Zeit, Lebewohl zu sagen DIGITALE WERBUNG Flash war für die Online-Werbeindustrie lange das Mass aller Dinge. Doch nun verweigern der Plattform immer mehr Browserhersteller die Gefolgschaft. Werbetreibende und Agenturen tun gut daran, jetzt auf HTML5 zu wechseln. Es ist Zeit, Flash Lebewohl zu sagen. VON MAURIZIO RUGGHIA* Ob als Werbebanner, als Teil einer Webseite, als Spiel oder als Video-Player – Flash ist im Internet allgegenwärtig. Der zur Wiedergabe von Flash-Inhalten benötigte Adobe Flash Player ist eines der am weitesten verbreiteten Browser-Plug-Ins überhaupt. Aufgrund seiner sehr hohen Verbreitung ist er aber auch ein beliebtes Ziel von Cyber-Kriminellen. Sicherheitslücken Erst vor wenigen Wochen erregten die Macher des Webbrowsers Firefox Aufsehen mit der Ankündigung, die Ausführung von Flash Player vorläufig standardmässig zu blockieren. Auslöser war ein Angriff auf «The Hacking Team», einen italienischen Anbieter von Spionagesoftware. Die entwendeten Daten enthielten kritische Online-Werbung mit Flash-Anwendungen erleidet gravierende Reichweitenverluste, weil der Flash Player immer weniger Unterstützung erhält. Informationen über bisher unbekannte Sicherheitslücken im Flash Player. Lücken, die so gravierend sind, dass sie es Angreifern potenziell ermöglichen, die Kontrolle über einen Rechner zu übernehmen. Der Fall ist nur einer von vielen. In den letzten Jahren wurden in immer kürzeren Abständen zum Teil gravierende Sicherheitslücken im Flash Player entdeckt, die mittels Sicherheitsupdates geschlossen werden mussten. Als Folge davon stehen fast alle Medien und Browserhersteller Flash zunehmend kritisch gegenüber. Sie empfehlen die so- 38 DIGITAL fortige Deaktivierung des Players oder schalten diesen – wie im Falle von Firefox – gar eigenhändig aus. Auch bei Apples SafariBrowser ist die Flash-Unterstützung nicht mehr standardmässig aktiviert und Google wird FlashAnimationen in Chrome ab September per Voreinstellung zeitweilig einstellen. Gravierender Reichweitenverlust Dies hat weitreichende Auswirkungen auf die werbetreibende Industrie. Wir stellen bereits heute einen gravierenden Reichweitenverlust fest: browserübergreifend wird bei rund 22 Prozent unserer ausgelieferten Flash-Banner beim Endnutzer aufgrund der mangelnden Browserunterstützung keine Flash-Animation eingeblendet. Wenn Chrome ab Herbst Flash dann ebenfalls nicht mehr aktiv unterstützt, wird sich dieser Anteil sogar auf 40 Prozent erhöhen. Und wir sprechen hier nur von Desktop-Browsern. Für den rapide wachsenden mobilen Traffic ist Flash schon lange kein Thema mehr. Die meisten Mobile-Browser stellen bereits seit Herbst 2013 keine Updates mehr bereit – auf Apple iOS war Flash gar nie verfügbar. Das ist vor allem für Online-Kampagnen problematisch, die Nutzer geräteübergreifend – also über Desktop, Tablet und Mobile – erreichen sollen. Totgesagte leben länger Wieso in aller Welt hält sich Flash also dennoch so hartnäckig am Leben? Zumal mit HTML5 eine Alternative bereitsteht, die Flash in Bezug auf Sicherheit und Cross-Device-Kompatibilität deutlich überlegen ist. Die Gründe dafür sind vielfältig. ■ Erstens hat sich im Umgang mit Flash-Bannern über die Jahre eine gewisse Routine entwickelt. Designer und Entwickler haben Werbeformate und Spezifikationen verinnerlicht, der Workflow ist entsprechend einfach – sowohl bei der Produktion als auch bei der Einbindung in die Adserver. wendet zum Abspielen von Videos neuerdings in mehreren Browsern standardmässig HTML5. HTML5 gehört die Zukunft Für die Umsetzung von integrierten, crossmedialen Werbekampagnen ist die neue HTML5-Technik deutlich besser geeignet. ■ Zweitens gestaltet sich der Umgang mit HTML5-Werbemitteln schwieriger als mit FlashWerbemitteln. Letztere bestehen aus einer einzigen Datei, während HTML5-Werbung aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt ist. Und weil bei HTML5 (noch) kein Standardformat existiert, ist nicht jeder Ad Server in der Lage, die Verzeichnisstruktur von HTML5-Dateien richtig zu verarbeiten. ■ Drittens waren HTML5-Werbemittel lange deutlich schwerer als Flash – etwa um den Faktor 3. Das ist vor allem deshalb hinderlich, weil viele Publisher noch immer auf veralteten, kleinen Datenvolumen für Online-Werbemittel beharren. Mittlerweile ist es zwar möglich, HTML 5 auf ein ähnliches Datenvolumen wie Flash zu reduzieren, das ist aber mit mehr Optimierungsaufwand verbunden. Kunden sind nicht ohne Weiteres bereit, die entsprechend höheren Produktionskosten zu übernehmen. All das führt dazu, dass ein Grossteil der Online-Banner nach wie vor auf Flash basiert. Dasselbe gilt für In-Stream-Formate, denn die meisten Videoportale arbeiten noch immer mit Flash Playern. Doch auch hier kippt das Momentum zugunsten von HTML5. So setzte Anfang des Jahres mit YouTube der weltweit grösste Anbieter von Bewegtbild-Content ein deutliches Zeichen zugunsten der neuen Technik. YouTube ver- Wir bei Serranetga empfehlen unseren Kunden schon seit Langem die Umstellung auf HTML5 und werden ab kommenden Monat nur noch diese Technik bedienen. Denn für die Konzeption und Umsetzung unserer integrierten, crossmedialen Werbekampagnen ist die neue Technik deutlich besser geeignet. Inhalte wie Videos, Bilder und Texte können plattformübergreifend und ohne externe Plug-ins dargestellt werden. Videos laufen im Browser auf PCs, Smartphones, Tablets oder auch Smart-TVs, ohne dass Anwender noch ein zusätzliches Programm installieren müssten. Einige unserer Kunden haben die Umstellung auf HTML5 schon lange hinter sich, bei anderen brauchte es etwas mehr Überzeugungsarbeit. Sowieso wäre es aber verfehlt, das Festhalten an Flash nur den Kunden in die Schuhe zu schieben. Oft liegt das Problem nämlich auch beim mangelnden Können der Kreativagenturen, Online-Kampagnen auf HTML5-Basis zu konzipieren und umzusetzen. Hier muss die Branche zusätzliches Know-how aufbauen, um auf die sich ändernde Grosswetterlage reagieren zu können. Denn eines ist klar: HTML5 gehört die Zukunft. Die Technologie eröffnet Werbetreibenden ganz neue Möglichkeiten und Bedienkonzepte, Interaktionen mit den Usern über verschiedene Geräte hinweg umzusetzen und die Reichweite durchgehend hochzuhalten. Das alleine sollte für Werbetreibende und Agenturen schon Grund genug sein, dem unzulänglichen Flash endlich den Rücken zu kehren. ■ *Maurizio Rugghia ist CEO der Werbeagentur Serranetga Marketing & Kommunikation 8/15
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