1/13 Hitchcock 1 Vorhang auf für die erste see it! in Retrospektive! In diesem Jahr wollen wir Ihnen ein paar Filmklassiker zeigen und Filmschaffende vorstellen, die die Filmgeschichte nachhaltig geprägt haben. Natürlich gibt es diese Filme auch immer mal wieder im Fernsehen zu sehen, aber wir sind der Meinung, dass sie unbedingt ins Kino gehören. Wir laden Sie herzlich dazu ein, den ein oder anderen Meilenstein mit uns wiederzuentdecken. see it! in cinema. 2 Inhalt 2 Editorial 4 Über Hitchcock 8 Das Fenster zum Hof 12 Der unsichtbare Dritte 16 Psycho 18 Termine 19 Impressum Retrospektiven 3 Alfred Joseph Hitchcock wurde 1899 in Leytonstone bei London geboren. Sein erster Job beim Film war in den frühen Zwanziger Jahren der eines Zeichners von Zwischentiteln (die Filme waren ja noch stumm) in einer Londoner Niederlassung von Paramount. Schnell mischte der gelernte technische Zeichner sich in andere Bereiche des Filmemachens ein, entwarf Bauten, Dekors, Kostüme und machte mit Überarbeitungen von Drehbüchern auf sich aufmerksam. Dabei führ te ihn die Arbeit als Regieassistent auch nach Deutschland, wo er Friedrich Wilhelm Murnau kennenlernte, der gerade mit „Der letzte Mann“ (1924) den deutschen Expressionismus revolutionier te – ein wichtiger Einfluss, wie Hitchcock später immer wieder betonte. Zurück in England wurde der aufstrebende Filmemacher 1925/26 mit ersten Regiearbeiten betraut, zwei expressionistischen Melodramen, die den Geldgebern dann doch zu ungewöhnlich wirkten, um sie auszuwer ten. Sie kamen erst ins Kino, nachdem Hitchcock 1927 mit dem Krimi „The Lodger“ (Der Mieter) zu seinem Thema gefunden und einen massiven Erfolg hingelegt hatte. Von da an gab es jährlich mindestens einen neuen Film von ihm in den Kinos. Hitchcock wurde als Hoffnungsträger für den britischen Film gehandelt und realisier te 1929 mit „Blackmail“ (Erpressung) den ersten britischen Tonfilm. Aufgewachsen im und geprägt vom Stummfilm verschloss Hitchcock sich zwar nicht den neuen Möglichkeiten, sah in ihnen aber auch eine Gefahr : „Die Stummfilme waren die reinste Form des Kinos. Das einzige, was den Stummfilmen fehlte, waren die Stimmen 4 Retrospektiven 5 der Leute auf der Leinwand und die Geräusche. Aber diese Unvollkommenheit rechtfertigte nicht die große Veränderung, die der Ton mit sich brachte. Ich will damit sagen, dem Stummfilm fehlte sehr wenig, nur der natürliche Ton. Man hätte deshalb die Technik des reinen Kinos nicht aufzugeben brauchen, wie man das mit dem Tonfilm getan hat.“ In den Jahren 1934 bis 1938, der Zeit seiner sog. „englischen Klassiker“, feier te Hitchcock mit Filmen wie „The 39 Steps“ (Die 39 Stufen) und „Sabotage“ große internationale Erfolge und ging 1939 auf Einladung des einflussreichen Produzenten David O. Selznick nach Hollywood. Er perfektionier te seine Konzepte von Suspense und Melodrama (Hitchcock-Filme sind nie nur Krimis) und experimentier te mit Beschränkungen, wie etwa in „Lifeboat“ (Rettungsboot, 1944), dessen gesamte Handlung sich auf einem Boot mitten im Ozean abspielt, oder „Rope“ (Cocktail für eine Leiche, 1948), der vollständig ohne Schnitt auskommt. Immer wieder kam es zu Streitigkeiten mit den wechselnden, weit weniger experimentierfreudigen Geldgebern, bis er Mitte der Fünfziger Jahre wieder bei Paramount anheuer te, mit der er bei vollständiger künstlerischer Freiheit seine größten Kassenschlager produzier te (z.B. „Rear Window“ / Das Fenster zum Hof, 1954, und „The Man Who Knew Too Much“ / Der Mann, der zuviel wusste, 1956). Daneben begegnete er der wachsenden Bedrohung durch das Fernsehen, das sich seit Anfang der Fünfziger etablier te, mit einer eigenen Fernsehshow („Alfred Hitchcock Presents“, ab 1955), 6 in der er eigens hierfür produzier te einstündige Krimis präsentier te. Mit dem Team dieser