Leichenfunde in Grenzgewässern und im - sed-opfer

Leichenfunde in Grenzgewässern und im „Niemandsland“
Buchseite 482/3
„Tagesmeldungen der DDR-Grenztruppen, der Ost-Berliner und Potsdamer Volks polizeien sowie der Westberliner Polizei dokumentieren zahlreiche Leichenfunde
in Grenzgewässern und im sogenannten Niemandsland auf der Westseite vor der
Mauer. Auch wenn im Fall von Wasserleichen Fund-und Todesort häufig nicht übereinstimmen, zumal dann, wenn zwischen dem Eintritt des Todes und der Bergung
längere Zeit verstrichen ist, besteht aufgrund des örtlichen Zusammenhangs zu
Grenze und Sperranlagen in diesen Fällen gr undsätzlich der Verdacht, dass es sich
um Opfer des DDR-Grenzregimes handeln könnte. Daher wurden alle Leichenfunde
in Grenzgewässern und im Grenzgebiet untersucht, die in Archiven und publi zierten Opferlisten ermittelt werden konnten. In einigen Fällen h at sich der Verdacht bestätigt, dass die Toten Flüchtlinge waren. In anderen Fällen hat sich hin gegen gezeigt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Eintritt des Todes
und dem DDR-Grenzregimes nicht besteht. So haben nachweislich sowohl Ost - als
auch West-Berliner in Gewässern im Zentrum und am Rande der Stadt Suizide be gangen oder tödliche Unfälle erlitten, die sich nicht auf Sperranlagen zurückführen
lassen“.
„Es gibt allerdings auch eine Reihe von Wasserfundleichen, in denen sich die Hintergründe nicht,
noch nicht oder nicht mehr hinreichend klären lassen. Hinzu kommen schließlich mehrere Fälle
von West-Berlinern, die tot im sogenannten Niemandsland aufgefunden wurden. Dieses, den
eigentlichen Sperranlagen vorgelagerte Terrain auf der West-Berliner Seite konnte von westlicher Seite zumeist ohne große Schwierigkeiten betreten werden. Insgesamt sind nicht weniger
als 53 Leichenfunde im „Niemandsland“ und in Grenzgewässern dokumentiert. Manche dieser
Fälle werden auf Opferlisten der „Arbeitsgemeinschaft 13.August“ und anderer Autoren genannt,
andere werden hier zum ersten Mal dargestellt. Zu zahlreichen Fällen konnte auf zeitgenössische Ermittlungsunterlagen sowie auf Vorermittlungs-und Ermittlungsakten aus den 1990er
Jahren zurückgegriffen werden. Wie diese Akten zeigen, handelt es sich zwar durchweg um
Gewaltakte, die in eine strafrechtliche Verfolgung mündeten. Dennoch haben die Mitarbeiter der
Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs-und Vereinigungskriminalität (ZERV) aufschlussreiche Ergebnisse zutage gefördert. Anfragen bei der BStU verliefen hingegen zumeist ohne
Erfolg“.
Wasserleichen in Berliner Grenzgewässern
Buchseite 483-486
„Aus einem Monatsbericht der Ost-Berliner Wasserschutzinspektion geht hervor, dass am
30.Jan.1979 ein Ost-Berliner namens Günter H. tot aus der Spree geborgen wurde. Der Mann war
seit dem Vorabend vermisst worden. Spuren deuteten darauf hin, dass er auf der Halbinsel
Stralau am Liegeplatz eines Eisbrechers ins Wasser gefallen war. Johannes T. wiederum war ein
74-jähriger Ost-Berliner, der im Stadtbezirk Treptow im Grenzgebiet wohnte, wo er am 18.Jan.
1975 in der Nähe der Kiefholzstrasse in einem Wassergraben tot aufgefunden wurde. Ein
Fluchtversuch ist in seinem Fall unwahrscheinlich, da er als Rentner die Möglichkeit hatte, nach
West-Berlin zu reisen.
