Das große Zerreißen - Gymnasium Herkenrath

Nach: Hans-Ulrich Keller: Kosmos Himmelsjahr 2015
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart 2014
Monatsthema Dezember 2015
Das große Zerreißen
Jahrtausendelang war man der Ansicht, der Kosmos und seine
Gestirne seien für ewige Zeiten unvergänglich. Zwar erkannte
man, dass Sterne nicht ewig leuchten können. Denn ihr – wenn
auch großer – Energievorrat geht unweigerlich eines Tages zu
Ende. Aber das Weltall als solches sah man als ewig existierend
an. Noch bis weit in die Mitte des vorigen Jahrhunderts hielten
einige Astronomen diese Ansicht für zutreffend.
Doch in den 20er Jahren des vorigen ]ahrhunderts stießen Edwin
Powell Hubble und sein Kollege Milton Humason nicht nur das Tor
in die Tiefen des Universums auf, indem sie herausfanden, dass
viele der nebelhaften Lichtfleckchen am Firmament gewaltige
Sternsysteme sind weit jenseits unserer Milchstraße. Sie entdeckten auch mit dem 2,5-m-Reflektor auf dem Mt.-Wilson-Observatorium in Kalifornien, dass diese Milchstraßensysteme oder Galaxien
sich von uns entfernen und zwar umso schneller, je weiter sie weg
sind. Das Weltall dehnt sich aus, es expandiert. Daraus folgt, dass
es in der Vergangenheit kleiner gewesen sein muss und damit
auch heißer. Man postulierte den Urknall oder Big Bang.
Im Jahre 1965 entdeckten Arno Penzias und Robert Wilson per
Zufall die von George Gamow bereits zwanzig Jahre vorher
prophezeite Reststrahlung des superdichten und hyperheißen
Beginns unseres Universums. Diese kosmische Hintergrundstrahlung fällt isotrop, also aus allen Richtungen gleichmäßig ein.
Ihr Spektrum entspricht einem Schwarzen Strahler mit einer
Temperatur von 3 Kelvin, das sind –270°C, also nur drei Grad
über dem absoluten Nullpunkt. Man spricht von der 3K-Hintergrundstrahlung oder vom CMB (Cosmic Microwave Background).
Denn die maximale Intensität dieser Planckschen Strahlung liegt
im Millimeterbereich, daher die Bezeichnung kosmischer Mikrowellenhintergrund. Drei Raumsonden, COBE, WMAP und PLANCK
haben diese Strahlung mit hoher Winkel- und Temperaturauflösung untersucht. Im Mikrokelvin(Millionstel Grad)-Bereich gibt es
jedoch Abweichungen von der absoluten Isotropie. Sie zeigen das
Muster der primordialen Quantenfluktuationen. Diese sind die
Keimzellen der großräumigen honigwabenartigen Struktur des
Universums: Galaxienhaufen und -superhaufen bilden riesige
Wände von Hunderten von Millionen Lichtjahren Ausdehnung, die
gewaltige, fast völlig leere Raumgebiete umschließen.
Rakete diese Geschwindigkeit, so wird sie zwar permanent abgebremst, aber sie kommt nicht mehr zum Stillstand.
Ebenso gibt es für das Universum drei Moglichkeiten: Entweder,
die Expansion kommt eines mehr oder minder fernen Tages zum
Stillstand, die Bewegung kehrt sich um und das Weltall stürzt in
sich zusammen zu dem heißen, überdichten Zustand. aus dem es
hervorgegangen ist. Dieses Szenario nennt man Big Crunch
(engl., großes Knirschen). Oder die Expansion kommt erst nach
unendlich langer Zeit zum Stillstand. Dann wird es eines Tages
dunkel im Universum, wenn alle Sterne erloschen sind und der
Wasserstoff, Baustoff für neue Sterne, aufgebraucht ist. Als dritte
Möglichkeit bleibt die ewig anhaltende Expansion, die zwar mit
fortschreitender Zeit immer langsamer wird, aber nie völlig aufhört.