Show stellte er 1960 den Low-Budget-Horrorfilm „Psycho“ her, der seinen Ruhm und Einfluss endgültig besiegelte. Ihm folgte ein weiterer Horrorfilm, „The Birds“ (Die Vögel, 1963), in dem Hitchcock sich noch einmal eingehend mit dem Ton beschäftigte (er schrieb ein eigenes zusätzliches Tondrehbuch), bevor sein Œvre sich mit „Marnie“ (1964) dem Ende entgegen neigte. Sein Spätwerk zog sich noch bis Mitte der Siebziger : Noch im Alter von 76 Jahren drehte der Altmeister einen letzten Film („Family Plot“ [Familiengrab], 1976), bevor er 1980 im Alter von 79 Jahren an Nierenversagen starb. Noch kurz vor seinem Tod wurde Alfred Hitchcock, der trotz allem nie einen Oscar gewonnen hatte, in den britischen Adelsstand erhoben und vom American Film Institute für sein Lebenswerk geehr t. Ein Thema, das ihn lebenslang umtrieb, war der Untergang des Kinos durch den Tonfilm: „In den meisten Filmen ist sehr wenig Kino. Ich nenne das ‚Fotografien von redenden Leuten‘. Wenn man im Kino eine Geschichte erzählt, sollte man nur den Dialog verwenden, wenn es anders nicht geht. Es ist bedauerlich, dass das Kino mit Aufkommen des Tonfilms in einer theaterhaften Form erstarrt ist. Die Folge ist das Verschwinden des filmischen Stils und auch ein Schwund an Phantasie. Wenn man einen Film schreibt, kommt es darauf an, den Dialog und die visuellen Elemente säuberlich zu trennen und, wann immer es möglich ist, dem Visuellen den Vorrang zu geben.“ (Hitchcock) Retrospektiven 7 DAS FENSTER ZUM HOF (REAR WINDOW, 1954) Der Fotorepor ter L. B. „Jeff“ Jeffries (James Stewar t) ist durch ein gebrochenes Bein außer Gefecht gesetzt. Dazu verdammt, die Tage im Rollstuhl in seiner Wohnung zu verbringen, ver treibt er sich die Zeit damit, vom Fenster aus seine Nachbarn im Haus gegenüber zu beobachten. Bis er glaubt, dabei zufällig Zeuge eines Mordes geworden zu sein. Gemeinsam mit seiner Verlobten Lisa (Grace Kelly) und der Krankenpflegerin Stella schmiedet er einen Plan, um den vermeintlichen Täter zu überführen. „Das Fenster zum Hof“, nach einer Kurzgeschichte des viel verfilmten Cornell Woolrich, war für Alfred Hitchcock der Auftakt zu seiner kommerziell erfolgreichsten Phase. Ihm gelingt hier nicht nur ein äußerst spannender klaustrophobischer Krimi, der gerade durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit seinen Reiz erhält, sondern auch eine kluge Reflexion über das Kino: Vor dem voyeuristischen Blick nicht nur des Fotografen, sondern auch des Filmemachers und seines Zuschauers entfaltet er ein wahres Panoptikum menschlichen Lebens und Liebens: in den Fenstern der (Lein-) Wand gegenüber. USA 1954 // 112 Min. // FSK 12 // Mit James Stewart, Grace Kelly // Paramount Pictures 22. 3. // ca. 17 Uhr 24. 3. // ca. 12 Uhr 26. 3. // ca. 20 Uhr 8 Retrospektiven 9 „Suspense [s s pens, englisch ‚Spannung‘, ‚Schwebe‘] Spannung, die aus dem Wissen des Zuschauers resultiert, der mehr weiß als die (unwissende) Hauptfigur des Films und im Gegensatz zu dieser ahnt, was gleich geschehen wird.“ e (Brockhaus) 10 Retrospektiven 7 Der unsichtbare Dritte (North by northwest, 1959) Der brave Werbefachmann Roger O. Thornhill (Cary Grant) wird vom KGB irr tümlich für einen Agenten der Spionageabwehr gehalten und entkommt nur knapp einem Mordanschlag. Als er Nachforschungen anstellt, gerät er selbst unter Mordverdacht und muss zudem feststellen, dass es den Mann, für den er gehalten wird, nie gegeben hat. Eine atemlose Flucht quer durch die USA (Richtung: Nord/Nordwest) beginnt. Einzig eine schöne blonde Zufallsbekanntschaft aus dem Zug (Eva Marie Saint) scheint ihm helfen zu wollen. Mindestens zwei Szenen dieses letzten und vielleicht unterhaltsamsten Films aus Hitchcocks ‚goldener Ära‘ haben sich auf ewig als Ikonen der Filmgeschichte eingebrannt: Der Showdown auf den Köpfen des Mount Rushmore und der auf freiem Feld von einem Doppeldecker gejagte Cary Grant, der nicht zufällig kurz darauf die Hauptrolle im ersten James Bond angeboten bekam: „Der unsichtbare Dritte“ gilt als Blaupause des modernen Actionfilms. 