Reisebericht zum Sommersegeltörn vom 08

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Reisebericht zum Sommersegeltörn vom 08. bis 24. August 2015
Bornholm / Rügen der SY Solveig des KYC Köln
Von: Dr. Holmer Vogel, Lerchenweg 2, 53332 Bornheim
Reiseziel: Bornholm (Dänemark)
1. Der Törnplan
Für den Sommer 2015 hatte ich mir vorgenommen – je nach Wettersituation im August 2015
-, Seeland zu umrunden oder nach Bornholm mit den Erbseninseln zu segeln, wobei die
Rückreise alternativ über die schwedische Südküste oder südlich um Rügen herum erfolgen
sollte. Die Entscheidung sollte kurzfristig vor Ort unter Einbeziehung der Großwetterlage
fallen.
2. Das Schiff
a.) Schiffsangaben
Meine SY ist eine schwedische Malö 39 classic. Classic steht für ein um 1,50 m verlängertes
Heck, in dem eine großzügige weitere Backskiste untergebracht ist.
Länge (Ltot): 13,10 m
Breite:
3,76 m
Tiefgang:
1,90 m.
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Besegelung: Genua II (32,9 qm)
Fock (25 qm)
Code Zero (66 qm)
Gennacker (121,3 qm)
Roll - Großsegel 36 qm)
Motor:
Yanmar 4 JH3 – BE (56 PS)
b.) Sicherheits- und Navigationsausrüstung
EPIRB, UKW (DSC) fest + ein portables Handfunkgerät, Hand - GPS mobil, großer 1.
Seadoc - Hilfekoffer mit Medikamenten für die Küstenfahrt, Seenotsignalmittel (Raketen,
Handfackeln, Rauchtöpfe), 6 Personenrettungsinsel, automatische Rettungswesten mit
Lifeline, aufblasbares Beiboot, GPS – Plotter Raymarine E 120 mit Navionics - Modulen,
Raychart – Plotter mit CP-Map Nt+ - modulen als Backup, Digital - Radar, AIS (passiv),
Echomax aktiver Dualband – Radarreflector für X- und S – Band, Autopilot St 6000,
Lifelines an Bb und Stb, Batteriemanager Phlippi BCM1, digitaler Seewetter- und Navtex –
Empfänger Möhrer WIB 4 S inkl. Barograph für alle DWD – Frequenzen und Navtex 490 und
518 kHz (Empfang über isoliertes Achterstag), zusätzlich via Laptop Grib View Software von
Meeno Schrader (Empfang via WLAN)
c.) Nautische Literatur und Seekarten
NV – Sportbootkartensätze 2015 Serie 1- 4 mit Hafenhandbüchern
Int 1
Yachtpilot
Revierführer Ostsee
Kofahl, Medizin auf See
Funkdienst für die Klein- und Sportschifffahrt 2014 und 2015
Gerti und Harm Claussen, Schweden Westküste
Jan Werner, Dänemark 1 und 2
Jan Werner, Ostsee 1 und 2
3. Vorbereitung und Durchführung der Navigation
Die Vorbereitung der Tagesetappen erfolgt entsprechend SOLAS navigatorisch kurzfristig
(meistens am Vorabend) nach Maßgabe des englischen Preplanning – Prinzips (siehe
Darstellung im Reeds Nautical Almanac) und wird auf Spickzetteln und / oder teilweise auf
der Seekarte bzw. im Logbuch und PC (insbes. Wetter) festgehalten.
Die tatsächliche Törnführung wird in einem manuellen Logbuch (siehe Anlage) dokumentiert.
4. Die Bordküche
Schon seit Jahren versuche ich auf meiner Solveig eine einfache, aber schmackhafte
Bordküche zu etablieren, die auch und gerade auf See den Wünschen der Besatzung gerecht
wird. Gutes, vitaminreiches Essen hebt gerade auf See die Stimmung ungemein. Nicht
umsonst heißt ein Buch „Der Koch ist Kapitän“.
Es ist dabei gar nicht so schwer. Drei Dinge muss m.E. eine gute Bordküche erfüllen:
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-
In erster Linie muß sie natürlich lecker sein.
Ferner muß das Essen schnell herzustellen sein und
Schließlich muß die Bordküche mit wenigen Töpfen auskommen.
Der erste Grundsatz führt zumindest bei kürzeren Seetörns zur radikalen Verbannung
jeglichen Dosenfutters. Frische Produkte sollten es sein, die sich auch mehrere Tage halten.