Kurt H. wurde am 4.Nov.1967 im Westteil der Stadt aus dem Teltowkanal geborgen. Er war
West-Berliner und hatte, wie sich herausstellte, Blausäure getrunken, bevor er ins Wasser ging.
Am 7. August 1969 wurde Bernhard J. auch er ein Einwohner von Westberlin, durch die OstBerliner Wasserschutzinspektion in der Nähe des Kreuzbergers Gröbenufers tot aus der Spree
geborgen. Laut Ost-Berliner Sektionsbericht war der 34-jährige am selben Tag unter erheblichen
Alkoholeinfluss ertrunken. Auch Luise M. die am 16.April 1963 von DDR-Grenzsoldaten bei
Reinigungsarbeiten in einer am Teltowkanal errichteten Unterwassersperre zunächst als
unbekannte Wasserleiche entdeckt wurde, stammte aus West-Berlin. Sie soll Suizid begangen
-2haben. Ismet C. ein türkischer Staatsbürger, der in West-Berlin lebte, wollte offenbar wegen
seiner schweren Krankheit aus dem Leben scheiden, als er im Mai 1963 ins Wasser ging. In
einem anderen Fall wurde eine DDR-Bürgerin als unbekannte Wasserleiche am Westberliner
Ufer aus dem Niederneuendorfer See geborgen. Da die Tote einen Brief bei sich trug, konnte man
sie am 20.März 1966, als man sie fand, ihre Identität ermitteln. Gertrud W. geboren am 27.Juli
1899 in Königsberg wohnte zuletzt in Birkenwerder und wurde schon seit dem 9.Jan.1966
vermisst. Sie soll gegenüber ihren Sohn sich über Selbstmordabsichten geäußert haben, weil der
Mann sie verlassen hatte. Ein Fluchtversuch kann auch hier ausgeschlossen werden, weil sie
bereits im Rentenalter war und in den Westen fahren könnte. Ein polnischer total betrunkener
Binnenschiffer ertrank ebenfalls, ohne politische Hintergründe.
Während es sich in diesen Fällen und zahlreichen anderen Fällen nachweislich nicht um Opfer
des DDR-Grenzregime handelt, kann ein Zusammenhang in manchen Fällen weder ausgeschlossen noch nachgewiesen werden. Wasserleichen gaben und geben Behörden oftmals Rätsel
auf. Selbst wenn bei der Obduktion keine Anzeichen für ein Fremdverschulden festgestellt
werden, lässt sich im Nachhinein nicht immer klären, unter welchen Umständen jemand ins
Wasser gelangte und ob es sich um Suizid, einen Unfall oder ein Verbrechen handelt. So wurde
die Bergung einer Wasserleiche, die am 8.Juli 1965 unterhalb der Schillingbrücke in der Spree
gefunden wurde, seinerzeit auch auf West-Berliner registriert. Da es sich um stark verweste
Leichenteile gehandelt haben soll, stellten die West-Berliner Behörden sogleich einen Zusammenhang mit dem Tod des unbekannten Flüchtling her, der am 19. Jan. 1965 an eben dieser
Stelle ertrunken war. Bis heute kann dieser Verdacht weder bestätigt und ausgeräumt werden.
Auch Westberliner Behörden haben ihre Erkenntnisse über Wasserleichenfunde keineswegs
lückenlos überliefert. So gehört zu den bislang ungelösten Fällen auch eine unbekannte
Wasserleiche, die am 15.Sept. 1963 auf der West-Berliner Seite der Sektorengrenze aus dem
Landwehrkanal geborgen wurde.
