30.11.2015 Schmerzen im Pflegeheim erkennen und beurteilen „Ich habe mich bewusst der Versorgung von Tumorpatienten gewidmet. Ich wusste, dass es mir nicht gelingt, die Misere in der Versorgung unserer alten Mitbürger aufzugreifen. Dieses Problem ist mir zu groß gewesen.“ Workshop im Rahmen des Fachtages „Demenz“ Auf dem letzten Weg – Begleitung von Menschen mit Demenz am Ende des Lebens 26. November 2015 im Schloss Waldthausen Esther Berkemer Vertretungsprofessur Pflegewissenschaft Dame Cicely Saunders (1918 – 2005) Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Wozu diese Leitlinie? Ziele dieser S3-Leitlinie • die Hälfte aller in einem Heim lebenden Senioren erhalten keine bzw. eine nicht adäquate Schmerztherapeutische Versorgung, obgleich sie an Schmerzen litten (Fox et al.,1999) • Insgesamt liegen wenig Daten zur Schmerzversorgung älterer Menschen in Deutschland vor (Dietl & Korczak, 2011) Optimierung der Schmerzerkennung als Voraussetzung einer gezielten Schmerzbehandlung für Bewohnerinnen in Einrichtungen der vollstationären Altenhilfe Evidenz bestehender Assessmentinstrumente zur Schmerzerfassung bewerten und Nutzen bzw. Verbesserungspotentiale zum Schmerzmanagement für die Versorgungspraxis aufzeigen • Es liegen mehrere Befunde über eine Fehl- bzw. Unterversorgung im Bereich Schmerzerkennung und -behandlung bei in Pflegeheim lebenden Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen vor (u.a. Fox et al.,1999; AGS, 2002; Sampson et al., 2005; Takai et al., 2010;van der Steen et al., 2010). • Die Prävalenz von Schmerzen bei pflegebedürftigen Menschen in stationären Einrichtungen (n=5761) in den Niederlanden, Finnland und Italien lag zwischen 32–57% (Achterberg et al., 2010) • Eine aktuelle repräsentative Erhebung bei selbst auskunftsfähigen Bewohnern in Berliner und Brandenburger Pflegeeinrichtungen ergab eine Schmerzprävalenz von 57% (n=560) (Dräger et al., 2013) Diplom-Gerontologin Esther Berkemer 2 3 Allgemeines Diplom-Gerontologin Esther Berkemer 4 Definitionen Methodik Die Internationale Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (IASP) definiert Schmerz wie folgt: „Eine unangenehme körperliche und emotionale Erfahrung, die in Zusammenhang steht mit einer tatsächlichen oder potenziellen Gewebeschädigung oder die mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“ Nach den Grundsätzen des „Deutschen Instruments zur methodischen Leitlinien-Bewertung (DELBI)“ Adressaten (Merskey & Bogduk 1994, S. 210). Altenpflegerinnen, Gesundheits- und Krankenpfleger, Ärzte, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten „Schmerz ist, was die schmerzleidende Person sagt, und existiert, wann immer sie es sagt.“ Logopäden, Psychologen und alle weiteren an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen Diplom-Gerontologin Esther Berkemer (McCaffery, Beebe & Latham, 1997, S. 30) 5 Diplom-Gerontologin Esther Berkemer 6 1 30.11.2015 Definitionen World-Café Was ist das? Ein „alter Mensch“ ist gemäß der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO, 2014) eine Person, die ≥65 Jahre alt ist. – Großgruppenverfahren, um Themen offen und kreativ zu bearbeiten Wie funktioniert das? – Alles Wichtige auf die Tischdecke aufschreiben, kritzeln, aufmalen – Ein Gastgeber bleibt am Tisch Stationäre Einrichtungen der Altenhilfe nach § 71 SGB XI : vollstationäre Einrichtungen, die Pflegeleistungen ganztägig anbieten, unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft Diplom-Gerontologin Esther Berkemer – Die anderen sind Reisende