Ein guter Tropfen Wein darf nicht fehlen – jedenfalls im Hafen.
Im Winter entdeckte ich ein altes Kochbuch von Jamie Oliver „jeder kann kochen“, das
Rezepte enthält, die alle drei Grundsätze nahezu perfekt erfüllen und neuen Gaumenkitzel
versprachen. Wir wollten das eine oder andere Rezept ausprobieren. Von zu Hause brachte
ich eine Reihe frischer Kräuter, insbesondere Koriander, glatte Petersilie, Basilikum und
Thymian mit. Begleitet wurden diese Versuche von den Weingütern
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Jean Sipp, Ribeauvillé / Alsace, pinot blanc 2012
Steininger, Kamptal / Östereich, Weißburgunder Novemberlese 2013.
5. Reisebericht
08. August 2015 (Samstag)
Anreise mit Carlo, Einkaufen im famila – Markt in Heiligenhafen, Anfahrt auf meinen
Liegeplatz in Großenbrode bei der vorzüglichen Clemens – Werft, Einräumen der
persönlichen Sachen und Stauen der Vorräte, abends gehen wir zu Hansheinrich in mein
Lieblingslokal Tuckers direkt auf dem Werftgelände auf ein paar köstliche Spareribbs
09. August 2015 (Sonntag)
Ausschlafen ! und frühstücken bei herrlichem Sonnenschein im Cockpit, Einschätzung der
Großwetterlage und Festlegung des Törnziels, Die Großwetterlage ist nach unserer
Einschätzung im Wechsel. Eine Hochdruckbrücke 1025 hpc hat sich gebildet von
Südschweden bis zu den Azoren, die in der Straße von Dover zusammengedrückt ist. Hier
wird sich wohl ein separates Skandinavien - Hoch abspalten. In Südfrankreich liegt ein sich
auflösendes Tief mit einer Okklusionsfront bis nach Polen. Nördlich der Hochdruckbrücke
liegt ein Tief 990 hpc dicht SW von Island. Wetterwelt sagt für die westliche Ostsee für die
Tage bis Mittwoch mäßige Winde aus SE drehend über E auf N zwischen Bft1 und 4 voraus,
ehe sich dann ab Donnerstag eine stabile E – Windlage mit Bft. 4 – 5 einstellen soll. Der
Bordrat beschließt Bornholm als Törnziel, da wir mit der stabilen Ostwindlage eine gute Basis
für die Rückreise erhoffen. Mit dem Ostwind erwarten wir Sonnenschein auf Bornholm, was
die ganze Sache touristisch noch attraktiver macht. Den Vorschlag eines langen Non – Stop Nachttörns lehnt die Crew ab. Wir versuchen Bornholm daher mit dem zu erwartenden
Winddreher in 2 langen Tagesschlägen nach Gedser und Klintholm und in einem sehr langen
Schlag nach Rönne zu erreichen.
Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung geht es um 13.25 los; um 19.15 liegen wir bei
herrlichem Sonnenschein im Yachthafen von Gedser, das im Übrigen ein hervorragendes
Hafenlokal hat. Nach dem obligatorischen Anlegebierchen liefert unsere Bordküche heute
aber ein Chicken Tikka Marsala an Couscous mit frischem Koriander und einem Klecks
Naturjoghurt. Unser Abendmenu wird von einem Pinot blanc begleitet. Danach genießen wir
den Sonnenuntergang im Cockpit und bereiten den nächsten Tag vor.
10. August 2015 (Montag)
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Wir sind auf Urlaub und schlafen wieder aus. Bei etwas bedecktem Himmel legen wir um
11.10 ab und erreichen Klinholm um 18.10. Der erwartete Regenschauer blieb aber aus. Carlo
serviert zu Hause vorbereitetes feinstes Gulasch vom Rind mit erlesenem Weinsauerkraut an
Salzkartoffeln. Auch hier begleitet unser Menu im Cockpit wieder der Vin d´Alsace von Jean
Sipp. Um 23.00 bringt uns ein mit Grappa aus dem Eichenfass aromatisierter Kakao ins Bett.
11. und 12. August 2015 (Dienstag und Mittwoch)
Bis hierhin hat die Wettertaktik geklappt; allerdings war die Windstärke oftmals so schwach,
dass der Motor übermäßig oft eingesetzt wurde. Und für den großen Sprung heute verspricht
der Wetterbericht auch wieder passenden Wind aus nördlicher Richtung.
