Leben bis zuletzt

Leben bis zuletzt
Aus der Arbeit des
Ambulanten Hospiz- und Palliativdienstes
Infobrief 25
Dezember 2015
Liebe Fördererinnen und Förderer
der ambulanten Hospizarbeit in Herne,
haben Sie schon einmal eine größere Veranstaltung vorbereitet oder dabei mitgeholfen? Dann
wissen Sie, dass man dabei an tausend kleine und große Dinge denken muss. So war es auch
bei uns, als die NRW-Fachtagung „Leben bis zuletzt – Menschen mit Demenz begleiten“
am 29.10.2015 im Kulturzentrum anstand. Es hat viel Mühe, viele Gedanken, viel Zeit (und
manchmal auch ein bisschen Ärger) gekostet, bis alles stand und die über 400 Gäste begrüßt
werden konnten.
Nicht alles ist natürlich vergessen, wenn wir inzwischen voller Dankbarkeit auf den gelungenen Tag zurückblicken können. Etwas über die tolle Resonanz der Teilnehmer werden Sie
im Inneren des Infobriefes finden. Allen, die geholfen haben, danken wir sehr, sehr herzlich.
Vor allem auch unseren Ehrenamtlichen und (das möchten wir gerne einmal erwähnen) dem
sehr hilfsbereiten Team des Kulturzentrums.
Für die meisten von Ihnen steht jetzt sicherlich die Vorbereitung des Weihnachtsfestes an.
Auch wenn diese nicht ganz so aufwendig ausfallen dürfte wie die des Fachtages, ganz ohne
Mühe geht es auch dabei nicht. Wir wünschen Ihnen, dass Sie nach den Feiertagen auch so
dankbar zurückblicken können wie wir auf die Fachtagung und das gesamte Jahr unserer
Arbeit. Hoffentlich können Sie ein paar frohe, gesegnete Tage genießen.
Walter Tschirch, Vorsitzender des Fördervereins
Karin Leutbecher, Koordinatorin
Annegret Müller, Koordinatorin
Karola Rehrmann, Koordinatorin
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Wir sind gar nicht so hilflos wie wir
manchmal glauben
„Zwischen Ohnmacht und Macht – Umgang mit der eigenen Hilflosigkeit in der
hospizlichen Begleitung“ lautete das Thema einer Fortbildung, die uns Ehrenamtlichen in unserer täglichen Arbeit stützen
und stärken sollte. Geleitet wurde das Seminar von Dr. Werner Greulich, PastoralPsychologe aus Dortmund.
Die Felsübung – anlehnen lassen ohne umzufallen, Kraft und Stärke demonstrieren,
sich nicht vom eigenen Standpunkt entfernen – führte uns körperlich vor Augen,
wieviel Macht und auch Härte in uns steckt.
„Geben Sie mal ein bisschen Wasser dazu!“
lautete die Aufforderung von Dr. Greulich.
Und tatsächlich gaben alle ihre unumstößliche Kraft auf, ließen es zu, etwas zu schwanken, ohne selbst umzufallen und den anderen womöglich im Fallen mitzureißen.
Der Aha-Effekt bestand vor allem in der
hilfreichen Erkenntnis, dass die eigene Kraft
und Stärke bei gleichzeitigem respektvollem
Einlassen auf den anderen erhalten bleibt,
wenn „Fels und Wasser“ in uns in Balance
sind. Unsere vermeintliche Hilflosigkeit in
der Begleitung reduziert sich damit auf die
Fähigkeit, eigene Grenzen zu erkennen, Fragen zuzulassen und Ängste auszuhalten.
Unsere Erwartungen waren vielfältig, anhand eigener Erfahrungen wurden die
unterschiedlichsten Situationen geschildert, die uns schon einmal mit der eigenen
Hilflosigkeit in Begleitungen konfrontiert
haben. Was antwortet man auf die Fragen:
„Warum gerade ich?“ „Was kommt danach?“
Und wie geht man mit Ängsten um? Dabei
geht es nicht nur um die Gefühle der Patienten, Angehörigen und Freunde, sondern
auch um die Zweifel der Begleitenden, um
unsere Ängste: „Sage/mache ich das Richtige?“ „Wie kann ich überhaupt helfen, wenn
ich meinem eigenen Gefühlschaos so hilflos
gegenüberstehe?“ Es ist eine Kunst, diese
hochemotionalen Fragen konzeptionell geführt zu betrachten, und uns tat es gut, diese
ansprechen zu können, vor allem vor dem
Hintergrund der übergeordneten Frage:
„Wie kann ich mich berühren lassen, ohne
umgeworfen zu werden?“
Genau hierzu diente das „Fels und Wasser“–
Training des Seminars am Nachmittag.
