Tyndallblau-Struktur von Federn im Elektronenmikroskop

Zeitschrift fiir Zellforschung 56, 693--708 (1962)
Aus dem Zoologischen Institut der Universit~t GieBen und dem Institut fiir Biophysik
und Elektronenmikroskopie der Medizinischen Akademie Diisseldorf
T Y N D A L L B L A U - S T R U K T U R VON F E D E R N
IM E L E K T R O N E N M I K R O S K O P
Von
W. J. SCHMIDT und H. RUSKA
Mit 11 Textabbildungen
(Eingegangen am 29. Dezember 1961)
Inhaltsiibersicht
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I. Tyndallblau-Struktur bei Cotinga cotinga . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Tyndallblau-Struktur bei Ara ararauna . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III. Tyndallblau-Struktur bei Garrulus glandulariu8 . . . . . . . . . . . . . . . .
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite
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Einleitung
Am Aufbau der Feder~ste (Rami) sind zweierlei sehr unterschiedlich gebaute
Zellen der gleichen epidermalen tterkunft beteiligt: au~en liegt ni~mlich eine
Schicht yon Rindenzellen, nach der L~nge des Ramus gestreckt, an beiden Enden
zugesch~rft und parallel der Oberfl~che des Federastes abgeplattet. Jede yon
ihnen ist mit einem Keratinmantel aus l~ngsverlaufenden Tonofibrillen versehen,
der Cytoplasma und Zellkern und dazu bei gef~rbten Federn die Pigmente (z. B.
Melanin, Lipochrom) umschliei3t. Mit der Verhornung schwinden Kern und
Cytoplasma und es verbleiben in dem vom Mantel umgrenzten ,,intramoenialen"
R a u m gegebenenfalls die Pigmente. Fehlen sie, dann legt sich der Keratinmantel
yon der Flachseite der Zelle her zusammen, so da{3 der genannte R a u m verlorengeht oder nur noch in Resten sich erh~lt.
Innen im Ramus liegt in der Regel ein Strang yon Markzellen, yon gewShnlich
polyedrischer oder rundlicher, manchmal kfistchenartiger, gelegentlich nach der
L~nge des Ramus etwas gestreckter Gestalt. Die Markzellen erleiden keine Abplattung, sondern wahren nach der Verhornnng den ursprfinglichen Umfang.
Entweder umschlieI3en sie einen einzigen grol~en Luftraum (gew6hnliche Marlczellen, auch im Federschaft), oder aber enthalten zahllose kleine Lufteinschlfisse,
deren GrS~e nahe an oder unter der Grenze lichtmikroskopischer AuflSsung liegt
( K~istchenzellen, Strukturblau-Zellen ) .
Die luftdurchsetzte Masse der letztgenannten Zellen wirkt als,,tri~bes M e d i u m " .
Ein solches besteht ans zwei rein zerteilten Komponenten yon verschiedener
Brechzahl und erscheint im Auflicht blau, im Durchlicht gelblieh-rot, wie es
TYNDALL im Jahre 1868 ffir Wasser geschildert hat, das zahllose feinste TrSpfchen
einer MastixlSsung enth~lt. Theoretisch wurde das Ph~nomen yon Lord RAYLEmH
im Jahre 1871 gekl~rt: ])a die Lichtstreuung reziprok der 4. Potenz der Wellenl~nge ist, wird blaues Licht etwa 16mal mehr gestreut als rotes. Dringt also
weil~es Licht in ein trfibes Medium ein, so ist nach Durchlaufen einer gewissen
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W . J . Scm~IDTund H. RUSKA:
Schicht sein kurzwelliger Anteil so stark geschw~cht, dab praktisch nur mehr
langwelliges Licht fibrigbleibt. Die Streuung des blauen Lichtes in der erst durchlaufenen Schicht erfolgt allseits und daher macht es sich in Aufsicht bei jeder
Beobachtungsrichtung bemerkbar. Das trfibe Medium mul~ vor einem dunklen
Untergrund liegen, damit das durchgelassene langwellige Licht absorbiert und
nicht durch Reflexion ins trfibe Medium zurfickgeworfen wird. Solche Reflexion
tritt aber auch auf, wenn die lichtstreuende Schicht zu dick wird; alsdann ist
das auf der Oberfl~iche austretende Licht weil~ (s. S. 703, Eichelhs
Das trfibe Medium der Blaustruktur besteht aus den Komponenten Lu/t und
organisches Fachwerk; der dunkle Untergrund wird gewShnlich yon Markzellen
A b b . 1 ~ u. b. Garrulus glandularius. F e d e r ~ s t e m i t K ~ s t c h e n z e l l e n (in C a n a d a b a l s a m e i n g e s c h l o s s e n ) ,
A u f l i c h t ( U l t r o p a k ) , 3 4 5 : 1 . a B l a u e Stelle. b ? ~ b e r g a n g y o n B l a u z u S c h w a r z
mit braunem oder schwarzem Melanin gebildet. Die in der Blaustruktur befindliche Luft l~Bt sich durch geeignete Flfissigkeiten (z. B. Xylol) am querdurchschnittenen Mark leicht verdr~ngen, was darauf hinweist, daI~ nicht vSllig abgeschlossene LuftkKmmerchen vorliegen. Pressen oder H~mmern blauer Federteile
drfickt das Fachwerk zusammen und die Luft heraus. Nach solchen Eingriffen
verschwindet das Tyndallblau und die dunkle Melaninfarbe tritt hervor.
VOLKER (1952) hat beobachtet, dab bei strukturblauen Federn yon Cotinga
maynana das absorbierende Melanin durch ein Lipochrom vertreten wird, dessen
Violett beim Pressen der Feder in ein lebhaftes Rot umschls
ein Vorgang, der
s
bei anderen lipochromffihrenden Cotingidenfedern zu beobachten ist, auf
dessen Wesen hier nicht nKher eingegangen werden kann. Pressen einer blauen
Feder yon Cotinga maynana hebt daher die Wirkung des trfiben Mediums auf und
erzeugt zugleich den Rotumschlag des Lipochroms, so dab die vorher blaue
Feder nun rot erscheint.
