermittlungsagentur vietnamesische Bewerber, die in die Ausbildung kommen wollen, eventuell zum ersten neunten das umzusetzen, aber momentan ist da noch nichts endgültig spruchreif.“ (A2: 42-44) 4.2.4 Gründe gegen die Rekrutierung von Pflegefachkräften aus dem Ausland Einige der befragten Unternehmen standen der Idee Pflegefachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren ablehnend gegenüber. Diese Einrichtungen sahen die berufliche Anerkennung als mögliche Hürde bei der Einstellung als Fachkraft. Auch der zeitliche Mehraufwand bei der Einarbeitung wirkte auf einige Einrichtungen abschreckend. Der Kostenaspekt war für einige 22 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Einrichtungen ein weiteres Argument gegen die Einstellung von ausländischen Fachkräften. So wurden etwaige Vermittlungsgebühren als problematisch erachtet. „ Bis jetzt hat es noch keine Rolle gespielt. Weil es nicht einfach ist. Und, ich sag mal so, was ich jetzt gehört habe, die das versucht haben. Wir sind ja jetzt ein relativ kleines Unternehmen und sowas kostet auch Geld. Man muss meistens irgendwelche Provisionen bezahlen, damit die ausländischen Kräfte rankommen. Dann muss man sie lange, lange, lange einarbeiten und vor allem die Sprache entwickeln, was für mich absolut das Notwendigste ist.“ (A6: 25-29) „Es geht ja auch um Anerkennung. Dann, ob diese Ausbildung, die die in ihren Ländern haben, auch bei uns hier anerkannt werden. Das ist ja oft nicht der Fall. Und das ist schon ein langer Weg, bis man da Kräfte hat, die dann auch die Arbeit so leisten können, wie man sich das vorstellt. Als Kräfte selbstständig zu arbeiten und die Verantwortung zu übernehmen. Das ist eben, das hält uns davon ab. Wir brauchen oft die Kräfte schnell und jetzt und gleich.“ (A6: 31-36) Ebenso wurden Arbeitsausfälle durch Sprachkurse oder Anpassungsweiterbildungen befürchtet, die vom restlichen Personal kompensiert werden müssten. Einige Unternehmen versuchen gerade dieses Problem zu umgehen, indem sie zukünftig von der Rekrutierung ausländischer Fachkräfte absehen und gleich Personen aus dem Ausland ausbilden. So werden Differenzen zwischen den verschiedenen Ausbildungssystemen vermieden. Dies würde auch den zeitlichen Mehraufwand in der Anfangsphase abmildern. Andere Einrichtungen waren aufgrund ihrer guten Fachkräftesituation einfach nicht auf die Rekrutierung aus dem Ausland angewiesen. 23 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 4.3 Erfahrungswerte Das Sammeln von bereits vorhandenen Erfahrungswerten stellte den größten Teil der Erhebung dar. Alle befragten Einrichtungen hatten zum Erhebungszeitraum bereits mit ausländischem Pflegepersonal zusammengearbeitet. Die Schilderungen hierzu betrafen einerseits die Erfahrungen mit dem Sprach- und Qualifikationsniveau der ausländischen Fachkräfte und Auszubildenden, andererseits wurde auch die innerbetriebliche Integration thematisiert. 4.3.1 Sprachniveau des ausländischen Pflegepersonals Das beschriebene Sprachniveau des ausländischen Pflegepersonals unterschied sich zwischen den Einrichtungen erheblich. So gab es einerseits Pflegekräfte, die schon seit Längerem versuchten den Nachweis des B2-Sprachniveaus zu erwerben, der für die Tätigkeit als Fachkraft notwendig ist. Anderen Pflegekräften wurde ein fast akzentfreies Deutsch attestiert. Unproblematisches Sprachniveau Vor allem das Pflegepersonal aus dem osteuropäischen Raum, das auch schon länger in Deutschland lebt, verfügt über gute Kenntnisse der deutschen Sprache, was dazu führte, dass diesbezüglich keine Probleme im Betriebsablauf entstanden. „Man hört das teilweise nur noch am leichten Akzent. Aber ansonsten fließend Deutsch sprechen, schreiben alles was dazu gehört.“ (A8: 56-57) 24 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Auch bei den chinesischen Pflegekräften gestaltete sich die Kommunikation mit den deutschen Kollegen nach einer kurzen Eingewöhnungsphase als unproblematisch. Problematisches Sprachniveau Fast alle Einrichtungen berichteten von sprachlichen Schwierigkeiten der Ausländischen Pflegekräfte. Dies zeigte sich vor allem zu Beginn ihrer Tätigkeit. Allerdings wurde meist im selben Atemzug von einer stetigen Verbesserung der Sprachkenntnisse im Laufe der Zeit berichtet. Nur in einem Fall musste ein Mitarbeitergespräch bezüglich des Sprachniveaus geführt werden, was zur Folge hatte, dass sich das Tempo des Spracherwerbs bei dieser Pflegekraft beschleunigt hat. Problematisches Sprachniveau bezüglich der beruflichen Anerkennung Alle Einrichtungen, die Pflegepersonal aus dem Ausland rekrutiert hatten, beschrieben Probleme bei der beruflichen Anerkennung ausländischen ihrer Pflegefachkräfte. Grund hierfür war das Sprachniveau. Dies führte zu einer vorläufigen Tätigkeit als Hilfskraft, die bis zu 18 Monaten andauerte. Dadurch mussten die Einrichtungen die Fachkraftstellen für diesen Zeitraum mit deutschen Fachkräften besetzen. Bei anderen Pflegekräften stand die Anerkennung noch komplett aus, was die Tätigkeit als Fachkraft verhinderte. Dies wurde von den Einrichtungen als größtes Problem überhaupt beschrieben „Von den Deutschkenntnissen her könnte es ein bisschen besser sein, dass die, wenn die hier in Deutschland einfach das B2-Niveau schon haben. Ne? Sodass man die dann, eben nach ner gewissen Einarbeitungszeit auch als Pflegefachkraft einsetzen kann.