Standhaft sein wie ein Fels für sich, für jemand anderen, für das, was mir wichtig ist,
und dennoch weich, durchlässig und offen
wie Wasser im Umgang mit meinen Mitmenschen bleiben. Dies galt es, in einfachen
Übungen am eigenen Leib zu erfahren.
Bleibt mir an dieser Stelle nur noch, unseren Koordinatorinnen für die Auswahl des
für uns so wichtigen Themas und die Umdisponierung des Seminarortes zu danken.
Bei Dr. Werner Greulich bedanke ich mich
im Namen aller Teilnehmenden für die interessante und eingängige Darstellung sowie
die daraus resultierende hautnahe Erfahrung auf dem Gebiet der Selbstbehauptung.
Bestimmt werden wir uns zukünftig nicht
mehr ganz so hilflos ausgeliefert fühlen.
Angelika Severin
Ehrenamtliche Mitarbeiterin
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NRW Fachtagung Demenz „Leben bis zuletzt
– Menschen mit Demenz begleiten“
Von der Vision bis zur Umsetzung
Schon lange begleitete uns im AHPD die
Idee, wie schön es wäre, im Rahmen einer
Fachtagung Angehörige, Interessierte, Fachleute und Experten zusammen zu bringen.
Im Mittelpunkt sollten die Bedürfnisse von
Menschen mit Demenz am Lebensende und
ihrer Angehörigen stehen. Nachdem Annegret Müller die Alzheimer Gesellschaft
Bochum und das Demenz Service Zentrum
Region Ruhr als Kooperationspartner und
Mitveranstalter für diese Tagung gewinnen
konnte, ging es in eine lange und intensive
Planung: Welche inhaltlichen Schwerpunkte wollen wir setzen? Wen wollen wir erreichen? Wen wünschen wir uns als Referenten? Wer kann uns bei der Finanzierung
helfen? Wo kann das Ganze stattfinden?
Und vor allem wann?
Die Tagung wurde immer mehr zum Herzensanliegen für den AHPD. Als bereits im
September die 400er Marke geknackt war,
haben wir schweren Herzens die Anmeldung geschlossen.
Die Räume des AHPD in der Bahnhofstraße
wurden immer mehr zum Tagungsbüro und
Lager. Der Computer von Annegret Müller
ist angesichts der Flut von E-Mails mehr als
einmal „heiß“ gelaufen. Taschen wurden
angeliefert, Briefe wurden verschickt, Mappen mussten gefaltet und befüllt werden, die
Listen mit Anmeldungen, Zu- und Absagen
wurden mehrmals überarbeitet, Namensschilder mussten gedruckt werden, u.v.m.
Endlich war es soweit
Schon zum Einlasstermin am 29.10.2015
um 8.30 Uhr bildeten sich lange Besucherschlangen vor dem Eingang des Herner Kulturzentrums, die unsere Ehrenamtlichen an
der Kasse und an der Taschenausgabe sorgfältig, geduldig und so schnell wie es eben
möglich war, bedienten. Als alle Teilnehmer
durch dieses Nadelöhr durch waren und ih-
Der Countdown läuft
Spätestens als die Flyer und die Plakate gedruckt waren und die Anmeldung starten
konnte, stieg die Spannung für uns alle, egal,
ob hauptamtlich oder ehrenamtlich tätig.
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Ein etwas dunkleres mit Lichtpunkten
durchzogenes Grün lernten wir bei den
Themenkarten „Demenz am Lebensende“
kennen, welche an diesem Tag zum ersten
Mal der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.
Dieses Set aus 6 verschiedenen Karten, die
zusammen ein Leporello bilden, richten sich
vorrangig an Angehörige, die Menschen mit
Demenz ver- und umsorgen. Eine der Karten spricht direkt den Menschen mit der
Diagnose Demenz an. Dieses Projekt ent-
ren Sitzplatz gefunden hatten, startete die
Tagung mit ca. 15 Minuten Verspätung. Die
Begrüßung, die Grußworte, die Musik und
der Beitrag von Werner Hansch, Sportreporter und Vertreter der Rudi Assauer Stiftung, führten uns mitten ins Thema hinein.