GewShnlich bilden die Markzellen im Ramus einen axialen Strang, dessen
Querschnitt sich distalw~rts verringert, so dab oft nur noch eine einfache Reihe
Tyndallblau-Struktur yon Federn
695
hintereinander
gelegener
Z e l l e n f i b r i g b l e i b t , j a diese
vereinzelt
auftreten
und
schliei~lich
verschwinden,
womit der Ast nur noch
a u s R i n d e n z e l l e n b e s t e h t 1.
A b b . 1 g i b t als B e i s p i e l
einer
Blaustruktur
zwei
S t i i c k e v o n F e d e r ~ s t e n des
E i c h e l h ~ h e r s ( Garrulus glandularius) ira A u f l i c h t : a
z e i g t eine b l a u e r z e u g e n d e
Stelle, d e r e n K ~ s t c h e n z e l l e n
mit ihren polygonalen Umrissen h i e r u n d d o r t a b g r e n z b u r s i n d ; b b e t r i f f t das l~bergangsgebiet zwischen blauen
und schwarzen Querstreifen
d e r F a d e r (s. S. 703); h i e r
s i n d die B l a u z e l l e n z u m T e i l
imbibiert oder mit Melanin
erffillt, w o b e i die L u f t v e r dri~ngung y o n i h r e m R a n d e
n a c h i n n e n f o r t s e h r e i t e t , so
d u b einige Z e l l e n s c h w a r z
umrahmt erscheinen, andere,
vollkommen dunkel geword e n , das in d e r Tiefe g e l e g e n e
M e l a n i n e r k e n n e n lassen.
1 Nach DESSELBERGER(1930)
sollen die lipochromgefiillten Zellen yon Cotingiden modifizierte
Markzellen sein; es wiirde also
diesen Rami Rindenmasse fiberhaupt fehlen; I~GE MATT~R~
(1956) hat sich dieser irrigen
Ansieht angeschlossen und unterscheidet ,,massive" (lipochromfiihrende) und ,,lufterfiillte Markzellen". Die lipochromhaltigen
Zellen sind aber nach licht- und
elektronenmikroskopischer Untersuchung (Beobachtungen letzter Art werden wir demnachst
verSffentlichen) durch ihren Keratinmantel aus l~ngsverlaufenden Tonofibrillenbiindeln eindeutig als Rindenzellen gekennzeichnet.
Abb. 2 a u. b. Cotingacotinga, a Teil vom Querschnitt eines
lipochromgeft~rbten Federastes, Ty~dallblau erzeugende Markzellen, unten an Rinde stol3end, oben zwei Zellgrenzen sichtbar.
Schaumstruktur, im Kreis Fibrillenquerschnitte in den Wabenwandem 15000 : 1. b Ausschnitt yon der rechten Bildh~lfte,
"Wabenw~nde vielfach durchlSchert oder angeschnitt~n. 30000 : 1
696
W.J. SCHMIDTundH. RUSXA:
W~hrend die physikalische Seite der Blauerzeugung durch spezialisierte
Markzellen schon frfihzeitig erkannt wurde (HA]~CKE~ 1890, HgCKER U. MEYER
1901) und das Zusammenwirken yon Blaustruktur mit Pigmenten mehrfach
erforscht wurde (so auch die Grfinentstehung durch ~berlagerung yon Tyndallblau-Struktur mit gelb pigmentierter Rinde), blieb die einwandfreie Aufkl~rung
der Struktur dem Elektronenmikroskop vorbehalten: FRANK U. RUSKA (1939)
gaben zuerst solche Bilder nach Paraffinschnitten der K~istchenzellen yon Pitta
maxima, die in Xylol ausgewaschen waren; sie widerlegten an Hand dieser Pri~parate mit dem Elektronenmikroskop die frfiher vertretene Deutung als ,,R6hrchenstruktur" durch den Nachweis einer ,,schwammig-wabigen Feinstrul~tur".
Sp~ter hat NISSEg (1958) mit der heute fiblichen Technik erlangte elektronenmikroskopische Bilder der Tyndallblau-Zellen des Melopsittacus undulatus gebracht, in deren Geriist l~ngliche Melaningranula eingelagert sind. Diesen
letzten wandte er haupts~chlich seine Aufmerksamkeit zu. Den Inhalt der
Tyndallblau-Zellen bezeichnet er als ein ,,wabiges Gitterwer]c" mit einer Maschenweite yon durchschnittlich 0,1--0,2 ~u. Er ffihrt auch ein Bild mit Grenze zwischen
zwei Markzellen vor, jedoch ohne nghere Erlguterung.
Wir haben die Tyndallblau-Struktur vornehmlich im Elektronenmikroskop
bei drei Formen untersucht, n~mlich an den Asten der lipoehromffihrenden,
violettroten Federn yon Cotinga cotinga ( = coerulea), weiter an einer tie/blauen
Feder des Papageien Ara ararauna und schlieBlich an dem klassischen Objekt,
den hellblauen Federteilen yon Garrulus glandularius (Eichelh~her). Von den
Cotingafedern waren einige zur Extraktion des Lipochroms (das sich in den
Tyndallblau-Zellen nicht finder !) mit Eisessigdampf behandelt, andere in Osmiums~ure fixiert; beide Eingriffe ffihrten an den Tyndallblau-Zellen zu keinem Unterschied gegenfiber Material, das in seinem natfirlichen Zustande geschnitten
wurde. Von diesen drei Objekten erwies sich Cotinga als das gfinstigste : die zarten
Federchen lie~en sich leichter schneiden. Die Einbettung erfolgte in Vestopal,
die Schnittrichtung ging senkrecht zum Federast und die Schnittdicke betrug
ann~hernd 0,1 # und mehr.
