Do _ 14. apr 16 Peterskirche Basel 19.30 Uhr Konzert Nr _ 5 F re u n d e a l t e r M u s i k B a s e l Pax Patavina Johannes Ciconia und die Musik der letzten Carrara in Padua (1390 –1410) Konzert Nr _ 5 F re u n d e a l t e r M u s i k B a s e l Ka r te n Bider & Tanner _ Ihr Kulturhaus in Basel Am Bankenplatz / Aeschenvorstadt 2 _ Basel fon 0 6 1 _2 0 6 9 9 9 6 www.biderundtanner.ch BaZ am Aeschenplatz 7 _ Basel Infothek Riehen _ Baselstrasse 43 Stadtcasino Basel _ Steinenberg 14 Ensembe MALA PUNICA Pedro Memelsdorff _ Leitung Pax Patavina Johannes Ciconia und die Musik der letzten Carrara in Padua (1390 –1410) Programm Antonello da Caserta Or tolta pur me sey 1355 – 1402 Johannes Ciconia Padua, sidus preclarum 1370 – 1412 O felix templum jubila Albane misse celitus Con lagreme (intabulation) Petrum Marcello Venetum Merçé o morte O beatum incendium AnonymousGraduale: Universi te exspectant Alleluja: Ego sum pastor bonus Johannes Ciconia Venecie, mundi splendor O virum omnimoda veneracione dignum Ut te per omnes 2 Anonymous Occhi piangete Par che la vita mia Quellen: Bologna2216: Bologna, Biblioteca Universitaria, MS 2216 BolognaQ15: Bologna, Museo Inter nazionale e Biblioteca della Musica, MS Q.15 Fa117, Biblioteca Comunale Manfrediana, MS 117 Gua: Guardiagrele (Chieti), Chiesa di Santa Maria Maggiore, Cod. 1 Man: Lucca, Archivio di Stato, MS 184 and Perugia, Biblioteca Comunale Auguta, MS 3065 Ox213: Bodleian Library, MS Canonici Miscellaneous 213 München: Bayerische Staatsbibliothek, Handschriften-Inkunabelabteilung 352b (olim Mus. 3725) (Buxheimer Orgelbuch) Pad553: Padova, Archivio di Stato, MS 553 Pad1115: Padova, Biblioteca Universitaria, MS 1115 Paris Reina: Paris, Bibliothèque Nationale, MS fonds nouv. acq. français 6771; Siena36: Siena, Biblioteca Comunale degli Intronati, MS L.V.36; Stresa, Biblioteca Rosminiana, MS 14. Das Konzert hat keine Pause und dauert 65 Minuten. Die gesungenen Texte können am Konzertabend zum Preis von CHF 2.— erworben werden. Das Konzert wird von Schweizer Radio SRF 2 Kultur aufgezeichnet und am Montag, 29. 08. 2016 ab 22.00 Uhr in der Sendung Fiori musicali ausgestrahlt. (Wiederholung: 03. 09. 2016, ab 17.00 Uhr.) 3 Zum Programm – Pax Patavina – Johannes Ciconia und die Musik der letzten Carrara in Padua 1390-1410 Im Jahr 1412, dem Todesjahr Ciconias, veröffentlichte der einflussreiche paduanische Musiktheoretiker und Universitätsprofessor Prosdocimo de Beldemandis seine Abhandlung Contrapunctus, worin er sich gegen die Idee seines Vorgängers Marchetto da Padova wandte, den Ganzton in fünf Teile zu spalten. „Ein verlogener Schwindel“ sei das, welcher, Prosdocimo zufolge, die von ihm als moderniores bezeichneten Musiker seiner Zeit irregeführt hatte. Gelehrte vermuten, dass sich unter diesen moderniores auch Johannes Ciconia befand, der zwei hervorstechende theoretische Abhandlungen verfasste, Nova musica und De proportionibus, in denen er sich implizit den Theorien von Marchetto anschloss und sogar erweiterte. Aber Ciconia war anscheinend zu stark politisch vernetzt und geschützt, um eine öffentliche Kritik von Prosdocimo zuzulassen. Prosdocimos Vorsicht scheint nicht weiter überraschend. Neben rund zwanzig raffiniert komponierten italienischen und französischen Liedern (Madrigale, Ballaten, Kanons und Virelais) hinterließ Ciconia auch acht 4 Motetten, wovon die meisten den damals prominentesten Würdenträgern Paduas und Venedigs gewidmet waren, wie etwa Stefano Carrara, Albano Michele und Pietro Marcello (die jeweils 1402, 1406 und 1409 als Bischof von Padua ernannt wurden) sowie Michele Steno, Venedigs Doge ab 1400 und Francesco Zabarella, Bischof von Florenz und