Erhöhen spezielle Milchsäurebakterien die Methanausbeute?

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Pflanze
BAUERNBLATT l 3. Oktober 2015 ■
Maissilierung für die Biomassenutzung
Erhöhen spezielle Milchsäurebakterien die Methanausbeute?
Silomais gilt als leicht silierbares
Substrat, aber auch als Silageart mit
hohem
Nacherwärmungsrisiko.
Können Silierzusätze diese durch
Nacherwärmung
entstehenden
Verluste reduzieren und welche
Auswirkungen hat das auf den Methanertrag behandelter Silagen?
Die Landwirtschaftskammer, das
Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig und das Institut für landwirtschaftliche Verfahrenstechnik
der Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel haben in den letzten drei Jahren umfangreiche Versuche angelegt und ausgewertet. Es wurden die
Wirkungen von zwei Präparaten aus
homo- und heterofermentativen
Milchsäurebakterien verschiedener
Stammzusammensetzung
verglichen.
Das Prüfsystem
der DLG
Der Nutzen von Silierzusätzen bei
der Bereitung von Biogas-Silagen
muss in einer Gesamtbewertung aller Produktionsschritte betrachtet
werden. Zu einer solchen Gesamtbilanzierung werden folgende Effekte
der Zusätze herangezogen:
● Verlustreduzierung im Silierprozess (weniger Substrat geht durch
Fehlgärungen verloren)
● Verhinderung der Nacherwärmung (weniger Substrat geht bei
der Entnahme verloren)
● Fermenterstoffwechsel (zum Beispiel mehr Essigsäure als Vorstufe
des Methans)
● Fermentationsdynamik (schnellere Methanbildung und daher höhere Raumbelastung)
Die DLG hat ein spezielles Prüfsystem für das DLG-Gütezeichen „Verbesserung der Methanausbeute“
(siehe Übersicht 1), das die Gesamtbilanzierung eines Siliermitteleinsatzes ermöglicht. Dieses Prüfsystem
verfolgt zwei Ansätze:
● Verfahren 6a: Wirkung des Silierzusatzes durch die Verlustreduzierung sowie mögliche Aufschlusseffekte auf die spezifische Methanausbeute bei 90tägiger luftdichter Lagerung (Ö90).
● Verfahren 6b: Wirkung des Silierzusatzes durch die Verhinderung
möglicher Nacherwärmung und Verlustreduzierung sowie mögliche
Aufschlusseffekte auf die spezifische
Methanausbeute bei 49-tägiger La-
der JKI-Versuche wird als Gesamtergebnis präsentiert.
Versuchsanlage
in Futterkamp
Der Versuch wurde mit Silomais der Sorte ‚Ronaldinio‘ der
Ernte 2012 als GPS im Bereich
von „leicht vergärbarem Futter“ (über 1,5 % wasserlösliche
Kohlenhydrate in der Frischmasse) durchgeführt. Die Pflanzenbestände wurden im Stadium der beginnenden Teigreife
geerntet (TM-Gehalt 35 bis
40 %, BBCH 83-85) und in der
Versuchsstation Futterkonservierung der Landwirtschaftskammer Schleswig Holstein
einsiliert.
Zur Bilanzierung der Methanerträge der Silagen im Verhältnis zum Ausgangsmaterial
Biogassilagen weisen in der Praxis große Anschnittflächen und oft eine zu geringe wurde Folgendes analysiert:
Entnahmerate auf. Die Folge sind höhere Verluste bis zur Schimmelbildung. Geeig- Futterwert, Gärqualität, aerobe Stabilität, Methanausbeunete Silierzusätze verhindern diese unerwünschten Prozesse.
te, Bilanzierung unter Berückgerung mit zweimaligem Luftstress geführt. In diesem Beitrag wird der sichtigung der Verluste. Die Parzelle(Ö49) sowie anschließender aerober Versuch der Landwirtschaftskammer naufwüchse wurden gehäckselt,
aus 2012 ausführlich beschrieben. sorgfältig durchmischt und auf die
Lagerung (NA49).
