Pflegeforschung in Deutschland Wo stehen wir? Wohin muss es gehen? 22.02.2016 . Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik Universität Witten/Herdecke Department für Pflegewissenschaft Pflege inklusiv 2016 • Gesellschaftliche Herausforderungen zu pflegerischer Versorgung führen zu Forschungsförderung: Ziel pflegerische Versorgung verbessern eigentlich naheliegend, aber eher selten • Großzügig: bis zu 700 000 € je Projekt • Begrenzung: Nicht-Staatlichkeit / Freigemeinnützigkeit von Antragstellern Umsetzung in NRW 10 % Eigenfinanzierung Frühe Initiativen Pflegeforschung in der BRD begann Ende 1980er Jahre • Außerhalb von Hochschulen oder „üblichen“ Forschungsinstitutionen • Initiative einzelner Pionierinnen in DBfK Bildungseinrichtungen 1988 – 1991 BMG-Förderung: Pflege bei SchlaganfallpatientInnen (AEDL), AK-Hochschule (DBfK) 1989 DV zur Förderung von Pflegewissenschaft und Forschung (Leiter von Bildungsinstituten) heute: DG Pflegewissenschaft (DGP) 1991 Agnes Karll Institut für Pflegeforschung, DBfK Europa (Auszüge) Akademisierung und Forschung Schottland/ UK: • 1956 University of Edinburgh, Department of Nursing Studies: Akademische Lehre • 1971 „ : Institute of Nursing Research • 1972 „Briggs Report“: Pflege muss forschungsbasierte Profession werden Skandinavien Berufsverbände für Forschung: • 1966 Finnland: Forschungsinstitut • Dänemark: Forschungsinstitut Europa • 1978 Workgroup of European Nurse Researchers (WENR) Initiative Berufsverbände im ICN, Beginn: Niederlande von Anfang an Vertretung aus D, Konferenzen und Work Group Meetings USA: seit 1907, verstärkt nach 2. Weltkrieg (umfassende Akademisierung) Bartholomeyczik 22.2.16 Definitionsfragen (D) 1990er Jahre Die drei Fragezeichen: Was ist Pflege? Was ist Pflegeforschung? Was ist Pflegewissenschaft? • Begründungsfragen: Warum und wozu ist Pflegeforschung wichtig? Gibt es eine eigene Pflegewissenschaft oder „nur“ Sammelsurium anderer Wissenschaften? • Inhaltsfragen: Was unterscheidet Pflegeforschung von anderer Forschung? • Machtfragen: Wer „darf“ Pflegeforschung durchführen? (Geriater, Gerontologen, Gesundheitswissenschaftler, Soziologen) oder: PflegewissenschaftlerInnen? – und was kennzeichnet die? Bartholomeyczik 22.2.16 Pflegeforschung in D Bartholomeyczik 22.2.16 Erste deutsche Hochschul-Aktivitäten DDR • seit 1963 Lehrerbildung an HU Berlin (Dipl. med. päd.) • 1982 Diplom Krankenpflege HU Berlin • 1988 Dipl. Medizin-Pädagogik Univ. Halle BRD: Fachhochschulen 1991 Erster Regelstudiengang in West-D: FH Osnabrück 1993 Beginn hessische Studiengänge: Ffm und DA (ohne Pflegevorbildung!) Universitäten • Lehramtsstudiengänge für berufsbildende Schulen: Bremen (1993), Osnabrück (1997) • 1995 Sonderwege NRW: IPW Bielefeld; Institut für Pflegewissenschaft Universität Witten/ Herdecke Bartholomeyczik 22.2.16 Pflegeforschung 1990er/ 2000er Jahre • Ressourcen stark durch Aufbau von Studiengängen gebunden • Empirische Forschung vor allem in Abschlussarbeiten – Kleine und kurz andauernde Arbeiten, die Grundlage für aufbauende Forschung bieten könnten – Studentische Projekte • Anstoß mit Einführung der Pflegeversicherung, § 8 Modellvorhaben: Evaluationsstudien (Januskopf SGB XI) • Insgesamt: Sparsam und klein, wichtige Begriffsklärungen häufig Pilotcharakter der Projekte Einfache Empirie und wenig Theorie • Bartholomeyczik 22.2.16 Pflegeforschung Besondere Herausforderung • Übliche Wissenschaftsförderung zu bekommen: BMBF, DFG • Gefahr, bei Ausschreibungen zwischen Stühlen zu sitzen: – Medizin – Soziologie – Ökonomie • Begutachtungsgremien: Pflegewissenschaft kaum vertreten (auch wegen fehlender Ressourcen) – Unklar, welche Rolle das neu sichtbare Wissensgebiet Pflegewissenschaft haben sollte – ob es nicht lieber ein reines Bildungsgebiet bleiben sollte – ob es außerhalb von SGB XI Definitionen und Zuständigkeitsbereichen Themen der Pflege gäbe Bartholomeyczik 22.2.16 Wichtiger Schritt: Wissenschaftsförderung Förderung der neuen Disziplin (BMBF) : 2004 – 2006 4 Verbünde: 25 Teilprojekte an 24 Hochschulen (1 Hebammen-Verbund, FH Osnabrück!) 