Walter Adam: Nacht über Deutschland. Erinnerungen an

Walter Adam: Nacht über Deutschland. Erinnerungen an Dachau
Als Band 5 der Schriftenreihe des KZ-Verbands/VdA Oberösterreich erscheint die erste Neuauflage
von Walter Adams Erinnerungsbericht, „Nacht über Deutschland“ aus dem Jahre 1947.
Walter Adam (1886-1947) war hoher Offizier der k. u. k. Armee, einflussreicher Journalist und
Politiker der Ersten Republik. Als entschlossener Verteidiger der österreichischen Unabhängigkeit
und Gegner der Nationalsozialisten wurde Adam sofort nach dem „Anschluss“ im März 1938
verhaftet. Mit dem so genannten „Prominententransport“ brachten ihn die neuen Machthaber am 1.
April 1938 in das KZ Dachau, später wurde Adam nach Flossenbürg überstellt. 1943 wurde Walter
Adam entlassen. In seiner Verbannung im Rheinland verfügte er über enge Kontakte zum Widerstand
und den Männern des 20. Juli.
Sein Bericht aus dem Jahre 1947 schildert die Brutalität und Unterdrückungsmechanismen des NSRegimes, die Zustände und Machtstrukturen in den Konzentrationslagern Dachau und Flossenbürg
auf unmittelbare Weise. Trotz der kaum zu bewältigenden Erlebnisse bleibt Adam dabei ein scharfer
und nüchterner Beobachter und Analytiker. Sein Erinnerungsbericht, dessen erste Version bereits
1943 entstand und nach dem Juli 1944 wieder vernichtet wurde, besticht in der Analyse des
Alltäglichen, der Sprache, der Symbolik, der Psychologie und der Herrschaftsmechanismen des NSLagersystems. Es ergab sich dabei für Adam, der in den Jahren 1918 bis 1938 ein scharfer Gegner der
Linken war, auch Gelegenheit, frühere politische Vorurteile zu überdenken – die Solidarität und Hilfe
von politischen Häftlingen unterschiedlicher Couleur, auch von Kommunisten, und das Erleben eines
bisher nicht gekannten Terrors brachen so manches Feindbild auf.
Nach der Befreiung vom NS-Regime sollte Walter Adam als hoher Beamter in der provisorischen
Regierung am Aufbau des neuen, unabhängigen Österreich mitwirken. Zum Sektionschef ernannt,
musste sich der in Linz lebende Adam aufgrund seiner gesundheitlichen Schäden aus der KZ-Haft bald
in dauerhafte ärztliche Behandlung, u. a. in Bad Ischl, begeben. Er verstarb schon im Februar 1947 in
Innsbruck und wurde in Bad Ischl beigesetzt.
Walter Adams Erinnerungen an die KZ-Haft erschienen wenige Monate nach seinem Tod unter dem
Titel „Nacht über Deutschland“. Sie gehören in eine Reihe mit den frühen österreichischen
Erlebnisberichten über den NS-Terror, wie beispielsweise Hugo Walleitners „Zebra“, Rudolf Kalmars
„Zeit ohne Gnade“, Guido Kopps „Ich aber habe leben müssen…“, Sepp Plieseis‘ „Vom Ebro zum
Dachstein“ oder Leopold Arthofers „Als Priester im Konzentrationslager“.
Adams „Nacht über Deutschland“ wurde zwar von der Forschung rezipiert, eine neue Herausgabe
blieb aber diesem Werk bislang versagt. Der KZ-Verband/VdA OÖ veröffentlicht in seiner
Schriftenreihe die erste Neuauflage dieser Publikation im Originaltext, ergänzt um historische
Anmerkungen und eine Biografie von Walter Adam, verfasst von den Historikern Sigrid Reisinger und
Gerhard Zieher. Diese Publikation soll nicht zuletzt einen Beitrag zur Wiederentdeckung der frühen
Berichte über den NS-Terror darstellen.
Walter Adam. Nacht über Deutschland. Erinnerungen an Dachau (Texte und Materialien zu
Widerstand und Verfolgung in Oberösterreich, Bd. 5. Hrsg. v. Landesverband Oberösterreich der
AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus (KZ-Verband/VdA OÖ)), Linz
2015. € 9,50, ISBN 978-3-9502752-4-7.