I. Tyndallblau-Struktur bei Cotinga cotinga
Nicht alle violetten Federn der Cotinga cotinga besitzen Markzellen mit
Tyndallblau-Struktur in ihren ~sten, sondern manchen fehlen sie v611ig. Aber
auch wo sie vorhanden, macht sich ihre Anwesenheit dem unbewaffneten Auge
nieht bemerkbar. Erst unter dem Greenough-Mikroskop sieht man im Auflieht,
dal~ Feder~ste der letzten Art sieh yon den Strahlen dureh einen mehr bl~ulichen
Farbton unterseheiden. Zu dieser geringen Wirkung der Blaustruktur tr~gt auch
der Mangel einer Melaninunterlage bei; client doch die Lipochromf~rbung der
Rindenzone hier in ~hnlicher Art als dunkler Untergrund, wie V6LKER (S. hier
S. 694) es fiir Cotinga maynana besehrieben hat.
Die Tyndallblau-Struktur bei Cotinga ist ein Schaumwerk: das zusammenh~ngende feste Material wird yon gew6hnlich kugeligen kleineren und gr61~eren
lufterfiillten Hohlr~umen durehsetzt, deren meist feine W~nde zum Teil durchbrochen sind (Abb. 2 a). Dal~ hier ein Schaum und nicht etwa ein Geriist vorliegt,
bekundet zun~ehst der Mangel an Balkendurchschnitten. Weiter zeigen sieh an
vielen Stellen Wabenw/~nde yon der Fl~che. Wird eine solche gew61bte Wand
Tyndallblau-Struktur yon Federn
697
angeschnitten, so verr~t sich die Entfernung der Kalotte durch ein helles rundliches leeres Areal, das yon einem breiteren dunkleren Rand, der Wabenwand,
umschlossen ist (Abb. 2b). Auch Abb. 3 a li~Bt die Schaumnatur erkennen: ein
groBer Tell des Bildes erscheint grau mit kleineren und grSBeren hellen zart umrandeten Anschnitten yon Wabenwi~nden. Die Schaumkammern halten meist
eine gewisse DurchschnittsgrSBe ein (0,2#). Jedoch treten auch sehr kleine auf, wie
Abb. 3 b sie darbietet; hier f~llt die KammergrSl~e yon links nach rechts rasch ab,
so dai3 schlieBlich eine hohlraumfreie Masse hinterbleibt. Andererseits kSnnen
die Sehaumkammern sehr grol~ werden (Abb. 2a oben links); dann nehmen ihre
W~nde an Stiirke ab. Die K~mmerchen sind vielfach nicht vSllig gegeneinander
abgeschlossen, sondern h~ingen hier und dort durch LScher in den Zwischenwi~nden zusammen, was ihre Erfiillung mit Flfissigkeit leicht macht. Daher
A b b . 3 a u . b . Cotinga cotinga. S c h a u m e i n e r TyndaUblau-Zello. 1 5 0 0 0 : 1 . a A n g e s c h n i t t e n e W a b e n .
b V o n l i n k s n a c h r e c h t s r a s c h e s A b n e h m e n d e r W a b e n g r S B e , w a s schliel~lich eine k o m p a k t e Masse
e n t s t e h e n laBt
haben wir, strenggenommen, eine ,,Durchdringungsstruktur" vor uns, bei der
jede der beiden Komponenten in sich zusammenh~ngend ist.
Die K~mmerchen sind - - wie bei einem Sehaum zu erwarten - - vornehmlich
kugelig (s. Abb. 4 a - - e ) . Jedoch stSBt m a n auf Stellen mit ellipsoidisch verzerrten K~mmerchen, deren grol~e Aehsen nach einer Richtung, etwa parallel
einer Zellgrenze, ausgerich~et sind (Abb. 2 b u. 4 d). Alsdann liegt ein anisometrischer
Schaum vor, der als StSbchenmischk6rper im Sinne yon O. WIENER aufgefaB~
werden kann, aufgebaut aus zwei Komponenten yon verschiedener Breehzahl,
dem festen Gerfist und den davon umsehlossenen gestreekten regelm~Big geordneten bl~sehenartigen Luftr~umchen. Ein St~behenmisehkSrper aber erzeugt
Textur-Doppelbreehung; solehe wurde yon W. J. SCHMIDT (1951) an der Tyndallblau-Struktur yon Garrulus beobachtet (s. hier S. 705f).
Die Grenzen der Tyndallbtau-Zellen betraehten wir zuns
da, wo diese ehlander beriihren. Hier zeigen sich ziemlieh dicke, fiber lange Strecken verfolgbare
Linien (Abb. 4a), die rein gewellt verlaufen, entsprechend dem Aneinanderlegen
der K~mmerehen benaehbarter Zellen an der Berfihrungsfl~che. Der wellige
Verlauf der Grenze tritt besonders da hervor, wo die K~mmerchen beiderseits
davon etwas gegeneinander versehoben sind und die Trennungslinie unaufhSrlich
hin und her geknickt wird wie in Abb. 4b. I n den bisher betraehteten Bildern war
die Grenzfl~che senkrecht durchschnitten; steht sie aber schief zur Bfldebene
(Abb. 4c c), dann verschwimmt die Trennungslinie, indem der Eindruek
entsteht, die Schaumstruktur gehe fiber die Linie hinweg aus der einen in die
andere Zelle welter. Bei noch sehr~gerem Schnittverlauf erseheint die Grenze
698
W . J . SCI-IMIDTund H. Rvs~A:
wabenfrei (Abb. 4f, oben). Wo drei Zellen zusammentreffen (Abb. 4c), vereinen
sich ihre Grenzen zwickelartig.
Gelegentlich stSl3t man auf Markzellen, deren Grenz/lSche in etwas grSl3erer
Ausdehnung angeschnitten ist, sei es, dal3 zwei derartige Zellen einander berfihren
Abb. 4 a--f.