Die Referenten mit den thematischen
Schwerpunkten „Menschen mit Demenz
sinn-voll und segens-reich begleiten“, „Psychosoziale Beratung der Angehörigen“ und
„Autonomie trotz Demenz“ zogen uns alle
in ihren Bann. Manche Aspekte konnten
durch die Besuche der diversen Informationsstände oder Nachmittagsvorträge noch
vertieft werden. Ein konzentrierter und sehr
treffender Vortrag von Franz Müntefering
belohnte alle, die bis zum Schluss ausgeharrt
haben.
Grün war die Farbe des Tages
Die Farbe Grün dominierte an diesem
Herbsttag, vor allem natürlich durch die
leuchtend grüne Tasche mit unserem Logo,
die hoffentlich noch viel genutzt wird und
Mut zum „Leben bis zuletzt“ macht.
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Werner Hansch
Franz Müntefering
stand in einer NRW-weiten Arbeitsgruppe,
die durch den AHPD angestoßen und gemeinsam mit der ALPHA Ansprechstelle im
Land NRW getragen wurde. Die Druck- und
Designerkosten übernahm das Ministerium
für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und
Alter des Landes NRW, somit können diese
Karten kostenfrei an Interessierte abgegeben
werden. Diese sind ab jetzt im AHPD und
bei der Alzheimer Gesellschaft Bochum zu
erhalten.
Und selbst unser eigenes „Give-away“, ein
Sattelschoner (Mantel = Pallium) für das
Fahrrad, kam in einem satten Grün daher
und wird nun hoffentlich in aber auch über
Herne hinaus genutzt.
Annegret Müller
Referenten, Moderatoren und Musikern, allen an den Infoständen, dem Team des Kulturzentrums und der Zille und nicht zuletzt
bei unserem Förderverein „Palliativstation
im EvK Herne und AHPD e.V.“ und dem
Förderverein Lukas-Hospiz e.V..
Danke
Nach dieser gelungenen Tagung gibt es so
viele, bei denen man sich bedanken möchte. Als Kolleginnen bedanken wir uns zunächst bei Frau Müller, die so hartnäckig
an ihrer Vision festgehalten hat und die inhaltliche und organisatorische Umsetzung
der Tagung vorangetrieben hat. Aber ohne
die vielen Helfer wäre die Umsetzung nicht
möglich gewesen. In der Hoffnung keinen
zu vergessen, bedanken wir uns bei den ehrenamtlichen Helfern, den Sponsoren, den
Hier finden Sie weitere Infos und Eindrücke
und die Möglichkeit, die Vorträge zu erhalten:
www.ahpd-herne.de/fachtagung
Karin Leutbecher
Karola Rehrmann
Koordinatorinnen
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Am Rande der Tagung notiert
Ida Lamp (Referentin) zu den Ehrenamtlichen:
„Ihre Liebe, Ihr Engagement, ist jenseits alles
Know Hows das Wichtigste, was Sie geben können.“
Dr. Christoph Gerhardt (Referent) über eine sehr kurz
gefasste Patientenverfügung:
„Wenn wir alle heute Abend in die Düsseldorfer Altstadt
fahren würden, kann es passieren, dass einige von uns dann
nicht mehr Herr ihrer Entscheidung sind. Wollen Sie dann
keine lebensverlängernden Maßnahmen mehr?“
Martina Kreimann (Moderatorin) als zum angegebenen
Zeitpunkt um 5 vor 12 Uhr nach einer Kaffeepause noch
viele Teilnehmer nicht im Saal waren: „Vielleicht haben Sie
ja auch 5 nach 12 Uhr verstanden, weil ich so nuschele.“
Eine Gruppe von Teilnehmerinnen:
„Wir kommen extra aus dem Sauerland
und haben nicht eine Minute bereut.“
Franz Müntefering (Referent):
„Du kriegst heute mit 80 Jahren eher etwas für
die Hüfte als für die Seele und das Gemüt.“
Zwei Teilnehmerinnen aus Dortmund, als Werner
Hansch sehr ausführlich über Schalke 04 berichtete:
„Wir hätten unseren BVB-Schal mitbringen sollen.“
Christel Schulz (Referentin) zum Umgang mit
Demenzkranken: „Angehörige schimpfen ungeheuer
viel mit den Kranken. Aber sie meinen eigentlich
nicht den Kranken. Sie meinen die Krankheit.“
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Was ist eigentlich… „Demenz“?
