Vom Käfer zum Weltkonzern. Die Volkswagen

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Vom Käfer zum Weltkonzern.
Die Volkswagen Chronik
H I S T O R I S C H E N O TAT E
Schriftenreihe der Historischen Kommunikation der Volkswagen Aktiengesellschaft
Vom Käfer zum Weltkonzern.
Die Volkswagen Chronik
IMPRESSUM
HERAUSGEBER
für die Historische Kommunikation der Volkswagen Aktiengesellschaft
Manfred Grieger, Ulrike Gutzmann
TEXT
Manfred Grieger, Markus Lupa
GESTALTUNG
designagenten, Hannover
DRUCK
Druckerei Quensen, Hildesheim
ISSN 1615-0201
ISBN 978-3-935112-04-8
©Volkswagen Aktiengesellschaft
Wolfsburg 2015
I N H A LT
Inhalt
1904 – 1933
4 Vom automobilen Traum zur Volkswagen Idee
1934 – 1937
6 Der „deutsche Volkswagen“ als „Gemeinschaftswerk“ der deutschen Automobilindustrie
1937 – 1945
10 Unternehmensgründung und Einbindung in die Kriegswirtschaft
1945 – 1949
36 Das Werk der Briten
1950 – 1960
54 Internationalisierung und Massenproduktion im Wirtschaftswunder
1961 – 1972
82 Boom und Krise des Ein-Produkt-Unternehmens
1973 – 1981
116 Der Umstieg zur Modellpalette mit wassergekühlten Motoren
1982 – 1991
144 Neue Marken, neue Märkte 1992 – 2014
174 Die Globalisierung des Mobilitätskonzerns Die Marken
258 Audi
266 Bentley
272 Bugatti
276 Ducati
282 Lamborghini
288 MAN
300 Porsche
310 Scania
317 Seat
324 Škoda
330 Volkswagen Financial Services
338 Volkswagen Nutzfahrzeuge
4 VOM AUTOMO B IL EN TR AUM ZUR VO L K SWAGEN ID EE
VOM AUTOMOBILEN TRAUM ZUR VOLKSWAGEN IDEE,
1904 - 1933
Automobile stellten zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter
den Fortbewegungsmitteln noch die große Ausnahme dar.
Kaum 16 000 Automobile gab es 1910 im Deutschen Reich.
Den einen diente es als abenteuerliches Sportgerät, anderen zu Repräsentationszwecken. Autos blieben den Schönen
und Reichen vorbehalten: Kaiser Wilhelm II. nutzte ebenso
wie Stahlmagnaten und Bankiers handgefertigte Automobile von Benz, Daimler oder Glaser. Eine Vielzahl von
Automobilmarken belieferte einen sehr überschaubaren
Luxusmarkt.
Doch bereits im Dezember 1904 stellte der Aachener Inge­nieur Heinrich Dechamps in der Wiener Zeitschrift Der
Motorwagen die Frage, ob weiterhin das Motorrad oder
doch eine „andere Fahrzeugtype“ das Zeug hätte, „Volks­
automobil“ zu werden. Denn der Traum individueller
Automobilität erfasste neue Gruppen. Dem in den USA
entstehenden Massenmarkt für Automobile kam dabei
eine Vorbildfunktion zu. 1908 startete dort bei der Ford
Motor Company die Fertigung des robusten Modell T, das
anfangs für 825 $ angeboten wurde. Durch Fließbandfertigung und Großserienfabrikation reduzierte sich der Preis
bis 1920 auf 450 $, wodurch immer neue Bevölkerungsgruppen zu Automobilbesitzern wurden. Innerhalb eines
Jahrzehnts wandelten sich die USA zu einer automobilen
Gesellschaft.
Auch in Deutschland, wo die Automobilität vor dem Ersten
Weltkrieg den an gewachsener Kraft und Schnelligkeit
interessierten Eliten vorbehalten blieb, richtete sich die
Aufmerksamkeit nunmehr auf Kleinwagen. Der erstmals
1909 von Opel für 3 950 Mark angebotene offene „Doktorwagen“ für zwei Personen fand wegen seiner Wendigkeit
und Bedienerfreundlichkeit immerhin in einer Größen­
ordnung von jährlich knapp 800 Fahrzeugen Abnehmer.