Nach einem Regenschauer werden um 12.10 die Leinen gelöst und es geht los. Ein Hoch über
Westrussland 1023 hpc, etwas verstärkend, wird von einem Tief 1013 hpc in Brandenburg
begleitet. Für die westliche Ostsee wird anfangs schwach umlaufend, sonst NW bis N Bft 3
bis 4 gemeldet. Auch in der südlichen Ostsee soll der Wind bis Mitternacht von E bzw. NE
Bft. 3 mit Schauer- und Gewitterböen auf N bis NW 3 bis 4 in der Nacht drehen. So sind auch
die Aussichten bis morgen Mittag.
Vor Bornholm treffen 3 große Schifffahrtsstraßen in dem TSS Bornholmsgat zusammen und
uns stellt sich die Frage, wie wir bis dorthin den Kontakt mit der Berufsschifffahrt möglichst
kurz halten. Entweder setzen wir den Kurs direkt auf Rönne ab und müssen dann relativ
lange mit der Berufsschifffahrt von und zur Cadetrinne rechnen oder wir fahren etwas
nördlich des neuen Windparks Baltic 2 zwischen 2 Trennungszonen direkt auf die
precautionary area des TSS Bornholmsgat zu. Das ist sportlich, aber wir erhoffen uns eine
zeitlich nur kurze Begegnungssituation, auch wenn dies nachts sein wird. So wollen wir es
angehen. Wir vertrauen dabei auf die Unterstützung unserer Ausrüstung mit Radar, UKW,
AIS und die im Plotter integrierte Mini – ARPA – Funktion, die uns den CPA und die TCPA
anzeigt.
Auf den Weg in den Abend stärken wir uns mit den Resten des gestrigen Gulaschs. Gegen
20.00 lässt der Wind nach, so dass wir unter Motor weiterlaufen. Um 23.10 haben wir dann
die kritische precautionary area des TSS Bornholmsgat erreicht. Es herrscht mittlerweile
dichtester Nebel; Fahrzeuge sind auf eine halbe sm zu hören, aber nicht mehr auszumachen.
Das ist trotz aller elektronischer Unterstützung Adrenalinausstoß pur. Wir wollen kein
Fahrzeug näher als 1 sm an uns heranlassen. So müssen wir einem Querläufer, der aus dem
Öresund kommt ausweichen, und 3 Entgegenkommern, die aus nördlicher Richtung in die
precautionary area einlaufen. Dann können wir endlich mit 6 kn nach SE ablaufend das TSS
verlassen. Kurz danach haben wir wieder absolut klaren Himmel; wir waren also in einer
dicken Nebelbank gefangen.
Die nächste Aufgabe besteht darin, die Einfahrt in den Yh von Rönne – Nörre Kas – vor dem
Hintergrund einer leuchtenden Stadt zu identifizieren. Erst als wir auf knapp unter 1 sm heran
sind, entdecken wir den weißen Sektor des Leuchtfeuers und die grüne Molenbefeuerung. Wir
erwarteten einen kleinen Leuchtturm, das Leuchtfeuer war aber quasi in der Uferbefestigung
eingebaut. Mittlerweile wehte der Wind auch wieder mit Bft. 4 – 5, so dass das
Anlegemanöver in einem dunklen, scheinbar engen Hafen zu einer aufregenden
Angelegenheit wurde. Trotz Handscheinwerfers war es nicht ganz einfach, die Solveig
während der Vorbereitung des Anlegemanövers auf der Stelle zu halten. Aus
Sicherheitsgründen mache ich die Solveig stets erst innerhalb des geschützten Hafens anbzw. ablegeklar (Fender und Festmacherleinen). Gott sei Dank war um 02.30 noch jemand
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auf einer anderen Yacht wach, der uns die Vorleinen abnahm. Selten schmeckte ein
Anlegebierchen besser.