Hausarzt zu gehen. Ein hinzugezogener Facharzt stellt mäßig fortschreitende kognitive Beeinträchtigungen im Rahmen einer Demenz fest.
Vergesslichkeit, nachlassende Aufnahmefähigkeit, Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit, Orientierungsschwierigkeiten,
Veränderungen des räumlichen Denkens, beeinträchtigtes Urteilsvermögen und Sprachprobleme können auf eine Demenz-Erkrankung hindeuten. Bei solchen Anzeichen
sollte der Hausarzt der erste Ansprechpartner sein. Die fachliche Beurteilung beruht
auf einem Ausschlussverfahren. Sind auftretende Symptome durch spezielle Testungen
feststellbar und andere Ursachen dafür ausgeschlossen, dann lautet die Diagnose >Verdacht auf Demenz<.
Der Begriff >De-menz< setzt sich aus den
beiden lateinischen Wörtern >De< (weg)
und >menz< (Geist) zusammen. Hier wird
eine verschiedenartige Gruppe von Störungen zusammengefasst, die auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen ist.
Schätzungsweise 1,5 Millionen AlzheimerPatienten gibt es derzeit in Deutschland. Experten gehen davon aus, dass sich diese Zahl
bis 2050 verdoppeln wird.
Was ist eigentlich…“Demenz“?
Frau K., 75 Jahre alt, lebt gemeinsam mit Ihrem Ehemann in einer 3 ½ Zimmerwohnung.
Sie hat 2 Kinder und 3 Enkelkinder, die in der
Nähe wohnen und häufig zu Besuch kommen.
Früher kochte und backte sie gerne, verwöhnte die Familie, Freunde und Gäste. Sie pflegte
und lebte die Kontakte zur kirchlichen Frauengemeinschaft, machte Krankenbesuche und
bot ihre Hilfe an, wo sie nötig war. Ihre Leidenschaft war die Handarbeit, besonders das
Sticken.
Seit Monaten zieht sie sich immer mehr zurück, sie wirkt unkonzentriert, in Gesprächen
verliert sie öfter den Faden, findet die richtigen Worte nicht, an Begebenheiten, die einen
Tag zurück liegen, erinnert sie sich nicht. Bei
den gemeinsamen wöchentlichen Einkäufen im Supermarkt mit ihrem Mann läuft
sie meistens ziellos umher. Die Handarbeit
nimmt sie nur noch selten in die Hand, das
Sticken will nicht gelingen, ständig verlegt
und sucht sie irgendwelche Dinge. Das alles
führt zu vermehrten Auseinandersetzungen
mit ihrem Mann.
An einem Vormittag sitzt sie in sich gekehrt
in der Küche. Als Herr K. sie fragt, was es
zum Mittagessen gibt, antwortet sie barsch,
dass sie in ihrem Leben genug gekocht habe
und nun keine Lust mehr habe, sie aber ihrem
Mann beim Kochen gerne behilflich ist.
Der Ehemann vertraut sich seinen Kindern
an, sie haben eine Vorahnung und überreden
Frau K. gemeinsam mit ihrem Mann zum
Primäre Demenzformen –
betreffen direkt das Gehirn
___________________________________
Alzheimer-Demenz
(häufigste Demenzform)
Krankheitsverlauf: schleichender Beginn,
kontinuierlich fortschreitend.
Ursache: Bildung von Eiweißablagerungen
(Amyloid-Plaques) zwischen den Gehirnzellen in bestimmten Gehirnregionen und
fadenförmige Eiweißablagerungen innerhalb der Gehirnzellen führen zum fortschreitenden Absterben der Gehirnzellen.
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Vaskuläre Demenz
(zweithäufigste Demenzform)
Krankheitsverlauf: beginnt oft plötzlich,
stufenweises Fortschreiten.
Ursache: Wenn die versorgenden
Blutgefäße nicht mehr durchgängig
genug sind (umgangssprachlich
„Verkalkung“), um die Gehirnzellen
mit Nährstoffen und Sauerstoff zu
versorgen, sterben sie ab.