Cotinga cotinga.
Grenzgebiete aneinanderstoBender
Tyndallblau-Zenen.
15 000 : 1.
a . b Z w c i Zcllen m i t s e n k r e c h t d u r c h s c h n i t t e n e r G r e n z e . c D g l . d r e i Z e l l e n , w o b c i z w i s c h e n d i e (beiden unteren) Rinde ein Stiick welt sich eindrgtngt, d Schrag durchschnittene Zellgrenze, Wabe~
elliptisch verzerrt, m i t d e r grol3en A c h s e n a c h d e r Z e l l g r e n z e a u s g e r i c h t e t , e Schief, f N o c h s c h i e f e r
durchschnittene Zellgrenze
Tyndallblau-Struktur von Federn
699
(Abb. 5a), sei es, dal~ sie mit der Rinde in K o n t a k t stehen (Abb. 5b). N/~hert
die Schnittebene sieh der Zelloberfl/~che, so werden zun/~chst einzelne der grenzbildenden Sehaumkammern flach angeschnitten, dann Gruppen yon solehen und
sehliel~lich ausgedehnte Bereiehe. Die letzten erscheinen wie eine Membran, in
der Vorw61bungen (Abb. 5a) oder Eindellungen (Abb. 5b, oben links) wahrzunehmen sind, verursacht durch die anstoBenden K/~mmerehen.
Bisweilen (Abb. 2a unten und 4e) senkt sich eine Rindenzelle zwisehen zwei
Markzellen etwas ein und scheint in deren Grenzlinie iiberzugehen ; dies ist jedoch
eine T/~usehung; denn Tyndallblau-Zellen sind yon der Rinde stets scharf geschieden
Abb. 5a u.b.
Cotinga cotinga. M a r k z e l l e n
benachbarter
Zellen.
ober/ldichlich a n g e s c h n i t b e n , a A u f d e r
b Auf der Grenze gegen die Rinde. 15000:1
Grenze
zweier
(Abb. 6): die dem Markstrang anliegenden Rindenzellen sind stark abgeplattet
und ihr Keratinmantel (Kin) umschlieBt den yon Lipochrom (L) erf/illten intramoenialen R a u m (das Pigment war im vorliegenden Falle durch Behandlung der
Feder mit Eisessigdampf zum Teil herausgelSst). Die Tyndallblau-Zellen schmiegen sich nun denen der Rinde an, derart, dab die freien R~nder ihrer/~uBersten
Sehaumk/~mmerchen einen Grenzsaum (S) liefern, der entsprechend der ebenen
AuBenseite der Rindenzellen geradlinig verl/~uft, so wie bei einem Fliissigkeitsschaum, der einer Glaswand anliegt. I m Grunde genommen vollzieht sich also
die Abgrenzung yon Tyndallblau-Struktur gegen Rinde in der gleichen Art wie
zwischen zwei Markzellen, n~mlich durch Anpassung der/s
Wabenw/s
an das anstoBende Material. Derartiges Verhalten bezeugt, dab die Blaustruktur
in ihrer Entwieklung das Stadium eines Schaumes durchlief, dessen K a m m e r w/s
in einem flfissig-geligen Zustand sich befanden.
Eine eigentliche Zellmembran yon submikroskopischer Dieke, wie sie vielfach
bei Zellen der verschiedensten Art im Elektronenmikroskop nachgewiesen ist,
lieB sich an den vorliegenden Bildern yon Markzellen nicht erkennen, obwohl
ihre Anwesenheit zu erwarten w/~re.
Der Zusammenhalt benaehbarter Tyndallblau-Zellen vollzieht sieh also
wesentlieh anders als dort, wo Hornzellen sich durch die vorragenden Enden yon
Tonofibrillenbiindeln reiBversehluB/~hnlieh verzahnen, wie das besonders sehSn
700
W . J . SCI:IMIDTund H. RUSKA:
Abb. 6 a--c.
Cotinga cotinga. O s m i e r t e r F e d e r a s t . 22 500 : 1. G r e n z b e g i e t y o n R i n d e u n d M a r k .
Km Keratinmantel der ans Mark sto•enden Rindenzellen. L Ihr Lipochrompigment (durch Behandeln
mit Eisessigdampf teilweise entfernt). S Randsaum des Schamnes, gebildet yon den der Rinde
anliegenden Wabenw~tnden (M)
a n d e n plagt~n ann/~hernd rechteckigen Zellen y o n F e d e r s t r a h l e n zu b e o b a c h t e n
ist: hier v e r l a u f e n die Tonofibrillenbiindel ausschliel~lich in d e r L a n g s r i c h t u n g
des S t r a h l e s u n d r a g e n a n den quer fiber den S t r a h l v e r l a u f e n d e n Zellgrenzen
Tyndallblau-Struktur von Federn
701
y o n beiden Seiten her v o r u n d greifen ineinander. Die T y n d a l l b l a u - Z e l l e n a b e r
h a f t e n d u r e h Koh/~sion 1 (Verklebung) in fast ebener Grenzfl/~ehe. Tonofibrillenbfindel, die sieh den a n V e r z a h n u n g beteiligten vergleichen lassen, fehlen den
T y n d a l l b l a u - Z e l l e n ganz u n d gar.
Stellenweise erseheinen die W ~ n d e d e r S e h a u m k a m m e r n dort, wo zwei y o n
ihnen z u s a m m e n s t o S e n , s t a r k v e r d f i n n t (Abb. 6a); d a m i t t r e t e n die Zwiekel
A b b . 7 a - - d . A r a a r a r a u n a . F e d e r a s t q u e r , Gerik~tstruktur d e r T y n d a l l b l a u - Z e l l e . 1 5 0 0 0 : 1. a, b B a l k e n werk mit eingelagerten st~bigen Melaningrannla.
c, d G r e n z g e b i e t y o n R i n d e ( R ) u n d M a r k ( M )
zwischen den K a m m e r n auffallend hervor. Solche Zust/~nde u n d eine z u n e h m e n d e
DurehlScherung d e r dfinngewordenen Trennungsw/~nde leiten v o m S c h a u m zu
einem Gerfist fiber, wie es bei A r a u n d Garrulus vorliegt (s. S. 702f).