“ (A3: 56-58) 25 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Problematisches Sprachniveau bezüglich der Kommunikation Die Kommunikation mit deutschen Kollegen, Kunden und Ärzten stellte für einige ausländische Pflegekräfte ein Problem dar. Die Absprache mit deutschen Mitarbeitern führte zu Missverständnissen, was wiederum Fehler im Betriebsablauf zur Folge hatte. Auch die Kommunikation mit den Klienten, die für die Pflege essentiell ist, wurde besonders in der Einarbeitungsphase als problematisch empfunden, sodass teilweise Formen der non-verbalen Kommunikation genutzt werden mussten. „Aber hier geht es, wo was ich meine ist oft Zusammenhänge im Verständnis untereinander. Das ist so kompliziert. Das kann sie manchmal nicht so rüber bringen. Deutsche Sprache schwere Sprache.“ (A6: 70-72) Problematisches Sprachniveau bezüglich der Dokumentation Ein wichtiger Bestandteil der Pflege ist die schriftliche Dokumentation. Gerade hier traten bei fast allen Einrichtungen Probleme auf. Ausländische Pflegekräfte verstanden die Dokumentation der deutschen Kollegen nicht und umgekehrt. Dies führte zu Missverständnissen und einem zeitlichen Mehraufwand für die deutschen Mitarbeiter. Allerdings wurden die ausländischen Pflegekräfte verstärkt in die Dokumentation eingearbeitet, sodass die Probleme nach einiger Zeit wieder behoben waren. 4.3.2 Fachkenntnisse des ausländischen Pflegepersonals Auch bei den Fachkenntnissen des ausländischen Pflegepersonals gab es erhebliche Unterschiede. Dies lag einerseits an der Unterschiedlichkeit der Ausbildungsprofile im 26 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege internationalen Kontext. Andererseits gab es deutliche Unterschiede was die Berufserfahrung in der Altenpflege anbelangt. Dies führte bei einigen Einrichtungen zu anfänglichen Störungen im Betriebsablauf. Problematische Fachkenntnisse Die Anpassung an das deutsche Pflegesystem stellte für viele ausländische Fachkräfte eine Herausforderung dar. Ursächlich hierfür sind vor allem die Unterschiede in den Ausbildungsinhalten. Aufgaben, die über die pflegerische Tätigkeit hinausgingen, konnten nicht problemlos bewältigt werden. So mussten die ausländischen Fachkräfte erst mit dem Konzept der Pflegedokumentation vertraut gemacht werden, das ja schon auf der Sprachebene eine Herausforderung darstellt. Auch die fehlende Berufserfahrung im Feld der Altenpflege wurde als problematisch erachtet, da die meisten Fachkräfte aus dem Ausland vorher in der Krankenpflege gearbeitet hatten. „Weil es waren ja auch alles ausgebildete Krankenschwestern, die in Lettland eben schon als Krankenschwester gearbeitet hatten. Meist eben auch in der Rettungsstelle oder so. Ne? Die mit Pflege so in dem Sinne, wie es jetzt hier üblich ist, gar nichts zu tun hatte.“ (A3: 24-27) Auch die unterschiedlichen Auffassungen vom Beruf des Altenpflegers sorgten für Diskrepanzen. Allerdings kann man sagen, dass alle Pflegekräfte, nach einer unterschiedlich langen Einarbeitungszeit, in fachlicher Hinsicht zur vollsten Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten gearbeitet haben. 27 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Unproblematische Fachkenntnisse Gerade bei Pflegekräften, die schon länger in Deutschland gearbeitet hatten, ihre Ausbildung aber im Ausland absolviert hatten, gab es auf fachlicher Ebene wenig bis gar keine Probleme. Vor allem Pflegern aus dem osteuropäischen Raum wurden sehr gute Fachkenntnisse attestiert, die die Fachkenntnisse der deutschen Pfleger teilweise sogar überstiegen. „Top. Richtig gut. Eine exzellente Pflegefachkraft. Ist mit die beste Fachkraft, die ich hier im Haus habe.“ (A4: 75-76) 4.3.3 Integration im Betrieb Neben der sprachlichen und fachlichen Anpassung an die Arbeit in der Thüringer Altenpflege spielt die innerbetriebliche Integration der ausländischen Pflegekräfte eine wichtige Rolle für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Hier spielen die Beziehungen zu Kunden und dem Kollegium die wichtigste Rolle. Die Betriebe beschrieben nahezu einheitlich, dass die Integration der ausländischen Pflegekräfte nach einigen Startschwierigkeiten vollzogen war und sie als reguläres Mitglied der Belegschaft agierten. Zudem konnten einige Faktoren identifiziert werden, die für die innerbetriebliche Integration förderlich beziehungsweise hinderlich waren. Innerbetriebliche Integration bezüglich des Kollegiums Die meisten Einrichtungen beschrieben die Integration der ausländischen Pflegekräfte im Kreis der deutschen Kollegen als weitestgehend unproblematisch. Sowohl Pflegekräfte als 28 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege auch Auszubildende wurden relativ schnell von der deutschen Belegschaft akzeptiert. Von Reibungen aufgrund unterschiedlicher kultureller Hintergründe konnte keine der befragten Personen berichten. „Also mit den Kollegen, das war wunderbar, da sie sehr, wie soll ich sagen, sich sehr gut eingebracht hat. Da gab es auch überhaupt keine Probleme mit den Kollegen.“(A7: 6465) Konflikte traten eher aufgrund der zu Anfangs ungleichen Arbeitsbedingungen auf. So kam es beispielsweise zu Unmut bei der deutschen Belegschaft, da die ausländischen Pflegekräfte weniger Arbeit bewältigen konnten, aber dieselbe Entlohnung erhielten. Auch die gesonderte Aufgabenzuteilung zur Förderung spezieller Fachkenntnisse (v.a. Pflegedokumentation) wurde nicht immer vom deutschen Kollegium akzeptiert. Innerbetriebliche Integration bezüglich des Kundenkreises Ähnlich wie bei der Integration im Kreis der Mitarbeiter, gab es auch bei der Integration im Kundenkreis keine erheblichen Probleme. Sowohl Pflegekräfte als auch Auszubildende wurden schnell von den Klienten akzeptiert. Nur vereinzelt kam es aufgrund des Migrationshintergrundes einiger Pfleger zu Problemen mit deutschen Kunden. So wurden russische Fachkräfte aufgrund der Biographien einiger Bewohner abgelehnt, da diese mit schlechten Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg in Verbindung gebracht wurden. Andere Bewohner lehnten es generell ab von ausländischen Pflegekräften gepflegt zu werden. Dies betraf aber nur einen sehr kleinen Teil des Kundenkreises. „Es gab mit einigen Klienten ein Problem, da die grundsätzlich Probleme mit ausländischen Mitbürgern hatten, aber das ist eher die Minderheit. Also jetzt von den 110 29 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege sind das vielleicht zwei. Die also gegen jeden Ausländer was haben und daher da nicht, kein Hehl daraus gemacht haben, dass sie sie auch nicht wollen.