1912 bezeichnete das Unternehmen den Wagen als „Volksautomobil“. Das Chemnitzer Automobilunternehmen
Wanderer brachte 1913 seinen zweisitzigen Typ W 3 heraus,
ohne dass die Fahrzeuge mehr als einen Achtungserfolg
verbuchen konnten. Der Erste Weltkrieg unterbrach die
weitere Entwicklung.
Während 1919 in Frankreich Citroën eine neue Fabrik mit
einer Tageskapazität von 100 Fahrzeugen mit Fließbändern
ausstattete, blieben Automobile in Deutschland weiterhin
ein Luxusgut. Daran änderten auch die von 1924/25 an bei
Opel in Rüsselsheim und bei Hanomag in Hannover vom
Band laufenden Fahrzeuge noch nichts Grundlegendes.
Denn hinsichtlich der Automobildichte klaffte gegenüber
Frankreich und Großbritannien und erst recht gegenüber
den USA eine immense Lücke. Die Kleinwagen von Opel und
Hanomag erhielten auch wegen ihres Preises von 2 950
bzw. 1 995 Reichsmark aber bereits die Bezeichnung
„Volkswagen“.
5
Die Idee eines Autos für breite Bevölkerungskreise regte
Konstrukteure zu technischen Innovationen an. Der aus
Ungarn stammende Béla Barényi, der sich später durch
Verbesserungen der Fahrzeugsicherheit auszeichnete,
skizzierte 1925 als 18-jähriger Technikumsschüler einen
„Fahrgestell-Entwurf für einen Volkswagen“, der im Heck
einen Boxermotor vorsah und das Getriebe vor der Hinter­
achse positionierte. Der ebenfalls aus Ungarn stam­mende
Motorjournalist und Konstrukteur Josef Ganz setzte sich
seit Mitte der 1920er-Jahre publizistisch für die Volkswagen
Idee ein und trat mit Prototypen von Kleinst­w agen in Gemischtbauweise hervor. Im tschechischen Nesselsdorf ent­
wickelte der in Klosterneuburg bei Wien geborene Ingenieur
Hans Ledwinka den Tatra 11, der erstmals über einen
Zentralrohrrahmen, eine Pendelachse und einen luft­
gekühlten Zweizylinder-Boxermotor verfügte.
Auch Ferdinand Porsche interessierte sich schon früh für
Kleinwagen. Der bei Steyr 1922 konstruierte „Sascha“Leichtbauwagen mit einem 45 PS leistenden Vierzylinder­
motor mit 1,1 Litern Hubraum ging nicht in die Serien­
pro­duktion. 1931 entwickelte der inzwischen als freier
Kon­strukteur in Stuttgart tätige Porsche im Auftrag des
Motorradherstellers Zündapp einen „Qualitäts-Kleinwagen
für jedermann“. Der bei Porsche intern als Typ 12 bezeichnete Zweitürer verfügte über vier Sitzplätze. Der 1933 für die
NSU Vereinigte Fahrzeugwerke konstruierte Typ 32 war mit
Drehstabfederung und einem luftgekühlten VierzylinderBoxermotor im Heck ausgestattet. Die befürchtet hohen
Herstell- und Investitionskosten verhinderten inmitten der
Weltwirtschaftskrise bei den beiden Zweiradherstellern
den Übergang zur Automobilfertigung.
FORD T
Die Suche nach geeigneten technischen Lösungen für
Klein­w agen war Anfang der 1930er-Jahre in vollem Gange.
Die öffentliche Aufmerksamkeit für die Gattung der preis­
werten Volkswagen senkte aber noch nicht die hohen Hal­
tungskosten, die einem Massenabsatz von Automobilen im
Wege standen. Indem der neu ernannte Reichskanzler Adolf
Hitler gleich im Februar 1933 auf der Internationalen Auto­
mobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin die staatliche
Förderung der Motorisierung und der Automobilindustrie
ankündigte, griff er nicht nur eine industriepolitische
Stimmung zur Schaffung von Arbeitsplätzen auf, sondern
machte die Breitenmotorisierung zum sozialutopischen
Regierungsprogramm.
