LÜFTUNG Monoschacht: Ein Kamin für 1000 Schweine Moderne Lüftungssysteme für Schweineställe sollten möglichst wenig Strom verbrauchen und wartungsarm sein. Kommt der ostdeutsche Monoschacht wieder in Mode? D ie Stalllüftung gehört zu den größten „Stromfressern“ in der Schweinehaltung. Deshalb lohnt sich der Einsatz Energie sparender Techniken hier besonders. Bei Zwangslüftungen setzt man deshalb auf verbauchsarme Ventilatoren und effiziente Regelungen. Alternativ kommen aber auch immer häufiger Systeme zum Einsatz, bei denen die natürliche Schwerkraftlüftung bei Bedarf durch zusätzliche Ventilatoren unterstützt wird. Ein bisher wenig bekanntes Beispiel dafür ist der noch aus DDR-Zeiten stammende Monoschacht. Technisch nachgerüstet kann das System durchaus auch für moderne Stallungen interessant sein. zum Einsatz. Bis 1990 wurden knapp 300 ostdeutsche Stallanlagen mit Monoschächten ausgerüstet, darunter auch 70 bis 80 Schweineställe. „Als reine Schwerkraftlüftung funktioniert der Monoschacht jedoch nur an 200 Tagen im Jahr wirklich zuverlässig“, gibt Lüftungsexperte Thomas Heiden- reich von der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft zu bedenken. An warmen Tagen in der Übergangszeit ist der Lüftungseffekt dagegen häufig unzureichend. Und im Hochsommer herrscht oftmals dicke Luft im Stall, weil der Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen nicht ausreicht, um die für MONOSCHACHT 3,30 6,00 REGELKLAPPEN 3 LÜFTER 0,80 ZULUFT STAHLSTÜTZEN 3,00 FUTTERGANG FUTTERGANG GÜLLE 1,00 12,75 2,00 1,40 2,00 2,00 1,40 2,00 Nur ein Abluftkamin pro Großraumabteil Bei der Monoschacht-Lüftung gelangt die Frischluft wahlweise über Fenster, Traufklappen oder Rieselkanäle in den Stall. Dort erwärmt sie sich, steigt auf und wird über den Abluftkamin wieder nach draußen geleitet. Das Ungewöhnliche am Monoschacht ist jedoch, dass diese Schwerkraftlüftung pro Abteil bzw. Stall mit nur einem einzigen Abluftschacht auskommt – selbst bei Großraumabteilen mit bis zu 1000 Plätzen! Das technisch sehr einfache Lüftungssystem wurde in den 50er Jahren in Estland entwickelt. Ab Mitte der 70er Jahre kam es dann auch in der DDR häufiger S 22 top agrar 1/2003 FENSTER TROG 96,00 TROG MONOSCHACHT 2,00 SPALTEN FUTTERGANG 3,00 SPALTEN 2,50 FUTTERGANG Die Monoschacht-Lüftung kommt mit einem einzigen Abluftkamin pro Großraumabteil aus. Im Schacht befinden sich Regelklappen, um den Luftstrom im Winter zu drosseln. An heißen Tagen springen zusätzlich Lüfter an. Zeichnung: Thiemeyer S C H W E I N Die 3,30 m über den First ragenden Monoschächte in Deutschenbora sind bereits von weitem deutlich erkennbar. Für Stallleiter Nitzsche sind die niedrigen Betriebskosten ein wichtiger Vorteil. die Schwerkraftlüftung nötige Thermik entstehen zu lassen. Nach der Wende einige Monoschächte nachgerüstet „Nach der Wende haben wir deshalb nach einer praktikablen Lösung gesucht, um die vorhandenen Monoschächte nachzurüsten. Die Lüftung sollte ganzjährig sicher funktionieren und gleichzeitig die in der DIN 19810 geforderten Mindestluftraten gewährleisten“, erinnert sich Thomas Heidenreich. Die vorhandenen Monoschacht-Anlagen wurden dazu mit einer intelligenten Steuerung versehen und die Abluftschächte zusätzlich mit Ventilatoren ausgerüstet. Deren Aufgabe ist es, die natürliche Ventilation an heißen Tagen zu unterstützen. Eine der ersten Monoschacht-Systeme, die auf diese Weise nachgerüstet wurde, befindet sich in der sächsischen Agrargenossenschaft Deutschenbora in unmittelbarer Nähe des Autobahndreiecks Nossen. Die Anlage verfügt über 5 400 Mastplätze, aufgeteilt auf sechs Großraumställe mit je 900 Plätzen. Jeder Stall ist 96 m lang und 12,75 m breit. Im Innern teilen sich die Ställe (siehe Übersicht) in vier jeweils 2 m breite Buchtenreihen auf, die von zwei jeweils 1,40 m breiten Futtergängen unterbrochen werden. „Unser Ziel war es, den nach der Wende erforderlichen Umbau so kostengünstig wie möglich durchzuführen. Neben der feucht-krümeligen