Gerade wenn junge Leute plötzlich verschwanden und später in einem Grenzgewässer tot aufgefunden wurden, neigten sowohl Behörden als auch Angehörige zu der Annahme, sie könnten bei
Fluchtversuchen umgekommen sein. Der Verdacht dass Klaus D. am 18.Juli 1970 im Berliner
Stadbezirk Mitte tot aus der Spree geborgen wurde erhärtete sich bei den Eltern als Fluchtversuch. Auch im Fall des Todes des 20 Jahre alten Wilfried M. ist zweifellos ein Verdacht
gegeben, dass er bei einem Fluchtversuch ums Leben gekommen sein könnte. Denn als seine
Leiche am 30.Mai 1972 an der Elsenbrücke und somit ebenfalls in einiger Entfernung von der
Sektorengrenze, aus der Spree geborgen wurde, stand der Unteroffizier der DDR-Grenztruppen
wegen des Verdachts der Fahnenflucht bereits in Dauerfahndung. Wilfried gehörte dem OstBerliner Stadtbezirk Treptow stationierten Grenzregiment 33 an und hatte sich am Tag zuvor
unerlaubt von seiner Einheit entfernt. Wo er sich danach aufhielt und wie er zu Tode kam, liegt
bis heute im Dunkeln. Auch er stand unter erheblichen Alkoholeinfluss als er ertrank.
An der Elsenbrücke im Ost-Berliner Stadtbezirk Treptow wurde einem Bericht der Ost-Berliner
Wasserschutzinspektion zufolge am 17.März 1978 auch die Leiche von Thomas B. aus der Spree
geborgen. Der 20 Jährige Ost-Berliner galt seit Wochen als vermisst. Im Streit mit seinen Eltern
hatte er die Wohnung im angetrunkenen Zustand verlassen. Ob Thomas B. an jenem Abend
freiwillig aus dem Leben schied oder versuchen wollte, nach West-Berlin zu entfliehen, bleibt
ungewiss.
Ungeklärt ist auch das Schicksal der 18 Jahre alten Barbara B. aus dem Ostberliner Stadtbezirk
Mitte. Als die begabte Turmspringerin am Abend des 12. Jan. 1962 vom Training nicht nach
Hause kam, waren die Eltern besorgt und wollten ungehend Vermisstenanzeige erstatten. Die
Volkspolizei schöpfte hingegen den Verdacht, Barbara habe die DDR illegal verlassen. Viele
Wochen vergingen, bis endlich im April 1962 die Leiche aus der Spree, unweit der Sektorengrenze, geborgen wurde“.
-3Leichenfunde im „Niemandsland“
Buchseite 486-488
„Der West-Berliner Christian T. der an Depressionen gelitten haben soll, begab sich am 16.März
1982 am westlichen Stadtrand auf ein der Mauer vorgelagertes Stück „Niemandsland“, begoss
sich mit Spiritus und zündete sich an. Seine Selbsttötung erinnert zwar an Protestaktionen gegen
das kommunistsiche System; ob und inwieweit sein Tod jedoch politisch motiviert war, geht aus
den vorliegenden Berichten nicht hervor. Wie Christian wurden mindestens acht West-Berliner
tot im „Niemandsland“ aufgefunden. Da es sich um Hoheitsgebiet der DDR handelte, wurden die
Toten von Grenztruppenangehörigen geborgen. Nur im Fall von Rudolf W. einem Patienten der
Nervenklinik Spandau, der am 12.August 1989 an der Grenze zum DDR-Kreis Nauen tot aufgefunden wurde, gab die DDR-Seite der Bitte statt, die Leiche durch die Westberliner Feuerwehr
bergen zu dürfen. In allen anderen Fällen oblagen die Ermittlungen dem MfS. Sofern der Fund
und die Bergung der Leiche im Westen unbemerkt blieben, verfügte die Stasi die Geheimhaltung
des Geschehens, so dass vier Todesfälle erst nach dem Ende der DDR aufgedeckt werden
konnten. Die übrigen Fälle sorgten schon darmals für Schlagzeilen. Dazu gehört der Tod der 78
Jahre alten Anna Kirste. Ihre Leiche wurde am 8. Nov. 1974 am Ufer des Landwehrkanals von
zwei West-Berliner Kindern entdeckt. Noch bevor in Westberlin eine Bergung eingeleitet
