eu-weite allergeninformationspflicht

EU-WEITE ALLERGENINFORMATIONSPFLICHT
Für Österreichische Gastwirte
Herausforderung für die Gastronomie zum Schutz der Kunden
Stichtag ist der 13. Dezember 2014: ab diesem Datum gilt die Informationspflicht über 14
Hauptallergene laut Anhang II der EU-Informationsverordnung Nr. 1169/2011 nun auch für so
genannte „lose Ware“. Darunter fallen alle Gerichte und Speisen, die in Gastbetrieben an
Endverbraucher verabreicht werden.
Was für allergische Gäste eine große Erleichterung in der Auswahl Ihrer Mahlzeiten bedeutet, lässt
unsere Gastwirte laut aufstöhnen. Bedeutet diese Neuerung in der LMIV
(Lebensmittelinformationsverordnung) auf den ersten Blick einen zusätzlichen Aufwand im
Arbeitsalltag. Wichtig ist aus der Sicht des betroffenen Kunden in jedem Fall, dass die Kennzeichnung
korrekt, eindeutig, übersichtlich und gut verständlich gestaltet ist. Dennoch trägt die Verantwortung
über Auswahl und Entscheidung für den Verzehr einer Speise in einem öffentlichen Gastbetrieb
immer der Kunde selbst.
Nicht alles was am Teller Probleme bereitet, ist auch eine Allergie
Fast ein Drittel der Bevölkerung vermutet in Allergien die Ursache für verschiedenste Beschwerden.
Dabei leiden lediglich geschätzte 4-8 % der Kinder und 2-4 % der Erwachsenen unter einer echten
Lebensmittelallergie. Von Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit) ist ca. 1 % der Bevölkerung betroffen.
Tatsächlich steckt meist eine Intoleranz gegen Milchzucker (Laktoseintoleranz), Fruchtzucker
(Fruktose-Malabsorption) und/oder Histamin hinter den mit der „Allergie“ assoziierten, oft
unspezifischen Symptomen.
Allergie versus Lebensmittelunverträglichkeit
Eine Allergie wird durch eine Abwehrreaktion des Körpers ausgelöst: der Organismus stuft ein an sich
harmloses Nahrungseiweiß fälschlicherweise als „gefährlich“ ein. Er bildet Antikörper dagegen. Eine
erneute Aufnahme des Allergens ruft eine Überreaktion des Immunsystems hervor. Symptome
reichen von Hautrötungen und –schwellungen bis hin zum sehr selten auftretenden
anaphylaktischen Schock (Totalversagen des Herz-Kreislauf-Systems) mit möglicher Todesfolge.
Betroffene legen großen Wert darauf, zuverlässig über enthaltene Allergene informiert zu werden,
denn das konsequente Meiden der auslösenden Allergene in der Ernährung ist oft die einzige
wirksame Therapie.
Lebensmittelintoleranzen (Unverträglichkeiten) basieren meist auf einem Defekt im Stoffwechsel
ohne Beteiligung des Immunsystems. Häufig kommt es durch Fehlernährung zu einer Störung im
Verdauungstrakt (Magenbeschwerden, Blähungen, Druckschmerz, Durchfälle). Kleine Mengen
unverträglicher Substanzen werden meist problemlos vertragen und sind für den Betroffenen
weitgehend „ungefährlich“.
14 Hauptallergene werden derzeit für 90 % der Allergien verantwortlich gemacht, dazu zählen
glutenhaltiges Getreide, Krebstiere, Eier, Fisch, Sellerie, Senf, Sesam, Erdnüsse, Sojabohnen, Milch,
Schalenfrüchte wie Haselnüsse, Schwefeldioxid und Sulfite, Lupinen (werden als Sojaersatz
verwendet und kommen in glutenfreien Nahrungsmitteln vor) und Weichtiere wie Muscheln. Eine
Kennzeichnung ist nicht erforderlich, wenn sich die Bezeichnung auf die betreffende Zutat bezieht.
Beispiel: Eierspeise enthält offensichtlich Eier, die somit nicht kennzeichnungspflichtig sind.
Bildmaterialquelle: www.kroesswang.at/service/veranstaltungen/archiv-2012/kennzeichnung-in-der-gastronomie.html
Verpflichtende Angaben für den Gastwirt
Laut LMIV 1169/2011, Kapitel IV, Artikel 9, Pkt. 1 c) sind folgende Angaben verpflichtend:
alle in Anhang II aufgeführten Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe sowie Zutaten und
Verarbeitungshilfsstoffe, die Derivate eines in Anhang II aufgeführten Stoffes oder Erzeugnisses sind,
die bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet werden und gegebenenfalls in veränderter Form - im Enderzeugnis vorhanden sind und die Allergien und
Unverträglichkeiten auslösen.
Möglichkeiten der Informationsweitergabe
Grundsätzlich muss die Information dem Gast beim Zeitpunkt der Bestellung verfügbar sein:
a) Im Falle der schriftlichen Information ist diese beispielsweise auf einem Schild auf dem
Lebensmittel (z.B. bei Kuchenvitrine), oder in dessen Nähe in einem Aushang, in Speise- oder
Getränkekarten oder Preisverzeichnissen oder in elektronischer Form bereit zu stellen. Hierzu
können auch Abkürzungen oder Symbole verwendet werden, wenn diese in unmittelbarer Nähe
aufgeschlüsselt werden. Die Information ist nicht erforderlich, wenn sich die Bezeichnung des
Lebensmittels eindeutig auf die betreffende Zutat bezieht oder die Präsentation des Lebensmittels
auf das Vorhandensein dieser Zutat schließen lässt.
b) Wird die Allergeninformation durch den Gastwirt/die Gastwirtin oder deren Personal mündlich
erteilt, ist an einer gut sichtbaren Stelle deutlich und gut lesbar darauf hinzuweisen, z. B. mittels
Aushang oder in der Speisekarte etwa mit den Worten "Unsere Servicepersonal
informiert Sie über allergene Zutaten in unseren Speisen". Bei einer mündlichen
Informationsübermittlung ist eine Schulung verpflichtend. Näheres siehe Link des BMG anbei.