Um zu entscheiden, welcher Fall auf das Universum zutrifft, muss
man die Anziehungskraft der im Weltall vorhandenen Massen mit
deren Bewegungsenergien vergleichen. Dazu sind die Expansionsrate, der Hubble-Parameter, und die mittlere Materiedichte im
Weltall zu bestimmen. Beide Werte sind beziehungsweise waren
allerdings nicht leicht zu ermitteln. Für jede Expansionsrate gibt es
eine kritische Dichte, bei der die kinetische Energie gleich der
potenziellen Gravitationsenergie ist. In diesem Fall kommt die
Expansion nach unendlich langer Zeit zum Stillstand. Dieses
Szenario heißt parabolischer Grenzfall. Ist die reale Dichte größer
als die kritische, dann gewinnt die Gravitation. Sie bringt die
Expansion zum Stillstand und anschließend das Weltall zum
Zusammenstürzen. Ist die reale Dichte jedoch kleiner als die
kritische, so expandiert das Universum für immer und ewig. Aus
den Daten, die die Raumsonden von der kosmischen Hintergrundstrahlung geliefert haben, ergibt sich ein Hubble-Parameter
von 68 km/s pro Megaparsec (1 Mpc = 3,26 Mio. Lichtiahre).
Der kosmologische Parameter w (Strahlungs- und Vakuumdruck zu
Gesamtdichte) bestimmt die Zukunft des Universums:
A: Geschlossenes Universum, Ende Big Crunch
B: Flaches Universum,Expansion permanent abgebremst, Stillstand
nach unendlich langer Zit.
C, D: Offenes Universum, ewige beschleunigte Expansion
E: Beschleunigte Expansion führt zum Big Rip, dem großen Zerreißen
aller Materiestrukturen.
Seit etwa sechs Milliarden Jahren expandiert das Universum
beschleunigt.
Das Schicksal des Alls
Wird sich das Weltall ewig ausdehnen? Wirft man einen Ball in
Höhe, so bremst ihn die Erdgravitation ab. Er wird immer
langsamer und kommt schließlich zum Stillstand. Anschließend
fällt er beschleunigt wieder herunter und kommt mit der gleichen
Geschwindigkeit wieder an, mit der er hochgeworfen wurde (gilt
genau genommen nur im Vakuum ohne Luftwiderstand). Ab einer
gewissen Anfangsgeschwindigkeit kommt der Ball oder eine
Rakete nicht mehr zurück. Sie werden zwar immer langsamer,
aber sie kommen erst im Unendlichen zum Stillstand. Diese
Grenzgeschwindigkeit heißt Flucht- oder Entweichgeschwindigkeit.
Bei der Erde sind dies 11,2 Kilometer pro Sekunde. Übertrift eine
Dunkle Materie reicht nicht als Erklärung
Die reale Materiedichte im Weltall macht nur knapp fünf Prozent
der kritischen Dichte aus. Selbst wenn man die ebenfalls gravitativ
wirkende Dunkle Materie hinzunimmt, werden gerade mal 32
Prozent der kritischen Dichte erreicht. Die Dunkle Materie wirkt
ausschließlich durch ihre Schwerkraft. Sie macht sich bei den
Bewegungen der Galaxien innerhalb eines Haufens bemerkbar,
indem sie den Haufen zusammenhält sowie bei der Rotation von
Galaxien, deren Ränder sich zu schnell drehen, um dies allein
durch die Gravitation der leuchtenden Materie erklären zu können.
Auch bei dem von Einstein vorhergesagten Gravitationslinseneffekt spielt sie eine Rolle: Galaxienhaufen lenken durch ihre
Masse Lichtstrahlen von dahinter liegenden Objekten ab, ähnlich
wie eine konvexe Glaslinse Licht bündelt. Aus der Ablenkung
- 2 ergibt sich die Masse des Galaxienhaufens. In allen drei Fällen
zeigt sich: Es ist mehr Masse im All vorhanden als die mit elektromagnetischen Wellen beobachtbare Materie. Die Dunkle Materie
sendet keine elektromagnetischen Wellen aus. Sie bleibt unsichtbar, daher nennt man sie „dunkel“. Ohne sie wäre auch die
Bildung von Sternen und Galaxien in der Frühphase des Kosmos
nicht erklärbar. Denn nur durch ihre Schwerkraft kann es zur
Verklumpung der Materie kommen. Die Expansion und der
thermische Druck, den die Dunkle Materie eben nicht ausübt,
hätten eine Sternentstehung verhindert.
Die Anteile der Dunklen Energie, der Dunklen Materie und der
baryonischen Materie inklusive Strahlung an den gravitativen
Wirkungen im Universum.
Groß war die Überraschung, als sich zum Ende des 20. und zum
Anfang des 21. Jahrhunderts herausstellte, dass keines der drei
beschriebenen Expansionsmodelle auf das Universum zutrifft.
