F E L D & S T A L L t 29 Samstag, 23. Mai 2015 AC KER BAU: Am Profiabend am Strickhof standen Mais und Unkraut im Fokus NA C HR I C H T E N Sauer spritzen und Gülle einschlitzen Kälte ist tödlicher als extreme Hitze Mit Additiven lässt sich die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln verbessern. Eine neue Methode ist das Ansäuern der Spritzbrühe. Doch auch die Wirkung von Gülle und Handelsdünger lässt sich optimieren. gender Menge variiert werden, die einzelnen Elemente passen sich dem Boden an. Mit der Schiebeachse und den breiten Rädern ist das Gefährt hangtauglich und bodenschonend. Für den Maisversuch wurde je eine Maschinenbreite 30 und 3 50 m Gülle gegeben und nach sieben Tagen gesät. MARGRETH RINDERKNECHT Ebenfalls Teil des Versuchs sind Maissaaten mit Saatbanddüngung und Unterfussdüngung. Bei der Saatbanddüngung wird mit Mikrogranulat gedüngt, 20 bis 40 kg pro Hektare, was 10 kg Phosphor entspricht. Das feine Granulat wird optimal von der Pflanze aufgenommen. Bei der Unterfussdüngung wird konventioneller Dünger ausgebracht, dieser darf aber nicht zu nahe am Saatkorn liegen, da es sonst zu Versalzungen kommen kann. Weitere Versuchsstreifen zeigen Frässaaten oder Mulchsaaten mit oder ohne Unterfussdüngung. Spannend wird es, wenn das Wetter richtig wüchsig wird, dann zeigen sich Vor- und Nachteile der Anbaumethoden. Der Einladung zum Profiabend Ackerbau am Strickhof in Lindau ZH folgten am Mittwoch gegen 150 Landwirte. In weiser Voraussicht kamen die meisten in Stiefeln, Regenkleidern und mit einem Schirm. Zur Begrüssung durch Andreas Rüsch schüttete es gehörig, ein Bauer meinte fröstelnd: «Alles, was es jetzt regnet, kommt nachher nicht mehr!» An verschiedenen Posten im nassen Gelände zeigten Fachleute des Strickhofs Praxisversuche zu aktuellen Themen im Ackerbau. Einsatz von Additiven Mit Additiven kann die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln verbessert werden. Die Verbesserung der Haftung, der Benetzung oder der Penetration optimiert die Aufnahme von Wirkstoff durch die Blattmasse. Eine neuere Art von Additiven senkt den pH-Wert des Wassers; es sind je nach Fabrikant Ammoniumsulfate oder Phosphorsäuren. Ein idealer pH-Wert von 5 optimiere die Wirksamkeit der Spritzmittel. Allerdings erfordert diese Anwendung allenfalls ein zusätzliches Mittel zur genauen pH-Bestimmung. Das Ansäuern hat unterschiedliche Wirkungen, vor allem bei schlechten Bedingungen wird Versalzung vermeiden Der Verteiler zum Einschlitzen der Gülle ist 7,6 m breit, die Furchentiefe kann variiert werden. die Wirkungssicherheit der Pflanzenschutzmittel besser. Beim Einsatz von Glyphosat könnte eine Wirkungsoptimierung willkommen sein. Die Anbauversuche mit Mais lassen zurzeit noch keine Rückschlüsse zu, was nun das Richtige war. Im Moment warten alle Maispflanzen auf warmes Bei der Einzelkornsämaschine mit Saatbanddüngung ist ein Behälter für das Dünger-Mikrogranulat angebracht. Wetter. Imponiert hat das grosse Güllefass zum Einschlitzen von Gülle. Der Verteiler ist 7,6 m breit, die Tiefe der Furchen kann je nach auszubrin- Markus Hochstrasser erläutert die Wirkung der Ansäuerung auf die Halmverkürzung. Ein SMS warnt vor dem Hagelwetter Der Hagel ist unberechenbar und schwer vorhersagbar. Das Forschungszentrum der Mobiliar-Versicherung, das Mobiliar Lab für Naturrisiken am Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern, möchte das ändern und hat der Schweizer Hagelforschung neuen Schub verliehen. Die Forschungsinitiative trägt laut einer Mitteilung der Mobiliar nun erste Früchte: In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz entstand eine Karte, welche die Hagelwahrscheinlichkeit in der Schweiz aufzeigt. Dazu wurden Radardaten der letzten 13 Jahre ausgewertet und mit Schadendaten der Mobiliar verglichen. «Wir wollten wissen, wie oft der Hagel am Boden auch zu Schäden geführt hat», erklärt Olivia Romppainen, Co-Leiterin des Mobiliar Labs. Auch der Jura betroffen Besonders häufig von Hagel betroffen sind das Emmental, die Voralpen und das Südtessin. Die Hagelvorhersage bereitet der Forschung nach wie vor Kopfzerbrechen. «Wir versuchen herauszufinden, wo Hagelzellen entstehen, wie weit sie ziehen und wo sie sich wieder auflösen. Und welche Prozesse in der Atmosphäre dazu geführt haben», sagt Olivia Romppainen. Längerfristig sollen diese Erkenntnisse auch zu einer Verbesserung der Hagelprognose führen. Schweizer forschen mit Im Emmental, dem Jura und im Südtessin sind die «Hagel-Hotspots» auf der neuen Karte deutlich zu erkennen. (Grafik: Mobiliar) Auch im Jura kommt es überdurchschnittlich oft zu Hagelereignissen. Die Mobiliar – äl- teste private Versicherungsgesellschaft des Landes – hat alleine in den letzten fünf Jahren über 260 Millionen Franken für Hagelschäden an Fahrzeugen und Gebäuden bezahlt. Hagel entsteht bei instabilen Wetterlagen. In den unteren