6 D ER „ D EUT SCH E VO L K SWAGEN “ A L S „GEMEINSCH A F T SWERK“ D ER D EUT SCH EN AUTOMO B IL IN DUSTRIE
DER „DEUTSCHE VOLKSWAGEN“ ALS „GEMEINSCHAFTSWERK“ DER DEUTSCHEN AUTOMOBILINDUSTRIE, 1934 - 1937
Steuererleichterungen und die Förderung des Motorsports
belebten 1933 den Automobilmarkt – die Talsohle der Weltwirtschaftskrise war durchschritten. Automobilhersteller
und Konstrukteure wie Ferdinand Porsche verbanden damit
die Hoffnung auf eine grundlegende Trendwende hin zur
Breitenmotorisierung. Am 17. Januar 1934 reichte Ferdinand Porsche dem Reichsverkehrsministerium ein „Exposé
betreffend den Bau eines deutschen Volkswagens“ ein, das
einen „vollwertigen Gebrauchswagen“ für vier Erwachsene
„mit normalen Abmessungen aber verhältnis­m äßig geringem Gewicht“ und einer „autobahnfesten“ Dauergeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern projektierte. Gestützt
auf sein technisches Renommee, das sich auch durch die
in großer Zahl eingeheimsten Motorsportsiege der von ihm
konstruierten Silberpfeile gemehrt hatte, fiel seine Idee bei
Adolf Hitler auf fruchtbaren Boden.
Automobilunternehmen wie Opel, Ford, Adler, Stoewer
oder auch die Ludwigsburger Standard Fahrzeugfabrik mit
dem Superior präsentierten Versionen eines „deutschen
Volkswagens“ im März 1934 auf der Internationalen Auto­
mobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin. Ungeachtet
dessen sprach sich der Diktator in seiner Eröffnungsrede
am 7. März 1934 dafür aus, einen preiswerten „Wagen zu
konstruieren“, der der deutschen Kraftfahrzeugindustrie
eine „Millionenschicht neuer Käufer erschließt“. Ein Kauf­
preis von 990 Reichsmark war Gegenstand öffent­l icher
Erörterungen.
Damit lag der Ball beim Reichsverband der Automobilin­
dus­t rie (RDA), der im Mai 1934 entschied, die Entwicklung
eines „deutschen Volkswagens“ als „Gemeinschaftswerk“
der privaten Automobilindustrie vorzunehmen. Der Branchenverband übertrug die technische Aufgabe mit einem
am 22. Juni 1934 geschlossenen Konstruktionsvertrag dem
Büro von Ferdinand Porsche. Denn unter den Automobilunternehmern bestanden wegen der Preisvorgabe von 990
Reichsmark große Zweifel an der wirtschaftlichen Rentabilität. Die Einbindung eines unabhängigen Konstrukteurs
bot zudem die Möglichkeit, die ungelösten technischen Probleme auf eine externe Stelle abzuwälzen, die vertragsgemäß
innerhalb eines Jahres einen Prototyp entwickeln sollte.
Die Porsche KG ging in Stuttgart-Zuffenhausen ans Werk
und stellte den ersten Prototyp am 3. Juli 1935 der Technischen Kommission des RDA vor. Weitere Prototypen, da­
runter ein Cabriolet, folgten. Das Porsche-Team überwand
zahllose technische Schwierigkeiten. Die Karosserie nahm
Form an, Fahrgestell und Motor genügten zunehmend den
Anforderungen. Am 12. Oktober 1936 wurden die drei
Fahrzeuge der V3-Serie jeweils einem 50 000-KilometerTest unterzogen, dessen Ergebnisse im Januar 1937 in
einem 96-seitigen Abschlussbericht dem RDA vorlag. Die
prinzipielle Eignung des Fahrzeugs war bewiesen, jedoch
untergruben Devisenmangel und Rohstoff­engpässe die
Aussicht auf eine rentable Fertigung. Auch blieb die Finanzierung ungeklärt. Das Volkswagen Projekt hing trotz der
Lösung der grundlegenden technischen Probleme ökonomisch in der Schwebe.