Diese Versuchsserie wurde ledig- Die Versuche der weiteren Jahre angegebenen Kenngrößen unterlich nach dem Verfahren 6b durch- 2013 und 2014 unter Einbeziehung sucht. Weiter wurde die Methanausbeute des Ausgangsmaterials mittels
Hohenheimer
Biogasertragstest
Übersicht 1: Verfahrensprüfungen
(HBT) ermittelt. Die Versuchssilagen
wurden aus je 1 kg Frischmasse für
Verfahrensprüfung 6a
die Untersuchungstage 3 und 49 in
AusgangsSilage
1,5-Liter-Laborsilos mit den verschiematerial
Laborsilos 90 Tage,
denen Silierzusätzen angefertigt
= Ö90
kein Luftstress
(dreifache Wiederholung). Sie wurden zu den jeweiligen Terminen auf
HBT
HBT
Verluste in Gramm
die angegebenen Kenngrößen untersucht. Die Methanausbeute aller
Verfahrensprüfung 6b
NA90
Silagen (Ö49, NA49) wurde ebenfalls
Temperaturmax.10 Tage bzw.3 Tage nach
AusgangsSilage
im HBT ermittelt.
anstieg + 3°C
Erwärmung derKontrolle
material
Das auf 7 mm gehäckselte AusSilage
nach
Laborsilos 49 Tage,
= Ö49
gangsmaterial des Silomaises wurASTA
mit Luftstress*
de in drei Partien à 10 kg FrischmasHBT
se abgewogen und für die BehandNA49 HBT
lungen mit Siliermitteln vorbereiVerluste inGramm
Verluste inGramm
tet. Zwei verschiedene Zusätze (2
*ganztägige Luftzufuhr während des 28. und 42. Fermentationstages
MSBhohe-Produkte: Typ 1 und Typ 2)
Übersicht 2: Verwendete Milchsäurebakterien-Impfkulturen und Aufwandmengen mit verschiedenen
Zusammensetzungen
Siliermittel
Produktart1) 2)
Wirkstoffe
Typ 1
MSB ho/he 1
Lactobacillus buchneri NCIMB 30141
Lactobacillus plantarum
Lactobacillus rhamnosus SBE 10070
Aufwandmenge
2 g in 2,0 l Wasser/t FM ^– 2 ´ 105 Kbe/g FM
1)
ho: homofermentativ; he: heterofermentativ 2)MSB: Milchsäurebakterien
Typ 2
MSB ho/he 2
Lactobacillus buchneri NCIMB 30141
Lactobacillus diolivorans NCIMB 30142 LAC 1129
Lactobacillus rhamnosus SBE 10070
2 g in 2,0 l Wasser/t FM ^– 2 ´ 105 Kbe/g FM
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 3. Oktober 2015
Übersicht 3: Fermentationsprodukte nach 49 Tagen
Lagerdauer mit Luftstress und Nacherwärmung
Ö49
NA49
Umgebung
Typ 1
Typ 2
8,5
27
70
7,5
6,5
50
40
5,5
30
4,5
20
3,5
10
Temperatur [°C]
25
60
0
Kontrolle
29
pH -Wert
Fermentationsprodukte [g/kg TMk]
80
Übersicht 4: Aerobe Stabilität der Silagen nach 49 Tagen
Lagerdauer
23
21
19
17
15
Kontrolle
Typ1
Typ 2
mit den in Übersicht 2 dargestellten
Zusammensetzungen und Aufwandmengen wurden verwendet.
Der Silomais wurde dazu auf einer
Folie ausgebreitet, anschließend
wurden die Zusätze mittels einer
Sprühpistole als Flüssigapplikation
eingebracht. Die unbehandelte
Kontrolle erhielt eine Wassergabe
2,5
Kontrolle
Typ1
Typ 2
in gleicher Höhe. Das gut durchmischte Siliergut wurde dann in
Weckgläser gefüllt und auf das geforderte Verdichtungsmaß gemäß
der Fülltabelle der DLG-Richtlinie
mittels eines manuellen Verdichters
gebracht. Nach Wiegung der Gläser
zu Beginn der Silierung wurden alle
Gläser in einem auf 25 °C temperier-
0
12
24
36
48
60
72
84
96
108
120
132
144
Zeit [h]
ten Raum für drei und 49 Tage gelagert. Nach drei Tagen wurden die
dafür vorgesehenen Gläser geöffnet und die pH-Werte bestimmt,
um Informationen zur erfolgten
Ansäuerung zu erhalten. Die 49-Tage-Gläser wurden im 14-tägigen
Rhythmus erneut gewogen. Um
Luftstress auszulösen, wurden diese
Gläser zweimal für 24 Stunden geöffnet. Nach Ablauf der Silierung
wurden sie für die weitere Analytik
der Silagen entleert, eine Teilprobe
wurde jeweils für die Messung der
aeroben Stabilität in der Anlage in
Futterkamp vorbereitet.