“ (A7: 65-69) Förderliche Faktoren bei der innerbetrieblichen Integration Bei der innerbetrieblichen Integration von ausländischen Fachkräften und Auszubildenden haben sich einige Faktoren herauskristallisiert, die sich positiv ausgewirkt haben. Diese bezogen sich größtenteils auf das Verhalten der Leitung und der deutschen Mitarbeiter. In einigen Fällen erhielten die ausländischen Fachkräfte ihre Einarbeitung durch speziell geschulte Mitarbeiter. Diese wurden im Vorfeld auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Fachkräften vorbereitet und fungierten als ihre Mentoren. „Und auch so, die Einarbeitung zwischen den Praxisanleitern, die sich spezifisch um die ausländischen Pflegefachkräfte gekümmert haben, läuft eigentlich relativ reibungslos.“ (A2: 84-86) Das Mentoring wurde mit einer Informationsveranstaltung gekoppelt die sich an alle Mitarbeiter richtete und einen sensibilisierenden Effekt bezüglich der kulturellen Besonderheiten der ausländischen Pflegekräfte beabsichtigte. Hierbei wurden nicht nur kulturelle Besonderheiten vermittelt, sondern auch die ausländischen Fachkräfte vorgestellt. In nahezu allen Einrichtungen wurde besondere Rücksicht bei der Einarbeitung genommen, auch wenn nicht immer Schulungen oder Informationsveranstaltungen im Vorfeld stattfanden. Als ebenfalls nützlich hat sich die persönliche Vorstellung der Fachkräfte bei den Klienten und Mitarbeitern erwiesen. So wurde Sensibilität in Bezug auf deren Biographien erzeugt, die teilweise von Flucht und Verfolgung gekennzeichnet waren. Dienlich war auch die Begründung der Rekrutierung durch die Heimleitung. So konnten Argumente ins Feld 30 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege geführt werden, die für eine Beschäftigung ausländischer Pflegekräfte sprachen und so einer etwaigen Ablehnung durch deutsche Mitarbeiter zuvorkamen. „Also die waren da immer sehr erschrocken über meine Bitte und die waren dann auch bei dieser Vorstellung sehr angespannt, sehr holperig und so weiter und so fort. Aber letztendlich denk ich mal, hat das unseren deutschen Kollegen gleich geholfen. ´Das ist also dieser Mensch mit dem ich da jetzt oft Kontakt habe und er hat das und das durchgemacht. Und vor allen Dingen weiß ich jetzt wo der herkommt und wie das alles gelaufen ist´. “ (A5: 260-265) Hinderliche Faktoren bei der innerbetrieblichen Integration Abgesehen von einigen Sprachbarrieren, die schon im vorherigen Abschnitt beschrieben wurden, gab es keine gravierenden hinderlichen Faktoren bei der innerbetrieblichen Integration. Lediglich die Informationslage in der Anfangszeit der Tätigkeit führte teilweise zu Verwirrungen bei Leitung und Mitarbeitern und dadurch wiederum zu einem schlechten Arbeitsklima. „Weil, mancher deutscher Mitarbeiter der denkt sich dann auch ´Wieso bekommen die eine Wohnung? Ich bin auch ein Mitarbeiter. Ich hab auch keine Wohnung´ Ne? Es gibt halt solche Mitarbeiter, die denken halt so.“ (A3: 160-163) 4.3.4 Vorteile der Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte und Auszubildender Auch wenn schon viele Nachteile angesprochen wurden, die die Rekrutierung von ausländischem Personal gegenüber der Rekrutierung von heimischem Personal hat, so 31 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege wurden doch auch einige Vorteile durch die Befragten beschrieben. So wurde es als sinnvoll erachtet Mitarbeiter mit Fremdsprachenkenntnissen zu beschäftigen, da so die Kommunikation mit einem nicht-deutschen Kundenkreis deutlich erleichtert wird. Von diesem Kundenkreis wird erwartet, dass er sich in den nächsten Jahren noch vergrößern wird. Das Einfließen von fremden Traditionen in die tägliche Arbeit wurde ebenfalls begrüßt. Gerade auf Seiten der Kunden wurde dies sehr gelobt. „Insofern, kulturelle Unterschiede sind nicht unerwünscht, bringt auch ein gewisses Leben in eine Pflegeeinrichtung. Ja? Von daher, da werden wir ja zukünftig auch immer mehr von Bewohnerseite mit verschiedenen kulturellen Prägungen, sagen wir mal, konfrontiert, wo wir uns drauf einstellen.“ (A2: 206-209) Von Seiten der Leitungsebene wurde wiederholt der positive Effekt durch fremde Wertevorstellung hervorgehoben, der sich auf die deutschen Mitarbeiter auswirkt. Darüber hinaus wurden auch die sehr guten Fachkenntnisse einiger Fachkräfte gelobt, die sich positiv von den deutschen Fachkräften abhoben. Die Einrichtungen profitieren hierbei von dem im Ausland erworbenen Know-How. 4.4 Attraktivität Die befragten Einrichtungen steigerten ihre Attraktivität für ausländische Pflegekräfte dadurch, dass sie von sich aus integrationsfördernde Maßnahmen ergriffen. Dies betraf vor allem Hilfe bei der Wohnungssuche, sowie bei Behördengängen. Ansonsten ergibt sich die Attraktivität aus den gleichen Faktoren, die auch für deutsche Pflegekräfte attraktiv sein könnten. Dies beinhaltet zum Beispiel die tarifgebundene Entlohnung. Weiterhin berichteten die meisten Befragten von einem mehr oder weniger ausgeprägten Gesundheits32 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege management. Dies beinhaltete auch die finanzielle Unterstützung bei der Nutzung von Sportund Erholungsangebote, sowie die Freistellung für deren Nutzung. Zudem wird von vielen Einrichtungen das Weiterbildungsmanagement ins Feld geführt. Gerade die aktive Beteiligung der Mitarbeiter an der Bedarfsanalyse macht die Tätigkeit in den Einrichtungen attraktiver. Ähnliches gilt für die Möglichkeit Zusatzqualifikationen zu erwerben oder Aufstiegsfortbildung zu absolvieren. Ebenfalls attraktiv dürfte die Möglichkeit der Teilnahme an nicht-fachgebundenen Weiterbildungen sein. Ein hohes Budget für die Weiterbildung steigert die Attraktivität der Einrichtungen zusätzlich. „Und was sich, glaube ich, auch herumgesprochen hat, jedenfalls die, die neu zu uns kommen, die sagen, dass sie das gehört haben, dass wir auch viel Geld in Aus- und Weiterbildung investieren.“ (A7: 89-91) 4.5 Bindung Bei der Personalbindung gilt Ähnliches wie im vorherigen Kapitel. Auch hier wird kein großer Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Mitarbeitern gemacht. Allerdings ergibt sich aus der Tätigkeit im Ausland für die Fachkräfte ein gewisses Bindungspotenzial. Da sie meist ihre Familie und Freunde hinter sich lassen mussten, fungieren Kollegen und Kunden als Ersatzfamilie. Hieraus ergibt sich eine affektive Bindung an das Unternehmen beziehungsweise an seine Belegschaft und den Kundenstamm. Hierfür sprechen auch die gemeinsamen Freizeitaktivitäten mit den Familien der deutschen Mitarbeiter. „Deswegen verstehe ich ja auch die iranische Kollegin sehr gut. Die sagt dann ´Ihr seid jetzt meine Familie und ich fühle mich hier wohl. Ich habe hier niemanden, außer meinem 33 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Sohn und euch´ Und all die älteren Menschen, die sie hier sieht, betrachtet sie als ihre Eltern, sozusagen.“ (A6: 259-262) Einige Unternehmen berichteten aber auch von ausländischen Pflegekräften, die sie wieder verlassen haben. Die Gründe hierfür liegen einerseits in der, im Vergleich zur Krankenpflege, finanziell unattraktiven Situation in der Altenpflege. „Wir haben ihr einen Vertrag gegeben, weil sie eine gut ausgebildete Kraft war und auch gut Deutsch sprach. Aber sie war nicht lange da. Dann hat sie in der Klinik angefangen. Das ist schade.“ (A7: 28-30) Andererseits muss auch die Lage im Heimatland der ausländischen Pflegekräfte betrachtet werden. Verbessern sich die Arbeitsbedingungen im Heimatland, besteht die Gefahr der Rückwanderung. 4.6 Anforderungen Die Anforderungen der Einrichtungen an ausländischen Pflegefachkräfte oder Auszubildende waren sehr unterschiedlich. Die Anforderungen an das Sprachniveau unterschieden sich bei einigen Einrichtungen erheblich. Auch die nicht-sprachlichen Anforderungen unterschieden sich deutlich. Es lässt sich daher kein eindeutiges Anforderungsprofil für ausländische Pflegefachkräfte oder Auszubildende zeichnen. Dennoch gibt es in den einzelnen Anforderungsbereichen auch Überschneidungen zwischen den Einrichtungen, die im Folgenden beschrieben werden. 34 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Sprachliche Anforderungen an ausländische Pflegefachkräfte Die sprachlichen Anforderungen an Pflegefachkräfte aus dem Ausland waren vor allen pragmatischer Natur. Die Anerkennung als Fachkraft in Deutschland verlangt das Sprachniveau B2. Dies wurde auch von vielen Einrichtungen als Mindestvoraussetzung genannt, da die Pflegekräfte sonst nur als Hilfspersonal eingestellt werden können. Darüber hinaus legten einige Einrichtungen großen Wert darauf, dass eine Kommunikation ohne das Auftreten von Missverständnissen möglich sein muss, was allerdings nicht bedeutet, dass ein fließendes Deutsch verlangt wird. „Voraussetzung fände ich allerdings, dass sie wirklich die Sprache sprechen. Weil das ist der Hauptkritikpunkt, wenn auch ausländischen Kollegen in der Klinik arbeiten und so, dass die Menschen, die darauf treffen, auf die ausländischen Mitarbeiter, dass sie sie nicht verstehen. Das sie entweder gar kein Deutsch oder schlechtes Deutsch sprechen oder ganz unverständlich sprechen.“ (A7: 135-139) Nicht-Sprachliche Anforderungen an ausländische Pflegefachkräfte Neben der Sprache wurden natürlich auch Anforderungen an die Qualifikation der Bewerber gestellt. Diese hatten einen ähnlich pragmatischen Charakter. Verlangt wurde eine Ausbildung im pflegerischen Bereich. Zudem forderten einige Einrichtungen soziale Kompetenzen, da diese für den Beruf unabdingbar sind. Insgesamt kann aber gesagt werden, dass die Einrichtungen bereit waren Lücken im Fachwissen während der Arbeit in Deutschland zu schließen. Dies lässt sich auch kaum vermeiden, da die Ausbildung in Deutschland in dieser Form einzigartig ist. Eine längere Anpassung der Fachkenntnisse an das deutsche Pflegesystem war für die meisten Einrichtungen selbstverständlich. 35 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege „Eine Vorbildung in der Richtung ist immer gut. Das ist ja logisch. Aber ansonsten, wenn die sprachliche Barriere weg ist, kann man alles erlernen. Man kann Sie ja zu Fort-und Weiterbildungen schicken.