Musik Abi ofarim in seiner Schwabinger Wohnung. Täglich spielt er zwei Stunden Gitarre „Ich glaube an meine Wiedergeburt“ abi ofarim startet seine Karriere mit 70 noch einmal – und beichtet sein Leben in BUNTE N atürlich ist es ein Liebeslied. Gewidmet der Frau, die er, der nie und nirgendwo etwas anbrennen ließ, mehr liebte als alles auf der Welt: Es ist eine Hymne an seine Mutter. Wenn er sie singt, kann jeder sehen und hören, was er fühlt: „Es schnürt mir mein Herz zusammen und treibt mir die Tränen in die Augen“, sagt Abi Ofarim. Die Fans halten ihm dann ihre Feuerzeuge entgegen und singen mit: „Mama, Mama, das Leben ist schwer, du gabst mir alles, ich wollte mehr.“ Ofarim wird am 5. Oktober 70. Zusammen mit seiner Frau Esther war er ein Weltstar. 59 Goldene Schallplatten, Hits wie „Cinderella Rockefella“ und „Morning Of My Life“, Auftritte rund um den Globus in größten Hallen, Empfang bei der Queen, wilde 4 8 BUNTE 14 | 2007 Drogennächte mit den Beatles, ein Monat U-Haft wegen Drogenmissbrauchs. Vor 25 Jahren die Läuterung, er schreibt ein Buch: „Der Preis der wilden Jahre“. Seine Beichte: „Als ich merkte, dass ich abhängig war, da war es bereits zu spät. Ich saß in einem Lift, der ungebremst abwärts sauste. Ich habe alles verloren, was ich hatte, meine Freunde und mich selbst dazu.“ Es war still geworden um ihn, und doch nicht ganz: Sohn Gil wurde Teenie-Idol, gründete mit Bruder Tal die Band Zoo Army. Abi machte sie groß, im vergangenen November wurden sie Newcomer-Band des Jahres. „Und jetzt“, sagt ihr Vater, „brauchen die beiden keine Nanny mehr. Jetzt geht es um mich.“ Gil sagt: „Mein Vater hat mehr Leben, als eine Katze je haben wird. Mit unserem Soundingenieur Spike und Jack White wird er ein Riesen-Comeback haben.“ „Comeback“, grummelt Abi und wirft seine alttestamentarische Mähne zurück. „Wenn ich dieses Wort schon höre! Ausgediente Boxer wie Axel Schulz und Henry Maske können tausendmal von Comeback reden. Ich nenne es Wiedergeburt, glaube an den Erfolg.“ Gil: „Du hast dank Slim City 20 Kilo abgenommen, du rauchst nicht mehr, trinkst Säfte, bist fit wie eine Muckibude, joggst durch den Englischen Garten, bist wieder frei.“ Abi: „Aber Frauen finden momentan vor allem in meinen Träumen statt“ – bis auf eine. Jack White, der Abi Ofarims „Mama“-Song zum Muttertag auf seinem Plattenlabel White Records herausbringt, schwärmt von der magischen Stimme, die wieder das alte Charisma hat: „Abi ist nach wie vor ein Superstar. Sein Leben, seine Stimme, sein Song emotionalisieren mich.“ Abi hat grünen Tee aufgegossen. Er reckt den Kopf nach oben, schließt die Augen, verschränkt die Arme. Er nimmt mich mit auf seine Fahrt durch Himmel und Hölle. „Mein Vater“, sagt er, „hat sich mit der Pistole erschossen. Bis dahin war ich sein Brüderchen. Und er das meine. Er schob mir ältere Frauen zu, ich ihm jüngere. Gemeinsam Abi Ofarim nimmt sich eine Gitarre. Er singt kifften wir. Leider trank er zu viel. Als er sich das „Mama“-Lied: „Mir war so eng, ich wollte erschoss, nahm ich wie in Trance seinen Re- raus, frei sein von zu Haus. Ich flog zu hoch volver in die Hand. Ich war blutverschmiert. ins Sternenland, hab mir die Flügel verbrannt. Die Polizei wollte mich verhaften. Man hielt Der Preis war hart, ich hab bezahlt ...“ mich für den Vatermörder. Doch dann fanden Vor ein paar Wochen war Ofarim, der seit sie seinen Abschiedsbrief: ‚Tue niemals im sieben Jahren den deutschen Pass hat, in Leben, was ich getan habe.‘“ seiner Heimat Israel. 40 Grad Fieber hatte Ofarim sagt, dass er tatsächlich nie an er. Doch die TV-Liveshow ließ er nicht Selbstmord gedacht habe: „Was ich machte, platzen. Er sang „Mama“ auf Hebräisch und war viel schlimmer. Selbstmord auf „die Leute heulten“. Am nächsten Raten. Alles, was es an Drogen gab.