antipäpstlicher Kardinal ab 1410, zugleich Ciconias wichtigster Mäzen. Das vorliegende Programm beinhaltet eine Auswahl von Ciconias Motetten und Liedern, worunter sich vier nicht-isorhythmische Motetten befinden (Motetten also, die kein rhythmisches Wiederholungsschema aufweisen): O Padua sidus praeclarum, O felix templum jubila, Venecie mundi splendor und O virum omnimoda veneracione dignum. Die ersten zwei enthalten je einen einzigen poetischen Text – eine Rarität in dem Repertoire – wobei ein zweiter Gelegenheitstext für O Padua vermutlich geplant war. O templum, datierbar 1402-1405 und Stefano da Carrara gewidmet – aussereheliches Kind von Francesco il Vecchio da Carrara und Paduas Bischof unter seiner Herrschaft –, scheint wiederum nur einen einzigen Text vorgesehen zu haben. In Venecie mundi splendor und O virum omnimoda veneratione dignum werden dagegen unterschiedliche Oberstimmentexte einem teilweise textierten Tenor 5 entgegengestellt. Während Venecie mundi splendor Venedigs 63. Dogen Michele Steno nennt, und deshalb nach dem venezianischen Sieg über Padua 1405 datierbar ist, mag O virum omnimoda veneratione dignum noch vor Ciconias Ankunft in Padua komponiert worden sein, denn darin werden sowohl St. Nicholas von Trani als auch Tranis 1393 gewählter Bischof Jacobus Cubellus genannt. Die norditalienische Verbreitung der Motette ist jedoch in drei veneto-lombardischen Quellen belegt: Ciconias Hauptquelle, die Handschrift Bologna Q.15, und zwei weitere Handschriften, die in Bologna und Siena aufbewahrt sind. Siena L.V.36 scheint einige paläographischen Eigenschaften mit einer theoretischen Abhandlung des Giorgio Anselmi da Parma zu teilen; Bologna 2216 beinhaltet interessante Miserere nobis Domine Tropen, die wir in unserer Aufführung aufgenommen haben. Drei der Motetten sind hingegen isorhythmisch: Albane misse celitus, Petrum Marcello Venetum und Ut te per omnes. Sie teilen Ciconias herausragende Fähigkeit, komplementäre Aussagen oder gegensätzliche melodische Figurationen zu vergleichen, die sich an parallelen Stellen einer zweiteiligen, spiegelartigen Gesamtstruktur wiederfinden. Darüber hinaus weist aber Petrum Marcello Venetum auch rhythmische 6 Diminutionschemen in beiden Hälften auf, welches eine etwas komplexere – auch längere – Form Aa Bb ausmacht. Zu Ciconias Liedern zählt die Ballata Merçé o morte, die dem Genre der Desperate angehört: bittere Klagelieder, die Schmerz und Unverständnis thematisieren. Merçé zitiert zwei Verse aus Petrarcas Canzoniere Sonett 130, die sich wiederum auf den 41. Psalm und auf Ovids Metamorphose X, 75 beziehen: Orpheus Klage über den zweiten Tod Eurydikes, lacrimae alimenta fuere („Tränen waren meine Nahrung“). Mit dem Contrafactum O beatum incendium wird schließlich ein devotionaler lateinischer Text – in sich eine Verarbeitung eines dem Hl. Bernhard zugeschriebenen Jubilus – dem französischen Abschiedstext Aler m’en veus gegenübergestellt, welches ein Netz intertextueller Anspielungen zwischen beiden Gedichten schafft: adieu la flour, fontayne de douchour, beatum incendium, ardens desiderium, dulcis refrigerium, mea delectatio, amoris consummatio. Das Programm beinhaltet auch einige anonyme Werke, die wohl zur Zeit Ciconias in Padua im Umlauf waren, wie auch eine Ballata von Antonello da Caserta und einige instrumentale Intabulierungen. 