“ (A6: 145-147) Sprachliche Anforderungen an ausländische Auszubildende Die sprachlichen Anforderungen an ausländische Auszubildende gestalteten sich ähnlich. Auch wenn ein B1-Sprachniveau, das im Laufe der Ausbildung verbessert wird, teilweise als ausreichend erachtet wird, müssen sich die Einrichtungen natürlich bürokratischen Vorgaben beugen. Die Ausbildung zur Altenpflegefachkraft in Thüringen kann mittlerweile nur mit einem B2-Sprachniveau absolviert werden. Zudem ist bei schlechteren Sprach-kenntnissen nicht gewährleistet, dass die ausländischen Auszubildenden den Lehrinhalten folgen können. Nicht-Sprachliche Anforderungen an ausländische Auszubildende Abgesehen vom Spracherwerb, wird von den ausländischen Auszubildenden nicht mehr erwartet als von deutschen Bewerbern auch. Dies beinhaltet beispielsweise einen Schulabschluss, der mit dem Realschulabschluss in Thüringen vergleichbar ist. Eine gewisse Vorerfahrung im Bereich der Altenpflege mittels eines Praktikums ist für einige Einrichtungen wünschenswert, bei anderen Einrichtungen ist sie Pflicht. Im Ausland müssen jedoch nicht zwangsläufig pflegerische Vorerfahrungen gesammelt worden sein. 36 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 4.7 Interner Handlungsbedarf Keines der befragten Unternehmen sah einen Handlungsbedarf in Bezug auf ausländische Pflegekräfte innerhalb der eigenen Einrichtung. Dies hat zum einem den Grund, dass viele Einrichtungen bereits jahrelange Erfahrung mit der Zusammenarbeit mit ausländischen Pflegepersonal haben und sich daher als ausreichend vorbereitet betrachten. Andere Einrichtungen betrachten den Integrationsprozess als natürlichen Prozess, der nicht zusätzlich unterstützt werden muss. Hierbei wurde auch die deutsche Belegschaft in die Überlegungen mit einbezogen. Zu viel Zeit darf nicht in vorbereitende Seminare oder Ähnliches investiert werden, da dies gegenüber dem heimischen Mitarbeiterstamm nicht mehr gerechtfertigt werden kann. „Also es ist jetzt nicht spezifisch, dass ich sagen würde ´Unsere Mitarbeiter müssten da noch ganz gezielt mehr darauf eingehen´. Da kommen wir nämlich auch ganz schnell wieder auf den Punkt, wo sie sagen ´Ja, wer kümmert sich denn um uns´ und in dem Rahmen. Ne? Und das wär dann auch nicht mehr vermittelbar.“ (A2: 369-372) Verbesserungsmöglichkeiten wurden meist überwiegend außerhalb der Unternehmen gesehen. Diese werden im nächsten Abschnitt beschrieben. 4.8 Externer Handlungsbedarf In den vorherigen Kapiteln wurde bereits umfassend darüber berichtet was Unternehmen tun, um die Integration von ausländischen Pflegefachkräften in der Thüringer Altenpflege zu fördern. Allerdings sind auch sie gesetzlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unterworfen, auf die sie wenig Einfluss haben, was auch schon vereinzelt in den Interviews 37 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege anklang. Deshalb ist es auch wichtig zu untersuchen, inwieweit externer Handlungsbedarf besteht. In einem Positionspapier von 2014 verlangen die Wohlfahrts- und Berufsverbände die Erleichterung der Berufsanerkennung und ein bundesweit einheitliches Verfahren zur Kompetenzfeststellung, die auch das Nachschulen fehlender Kompetenzen ermöglicht. Hierdurch könnte der bisher hohe administrative Aufwand für die Pflegeakteure reduziert werden (Bonin et al. 2015, S.65). Im gleichen Atemzug wurde auch die integrationshemmende Einstellung der Behörden und Ämter kritisiert. Hier wird eine eindeutige Entwicklung Richtung „Willkommenskultur“ gefordert, die sich auf die Bedarfe der Zielgruppe einstellt. Zudem wird es als zwingend notwendig betrachtet eine sprachliche und fachliche Schulung bereits im Herkunftsland durchzuführen. Gerade berufsorientierte Sprachkurse werden hier als adäquates Mittel angesehen. Auch in kultureller und mentaler Hinsicht sollen die Fachkräfte oder Auszubildenden schon vor ihrem Deutschlandaufenthalt vorbereitet werden (Bonin et al. 2015, S.36). 4.9 Ethische Bedenken Die Frage nach ethischen Bedenken bei der Rekrutierung von ausländischen Pflegefachkräften oder Auszubildenden in der Altenpflege bildet den letzten Schwerpunkt des Forschungsinteresses. Selbstverständlich ist Deutschland nicht das einzige Land, das Fachkräfteprobleme in der Pflege hat. Deswegen muss geklärt werden, unter welchen Umständen es ethisch vertretbar ist Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben. Der sogenannte „Braindrain“ bezeichnet das Abwerben von Fachkräften aus dem Ausland und ist das Gegenstück zum Begriff „Braingain“, womit der Prozess des Anwerbens gemeint ist (Beine et al. 2001, S. 276). Dies muss unter der Berücksichtigung entwicklungspolitischer 38 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Fragestellungen geschehen (Azahaf 2015 in Bonin et al. 2015, S. 6). Die WHO gab im Jahr 2013 bekannt, dass weltweit über 27 Millionen Fachkräfte im Gesundheitswesen fehlen. Weltweit existieren nur 68 Länder in denen keine kritische Unterversorgung im Gesundheitssektor vorhanden ist (Bonin et al. 2015, S. 36). Deshalb muss sorgfältig überlegt werden, aus welchen Staaten Pflegefachkräfte angeworben werden. Als Beispiel für eine zu starke Abwerbung durch die Nachbarländer kann hier Polen dienen. Das Land steht vor einer ähnlichen demographischen Herausforderung wie Deutschland. Allerdings wandern viele Pflegekräfte Richtung Westen ab. Dies führt zu einem Mangel an geeignetem Pflegepersonal im Inland, was wiederum eine Wanderungsbewegung von Pflegefachkräften aus dem Baltikum nach Polen verursacht. Der Mangel an Pflegepersonal verschiebt sich also nur und wird nicht gestoppt (Merda 2012, S.21). Vor einem ähnlichen Problem stehen auch die südeuropäischen Länder. Auch sie sind von der demographischen Entwicklung betroffen. Allerdings spricht die hohe Arbeitslosigkeit in den Ländern für ein Anwerben von geeignetem Personal. Auf den ersten Blick scheint nichts dagegen zu sprechen arbeitslose Pfleger aus Spanien oder Griechenland nach Deutschland zu holen, um sie hier in Beschäftigung zu bringen. Allerdings muss auch hier genau abgewogen werden. Die Pflegeausbildung im südeuropäischen Raum ist weitestgehend akademisiert. Dies hat zur