“ Esthers Welt Tag gab er der größten Zeitung Alles? „Ja, absolut alles. Bisher waren „Jediot Achronot“ ein Interview. habe ich die schlimmste aller Eine Coverstory über drei Seiten. Champagner Drogen immer verschwiegen. Doch Natürlich musste er alles über und Kaviar – jetzt, wo ich noch einmal so richtig Esther erzählen. Aber er hat keidurchstarten will, bekenne ich: Ja, meine Wodka nen Kontakt mehr zu ihr. Sie lebt ich habe sogar zweimal Heroin und Drogen in zweiter Ehe in Hamburg. Vor gespritzt.“ einigen Jahren gab es ein MillioWarum dieses späte Bekenntnis? nen-Angebot für ein Comeback „Meine Mutter hat mir eingetrichtert: des Duos. Esther verlangte zu viel Drei Dinge treibt es im Wasser immer wieder für sich, sagt Abi: „Aber vielleicht war ihre an die Oberfläche – Öl, Scheiße und Lügen.“ Forderung deswegen so hoch, weil sie einfach Fast zwei Jahre tourte ein geläuterter Abi Schiss hatte, mit mir auf der Bühne zu stehen.“ Ofarim durch europäische Therapiehäuser, Abi lehnte ab. sang seinen Antidrogen-Song, den Nr.-1-Hit Wenn er über sie spricht, klingt das un„Much Too Much“. Und er diskutierte mit terkühlt. Ihre Welt sei Champagner und den Jugendlichen: „Ich war ja einer von denen. Kaviar gewesen, seine Wodka und Drogen. Sie glaubten mir.“ Er habe sie gemacht: „Inklusive Kleopatra- Look.“ Und selbstverständlich habe er die Rolle der Skandalnudel übernommen. Er war Täter, sie das Opfer. Das ist seine Sicht. „Und natürlich habe nicht ich in den 60erJahren einen berühmten TV-Produ-zenten mit ‚Scheißdeutscher‘ beschimpft, sondern sie. Aber ich habe es auf meine Kappe genommen.“ Es hagelte böse Schlagzeilen. Dass er ihr wehgetan hat mit all seinen Affären, verschweigt er nicht. Abi meint: „Eine enge Beziehung hatte ich mit Marianne Koch, die sich damals gerade von ihrem Mann Gerhard Freund getrennt hatte, der sie wegen Petra Schürmann verließ. Sie hatte wohl jemanden gebraucht und ich war zufällig da, um sie zu trösten.“ Seine große Liebe aber hieß Iris Berben. Sie war 19, als er sie seiner Mutter in Israel vorstellte. Er hatte sie einen hebräischen Satz gelehrt, den sie zur Begrüßung sagen sollte: „Schalom, Frau Reichstadt, jesch li dachat katan.“ Abis Mutter schoss die Röte ins Gesicht, dann packte sie sich ihren Sohn: „Du Nichtsnutz, was hast du deiner süßen deutschen Freundin beigebracht?“ Der Satz lautet übersetzt: „Schalom, ich habe einen kleinen Hintern.“ Ofarim erzählt von rauschhaften Trips mit der Berben. So erinnert er sich. „Und 6 14 | 2007 BUNTE 4 9 Fotos: ulli skoruppa/bunte, dpa Abi und Esther Ofarim – in den 60er-Jahren waren sie Weltstars Abi Ofarim Ofarim vor einer Posterwand seines Wohnzimmers: er mit den Söhnen Tal (l.) und Gil seiner Wohnung mit Tüchern verhüllte, weil er sich schämte für das, was er da sah. Heute sieht er eine „durch Höhen und Tiefen gezeichnete Visage, aber sie lebt. Denn eigentlich müsste ich aussehen wie Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards. Oder tot sein wie all die anderen, die sich zu früh in den Rockhimmel geschossen haben, wie Janis Joplin, Brian Jones, Jim Morrison oder Jimi Hendrix.“ Jimi war sein Gott. Und sein Freund. „Dein schwarzer Kumpel kommt hier nicht rein“, brüllte der Türsteher einer Berliner Disco Abi Ofarim im Sommer 1970 an. In Jimis „Hilton“Suite gab’s dann eine Spezialparty. Am nächsten Tag erzählte Jimi dem Freund, wie sehr er darunter gelitten habe, dass seine minderjährige Mutter ihn als Baby weggegeben hatte. Hendrix starb wenig später mit 27 Jahren. Folge seines exzessiven Lebens. Gil kommt ins Zimmer, während Abi wieder sein „Mama“-Lied singt: „Ich war besser sind als zu seiner Drogenzeit: „Ich für dich, Mama, kein Mustersohn, ein Kind laufe auf Hochtouren.