17/2015 DB/Komm GS OÖGKK, Land OÖ und Ärztekammer einig bei PHC Gesundheitsreform wird sichtbar: Erste Primärversorgungszentren für OÖ Primary Health Care – kurz PHC – ist ein international anerkanntes Modell zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Durch die Gesundheitsreform kommt dieses Modell auch nach Österreich: Die ersten Primärversorgungszentren in Oberösterreich sollen 2016 als Pilotprojekte in Enns und in Haslach/Mkr. starten – Land OÖ und die OÖGKK haben sich auf eine gemeinsame Finanzierung der Mehrkosten geeinigt! „Primärversorgungszentren sind ein Meilenstein in der Weiterentwicklung der heimischen Gesundheitsversorgung“, freut sich OÖGKKObmann Maringer über Unterstützung durch die Gesundheits-Systempartner anlässlich der Präsentation der „Piloten“. Hausärzte, Spitäler, Therapeuten, Institute, Rehabilitation, Beratungsstellen: Die Gesundheitsversorgung in Oberösterreich ist sehr vielschichtig und dicht. Doch nicht immer ist es für die Patientinnen und den Patienten einfach, sich „im System“ zu orientieren – gerade in längeren Genesungsprozessen. Besser wäre es, wenn sich das System an den Patientinnen und Patienten orientiert. Hier setzt der Kerngedanke von PHC an: Regionale Primärversorgungszentren sollen der Bevölkerung eine bedarfsgenau abgestimmte Betreuung ermöglichen – indem vor Ort Ärzte, Krankenschwestern, Therapeuten und weitere Gesundheitsberufe Hand in Hand zusammenarbeiten. So aufgestellt, kann ein PHC-Team eine enorme Bandbreite an Gesundheitsanliegen stets im richtigen Ausmaß erledigen: Von der raschen Abklärung akuter Krankheitssymptome bis zur dauerhaften Begleitung auf langwierigen Genesungswegen. Das erspart den Patientinnen und Patienten und ihren Angehörigen nicht zuletzt belastende Spitalskontakte oder die umständliche Organisation einer Folgetherapie, etwa beim Physiotherapeuten. Dazu werden auch Leistungen aus dem Sozialbereich integriert. Primärversorgung konkret: Das Ennser Pilotprojekt Bis Ende 2016 soll unter Projektleitung durch die OÖGKK in enger Zusammenarbeit mit dem Land OÖ in der Kathreinstraße 19 in Enns (ehem. Hallenbadgelände) das erste Primärversorgungszentrum in OÖ entstehen. Im 800 m² großen Neubau werden als Team zusammenarbeiten: Vier Ordinationsassistenten, Allgemeinmediziner, ein Psychologe, zwei zwei Diplomkrankenschwestern, Physiotherapeuten sowie vier ein Zentrumsmanager. Ergänzt wird das Team durch Teilzeitstellen für die Berufsgruppen der Diätologie, Ergotherapie, Logopädie, Geburtshilfe und Sozialarbeit. Die Bevölkerung in Enns wird von erweiterten Öffnungszeiten und vergrößertem Leistungsangebot profitieren. So ist das Zentrum von Montag bis Freitag von 7 bis 19 Uhr und zusätzlich an zwei Tagen bis 21 Uhr geöffnet. Weiters ist die Ordination jeden dritten Samstagvormittag durch die Teilnahme am Hausärztlichen Notdienst besetzt. Das Pilotprojekt in Enns ist vorläufig mit einer Dauer von 5 Jahren festgesetzt. Das Projekt wird laufend evaluiert sodass zeitgerecht erforderliche Adaptierungen und Verbesserungen vorgenommen werden können. Sobald der Neubau fertig ist, wird das Projekt voraussichtlich Ende 2016 in Betrieb gehen. 