Das Lied vom Fridli Buecher – Ein detailliertes Protokoll einer

Schweizerhofquai
Agrargeschichte Vertiefungstext
POI 20
Das Lied vom Fridli Buecher – Ein detailliertes Protokoll
einer Hinrichtung
Aus dem Grossen Schweizerischen Bauernkrieg von 1653 sind uns von Seiten der
aufständischen Landleute nur wenige Lieder erhalten geblieben. Der Grund dafür ist ohne
Zweifel in den Sing- und Druckverboten der Regierungen von Luzern und Bern zu suchen.
Eines der erhalten gebliebenen Lieder und wie bei mündlich überlieferten Volksliedern üblich
erst später und in verschiedenen Versionen zur Niederschrift gebracht gilt dem Ufhuser
Aufständischen Fridli Buecher. Auf dem Hof Steineren bei Hilferdingen im Amt Willisau lebend,
trat er schon früh in Erscheinung, als es bei den Landleuten zu brodeln begann. In der Folge
trat er mehrmals gegen die Annahme der obrigkeitlichen Beschlüsse und gegen neue
Huldigungen auf und machte es sich zur Aufgabe, den Widerstand mit den Bernern,
Solothurnern «oder anderswo Gebiet» zu koordinieren.
Man erkennt während des ganzen Aufstandes Fridli Buechers Ziel, einen umfassenden neuen
Bund zu schaffen, unter Einbezug auch der Bürgerschaft, der Geistlichkeit und der
aufgeschlosseneren Regierungen anderer Orte, um damit die unnachgiebige und verstockte
Luzerner Aristokratie politisch zu isolieren. Der Bund soll die Grundlage einer
wiedererstandenen, freien Eidgenossenschaft sein, allen zum Nutzen – auffallend ist dabei in
Gestus, Sprache und Symbolik, beispielsweise im Auftritt der «drei Tellen» als Aufständische,
der Zugriff auf den Mythos der Gründungsgeschichte der Eidgenossenschaft, der ja bekanntlich
bis heute anhält.
Das Lied vermittelt ein erstaunlich genaues Protokoll seiner Hinrichtung, beginnend mit der
Fluchtwarnung durch einen Boten aus Willisau, seiner Gefangennahme und Überführung von
Willisau nach Luzern und dem dortigen Empfang durch die Stadtobrigkeit, die ihn auf der
Reussbrücke vorführen lässt. Das Lied berichtet von seiner Einkerkerung im Wasserturm, die
vom 12. Juni bis zu seiner Hinrichtung am 5. Juli 1653 dauerte. In Übereinstimmung mit den
historischen Fakten berichtet das Lied von den Besuchen seiner Frau und seines Bruders und
davon, dass Fridli Buechers letzte Stunde «an einem Sambstig i der Frueh» schlug. Am
Samstag, den 5. Juli 1653 wurde Fridli Buecher auf dem Richtplatz von Emmenbrücke
hingerichtet.
Die Ballade vom Fridli Buecher muss unmittelbar nach den Ereignissen hin entstanden sein. Im
September verbot der Luzerner Rat das Singen aller Lieder, die sich auf die Kriegsereignisse
bezögen, da diese nur «ungute Gedanken» sprich den Geist der Rebellion beschwörten. Als
wie bereits im Lied festgestellt das Volk unmittelbar nach dem Krieg zur Hinrichtungsstätte der
Bauernführer hinzupilgern begann, verbot der Luzern Rat im Mai 1654 diese «Galgenfahrten»,
allerdings ohne grossen Erfolg.
Die Gebeine Fridli Buechers dürften sich heute unter den unzähligen Skeletten Hingerichteter
befinden, die im 21. Jahrhundert durch die Kantonsarchäologie Luzern auf dem Gelände der
ehemaligen Richtstätte frei gelegt wurden.
www.waldstätterweg.ch
Eisenbahnen und Bergbahnen in der Zentralschweiz
Schweizerhofquai
POI 20
Literatur:

Urs Hostettler: Die Lieder der Aufständischen im Grossen Schweizerischen Bauernkrieg.
In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde, 79. Jahrgang, Heft 1-2. Basel 1983.
Autor: Martino Froelicher, 2015
© Albert Koechlin Stiftung, Luzern
www.waldstätterweg.ch
Seite 2