Fachtagung „Auf den Spuren der Gewalt“

Fachtagung
„Auf den Spuren der Gewalt“
am 01.07.2015 im IT-Zentrum
Kaiserstr. 10b, 49809 Lingen
Abstracts zu den Vorträgen
Prof. Dr. Rudolf Egg
Direktor der kriminologischen Zentralstelle Wiesbaden
Gewalthaltige Computerspiele und Jugendgewalt
Der Vortrag befasst sich zunächst aus historischer Perspektive mit allgemeinen –
vermuteten oder tatsächlichen – Wirkungen von Medien (Literatur, Theater, Film) auf das
Verhalten und Erleben von Menschen. Dabei werden neben dem sog. Werther-Effekt
auch verschiedene Formen der Zensur und Kontrolle vermeintlich schädlicher
Medieninhalte, z. B. Kampagnen gegen „Schmutz- und Schundliteratur“, erörtert. Im
Zentrum des Vortrages steht die Frage, welche Wirkungen Computerspiele, insbesondere solche mit gewaltsamen Inhalten, auf Kinder und Jugendliche haben. Neben
möglichen Einflüssen auf schulische Leistungen, Sozialverhalten und Empathie so-wie
der Entstehung einer „Computerspielsucht“ wird aus kriminalpsychologischer Sicht die
Frage der Beeinflussung bzw. Förderung aggressiven Verhaltens durch gewalthaltige
Computerspiele diskutiert. Dazu werden aktuelle empirische Ergebnis-se, insbesondere
Meta-Analysen, vorgestellt und Empfehlungen für den Umgang mit diesem Medium
diskutiert.
Dr. Stefan Suhling
Kriminologischer Dienst im Bildungsinstitut des
niedersächsischen Justizvollzuges
Behandlung von Gewaltstraftätern - was wirkt?
Während es im Rahmen kommunaler kriminalpräventiver Projekte eher um die Verhinderung des erstmaligen Auftretens von gewalttätigen Handlungen geht („primäre“
oder auch „sekundäre“ Prävention), hat der Strafvollzug die Aufgabe, der Wiederho-lung
von Gewaltstraftaten vorzubeugen („tertiäre“ Prävention). Ein geeigneter Weg ist hier die
Behandlung der Täter, etwa im Rahmen der Sozialtherapie. Im Vortrag wird zunächst
darauf eingegangen, inwiefern die Behandlung von Gewaltstraftätern prä-ventiv
wirksamer ist als rein strafende Sanktionen. Danach wird beschrieben, welche
Behandlungsziele formuliert werden sollten, welche Behandlungsansätze es gibt und
was bedacht werden muss, wenn die Behandlung im Sinne der Reduzierung der
Rückfallgefahr erfolgreich sein soll.
Dr. Bernd Wischka
Leiter der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Lingen
Martin Petelkau
Dipl.- Psychologe, sozialtherapeutische Abteilung, JVA Lingen
Gefährliche Einstellungen – Kognitiv-behaviorale Gruppentherapie
mit Sexual- und Gewaltstraftätern in der
sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Lingen
Kognitiv-behaviorale Behandlungsmethoden haben sich in der internationalen Forschung als besonders wirksam erwiesen. Es wird zunächst erläutert, worauf es bei
diesem Therapieansatz ankommt, um dann das Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter (BPS) vorzustellen, mit dem seit mehr als zehn Jahren Praxiserfahrungen
gesammelt werden konnten und zu dem inzwischen auch Forschungsbefunde vorliegen. Das Gruppenprogramm, an dem Gewaltstraftäter teilnehmen, orientiert sich an
dieser Vorgehensweise, setzt aber z. T. andere Schwerpunkte. Diese Modifikationen
werden begründet.
Michael Stiels-Glenn
Kriminologe und Polizeiwissenschaftler, Integrativer Psychotherapeut, Supervisor
Arbeit mit Gewalttätern- Auswirkungen auf die Behandler
Gewalt hat nicht nur eine Seite, sondern viele Facetten. Dazu gehört sowohl die
Traumatisierung durch reale Gewalthandlungen und/oder Geschädigten, eine sekundäre Traumatisierung durch die Arbeit mit Gewaltstraftätern, das Erschrecken vor
Gewalthandlungen in Medien und in der Phantasie, aber auch die Faszination von
Gewalthandlungen – ansonsten würden ja entsprechende Filme nicht so häufig angeschaut. In der Arbeit mit Straftätern geschehen vielfältige Wechsel zwischen all diesen
Positionen: Kumpelhafte „Verbrüderungen“, ängstliches Vermeiden, spielen mit der
strukturellen „Schlüssel“-Gewalt und moralische Vorhaltungen. In einem evolutionsbiologisch-anthropologischen Quergang durch alle diese Facetten soll Appetit
geweckt werden, sich mit dem Phänomen auseinanderzusetzen.