und tragen die Ideen weiter 7 Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Literaturbewertung World-Café Suchkriterien entwickeln Meine bisherigen Erfahrungen mit Schmerzerfassung bei Menschen mit Demenz im Pflegealltag sind… Auswahl der Studien Wie ermitteln Sie Schmerzen bei Menschen mit Demenz? Einschlusskriterien Wie erfolgt die Beurteilung der Hinweise? Ausschlusskriterien Bewertung durch 2 Rater Konsentierung mittels Delphi-Verfahren Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Beteiligte Personen Wie ist die Zusammenarbeit? DGSS (Deutsche Schmerzgesellschaft e. V.) 10 Konsensgruppe Internetportal, Reisekosten der Mitglieder aus der Steuergruppe DZNE (Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V.) Expertengruppe Beteiligte Fachgesellschaften (n=36) Individuelle Fahrtkosten der Delegierten Steuergruppe AG Assessment AG Screening AG Verlauf 11 Diplom-Gerontologin Esther Berkemer 12 2 30.11.2015 Empfehlungen der American Society for Pain Management Nursing Empfehlungen 1 Versuch der Selbsteinschätzung 2 Suche nach potentiellen Schmerzursachen 3 Beispiel: BESD-Skala (Herr et al., 2010) BESD = Beurteilung von Schmerzen bei Demenz Ursprüngliche Skala (Pain-AD) wurde in den USA entwickelt umfasst fünf Beobachtungskategorien: Beobachtung von Schmerzverhalten 4 Einholen von Ersatzinformationen seitens Pflegender und Angehöriger zu Schmerzen und Verhaltensänderungen 5 Evaluation des Patientenverhaltens zur medikamentösen Schmerzbehandlung Diplom-Gerontologin Esther Berkemer (Basler et al., 2006) (Warden et al., 2003) Atmung negative Lautäußerungen Gesichts- und mimischer Ausdruck Körpersprache Tröstbarkeit pro Item sind max. zwei Punkte zu vergeben Variierende Befunde: Ein ermittelter Punktwert von 2 indiziert eine Schmerztherapie (Zwackhalen et al., 2012), In einer anderen Studie liegt der Grenzwert bei 4 Punkten (Lukas et al., 2013) Mehr Infos unter: http://www.dgss.org/besd-videos/ 13 Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Vielen Dank Ausblick Konsensuskonferenz zu den Empfehlungen mit den beteiligten Fachgesellschaften im Februar 2016 Veröffentlichung der Leitlinie im Sommer 2016 Modellhafte Implementierung in Einrichtungen der stationären Altenhilfe geplant Kontakt: Esther Berkemer Vertretungsprofessur Pflegewissenschaft Hochschule Ludwigshafen am Rhein Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen E-Mail: [email protected] Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Quelle: fotolia Diplom-Gerontologin Esther Berkemer Literatur Achterberg, W. P., Gambassi, G., Finne-Soveri, H., Liperoti, R., Noro, A., Frijters, D. H. M., et al. (2010). Pain in European longterm care facilities: Cross-national study in Finland, Italy and the Netherlands. Pain, 148(1), S. 70-74. Basler, H. D., Huger, D., Kunz, R., Luckmann, J., Lukas, A., Nikolaus, T.et al. . (2006). Beurteilung von Schmerz bei Demenz (BESD). Untersuchung zur Validitat eines Verfahrens zur Beobachtung des Schmerzverhaltens. Der Schmerz, 20(6), S. 519526 Dietl, M. & Korczak , D. (2011). Versorgungssituation in der Schmerztherapie in Deutschland im internationalen Vergleich hinsichtlich Über-, Unter- oder Fehlversorgung. Schriftenreihe Health Technology Assessment (HTA) Bd.11. Köln: Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Fox, P. L., Raina, P. & Jadad, A. R. (1999). Prevalence and treatment of pain in older adults in nursing homes and other longterm care institutions: A sytematic review. 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