Kulturtipp

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Klassiker-Liebe zum Lüpfigen
PD
Die Hanneli-Musig behauptet im Untertitel zu ihrem sechsten Album «Polka
ma non troppo» kühn: «Volksmusik –
die heimliche Liebe grosser Komponisten». Und höre da: Das Sextett hat 33
Stücke auf dem Album versammelt, die
allesamt aus klassischer Feder stammen.
Es sind volksmusikalische Preziosen,
dargebracht, als gehörten sie selbstverständlich zum Klangbild einer Formation wie der Hanneli-Musig. Alle Titel
sind nachgewiesen, datiert und kurz
kommentiert. Ein schönes Beispiel bildet der «Züricher Vielliebchen-Walzer»
(1854), mit der Anmerkung des Komponisten: «So lustig wie möglich, aber
mit leidenschaftlichem Anstand.» Der
Komponist: Richard Wagner. Sein
Name findet sich im munteren Klassiker-Reigen dieser gelungen CD-Auswahl unter Komponisten-Kollegen wie
Rachmaninow, Mozart, Grieg, Schubert und vielen mehr. Alle hatten sie
(auch) ein Flair für das VolkstümlichLüpfige.
Urs Hangartner
Hanneli Musig
Polka ma non troppo
(Mühlirad/Zytglogge
2014).
Mit feinen Fundsachen: Hanneli-Musig
SOUNDS
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RAUCHIG UND RAFFINIERT
GELÄUTERTER GITARRIST
DER KONGO ERWACHT
MITREISSEND
Hand aufs Herz: Manche
Songzeilen von nuschelnden
Rocksängern bleiben ein Rätsel. Weshalb sich also deftigen Folkrock nicht gleich in
einer Sprache anhören, die
den meisten unverständlich,
dafür berauschend klangvoll
ist? Roland Vögtli aus Scuol
besingt sein Leben und seine
Träume in Rumantsch. Cha
da Fö (Küche) heisst seine
neueste Band. Entsprechend
rauchig und rezent, aber raffiniert zubereitet hören sich
die Songs des Debütalbums
an.
Frank von Niederhäusern
Man hatte den britischen
Blues-Gitarristen Matt Schofield als pathologischen Vielspieler abgebucht. Auf «Far
As I Can See» erweist er sich
nun als geläuterter Eklektiker: Gekonnt setzt er sein an
Jimi Hendrix und Albert King
angelehntes Spiel auf Musikstile wie Funk, Gumbo und
Psychedlic Rock an. Sicher
führt er nur das zusammen,
was zusammengehört. Dies
mit grosser Zurückhaltung
und einem im Blues selten
gewordenen Sinn für Spannung und Dramatik. Nick Joyce
Jahrzehntelang herrschte in
Kongos Musikwelt Dürre. Es
blieb fast nur der nostalgische Rückgriff auf die kongolesische «Klassik». Aber
langsam spriesst neues Leben, etwa Black Bazar, die
Band des kongolesischen
Autors Alain Mabanckou.
Deren zweites Album sprüht
vor Lebens- und Spielfreude,
experimentiert gewitzt mit
aktuellen Musikströmungen,
schmeisst aber die regionalen
Gebräuche nicht in den Kübel.
Ein Album, das mächtig aufpeppt.
Marianne Berna, SRF 3
Anfang der 2000er-Jahre
waren Äl Jawala eine Strassenband. Aber eine, die selbst
gestresste Passanten nicht
kaltliess. Mittlerweile sind sie
einer der grossen Namen der
deutschen Balkan-Bläser-Szene. Die fünfköpfige Formation
beweist mit ihrem Live-Album
einmal mehr, wie sehr sie ihr
Publikum mitreissen kann.
Und sie zeigt eine beeindruckende musikalische Entwicklung. Ska, Reggae und DanceBeats – vor nichts macht die
Band mit dem originellen
Sound halt.
Claudine Gaibrois
Cha da Fö
Automatic
(R-Tunes 2014).
Matt Schofield
Far As I Can See
(Mascot 2014).
Black Bazar
Round 2
(Lusafrica 2013).
Äl Jawala
Live
(ENJA Records 2013).
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