Vereinzelt l i n d e n sieh in den Wabenw/~nden dunkle punktartige Gebilde (Abb. 2 a
im Kreis), bei d e n e n es sich u m D u r e h s c h n i t t e feiner F i b r i l l e n h a n d e l n diirfte, die in
den Wabenw/~nden verlaufen ; zeigen sie sich doeh bisweilen s t r i e h a r t i g getroffen.
Der S c h a u m der T y n d a l l b l a u - Z e l l e n m u g gem/~$ seiner Lage in d e r Zelle
rings u m den z e n t r a l e n ehemals v o m K e r n e i n g e n o m m e n e n H o h l r a u m - -
-
-
1 Von der GrSBe der Kohasionskrafte gewinnt man eine anschauliche Vorstellung angesichts der Harte vieler Gesteine, die aus zahllosen kleinen Kristallen bestehen, oder gar
beim Anblick einer frei fiber das Meer vorragenden Felsmasse, deren gewaltiges Gewicht die
Koh/~sion nicht zu fiberwinden vermag.
Z. Zellforsch., Bd. 56
47
702
W.J. SCn~DT und H. RUSKA:
aus Cytoplasma hervorgehen. Am n~chsten liegt die Vorstellung, dab im Zellplasma zahlreiche /li~ssigkeitsge/i~llte Vakuolen auftreten, die, dicht aneinandergedr~ngt, das weiche Material zwischen sich in einen Schaum verwandeln. Das so
gebildete Schaumwerk wird starr, bleibt aber zun~chst plastisch deformierbar;
so entstehen durch mechanische Kr~tfte die anisometrischen Kammern, die in
Richtung des Zuges verl~ngert sind. Dann erstarrt der Schaum und sehlieBlich
verdunstet die in seinen Kiimmerchen enthaltene Flfissigkeit, womit Lu/t in das
Geffige eindringt. Zur Kl~rung der Einzelheiten dieser Vorg~nge sind histogenetische Untersuchungen erforderlich, die wegen der Schwierigkeit, Entwicklungsstadien yon VSgeln mit Tyndallblau-Struktur zu erhalten, nicht im Rahmen
dieser Untersuchung erledigt werden kSnnen. Sind wir doch sogar fiber das
Eindringen der Luft in die gewShnlichen Markzellen noch nieht ausreichend
unterriehtet (s. bei BIEDERMANN 1928, S. 204--207). Zur Zeit wird man daher
nur betonen kSnnen, dal~ vor dem Eindringen yon ~ul~erer Luft in das Cytoplasma
das Schaumwerk schon ausgebildet ist.
Es ist k a u m zweifelhaft, dal~ der erstarrte Schaum aus Keratin besteht, also
seine Verfestigung auf der Ausbildung yon Disulfidbindungen zwischen Polypeptidketten beruht; denn mehrmaliges Erhitzen eines Federchens auf dem
Objekttriiger unter Deckglas in konzentrierter Schwefels~ure zerstSrte den Zusammenhang des Schaumes nicht. Eine Strukturierung der Schaumkammerwi~nde
ist in unseren Bildern nicht zu erkennen ; jedoch w~re es denkbar, dal~ die fibrill~re
Grundtextur des Cytoplasmas in die Kammerw~nde fibernommen wird, derart,
dal~ feinste Mikrofibrillen nach allen Richtungen in der Schaumkammerwand
verlaufen.
II. Tyndallblau-Struktur bei
Ava
ararauna
Die benutzte Feder yon Ara ararauna erschien dem unbewaffneten Auge auf
ihrer Oberseite tie/dunkelblau, auf der Unterseite gelblich. Jedoch erkennt man
bei Betrachtung mit der Lupe, dal~ die Federdste himmelblau sind. Diese Farbe
zeigt sich auch bei sti~rkerer VergrSl~erung im Auflicht (Ultropak), so dab also
der Farbton dieser Papageienfeder an den ~sten in Wirklichkeit derselbe ist wie
beim Eichelhiiher. Die Ursache fiir die Dunkelung des Strukturblaus liegt in der
Melaninpigmentierung der ansitzenden Federstrahlen; Aste und Strahlen kann
das unbewaffnete Auge aber nicht trennen, sondern sie verschmelzen ibm in
einem einheitlichen Farbton. Bei Ara ararauna finden sich auch grfine Federn,
hervorgerufen - - wie bekannt - - durch gelbe Rinde fiber dem Markstrang mit
Tyndallblau-Zellen.
H~lt man eine solche griine Feder mit dem Schaft horizontal, mit der Fahnenfl~che fast vertikal vor sich, w~hrend ihre Aul]enseite beleuchtet wird, und blickt
senkrecht abwi~rts, so zeigt sich ein auffallend helles, prachtvoll samtartiges
Griin. Jkhnliches Verhalten bietet auch die blaue Feder dar; ihre Farbe ist merklich heller als in Fl~chenansicht. Diese Erscheinungen beruhen darauf, dal] bei
der gewithlten Stellung der Feder die zwischen den blauerzeugenden J~sten
gelegenen dunkelpigmentierten Federstrahlen nicht sichtbar sind, also die Tyndallblau liefernden Aste allein zur Wirkung kommen.