7
FERDINAND PORSCHE
PROTOTYP VW3
8
9
1937 – 1945
10 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1937 – 1945
Unternehmensgründung und
Einbindung in die Kriegswirtschaft
In die Zuständigkeitslücke stieß im Januar 1937 die
Deutsche Arbeitsfront (DAF), um mit der Durchführung
des Prestige-Projektes ihr Image aufzubessern. Während­
dessen begannen Anfang April 1937 die Tests der 30 Fahrzeuge umfassenden W30-Serie, die insgesamt mehr als
zwei Millionen Testkilometer absolvierten. Am 28. Mai
1937 gründete die Deutsche Arbeitsfront in Berlin die
Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens
mbH, die am 16. September 1938 in Volkswagenwerk GmbH
umbenannt wurde. Im Februar 1938 begannen östlich
von Fallersleben am Mittellandkanal die Bauarbeiten am
Hauptwerk, das als vertikal-integrierte und weitgehend
autarke Musterfabrik projektiert war. Im ersten Jahr
nach der für den Herbst 1939 geplanten Eröffnung sollten
150 000 und im zweiten Jahr 300 000 Volkswagen produ­
ziert werden, um im Folgejahr die Jahreskapazität von
450 000 Fahrzeugen zu erreichen. Mittelfristig war die
Fertigung von 1,5 Millionen Volkswagen vorgesehen. Die
Mitarbeiterzahl sollte von 7 500 über 14 500 auf schließlich 21 000 Beschäftigte gesteigert werden. Der geschätzte
Investitionsbedarf von rund 172 Millionen Reichsmark für
das Gelände sowie 76 Millionen Reichsmark für die maschi­
nelle Ausstattung war finanziell nicht gedeckt. Verkaufs­
erlöse aus dem beschlagnahmten Immobilienbesitz der
freien Gewerkschaften sollten Entlastung bringen.
Größe, technische Ausstattung und Fertigungstiefe orientierten sich am Ford-Werk River Rouge in Detroit, das als
modernstes Automobilwerk der Welt galt und von Ferdinand
Porsche und dem Planungsteam zwei Mal besucht wurde.
Parallel zum Bau des Hauptwerks im heutigen Wolfsburg
entstand in Braunschweig das Vorwerk, das Lehren und
Werkzeuge zuliefern sollte und zudem für die Berufsaus­
bildung des Fachkräftenachwuchses zuständig war. Arbeitskräfte- und Rohstoffmangel verzögerten bei beiden
Vorhaben den Baufortschritt.
Für das von Ferdinand Porsche entwickelte Fahrzeug prägte
Hitler während der propagandistisch inszenierten Grundsteinlegung am 26. Mai 1938 den Begriff KdF-Wagen.
Begleitet von einer massiven Werbekampagne, führte die
Deutsche Arbeitsfront am 1. August 1938 das KdF-WagenRatensparen ein. Wer wöchentlich einen Mindestbetrag
von fünf Reichsmark bei der DAF einzahlte, sollte Besitzer
eines Volkswagen werden. Doch die geringe Massenkaufkraft durchkreuzte die hoch fliegenden Pläne, denn für
einen Industriearbeiter blieb der Volkswagen faktisch unerschwinglich. Schlussendlich nahmen 336 000 Sparer an
dem Ratensparprogramm teil, deren Zahl weit hinter den
gigantischen Fabrikationsplanungen zurückblieb.
Während im Vorwerk noch 1938 die praktische Lehrlingsausbildung und auch die Produktion von Vorrichtungen und
Werkzeugen startete, verschob sich aufrüstungsbedingt die
Ausstattung des Hauptwerks immer weiter. Bis Kriegsbeginn am 1. September 1939 erfolgte überhaupt noch keine
11
ENDMONTAGE DES KÜBELWAGENS
Fertigung. Die Umstellung des Werks auf die Produktion
von Rüstungsgütern führte stattdessen zur Neuausrichtung
des Unternehmens. Im Auftrag der Luftwaffe übernahm
die Volkswagenwerk GmbH Ende 1939 Reparaturarbeiten
an Flugzeugen vom Typ Ju 88 und lieferte Tragflächen und
hölzerne Abwurfbehälter. Im Zuge der Heeresmotorisierung gelang 1940 der Einstieg in die Automobilfertigung.
Die Serienfertigung von Kübelwagen und dann ab 1942
von Schwimmwagen etablierte ein zweites Standbein. Bis
Kriegsende fertigte das Werk insgesamt 66 285 Fahrzeuge.