Gemischte Demenz
(Alzheimer und vaskuläre Demenz
treten häufig gemischt auf)
Seltenere Demenzformen
z.B. Frontotemporale Demenz
FTD, die Veränderung der
Persönlichkeit und Sozialverhalten stehen anfangs im
Vordergrund
Sekundäre Demenzformen –
Folgen anderer Erkrankungen,
einige Beispiele
_______________________
• Stoffwechselerkrankungen
• Vitaminmangelzustände
• Chronische Vergiftungserscheinungen (durch Alkohol oder
Medikamente)
• Blutansammlung unter der
Hirnhaut (Subdurales Hämatom)
• Depression („Pseudodemenz“)
Diese Grunderkrankungen sind behandelbar und sogar heilbar.
Aus diesem Grund sollten bei dem Verdacht auf ein demenzielles Syndrom dringend eine frühzeitige Diagnostik angestrebt
werden.
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Was bedeutet Demenz für den Betroffenen?
Bewusstseinszustand wie beim Aufwachen
Aussagen: „Man schläft nicht mehr, ist aber
auch noch nicht wach“, „Was ist noch Traum
und was schon Realität“, „Alles wirkt unsicher
und verschwommen“
Heimweh
Häufig beschrieben wird, dass der Betroffene
nach der schon lange verstorbenen Mutter
fragt oder nach Hause will obwohl er zu
Hause ist, wenn er sich in einer scheinbar
aussichtslosen Situation befindet oder sich
hilflos fühlt. Hier erinnert er sich an Personen und Orte, wo es ihm gut ging und er
sich sicher fühlte. Das funktioniert selbst
dann noch, wenn er nur noch mit und in
seinen Gefühlen lebt.
Alltag ist eine ständige Herausforderung
Gerade am Anfang werden die Defizite und
Verluste bewusst wahrgenommen – depressive Beschwerden entstehen.
Reizüberflutung
Alltagssituationen werden als verwirrend
erlebt, zu viele Reize und Informationen
strömen auf den Erkrankten ein, nicht zu
erfüllende Aufgaben werden zu Herausforderungen.
Lebensthemen
Die eigene Lebensgeschichte verblasst zunehmend, doch trotz aller Verluste überdauern auch einige Fähigkeiten und gesunde
Selbstwertgefühle bleiben erhalten. Das ist
sehr wertvoll. Da singt z.B. die alte Dame
sofort ein Volkslied mit, da richtet sich die
früher fleißige Hausfrau auf ihrem Stuhl auf,
wenn sie gelobt wird, weil sie das Kaffeegeschirr immer wieder zusammenstellt und
neu an den Plätzen verteilt.
Verlust von Selbständigkeit
Im Verlauf benötigt der Betroffene zunehmend Hilfe von Anderen. Aus seiner Sicht
wird aber etwas mit ihm gemacht, was er
nicht versteht. Er kann Fragen danach möglicherweise nicht mehr formulieren. Wut,
Panik, Hilflosigkeit und Angst können ausgelöst werden.
Jeder Betroffene erlebt seine Erkrankung
anders
Kommunikationsschwierigkeiten
Die Beeinträchtigung der Kommunikation
d.h. der Austausch von Gefühlen, Gedanken, Vorstellungen und Wünschen erlebt
der Betroffene als sehr belastend, die Möglichkeit, mit der Außenwelt in Kontakt zu
bleiben, geht Schritt für Schritt verloren. Lediglich der emotionale Ausdruck hilft noch
zu verstehen, was im jeweils anderen vor
sich geht. Missverständnisse, fehlende Worte
und weitere Misserfolge im Kontakt werden
als sehr frustrierend wahrgenommen.
Beachte: Menschen mit einer Demenz sind
nicht leer, ohne Geist. Sie leben mit und in
ihren Gefühlen. Sie haben zwar keine Logik,
sie wissen vielleicht nicht, was vor 1 Stunde
war, aber sie fühlen alles – Zuwendung und
Nähe, Respektlosigkeit und Verachtung.
Hier teilen sie sich uns mit – gehen wir auf
Augenhöhe mit ihnen.
Annegret Müller
Koordinatorin
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Ohne die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnte der AHPD gar nicht existieren. Sie sind das Herz des Dienstes. Um dem kontinuierlich wachsenden Wunsch nach einer
Begleitung nachkommen zu können, freut sich das Team immer über Zuwachs.
