THEMA DER WOCHE Das neue EU-Energielabel verbraucher

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Newsletter
11.02.2016
Daten | Fakten | Argumente
THEMA
DER
WOCHE
Das neue EU-Energielabel verbraucherund unternehmensfreundlich gestalten
Bewährtes Instrument
Die bisherige Energieverbrauchskennzeichnung gilt als Erfolgsmodell. 85 Prozent der Europäer verlassen
sich beim Kauf von Haushalts- oder Elektrogeräten auf die Angaben zur Energieeffizienz. Unternehmen nutzen
die Label gerne als Marketinginstrument. Und vor allem haben sie als Innovationstreiber für immer energieeffizientere Produkte gewirkt. Nach Angaben der EU-Kommission führen sie beim Primärenergie­verbrauch
bis 2020 zu Einsparungen von 26 Millionen Tonnen Rohöleinheiten jährlich. Durch den neuen Verordnungs­
vorschlag der Kommission sollen bis 2030 nochmals Einsparungen in Höhe von 17,2 Millionen Tonnen Rohöleinheiten jährlich hinzukommen – das entspricht dem Energieverbrauch aller baltischen Staaten.
Was kommt nach A+++?
Ausgerechnet die Innovationskraft der europäischen Unternehmen hat sich nun aber zum Problem für
die geltenden Regelungen entwickelt. In manchen Produktgruppen ballen sich inzwischen alle Geräte in
den obersten Effizienzklassen. Wer sich heute eine mit „A+“ ausgezeichnete Waschmaschine kauft, ist
vermutlich überzeugt, ein sehr sparsames Produkt zu erwerben. In Wahrheit handelt es dabei aber mittler­
weile um eines der am wenigsten effizienten Geräte, weil es mindestens 20 Prozent mehr Strom verbraucht als ein „A+++“-Gerät. Die Aussagekraft der Label ist damit eingeschränkt. Die Kommission schlägt
vor, für sämt­liche Produktgruppen zur ursprünglichen A-G-Skala zurückzukehren. Außerdem sollen nach
der Einführung neuer Label die Effizienzklassen A und B zunächst frei bleiben, um sich Raum für künftige
Effizienz­steigerungen zu lassen.
Eine Produktdatenbank
zur besseren Marktüber­
wachung?
Neben der verminderten Wirksamkeit der Label hat die EU-Behörde noch ein weiteres Problem ausgemacht. Sie schätzt, dass durch falsch gelabelte Produkte ca. zehn Prozent der geplanten Energieeinsparungen nicht realisiert werden. Die Lösung sieht sie in einer europaweiten Datenbank, in der die Hersteller den
Behörden alle Produktinformationen zur Verfügung stellen, die relevant sind, um die korrekte Einstufung
überprüfen zu können. Auch aus Sicht der deutschen Wirtschaft ist eine bessere Einhaltung der Vorgaben
notwendig, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Die vorgeschlagene Produktdatenbank
schafft jedoch neuen bürokratischen Aufwand, gefährdet die Sicherheit sensibler Unternehmensdaten und
birgt die Gefahr einer Ausweitung der „Prüfung nach Papierlage“ – zulasten realer Produkttests.
Freie Effizienzklassen
senden falsche Signale
Der Vorschlag, zunächst die Effizienzklassen A und B freizulassen, setzt zudem die falschen Anreize.
Spitzen­geräte, die mit „C“ gelabelt sind, dürften den Verbraucher kaum dazu bewegen, einen entsprechend
höheren Preis zu zahlen. Für die Hersteller dieser Produkte ist das verkaufsschädigend und für das Ziel
weiterer Effizienzsteigerungen ein „Eigentor“. Der DIHK fordert daher, maximal die oberste Effizienzklasse
freizulassen – eine Forderung, die auch der Rat der EU inzwischen aufgegriffen hat.
Der Handel braucht
mehr Zeit
Darüber hinaus müssen auch die Möglichkeiten des Handels realistischer eingeschätzt werden. Sobald
neue Label eingeführt werden, sollen Händler nur eine Woche Zeit bekommen, sämtliche Lagerware „umzulabeln“. Bei großen Lagerbeständen ist diese Vorgabe utopisch. Die Frist muss deutlich verlängert werden
– insbesondere, wenn man Fehler und damit Haftungsrisiken für die Unternehmen minimieren möchte. Der
europäische Gesetzgeber hat nun die Aufgabe, den Kommissionsvorschlag entsprechend nachzubessern.
Gelingt das, steht der fortgesetzten Erfolgsstory des EU-Energielabels nichts im Weg.
Ansprechpartner:
Mirko Fels, DIHK Brüssel, Telefon +32 2 286 1664
Die EU strebt bis 2030 eine Steigerung der Energieeffizienz um mindestens 27 Prozent an: „Energy Efficiency
First“ lautet die Devise der EU-Kommission. Eine prominente Rolle soll dabei die Überarbeitung der Richtlinie
für das EU-Energielabel spielen, die aktuell intensiv in Brüssel diskutiert wird.