Der Umsatz stieg zwischen 1940 und 1944 von 31 auf 297
Millionen Reichsmark.
Die Einbindung des Unternehmens in die deutsche Rüstungs­­
wirtschaft hatte nach 1941 die Angliederung von Tochter­
unternehmen etwa in Luckenwalde und Ustron zur Folge.
1943/44 erweiterte die Volkswagenwerk GmbH die Ferti­
gungs­­­k apazitäten durch die Auftragsverlagerung nach
Frankreich und durch den Ausbau von Eisenerz- und As­phalt­
stollen zu unterirdischen Fabrikationsstätten. Nach mehrmaligem Bombardement der am Mittellandkanal gelegenen
Fabrikanlage schritt 1944/45 die Dezentralisierung des Un-
HAUPTWERK IM HEUTIGEN WOLFSBURG
ternehmens durch die Verlegung von Produktions­b ereichen
in provisorische Fertigungsbetriebe voran. Den Arbeitskräftebedarf der wachsenden Rüstungsproduktion deckten
von Sommer 1940 an eine steigende Zahl Zwangsarbeiter.
Als erste Gruppe, die durch Zwang zur Arbeitsaufnahme
veranlasst wurde, kamen polnische Frauen in das Hauptwerk. Später folgte die Zuweisung von Kriegs­g efangenen
und KZ Häftlingen – insgesamt schätzungsweise 20 000 Personen. Sie stammten aus den vom Deutschen Reich besetzten oder dominierten Staaten Euro­pas und bildeten 1944
zwei Drittel der Betriebsbelegschaft. In der nationalsozialistischen Kriegsgesellschaft waren Zwangsarbeiterinnen
und Zwangsarbeiter faktisch rechtlos und einer gestuften
rassistischen Diskriminierung ausgesetzt. Unzureichende
Ernährung, physische Gewalt und Aus­­b eu­t ung untergruben
ihre Gesundheit und gefährdeten ihr Leben.
Die am 11. April 1945 eintreffenden amerikanischen Truppen beendeten die Rüstungsproduktion und befreiten die
ausländischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.
Mit dem ersehnten Ende der nationalsozialistischen Diktatur brachen auch für Volkswagen neue Zeiten an.
12 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1937
2 8 . M A I Drei Funktionäre der Deutschen Arbeitsfront
(DAF), Paul A. Brinckmann, Alexander Halder und Werner
Boltz, schließen in Berlin vor einem Notar den Gesellschaftervertrag zur Errichtung der Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mit beschränkter Haftung
(Gezuvor). Gegenstand des Unternehmens ist die „Planung
und technische Entwicklung des deutschen Volkswagens“.
Das Stammkapital beträgt 480 000 Reichsmark, wobei die
Treuhandgesellschaft für wirtschaftliche Unternehmungen mbH (TWU) eine Stammeinlage in Höhe von 100 000
Reichsmark und die Vermögensverwaltung der Deutschen
Arbeitsfront mbH (V V) eine Stammeinlage von 380 000
Reichsmark einbringt. Als Geschäftsführer werden der
Konstrukteur Ferdinand Porsche, der Kaufmann Jakob
Werlin und der DAF-Amts­leiter Bodo Lafferentz bestellt.
Die Geschäftsräume des neuen Unternehmens befinden
sich zunächst in der Kaiser­a llee 25. Am 2. Juni 1937 erfolgt
die Eintragung der Gezuvor in das Handelsregister beim
Amtsgericht Berlin. Das Unter­­nehmen unterhält auch ein
Büro in den Stuttgarter Geschäftsräumen der Porsche KG,
um auch dort die tech­n ischen und sonstigen Planungen
begleiten zu können.
2 0 . J U N I Die drei Geschäftsführer der Volkswagenwerk
GmbH und Mitarbeiter der Porsche KG starten zu einer
Reise nach Detroit, um durch einen vierwöchigen Aufenthalt ihre Kenntnisse der fordistischen Großserienfabrikation zu erweitern und amerikanische Spezialmaschinen
zu kaufen. Außerdem werden einige bei Ford beschäftigte
Deutsch­a merikaner als Experten abgeworben.