Man entdeckte: Die Ausdehnung des Universums erfolgt immer
schneller, das Weltall expandiert beschleunigt! Um die Expansionsrate, den Hubble-Parameter und seine zeitliche Änderung,
genauer zu bestimmen, hatten sich zwei Beobachterteams daran
gemacht, ferne Supernovae zu beobachten, um die Relation
zwischen Rotverschiebung und Entfernung neu zu eichen (siehe
Kasten „Zur Entfernungsbestiimung extragalaktischer Sternsysteme“).
Supernovae sind die absolut hellsten Einzelobjekte im Universum
und daher auch noch in großer Ferne auszumachen. Außerdem
geht man davon aus, dass die absoluten Helligkeiten von SN Ia1
nur geringfügig streuen, da sie durch den Gravitationskollaps
eines Weißen Zwergs hervorgerufen werden, der Materie von
einem Begleiter aufsammelt und bei Erreichen des Chandra Limits
(knapp 1,5 Sonnenmassen) detoniert. Es ist somit bei einer SN Ia
immer die gleiche Menge,,Sprengstoff " lm Spiel.
Beide Beobachterteams stellten überrascht fest, dass Supernovae
in zehn Milliarden Lichtjahren Distanz eine niedrigere absolute
Helligkeit aufweisen als jene in wesentlich geringerer Entfernung.
Dies ist aber offensichtlich ein Scheineffekt. Geht man davon aus,
dass die fernen SN Ia die gleiche Leuchtkraft aufweisen wie die
nahen, so sind die fernen SN Ia weiter entfernt als dies aufgrund
ihrer kosmologischen Rotverschiebung in ihren Spektren anzunehmen ist, wenn man von einer parabolischen Expansion ausgeht.
Denn die Rotverschiebung in den SN Spektren ist ein Maß für ihre
Fluchtgeschwindigkeit. Gleiche Fluchtgeschwindigkeit bei größerer
Distanz bedeutet aber: Der Hubble-Parameter H muss zumindest
eine Zeit lang kleiner gewesen sein als heute. Im Klartext: Das
Universum dehnt sich seit einigen Milliarden Jahren beschleunigt
aus, eine Tatsache, die für fast alle Kosmologen eine unerwartete,
sensationelle Entdeckung darstellte, mit der sich einige auch nur
schwer abflnden können. Galt doch lange als allgemeiner
Konsens, dass die im Weltall vorhandenen Massen die Expansion
mehr oder weniger stark abbremsen.
Ein Nobelpreis für Physik
Die Leiter beider Beobachtungsteams, Saul Perlmutter vom
Lawrence Berkeley National Laboratory mit seinem Beobachtungsprogramm „Supernova Cosmology“ sowie Adam Riess und
Brian Schmidt mit ihrem „High-z Supernova Search Team" am
Australian National Observatory erhielten für ihre bahnbrechende
Entdeckung im Jahre 2011 den Nobelpreis für Physik. Um zu
erklären, wer oder was die beschleunigte Expansion bewirkt, hat
man schon 1998 den Begriff „Dunkle Energie" eingeführt. Sie wirkt
1
Für weitere Einzelheiten siehe z. B. unter
https://wikipedia.org/wiki/Supernova_vom_Typ_Ia
als abstoßende Kraft, die die Expansion beschleunigt. Nach der
Speziellen Relativitätstheorie (SRT) von Albert Einstein sind aber
Energie und Masse einander äquivalent. Jeder kennt heute die
Formel: E = m. c2 (Energie ist gleich Masse mal Lichtgeschwindigkeitsquadrat). Wenn aber der Dunklen Energie auch eine Masse
zugebilligt wird, so übt diese auch eine Schwerkraft aus, sie wirkt
gravitativ Diese Funktion erfüllt aber der von Einstein einst im
Gravitationsgesetz Newtons eingefügte Λ-Term, der eine abstoßende Kraft darstellt. Einstein wollte damals das Weltall damit
stabilisieren, weil er an ein statisches Weltall glaubte. Als sich
herausstellte, dass das Universum expandiert, hat er den Λ-Term
verworfen. Doch inzwischen wurde er wieder aus der Versenkung
geholt und wird heute als kosmologische Konstante bezeichnet,
die die Vakuumenergie darstellt. Wie der Name sagt, ist sie zeitlich
konstant - so vermutet man zunächst. Sie verursacht damit aber
eine ständig beschleunigte Expansion des Universums. Wenn
nämlich die Vakuumenergie pro Raumeinheit konstant bleibt,
nehmen die Distanzen der Galaxien mit der Zeit immer schneller,
also beschleunigt, zu. Die Dunkle Energie ist offensichtlich eine
Eigenschaft des Vakuums. Man kann sie auch als Antigravitation
auffassen. Das Verhältnis von Vakuumenergiedichte ρΛ zu ihrem
Druck pΛ, bezeichnet man als Zustandsgleichung w der Dunklen
Energie: w = - pΛ/ρΛ.