Fütterung mit mobilen Futterwagen haben wir in vier Ställen deshalb auch an der Monoschacht-Lüftung festgehalten. Denn die Schächte wurden erst Mitte der 80er Jahre installiert und waren voll funktionsfähig“, erinnert sich Stallleiter Hans-Peter Nitzsche. Lediglich in zwei Ställen entschied man sich für den Einbau einer Unterdrucklüftung. Die Maße der in Deutschenbora installierten Monoschächte sind beachtlich. Denn um bei 900 Mastschweinen pro Abteil die erforderliche Sommerluftrate von 126 m3 Luft je Tier und Stunde realisieren zu können, sind entsprechende Lüftungsquerschnitte erforderlich. Jeder Monoschacht ist deshalb 2 m breit, 3 m lang und 6 m hoch, davon 3,30 m über First. „Inklusive des Stalles erreicht der Schacht damit eine Gesamthöhe von knapp 10 m. Er bringt die Abluft dadurch in stärker durchwirbelte Luftschichten, wo sie besser verteilt wird“, erläutert Heidenreich die Vorteile. Die Seitenwände der Abluftschächte bestehen aus Alu-kaschierten PU- Schaumplatten. Dennoch lassen sich Lüfterkamine dieser Größenordnung aufgrund ihres hohen Eigengewichts nicht in die Deckenkonstruktion einhängen. Sie stehen stattdessen auf einer separaten Stahlkonstruktion, für die eine eigene Statik erforderlich ist. In jedem Monoschacht befinden sich fünf Stellklappen aus Kunststoff, um die Luftströmung im Winter zu bremsen. Um auch im Sommer die nötige Luftrate zu erreichen, wurden in jeden Schacht nachträglich drei frei laufende SichelradVentilatoren mit je 0,90 m Durchmesser eingebaut. „Die Wahl fiel auf Sichelradventilatoren, weil sie geräuschärmer und Strom sparender arbeiten als herkömmliche Lüfter vergleichbarer Leistung“, begründet Thomas Heidenreich. Die Lüfter schalten sich nur bei Bedarf zu Die komplette Steuerung der Ventilatoren, der Drosselklappen im Monoschacht und der Fenster-Zuluftöffnungen übernimmt seit dem Umbau ein Lüftungscomputer. „So lange es geht, nutzen wir zunächst ausschließlich die Schwerkraftlüftung,“ erläutert Stallleiter Nitzsche das Funktionsprinzip. Steigt die Stalltemperatur über 18 °C, öffnen sich die Drosselklappen immer weiter, um den Luftdurchsatz zu erhöhen. Reicht dies nicht aus, schalten sich ab 23 °C kaskadenweise die Lüfter zu. Als erstes wird ein stufenlos regelbarer Etavent-Ventilator aktiviert. Ist dessen Leistungsfähigkeit ausgeschöpft, folgen nacheinander der zweite und der dritte top agrar 1/2003 S 23 LÜFTUNG S C H W E I N Lüftungsexperte Thomas Heidenreich hat umfangreiche Vergleichsmessungen durchgeführt und dabei festgestellt: „Die Luftqualität in Monoschacht-Abteilen ist häufig besser als in Anlagen mit einer herkömmlichen Zwangslüftung.“ Fotos: Heil, Lehnert Lüfter, die jedoch beide nur unter Volllast betrieben werden können. Ab 26 °C laufen alle Ventilatoren auf voller Leistung. Keine Zugluft unter dem Abluftschacht „Inzwischen haben die umgerüsteten Monoschächte in der Mastanlage Deutschenbora den dritten Sommer mit Bravour gemeistert. Das Stallklima ist sogar besser als in manchen nach DIN ausgerüsteten, konventionell gelüfteten Ställen“, zieht Heidenreich zufrieden Bilanz. In einem vergleichenden Versuch mit zwei zwangsbelüfteten Ställen konnte der Berater in punkto Schadgaskonzentration keinen Unterschied festgestellen: Im Sommer lag die NH3-Konzentration bei allen drei Varianten unter 5 ppm (parts per million). Und selbst bei Minimalluftrate im Winter blieb der durchschnittliche Wert unter 20 ppm. Und auch die Tierleistungen in Deutschenbora geben keinen Anlass zum Meckern. „Mit durchschnittlich 700 g Tageszunahmen, 1,2 bis 1,5 % Verlusten und 0,15 bis 0,18 E Medikamentenkosten je produziertem Mastschwein liegen wir beim überbetrieblichen Vergleich klar im oberen Mittelfeld“, erklärt Hans-Peter Nitzsche nicht ohne Stolz. Auch in den Buchten, die sich direkt unter dem Monoschacht befinden, ließen sich bislang keine Leistungseinbußen oder vermehrte Gesundheitsprobleme feststellen. „Obwohl wir im Schacht eine gewaltige Luftströmung haben, kommt es im Tierbereich dennoch nicht zu Zuglufterscheinungen“, erläutert Berater Heidenreich, „denn der Schacht saugt S 24 top agrar 1/2003 nur Luft aus der 50 cm-Schicht unterhalb der Decke an.