Folge, dass diese Fachkräfte in Deutschland unter ihrem ursprünglichen Lohnniveau arbeiten müssen, da die Ausbildung in Deutschland niedriger angesiedelt ist (Merda 2012, S.21). Das bedeutet zudem, dass der Wille zur Rückreise eng an die wirtschaftliche Situation der Herkunftsländer geknüpft ist. Sobald sich Südeuropa wirtschaftlich wieder erholt, müsste die deutsche Altenpflege die abgewanderten ausländischen Fachkräfte ersetzen, die in ihren Heimatländern mehr Geld verdienen als in Deutschland. Ganz anders sieht die Situation in Asien aus, da sich die dortige demographische Lage deutlich von der europäischen unterscheidet. In Ländern wie China, Indien und den 39 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Philippinen gibt es ein enormes Nachwuchspotenzial. So bilden die Philippinen beispielsweise deutlich über ihren Fachkräftebedarf aus, weil von vornherein Abwerbungen aus den USA oder Großbritannien einkalkuliert werden. Ebenso könnten Fachkräfte aus Ländern wie Indien unter besseren Arbeitsbedingungen tätig werden, als das in ihren Herkunftsländern möglich ist. (Merda 2012, S.21,23). Die hohen Einkommensgewinne, die in Deutschland für ausgebildetes Fachpersonal möglich sind, könnten zudem der Bevölkerung aus den Herkunftsländern zu Gute kommen. Das Projekt „Triple Win Pflegekräfte – Nachhaltig ausgerichtete Gewinnung von Pflegekräften aus vier Ländern“ verfolgt genau diese Idee. Hierbei wird von 2013 bis 2016 Pflegepersonal aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, Tunesien und den Philippinen angeworben. Der dreifache Nutzen des Projekts ergibt sich aus den folgenden drei Punkten. Erstens wird durch das Projekt der Personalmangel in Deutschland abgeschwächt. Gleichzeitig wird die Arbeitslosenquote in den Herkunftsländern gesenkt. Zudem entsteht durch den Wissenstransfer auch ein entwicklungspolitischer Gewinn (Bundesagentur für Arbeit 2014). Neben dem direkten Anwerben von Fachpersonal besteht auch die Alternative der Ausbildung von Ausländern in Deutschland. Die im Vorfeld schon besprochenen Probleme mit der Anerkennung des Berufsabschlusses und fachlicher Differenzen könnten somit im Vorfeld abgefangen werden. Neben der Möglichkeit die Ausbildung innerhalb der EUStaaten durchzuführen, besteht seit August 2012 auch für asiatische Länder diese Möglichkeit. Besonders die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern Europas spricht hierfür. Allerdings sollte auch bei der Anwerbung von Auszubildenden gewisse Standards eingehalten werden. Diese wurden bereits im vorherigen Kapitel präsentiert. Will man sich mit den ethischen Bedingungen der Anwerbung von ausländischen Fachkräften oder Auszubildenden beschäftigen, müssen auch die Auswirkung auf die einheimische Bevölkerung geklärt werden. Bei der beschriebenen Fachkräftesituation in der 40 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Altenpflege sollte bereits klar geworden sein, dass durch ein solches Unterfangen keine deutschen Arbeitsplätze gefährdet werden. Eher würde es das Wachstum der Branche stabilisieren und so deutsche Arbeitsplätze sichern. Zudem würde der Kontakt mit ausländischem Personal Vorurteile abbauen und den interkulturellen Kontakt ermöglichen. Gerade Thüringen kann hier mit gutem Beispiel vorangehen und die geforderte Willkommenskultur aktiv mitgestalten. Geht man von Allports Kontakthypothese aus, die besagt, dass interkultureller Kontakt interkulturelles Konfliktpotenzial abbaut (Allport 1954), könnten so auch fremdenfeindliche Tendenzen der Thüringer Bevölkerung abgebaut werden. Zudem gibt es bereits einige Bedingungen, auf die sich die Wohlfahrts- und Berufsverbände bei der Anwerbung von ausländischem Pflegepersonal geeinigt haben. In einem Positionspapier von 2014 werden hier die ethischen Rahmenbedingungen der Beschäftigung abgesteckt. Neben der Integrationsunterstützung wird hier auch auf die Freiwilligkeit des Verbleibs in Deutschland wert gelegt. Darüber hinaus wird von der Zahlung einer Vermittlungsgebühr durch die Zuwanderer abgesehen (Bonin et al. 2015, S.36). Dies verhindert einerseits eine Verschuldung der Migranten und ihrer Familien, andererseits verlieren so unseriöse Arbeitsvermittlungsagenturen aus dem Ausland ihre Arbeitsgrundlage. Eine Beschäftigung der Migranten zu gleichen Beschäftigungsbedingungen war ebenfalls Inhalt des Positionspapiers (Bonin et al., S.36). Niemand soll aufgrund seiner Herkunft schlechter oder besser bezahlt werden. Dasselbe gilt für die Aufgabenverteilung innerhalb des Betriebs. Abschließend kann man sagen das ethische Bedenken bei der Rekrutierung von ausländischen Pflegepersonal durchaus gerechtfertigt sind und auch immer in die Anwerbungsüberlegungen mit einfließen sollten. Solange jedoch die Fachkräftesituation im Herkunftsland berücksichtigt wird und die Betreuung der Migranten in Deutschland nicht vernachlässigt wird, dann sollte Anwerbungsunternehmen ethisch und moralisch vertretbar sein. 41 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 5. Schlussfolgerungen Im folgenden Kapitel werden nun die wichtigsten Erkenntnisse der Forschungsarbeit zusammengefasst und interpretiert. Hierzu werden die Ergebnisse in Verbindung mit theoretischen Konzepten und bereits vorhandenen Forschungsmaterial gebracht. Anschließend erfolgt eine kritische Betrachtung der Grenzen der Untersuchung und der methodischen Umsetzung. Es folgt eine Handlungsempfehlung für die Akteure in der Thüringer Altenpflege, die auch gleichzeitig als Beantwortung der Forschungsfrage betrachtet werden kann. Den Abschluss dieser Arbeit bildet ein kurzes Fazit. 