068_116_BIOsp_0116_- 01.02.16 11:43 Seite 114 114 I M S PE KTR U M · VOR SCH AU Ausstellung im ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe Exo-Evolution: eine Symbiose aus Kunst und Wissenschaft © Springer-Verlag 2016 ó Falls Sie einmal einen Joghurt sehen wollen, der aus menschlichen Enzymen gewonnen wurde, oder wenn Sie wissen möchten, wie ein kosmopolitisches Huhn aussieht, dann sollten Sie nicht etwa ein naturwissenschaftliches Forschungsinstitut besuchen, sondern eine Ausstellung im ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe! ExoEvolution ist die erste künstlerisch-wissenschaftliche Ausstellung ihrer Art. Sie zeigt Werke internationaler KünsterInnen, von denen viele mit WissenschaftlerInnen zusammengearbeitet haben, sowie von WissenschaftlerInnen selbst. Im Verlauf des letzten Jahrhunderts haben WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen zahlreiche neue Arbeitswerkzeuge und neuartige Arbeitsmaterialen sowie Datenverarbeitungsgeräte geschaffen, die nicht nur in Speziallaboren herumstehen oder einer kleinen Elite vorbehalten sind, sondern die vielen Menschen zur Verfügung stehen. KünstlerInnen haben jetzt angefangen, all diese neuen Möglichkeiten zu nutzen, um sich auszudrücken und sich gesellschaftlichen Themen von globaler Wichtigkeit zuzuwenden. Materialien, die KünstlerInnen besonders interessieren, sind oftmals aus dem Bereich der Biologie: DNA, Proteine, Gewebe und ganze Organismen. Vor allem Genmodifikation ist ein Thema, das von vielen Installationen der Exo-Evolution aufgegriffen wird. Dies reflektiert die gesellschaftlichen Sorgen, die die Genetik und die Genmanipulation hervorrufen. In der Exo-Evolution gibt es viele Beispiele für „Bio-Kunst“, die den wissenschaftlichen Fortschritt darstellt, der ein fester Bestandteil aller Bereiche unseres Lebensalltags ist. Maja Smrekar verwendet in ihrer Installation Hu.M.C.C. – Human Molecular Colonisation Capacity (2012) ihre eigenen Enzyme zur Herstellung von Joghurt, von dem die BesucherInnen kosten können. Dadurch lenkt sie die Aufmerksamkeit auf Lebensmittelproduktion und Technik angesichts einer immer schneller wachsenden Bevölkerung. Aus der Zusammenarbeit des privaten Unternehmens Heurisko mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist die Installation Retooling Evolution: Nature at Work hervorgegangen: In einem evolutionären Experiment und in Echtzeit werden Mikroorganismen gezüchtet, die problematische Chemikalien aus der Umwelt entfernen können. Eines der Module der Exo-Evolution heißt The Future is Here und widmet sich einigen brisanten wissenschaftlichen Themenbereichen: dunkle Materie, DNA sowie Nanotechnologie und Moleküle. Das Werk Quintessence von Ljiljana Fruk und Bernd Lintermann beschäftigt sich mit der DNASynthese, indem ein DNA-synthetisierendes Gerät im Umfeld eines alltagstauglichen Labors gezeigt wird. Der Erbinformationsträger DNA kann im Labor mithilfe des programmierbaren Geräts chemisch synthetisiert werden. Quintessence geht der Macht der Technik sowie der molekularen Struktur und der Bedeutung der DNA und der Gene auf den Grund, macht uns aber auch die Unsicherheit und Unvollständigkeit unseres Wissens bewusst. Wir können zwar die DNA, die wichtigste „Software“ des Lebens, bearbeiten, aber wir haben noch keinen funktionstüchtigen Computer dafür. Vielmehr haben wir gerade erst begonnen, die ersten Programme dafür zu schreiben. Exo-Evolution soll eine grenzüberschreitende Veranstaltung sein, die offen für alle ist, die neugierig genug sind, um zu lernen, auszuprobieren, sich dazu anregen zu lassen und über die Grenzen der Kategorien Kunst und Wissenschaft hinauszuden- ˚ In der Ausstellung Exo-Evolution am ZKM Karlsruhe verarbeiten Künstler neue wissenschaftliche Themengebiete, wie z. B. die Nanotechnologie. Das Bild zeigt das Kunstwerk Nanopartikel von Gold auf Kupferstruktur von Ljiljana Fruk und Marko Miljevic aus dem Jahr 2014 (© Ljiljana Fruk und Marko Miljevic). ken, um sich auf ein interdisziplinäres Erlebnis einzulassen. Kreativität kann dann am besten fließen, wenn sie nicht von vorgefassten Meinungen und festen Regeln eingesperrt ist. Die Verschmelzung von Kunst und Wissenschaft ist der natürlichste Weg zur Schaffung von Neuem. Es ist sehr schön zu sehen, dass Kunst und Wissenschaft wieder zueinander gefunden haben und Kunst- und Hochschulinstitute bei diesem Trend mit dabei sind. ó Ljiljana Fruk, University of Cambridge, UK Dr. Ljiljana Fruk ist seit November 2015 Forschungsgruppenleiterin am Department of Biotechnology and Chemical Engineering an der University of Cambridge, UK. Sie ist Ko-Autorin des Sammelbandes Molecular Aesthetics und Ko-Kuratorin des Ausstellungsmoduls The Future is Here im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM), Karlsruhe. Die Ausstellung Exo-Evolution ist noch bis zum 28.02.2016 im ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe, Lorenzstraße 19, D-76135 Karlsruhe, Lichthof 8 + 9, zu sehen. Weitere Informationen unter www.zkm.de und http://blog.zkm.de. BIOspektrum | 01.16 | 22. Jahrgang
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