13. und 14. August 2015 (Donnerstag und Freitag) – Hafentage Nachdem wir gestern am späten Nachmittag Rönne noch zu Fuß erkundet haben, wollen wir
uns heute mit dem Fahrrad auf Tour begeben. Das Wetter ist voll sonnig und warm. Unsere
Tour führt uns am Donnerstag in den felsigen Nordteil der Insel bis nach Jons Kapel. Vor dem
Ort Hasle kommen wir an einer der wenigen noch aktiven Heringsräuchereien Bornholms
vorbei, in dem das sog. Gold von Bornholm gewonnen wird. Die Crew steht nicht auf frisch
geräucherte Heringe – dabei duften sie so fantastisch -, so dass für wir über die winzigen
Häfen Helligpeder und Tegelkas auf dem Küstenweg Jons Kapel erreichen. Hier beginnt die
dramatische Granitküste Bornholms. Jons Kapel ist eine 22 m hohe Klippe, zu der 108 Stufen
hinauf führen. Hier soll der Sage nach ein Mönch namens Jon zu den Wikingern gepredigt
haben. Nach 50 Stufen wackeln uns die Knie und wir beschließen Jon Jon sein zu lassen. In
Hasle stärken wir uns mit einem Tuborg für die Rückfahrt. Abends serviert die Bordküche
marokkanische Lammfilets mit Couscous begleitet von einem österreichischen
Weißburgunder.
Am Freitag weht der Wind in Rönne aus Ost mit Bft. 5. Eigentlich wollten wir jetzt zu den
Erbseninseln, die ca. 15 sm östlich von Bornholm liegen. Wir gehen aber davon aus, dass
spätestens ab der Nordspitze Bornholms die Kreuz gen Osten ziemlich ungemütlich wird, und
wahrscheinlich ist in Luv der Insel der Wind tatsächlich viel stärker als in Rönne, so dass wir
einen weiteren Fahrradtag einplanen. Allerdings entdeckt Carlo beim Fahrradverleih E –
Bikes, mit denen wir dann quer über die Insel nach Gudhjem radeln, dem wohl schönsten
Dorf auf Bornholm, das sich terrassenförmig den Granithügel hinauf schlängelt. Hier findet
man verwinkelte Gassen mit gelb und weiß gekalkten Fachwerkhäuschen, zwischen denen
winzige Gärten gezwängt sind. Tatsächlich weht hier der Wind eher mit Bft. 6 und 7; die
kleineren Häfen an der Ostküste schließen ihre Tore bereits ab Bft. 5, so dass wir uns in
unserer Entscheidung bestärkt sehen. Zurück radeln wir durch das große und ziemlich
hügelige Waldgebiet Almindingen. Nach ca. 60 km sind wir wieder im Hafen. E – Bike –
Fahren ist cool und macht viel Spaß.
Wir haben den östlichsten Punkt unserer Reise erreicht; abends planen wir den Rückweg.
Zunächst analysieren wir die Wetterlage. Das Skandinavienhoch liegt mit 1020 hpc stabil
über Südfinnland mit Keil nach Mittelschweden und wird von Westen durch ein Randtief
1005 hpc über den britischen Inseln bedrängt. Wir liegen auf der Grenze zwischen westlicher
und südlicher Ostsee. In der 5 – tägigen Mittelfristprognose sagt der DWD für Samstag E 5,
sonntags abnehmend, aber danach mehrere Tage östliche Wind 5 – 6 in Böen 7 – 8 vorher.
Eine Betrachtung der schwedischen Südküste (außer Ystad wenig passende Häfen, langer
Windfetsch mit entsprechender Wellenbildung) lassen uns davon Abstand nehmen, auf
diesem Weg gen Heimat zu segeln. Stattdessen wollen wir in die Landabdeckung des
Strelasundes südlich von Rügen abtauchen. Deshalb wollen wir morgen das Wetterfenster
nutzen, um nach Saßnitz auf Rügen zu segeln.
15. August 2015 (Samstag)
Wir holen noch schnell einen Wetterbericht ein und legen um 09.10 ab. Der DWD
prognostiziert Wind aus E – NE mit Bft. 5 und mit zumindest abnehmender Tendenz. Es wird
dann doch ein scharfer Ritt. Zwischendurch briest es am Rand eines Gewitters ordentlich auf
Bft. 6 – 7 auf. Tatsächlich ist es aber der enorme Seegang, der beeindruckt. Er hatte ja auch
lange Zeit, um sich aufzubauen. Die Solveig stört es indes nicht. Wir segeln exakt auf der
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Kurslinie der Fähren von Saßnitz / Mukran nach Rönne und müssen daher zweimal bei
Begegnungen aufpassen.
Um 18.30 liegen wir angenehm gefordert in Saßnitz fest. Der Hafen ist relativ leer. Nach
einem Anlegebierchen serviert die Bordküche noch ein Standardgericht, welches für alle
Notfälle vorrätig gehalten wird, bevor wir auf die Kojen fallen. Die Vorräte sind jetzt
erschöpft, so dass wir in Saßnitz nachbunkern müssen.