Für eine zeitlich konstante Vakuumenergie Λ hat w den Wert w = -1.
Niemand weiß aber bis heute, ob das w tatsächlich zeitlich konstant bleibt. Man nennt die Dunkle Energie gelegentlich Quintessenz, wenn das w zwischen –1/3 und -1 liegt. Ist w jedoch kleiner als -1, dann spricht man von Phanlomenergie.
Folgen der Phantomenergie
Sollte die Phantomenergie tatsächlich existieren, so hätte dies
dramatische Folgen. Denn die Phantomenergie wird eines Tages
die Herrschaft über die Gravitation gewinnen in einem Szenario,
dem Großen Zerreißen (Big Rip). Dabei wächst die Expansionsrate mit fortschreitender Zeit enorm an, Dies führt zunächst zur
Auflösung der Galaxienhaufen. Anschließend werden die Galaxien
auseinandergerissen, ihre Sterne verstreuen sich im All. Danach
verlieren die Sterne ihre Planeten und diese wiederum ihre Satelliten. Doch auch Sternen und Planeten geht es an den Kragen. Sie
werden von der Phantomenergie zerrissen. Auch die Molekularund Kernkräfte werden überrumpelt: Moleküle, Atome, selbst die
Atomkerne zerplatzen. Schließlich sind die Elementarteilchen
selbst dran: Protonen, Neutronen, Quarks und Elektronen werden
zerrissen. Die einzelnen Vorgänge folgen immer schneller aufeinander (siehe Tafel „Big Rip"). Nach diesem Großen Zerreißen
endet das Weltall wie es vor knapp 14 Milliarden Jahren begonnen
hat, im zeitlosen Zustand der Quantenvakuumfluktuation.
Wird das Große Zerreißen tatsächlich stattfinden, und, wenn ja,
wann wird das sein? Dies lässt sich heute noch nicht sagen. Für
ein w = -1,1 erfolgt der Big Rip in 86 Milliarden Jahren, bei w = -1,2
in 53 Milliarden und bei w = -1,5 schon in 22 Milliarden Jahren.
Nach den Messungen der Raumsonde PLANCK liegt der Wert von
w zwischen -0,89 und,1,13. Zwar vermuten einige Kosmologen, w
sei exakt gleich -1 (was dem Einsteinschen Λ-Term entspricht).
Noch ist aber nicht auszuschließen, dass w kleiner als -1 ist, was
unweigerlich zum Big Rip führen würde.
Die Suche nach dem Phantom
Zwei Projekte sollen den Wert von w möglichst präzise ermitteln.
Einmal versucht man mit dem 8,4-m-LSST-Reflektor (Large Synoptic Survey TeIescope) auf dem Cerro Pachon in Chile den
gesamten Himmel zweimal pro Woche zu durchmustern, um
Tausende von Supernovae des Typs Ia mit großen Rotverschiebungen (1,9 < z < 3,5) zu entdecken und deren Helligkeiten und
Rotverschiebungen genau zu messen. Zum anderen plant man
das Projekt eROSITA, das im lahr 2015 eine Raumsonde mit
sieben Röntgenteleskopen in den Lagrange-Punkt Nr. 2 (er liegt in
1,5 Millionen Kilometer Entfernung von der Erde in Opposition zur
Sonne) bringen soll.
