Katar-Reise: Bürger wehren sich

Nidwalden/Schwyz/Luzern
Sonntag, 3. Januar 2016 / Nr. 1 Zentralschweiz am Sonntag
Luzerner Original
ist verstorben
TODESFALL rem/
red. Luzern hat ein
bekanntes Gesicht
verloren: Stadtoriginal und Losverkäufer Rolf Buff
(Bild) ist im Alter
von 72 Jahren verstorben. Nach Angaben der Güüggali-Zunft Luzern starb er am 30.
Dezember 2015 nach längerer Krankheit im Alter von 72 Jahren. Rolf Buff
war als Losverkäufer weit herum bekannt. «Stolz repräsentierte er Luzern
als Stadtoriginal und bereicherte viele Menschen mit seinen fantasievollen
Eigenkreationen», schreiben Bekannte in der Todesanzeige, die am 31. Dezember in der «Neuen Luzerner Zeitung» erschienen ist. Er sei stets bemüht gewesen, selbstständig durchs
Leben und durch die Welt zu kommen. Mit den Losverkäufen hat er
auch viele Leute kennen gelernt. Mit
seiner Person und seiner originellen
Art des Losverkaufs war ihm stets ein
grosser Erfolg beschieden. Noch am
14. Dezember war er an der Weihnachtsfeier der Luzerner Originale.
Noch 24 Originale
Laut Angaben der Zunft leben in
der Stadt Luzern noch 24 Originale.
Zu den 130 verstorbenen Luzerner
Stadtoriginalen zählen unter anderem
Strassenphilosoph Emil Manser, Marcel «Radio Müsli» Schöngarth oder
Heimwehindianer Angy Burri.
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Katar-Reise: Bürger wehren sich
NIDWALDEN Zwei Regierungsräte wollen auf
Staatskosten die Investoren des BürgenstockResorts in Katar besuchen. In der Bevölkerung
macht sich Unmut breit – die Regierung zeigt
sich unbeeindruckt.
MARTIN UEBELHART
[email protected]
Die Nidwaldner Regierung will eine
Zweierdelegation nach Katar zu den Investoren des Bürgenstock-Resorts schicken. Rund eine halbe Milliarde Franken
investiert der katarische Staatsfonds in
Hotels und Infrastruktur auf dem Berg –
dem Engagement gebührt Dank. Anlässlich der Budgetdebatte im November hat
der Landrat darum für die Reise einen
Posten von 30 000 Franken im Budget
belassen. Dieser Entscheid stösst einigen
Bürgern jedoch sauer auf – sie haben die
IG «Katar-Reise Nein!» ins Leben gerufen
und eine Petition lanciert, für die im
Internet und auf Papier Unterschriften
gesammelt werden.
«Es geht um die Haltung»
Auf diesem Weg wolle sie ihren Unmut
ausdrücken, sagt Regula Pfister aus
St. Jakob, die der IG angehört. Ihr gehe
es nicht in erster Linie um den finanziellen Aspekt der geplanten Reise. «Ob
es letztlich um 30 000 oder 15 000 Franken geht, ist nicht der Punkt. Es geht
um die Haltung einem Staat gegenüber,
der die Menschenrechte nicht sehr hoch
gewichtet», sagt Pfister. «In unseren
Augen müssen wir als Schweizer, die in
einer Demokratie leben, hier besonders
genau hinschauen.»
«Ein unterwürfiger Besuch»
In ihrem Wohnort hätten sich viele
Leute über die geplante Reise aufgeregt,
sagt Pfister. «Und das quer durch alle
Parteien.» Viele würden sich daran stören, dass die Reise nach Katar führen
soll, andere hätten Mühe mit dem finanziellen Aspekt. Der Unmut ist auch
in den Kommentaren ersichtlich, die
von Unterzeichnern der Online-Petition
hinterlassen worden sind. «Ein unterwürfiger Besuch der Regierung von
Nidwalden bei der Regierung in Katar
ist beschämend, stehen doch die schweizerischen Werte diametral zur Diktatur
in diesem Land», heisst es etwa.
Ein anderer Kommentator schreibt:
«Die Bürgenstock-Hotels sind ein Wirtschaftsprojekt, und eine solche ‹Dankbarkeitsreise› soll dann bitte auch von
der Wirtschaft finanziert werden und
sicher nicht mit Steuergeldern.» Eine
weitere Kommentatorin findet: «Es kann
wohl niemand verstehen, dass in Zeiten
des permanenten Spardruckes für eine
Katar-Reise ohne weiteres Geld gesprochen wird.»