16. bis 18. August 2015 (Sonntag bis Dienstag) – Hafentage –
Am Sonntag chillen wir einfach nur an Bord und legen einen Lesetag ein, kein
Aktivitätsdrang verspürbar. Selbst die Bordküche arbeitet heute nicht. Abends gehen wir zum
Italiener im Hafen und können dabei den Sieg des 1. FC Köln gegen den VfB Stuttgart auf
der Leinwand miterleben.
Am Montag meldet der DWD für alle Gebiete der Ostsee Starkwind- oder Sturmgefahr. Im
Hafen pfeift es auch ordentlich mit Windstärke 6. Gut nicht draußen zu sein! Langsam füllt
sich der Hafen mit weiteren Seglern, insbesondere einige polnische Segler sind zu Gast.
Neben uns liegt eine Najad 380 aus Laboe, deren Eigner aus Düren kommt, aber seit vielen
Jahren in Kiel lebt. Er freut sich sichtlich, uns kölsche Jecke zu treffen. Ihm fehle der
rheinische Humor an Bord. Gott sei Dank hört seine Frau nicht zu. Wir nennen ihn daher kurz
Düren. Gegen Nachmittag nimmt der Wind noch etwas zu und die ersten bringen zweite
Festmacher aus. Auch Düren errichtet ein kleines Kunstwerk aus gespannten Festmachern bis
auf die gegenüberliegende Seite des Steigers. Wir können unser Lästermaul natürlich nicht
halten und so entspannt sich eine wohltuende gegenseitige Flachserei. Zu seinen Ehren muss
man aber anführen, dass er Außenlieger am Steiger ist und ihn der Schwell auch voll von der
Seite trifft. Wir vertreiben uns den Nachmittag mit einem Spaziergang entlang des Hafens und
der Promenade mit dem Kurgarten. Enge Gassen mit Treppen führen an kleinen Plätzen den
Berg hinauf. Oben erreichen wir eine endlose lange Einkaufsstraße, die aber nichts
Besonderes bietet. Der Yachthafenbereich ist mit Mitteln der EU und des Landes MV
ausgebaut worden. Die Steganlage ist entsprechend neu und bietet zahlreichen Schiffen Platz.
Leider hat man dabei die Sanitäranlagen vergessen. Deren Zustand ist einfach unterirdisch
schlecht.
Am Dienstag immer noch Stark- und Sturmwindgefahr für unser Seegebiet! Bei strahlendem
Sonnenschein weht es aus Ost mit Bft. 6 in Böen 7 bis 8. Die Solveig ruckte nachts dermaßen
in den Vorleinen, dass an Schlaf nicht richtig zu denken war. Ich habe schließlich in der
Nacht die Stb – Vorleine deutlich entspannt, so dass nur noch das Einrucken auf der Bb Seite zu verspüren war, aber der Gegenruck blieb weitgehend aus. Am Morgen konnten wir
feststellen, dass auch Düren sein Kunstwerk erweitert hatte. Angesichts der Wetterlage
beschließen wir noch einen Hafentag und mieten uns wieder E – Bikes. Im Mai bin ich mit
einem Törn bereits bis Lauterbach an Rügens Südküste vorgedrungen und habe mit dem
rasenden Roland das mondäne Seebad Binz erobert. Ausgelassen haben wir damals aber
Prora, das sich nördlich an Binz anschließt und das ich jetzt unbedingt besuchen möchte.
Genauer bin ich an der etwa 4,5 km langen Anlage des „KdF - Seebades“ interessiert, das im
Auftrage der NS – Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ zwischen 1936 und 1939 erbaut
wurde. Im Dokumentationszentrum Prora schauen wir uns einen sehr interessanten Film an,
der die ganze Geschichte bis heute dokumentiert. Und im Übrigen studieren wir die heutige
Immobilienentwicklung. Einige Teile sind mittlerweile in privater Investorenhand und werden
zügig renoviert. Entsprechend werden hier schicke Ferienwohnungen unterschiedlichen
Zuschnitts verkauft. Bis zu 7.000,- EUR soll hier der Quadratmeter kosten. Das ist Kölner
Spitzenlage und uns bleibt die Spucke weg.
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19.08.2015 (Mittwoch)
Es ist einfach eine Freude, bei diesem strahlenden Sonnenschein im Cockpit zu frühstücken.
Das Cockpit ist dabei durch ein Sonnensegel (das Dach der Kuchenbude) gegen die
Sonnenstrahlen halbwegs geschützt. Da mag der Wind noch so pfeifen.