Der Link des BMG dazu ist:
https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/codex/beschluesse/Kennzeichnung_LL
,_AIV.pdf?4guxnd
und zur schriftlichen Information:
https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/codex/beschluesse/Kennzeichnung_E
mpfehlung_schriftliche_Allergeninformation_Ok.pdf?4kps94
und zur Personalschulung:
https://www.verbrauchergesundheit.gv.at/lebensmittel/buch/codex/beschluesse/Kennzeichnung_LL
,_AIV_Personalschulung.pdf?4guxnd
Linktipp für Symbolik: http://www.allergen-symbolik.de/materialien)
Wer darf Allergeninformationen an Kunden und Gäste mündlich weitergeben?
Eine oder mehrere Personen müssen im Betrieb bestimmt werden, die Anfragen im Sinne der
Allergeninformation beantworten können. Es muss sichergestellt sein, dass während der gesamten
Öffnungszeiten des Gastbetriebes zumindest eine geschulte Person verfügbar ist, sodass Auskunft
auf Allergenanfragen jederzeit erteilt werden kann.
Eine entsprechende Schulung von mindestens einer Person im Betrieb muss innerhalb des ersten
Jahres nach Inkrafttreten der Verordnung nachweisbar sein. Schulungsanbieter in Österreich sind
AGES, Gastronomiefachverbände, WIFI – weitere Informationen sind unter www.wko.at zu finden.
Jeder Gastgewerbetreibende darf Schulungen für seine Mitarbeiter selbst durchführen.
Voraussetzungen dafür sind:
- Verfügen über entsprechendes Fachwissen
- Nachweis über vermittelte Schulungsinhalte
- eigener Schulungsnachweis sowie Nachschulungen alle 3 Jahre für jene Personen, die für die
Behandlung der Anfragen von Gästen zur Allergeninformation bestimmt wurden
Wissen ums Genießen
Damit Allergiker das Essen genießen können, hier einige hilfreiche Fragen für die Kennzeichnungsumsetzung in der Praxis:
 Welche Vorprodukte setze ich ein, habe ich die Hauptallergene entsprechend dem
Zutatenverzeichnis berücksichtigt, liegen Herstellerinformationen lückenlos vor?
 Liegen aktuelle Spezifikationen loser, nicht verpackter Lebensmittel vor?
 Habe ich schriftliche Informationen über die Hauptallergene in allen verwendeten
Lebensmitteln
 Welche Rezeptzutaten verwende ich?
 Womit schmecke ich ab?
 Was verwende ich zum Verfeinern und Binden von Saucen?
 Womit dekoriere/garniere ich meine Speisen?
 Werden Überproduktionen in andere Gerichte verarbeitet?
Bildquelle: https://passthrough.fwnotify.net/download/262469/https://www.nestleprofessional.de/Media/200111291638581992056109/35/NP_Nutripro_Allergien_Folder.pdf
Trotz größter Sorgfalt kann es zu unbeabsichtigten Verunreinigungen mit allergenen Stoffen
kommen. Diese zu minimieren kann durch achtsamen Umgang in der Reinigung, Lagerung,
Zubereitung und dem Servieren erreicht werden.
Nicht vermeidbare (unbeabsichtigte, aber mögliche) Kreuzkontakte können in einer freiwilligen
Spurenkennzeichnung angegeben werden. Ein Hinweis dafür könnte wie folgt lauten:
„Da in unserem Betrieb bzw. unseren Lieferanten auch allergene Zutaten verarbeitet werden, kann
ein Übergang von Spuren dieser Stoffe nicht völlig ausgeschlossen werden.“
Produkte mit der Deklaration „ohne deklarationspflichtige Allergene“ (odA) sind nicht allergenfrei,
geben dem Gastwirt aber die Sicherheit, dass sich aus der Verwendung dieser Lebensmittel keine
Notwendigkeit der Kennzeichnung der Hauptallergene ergibt.
FAZIT
Die EU-Informationsverordnung Nr. 1169/2011 schlägt bereits lange vor ihrem Inkrafttreten hohe
Wellen. Der Gesetzgeber erwartet von Gastwirten, Restaurantbetreibern, Hüttenwirten etc.
lückenlose Kennzeichnung aller angebotenen Speisen und Getränke. Auch Hausspezialitäten mit
generationenlang gehüteten „Geheimrezepturen“ müssen nun offenbart werden. Ein Mehraufwand
ist nicht von der Hand zu weisen.
Sieht man jedoch diese neue Regelung als Chance für die Gastronomie, bewusster im Einkauf von
Rohstoffen umzugehen, vermehrt auf Frischekonsum zu achten, regionalen und saisonalen
Produkten den Vorzug zu geben sowie einfache und natürliche Zubereitungsformen ohne
Geschmacksverstärker zu wählen, so könnte durch diese Neuerung im Lebensmittelrecht ein großer
Gewinn für beide Seiten sein: für ein gesundheitsorientiertes Image der Gastronomie und für den
zufriedenen Kunden und Gast.
Für den Inhalt verantwortlich:
Karin Ratschiller, Diätologin & Gesundheitsmoderatorin
Ernährungscoaching Tirol
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