werden konnte, wurde die Leiche auf Veranlassung durch das MfS in der folgenden Nacht
abtransportiert. Dem Obduktionsbericht zufolge war Anna Kirste bereits Wochen zuvor ohne
Fremdeinwirkung gestorben. Bei der Toten wurde eine Herzschwäche festgestellt, die einen
Zusammenbruch bewirkt und auf diese Weise dazu geführt haben könnte, dass sie in der Kälte
erfroren ist. Wie die alte Dame von Kreuzberg in das zu Treptow gehörige „Niemandsland“
gelangt war, blieb ungeklärt. Allerdings ergaben die Westberliner Ermittlungen eine traurige
Vorgeschichte zu dem spektakulären Vorfall. Die alleinstehende Rentnerin habe kurz vor ihrem
Tod ihre Wohung in der Kreuzberger Falkensteinstrasse aufgelöst, um zu ihrer in Ost-Berlin
lebenden Tochter zu ziehen, sei aber von DDR - Behörden wieder nach West-Berlin abgeschoben
worden. Daraufhin habe der in Westdeutschland lebende Sohn seine Mutter in einem Wohnheim
des DRK untergebracht. Kurz darauf sei sie spurlos verschwunden. Ob sich die einsame Frau aus
Verzweiflung das Leben nahm oder durch die Grenzsperren zu ihrer Tochter nach Ost-Berlin
wollte, bleibt vorerst ungeklärt.
Auch der Tod von Peter U. gibt bis heute Rätsel auf. Stasi-Akten zufolge wurde sein Leichnam am
18. Nov.1987 von einer Streife des Grenzregimes 44 in einem Waldgebiet bei Potsdam –
Babelsberg entdeckt, 150 m von der damals stillgelegten S-Bahn Strecke zwischen Bln-Wannsee
und Potsdam entfernt. Nach Einschätzung der Stasi lag der Tote bereits 5 Wochen am Fundort.
Anzeichen von Gewalteinwirkung konnten nicht festgestellt werden. Peter U. hatte Personalausweis und Führerschein bei sich und demnach zuletzt in Bln-Wedding gewohnt. Am 17.August
1958 im australischen Aderlaide geboren, muss er zum Zeitpunkt seines Todes 29 Jahre alt
gewesen sein.
Auch im Hinblick auf die Leichenfunde im „Niemandsland“ bleibt eine Dunkelziffer. So lässt sich
nicht grundsätzlich ausschließen, dass ungelöste Fälle neue Erkenntnisse doch noch aufgeklärt
oder weitere Verdachtsfälle entdeckt werden. Anhaltspunkte für eine gezielte „Legendierung“
oder für „Abdeckungsmaßnahmen“ seitens des MfS gab es hinsichtlich der hier geschilderten
Leichenfunde nicht“.
Tödliche Unfälle und Todesfälle außerhalb des Grenzgebietes
Buchseite 488/9
Bei 14 Fälle stellte sich im Ergebnis der Recherche heraus, dass der Tod nicht im Grenzgebiet,
zumindest nicht an der Berliner Mauer eingetreten ist. Entgegen dem ursprünglichen Verdacht
besteht in allen diesen Fällen weder ein räumlicher noch ursächlicher Zusammenhang zwischen
den Eintritt des Todes und der Berliner Mauer. Dazu gehören vier Todesfälle, die auf Waffengewalt zurückzuführen sind, sich aber nicht an der Mauer zugetragen haben. Die vier als
Verdachtsfälle aufgenommenen Toten stammen von der Liste der „Arbeitsgemeinschaft 13.
August“. Einer von ihnen war Angehöriger der VP und wurde am 15.Sept.1964 an der tschechos-
-4lowakischen Grenze von zwei CSSR-Soldaten erschossen, die sich auf der Flucht nach WestBerlin oder Westdeutschland befanden. Die Grenzsoldaten Günter M. und A. wurden nach
Auskunft der Behörde BStU am 24.Dez.1971 von einem fahnenflüchtigen NVA-Angehörigen an
der innerdeutschen Grenze erschossen. Auch Horst H. war entgegen anderslautender Behauptungen kein Grenzer, sondern wurde am 3.August 1989 in Stendal von einem sowjetischen Wachposten erschossen, als er in betrunkenem Zustand ein Objekt der sowjetischen Streitkräfte
betrat.