Das Skandinavienhoch 1030 hpc ist immer noch da, es liegt bereits im NE – Teil der Ostsee.
Allerdings mehreren sich die Anzeichen, dass es nach NE abziehen wird. Bei Irland hat sich
ein Tief 990 hpc etabliert, das ein Randtief 995 hpc WSW von Irland steuert. Dieses Randtief
soll sich dann nach Osten verlagern. Erstmals deutet sich für Montag in der
Mittelfristprognose des DWD eine südliche Windkomponente an. Zeit langsam an die
Heimreise zu denken.
Noch haben wir schönes Wetter. Hoch am Wind mit einem Reff im Groß segeln wir bei E 4 –
5 aus der Prorer Wiek mit Kurs SE, um über die Fahrrinne Landtief den Greifswalder Bodden
zu erreichen. Allerdings frischt der Wind dann doch wieder auf Bft. 5 – 6 auf. Nach Erreichen
des Boddens geht es dann über die Knaakrücken - Rinne in den Peenestrom nach Kröslin. Der
Peenestrom ist der westliche Mündungsarm der Oder. Wir sind also schon in Grenznähe zu
Polen. Davon merken wir in Kröslin nichts; hier ist fast alles in Berliner Hand. In Kröslin ist
eine moderne, elegante Marina der Superlative entstanden. Leider stellt sich der Skipper beim
Anlegen reichlich dämlich an. Heute fährt Carlo den Anleger und der Skipper will elegant mit
der Vorleine aus dem Bugkorb an Land springen. Irgendwie hat er aber nicht die Fallhöhe
beachtet. Kurz und knapp, es kommt eine Monsterfersenprellung dabei heraus. Gott sei Dank
befindet sich in der Bordapotheke Kühlspray. Die ganze Dose muß dran glauben und
verhindert das Schlimmste. Jedenfalls ist in den nächsten Tagen nicht an größere Fußmärsche
zu denken. Dabei wollten wir mit der kleinen Fußgängerfähre noch rüber nach Peenemünde.
Wir trösten uns in dem gediegenen Hafenlokal mit einem schönen Abendessen. Nach Carlo´s
Ansicht ist mein Hauptmenü allerdings etwas übersichtlich geraten.
20.08.2015 (Donnerstag)
Wegen Unpässlichkeit des Skippers wird ein Chill- und Lesetag eingelegt.
21. bis 24.08.2015 (Freitag bis Montag) – Rückreisetage –
Am Freitag segeln wir in den Strelasund bis kurz vor die Ziegelgrabenbrücke nach Gustov. Es
ist ein kleiner ganz ruhiger, von Bäumen umrandeter idyllischer Hafen, der zur Im Jaich –
Gruppe gehört. Wir finden dort sogar ein kleines Bistro, das vom Hafenmeister in
Personalunion betrieben wird. Wir können wählen zwischen Flammkuchen und Bockwurst
mit Kartoffelsalat. Wir entscheiden uns für Letzteres und da wir großen Hunger mitgebracht
haben, essen wir gleich zwei Portionen hintereinander weg.
Stralsund lassen wir aus, weil ich dort schon zu oft gewesen bin. Gustov ist für uns insofern
optimal, weil wir ausschlafen und dann die mittägliche Öffnung der Ziegelgrabenbrücke
nutzen können. Am Samstag geht es nicht soweit, nur bis Barhöft. Wir legen dort bereits um
14.55 an. Jetzt ist auch die weitere Wetterentwicklung im Mittelfrist – Seewetterbericht
deutlich erkennbar. Ab Dienstag dreht der Wind in der Kieler Bucht und der westlichen
Ostsee auf SW bis W. Unsere Schönwetterphase dürfte damit ihr Ende finden. Wir wollen die
östlichen Winde und das schöne Wetter noch nutzen, um bis Montag wieder in der Heimatbox
festzumachen.
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Am Sonntag nehmen wir uns den langen Schlag bis Warnemünde vor. Um 16.15 legen wir in
der Marina Hohe Düne an. Um 16.45 entlädt sich eine Gewitterzelle mit entsprechendem
Regen. Kuchenbude zu! So lässt sich die Gewitterbö im Hafen gut abwettern.
Planmäßig erreichen wir Montag um 18.40 die Clemens Werft in Großenbrode und feiern das
Törnende mit einem Resteessen und einigen Waldameisen. Die letzte war wohl nicht mehr so
ganz in Ordnung.
Der Skipper: Holmer
und sein Co-Skipper: Carlo