Doch wer sind wir Ehrenamtlichen? Warum haben wir uns für diese Tätigkeit entschieden?
In unserer Serie „Wir Ehrenamtlichen“ können Sie uns kennenlernen. Und vielleicht haben dann
auch Sie Lust, Teil unseres Teams zu werden. Wir würden uns freuen.
Wir Ehrenamtlichen
Elke Engelage, 62 Jahre, Rentnerin
Im Jahre 2011 habe ich meine an Lungenkrebs erkrankte Cousine
begleitet. Nach ambulanten und stationären Behandlungen kam
sie über die Onkologie für 6 Wochen auf die Palliativstation im
EvK Herne. Während dieser Zeit lernte ich die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen auf dieser Station kennen und schätzen. Nach dem Tod der Cousine im Juni 2011 kam ich zu dem
Entschluss, mich ebenfalls ehrenamtlich zu engagieren.
In der Zeit vom 18.10.2012 bis 16.02.2013 besuchte ich dann den Qualifizierungskurs beim
AHPD an der Bahnhofstraße in Herne. Nach dem Abschluss habe ich bis heute insgesamt 4
Begleitungen übernommen.
Die Arbeit als ehrenamtliche Mitarbeiterin und die Betreuung von Menschen zwischen Leben
und Tod erfordert viel Einfühlungsvermögen. Ich bin erfüllt davon, Gutes zu tun. Wenn ich
in ein dankbares Gesicht schaue, gibt mir dies die Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein.
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Scherben der Hoffnung…
Auch im Oktober kamen ca. 50 Trauernde
zum Gedenkgottesdienst. Beim Betreten
der Kapelle wurden sie eingeladen, sich eine
Scherbe auszusuchen.
Diese Scherbe diente dazu, die Gefühlswelt
der trauernden Menschen in den Blick zu
nehmen, zu überdenken und ihnen durch
Gottes Wort Trost zu geben.
Das Psalmwort: „Ich bin geworden wie ein
zerbrochenes Gefäß“ (Ps. 31,13) stand dabei
im Mittelpunkt des Gottesdienstes.
Der Zuspruch, auch in dieser Situation nicht
von Gott verlassen zu sein, und gleichzeitig
Mut zu machen, aus den Scherben zu gegebener Zeit etwas Neues entstehen zu lassen,
war ein Anliegen des gesamten Gottesdienstes.
…unter diesem Titel stand der ökumenische
Gottesdienst für und mit Trauernden, der
am 25. Oktober in der Krankenhauskapelle
des Ev. Krankenhaus Herne stattfand.
Schon seit 1993 gibt es die Tradition, Angehörige von verstorbenen Patienten, die auf
der Palliativstation lagen oder durch den
AHPD begleitet wurden, zu diesem Gedenkgottesdienst einzuladen. Fand er bis
2011 noch einmal jährlich statt, änderte sich
dieses im Jahr 2012. Seitdem findet der Gottesdienst zwei Mal im Jahr statt, und dieses
Mal wurde mit Hilfe der Herner Zeitungen
auch öffentlich dazu eingeladen.
Dieser Gottesdienst gibt Trauernden die
Möglichkeit, ihre Trauer in einem geschützten Raum auszudrücken. Die Namen der
Verstorbenen werden auf Wunsch verlesen
und so ihrer gedacht. Beim anschließenden Beisammensein in ruhiger Atmosphäre
bei Kaffee, Tee und Kuchen besteht im Anschluss die Möglichkeit, mit den haupt- und
ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Palliativstation und des AHPD
ins Gespräch zu kommen. Diese nehmen
sich Zeit zum Zuhören und Dasein.
Zum nächsten Gottesdienst, der in Zusammenarbeit mit dem Trauernetzwerk am 24.
April 2016 in der Matthäuskirche stattfinden
wird, laden wir gerne ein.
Karola Rehrmann
Koordinatorin
Seelsorgerin der Palliativstation
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Filmkritik zu „Dallas Buyers Club“
Dallas 1985: Der Cowboy Ron Woodroof (Matthew McConaughey)
führt ein exzessives Leben: Rodeos,
Alkohol, Drogen und Frauen bestimmen seinen Alltag.