“ Interessant ist auch, dass es in den groß dimensionierten Lüftungsschacht (2 x 3 m) nur selten hereinregnet oder -schneit, obwohl er nicht abgedeckt ist. Denn die Regentropfen und Schneeflocken werden von der aufsteigenden Abluftfahne beiseite gedrückt. Nur bei stärkeren Gewittern kommt es mitunter vor, dass etwas Regen an den Innenwänden des Monoschachtes heruntertropft. Das überzeugenste Argument für den Betrieb der Monoschächte sind jedoch die geringen Stromkosten. „Durch den Einbau der Sichellüfter sind die Monoschächte zwar funktionssicherer geworden, die Stromkosten haben sich aber kaum erhöht“, konnte Stallleiter Nitzsche beobachten. „Das liegt zum einen an der geringen Lüfter-Anschlussleistung, die rund ein Drittel niedriger ist als in konventionell gelüfteten Schweineställen“, begründet Berater Heidenreich. Denn in Deutschenbora wurden für 900 Plätze nur 2,8 kW Lüfterleistung installiert. Bei reiner Zwangslüftung wären 4,5 kW erforderlich gewesen. Außerdem laufen die Lüfter hier ohnehin nur die halbe Zeit im Jahr. „Unter dem Strich verbrauchen wir in den Monoschachtställen nur 26 % der Strommenge, die wir bei gleicher Abteilgröße für die Zwangsbelüftung aufwenden müssen“, hat Heidenreich durch Messungen nachgewiesen. Pro Mastplatz ergibt sich dadurch eine Stromkostenersparnis von 1,30 bis 1,40 E. „Bei einem Neubau würden wir uns deshalb immer wieder für die Installation von Monoschächten entscheiden“, lässt Hans-Peter Nitzsche keinen Zweifel auf- kommen. „Von den Investitionskosten her ist der Monoschacht zwar nicht günstiger als herkömmliche Zwangslüftungssysteme. Denn bei Kaminen dieser Größenordnung ist immer eine solide Unterkonstruktion mit eigener Statik erforderlich. Die laufenden Kosten sind jedoch geringer, und die Schwerkraftlüftung ist nicht so wartungsintensiv. Außerdem funktioniert sie auch bei Stromausfall.“ Außerdem ist der Monoschacht ablufttechnisch günstiger. Denn bei einem herkömmlich klimatisierten Stall vergleichbarer Größe würden auf dem Dach mindestens neun Abluftschächte stehen. Hier hat man dagegen nur eine Austragsquelle, und das Lüftungssystem arbeitet darüber hinaus deutlich leiser. „Trotz aller Vorteile, sind die Vorbehalte bauwilliger Schweinehalter gegenüber dem Monoschacht noch groß“, muss Berater Heidenreich immer wieder feststellen. Dabei würde sich das Lüftungssystem seiner Meinung nach durchaus auch für westdeutsche Ställe eignen. Unter Umständen ließen sich die Schächte dort sogar in die Deckenkonstruktion einhängen und wären dadurch kostengünstiger. Denn für die kleineren westdeutschen Abteile reichen auch kleinere Schächte vollkommen aus. Beispiel: Für ein 200er Mastabteil wäre bei gleicher Schachthöhe, denn die ist für die Funktion entscheidend, eine Abluftfläche von 1,3 m2 erforderlich. Und bei einem 400er Abteil wären es 2,7 m2. „Um eine optimale Frischluftverteilung zu erzielen, sollte der Stall aber im Idealfall nicht länger als 50 m und nicht breiter als 15 m sein“, rät Heidenreich. „Die 96 m langen Ställe in Deutschenbora sind da eher eine Ausnahme.“ Henning Lehnert Auf einen Blick U m Stromkosten zu sparen, werden in Schweineställen immer häufiger Kombilüftungen installiert, bei denen die Schwerkraftlüftung an heißen Tagen durch zusätzliche Lüfter unterstützt wird. Dazu zählt auch der geregelte Monoschacht, ein computergesteuertes Lüftungssystem, das mit einem einzigen Abluftschacht für bis zu 1000 Schweine auskommt. In punkto Baukosten ist der Monoschacht zwar nicht kostengünstiger als herkömmliche Zwangslüftungen. Der Stromverbrauch ist jedoch geringer, so dass sich pro Mastplatz und Jahr 1,30 bis 1,40 E variable Kosten einsparen lassen. Außerdem ist der Monoschacht nicht so wartungsintensiv und funktioniert auch bei Stromausfall.
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