MeinungFront und Debatte 11.06.12 Seite12 1 / Teil 01 14.01.16 // Nr. 133 10 //Seite # ! NZZ AG BÖRSEN Vermögensverwalter UND MÄRKTE Externe Frankreich als Vorbild für die Schweiz Investoren wetten auf Lockerungen Investoren in den USA bringen sich zurzeit in Position, um von einer weiteren quantitativen geldpolitischen Lockerung zu profitieren. Seite 21 Gastkommentar von SYLVESTRE TANDEAU DE MARSAC und RAOUL WÜRGLER Auf dem Finanzplatz Schweiz spielen die externen Vermögensverwalter (EVV) eine wichtige Rolle. Sie verwalten rund 600 Milliarden Franken, also etwas mehr als 10 Prozent der insgesamt hierzulande betreuten Vermögen. Leider sieht das gegenwärtige Aufsichtsrecht für diese wichtigen Spieler keinen angemessenen aufsichtsrechtlichen Status vor. Die EVV sind die einzigen Finanzintermediäre, die nicht einer Aufsicht durch eine staatliche Behörde unterstehen, wie das auf anderen Finanzplätzen üblich ist. Viele der international tätigen EVV bedauern dies, denn es fehlt der Status als regulierter Finanzintermediär, was ihr Geschäft mit ausländischen Kunden, privaten und institutionellen Anlegern, unnötig erschwert. Das neue Finanzdienstleistungsgesetz soll in diesem Punkt willkommene Verbesserung bringen. Darauf lässt zumindest die Botschaft des Bundesrates vom November schliessen, die die Schaffung einer unabhängigen, der Finanzmarktaufsicht (Finma) unterstellten Aufsichtsorganisation nahelegt. Bei dem neuen Modell hat Frankreich Pate gestanden. Bereits 2003 schuf die dortige nationale Gesetzgebung (loi sur la sécurité financière) ein spezielles Regime für die Finanzberater, das auch nach der Umsetzung der Anleger-Richtlinie Mifid ab dem Jahr 2007 beibehalten wurde. Im Gegensatz zu den Anlageberatern unter Mifid unterstehen die französischen Finanzberater einer Ausnahmeregelung und somit einer indirekten staatlichen Aufsicht. Gewährleistet wird diese über eine Berufsorganisation mit Anschlusspflicht, die Mindestanforderungen bezüglich Haftpflicht, Fachkenntnissen und Leumund stellt. Die Organisation ist privatrechtlich organisiert und von der staatlichen Finanzmarktaufsicht, Autorité des marchés financiers, anerkannt. Sie ist verantwortlich für die Einhaltung der Mindestvorgaben bei ihren Mitgliedern. Sie unterstützt diese beispielsweise bei der Ausbildung und dem Erfahrungsaustausch. Für die Durchsetzung von Sanktionen in einem Streitfall ist dann die Autorité des marchés financiers alleine zuständig. Dieses französische Modell zeichnet einen interessanten Kompromiss zwischen einer alleinigen Selbstregulierung, wie sie derzeit in der Schweiz besteht, der aber die internationale Anerkennung fehlt, und einer rein staatlichen Aufsicht. So werden den beaufsichtigten Finanzintermediären klare Vorgaben bezüglich ihrer internen Abläufe und Organisation gemacht. Die Aufsichtsorganisation kann Prozesse und Standards selbständig definieren, die im Rahmen der gesetzlich verankerten Mindestanforderungen der spezifischen Situation des jeweiligen Finanzberaters und von dessen Geschäftsmodell entsprechen. Das nun in der Schweiz zur Anwendung vorgeschlagene Modell fusst somit auf international bereits angewandten Strukturen – wie auch die Referenz der Botschaft auf die amerikanische privatrechtlich strukturierte und staatlich instituierte Aufsichtsbehörde Finra unterstreicht. Es stärkt so die Bemühungen der Schweiz, ihrem aufsichtsrechtlichen Rahmen zur Anerkennung der Gleichwertigkeit der EVV zu verhelfen. Dadurch, dass auch externe Vermögensverwalter in die Aufsichtsstruktur eingebunden werden, antwortet das Modell auf das Anliegen, das die Finma bereits 2010 und 2012 geäussert hatte, nämlich alle Kontaktpunkte zwischen Finanzdienstleister und Anleger einer staatlichen Aufsicht zu unterstellen. Die neu zu bildende Aufsichtsorganisation ist weder der verlängerte Arm der staatlichen Finma noch eine unabhängige, nach eigenen Regeln funktionierende Organisation der Selbstregulierung wie bis anhin. Sie ist eine Instanz, die, getreu dem schweizerischen Prinzip der dualen Aufsicht, von der staatlichen Aufsichtsbehörde delegierte Aufgaben als privatrechtlich organisierte Struktur wahrnimmt. In diesem Sinne ist das vorgeschlagene System nichts mehr als die Übernahme der im Bankensektor bekannten Aufsichtsstruktur auf ein Segment der Finanzintermediation, das bis anhin eben weder staatliche Aufsicht noch die damit einhergehenden Privilegien geniessen konnte. Als privatrechtlich organisierte Struktur hat die Organisation weiter die Möglichkeit, ihren Mitgliedern sogenannte «shared services» anzubieten. Gewisse dieser Infrastrukturdienste wie Transaktionsabwicklung, Verwahrung oder Dokumentenverwaltung könnten künftig auf gemeinsamer Basis erbracht werden. Auch kann die Organisation als Branchenverband die koordinierte Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen und sie bei der Umsetzung neuer gesetzlicher Vorgaben unterstützen. Offenbar ist der Bundesrat bereit, in diesem spezifischen, seit langer Zeit kontrovers diskutierten Thema eine Brücke zu schlagen zwischen schweizerischer Eigenheit und internationaler Kompatibilität. Im Hinblick auf die erhoffte internationale Anerkennung ist dieser Ansatz zu unterstützen. Sylvestre Tandeau de Marsac, Fischer Tandeau de Marsac Sûr, avocats, Paris, und Raoul Oliver Würgler, Verband der Auslandsbanken in der Schweiz.
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