5.1 Theoretische Einordnung Die Integration in den untersuchten Einrichtungen hat sich auf unterschiedlichste Weise vollzogen und ist dementsprechend auch unterschiedlich stark vorangeschritten. Am häufigsten konnten Formen monistische Assimilation beobachtetet werden, bei der die Anpassungsleistung zum Großteil auf Seiten des ausländischen Pflegepersonals stattfanden. Dies bezog sich meist auf die sprachliche und fachliche Anpassung. Formen der interaktionistischen Form wurden nicht beschrieben. Allerdings konnten vereinzelt Ansätze der pluralistischen Interaktion beobachtet werden, die sich darin äußerten, dass die ausländischen Fachkräfte ihre kulturellen Traditionen in die tägliche Arbeit aufrecht erhielten und einbrachten. Bezüglich der Dimensionen der Sozialintegration lässt sich feststellen, dass diese sich nur auf drei der vier Ebenen beobachten ließ. Die fortgeschrittene Kulturation ließ sich natürlich durch den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse feststellen. Eine Platzierung in der Aufnahmegesellschaft wurde durch die häufig ausstehende berufliche Anerkennung nur 42 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege eingeschränkt zugelassen. Die fast in allen Fällen beschriebene Akzeptanz zwischen Kunden, der einheimischen Belegschaft und den ausländischen Pflegepersonal lässt auf eine fortgeschrittene Sozialintegration im Bereich der Interaktion vermuten. Die gelegentliche Ablehnung der ausländischen Pfleger durch die Kunden schmälert diesen Fortschritt allerdings etwas, auch wenn es sich hierbei nur um Ausnahmen handelte. Zur Identifikation der Migranten mit der Aufnahmegesellschaft kann an dieser Stelle nichts gesagt werden, weil dazu die Einstellung der Migranten selbst untersucht hätte werden müssen. Die Rekrutierung von ausländischem Personal trägt definitiv zur Interkulturellen Öffnung der Einrichtungen bei. Auch vereinzelte Seminare, die in diese Richtung stattfanden, schulen interkulturelle Kompetenzen auf kognitiver Ebene. Auch Aspekte des DiversityManagements konnten beobachtet werden. So wurde die kulturelle Diversität dazu genutzt besser mit einem mehrsprachigen Kundenstammen zu kommunizieren, der sich in Zukunft noch erweitern wird. 5.2 Grenzen der Untersuchung und Methodenkritik In der vorliegenden Untersuchung wurde der Frage nachgegangen, inwieweit sich ausländischen Pflegekräfte in der Thüringer Altenpflege integrieren lassen. Die Integration endet aber nicht an den Türen der Altenpflegeeinrichtungen. Um ein umfassendes Bild zu zeichnen, muss auch untersucht werden, wie sich die Mitarbeiter außerhalb ihres Arbeitsplatzes integrieren. Hierfür waren die Leitungspersonen nicht die richtigen Ansprechpartner. Deshalb wäre es sinnvoll in zukünftigen Untersuchungen auch die ausländischen Fachkräfte selbst in die Erhebungen mit einzubeziehen. Zudem müssten solche Untersuchungen langfristig angelegt sein. Viele der besprochenen Fachkräfte sind erst seit einem relativ kurzen Zeitraum in Thüringen. Auf lange Sicht wäre es interessant zu 43 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege wissen, ob sie auch in Thüringen sesshaft werden und was für Thüringen als neue Heimat spricht. Generell hat die vorliegende Arbeit einen guten Einblick in den Integrationsprozess von ausländischem Pflegepersonal in Altenpflegeeinrichtungen gegeben. Allerdings konnten nicht alle Ergebnisse der Erhebung ausreichend bearbeitet werden. Für zukünftige Untersuchungen wäre eine fokussiertere Vorgehensweise sinnvoll. Beispielsweise könnte untersucht werden, inwieweit die interkulturelle Öffnung in den Einrichtungen vorangeschritten ist oder wie die Bewohner von Altenpflegeeinrichtungen zu der Rekrutierung von ausländischem Pflegepersonal stehen. 5.3 Alternativen Es hat sich bereits herausgestellt, dass auf die Rekrutierung von ausländischen Pflegekräften und Auszubildenden in Zukunft nicht mehr verzichtet werden kann. Diese kann aber nicht als Hauptstrategie bei der Personalgewinnung betrachtet werden. Einheimische Personalressourcen sind nach wie vor die erste Wahl bei der Deckung des Fachkräftebedarfs. Doch auch hier muss ein Umdenken stattfinden. Die Strategien der Personalgewinnung und Personalbindung werden bereits überdacht und optimiert (Bonin et al. 2015, S. 56ff). Für die Bindung des Personals ist die Attraktivitätssteigerung der Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Hierbei sind ein ausgeprägtes Gesundheitsmanagement und die Wertschätzung der Mitarbeiter von großer Bedeutung. Ebenso tragen monetäre Anreize und Bildungsangebote zur Attraktivitätssteigerung der Einrichtungen bei. Bei Bildungsangeboten spielt auch die nicht-fachliche Weitebildung eine wichtige Rolle (Bonin et al. 2015, S. 56). Um Fachkräfte zu gewinnen erleichtern viele Träger den beruflichen Widereinstieg von Pflegekräften, die sich Eltern- oder Pflegezeit befunden haben, mit kostenlosen 44 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Qualifizierungsmaßnahmen. Die Integration von Langzeitarbeitslosen mittels Qualifizierungsangeboten in das Arbeitsfeld der Pflege wurde als weniger zielführend eingeschätzt. Diese Maßnahmen sind relativ kostenintensiv und ähnlich aufwendig wie die Anwerbung und Integration von ausländischen Fachkräften. Am bedeutendsten wird aber immer noch die trägergebundene Ausbildung betrachtet, die den Großteil an Pflegekräften generiert (Bonin et al. 2015, S. 57). 