Folgende Daten wurden in folgender Versuchsstruktur erhoben:
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Pflanze
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(ILV) der CAU Kiel nach der VDIRichtlinie 4630, die Bilanzierung
nach der DLG-Silierrichtlinie. Die Ermittlung des Methanbildungspotenzials und der Verluste sowie die
Methodik der TrockensubstanzKorrektur erfolgten nach Weissbach 2009.
Informationen zur Methode der
Bilanzierung von Trockenmasse- und
Methanverlusten sowie über die
Durchführung des Hohenheimer
Biogasertragstests am ILV entnehmen Sie bitte unserer Internetseite
unter www.lksh.de/Landwirtschaft/
Pflanze/Energiepflanzen
Die Ergebnisse
im Detail
Die Gasbildung die Silagen wird in einem temperierten Schrank über 35 TaDie Silierbarkeit des Ausgangsmage lang ermittelt. Das Verfahren heißt
Hohenheimer Biogas Test (HBT).
terials (Zucker-Gehalt 6,8 % in der
Foto: Dr. Susanne Ohl TM, NEL (MJ/kg TM) 6,8, Vergärbar-
keitskoeffizient 55) ist nach der
● Ausgangsmaterial vor dem Silie- Richtlinie im Bereich ,leicht silierbar’
einzustufen. Sowohl der Besatz an
ren (AM):
– Trockensubstanz, oTM, Roh- MSB als auch an Hefen und Schimasche, Rohprotein, Rohfaser, Zucker melpilzen ist relativ hoch. Das deutet
darauf hin, dass eine große Anfällig– Stärke, ADFOM, NDFOM, NEL,
keit für eine Nacherwärmung vorlieNitrat, Pufferkapazität
gen könnte.
– Milchsäurebakterien-, Hefen-,
Schimmelbesatz
● Silagen mit Luftstress nach 49 TaVeränderung
gen Lagerdauer (Ö49) und anschliedurch aeroben Stress
ßender aerober Lagerung (NA49):
– aerobe Stabilität bei Lagerdauer
In Übersicht 3 sind die Fermentavon 14 Tagen, pH-aus, TM, oTM, tionsprodukte und der pH-Wert der
Rohasche, ADFOM
Silagen in Abhängigkeit von der Be– NDFOM, Gärsäuren (Milch-, Essig-, handlung nach 49-tägiger LagerButter- und Propionsäure), Ethanol dauer und nach dem ASTA-Test dar1.2 Propandiol, NH3-N und Verluste gestellt: Deutlich ist die VerschieDie Untersuchungen erfolgten bung des Gärsäuremusters durch
nach den Methoden des Verbandes die Behandlungen von der MilchDeutscher Landwirtschaftlicher Un- säure zu Essigsäure erkennbar. Nach
tersuchungs- und Forschungsanstal- dem ASTA Test sind in der Kontrollten. Alle Silagekenngrößen wurden silage fast keine Gärprodukte mehr
gemäß der DLG-Prüfrichtlinie für Si- vorhanden, während in den behanliermittel bestimmt. Die Ermittlung delten Silagen ein hoher Gehalt an
der Methanausbeuten im HBT-An- Fermentationsprodukten für die
satz erfolgte am Institut für land- Methanproduktion erhalten gewirtschaftliche Verfahrenstechnik blieben ist.
Übersicht 5: Spezifische Methanproduktion im HBT
Kontrolle
Typ 1
Die Lagerung und Bearbeitung der Silagen erfolgt unter Laborbedingungen.
Fotos (3): Dr. Johannes Thaysen
Mittel wirken sehr gut
gegen Erwärmung
Die Prüfung der Zusätze bei 49 Tagen Lagerdauer mit zweimaligem
Luftstress (siehe Übersicht 4) ergab
eine erhöhte aerobe Stabilität gegenüber der unbehandelten Kontrolle beider Zusätze von 4,5 Tagen.
Das bedeutet für die Praxis, dass die
Silage mit einer verminderten Vorschubrate entnommen werden
kann, ohne höhere Verluste und
Qualitätsminderungen in Kauf nehmen zu müssen.
Methanausbeute –
spezifisch
In Übersicht 5 sind die Wirkungen der Zusätze auf die spezifische
Methanausbeute vor und nach
dem ASTA-Test sowie vom unsilierten Ausgangsmaterial dargestellt.