“ der Rebellion. Wie viele Scherben nahmst Königin Elizabeth von England hat sich du in Kauf? Wie viele Steine fingst du auf?“ 1968 mal drei Minuten mit ihm unterhalten, Der Sohn sagt: „Papa, du lebst. Ich bin mehr als mit allen anderen Promis an diesem stolz auf dich.“ Abend. Die Nacht davor hatte er mit John Der Vater: „Zweimal war ich klinisch tot. Lennon geschnupft. Die Queen fragte: Jetzt bin ich wieder Musik. Ich möchte wieder „Haben Sie beim Militär gedient?“ „Ja“, ant- dahin kommen, wo ich hingehöre. Wie hoch wortete Abi Ofarim, „ich hoffe, Sie auch, das ist, sollen die Leute entscheiden.“ Majestät!“ Die Queen war very amused. Seine Mutter Zelda war eins von 15 Kindern aus der Ehe des Rabbiners Die Söhne Gil und Tal wollten Gil, sein früher oft von ihrem Vater wissen, Moise Weinschel mit einer Zigeunerin, die er zur Jüdin machte. An warum er fast in der Drogenhölle erfolgreicher dem Tag, als seine Mutter vor zehn verbrannt wäre. „Weil ich ein Idiot Sohn, sagt: war“, sagt er dann, „großkotzig „Papa, du Jahren starb, hatte Abi Ofarim abends einen Auftritt in der Stadtund unbelehrbar. Weil ich dachte, lebst, ich bin die Drogen im Griff zu haben.“ stolz auf dich“ halle von Wasserburg. Erst wollte er den platzen lassen. Aber dann Die Söhne sind clean, waren dachte er an Mamas Worte, dass ein es immer. Das Bild ihres Vaters gab ihnen zu denken und auch sein Mann in der Familie auch dann schonungsloses Buch „Much Too Much“. arbeiten muss, wenn das Schicksal unbarmKürzlich hat der Vater ihnen die zynische herzig zugeschlagen hat. Er hat dann „Mama“ Kritik einer seriösen Zeitung gezeigt: „Auf gesungen und mit den Fans geweint. Am nächsten Tag ist er nach Israel gefloder Bühne war auch ein alter Indianer. Früher bekannt als Abi Ofarim.“ gen. Als ältester Sohn musste er die geliebte „Stimmt“, sagt der Vater, „das waren die Mutter identifizieren: „Sie war mit einem Spuren des Drogensumpfes. Heute fühle ich entspannten Lächeln eingeschlafen. Wie eine mich wie Winnetou in jung.“ Mama, die immer an die Liebe glaubte.“ Paul Sahner Es war die Zeit, als er sämtliche Spiegel in „Ich laufe wieder auf Hochtouren“ 6 eines Tages schluckte sie eine Überdosis Schlaftabletten und wieder war ich der Bösewicht.“ Mag sein, dass Ofarim sich als Schutzschild eine gewisse Larmoyanz zugelegt hat. Gern schlüpft er auch in die Rolle des edlen Ritters, der alle Schuld der Welt auf sich lädt. Auch seine vor drei Monaten beendete Lovestory mit dem schönen Ex-Model Jessica kommentiert er verständnisvoll: „Ich mag sie noch immer, aber sie verlangte zu viel. Das fraß meine Energie. Ich denke, dass Jessica ohne mich glücklicher ist.“ Er habe Millionen verprasst, sagt er, fange wieder bei Null an. Er hat Autos verschenkt, zuletzt einen Jaguar. Einem Typen, der sich als sein Freund aufspielte, drückte er den Schlüssel in die Hand: „Gib Gas und lass dich nie wieder blicken.“ Ein paar Dutzend Gitarren sind so ziemlich alles, was ihm geblieben ist. Er greift sich eine. Phrasiert mit der Inbrunst eines Straßenmusikanten jedes Wort: „Schatz geh nach Haus.“ Auch so ein Uralt-Hit von ihm. Ein Schenkelklopfer. Er singt ihn auf Sächsisch. „Weißt du, wie ein russisch-ungarisches Herz tickt“, fragt er plötzlich und macht es vor: „Tick, tock, tock, tock, tick, oooh, oooh, oooh, tock, tick.“ Er sagt, dass seine Herzrhythmusstörungen viel Der Kleine Abi mit der geliebten Mutter, der er sein schönstes Lied widmete 5 0 Abi mit Freundin Iris Berben, damals 20 Abi & Esther 1968 bei der Queen: Drei Minuten sprach sie mit ihnen n Fotos: erwin schneider/schneider-press (1), ulli skoruppa/bunte (1), topfoto musik
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