130 Minuten rasantes Abenteuerkino in großen Kinobildern. USA 1959 // 131 Min. // FSK 12 // Mit Cary Grant, Eva Marie Saint // Metro-Goldwyn-Mayer 29. 3. // ca. 17 Uhr 31. 3. & 1. 4. // ca. 12 Uhr 2. 4. // ca. 20 Uhr 12 Retrospektiven 13 „Ich wollte mich gegen die Schablone stellen. Ein Mann kommt an einen Ort, wo er wahrscheinlich umgebracht wird. Wie wird das im Allgemeinen gemacht? Eine finstere Nacht an einer engen Kreuzung in einer Stadt. Das Opfer steht im Lichtkegel einer Laterne. Das Pflaster ist noch feucht vom letzten Regen. Großaufnahme einer schwarzen Katze, die eine Mauer entlang streicht. Eine Einstellung von einem Fenster, hinter dem schemenhaft das Gesicht eines Mannes auftaucht, der nach draußen blickt. Langsam nähert sich eine schwarze Limousine, und so weiter. Ich habe mich gefragt, was das genaue Gegenteil einer solchen Szene wäre. Eine völlig verlassene Ebene in hellem Sonnenschein, keine Musik, keine schwarze Katze, kein geheimnisvolles Gesicht hinterm Fenster.“ (Hitchcock) 14 Retrospektiven 7 PSYCHO (PSYCHO, 1960) Die Sekretärin Marion Crane (Janet Leigh) stiehlt ihrem Chef 40.000 Dollar, um sich mit ihrem Geliebten ein besseres Leben leisten zu können. Von Gewissensbissen geplagt und strömendem Regen überrascht kehr t sie auf der Flucht in einem kleinen abgelegenen Motel ein, geführ t von einem schüchternen jungen Mann, der noch bei seiner Mutter lebt (Anthony Perkins). Als sie noch in derselben Nacht ermordet wird und kurz darauf auch der ermittelnde Polizist spurlos verschwindet, nimmt ihre Schwester die Untersuchung auf. Einer der berühmtesten Filme aller Zeiten war eine unglaublich erfolgreiche Low-Budget-Produktion und ein Wendepunkt in Hitchcocks Werk: Nie zuvor hatte er einen Horrorfilm gemacht (und auch nur mit „Die Vögel“ machte er einen weiteren) und erfand bei dem Versuch kurzerhand die Regeln neu. Kein Vampir oder Zombie ist es, der hier das Publikum zum Schreien bringt, sondern erstmals, nach realem Vorbild eines Psychokillers das ungleich größere Monstrum Mensch. Die anfängliche Krimihandlung führ t den Zuschauer nur aufs Glatteis, der einzige Star stirbt nach dem ersten Drittel und erst hier beginnt die eigentliche Geschichte. Die Geschichte von Norman Bates. USA 1960 // 109 Min. // FSK 12 // Mit Anthony Perkins, Vera Miles // Shamley Productions 15. & 16. 3. // ca. 22 Uhr 19.3. // ca. 20 Uhr 16 Retrospektiven 17 Impressum Psycho Freitag, 15. & Samstag, 16. 3., in der Spätvorstellung (im Anschluss an „Hitchcock“) Dienstag, 19.3. ca. 20 Uhr Das Fenster zum Hof Freitag, 22. 3., ca. 17 Uhr Sonntag, 24. 3., in der Matinée Dienstag, 26.3., ca. 20 Uhr Der unsichtbare Dritte Freitag, 29.3., ca. 17 Uhr Sonntag, 31. 3. & Montag, 1. 4., in der Matinée (Ostern) Dienstag, 2.4., ca. 20 Uhr Die genauen Spielzeiten entnehmen Sie bitte unserem aktuellen Wochenspielplan. Besuchen Sie uns auch im Internet unter www.cinemawupper tal.de oder rufen Sie uns an: 0202 - 260 43 10. Lichtblick Cinema GmbH Geschäftsführer : Mustafa El Mesaoudi Berliner Str. 88 42275 Wupper tal www.cinemawupper tal.de 0202 - 260 43 10 Texte: Daniel Bäldle Gestaltung & Illustrationen: IG.FORM // Markus Draxler & Talitha Müller (www.igform.de) Sämtliche Hitchcock-Zitate entstammen dem Interview „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ von Francois Truffaut 1962, deutsche Übersetzung von Frieda Graefe und Enno Patalas 1966, erschienen im Heyne Verlag München. Mit freundlicher Unterstützung produzier t durch die Druckerei Wir freuen uns auf Sie! 18 Retrospektiven 19
© Copyright 2024 ExpyDoc