Das, was bei Cotinga nur in bescheidenem MaBe geschieht, n~mlich die
Durchl6cherung der Schaumkammerw~inde, findet sich bei Ara (und Garrulus) welt
starker ausgepr/igt. Auch hier wird in der Ontogenese zun~chst ein Schaum ent-
Tyndallblau-Struktur von Federn
703
stehen, der durch Verdfinnung und anschlieBende Perforation der Kammerw/~nde
in ein Gerfistwerk fibergeht. Solche Struktur (Abb. 7 a) gibt sich bei Ara sogleich
an dem Fehlen fl/ichenhaft sichtbarer Kammerw/inde zu erkennen. Das Fachwerk besteht also aus den nach der DurchlScherung der Kammerw/inde v o m
Schaum fibriggebliebenen ziemlich derben Balken, die rundlich polygonale
Maschen umschlieBen. I n den vorliegenden Schnitten zerf/fllt das Geriist in
Areale, die hier und da durch Verbindungen fiberbrfickt werden; wieweit an
solchen Bildern Schnittartifakte beteiligt sind, Stficke aus dem Gerfistwerk
herausgebrochen wurden, bleibt ungewiB.
Auffallende Ver/inderungen erleidet das Maschenwerk da, wo st/~bige an den
Enden abgerundete Melaningranula meist gruppenweise darin eingelagert sind.
Die Maschenbildung paBt sich den Granula an, so dab 5frets zwischen ihnen
Str/~nge hervortreten, deren trabekulare Gestaltung deutlich ist (Abb. 7b).
In den vorliegenden elektronenmikroskopischen Bildern von Ara fanden
sich keine Grenzen zwischen benachbarten Markzellen, wohl aber Stellen, an
denen Tyndallblau- und Rindenzellen sich begegnen (Abb. 7 c, d). Wenn es auch
auf den ersten Blick scheinen mag, als ob hier die Gerfistbalken wie abgeschnitten
aufhSrten, so zeigt doch n/~here Betrachtung, dab zu /~uBerst stark verdfinnte
Wabenw/inde erhalten bleiben und sich der Rinde anschmiegen, so dab wie bei
Cotinga (und Garrulus s. S. 705) ein Randsaum entsteht.
Die Rindenzellen bieten keine Besonderheiten dar. Manche yon ihnen enthalten Melaningranula im intramoenialen R a u m (Abb. 7 c) ; wo sie fehlen (Abb. 7 d)
legt sich der Keratinmantel yon beiden F1/ichen her so dicht zusammen, dab das
ehemalige Vorhandensein dieses Raumes nur noch durch eine zarte Linie angedeutet wird.
III. Tyndallblau-Struktur bei Garrulus glandularius
Bekanntlich ist beim Eichelh6her eine Gruppe yon Fliigeldeck/edern abwechselnd schwarz und blau quergestreift, wobei die sckwarzen Binden an ihrem
distalen Rand scharf abschlieBen, w/~hrend sie proximalw/irts in zun/~chst dunkles,
dann helleres Blau fibergehen, das, schlieBlich fast weiB werdend, an die basalw/~rts
folgende Binde anstSBt, scharf dagegen abgesetzt. Es finden sich aber auch an
den Handschwingen/ihnliche Stellen mit weniger ausgepr/~gtem Blau. Bemerkenswert ist, daB die Tynda]lblau zeigenden Astabschnitte dicker sind als die dazwischen befindlichen schwarzen (W. J. SCHMIDT 1949).
Gelegentlich kommen Albinos beim Eichelh/~her vor. Einige Deckfedern
eines solchen Stfickes aus dem normalerweise blauen Gebiet liel3en ffir das unbewaffnete Auge nur die Melaninbinden schwach hervortreten, am distalen Rande
scharf, an anderen verschwommen begrenzt, so wie beim normalen Tier (s. oben) ;
von Tyndallblau aber zeigte sich keine Spur. Dieses Bild des albinotischen Blaugebietes kann man einigermaBen nachahmen, indem eine normale Blaufeder
mit Chlor (Chloratren) gebleicht und anschlieBend aufgehellt wird (zur Behebung
der Blauwirkung). Es beruht also das Verschwinden der blauen Stellen beim
Albino einerseits auf Melaninschwund, andererseits auf der mangelnden Ausbildung der K/~stchenzellen, indem an deren Stelle gewShnliche Markzellen
getreten sind, so da6 jetzt die pigmentierten und die dazwischengelegenen Abschnitte der Aste yon gleicher Dicke sind.
Z. Zellforsch., Bd. 56
47a
704
W.J. SCHMIDTund H. ~USKA
Wie bei Ara, so stellt auch bei Garrulus die Tyndallblau-Struktur ein Maschenwerk dar, jedoch mit dfinneren Balken, wohl im Zusammenhang mit der geringeren
A b b . 8. Garrulus glandularius. F e d e r a s t q u e r . 20 000 : 1. G r e n z g e b i e t z w e i e r T y n d a l l b l a u - Z e U e n ,
G e r i i s t m i t g r u p p e n w e i s e e i n g e l a g e r t e n M e l a n i n g r a n u l a . S S a n t o d e r T y n d a l l b l a u - Z e l l e n ( M ) a n tier
R i n d e (R)
Tyndallblau-Struktur
yon Federn
705
Gr513e der Eichelh/iherfedern. Das Gerfist (Abb. 8) ist dicht und im allgemeinen
gleichm~l]ig naeh allen Richtungen des Raumes entfaltet; jedoch finden sich
Stellen, an denen ein vorherrschender Balkenverlauf zutage tritt, eine Ausbildung
undeutlicher Parallelziige (Abb. 9). An manchen Stellen (Abb. 8, untere Zelle
und Abb. 9) erscheinen fadenartige Bildungen, welche die Gerfistmaschen
durehsetzen.
Aueh bei Garrulus umschlieBt das Gerfist sti~bige, an den Enden abgerundete
Melaningranula (Abb. 10 a und b), teils l~ngs, teils quer geschnitten, meist gruppenweise auftretend. Den Granula sich anpassend erfi~hrt das Gerfist zwischen ihnen
eine deutliehe VergrSberung; manchmal bilden sich hier lamellenartige Anteile
aus, die an ihrem Rande in das gewShnliche Masehenwerk iibergehen (Abb. 10b,
A b b . 9.
