Schwerpunktthema Bild: Archiv Boiselle Manfred Weber Zuchtziel ist die Erhaltung und Züchtung eines leichten bis mittelschweren Kaltblutpferdes. Erwünscht sind die Farben Fuchs bis Dunkelfuchs mit hellem Langhaar (Braune, Rappen und Schimmel sollen als Kulturgut erhalten werden) sowie mit korrektem, trockenem Fundament und raumgreifenden Bewegungen. Angestrebt wird eine besondere Veranlagung für das Ziehen und Fahren, sowie das Reiten im Freizeitbereich. Neben der Schönheit und dem Adel wird auf Umgänglichkeit, Gutmütigkeit und ruhiges, ausgeglichenes Temperament, Robustheit, Fruchtbarkeit und Langlebigkeit besonderer Wert gelegt. Blond/inen bevorzugt - Das Schwarzwälder Kaltblut Betreuung einer vom Aussterben bedrohten einheimischen Pferderasse Die über lange Zeiträume entstandene Nutztierrasse ist eine kulturhistorische Leistung unserer Vorfahren, die es als wertvolles Kulturerbe zu erhalten gilt. Historische Entwicklung Über die Entstehung des Schwarzwälder Kaltblutpferdes, Kleinod der baden-württembergischen Pferdezucht, lassen sich nur Vermutungen anstellen. Die Wurzeln reichen Jahrhunderte zurück. Mit der Gründung der ersten Schwarzwälder Pferdezuchtgenossenschaft im Jahr 1896 beginnt die organisierte Zucht mit dem Ziel, den „Schwarzwälder Fuchs“ in seiner ursprünglichen Art zu erhalten und weiterzuentwickeln. Hauptzuchtgebiet der St. Märgener Füchse, wie das Schwarzwälder Kaltblut auch gerne bezeichnet wird, war der südliche Schwarzwald mit den angrenzenden Re- 12 gionen. Die zu Beginn der organisierten Zucht existierende Stutengrundlage zeichnete sich durch große Heterogenität hinsichtlich Genealogie, Kaliber und Farbe aus. Im weiteren Verlauf wurde vermehrt auf bodenständige Hengste gesetzt. 1925 wurde die Hengsthaltung durch die Zuchtgenossenschaft übernommen. Bis 1947 war der Stutenbestand auf über 1.200 Stuten und rund 50 Hengste angewachsen. Durch die Technisierung der Land- und Forstwirtschaft war ein rapider Rückgang der Population von 1.234 eingetragenen Stuten im Jahr 1947 auf Landinfo 5 | 2014 Schwerpunktthema den absoluten Tiefststand von 159 Stuten im Jahr 1977 zu verzeichnen. Der Schwarzwälder Fuchs war massiv vom Aussterben bedroht. Ein hoher Verwandtschaftsgrad der Zuchttiere, aber auch die Ausprägung eines einheitlichen trockenen Wäldertyps waren die Folge. Maßnahmen zur Erhaltung und Konsolidierung Erste Maßnahmen zur Erhaltung der Rasse wurden mit dem Einsatz von Norikerhengsten (1961 und 1970) durch das Haupt- und Landgestüt Marbach eingeleitet. Im Jahre 1976 begannen die ersten staatlichen Fördermaßnahmen zur Erhaltung der Rasse. Neben der Gewährung von staatlichen Zuchterhaltungsprämien für Stuten und Fohlenaufzuchtprämien waren die staatliche Hengsthaltung und Hengstfohlenaufzucht im Haupt- und Landgestüt die entscheidenden Maßnahmen für die Erhaltung der Rasse, neben der Treue der Schwarzwälder Bauern zu ihrem Pferd. In den 1980er Jahren entwickelte sich mit dem Einsatz von Freibergerhengsten ein Einkreuzungsprogramm mit dem Ziel der Verringerung der Inzucht auf der männlichen Seite und der Erweiterung der Hengstlinien. Das Schwarzwälder Kaltblutpferd hat sich seit dieser Zeit als Imageträger für Baden-Württemberg