Als er wegen eines Arbeitsunfalls
ins Krankenhaus kommt, erfährt
er nach Routineuntersuchungen,
dass er HIV-positiv ist und noch
30 Tage zu leben hat. Zunächst
kann er diesen Gedanken nicht
annehmen. Als Ron jedoch
realisiert, was seine Diagnose
bedeutet und als er erfährt,
dass er sterben wird, beschließt er, um sein Leben
zu kämpfen. Da aber die
gängigen Behandlungsmethoden in den USA keine
Aussicht auf Besserung
versprechen, sieht sich
Ron über die Landesgrenzen hinaus um und
entdeckt in Mexiko Vitaminpräparate, die helfen können, in den USA aber
nicht zulässig sind.
Mithilfe des Transsexuellen Rayon (Jared Leto) baut Ron in Dallas einen illegalen Handel mit
den Mitteln auf und verkauft sie an andere Aidskranke. Ron stellt sich gegen Widerstände,
gegen die Gesundheitsbehörde, gegen das System und kämpft für das Recht der Aidskranken
und das Leben.
Die beiden Schauspieler Matthew McConaughey als Hauptdarsteller und Jared Leto als Nebendarsteller beeindrucken mit ihrer schauspielerisch anspruchsvollen Leistung und wurden
beide mit einem Oscar ausgezeichnet. Mich haben die Geschichte des Filmes und die Darstellung der beiden Rollen sehr bewegt.
Hilke Harmel
Ehrenamtliche Mitarbeiterin
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Aus dem
Palliativnetzwerk
ihren „Leitfaden Palliativversorgung und
Hospizkultur in Pflegeheimen in Herne,
Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel“ der Öffentlichkeit vorstellen. Das Heft kann nun in allen Heimen, die daran mitgearbeitet haben,
an sämtliche Mitarbeitenden ausgehändigt
werden. Sie finden hier viele Anregungen,
Informationen und praktische Tipps für den
Umgang mit ihren schwerkranken Bewohnern und deren Angehörigen. Dieser Leitfaden hat auch überregional für Aufmerksamkeit gesorgt und wird aktuell aus ganz
Deutschland angefordert.
Seit vielen Jahren arbeitet der AHPD aktiv
im Palliativ-Netzwerk Herne, Wanne-Eickel,
Castrop-Rauxel e.V. und seinen Arbeitsgruppen mit. Insbesondere die Arbeitsgruppe Heime lag uns immer am Herzen, da wir
häufig zur Begleitung von Bewohnern und
Angehörigen in die Heime gebeten werden.
Im Jahr 2015 waren zwei Veröffentlichungen in der Presse, auf die ich hier eingehen
möchte. Zunächst hat das Palliativ-Netzwerk
den Nachdruck der Broschüre „Gemeinsam
auf dem Weg“ finanziert. Diese wird vom
Ministerium für Gesundheit, Emanzipation,
Pflege und Alter des Landes NRW herausgegeben. Durch die Unterstützung des Palliativ-Netzwerkes können die Broschüren nun
in allen Heimen in ausreichender Zahl an
die betroffenen Bewohner und Angehörigen
ausgehändigt werden. Sie enthalten hilfreiche Tipps und Informationen und werden
durch ein Einlegeblatt mit wichtigen Telefonnummern für Herne, Wanne-Eickel und
Castrop-Rauxel ergänzt.
Nach 2 ½ Jahren intensiver gemeinsamer
Arbeit konnte die AG Heime im September
Karin Leutbecher
Koordinatorin
Vorstandsmitglied Palliativ-Netzwerk
Palliativ-Netzwerk Herne,
Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel e.V.
Info-Hotline 0800 / 900 91 91
www.palliativ-netzwerk.de
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Aus Großmutters Hausapotheke:
Gute Gerüche für die Praxis und zum Verschenken
Die Riechdose: Träufeln Sie ein paar Tropfen 100-prozentiges
ätherisches Öl, wie z.B. Lavendel, Rose, Pfefferminze, Eukalyptus
(zu erwerben in Apotheken, Drogeriemärkten, Bioläden) oder einfach Ihr Lieblingsparfum auf ein Wattebäuschchen und geben Sie
es in ein geschlossenes Gefäß. Der Duft hält länger und Sie können
bei Bedarf „eine Nase voll“ nehmen.