Garrulus glandularlus,
l % d e r a s t quer. 22500:1. Geriist a u s
Maschen leicht n a c h d e r H o r i z o n t a l e n o r i e n t i e r t
einer TyndaIlblau-Zelle,
oben). Werden die Melaningranula sehr reichlich (Abb. 10e), dann verschwindet
das Gerfistwerk zwischen ihnen fast ganz. Nach Ausweis liehtmikroskopischer
Untersuehung gehSren Tyndallblau-Zellen mit Melaningranula dem Gebiet eines
Federastes an, in dem ein blaues Band allm~hlieh in ein sehwarzes fibergeht.
Die Grenzen zwisehen benaehbarten Tyndallblan-Zellen yon Garrulus (Abb. 8)
verhalten sich s
wie bei Cotinga und Ara; ]edoch tritt die Wellung der
Grenzlinie mehr zurfiek. Auch Abb. 10a enthi~lt oben eine schr~g verlaufende
Zellgrenze.
Uber die Grenze zwischen Tyndallblau-Zellen und Rinde gibt Abb. 8 Aufsehlul]. In den Rindenzellen (R) ist der intramoeniale l~aum fast vSllig versehwunden. Das Gerfistwerk tier TyndaIlblau-Zellen (M) sehliel~t mit einem dunklen
Saum (S) gegen die Rinde ab ; er geht aus den oberfl~ehlichen W~nden der ~ul~ersten
Geriistmaschen hervor, die hier manchmal an Sehaumkammern erinnern. Indem
so die Geriistbalken nicht etwa wie abgeschnitten an der Rinde aufhSren, sondern
dieselbe Art des Anschmiegens statthat, wie bei Schaumstruktur, wird die
urspriingliehe Anlage des Gerfistwerkes als Schaum offensichtlieh.
Die lu/tge/iillten Tyndallblau-Zellen yon Garrulus zeigen an nicht zu diinnen
Querschnitten des Federastes Texturdoppelbrechung yon positivem Vorzeiehen
zur Tangente an die Zelloberfls
(W. J. SCHMIDT1951). Daraus ist zu schliel~en,
dab die Geriistmasehen in dieser Richtung gestreckt sind, da die Theorie der
706
W.J. SCHMIDTund H. RUSKA:
Texturdoppelbrechung verlangt, dab die groBe Aehse der wirksamen Indexellipse stets parallel der bevorzugten Dimension des Geffiges verl~uft. Wenn
diese Anisometrie im elektronenmikroskopischen Bild nur andeutungsweise hervortritt, so ist zu bedenken, dab die Doppelbrechung einen Mittelwert des Balkenverlaufs f/Jr eine Sehicht angibt, die bei einem 1 0 - - 2 0 # dicken Schnitt mehr als
100mal so dick ist, als die im Elektronenmikroskop gepriifte.
Abb. 11 a und b zeigen den gleichen lufthaltigen Querschnitt durch einen
blauen Federast yon Garrulus, der bei verschiedener Belichtungszeit unter Verwendung einer QuecksilberhSchstdrucklampe zwischen gekreuzten Polars auf-
Abb. 1 0 a - - c .
Garrulus glandularius. F e d e r a s t quer.
1 5 0 0 0 : 1 . a - - c Geriist a u s T y n d a l l b l a u - Z e l l e
m i t e i n g e l a g e r t e n Melanh~granula
genommen wurde. Der Federast hat in seinem nach aufien gerichteten Teil
ovalen UmriB, der sich nach innen in eine Leiste fortsetzt, welche auf einer Seite
ausgekehlt ist. Der Schnitt ist zwischen den gekreuzten Polars so orientiert, dab
die groBe Achse des Ovals der Schwingungsrichtung des Polarisators parallel
geht. Man erkennt nun (Abb. l l a), wie der ~ui~ere Teil des Querschnittes, bestehend aus Rinde und K~stchenzellen, aufleuchtet, da yon einem dunkIen
Kreuz (mit fehlendem unterem Balken) durchsetzt, wo er sich in AuslSschstellung
befindet. Deutlieh gibt sich auBen die Rinde und, innen daran anstol~end, die
Lage der K~stchenzellen zu erkennen, die gegen die Leiste hin niedriger werden;
ihre seitlichen Grenzen sind sichtbar. Die StSrke der Doppelbrechung der luftgefiillten Tyndallblau-Zellen iibertrifft die der Rinde. Das Innere des Federastes
bleibt dunkel, well hier die gewShnlichen Markzellen (ohne Schaumstruktur)
liegen; vor allem die an die K~stchenzellen anstoBenden Markzellen ffihren
Melaningranula. Der l~nger belichtete luftffihrende Schnitt (Abb. l l b) zeigt in
seinem oberen Teil wiederum das Polarisationskreuz ; die sehr kr~ftig aufleuchtenden K~stchenzellen lassen sich yon der Rinde nur undeutlich sondern, wegen
~berstrahlung. J e t z t tritt auch an den inneren pigmentfreien Markzellen hier
und da Doppelbrechung hervor.
Bringt man einen Querschnitt yon einem blauen Federast des Garrulus in
Canadabalsam (Abb. 11 c), so wird die Luft aus den Kitstchenzellen verdr~ngt.
