LORE LAY – Eine romantische Soirée über Frauen, Männer und

DRAMATURGEN DES STAATSTHEATERS MAINZ ERLÄUTERN
LORE LAY – Eine romantische Soirée über Frauen, Männer und den Rhein
BESETZUNG
Musikalische Leitung: Paul-Johannes Kirschner
Inszenierung: Niklaus Helbling
Bühne: Elke Auer
Kostüme: Mascha Bischoff
Licht: Sebastian Ahrens
Dramaturgie: Anselm Dalferth
Choreographische Mitarbeit: Antonia Labs
Lore / Ameley / Wassergeist / Loreley Katharina Alf
Bertha / Sophie / Wassergeist / Loreley Marie-Christine Haase
Agnes / Schwarzer Star / Wassergeist / Loreley Antonia Labs
Célimène / Leonore / Loreley Dorin Rahardja
Clara / Bettina Brentano / Wassergeist / Loreley Rebekka Stolz
Otto / Clemens Brentano / Wassergeist, Otto / Schiffer Peter Felix Bauer
Heinrich Heine / Wassergeist / Schiffer Klaus Köhler
Reinald / Müller Radlauf / Wassergeist / Schiffer Johannes Mayer
Madame Eisenhut Erika Le Roux
Herr Rittersporn Paul-Johannes Kirschner
Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters Mainz
EINFÜHRUNG
Unweit von Mainz, auf einem Felsen bei Stromkilometer 554 wird sie vermutet, die LORELEY. Dort soll die
Galionsfigur der deutschen Romantik seit jeher mit ihrer verführerischen Gesangskunst verheerendes Unheil
anrichten: Doch das „Märchen aus alten Zeiten“ (Heinrich Heine), das sich als Volkssage im Gedächtnis
festgesetzt hat, ist in Wahrheit keine Sage, sondern pure Erfindung des romantischen Dichters Clemens
Brentano. Brentanos Lore Lay aus der Ballade Zu Bacharach am Rheine ist dabei noch keine betörende
Zauberin, sondern artiges Erdenkind, ausgestattet mit vorzüglicher Schönheit. Die Untreue ihres Geliebten
bringt sie dazu, ins Wasser zu gehen. Mit Brentanos Ballade jedoch war die Lunte gelegt, die seither brennt
und dazu führte, dass sich zahlreiche Dichter und Komponisten von der schönen Lore Lay zu neuen Werken
haben verführen lassen: Mal erscheint sie als abgefeimte Zauberin, mal als männermordender
Unschuldsengel, als liebliches Dämchen oder Verkörperung erotischer Wunsch- und Wahnvorstellungen.
Auf jeden Fall trägt sie alles in sich, was die Romantiker liebten: Schönheit und Mythos, Tod und Verführung,
Erotik und Naturgewalt.
Ihre faszinierende Erscheinung ist Ausgangspunkt für einen spartenübergreifenden Musiktheaterabend, der
sich dem Thema auf eigene Weise nähert: Die schillernden Facetten der legendären Figur spiegeln sich in
Szenen, die die seit jeher nicht ganz einfachen Beziehungen zwischen Männer und Frauen beleuchten, in
Auszügen aus Brentanos Rheinmärchen treffen die Mainzer Königsfamilie und ihre Staatskatze auf die
Trierer Königsfamilie mit ihrer Staatsratte (man kann sich denken, das ein solches Treffen unter keinem
guten Stern steht), Vater Rhein schlummert inmitten tausender Kindergesichter, der Nibelungenhort
schimmert grün, rot, blau, gelb und violett und Heinrich Heine selbst lässt es sich nicht nehmen, seine
Aufwartung zu machen. Männerchöre treffen auf emanzipatorische Befreiungsversuche, Schiffer fliegen
reihenweise auf die Schnauze und über allem schwebt die „wundersame, gewaltge Melodey“, die die Sirene
von ihrem Felsen ertönen lässt: Verschiedene Vertonungen von Heinrich Heines berühmtem Gedicht
erklingen ebenso wie Brahms’ Liebesliederwalzer, eine Opernszene von Felix Mendelssohn-Bartholdy,
Lieder von Schubert, Schumann, Mahler, Wolf, Schönberg, Gershwin und anderen und so entwickelt sich ein
betörender Abend über die Macht des Gesangs, des Rheins und der Verführung.
Anselm Dalferth
Staatstheater Mainz
November 2015