2 Einigung bei Finanzierung PHC-Zentren sind in Österreich etwas völlig Neues. Ihr Leistungsspektrum umfasst neben der bekannten hausärztlichen Betreuung Bereiche und Aufgaben, die sowohl in die Zuständigkeiten der Krankenversicherungsträger als auch des Landes fallen. Entsprechend mussten Finanzierung und die rechtliche Rahmenbedingungen im Vorfeld grundlegend geregelt werden. Dabei wird Enns – wie jedes PHC Zentrum – nach verschiedenen Kostenpositionen beurteilt: etwas ob es sich um einmalige Kosten handelt, die durch die Financiers gestützt werden (z.B. Umzugskosten, EDV) oder um laufende Betriebskosten oder um Zusatzkosten. Weil PHC-Zentren immer individuell – nach regionalen Erfordernissen – ausgestattet sind und unterschiedliche Leistungsbereiche (Berufsgruppen) miteinschließen können, ist die Finanzierung für jedes Zentrum – auf Basis des nun vereinbarten Rechenmodells – stets individuell zu bewerten. Das Primärversorgungszentrum Enns wird als eine Ärzte GmbH geführt sein. Die Einbindung des erweiterten Primärversorgungsteams (nicht-ärztliche Gesundheitsberufe) erfolgt über ein Anstellungsverhältnis oder über Zukauf der Leistung durch die Ärzte GmbH. Zufriedenheit bei allen System-Partnern Ob er nun „Bürgerin und Bürger“, „Versicherte und Versicherter“ oder „Patientin und Patient“ heißt: Der gut versorgte Mensch steht gleichermaßen für die OÖGKK (namens der Sozialversicherung), das Land OÖ, sowie die Ärztekammer im Zentrum des jeweiligen Bemühens. Auch wenn die Verhandlungen zu PHC zum Teil sehr 3 hart verliefen: Die System-Partner ziehen aus ihrer jeweiligen Sicht ein positives Fazit zum Primärversorgungs-Piloten: OÖGKK • OÖGKK-Obmann Albert Maringer: „Der Leistungsanspruch der OÖGKK lautet: Unsere Versichertengemeinschaft muss zur richtigen Zeit, am richtigen Ort vom richtigen Behandler, in der richtigen Qualität versorgt werden – und zwar lückenlos und überschneidungsfrei. Primärversorgungszentren ermöglichen eine flexible, rasche, sichere und bedarfsgenaue Versorgung.“ • OÖGKK-Direktorin Mag. Dr. Andrea Wesenauer: „Eine durchgängige Betreuung – aus einem Guss – erspart Patienten und Angehörigen Umwege – und fördert eine rasche Genesung. Und wo Umwege wegfallen, freut sich nicht nur der einzelne Versicherte, sondern die ganze Gemeinschaft: Weil automatisch auch kostenbewusst versorgt wird.“ Gesundheitsreferent Landeshautpmann Dr. Josef Pühringer: „Die bewährte Versorgung bleibt durch ein PHC in der Region erhalten. Die medizinische Versorgung erfolgt dort, wo auch die Patientin bzw. der Patient zu Hause ist. Ein PHC bietet neben der Regionalisierung einen großen Vorteil: neue zeitgemäße Angebote kommen hinzu. Diese Doppelstrategie aus Tradition und Moderne sichert nachhaltig unser hohes Versorgungsniveau in Oberösterreich. Unsere Maßnahmen zu den einzelnen PHC-Standorten sichern die medizinische Versorgung in den Regionen und gleichzeitig stehen sie für die ständige Weiterentwicklung im Gesundheitswesen. Auch moderne Ansätze wie PHC bedürfen genauer Planung: wir haben PHC in OÖ intensiv vorbereitet. Das hat viele Fragen aufgeworfen und Zeit gebraucht. Wir sind unter den Ersten mit PHC-Modellen in Österreich – und ich bin sicher auch unter den Nachhaltigsten in der Umsetzung.“ 4 Ärztekammer für Oberösterreich • „Der Hausarzt, die Hausärztin bildet auch im PHC-Zentrum den Dreh- und Angelpunkt für die Patientinnen und Patienten – das ist uns besonders wichtig“, sagt MR Dr. Wolfgang Ziegler, Kurienobmann-Stv. der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer für OÖ. „Die gewünschte verbesserte strukturierte Zusammenarbeit mit den anderen Gesundheitsberufen speziell in den ländlichen Regionen kann aber nur in einem Netzwerk besser organisiert werden“, sagt Dr. Ziegler. • Dr. Wolfgang Hockl, Präsident der