In den übrigen Fällen handelt es sich zumeist um tödliche Unfälle. Zwei Unfälle ereigneten sich
auf U-und S-Bahn Strecken auf Ost-Berliner Gebiet. Paul G. war offenbar betrunken, als er am
25.August 1972 zwischen den Bahnhöfen Rosenthaler Platz und Bernauer Strasse aus der
fahrenden U-Bahn stürzte und sich dabei tödlich verletzte. Auch der 23-jährige Rolf Peter B.
stand wohl unter Alkoholeinfluss, als er am 16.April 1988 zwischen den Bahnhöfen
Friedrichstrasse und Humboldthain aus der S-Bahn fiel.
Zwei weitere Unfälle betrafen NVA-Angehörige, von denen lange Zeit angenommen worden war,
sie seien bei Fluchtversuchen zu Tode gekommen. So heißt es über Axel B. in einer westdt.
Broschüre aus dem Jahr 1962: „der etwa 27 jährige Axel B. aus Güterglück, Kr. Zerbst
(Sowjetzone) soll, wie durch Verwandte bekannt wurde, Ende September 61 bei einem
Fluchtversuch nach Berlin West in der Sowjetzone erschossen worden sein. Diese Angaben
waren falsch. Richtig ist, dass Axel B. der seinerzeit einem NVA-Nachrichtenregiment angehörte,
kam am 27.Sept.1961 in der Nähe von Straussberg bei einem schweren Unfall ums Leben.Der
Wagen prallte mit überhöhter Geschwindigkeit in einer Kurve gegen einen Baum. Dabei kam
auch der Fahrer des Wagens ums Leben, zwei weitere Insassen wurden verletzt. Der Unteroffizier Hans-Joachim R. wiederum verletzte sich am 2.September 1961, wie es heißt, beim
Umgang mit einer Kleinkaliberpistole, durch vermutliche Unvorsichtigkeit tödlich. Er erlitt
diesen Unfall auf seiner Dienststelle bei einer Flakeinheit der NVA, die in der Stadt Brandenburg
stationiert war. Die Angehörigen waren jedoch gegenüber den offiziellen Angaben misstrauisch.
Seine Mutter glaubte zeitlebens, er sei der damals unbekannt gebliebene Flüchtling gewesen, der
am 29. Aug. 1961 im Teltowkanal erschossen wurde“.
Unlösbare Fälle
Buchseite 494/5
„Bei 16 Verdachtsfällen war nicht zu klären, ob es sich um Todesopfer an der Mauer handelt
oder dies auszuschließen ist. Es handelt sich hierbei ausschließlich um Wasserleichen, die in
Grenzgewässern aufgefunden wurden. In allen Fällen stellte die ZERV bzw. die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Ermittlungen zu Gewaltakten an Mauer und Grenze fest, dass es keine
Anhaltspunkte auf ein Gewaltverbrechen oder einen Bezug des Todes zum Grenzregime gibt.
Deshalb wurden diese Ermittlungen eingestellt. In unserem Zusammenhang war jedoch zu
prüfen, ob sich Hinweise auf einen Fluchtversuch oder einen Unfall im Grenzgebiet mit
unterlassener Hilfeleistung ergeben und die Betroffenen vor diesem Hintergrund als Todesopfer
der Mauer anzunehmen sind. Namentlich bekannt sind sieben dieser Toten, alle anderen
konnten nicht identifiziert werden. Häufig wurden die Leichen erst Wochen oder Monate nach
ihrem Tod aufgefunden. In einigen Fällen waren die Körper durch die lange Liegezeit im Wasser
stark verwest oder durch Schiffsschrauben bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, so dass nicht
einmal mehr feststellbar war, ob es sich um eine männliche oder weibliche Leiche handelte.