A U G U S T Fritz Kuntze, der von Ferdinand Porsche aus
Detroit abgeworbene frühere Kraftwerksleiter der FordFabrik River Rouge, skizziert erstmals die Fabrik, die drei
parallel zum Mittellandkanal gelegene Werkshallen und
einen dreistufigen Ausbau vorsieht. Neben einem Kraftwerk
projektiert Kuntze auch ein Warm- und Kaltwalzwerk, eine
Gießerei, eine Schmiede sowie ein Glas- und Gummiwerk,
um wesentliche Fertigungsumfänge vor Ort herstellen zu
können. Der Unterbringung der Belegschaft dienen die
„Stadt A“ und das „Dorf B“.
1 0 . S E P T E M B E R Die Alpenerprobung von vier W30Fahrzeugen einschließlich der Cabriolet-Variante beginnt.
Die Strecke führt von Stuttgart über den Fernpass und den
Brenner bis nach Meran. Die Rückfahrt geht über Lienz und
die Turracher Höhe, den steilsten Pass der östlichen Alpen,
über den Katschberg-, Tauern- und Großglockner-Pass,
durch Zell am See und dann am 16. September über München wieder zurück zum Ausgangspunkt. Der 7 000 Kilometer lange Härtetest zeigt beim Vergaser, an den Bremsen
und am Getriebe Verbesserungsnotwendigkeiten auf. Bis
in das Jahr 1938 hinein absolvieren die W30-Fahrzeuge
insgesamt mehr als zwei Millionen Testkilometer.
13
2 1 . O K T O B E R Eine außerordentliche Gesellschafter­
versammlung ergänzt mit Blick auf die zu tätigenden
Grund­stückskäufe und die damit zusammenhängenden
Steuerverpflichtungen den Gesellschaftervertrag. Der
Zweck der Gesellschaft richte sich nicht auf die „Erzielung
von Gewinnen“, da das Unternehmen „zur ausschließlichen
Verfolgung des gemeinnützigen Zweckes der Planung und
technischen Entwicklung des Deutschen Volkswagens ge­
gründet worden“ sei. Bei Auflösung der Gesellschaft oder
Wegfall der Gemeinnützigkeit soll daher dessen Rein­ver­mögen der „NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude“
zufließen. Der Sitz wird nach Berlin-Grunewald, Taubertstraße 4 verlegt.
GESELLSCHAFTSGRÜNDUNG
1937
W30
FABRIKSKIZZE
14 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1938
1 7 . J A N U A R Eine Besprechung bei der von Reichsminister Hanns Kerrl geleiteten Reichsstelle für Raumordnung
bestätigt formell die zuvor schon von Hitler unterstützte
Standortentscheidung für das Gebiet zwischen Fallersleben
und Vorsfelde. Vorteilhaft sind die zentrale Lage in der Mitte
des Deutschen Reiches sowie die gute Verkehrsanbindung
an das Ruhrgebiet durch den Mittellandkanal und die
Eisenbahnstrecke Hannover-Berlin. Alternativen bei
Angermünde an der Oder oder bei Tangermünde an der
Elbe bleiben infolgedessen unberücksichtigt.
8 . F E B R U A R Im heutigen Wolfsburg beginnen die Erd­
arbeiten für das Hauptwerk. Die Bauarbeiter werden im
so genannten Gemeinschaftslager in normierten Holz­
baracken untergebracht. Im Norden Braunschweigs entsteht derweil das Vorwerk, das der Produktion von Lehren
und Spezialwerkzeugen sowie der Ausbildung von künftigen Facharbeitern dienen soll.
1 1 . M Ä R Z Der Vertrag zwischen der Gezuvor und der
Familie von der Wense regelt den Erwerb von 620 Hektar
Grundbesitz am Standort des Hauptwerks und legt den
Kaufpreis auf 2,67 Millionen Reichsmark fest.
2 6 . M A I Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) inszeniert die
Grundsteinlegung des Volkswagen Werks als Befehlsempfang durch Adolf Hitler. Drei Fahrzeugvarianten – Limousine, Rolldachlimousine und Cabriolet – werden den rund
50 000 Veranstaltungsteilnehmern gezeigt. Hitler weist in
seiner Rede dem Wagen den Namen der DAF-Unterorganisation „Kraft durch Freude“ zu.