über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht und somit öffentliches Interesse geweckt. Die deutlich gestiegene Nachfrage aus dem Freizeitsport nach Schwarzwälder Kaltblutpferden des ausdrucksvollen, trockenen und bewegungsstarken Typs trug zur weiteren Konsolidierung der Rasse bis Anfang der 1990er Jahre bei. Mit der Förderung gefährdeter Haustierrassen erfolgt weiterhin eine finanzielle Unterstützung der Schwarzwälder Züchter in Baden-Württemberg durch das Land. sprungszuchtbuches vom Pferdezuchtverband Baden-Württemberg für das Schwarzwälder Kaltblut aufgestellt und Zuchtziel, Rassestandard und Zuchtprogramm definiert. Abbildung 1 Entwicklung des Stutenbestandes beim Schwarzwälder Kaltblut seit 1974 Bei der Erarbeitung und Durchführung des Zuchtprogramms sind dem Pferdezuchtverband Baden-Württemberg nachfolgende Kriterien besonders wichtig: Rasseerhaltung als dynamischer Prozess Schließung des Zuchtbuchs und Definition der Ursprungsgrundsätze für die Schwarzwälder Füchse Ausrichtung des Zuchtziels an den Erfordernissen des Marktes und der Nachfrage, jedoch Erhaltung der rassetypischen Eigenschaften Durchführung von Leistungsprüfungen für Hengste und Stuten und Berücksichtigung bei der Selektion und deren Ausrichtung an den Bedürfnissen des Marktes Weiterhin staatliche und private Hengsthaltung, jedoch Sicherung der Nachhaltigkeit Abbildung 2 Hengstbestandes in der Schwarzwälder Kaltblutaufzucht ab 1974 Weiterentwicklung der Rasse und der Zuchtprogramme Der Pferdezuchtverband Baden-Württemberg führt auf die Grundlage der Richtlinie 90/427/ EWG vom 26. Juni 1990 zur Festlegung der tierzüchterischen und genealogischen Vorschriften das Ursprungszuchtbuch für die Rasse des Schwarzwälder Kaltblutes. Das Zuchtbuch wurde im Jahre 2001 geschlossen. Auf Grundlage der o.g. EU-Richtlinie wurden die vom Gesetzgeber geforderten Grundsätze für die Führung des Ur- Landinfo 5 | 2014 13 Schwerpunktthema Helles Langhaar ist erwünscht Bild: M. Schreiner Einsatz der künstlichen Besamung und Anlage einer Tiefgefriersamenreserve jeder Hengstlinie Vermeidung weiterer Inzucht und Erhaltung der Braunen, Schimmel und Rappen, den besonderen Farbschlägen des Schwarzwälder Kaltbluts, als Kulturgut Darstellung der Zuchtprogramme und der züchterischen Arbeit über geeignete Veranstaltungen Zusammenarbeit mit den traditionellen Herkunftsregionen des Schwarzwälder Fuchses und touristischen Einrichtungen in den Schwarzwaldgemeinden Erhalt des Gebrauchsmusterschutzes für das Brandzeichen der „Tanne“ und damit Vermarktung des „Exklusiven und Besonderen“ Zu Jahresbeginn 2014 waren im Zuchtbuch des Pferdezuchtverbandes Baden-Württemberg 681 Stuten und 38 Hengste eingetragen. In den letzten Jahren gingen die Bedeckungen um ca. ein Drittel auf 300 gedeckte Stuten zurück, ca. 200 Fohlen werden im Jahr registriert. Hengste sechs verschiedener Linien stehen den Züchtern heute zur Verfügung. Raumgreifende Bewegungen sind ein Zuchtziel Bild: Archiv Boiselle Manfred Weber Kompetenzzentrum PFERD BadenWürttemberg Tel. 07385/ 96902-22 [email protected] 14 Das Haupt- und Landgestüt Marbach unterstützt die Erhaltung der Schwarzwälder Kaltblutzucht durch den Ankauf und die Aufzucht herausragender Hengstfohlen und durch die