Teilweise war nicht zu klären, ob sie West-oder Ost-Berliner waren, ob die Funde sogar zwei
Personen betrafen, Verwechslungen und Vermischungen waren dadurch möglich. So listet die
„Arbeitsgemeinschaft 13. August“ den Tod des unbekannten 18-jährigen DDR-Bürgers, der am
16. April 1989 im Teltowkanal ertrunken sein soll. Der etwa 40 jährige Tote, der am 17.April
1989 aus dem Teltowkanal geborgen wurde, stammt aus Erkenntnissen des MfS aus WestBerlin. Vermutlich liegt hier eine Verwechslung mit einem Fluchtversuch zweier Jugendlicher
vor, der am selben Tag in der Nähe des Reichstags durch die Spree erfolgte. Während es Andreas
K. gelang, unbeschadet West-Berlin zu erreichen, scheiterte der Fluchtversuch von Heiko F.Er
endete jedoch nicht tödlich. Dennoch kann für die anderen Todesfälle am Teltowkanal nicht
ausgeschlossen werden, dass er in Zusammenhang mit dem Grenzregime steht.
-5Für den 19. Juni 1964 wurde die Entdeckung einer weiblichen Wasserleiche am Außenring von
Berlin in unmittelbarer Nähe der Grenzanlagen des Griebnitzsee von den Grenztruppen
gemeldet. Die Bergung erfolgte durch das Volkspolizeikreisamt Potsdam. Auch hier war nicht
erkennbar, ob es sich um einen Fluchtversuch handelte. Ebenso soll am 31.März 1968 im Britzer
Zweigkanal eine weibliche Person gefunden worden sein. Die Meldungen über Wasserleichen in
West-Berlin für diesen Zeitraum betrafen jedoch die Selbsttötung einer Frau aus dem Wedding
im Plötzensee und die eines Schönebergers im Landwehrkanal. Auch hier scheint keine
Beziehung zwischen den Fällen zu bestehen.
Gelegentlich sind ursprünglich möglicherweise Akten bereits vernichtet worden bzw. nicht mehr
auffindbar, wie im Fall der männlichen Leiche, die die West-Berliner Feuerwehr am 16.Sept.
1963 aus dem Landwehrkanal am Schlesischen Busch barg. Nach Auskunft der Berufsfeuerwache von 1995 an die ermittelnde Staatsanwaltschaft wurden Ersatzunterlagen lediglich fünf
Jahre aufbewahrt. Auch in der Presse fanden sich keine Anhaltspunkte, so musste auch dieser
Fall offenbleiben, ob es sich um ein Mauertoten gehandelt hat oder ob dies auszuschließen ist. In
ähnlicher Weise wurde in allen unklaren Fällen nach weiteren Quellen gesucht, um eine Entscheidung treffen zu können. Für Otto M; Barabara B; Klaus Sch.; Wilfried M; Thomas B;
Christian G; Carsten DG; und die neuen aus den Grenzgewässern geborgenen unbekannten
Toten war dies nicht möglich“. Zitatende
Quelle/Autoren:Titel: „Die Todesopfer an der Berliner Mauer“ 1961–
1989 Ein biographisches Handbuch der ZpB, November 2009 von
Hans-Herrmann Hertle und Maria Nooke Buch 524 Seiten vgl.LINK
oder www.chronik-der-mauer.de
ZpB –Zentrale für politische Bildung www.lpd.sachsen-anhalt.de
Zusammengestellt zum Gedenken an die Opfer des DDR-Unrechtsregime von sed-opfer-hilfe.de;
2012 Auszüge aus Buch 482/3, 483-486, 486-488, 488/9, 494/5 und zur politischen
Unterrichtung an künftige Generationen. PDF nur für privaten Gebrauch verfügbar; eine
Veröffentlichung auf fremden Webseiten oder Netzwerken ist nicht erlaubt. Überarbeitet Jan.
2016 von sed-opfer-hilfe.de B.G.