Beständigkeit der Stärke in Maissilagen

Beständigkeit der Stärke in Maissilagen
Prof. Katrin Mahlkow-Nerge, Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Wie bereits vor Jahren anhand zahlreicher Untersuchungen bekannt wurde, zeichnen sich Maissilagen durch eine
deutlich geringere Stärkebeständigkeit aus als frischer Mais.
Der Silierprozess erhöht die Abbaubarkeit der Maiskörner
im Vergleich zu unsiliertem Material wesentlich (EVANS und
COLBURN, 1967; GALYEAN et al., 1981; NOCEK (1987); PHILIPPEAU und MICHALET-DOREAU, 1998).
BARON et al. (1986) und PHILIPPEAU und MICHALET-DOREAU
(1998) erklärten, dass die Silierung zu einer teilweisen Auflösung der Proteinmatrix des Endosperms im Maiskorn führt,
wodurch die Stärke für die Mikroorganismen besser angreifbar wird (MCALLISTER et al. 1993). Eine erhöhte ruminale
Die Stärke im frischen Mais ist deutlich pansenstabiler als die der
Maissilage.
Stärkeabbaubarkeit nach dem Silieren kann demnach teilwei-
„schneller“ wird. Dieser Thematik widmete sich eine aktuelle
se aus einer Auflösung des Endosperm-Proteins während der
Untersuchung der Universität Bonn, deren Ergebnisse auf der
Fermentation bei der Silierung abgeleitet werden (PHILIPPEAU
Jahrestagung des Arbeitskreises Futterkonservierung und Füt-
und MICHALET-DOREAU 1998).
terung des Deutschen Maiskomitees, am 24. und 25.03.2015
in Bonn vorgestellt wurden (GERLACH et al.).
In Abhängigkeit vom Trockenmassegehalt ergab sich in Untersuchungen von LOOSE (1999) für Maissilagen eine Stärkebe-
Silierdauer und Futterwert
ständigkeit von 10 % (bei 20-30 % TM) bzw. 15 % (bei 30-40
Es wurden neun Maissorten aus drei Reifegruppen (früh, mit-
% TM) (Übersicht 1).
telfrüh, mittelspät) in den Versuch einbezogen. Die Untersu-
Seitdem vor einigen Jahren auch die DLG diese Werte emp-
chungen fanden unter Laborbedingungen in 1-l-Weckgläsern
fiehlt, berücksichtigen die meisten Berater diese Werte bei
statt. Von jeder Maissorte wurde am Tag der Einsilierung, am
der Rationsplanung und –berechnung.
30., 60., 90. und 120. Siliertag eine Probe genommen, um die
Nährstoffgehalte, die Enzymlösliche Organische Substanz, die
Darüber hinaus blieb aber immer noch die Frage offen,
Gasbildung und die Gärprodukte zu bestimmen.
ob sich mit zunehmender Lagerdauer der Maissilage der
Insgesamt wurde mit den 9 Sorten, v.a. was den Stärkegehalt
Stärkeabbau weiterhin verändert und ob die Stärke immer
betrifft, eine große Bandbreite abgedeckt (Übersicht 2).
Übersicht 1: Stärkeabbau im Pansen (LOOSE 1999)
TM-Gehalt (%)
Stärkegehalt (% TM)
Abbau im Pansen (%)
Bereich
20-30
25
90
80-95
30-40
35
85
70-93
1/5
Übersicht 2: Chemische Zusammensetzung des Ausgangsmaterials (unsilierter Silomais)
TM (%)
XP
(% der TM)
XL
(% der TM)
aNDFom
(% der TM)
Stärke
(% der TM)
ELOS
(% der TM)
ME
(MJ/kg TM)
34,2
7,3
2,6
38,9
36,8
68,1
10,6
min
32,2
6,7
2,0
34,5
33,5
62,3
10,2
max
37,9
7,8
3,4
42,3
40,8
71,9
11,0
Mittelwert der 3 frühen Sorten
35,6
7,4
3,1
36,7
38,5
68,2
10,8
Mittelwert der 3 mittel-frühen
Sorten
34,2
7,1
2,3
39,1
36,5
67,6
10,5
Mittelwert der 3 mittel-späten
Sorten
32,9
7,5
2,4
40,8
35,3
68,4
10,4
Merkmal
Mittelwert der 9 Sorten
Schwankungsbreite:
aNDFom (% der TM) ist die Neutrale Detergenzienfaser nach Amylasebehandlung und Veraschung
Übersicht 3: Chemische Zusammensetzung der Maissilagen in Abhängigkeit der Lagerdauer (Mittelwert der 9 Sorten)
TM (%)
XP
(% der TM)
aNDFom
(% der TM)
Stärke
(% der TM)
ELOS
(% der TM)
Gasbildung
in 24 h
(ml/200 mg
TM)
ME
(MJ/kg TM)
Ausgangsmaterial
34,2
7,3a
38,9a
36,8a
68,1a
57,2a
10,6a
30 Tage Lagerdauer
34,6
7,4a
36,1b
37,4ab
72,1b
58,3ab
10,8ab
60 Tage Lagerdauer
34,6
7,3a
35,7b
38,2ab
72,1b
58,8b
10,9b
90 Tage Lagerdauer
34,2
7,2a
35,4b
39,6b
73,1b
59,5b
11,0b
120 Tage Lagerdauer
34,4
6,6a
34,9b
37,0ab
72,3b
58,8b
10,9b
Merkmal
aNDFom (% der TM) ist die Neutrale Detergenzienfaser nach Amylasebehandlung und Veraschung
unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen Signifikanz (p< 0,05)
Die größten Differenzen bei dem futterwertbestimmenden
silagen, die nach 30 Siliertagen beprobt wurden (Übersicht
Nährstoff Neutrale Detergenzienfaser (NDF), dem Gehalt an
4). Eine darüber hinausgehende Lagerdauer veränderte dann
Enzymlöslicher organischer Masse und folglich dem Energie-
die Nährstoff- und Energiegehalte nicht mehr bzw. nur noch
gehalt bestanden zwischen dem frischen Mais und den Mais-
unwesentlich, mit Ausnahme des Rohproteingehaltes.
