vonhundert : Onkomoderne // article /100 http://vonhundert.de/2014-12/628_onkomoderne-zueck.php /11-2015 /05-2015 /12-2014 /07-2014 /Archiv /Impressum Onkomoderne Soziale Eiszeit 2014:Dez // Christina Zück Startseite > 12-2014 > Onkomoderne Soziale Eiszeit Am Wochenende vor der Art-Week-Eröffnung hatte Roseline zu einer Vernissage oder Performance – die Email-Einladu ebenso wie der Titel, „Doom Spa – Vanitas Canapé – The Fo Bloody Youth“, mysteriös – in die Russisch-Römische S Stadtbad Mitte eingeladen. Spätabends war ein gem Saunagang geplant, nur Frauen und das dritte Geschlech dabei sein, weiße Bademäntel tragen und eine Frucht mitbri zum Essen bereit sei. Vor dem Eingang des ambulanten Reha im Stadtbad wartete bereits eine Gruppe gutaussehend gekleideter Frauen. Gemeinsam mit einer Freundin stieß ich grüßten freundlich und wurden von einer Wolke unang Beklemmtseins umfangen. Der Kreis öffnete sich nicht für merkt man ja gleich wieder, dass man bei einer Kunstvera angekommen ist, lachte meine Freundin. Unsere Gespräch sich immer wieder darum gedreht, dass es eigentlich Irrsin einem beruflichen Umfeld zu arbeiten, das weder Anerkennu gemeinschaftlichen Zusammenhalt, noch ein ausre Einkommen zu bieten hat. Dass es gleichzeitig unmöglich künstlerische Arbeit und unser Werk im Stich zu lassen. Hint Gruppe erkannte ich eine alte Freundin und blickte lange hin, schien mich nicht zu erkennen. Keine Brille dabei? Oder war wieder die Zuweisung an den Platz außerhalb der als bedeu erlebten Peer-Gruppe? Der Plan schien zu sein, miteinander der Sauna zu liegen und ein temporäres Gemeinschaftlichk gegen die eisige Wettbewerbsgesellschaft zu performen. Rose nun herunter und öffnete uns die Tür zum Reha-Zentrum, d wir außerhalb der Öffnungszeiten den Weg nehmen musste ging es an Rollatoren, Rollstühlen und Gehhilfen, die im Gang Fahrstuhl aufgereiht waren und die uns atmosphärisch künstlerisch modifizierte Ü40-Wellness einstimmten. Im dritten Stock der ehemaligen Volksbadeanstalt, die 192 Gartenstraße im Stil des Neuen Bauens errichtet wurde, w noch eine kleine Sauna mit Dampfbad betrieben. Im Haupt Tauchbecken und Duschen befinden sich vier farbi Expressionisten Max Pechstein gestaltete Glasfenster. Einig Blei eingefassten Glasmalereien zeigen Frauenfiguren mit Torso, die kleine Kinder um sich haben, ihnen die Hände auf legen und sie im Arm halten. Es ist das Motiv„Herbst“, das zu 1 von 4 23.03.16 15:10 vonhundert : Onkomoderne // article http://vonhundert.de/2014-12/628_onkomoderne-zueck.php mit „Winter“ (einem bärtigen Mann, der von einem anderen Mönchsgewand an der Schulter gehalten wird, beide fächerartigen weißen Blüten oder stilisierten Schneeflocken u zum Zyklus „Die vier Jahreszeiten“ gehört. Auf einem and wird ein Kind von einer Frau mit goldenen Strahlen übergo Wasser andeuten. Rote Spiralwirbel bilden sich im Hinterg wären sie Pflanzen. Auf einem anderen Bild, das ebenfalls zu „Das Bad als Jungbrunnen“ gehört, wird ein liegender m Mann mit fliederfarbenem Hüfttuch von einem anderen M einem goldenen Füllhorn voller Früchte übergossen. Die Bild den bräunlich grau geklinkerten Raum sakral wirken, und neuen Situation, aus dem Wellness-Alltag in die Kunstbe hineingeführt, erinnerten sie uns daran, wie schwierig es g ist, künstlerisch eine ähnliche Imagination von Üppigkeit zu e Bilder von