5.4 Handlungsempfehlung Sollten sich Thüringer Altenpflegeeinrichtungen auch in Zukunft dazu entschließen bei der Personalgewinnung auf die Rekrutierung ausländischer Pflegekräfte zu setzen, dann sollten einige Punkte beachtet werden. Vor der eigentlichen Einstellung des Pflegepersonals sollte darauf geachtet werden, dass die Informationslage zwischen Einrichtung, Vermittlern und Fachkräften eindeutig ist. Die größten Probleme bei der Integration entstanden aufgrund von Unklarheiten bezüglich des Sprachniveaus, des Qualifikationsniveaus und der Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses. Wird dies bereits vor der Einreise klar kommuniziert können Irritationen von vornherein vermieden werden. Für die deutschen Kollegen muss im Vorfeld klar gemacht werden, warum ausländische Pflegekräfte rekrutiert werden und welche Vorteile dies für ein Unternehmen bringen kann. Eine persönliche Vorstellung der Ausländer bei den Kollegen und Kunden ist ebenfalls wichtig, da dies Verständnis auf- und Vorurteile abbaut. Vorbereitende Schulungen für deutsche Mitarbeiter sollten nur im kleinen Rahmen durchgeführt werden, da der Großteil der interkulturellen Erfahrungen in der täglichen Zusammenarbeit gesammelt wurde. Kulturelle Besonderheiten eines Landes dürfen nicht auf 45 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege die Neuankömmlinge verallgemeinert werden. Auch die Besonderheiten der eigenen Kultur sollten reflektiert werden, da sonst du nur eine einseitige Betrachtung des interkulturellen Kontakts erfolgen kann. Als sinnvoll hat sich jedoch die Schulung von speziellen Mentoren erwiesen, die als Ansprechpartner für die ausländischen Pflegekräfte fungieren und auch außerhalb der Arbeit mit Rat und Tat zur Seite stehen. Gerade bei Personen, die komplett fremd in Deutschland sind, hat es sich die paarweise Rekrutierung von Pflegekräften und Auszubildenden aus dem Ausland als nützlich erwiesen. Grundkenntnisse der deutschen Sprache stellen die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration dar. Ohne sie wird die Kommunikation mit Bewohnern und Kollegen erschwert. Sowohl Fachkräfte als auch Auszubildende sollten die deutsche Sprache mindestens auf B2-Niveau beherrschen. Eine nachträgliche Anpassung der Fachkenntnisse stellt hingegen ein kleineres Problem dar. Allerdings ist die Ausbildung von ausländischen Pflegekräften eine sinnvolle Alternative zu Rekrutierung. So werden von vornherein Diskrepanzen der Ausbildungsinhalte ausgeschlossen. 5.5 Fazit Die vorliegende Arbeit konnte einen Einblick in den Status quo der Integration von ausländischen Fachkräften im Bereich der Altenpflege ermöglichen. Auch förderliche und hinderliche Faktoren im Integrationsprozess konnten herausgearbeitet werden. Die befragten Einrichtungen fühlen sich gut auf eine Zusammenarbeit mit Migranten vorbereitet. Handlungsbedarf wird eher außerhalb der Einrichtungen gesehen. Gerade die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen müssen verbessert werden, wenn die Rekrutierung von ausländischem Pflegepersonal ausgeweitet werden soll. Auch die Vermittlungsagenturen 46 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege spielen hier eine wichtige Rolle. Sie müssen eine aktivere Rolle bei der Personalauswahl spielen. Gerade die neuen Medien bieten verschiedene Möglichkeiten internationale Bewerber schon vor der Einreise kennenzulernen. Missverständnisse im Vorfeld könnten so vermieden werden. Bei der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland sollte aber immer die globale Gesamtsituation betrachtet werden. Eine bloße Verlagerung eines Fachkräfteproblems ist auf Dauer keine adäquate Lösung. Vielmehr sollten die internationalen Potenziale genutzt werden. Auch wenn die Rekrutierung im Ausland nur ein Teil einer breit aufgestellten Personalgewinnung sein kann, sollte auf sie nicht verzichtet werden. Sie trägt zur kulturellen Vielfalt und zum Abbau von kulturbedingten Vorurteilen in Thüringen bei. Sie sollte als Strategie weiterhin verfolgt werden, denn die Entwicklung des Fachkräftebedarfs lässt sich nur schwer einschätzen. 47 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege Quellenverzeichnis Literaturquellen Allport, G.,W. (1954) The nature of prejudice. Cambridge: Addison-Wesley. Besamusca-Janssen, M & Scheve, S. (1999). Interkulturelles Management in Beruf und Betrieb. 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Welche Rolle spielt dabei die Rekrutierung von ausländischen Pflegefachkräften? Welche Rolle spielt dabei das Anwerben von ausländischen Auszubildenden für den Bereich der Altenpflege? Wie werden ausländische Pflegefachkräfte/ Auszubildende angesprochen? Wenn nein: Warum wurden bisher keine ausländischen Fachkräfte angeworben? Welche Erfahrungen hat Ihr Unternehmen bereits mit ausländischen (Pflege)Fachkräften gemacht? ...bezüglich des Qualifikationsniveaus? ...bezüglich des Sprachniveaus? ...bezüglich der Integration im Betrieb? Welche Anreize schafft Ihr Unternehmen für (potentielle) Pflegefachkräfte oder Auszubildende aus dem Ausland? Was unternimmt Ihr Unternehmen um (Pflege)Fachkräfte und Auszubildende zu binden? Welche sprachlichen Anforderungen haben Sie an ausländische Pflegefachkräfte oder Auszubildende aus dem Ausland? Welche qualifikatorischen Anforderungen haben Sie an ausländische Pflegefachkräfte oder Auszubildende aus dem Ausland? Welches Maß an Integrationsbereitschaft wird von den ausländischen Pflegefachkräften oder Auszubildenden verlangt? Wo sehen Sie einen Handlungsbedarf innerhalb Ihres Unternehmens in Bezug auf ausländische Fachkräfte? Wie schätzen Sie den Weiterbildungsbedarf in Ihrem Unternehmen bezüglich ausländischer Mitarbeiter und Auszubildender ein? Welche Anpassungsleistung müsste auf Seiten Ihrer Mitarbeiter erfolgen? Dank und Verabschiedung 51 Ausländische Fachkräfte in der Thüringer Altenpflege 52
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