2/5
Alle Silagen wiesen nach 30 Siliertagen eine sehr gute Gärqualität auf, die sich im weiteren Verlauf ebenfalls nicht mehr
veränderte.
Ruminaler Nährstoffabbau
Im Hohenheimer Futterwerttest wurden die Gasbildung der
gesamten Trockenmasse und der NDF gemessen. Daraus
errechnete sich mittels Kurvensubtraktion die Gasbildung
der Neutralen-Detergenzienlöslichen Fraktion (NDS). Diese
umfasst letztlich alles außer der NDF (als NDF werden alle
Gerüstsubstanzen erfasst), also den gesamten Zellinhalt und
damit Asche, Protein, Fett, Stärke und Zucker. Somit bezieht
sich die Gasbildung der NDS bei diesem Futtermittel Mais
also hauptsächlich auf die der Stärke.
Die NDS-Gasbildung stieg im Vergleich zum Ausgangsmaterial durch den Silierprozess in den ersten 30 Tagen nach
Einsilierung stark an. Im weiteren Silierverlauf bis zum 60.
Lagerungstag nahm sie dann nochmals, aber deutlich abgeschwächt, zu. Nach der 60tägigen Silierdauer kam es zu
keinem weiteren Anstieg mehr (Übersicht 5).
Bei sehr trockenen Maissilagen (ca. 40 % TM) nimmt die ruminale
Abbaubarkeit der Stärke auch noch nach 60 Siliertagen weiterhin zu.
Übersicht 4: Entwicklung des NDF-, Stärke- und ELOS-Gehaltes während des Silierprozesses
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Insgesamt beobachteten die Autoren nach einer 30tägigen
Silierdauer nur noch sehr geringe Veränderungen im in vitroNährstoffabbau.
Das bedeutet, dass die Silierung an sich die ruminale Abbaubarkeit der NDS-Fraktion (v.a. Stärke) und den ELOS-Wert
erhöht, eine weitere Zunahme dieser Merkmale durch eine
längere Lagerdauer der Silage aber nicht zu verzeichnen ist.
Diese Aussagen scheinen für den in dieser Untersuchung einbezogenen TM-Bereich zu gelten. Etwas anders verhält es sich
nach Aussagen von NEWBOLD et al. (2006). In deren Untersuchungen war ein Anstieg der Stärkeabbaubarkeit mit zunehmender Silierdauer positiv mit dem TM-Gehalt korreliert. Bei
einem TM-Gehalt unter 30 % nahm die Stärkeabbaubarkeit im
Zeitraum von 2 bis 10 Monaten nach Einsilierung nur minimal
zu. Im Gegensatz dazu war die Zunahme der Stärkeabbaubarkeit bei einem Mais mit über 37,5 % TM in diesem Zeitraum
deutlich ausgeprägter.
Ähnliche Beobachtungen machten auch DOORENBROS und
van LAAR (2014). Hier führte ein höherer TM-Gehalt von 40 %
beim Ausgangsmaterial zu einem deutlich stärkeren Effekt der
Lagerdauer auf die Stärkeabbaubarkeit.
Nach einer Lagerdauer von 60 Tagen verändert sich die Stärkebeständigkeit bei Maissilagen, die einen TM-Gehalt von 28 bis 35 %
aufweisen, so gut wie nicht mehr.
Übersicht 4: Entwicklung des NDF-, Stärke- und ELOS-Gehaltes während des Silierprozesses
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Es scheint also einen Effekt durch den Reifegrad und damit
DER DIREKTE DRAHT
TM-Gehalt bei der Ernte zu geben.
Prof. Katrin Mahlkow-Nerge
Fazit
Fachhochschule Kiel, Fachbereich Agrarwirtschaft
Wird Mais mit einem TM-Gehalt von 28 bis 35 % geerntet, so
Tel.: 04331/845138
ist nach einer Silierdauer von 60 Tagen keine weitere bzw.
Email: [email protected]
nur noch eine minimale Veränderung der Stärkebeständigkeit
zu erwarten. Anders scheint es bei Maissilagen mit höheren
Stand: Juni 2015
TM-Gehalten zu sein. Bei derart trockenen Silagen nimmt der
ruminale Stärkeabbau auch im weiteren Silierverlauf noch zu.
Redaktion Proteinmarkt
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