Tipp zum Verschenken für jeden Anlass: Legen Sie beträufelte
Wattebäuschchen in selbstbemalte Gläschen, kleine Ziergläser
oder hübsche Kästchen zum Verschließen und nehmen Sie so ein
Mitbringsel zu Einladungen oder Besuchen mit.
Machen Sie damit sich und anderen einfach mal eine Freude.
Termine Januar – Juni 2016
Kurs „Leben bis zuletzt“
Wir suchen dringend weitere
ehrenamtliche Mitstreiter!
Die nächste Qualifizierung beginnt am
08. Januar 2016, in diesem Kurs sind noch
Plätze frei,
Infos unter www.ahpd-herne.de/aktuelles/
oder Telefon 02323/988 290
AHPD-Treff
Jeden 1. Dienstag im Monat,
15.30 – 17.30 Uhr
Angebot für Interessierte, pflegende
Angehörige, Trauernde, Ehrenamtliche:
Austausch, Gespräche, Informationen bei
Getränk und Gebäck.
Themensprechstunden
Demenz: jeden 3. Dienstag im Monat,
16.00 – 17.30 Uhr
Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht: jeden 4. Dienstag im Monat,
16.00 – 18.00 Uhr, zusätzliche Termine am
Mittwochvormittag sind nach Vereinbarung
möglich
Trauergottesdienst
24. April 2016, 15.00 Uhr
Ökumenischer Gottesdienst des Trauernetzwerks Herne in der Ev. Kirchengemeinde
Baukau, Matthäuskirche, Bismarckstr. 98a,
44629 Herne
Impressum
Redaktionsteam (ehrenamtlich):
Wolf Eckert, Hilke Harmel, Margaritta Kosfeld, Inge Reinholdt und Christine Weigelt
Redaktionsteam (hauptamtlich): Karin Leutbecher, Annegret Müller, Karola Rehrmann
Gestaltung und Lektorat: Susanne Jacoby, Andrea Wocher
Bildnachweis: Karin Leutbecher (4, 6, 14), Andrea Wocher (5, 6), Elke Engelage (11), Karola Rehrmann (12),
Hilke Harmel (13), Volker Beushausen (16), fotolia.com: sindler1 (3), wollertz (7), iterum (9),
Vitaly Krivosheev (11), by-studio (15)
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„Wir betreuen schwerstkranke und
demente Menschen am Lebensende
und ihre Angehörigen in ihrem
häuslichen Umfeld und im Altenund Behindertenheim.“
Karola Rehrmann,
Karin Leutbecher,
Annegret Müller,
Koordinatorinnen AHPD
Aus der Arbeit der Palliativstation entstand 1996 der Ambulante Hospiz- und Palliativdienst
(AHPD). Unsere Arbeit wird von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getragen
und drei hauptamtliche Koordinatorinnen geleitet. Die individuell gestalteten Besuche der Ehrenamtlichen werden durch das Angebot der Beratung von Schwerkranken und Sterbenden, Angehörigen und Betreuungsteams ergänzt. Darüber hinaus bieten wir Trauerbegleitung und die
Vermittlung von Informationen und Ansprechpartnern zu speziellen Fragen an.
Als aktives Mitglied im Palliativ-Netzwerk Herne, Wanne-Eickel, Castrop-Rauxel arbeiten wir
eng mit den Partnern im Gesundheits- und Sozialwesen zusammen.
Spendenkonto
Palliativstation im Evangelischen Krankenhaus Herne und
Ambulanter Hospiz- und Palliativdienst (AHPD) e.V.
Deutsche Bank Herne
BIC Code DEUTDEDE430
IBAN DE42 4307 0061 0631 3399 00
Volksbank Herne
BIC Code GENODEM1BOC
IBAN DE18 4306 0129 0172 5126 00
Stichwort „Ambulanter Hospiz- und Palliativdienst“
Empfänger „Palliativstation im EvK Herne und AHPD e.V.“
Ambulanter Hospiz- und Palliativdienst
Bahnhofstraße 137, 44623 Herne
Telefon 02323/988 29 0
Fax
02323/988 29 10
E-Mail
[email protected]
Internet www.ahpd-herne.de
Koordinatorinnen:
Karin Leutbecher, Annegret Müller, Karola Rehrmann
Sprechzeiten:
Dienstag 16 – 18 Uhr
Mittwoch 10 – 12 Uhr