8 . J U L I Die ersten 250 Lehrlinge werden in das Vorwerk
„einberufen“, obgleich die Bauarbeiten an den Lehrlingsheimen hinter den Plänen zurückliegen. Die in enger
Abstimmung mit der DAF angestrebte Heranbildung von
„Facharbeiterführern“ vereint eine herausragende fachliche mit einer systemkonformen politischen Ausbildung.
Bewerber benötigen nicht nur eine Empfehlung durch die
Hitler-Jugend, diese übernimmt auch die Betreuung der
auf dem Werksgelände internatsmäßig untergebrachten
Jugendlichen. Zunächst außerhalb Braunschweigs in
„Zwischenlagern“ untergebracht, erfolgt am 16. September
1938 die Übersiedlung der Lehrlinge und ihrer Lehrer und
Betreuer nach Braunschweig. Die beiden Werkhallen sind
bis Jahresende soweit fertig gestellt, dass der Lehren- und
Werkzeugbau mit den vorhandenen Maschinenanlagen
aufgenommen werden kann.
1 2 . J U L I Der Abschluss des Kaufvertrages mit dem Grafen
von der Schulenburg, der für 1 888 Hektar Fläche und
Gebäude einen Kaufpreis von 8,5 Millionen Reichsmark
vorsieht, bringt die bereits in Neunutzung befindlichen
Flächen rund um das Hauptwerk formell in Unternehmenseigentum.
2 6 . J U L I Die Nullserienfahrzeuge V W38, deren Karosserien bei Reutter in Stuttgart hergestellt wurden, gehen bis
zum 29. Juli 1938 auf Erprobungsfahrt durch die Berge.
Die produzierten 30 Exemplare fahren auf Werbetour durch
zahlreiche Städte in allen Teilen des Deutschen Reiches.
15
1938
VORWERK IM BAU
GRUNDSTEINLEGUNG
16 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1 . A U G U S T Bei einem Betriebsappell im IG-FarbenWerk in Leverkusen gibt Robert Ley, der Leiter der Deutschen Arbeitsfront, den Start des „KdF-Wagen-Sparens“
bekannt. Der politisch festgelegte Kaufpreis von 990
Reichsmark kann durch eine wöchentliche Mindestsparsumme von fünf Reichsmark bei der DAF aufgebracht
werden. Bis Kriegsende nahmen 336 638 Sparer am KdFWagen-Sparen teil. Ihre Zahl bleibt aber weit hinter den
Erwartungen der DAF und erst recht hinter der Vision einer
massenmotorisierten Gesellschaft zurück. Darüber hinaus
sind Lohnempfänger angesichts ihres geringen Durchschnittseinkommens stark unterrepräsentiert. An Sparer
werden bis Kriegsende keine KdF-Wagen ausgeliefert.
1 0 . S E P T E M B E R Die zum Bau des Westwalls abgezo­g e­
nen deutschen Bauarbeiter werden durch Italiener er­s etzt.
Innerhalb von drei Tagen treffen am Bahnhof Fal­lersleben
2 400 Männer ein, die auf Basis eines Abkommens der DAF
mit der Confederazione generale fascista dell'industria italiana, ihrer faschistischen Schwesterorganisation, zeitweilig
beim Aufbau des Werks und der Stadt helfen sollen. Italiener,
die deutschen Arbeitern in Lohn und Arbeitszeit gleichgestellt sind, stellen schon bald die größte Gruppe der Bauarbeiter. Ihre Zahl steigt bis Sommer 1939 auf 6 000 Mann an.