IG will Unterschriften übergeben
Bossard sagt. «Ende Januar findet eine
Sitzung der Task-Force Bürgenstock statt.
Dort werden wir die weiteren Schritte
besprechen.» Insbesondere wolle man
mit den Verantwortlichen des Bürgenstocks ausloten, welche Möglichkeiten
sich für einen Besuch böten. «Vorgesehen ist sicher, die Leute zu einem Essen
einzuladen», hält Bossard weiter fest.
Diskutiert werde zudem, ob man ein
Geschenk mitbringen wolle oder nicht.
Über 500 Unterschriften sind bis zum
Sammelschluss gestern zusammengekommen. Wegen des
offenen Charakters
der Online-Petition
Und wer geht?
stammten zwar nicht
In der Debatte im
alle aus dem Kanton
Nidwalden, räumt ReNidwaldner Kantonsgula Pfister ein, aber
parlament hat Bossdoch der überwiegenard gesagt, dass er
de Teil. «Wir haben
selber und Landammann und Baudirekim Sinn, die gesammelten Unterschriften
tor Hans Wicki in das
dem Regierungsrat zu
Emirat reisen wür«Den im Budget
übergeben.» Wann
den. «Auch das ist
bewilligten Betrag
das sein werde, stehe
noch nicht in Stein
haben wir eingesetzt, gemeisselt», sagt der
zurzeit noch nicht
fest. «Wenn wir mit
Finanzdirektor nun.
ohne konkret alles
«Ich habe das im
der Petition etwas begeplant zu haben.»
Landrat damals als
wirkten, wäre das naALFRED BOSSARD,
denkbare Variante ertürlich schön.» WichN I DWA L D N E R R E G I E R U N G S R AT
tig sei der IG und den
wähnt, doch auch das
wird noch diskutiert.»
Unterzeichnenden
aber nur schon, ihrem
Letztlich lasse sich
Unmut Ausdruck zu verleihen.
auch nicht sagen, ob die Reise 30 000
Franken kosten werde oder vielleicht
Regierung beginnt mit Planung
20 000 Franken. «Den im Budget beMit der Planung für die Reise steht willigten Betrag haben wir eingesetzt,
die Nidwaldner Regierung noch ganz ohne schon konkret alles geplant zu
am Anfang, wie Finanzdirektor Alfred haben», hält Bossard fest.
Wie aus einem Urschwyzer ein Konsul wurde
PORTRÄT Das Konsulat von
Laos befindet sich weder in
Bern noch in Zürich – sondern
im Herzen des Kantons Schwyz.
Zu verdanken ist das dem
Unternehmer Guido Käppeli.
Ein asiatisches Sprichwort lautet übersetzt etwa so: «In Kambodscha pflanzen
sie den Reis, in Vietnam verkaufen sie
ihn, und in Laos hören sie zu, wie er
wächst.» Gemeint ist damit, dass Laoten
das Leben so nehmen, wie es ist, und
akzeptieren, was das Schicksal für sie
bereit hält – eine Mentalität die nicht
wirklich derjenigen von Guido Käppeli
entspricht. Der Bauunternehmer ist vielmehr ein Mann, der sein Leben selber
in die Hand nimmt und formt. Trotzdem
kann man es niemandem so recht zuschreiben – ausser vielleicht dem Schicksal –, dass der Vollblutschweizer Guido
Käppeli vor bald zwanzig Jahren in die
Arme von Laos getrieben wurde.
Schliesslich hat der Schwyzer bis heute
kein Interesse an exotischen Reisen, und
auch ausländische Geschäftstätigkeiten
waren ihm lange Zeit fremd. Im Heimatland dagegen war er erfolgreich, und
auch heute, mit 71 Jahren, schaut er als
Verwaltungsratspräsident der KäppeliUnternehmungen täglich um 6 Uhr
morgens im Betrieb vorbei. Er will die
Übersicht behalten, den Glauben an das
Schicksal überlässt er andern.
Mit zwei Anrufen zum Konsul
Es waren zwei Anrufe, die das Leben
des Schwyzers entscheidend geprägt
haben. Der erste kam im Jahr 1995 aus
Deutschland, von zwei entfernten geschäftlichen Bekannten. «Die beiden
hatten aus der Wende Kapital geschlagen – und erhofften sich einen zweiten
Frühling von der Aufbruchsstimmung
in Laos, das sich Anfang der 90er-Jahre
ebenfalls von der kommunistischen
Staatswirtschaft zu einer sozialen Marktwirtschaft öffnete», erzählt der Patron.