Fülle und Sinnlichkeit werden in der aktuelle vorwiegend vom Kitsch oder der Werbeindustrie okkup Ruheraum des Saunabetriebs hat Roseline nichts verändert, Raumteilern aus lackiertem Furnierholz, Stahlröhre orangefarbenem Markisenstoff möbliert, einer Bistrot Baumarkt-Ästhetik und Liegen auf Drahtgestellen. An den gestrichenen Wänden hängen die gewohnten Digitalfotodr Leinwand mit Motiven von Gräsern im Sonnenuntergang u aufs Meer hinausführenden Holzbrücke. Zeitgenössische Kunst kann sich nur noch negativer, kritischer oder i Methoden bedienen, um als solche in einem bürokratisch gew Kunstsystem als ernstzunehmend bewertet zu werden. Bezugnahme auf die Glasfenster und das in der Emailank verschickte „Anthropophagische Manifest“ des brasil Schriftstellers Oswald de Andrade erstellte Roseline Installation das übliche Netz aus kulturellen Verweisen, da dominierende recherchebasierte oder neo-konzeptuelle notwendig geworden ist. Neben den Liegen, verborgen hint der Raumteiler, begegneten wir einem Kapuzenmann in Frottee – der Komponist Felix Profos – der sphäris Meditations-CDs erinnernde Musik auf einem Keyboard spiel der Glastür zum zentralen Raum hin hatte Roseline eine gro aus Silikon („Untitled (Metabolism)“) wie einen Vorhang an den man beim Hereintreten beiseite schieben musste. D erinnerte an ein Bild von Rothko, auf einem in Blau und Rot Hintergrund breitete sich ein riesiger brauner Fleck mit Re Riffelblech-Mustern aus. In der feuchten, warmen Umgebun das Material einen unangenehmen chemischen Geruch zu ve Wir begannen mit den Saunagängen. Die meisten der Frau um die 40 und Bekannte und Kolleginnen aus dem Kuns Entspannungsarbeit war nun unumgänglich. Gesprächslo freundliches Networking, sich gut präsentieren mit erfolgreichen und scheiternden Projekten, Erregung unterdrü inneren Reinigung aus allen Poren ordentlich schwitzen. Dan Eispool springen. Auf der Bahre liegend dem Meeresraus Meta-Bedeutung zuhören. Zwischen Alles-super-Finden und Beobachtung pendeln. Mehr Wahrnehmung, mehr Details, Zusammenhänge, alles gleichzeitig. Vor diesen Tätigkeiten ich mich normalerweise genau in diese Sauna. Die Verniss ihren Weg dorthin, wo sonst Fremde nackt, demokratisch und still einen körperlichen Extremzustand genossen. Es war zu dass mit uns Besucherinnen auch etwas Außergewöhnliches sollte. Die Kunst will raumgreifen, die Erfahrung, das Wi Körperzustände wollen erkundet und erlernt und ihr Poten 2 von 4 23.03.16 15:10 vonhundert : Onkomoderne // article http://vonhundert.de/2014-12/628_onkomoderne-zueck.php höchstmögliche Intensität, ihre Bestimmung will erreicht we Gespräch während eines Schwitzgangs drehte sich ums Geb paar der Besucherinnen hatten gerade Kinder bekomm erzählte, wie die Mütter auf der Gebärstation ihre E verglichen, dass es bei manchen viel sanfter, viel unkomplizierter verlief und dass man sich sofort schlech wenn’s bei einem selbst Komplikationen und Schmerzen ga bei den Presswehen wird noch Konkurrenzdenken betriebe eine ihrer Freundinnen. Naja, die andere, je mehr man leid enger soll ja die Bindung zum Kind sein. Draußen im Raum mit den Pechstein-Fenstern präsentierte neben dem kleinen Tauchbecken aus Edelstahl nach und nach Arbeiten. Auf den Beckenrand legte sie ein Grabbouq künstlichen Blumen, braunen Silikonhäufchen mit einge Pflanzen- und Wurzelteilen, einem