7 Antonellos Or tolta pur me sey und das anonyme Occhi piangete sind in der Form der pseudo-populären Siciliane komponiert – Ballaten, die durch einen oft eng geführten, phrygischen zweistimmigen Kontrapunkt, Liebe und Schmerz sowie die Bitterkeit des Abschieds thematisieren. Letzteres Stück erwähnt dabei eine donna real und legt dadurch Zeugnis für das einzig erhaltene Klagelied auf Königin Giovanna d’Angiò von Neapel ab, die 1382 im Gefängnis ermordet wurde. Auf ihren Tod folgten innere Unruhen und Auswanderungsbewegungen nach Nord italien, was die Überlieferung neapolitanischer Texte und Lieder in Quellen erklärt, die in Padua um 1400 angefertigt wurden – wie etwa die des von einer Auswanderin gesungene Emigrantenlied Par che la vita mia – das unser Programm neben Occhi piangete abschliesst. An der Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert waren die paduanischen Zuhörer wohl am stärksten den unterschiedlichen italienischen und internationalen musikalischen Repertoires ausgesetzt – eine Tendenz, die die musikfeindliche Reform der religiösen Orden – so zum Beispiel die der Santa Giustina-Benediktiner –, wie auch der Sieg der Venezianer über die Armee Carraras 1405, abrupt umkehrten. Pedro Memelsdorff MALA PUNICA Seit seiner Gründung 1987 steht das vokal-instrumentale Ensemble Mala Punica unter der Leitung von Pedro Memelsdorff und widmet sich ausschließlich der Musik von Ars Nova und Ars Subtilior – diesen prächtig-extravaganten, polyphonen Repertoires, die sich gegen Ende des Mittelalters über ganz Europa ausbreiteten. Im Zuge einer langen und höchst erfolgreichen Laufbahn trugen die über vierhundert Konzerte und acht Einspielungen des Ensembles dazu bei, solche Komponisten wie Paolo da Firenze, Matteo da Perugia, Antonello und Filippotto da Caserta oder Antonio Zacara da Teramo in der neuzeitlichen Wahrnehmung vollständig zu rehabilitieren, wobei sie in vielen Fällen überkommene Ansichten zu deren Werken ändern und neue Massstäbe für die Aufführung mittelalterlicher Musik einführen konnten. Die Aufnahmen von Mala Punica (bei den Labels Arcana, Erato, Harmonia Mundi und Ambroisie) erhielten über dreißig internationale Auszeichnungen – darunter mehrere Diapason d’Or de l’année, Choc Übersetzung: Marc Lewon 8 9 Monde de la Musique, 10 de Répertoire, Prix Joker, die Cæcilia-Auszeichnung der belgischen Musikkritik, den Prix Studio in Polen, den Edison Award in Holland, den Premio Vivaldi in Venedig, Amadeus, Classica, den Cannes Award und viele weitere. Künstlerresidenzen brachten das Ensemble nach Royaumont in Paris, zum AMUZ-Zentrum in Antwerpen, an die University of California in Davis, zum György Ligeti Festival Milano Musica/Teatro alla Scala in Mailand und an die Harvard University in Cambridge (Massachusetts/USA). Das Ensemble trat erfolgreich an den berühmtesten Bühnen Europas sowie Nord- und Südamerikas auf. Darunter befanden sich Konzerträume in Amsterdam, Antwerpen, Aranjuez, Barcelona, Basel, Bergen, Berlin (Kathedrale und Konzerthaus), Bogotá, Boston (BEMF und Harvard), Brüssel (Philharmonie), Buenos Aires, Cuenca, Kopenhagen, Fribourg, Gdansk (Actus Humanus), Ghent (De Bijloke), Graz (Styriarte), Hamburg (Buzerius), Innsbruck (Festwochen der Alten Musik), Leuven, Lissabon, London (Queen Elizabeth Hall at Southbank), Lucerne Festival, Madeira, Mexico City (Festival de México), Miami (Tropical Baroque), Mailand (San Maurizio), Moskau (December nights), Neapel (Turchini), New York (Gotham EMF, MB1800, Americas Society), Perugia (Amici della Musica), 10 Prag (Prague Symphony Orchestra), Rom (Auditorium Parco della Musica), Rotterdam, Paris (Théâtre de la Ville, Cité de la Musique), Palermo, Ravenna, Riga (International Bach Music Festival), Sevilla, St. Petersburg (Academy Glinka Capella und Little Philharmonic), Toulouse, Utrecht Festival, Wien (Konzerthaus und Musikverein), York EMF, Saragossa, Zürich. Das jüngste Programm des Ensembles, Exile, wird im Juli 2016 in Saintes (Frankreich) erstaufgeführt. Die folgenden Konzertreisen führen nach Österreich, Finnland, Frankreich, Holland, Portugal und Polen. 