Die spezifische Methanausbeute
nach 49 Tagen (Ö49) weist zwischen den Kontrollsilagen und den
mit dem Siliermittel Typ 1 versetzten Silagen einen um 5,0 % erhöhten, signifikanten Wert auf, während der Silierzusatz Typ 2 den
Wert nicht signifikant um 3,5 % er-
400
400
350
300
250
200
150
100
50
0
Ausgangsmaterial
Ö49
NA49
Übersicht 7: Versuche mit
Silierzusätzen zu Mais
Jahr
Versuchsansteller
Typ 1
Typ 2
2012
2013
2013
2014
LKSH
LKSH
JKI
JKI
+
+
+
+
+
Kontrolle
Typ 2
450
350
höht. Bei der gleichen Lagerdauer
mit Nacherwärmung (NA49) wird
die spezifische Methausbeute
durch die Behandlung mit Typ 1
nicht signifikant um 0,7 %, aber
durch die Behandlung mit Typ 2
hoch signifikant um 6,6 % erhöht.
Die Gesamtbilanz der Effekte der
Zusätze unter Einbeziehung der
spezifischen Methanausbeute und
der Verluste ist in der Übersicht 6
aufgezeigt: Auf Basis von 1 kg TM
angenommener Ausgangsmenge
sind die Erhöhungen des Methanertrages der Silagen durch die Zusätze Typ 1 und Typ 2 mit 7,3 % und
13,8 % signifikant gegenüber der
Kontrollvariante.
In Übersicht 7 ist aufgeführt, welche der beiden Zusätze in den Jahren 2012 bis 2014 von welchen Instituten geprüft worden sind. Das Ge-
Übersicht 6: Bilanzierung des Methanertrages
Methanertrag [Nl/kgTM]
spez. Methanertrag [Nl/kgoTM]
34
Typ 1
Typ 2
300
250
200
150
100
50
0
Ausgangsmaterial
Ö49
NA49
+
+
Pflanze
■ BAUERNBLATT l 3. Oktober 2015
aeroben Stabilitäten unter Entnahmebedingungen, also geringeren
Nacherwärmungsverlusten und kann
so den Methanertrag bei der Einspeisung behandelter Silagen erhöhen.
Die Wirkungshöhe beider geprüften
Produkte von über 10 % Methanertrag hat dann auch zur Verleihung
des DLG-Gütezeichens für die Wirkungsrichtung „Erhöhung der Methanausbeute bei Nacherwärmungsrisiken“ (6b) geführt. Erste Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen
auf, dass der Nutzen dieses Einsatzes
deutlich über den Kosten liegt.
Empfehlungen
Übersicht 8: Bilanzierung des Methanfür die Praxis
ertrages nach 49 Tagen mit Nacherwärmung (NA 49) im dreijährigen Mittel
Die Methangasaus(2012-2014)
beute, bilanziert vom
Ausgangsmaterial bis
zu den Silagen inklusive der Substratverluste
350
durch den Gärprozess,
wird nach 49 Tagen La300
gerdauer mit Luftstress
250
gemessen und auf Basis von 1 kg Trocken200
masse angenommener
Ausgangsmenge dar150
gestellt. Ein im Ver100
gleich zur unbehandelten Kontrolle höherer
50
Methanertrag wurde
mit allen Zusätzen er0
zielt. Die NacherwärKontrolle
Typ 1
Typ 2
mung konnte mit beiden Zusätzen verminsamtergebnis als mittlerer Methan- dert werden. Dadurch blieb die Esertrag (Übersicht 8) weist für Typ 1 sigsäure in den Silagen erhalten
eine Erhöhung um 13 %, für Typ 2 und stand damit unmittelbar für
einen Wert von 16 % gegenüber der die Methanbildung zur Verfügung.
unbehandelten Kontrollsilage auf.
Methanertrag [Nl/kgTM]
400
Mithilfe eines ‚Silageverdichters‘ werden in der Versuchsstation Futterkonservierung die Laborsilagen genauso
verdichtet wie in der Praxis.
Die Tatsache, dass Silomais zur
Nacherwärmung neigt, verdient besondere Beachtung. Der Einsatz von
kombinierten
MSB-Produkten
(MSBhohe) führt zu deutlich höheren
Dr. Johannes Thaysen
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 31-94 53-323
[email protected]
Dr. Susanne Ohl
Christian-Albrechts-Universität
zu Kiel
Prof. Jörg Greef
Julius Kühn-Institut, Braunschweig
Dr. Frank Höppner
Julius Kühn-Institut, Braunschweig
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