OBGAM, Fachgesellschaft für Allgemeinund Familienmedizin: „Ich freue mich auf die Verwirklichung eines Modells, das international schon vielfach umgesetzt ist. Die OBGAM hat dies auch für Österreich schon lange propagiert. Persönlich sehe ich mich nun nach fünf Jahren am Ziel einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema, bei dem alle Stakeholder gemeinsam ein Modell ausgearbeitet haben, das wir umsetzen wollen. Aufgrund der Größe des Projektes ist die Umsetzung eine Herausforderung: Gesundheitsvorsorge und Prävention, Betreuung akut und chronisch Kranker sowie Teamarbeit. Ich bin mir aber sicher, dass wir mit unserem sehr ambitionierten Team die Umsetzung und Herausforderungen bewältigen. Unser Vorteil in Enns ist, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen. Nicht zuletzt ist mir die Einbindung von Kolleginnen und Kollegen in den Praxen wichtig, die entsprechende „work-life-balance“, mit der wir hoffen, auch wieder mehr junge Kollegen und Kolleginnen für die Allgemeinmedizin interessieren zu können – denn nur mit verbesserten Strukturen und Rahmenbedingungen werden wir uns weiterentwickeln. Dies gilt auch für alle am Projekt Beteiligten, vor allem aber die Freude an der Teamarbeit und der Vernetzung sind große Anliegen.“ 5 Weiteres PHC-Zentrum als Pilotprojekt in Haslach im Mühlkreis Mit Enns vergleichbar, soll voraussichtlich Mitte 2016 ein PHC-Zentrum in Haslach im Mühlkreis als Primärversorgungs-Pilotprojekt realisiert werden. Die fachliche Zusammensetzung des Haslacher Teams wird ähnlich vielschichtig sein wie in Enns. Details zu Leistungsspektrum, Organisation, Standort und Personal sind derzeit noch in Ausarbeitung. Hier sind auch noch Gespräche mit der Ärztekammer zu führen. An diesem Beispiel zeigt sich, dass Primärversorgungszentren nicht „von der Stange“ geplant werden können, sondern stets auf die regionalen Bedürfnisse individuell zugeschnitten werden müssen. Zwei wichtige Schlüsselkriterien zur „passenden“ Ausgestaltung eines PHC-Zentrums sind die Einwohneranzahl der Umgebung sowie die bereits bestehende regionale Versorgungsinfrastruktur. So muss für das PHCZentrum in Haslach unter anderem die Nähe zum Krankenhaus Rohrbach mitgedacht werden, damit Synergien genutzt werden können und sich beide Einrichtungen ergänzen können. Der Evaluierungszeitraum beträgt auch hier fünf Jahre. Ausblick: Primärversorgung als Sprungbrett für weitere Versorgungs-Innovationen Die Pläne zu Enns und Haslach zeigen eine grundsätzliche Gemeinsamkeit: Der PHC-Kerngedanke eröffnet innovative Wege der Gesundheitsversorgung. Die Schlagworte lauten „Vernetzung“ und „Bündelung“ von Kompetenzen. So gibt es international etwa auch PHC-Modelle, die an ein Spital gekoppelt sind. Das Land 6 OÖ und die OÖGKK haben sich daher auch darauf geeinigt, dass in Oberösterreich auch PHC-Pilotmodelle an einem Krankenhausstandort entwickelt werden sollen. Wo und wie ein solches Modell konkret ausgestaltet sein soll, wird von den Systempartnern – Land OÖ, OÖGKK und Ärztekammer – noch gemeinsam geprüft. Fest steht: OÖGKK, Land OÖ und Ärztekammer haben als Organisatoren, Planer, Finanziers und Erbringer der Gesundheitsversorgung jeweils viel Expertise in ihrem Bereich aufgebaut. Im Rahmen der Gesundheitsreform wird diese Expertise in gemeinsamen Projekten zusammengeführt, die den Patientinnen und Patienten eine zukunftssichere, moderne Gesundheitsversorgung bringen. 7
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