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Weihnachten mit
Nicole von Boletzky
Seit über zwei Jahrzehnten agiert die international gefeierte Schweizer Meisterfloristin als
Ideengeberin, die die Schönheit im Einfachen und
in der Reduktion sucht. Entsprechend wichtig sind
für Nicole von Boletzky Fundstücke aus Wald und
Feld, die sie mit ihrer Mischlingshündin Emma
täglich durchstreift. Herbarella hat die innovative
Gestalterin bei einem ihrer Spaziergänge begleitet.
Interview Simone Quast, Fotografie Gianni Bombèn
Frau von Boletzky, Weihnachten ist das Jahresfest, das noch stark
mit Traditionellem verbunden ist. Was bedeutet für Sie Tradition?
Mich an das zu erinnern, was meine Augen in Kindertagen
glänzen liess …
Wie lässt sich Althergebrachtes immer wieder neu interpretieren?
Indem man Bewährtes bewahrt und Neues zulässt. Tradition
schliesst Innovation ja nicht aus. Es ist ein anspruchsvolles
Ausloten, wo die Schnittstellen zwischen überlieferten Werten
und neuen Ausdrucksformen liegen. Damit verbunden ist die
spannende Frage, inwiefern diese Werte angepasst werden
können, ohne ihren Gehalt zu verlieren. Das Wort «Trend» hat
im Zusammenhang mit Weihnachten jedoch einen seltsamen
Beigeschmack, mir persönlich klingt es zu reisserisch. Ich stelle
mit Freude fest, dass das Trenddiktat Jahr für Jahr zurückgeht
und kaum mehr rigorose Farb- oder Formvorgaben gemacht
werden. Es scheint, als hätten viele begriffen, dass Advent und
Weihnachten persönlich geprägt sind und nur sehr subtil mit
modischen News verknüpft werden können. Generell stellt man
eine Rückbesinnung auf recht einfache, authentische Aussagen
fest. Dies entspricht mir und meiner Arbeit sehr.
Welche Elemente dürfen für Sie in einem Advents- oder
Weihnachtsschmuck auf keinen Fall fehlen?
Zapfen. Anderes natürlich auch, aber mit den
Rottannenzapfen verbinde ich das Weihnachtsfest auf eine
besonders intensive Weise. Ich liebe ihren Duft und ihre
Form. Auch gefällt mir der Gedanke, dass Tannenzapfen
uns einfach zu Füssen liegen, wir sie gerade mal aufheben
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Nicole von Boletzky
müssen, um damit etwas Schönes zu machen. Natürlich gehört auch etwas Glanz zum Weihnachtsfest. Doch ziehe ich
zum Beispiel das Schlagmetall dem industriellen Hyperglanz
vor und freue mich darüber, dass bei den Accessoires vermehrt Metall, Filz, Stein oder Wachs an die Stelle von
Kitsch-Klimbim treten.
Welche natürlichen Materialien eigenen sich aus Ihrer Sicht am
besten für winterliche Dekorationen?
Grundsätzlich eignet sich alles, was im Auge des
Betrachters schön ist. Das können ganz unspektakuläre
Dinge sein: Rinden, Hölzer, Zapfen, verzweigte Äste,
Flechten oder auch Wurzelteile. Als ungeeignet
würde ich Fundstücke einstufen, die einen seltsamen
Geruch haben oder von Tierchen besiedelt sind.
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Im dialog mit
der natur
Typisch Nicole von Boletzky:
Auch in ihren jüngsten Arbeiten
lässt die Künstlerin mit wenigen
Elementen eine Geschichte
anklingen, die vom Betrachter
zu Ende erzählt wird. Dass da
auch eine ordentliche Portion
Humor mit im Spiel ist, zeigt
das brummige Engelchen unten
rechts, das von Kleidergrösse 34
bestimmt noch nie gehört hat.
Sie unterrichten international renommierte FloristikMeisterklassen. Gibt es denn auch für Nicht-Fachleute die
Möglichkeit, einen Ihrer Kurse zu besuchen?
Seit über 20 Jahren bin ich ausschliesslich in der höheren
Fachausbildung gelernter Floristen tätig. Aus aller Welt
dürfen wir Kursteilnehmer bei uns auf die anspruchsvolle Meisterprüfung vorbereiten. Wir bieten jedoch
auch Spezialthemen wie Schweisskurse, eine Ausbildung
in Entwurfslehre oder ähnlich spannende Kurse an.
Diese sind zum Beispiel auf unserer Internetseite
www.knowhow.ch ausgeschrieben. Hier können
wir Interessierte aus allen Sparten aufnehmen und
finden diese Durchmischung enorm spannend. •
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