gelben Gummihandsc einem weißen Styroporherz, das ich zuerst für ein herz Vollkornbrot mit Fetakäsescheibe hielt, „Vanitas Canapé I (M is in Front of a Cemetery)“. In kleinen Häppchen wurden bar wenig an benjaminsche Allegorien erinnernde Assoziationen Ekel und Verfall kredenzt. Im Dampfbad-Raum waren tran Arbeiten, in Epoxitharz gegossene Silikonkleckse in ha Farbtönen, aufgestellt, die an innere Organe, zerquetschte oder Kaulquappen erinnerten. Wir holten sie raus und schaut Licht an, man musste an die eingefrorenen Föten denken, d als Aufreger durch die Medien gehen, die neue Mode de Freezing. Weil es eine Debatte gab, die ein Kind mit dem Ve Karrierechancen in Verbindung brachte, ließen berufstätige F Silicon Valley fruchtbare Eizellen einfrieren, bis sie die Ze würden, sie wieder aufzutauen und befruchten zu lassen. D war eine Timeline. Negativbilder des Klonens und der zeitop Menschenproduktion wurden in den Berichten und wachgerufen, sowie der von der Reproduktionsmedizin ges Diskurs ihrer Verharmlosung und Normalisierung. Diese Vors passten gut ins Dampfbad – in Kunstharz gegossen und mit l Ekel und bösem Humor an die Wand gehängt. Harz klang Herz, das jemandem tiefgekühlt, plastiniert und im Qu geöffnet in Gunther von Hagens Labor abhanden gekommen mehrmals durch das Mikroskop der Metareflexion vergröße hier die Objekte des weiblichen Sich-schlecht-Fühlens ausges mit dem Essen und dem Körper zu tun haben soll. Irgendw zu erwarten, dass Künstlerinnen solche Themen bearbeiten, u „Doom Spa“ wurden die falschen Erwartungen erstmal erfü das freudmäßig stereotype Verdrängte schlug bei Roseline bewusst und grotesk zurück – die dunkle Unters Leistungsbeschleunigungsgesellschaft ließ sich fruchtbar wie aus den Eierstöcken pressen. Im Ruheraum stand ein größere mit den Früchten, die die Gäste mitgebracht hatten. Ich gri Tüte voller Süßigkeiten und zog ein braunes Fruchtgummitie igitt, eine handtellergroße Spinne. Wieder reinstopfen ging musste sie aufessen. Schmeiß sie ins Wasser, meinte jema irgendein dunkler Impuls zwang mich dazu, sie tatsächlich Der Zuckerflash zog mir von innen jede Flüssigkeit aus dem Neben dem Becken präsentierte Roseline noch ein paar Arbeit Eine transparente Silikonscheibe schwamm im Wass vergrößerte Kontaktlinse mit eingegossenen echten Kontaktli dem Relief eines Mundes, auf dem eine Fliege saß. Ein groß Silikonteppich mit bräunlichen bis rötlichen Farbformen, di Querschnitt einer Blutwurstscheibe erinnerten, oder den einer 3 von 4 23.03.16 15:10 vonhundert : Onkomoderne // article http://vonhundert.de/2014-12/628_onkomoderne-zueck.php der die Plasmateilchen schwimmen: „Vanitas Canapé III (The of Bloody Youth)“wurde auf dem nassen Boden ausgebreitet. mir gut. Trotz der Erhitzung passierte auf der Erlebniseben den gewohnten sozialen Verkümmerungen nichts besondere Besucherinnen. Am Ende waren wir aufgeweicht und mü Wohlfühlen lief einer kritischen Haltung entgegen. Soviel Ve blieb auch weiterhin verdrängt, Freud hätte sich amüsiert, sowieso, der Leerlauf und Wiederholungszwang der zeitgen Kunstproduktion, und überhaupt die zum Körpe Wahrnehmungstraining mutierte Lebendigkeit. Und irgendwa alles auftauen und metabolisch zurückschlagen. ©2006-2016 vonhundert | powered by einskommanull 4 von 4 23.03.16 15:10
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