11 Ensemble MALA PUNICA Barbara Zanichelli _ Anne-Kathryn Olsen _ Markéta Cukrová _ Alessandro Carmignani _ Gianluca Ferrarini _ Raffaele Giordani _ Sopran Sopran Mezzosopran Countertenor Tenor Tenor Helena Zemanová _Vielle Pau Marcos _Vielle Pablo Kornfeld _ Tasteninstrumente Pedro Memelsdorff _ Blockflöte und Leitung Fotos: MALA PUNICA 12 13 Pedro Memelsdorff _ Leitung Der musikalische Leiter, Blockflötist und musikwissenschaftliche Mediävist Pedro Memelsdorff wurde in Argentinien geboren und lebt seit 1977 in Europa. Seinen Abschluss in Blockflöte und Alter Musik erhielt er an der Schola Cantorum Basiliensis und dem Sweelinck Conservatorium Amsterdam. Seine Dissertation in Musikwissenschaft wurde von der Universität Utrecht mit dem Prädikat cum laude gewürdigt und erhielt den Fünfjahrespreis „Jan Pieter Heije“. Als Musiker war er seit 1981 Mitglied in Jordi Savalls Hesperion XXI und seit 1984 Mitglied des Duos Pedro Memelsdorff-Andreas Staier. Mit beiden Ensembles trat er weltweit auf und wirkte an Referenzeinspielungen mit. 1987 gründete er das vielfach ausgezeichnete Ensemble Mala Punica. Für Forschungen zu spätmittelalterlichen Repertoires und Quellen war er Fellow der Villa I Tatti (The Harvard University Center for Italian Renaissance Studies in Florence) und ist zur Zeit Affiliate Researcher der Universität Utrecht, Mitherausgeber des Basler Jahrbuch für historische Musikpraxis und Mitglied der Studiengruppen „Transmission of Knowledge as a Primary Aim in Music Education“ und „Tablatures“ der International Musicological Society, sowie Mitglied der wissenschaftlichen Beiräte des 14 Foto: Victor Sokolovics Journal of the Alamire Foundation, der Miami Bach Society, von DIAMM (Digital Images Archive of Medieval Music, Oxford), und der „Ars nova“Reihe von LIM (Libreria Musicale Italiana in Lucca, Italien). Memelsdorff war Gastprofessor an mehreren Institutionen in Europa, Amerika und Japan, sowie Leiter für den Master in Alter Musik an der Escola Superior de Música de Catalunya in Barcelona (Spanien). Er war Leiter der Schola Cantorum Basiliensis (Basel, Schweiz) und ist seit 2006 Leiter des Seminars für Alte Musik an der Fondazione Giorgio Cini in Venedig (Italien). Im Frühjahr 2010 war er Ernest-Bloch-Lecturer an der University of California in Berkeley und 2014 Distinguished Blodgett Artist an der Harvard University. Seit September 2015 ist er künstlerischer Leiter des Festivals Festtage Alte Musik Basel. Er ist Mitherausgeber von Coping with the Past. Creative Perspectives on Conservation and Restoration (mit Pasquale Gagliardi und Bruno Latour), Autor einer zweibändigen Monographie zum Codex Faenza 117 für LIM und veröffentlicht regelmäßig in Fachzeitschriften. 15 Gestaltung www.dagmarpuzberg.de H i n w e i s a u f d a s n ä c h s t e K0 n z e r t der Freunde alter Musik Basel: Di _ 21. jun 1 6 19.30 Uhr Martinskirche Basel 6 _ 4er-Abo Messa e Salmi op. 36 Maurizio Cazzati (1616 – 1678) VOCES SUAVES ENSEMBLE OPERA PRIMA Francesco Saverio Pedrini _ Leitung Geschäftsführung / Konzertmanagement Freunde alter Musik Basel Claudia Schärli L e o n h a r d s s t r a s s e n r. 6 _ Postfach _ CH-4009 Basel f o n + 4 1 _ 6 1 _ 2 6 4 5 7 4 3 f a x +41_ 61 _ 26457 13 email [email protected] http://www.famb.ch 16 K ar t e n Bider & Tanner _ Ihr Kulturhaus in Basel Am Bankenplatz / Aeschenvorstadt 2 _ Basel fon 0 6 1 _ 2 0 6 9 9 9 6 www.biderundtanner.ch BaZ am Aeschenplatz 7 _ Basel Infothek Riehen _ Baselstrasse 43 Stadtcasino Basel _ Steinenberg 14
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