Luftschichten muss feuchtwarme, in den oberen Luftschichten kalte Luft liegen, und es müssen starke Aufwinde herrschen. Entscheidend ist ebenfalls das Vorhandensein von Staubpartikeln, um die sich beim Aufsteigen der warmen Luft Wassertropfen bilden können. Beim Abkühlen in den oberen, kälteren Luftschichten gefrieren diese kleinen Tröpfchen und fallen in wärmere Luftschichten zurück. Die Thermik trägt sie wieder hoch, und durch erneutes Anlagern von Eis wachsen so die Körnchen, werden grösser und schwerer. Ist der Punkt erreicht, wo die Masse grösser ist als die Auftriebskraft der Thermik, fallen die Hagelkör- Weil Hagel von Sensoren am Boden kaum erfasst werden kann und ein automatisches Messnetz an den Hagel-Hotspots erst im Aufbau ist, gehen die Forscher neue Wege und beziehen die Bevölkerung mit ein: Ab sofort können Herr und Frau Schweizer über die Smartphone-App der Mobiliar Hagelbeobachtungen melden und somit einen Beitrag an die Hagelforschung leisten. Pilotversuch für Warnung E I S B I L D E T S IC H U M S T A UB K Ö R N E R ner auf die Erde. Damit an Fahrzeugblechteilen sichtbare Schäden entstehen, sind laut der Mobiliar Hagelkörner in der Grösse von Baumnüssen nötig. Die Intensität der Beschädigungen hängt zusätzlich davon ab, ob der Hagel «trocken» fällt oder zusammen mit Regen; entscheidend ist auch, ob die Körner hart oder weich gefroren sind. sum Nasskaltes Wetter: Jungstörche leiden Herrscht Ende Mai/Anfang Juni eine feuchtkalte Periode, sterben viele Jungstörche. So sind im Zoo Zürich bereits sechs junge Störche gestorben, und weitere könnten folgen, wenn das nasskalte Wetter anhält. Im schlimmsten Fall gibt es ein grosses Sterben in den Storchennestern. Nicht für alle Storchenküken ist das Wetter allerdings gefährlich. Sind sie noch ganz klein, können die Eltern sie vollständig decken – «hudern» heisst das in der Fachsprache. Hat der Nachwuchs allerdings eine gewisse Grösse, geht das nicht mehr. Vor zwei Jahren überlebte im Zoo von über 30 Küken ein einziges. Letztes Jahr dagegen, als zwar der Sommer verregnet, der Frühling aber warm und trocken war, kamen mehr als 30 durch. sda Jeder dritte Vogelart in Europa bedroht HA GEL VO RH E R S A G E : Eine neue Karte zeigt, wo es am meisten Schäden gibt Im Emmental hagelt es am häufigsten. Das besagt eine neue Karte zur Hagelwahrscheinlichkeit in der Schweiz. Hagelbeobachtungen aus der Bevölkerung sollen dazu beitragen, die Forschung weiter zu verbessern. Ist das Wetter etwas zu warm oder zu kalt, kann das viel gefährlicher für die Gesundheit sein als Extrem-Temperaturen. Kälte ist dabei für etwa 20 Mal mehr Todesfälle verantwortlich als Wärme. Das hat eine Studie ergeben, bei der Forscher 74 Mio. Todesfälle zwischen 1985 und 2012 in 13 Staaten quer über den Erdball ausgewertet haben. Kälte war laut der Studie für 7,29 Prozent aller Todesfälle verantwortlich, Wärme nur für 0,42 Prozent. Aber: Extreme Temperaturen, egal ob eisige Kälte oder grosse Hitze, waren nur für relativ wenige Todesfälle verantwortlich. Die meisten wetterbedingten Todesfälle ereigneten sich an mässig heissen und vor allem an etwas zu kalten Tagen. sda Im Sommer führen das Mobiliar Lab und MeteoSchweiz ausserdem einen Pilotversuch für eine kurzfristige Hagelwarnung durch. An der Studie nehmen mehrere hundert Personen teil, die jeweils kurz vor einem erwarteten Hagelschlag eine Warnung per SMS erhalten. Die Probanden melden danach, ob es tatsächlich gehagelt hat, was den Forschern ermöglicht, die Qualität der Warnungen zu verifizieren. sum In Europa ist laut dem Umweltbericht der EU-Kommission und der Europäischen Umweltagentur fast jede dritte Vogelart vom Aussterben bedroht oder steht auf der Warnliste. Darunter sind auch die früher weit verbreitete Feldlerche und die Uferschnepfe. Allerdings gibt es auch Erfolge beim Artenschutz von Vögeln. So ist die Zahl der Bartgeier und Weisskopfruderenten in den letzten Jahren gestiegen. Viele Arten leiden darunter, dass ihre Lebensräume schwinden. Die grössten Bedrohungen sehen die Experten in der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung, im intensiven Fischfang und im Trockenlegen von Flächen. Laut EU-Bericht sind 77 Prozent der geschützten Lebensräume für Tiere und Pflanzen in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. sda D: Emmer wird Mangelware Alte Getreidearten wie Einkorn, Emmer und Dinkel erfreuen sich in Deutschland immer grösserer Beliebtheit. Die Nachfrage wächst rasant, in den letzten Jahren gab es Versorgungslücken. Im Nahen Osten hat man Einkorn und Emmer bereits vor über 10 000 Jahren angebaut. Emmer galt als wichtigste Getreidekultur im alten Ägypten. Etwas jünger dürfte der Dinkel sein. Er war die wichtigste Getreideart der Alemannen in Süd-Deutschland, Österreich und der Schweiz im 12. bis 19. Jahrhundert. sum
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