Bereitstellung gekörter und leistungsgeprüfter Deckhengste. Die Leistungsprüfungen sind neben der Zuchtwertschätzung und der Selektion tragende Säulen eines jeden Zuchtprogramms. Sie müssen sich deshalb am Zuchtziel, dieses wiederum an den Erfordernissen des Marktes orientieren. Neben der Leistung in der Land- und Forstwirtschaft sind diese Prüfungen heute mehr auf die Verwendung in der Freizeit, besonders im Fahren ausgerichtet. Dabei ist besonderes Augenmerk auf einen guten Charakter sowie auf hohe Leistungsbereitschaft und Arbeitswilligkeit zu richten. Zwei Drittel der Stuten sind bereits leistungsgeprüft. Seit 2014 werden die Leistungsprüfungen für alle Kaltblutrassen nach einheitlichen Regeln durchgeführt. Bei den staatlich geförderten Stutenschauen in Baden-Württemberg können seit 1995 nur noch Stuten mit abgelegter Leistungsprüfung vorgestellt werden und Staatspreise erhalten. Die Vergabe der Staatsprämie ist ebenfalls an eine Leistungsprüfung gekoppelt. Für Hengstmütter ist die Eintragung im Stutbuch 1 und eine Leistungsprüfung mit einer Note von mindestens 7,0 verpflichtend. Die Beschickung der mittlerweile fest etablierten Verkaufsschauen ist gut, jedoch ist das Angebot künftig stärker auf die gestiegene Nachfrage nach Fahr- und Reitpferden im Freizeitbereich auszurichten. Neben regionalen Veranstaltungen mit vorwiegend einheimischem Publikum wurde auch inter-nationales Interesse am Schwarzwälder Fuchs geweckt, was Pferdeverkäufe ins benachbarte Ausland und nach USA, Kanada und Australien belegen. Überaus attraktiv für alle Freunde des Schwarzwälder Kaltblutpferdes ist das alle drei Jahre stattfindende Rossfest in St. Märgen - das nächste Mal Anfang September 2016. Ausblick Die Schwarzwälder Kaltblutzucht scheint auch in Zukunft gesichert. Die Rasse hat sich konsolidiert. Der deutliche Aufwärtstrend der letzten Jahre flacht allerdings ab. Erste Ansatzpunkte für eine gezielte Selektion der Hengste und der Hengstmütter auf der Grundlage der Leistungsprüfungsergebnisse sind gesetzt. Das Augenmerk muss auch weiterhin in der Zucht auf der gezielten Selektion und im Verkauf auf die Ausbildung und Vorstellung von marktgerechten Schwarzwälder Kaltblutpferden gerichtet werden. Der Zuchtversuch ist abgeschlossen, eine weitere Hereinnahme von Fremdgenen zur Verringerung der Inzucht muss möglich bleiben. Maßnahmen zur Erhaltung der braunen, schimmel- und rappfarbenen Schwarzwälder Kaltblutpferde als Kulturgut sind eingeleitet. Die bundesweite Betreuung der Schwarzwälder Kaltblutzüchter ist ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Literatur BRODAUF, W.: „Matriarchat in der Schwarzwälder Zucht“ - Festschriften zum Tag des Schwarzwälder Pferdes 1992 und 1989 BMVL: Tiergenetische Ressourcen, nationales Fachprogramm FREY, O. Baden-Württembergs Pferde BUSSEMER, N: „Die Situation der Schwarzwälder Kaltblutzucht in Baden-Württemberg an der Jahreswende 1995/1996 - Festschrift 1996 SCHRÖDER, S.: Analyse der Population des Schwarzwälder Kaltblutpferdes, Diplomarbeit Universität Kassel 2002 WEBER, M:Entwicklung der Schwarzwälder Kaltblutzucht seit 1947 - Festschrift zum 23. Tag des Schwarzwälder Pferdes 2001 Landinfo 5 | 2014
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