2007 – 2010 3 Verbünde • Bewältigung chronischer Krankheit (NRW) • Kommunikativ schwierige Situationen (Mitte-Süd) • Steuerungsinstrumente zur Optimierung des Pflegeprozesses (Nord) Bartholomeyczik 22.2.16 Wissenschaftsförderung Förderung durch das BMG z.B. • § 8 SGB XI: Begriff der Pflegebedürftigkeit Begutachtungsinstrument für Pflebed. Outcomeindikatoren für Qualität • Leuchtturmprojekte Demenz, 2 Phasen • Förderungen durch Landesministerien Bartholomeyczik 22.2.16 DZNE, Helmholtz-Gemeinschaft (erstes Gesundheitsforschungszentrum Helmholtz) Versorgungsstrategien für Menschen mit Demenz Berlin • Versorgungsforschung interdisziplinär mit Pflegeschwerpunkt – Thematische Schwerpunkte: • • • Herausforderndes Verhalten Fallbesprechungen Lebensqualität • Institutionelle Förderung • Exot im DZNE Bartholomeyczik 22.2.16 Pflegeforschung heute • ist immer noch kein eigenständiger Bereich im Rahmen der Gesundheitsforschung (nach Beendigung der Forschungsverbünde) Wird daher unter Maßstäben anderer Forschungszweige gewertet: – Klinische Forschung (RCT), Versorgungsforschung – Gerontologie, Geriatrie • Unterliegt oft eingrenzenden Vorstellungen des SGB XI • • • • • Fehlendes zeigt sich bei der Entwicklung der Expertenstandards. Unklare Ergebnisse, sehr oft gar keine, viel zu kleine, schlechte Studien Unhinterfragte Übernahme internationaler Ergebnisse auf deutsche Verhältnisse Pflegeforschung heute • • • • • Es gibt sehr viele Einzelergebnisse, die eine gute Basis für Weiterentwicklungen darstellen können Wenige große und methodisch gute; Nachhaltigkeit der Ergebnisse? Sehr viele Evaluationen einzelner Projekte Viele Modelle in der Praxis zunächst ohne Evaluation (Bsp DCM) Große Löcher für die Praxis (Bsp. Personalbemessung) • Nichtstationäre Versorgung/ Pflege • Prävention IN/ als Teil der Pflege • Vernachlässigte Theoriebildung • Wenig Verknüpfungen bei anschlussfähigen Themen Agenda Pflegeforschung In Anlehnung an ausländische Vorbilder 9 Prioritäre Themen • Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege • Pflege in akuten Krht.situationen • Leben mit chronischer Erkrankung • Pflege von Menschen mit Behinderung • Pflege im Leben von Kindern und Jugendlichen • Pflege alter Menschen • Technologische Entwicklungen • Pflegesysteme im Umbruch • Bildung in der Pflege Bartholomeyczik 22.2.16 Agenda Pflegeforschung In Anlehnung an ausländische Vorbilder 9 Prioritäre Themen • Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege • Leben mit chronischer Erkrankung • Pflege von Menschen mit Behinderung • Pflege im Leben von Kindern und Jugendlichen • Pflege alter Menschen • Technologische Entwicklungen Pflege für spezifische Zielgruppen • Pflege in akuten Krht.situationen • Pflegesysteme im Umbruch • Bildung in der Pflege Bartholomeyczik 22.2.16 Pflege inklusiv: Förderungen + Forderungen Jetzt • Nicht-stationäre Versorgung steht im Vordergrund (schwieriger für Forschung als stationäre!) • Projekte mit sektorübergreifender Versorgung • Menschen mit Behinderung und Fragen der Teilhabe • Prävention wird sichtbar Weiter • Zusammenführung von Prinzipien bei Behinderung (Inklusion) und Gesundheitsproblemen (Fürsorge) • Entwicklung und Überprüfung theoriebasierter Modelle • Interdisziplinarität in der Praxis mit erweiterten Pflegeaufgaben • Pfleg. Versorgung von Kindern, ihren Familien, in Bildungssystemen • Nachhaltige Implementierungsforschung • „Echte“ Verbünde
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