Die Bezeichnung eROSITA ist ein Akronym für extended Roentgen Survey with an Imaging Telescope Array (engl., ausgedehnte
Röntgenuntersuchung mit einer Anordnung von abbildenden Teleskopen). Mit eROSITA will man einige Zigtausend Galaxienhaufen
detektieren, um Massen und Entfernungen von ihnen genau zu
erfassen. Die Raumsonde beobachtet dabei nicht die Galaxien
selbst, sondern das heiße intergalaktische Gas, das Temperaturen
von etlichen Millionen Grad aufweist und darum im Röntgenlicht
leuchtet. Man schätzt, dass die Masse des intergalaktischen
Gases eines Haufens mindestens doppelt so groß ist wie die aller
Galaxien im Haufen. Mit Hilfe von Parallelbeobachtungen im sichtbaren Licht wird man so Massen, Entfernungen und die räumliche
- 3 Verteilung der Galaxienhaufen selbst in großen Distanzen recht
genau erfassen können, um aus diesen Daten die Eigenschaften
der Dunklen Energie zu bestimmen. Dann wird sich hoffentlich
zeigen, ob in ferner Zukunft das Große Zerreißen dem Universum
und seinen Gestirnen ein Ende bereiten wird oder ob es in alle
Ewigkeit expandiert.
Die Raumsonde eRODITA zur Erforschung der Dunklen Energie.
Zur Entfernungsbestimmung extragalaktischer Sternsysteme2
Die Rotverschiebung z = ∆λ/λ in den Spektren der Galaxien ist ein Kriterium für deren Entfernungen unabhängig von ihrer Interpretation als Dopplereffekt. Je größer z
ist, desto weiter ist ein Milchstraßensystem entfernt. Allerdings muss die Rotverschiebung-Entfernungs-Beziehung an primären Entfernungskriterien geeicht werden.
Dies geschieht mit Hilfe photometrischer Parallaxen. Aus der Differenz zwischen beobachteter scheinbarer Helligkeit eines Objektes und seiner absoluten Helligkeit, also
wahren Leuchtkraft, ergibt sich die Entfernung in Parsec. Ein Parsec (pc) ist diejenige Entfernung, unter der eine Astronomische Einheit ( = mittlere Entfernung Erde –
Sonne = 149,6 Millionen km) unter dem Winkel von einer Bogensekunde erscheint. Ein Parsec entspricht somit 30,8—1012 km oder 3,26 Lichtjahre. Die Beziehung
zwischen scheinbarer (m) und absoluter Heiligkeit (M) und der Entfernung (r) lautet:
m – M + 5 = 5 lg r [pc]
Die Größe (m – M) wird auch Entfernungsmodul genannt. Von bestimmten veränderlichen Sternen wie RR Lyrae- und Delta-Cephei-Sternen lässt sich aus ihrer
Lichtwechselperiode deren absolute Helligkeit ermitteln (Perioden-Leuchtkraft-Relation). Ferner sind leuchtkräftige O-, B-Sterne, Assoziationen, Novae, H-II-Gebiete
(heiße, leuchtende interstellare Wasserstoffwolken), Kugelsternhaufen und Supernovae als Distanzindikatoren geeignet, da deren mittlere statistische Leuchtkraft als
bekannt vorausgesetzt werden kann. Allerdings reichen diese Objekte mit Ausnahme der Supernovae nur für Distanzbestimmungen in der näheren intergalaktischen
Umgebung unserer Milchstraße.
Primäre Entfernungsindikatoren für Galaxien
0bjekt
RR-Lyrae-Sterne
Klassische Cepheiden
Novae
Kugelsternhaufen
H-ll-Regionen
Supernovae
Absolute Heligkeit (M)
0,6
-2 bis –7
-6 bis –9
-5 bis –10
-10 bis –15
-15 bis –20
Reichweite in Mpc
0,5
15
40
65
600
3000
Die obige Entfernungsrelation muss noch auf interstellare Absorption korrigiert werden. Denn der interstellare Staub schwächt das
Sternenlicht. Objekte erscheinen daher meist lichtschwächer, als es ihrer Distanz entspricht, weshalb sie zunächst weiter entfernt zu sein
scheinen. Die interstellare Absorption lässt sich zum Teil aus dem Farbexzess ermitteln, der Differenz zwischen dem beobachteten
Farbindex und dem mittleren Farbindex gemäß der Spektralklassifikation des Objektes. Kurzum, das Sternenlicht erscheint gerötet, wobei
die Rötung ein Maß für die Absorptionsstärke ist. Auch unsere Sonne erscheint bei Auf- oder Untergang röter als wenn sie hoch am
Firmament leuchtet.
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Das Verständnis dieses Abschnittes erfordert vertiefte Kenntisse in Physik und Astronomie. Möglicherweise kann auch das Online-Lexikon Wikipedia weiterhelfen.