Tyndallblau-Struktur von Federn
707
Damit sinkt deren Doppelbrechung sehr stark ab und erscheint jetzt viel schw/icher
als die der Rinde. Diese schwaehe Doppelbrechung ist wohl als Eigendoppelbrechung des Geriistwerkes in den Tyndallblau-Zellen zu betrachten. Der Sehnitt
in Abb. 11 c ist so orientiert, dab die groBe Achse des Ovals sieh in Diagonallage
befindet; infolgedessen liegen die auslSsehenden Stellen um 45 o gedreht gegenfiber Abb. l l a und b. Weiter aber ist eine ~/16-Platte eingeschaltet, die um
einen geringen Betrag gegen die
AuslSschstellung in ihrer Ebene
gedreht ist (Brace-KShler-Kompensator). Infolgedessen sieht
man einerseits das Sehfeld etwas
aufgehellt, andererseits aber die
Kiistchenzellen am oberen Rand
des Bildes (zwischen den beiden
Kreuzbalken) verdunkelt, an den
Seiten dagegen erhellt. Aus der
Kenntnis der Lage der Indexellipse in der Glimmerplatte und
des gew~hlten Drehungssinnes
1/~l~tsich, wie bier nicht n~her ausgefiihrt werden kann, erschlieBen, dab die gro/3e Achse der Indexellipse in den K~stchenzellen
tangential zum Umrii] des Querschnittes verliiuft, also das Vor- Abb. l l a - - c . Garrulus glandularius. Q u e r s c h n i t t d u r c h
e i n e n b l a u e n F e d e r a s t . 3 8 0 : 1 . a, b M i t l u f t e r f i i l l t e n
zeichen positiv zu dieser Richtung
KastchenzeUen.Pol. +. Texturdoppelbrechung dieser
ist und demnaeh die Gerfistma- Zellen. c I n C a n a d a b a l s a m : Pol. x , ,1/16-Glimmerplatte,
auBen R i n d e , d a r u n t e r die s c h w a c h e i g e n d o p p e l b r e c h e n schen der Tyndallblau-Struktur
den Kastchenzellen
in dieser Richtung gestreckt sind.
Ubrigens gilt das gleiche Vorzeichen auch ffir die Eigendoppelbrechung der
Rinde; denn unter Wirkung der drehbaren Glimmerplatte verdunkelt und erhellt
sie sich an den gleichen Stellen, wie die daruntergelegenen K/~stchenzellen. Es
sei noch bemerkt, dab die Tonofibrillen in den Rindenzellen wesentlich nach der
gr6Bten Zellachse verlaufen, also im Ramus 1/~ngs ziehen, jedoch mit Abweichung
entsprechend der in Fli~chenansicht spindeligen Form der Zellen. Infolgedessen
werden die Tonofibrillen der Rindenzellen auf dem Querschnitt des Federastes
nut ein wenig schris zu ihrer L/~nge getroffen, weshalb die Rinde auf ihrem
Querschnitt sehr viel schw/icher wirkt als am L/~ngsschnitt des Astes.
Zusammenfassung
1. Die aus dem Cytoplasma hervorgehende Tyndallblau-Struktur in den
K~stchenzellen der Feder/~ste yon Cotinga cotinga, Ara ararauna und Garrulus
gtandularius zeigt im Elektronenmikroskop bei der erstgenannten Form den Charakter eines Schaumes, dessen K/immerchen durch 0ffnungen in den trennenden
W/~nden zusammenh/~ngen, bei den beiden anderen aber mehr das Verhalten eines
wabigen Geriistes. Es liegen Anzeichen daffir vor, dab auch bei den beiden letzten
Formen die Tyndallblau-Struktur als Schaum angelegt wird, dann aber durch Verdfinnung und vielfaches Durchbrechen der Kammerwi~nde in ein Geriist fibergeht.
708
W . J . Scn~mT und H. RusKA: Tyndallblau-Struktur yon Fedem
2. Neben isometrischer Ausbildung y o n Schaum und Geriist finder sich auch
anisometrische, n/imlich gleichsinnige ellipsoidische Verzerrung der Schaumk a m m e r n bzw. Geriistmaschen. Die so deformierten Gebiete stellen Wienersche
St/ibchenmischk6rper aus den K o m p o n e n t e n ,,feste S t r u k t u r " und ,,Luft" dar
und rufen Texturdoppelbrechung der B l a u s t r u k t u r hervor. Diese wird bei
Garrulus n/iher geschildert.
3. Man wird es als wahrscheinlich ansehen kSnnen, dal~ die U m w a n d l u n g des
Cytoplasmas in Schaum in der Weise vor sich geht, dab zun/~chst zahllose dichtgedr/ingte mit Fliissigkeit gefiillte Vakuolen auftreten, die das zwischen ihnen
liegende fliissig-gelige Cytoplasma zu einem Schaum verformen, der d a n n erstarrt.
4. W o benachbarte Tyndallblau-Zellen sich berfihren, schmiegen sich ihre
oberfl/ichlichen Schaumk/~mmerchen von beiden Seiten her dicht aneinander und
vermitteln so in fast ebener Grenzfl/~che den Zusammenhalt der Zellen durch
Koh~sion (Verklebung). Die bekannte reil]verschlu$/ihnliche Verzahnung y o n
Hornzellen durch ineinandergreifende E n d e n yon Tonofibrillenbiindeln ist bei
Tyndallblau-Zellen nicht mSglich, da vergleichbare Tonofibrillenb/indel fehlen.
5. Auch gegen die Rinde der Feder/~ste grenzen sich Schaum oder Geriist
durch Anschmiegen der oberfl/~chlichen K/immerchen ab, deren Aul3enw/~nde hier
einen glatten , , R a n d s a u m " ]iefern.
6. Eine echte Membran konnte bisher an Tyndallblau-Zellen nicht beobachtet
werden.
7. Bei Ara und Garrulus umschliel~t die Blaustruktur hier u n d da st/~bige, an
den E n d e n abgerundete Melaningranula, deren F o r m das Geriist sich anpal]t.
Fr/iulein CttRISTIADIELIEBICtI war uns bei der Durchftihrung der elektronenmikroskopischen Arbeiten eine wertvolle Hilfe.
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Prof. Dr. W. J. SC~rHID~,
Prof. Dr. med. H. RUSKA,
Zoologisches Institut der Universit/~t
Institut ffir Biophysik und ElektronenGiellen a. d. Lahn,
mikroskopie der Medizinischen Akademie
Ludwigstr. 32
Diisseldoff, Moorenstr. 5