Zusammen mit einem findigen Laoten
wollten sie dort eine Baufirma gründen,
wofür sie die Hilfe und Erfahrung von
Guido Käppeli nur zu gut gebrauchen
konnten.
Entgegen seinem Naturell willigte dieser zu einer Laos-Reise ein und kam
beeindruckt von Land und Leuten nach
Hause. Die Firma wurde gegründet. Mit
Schweizer Maschinen realisierten die
drei Firmeninhaber in Laos Bauprojekte,
Käppeli öffnete jungen Laoten auch die
Honorarkonsul
Guido Käppeli mit
der laotischen
Fahne in seinem
Büro in Schwyz.
Bild Nadia Schärli
Türen für ein Praktikum oder Studium
in der Schweiz. Gleichzeitig konnten
beispielsweise mit Hochspannungsleitungen durch den weitläufigen Busch
die Infrastruktur im Land verbessert und
vor Ort Arbeitsplätze geschaffen werden.
Anlaufstelle für Touristen
Der zweite entscheidende Anruf kam
aus Laos selber, und zwar direkt aus dem
Aussenministerium. «2003 eröffnete mir
der Vizeaussenminister, dass sie mich
zum Honorarkonsul machen möchten»,
so Guido Käppeli. Noch heute muss er
schmunzeln, wenn er an diese Überraschung zurückdenkt. Schliesslich wusste
er damals noch nicht einmal genau, was
ein Honorarkonsul genau tut. Laos wollte seine Aussenbeziehungen verbessern,
konnte sich aber nicht überall teure
Botschaften leisten. Konsuln im Ehrenamt waren da um einiges einfacher.
Im Alltag erhält er vor allem Anfragen
Volle drei Jahre später hatte das Begehren alle staatlichen Instanzen von Schweizern, die nach Laos reisen,
durchlaufen, und Guido Käppeli bekam dort Geschäfte tätigen oder leben möchdie vom Bundespräsidenten unter- ten. Mithilfe von Geldern aus dem
zeichnete Exequatur, wie die Bewilli- Lotteriefonds und privaten Spendern
gung im Fachjargon
hat er ausserdem in
der Zwischenzeit ein
heisst, als Honorarkonsul wirken zu
Dutzend Schulhäuser
«Ich reise gerne nach gebaut, wofür er in
dürfen. So wurde
kurze Zeit später
den letzten zwanzig
Laos, komme aber
auch das erste, bis
Jahren knapp 60 Mal
genauso gerne
heute einzige, Konnach Laos gereist ist.
wieder nach Hause.»
sulat im Kanton
Cervelat nach Laos
Schwyz gegründet.
G U I D O KÄ P P E L I ,
Obwohl die ehrenGuido Käppeli ist
H O N O R A R KO N S U L
amtliche Tätigkeit
seither offizielle Anlaufstelle für Laoten
ihn etwa einen
in der Schweiz und
Arbeitstag pro Woche
ausserdem zuständig für die gesell- kostet, empfindet Käppeli die konsulaschaftlichen, wirtschaftlichen und kul- rischen Aufgaben vor allem als bereiturellen Kontakte zwischen der Schweiz chernd. Schliesslich sind die Anfragen
und Laos.
manchmal richtig amüsant: «Einmal
wollte eine Mutter ihrem reisenden Sohn
einen Cervelat nach Laos schicken», sagt
er lachend. Ein anderer Schweizer hatte die Idee, für Laos an der Skiweltmeisterschaft anzutreten. Nachdem ihm
Guido Käppeli erklärt hat, dass dafür
eine Staatsbürgerschaft nötig wäre, hat
er sich dagegen entschieden – eine
Doppelbürgerschaft kennt Laos nämlich
nicht.
In Laos seinen Lebensabend zu verbringen oder gar die laotische Staatsbürgerschaft anzunehmen, kommt auch
für Guido Käppeli nicht in Frage: «Ich
reise gerne nach Laos, komme aber
genauso gern wieder nach Hause.» Im
Herzen trägt er halt immer noch den
Schwyzer in sich. Und der schaut dem
wachsenden Reis nur ungern einfach
zu.
RAHEL LÜÖND
[email protected]