1 6 . S E P T E M B E R Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung erhöht wegen der hohen Kosten der Bauarbeiten und der Maschinenausstattung das Stammkapital
der Gesellschaft von 480 000 auf 50 Millionen Reichsmark,
von denen die DAF-Vermögensverwaltungsgesellschaft 49,9
Millionen und die Treuhandgesellschaft für wirtschaftliche
Unternehmungen 100 000 Reichsmark hält. Der Unternehmensname wird in Volkswagenwerk GmbH geändert. Auf
Drängen des Aufsichtsratsvorsitzenden, des DAF-Spitzenfunktionärs Heinrich Simon, erfolgt im Handelsregister
die Eintragung: „Das Unternehmen hat die Aufgabe, den
der Deutschen Arbeitsfront vom Führer und Reichskanzler
erteilten Auftrag zur Herstellung, Weiterentwicklung und
zum Vertrieb des Volkswagens durchzuführen und andere
für die gesamte Deutsche Volkswirtschaft wichtige Erzeugnisse herzustellen und zu vertreiben.“ Darüber hinaus
wird die Einrichtung eines siebenköpfigen Aufsichtsrats
beschlossen, in den auch die drei weiterhin als Geschäftsführer tätigen Herren Porsche, Werlin und Lafferentz
berufen werden.
2 9 . S E P T E M B E R In der konstituierenden Sitzung des
Aufsichtsrats wird unter anderem die Geschäftsführung
wegen der erweiterten Unternehmensaufgaben um vier
Geschäftsführer auf sieben vergrößert. Alle Neuregelungen werden am 13. Oktober 1938 in das Handelsregister
eingetragen.
17
WERBEBROSCHÜRE „DEIN KDF-WAGEN“
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte
1.127
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Volkswagenwerk GmbH
Umsatz
0
Verlust
-9,0
ITALIENISCHE BAUARBEITER IM HAUPTWERK
1938
18 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1939
1 7 . F E B R U A R Der KdF-Wagen wird auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin der
Öffentlichkeit, aber auch deutschen und internationalen
Pressevertretern vorgestellt. Zu Testzwecken können Journalisten mit dem Fahrzeug zur Baustelle des Hauptwerks
im heutigen Wolfsburg fahren.
A P R I L Die Bauarbeiten bleiben aufgrund fehlender Roh­
stoffe und Arbeitskräfte um rund 10 Prozent hinter den
Vorgaben zurück. Dennoch erfolgt in den vier Produktionshallen, der Südrandbebauung und im Kraftwerk der Innenausbau. Die maschinelle Ausrüstung wird eingebaut. Die
Neubauleitung liegt in den Händen von Karl Kohlbecker.
Bekannte Architekten wie Emil Rudolf Mewes, aber auch
Martin Schupp und Fritz Kremmer tragen zur Entwurfsplanung bei. Allerdings verharren Sozialeinrichtungen wie
das „Gesundheitshaus“ oder das „Gefolgschaftshaus“ im
Planungsstadium.
1 2 . A P R I L Im Vorwerk in Braunschweig öffnet die bestens
ausgestattete Werkberufsschule, während die praktische
Ausbildung des am 15. Mai hinzugekommenen zweiten
Lehrlingsjahrgangs mit 307 Jungen in der Lehrwerkstatt
erfolgt.
1 6 . A U G U S T Die Borsig-Turbine des am Mittellandkanal
errichteten Kraftwerks wird erstmals belastet. Zusammen
mit den Wasserreinigungsanlagen und dem 20-atü-Kessel
wird eine rudimentäre Energie- und Dampfversorgung
gewährleistet. Die Erdarbeiten für das 83 Meter breite und
74 Meter lange Kraftwerk begannen im April 1938, die
Hochbauten an dem 64 Meter hohen Kraftwerksgebäude
starteten am 26. August 1938. Das Kraftwerk arbeitet nach
dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung und versorgt das
Werk und die entstehende Stadt mit Strom und Wärme. Die
Anlieferung der Kohlen erfolgt über den Mittellandkanal.
2 1 . S E P T E M B E R In Verhandlungen mit dem Generalluftzeugmeister erreicht die Geschäftsführung für das
Volkswagen Werk die Funktion eines „selbstständigen
Unterlieferanten für das Ju 88-Programm“ innerhalb
des Junkers-Fertigungsrings. Damit werden dem Werk
Aufträge der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG, des
größten staatlichen Flugzeugunternehmens, zur Flugzeug­
reparatur und zur Serienherstellung von Tragflächen
übertragen. Die Luftrüstung bleibt während des Zweiten
Weltkrieges der größte Umsatzposten.
1 6 . O K T O B E R Im Zuge der vorgesehenen Einbindung
der Volkswagenwerk GmbH in die Rüstungsproduktion
entscheidet die Unternehmensleitung, die Fabrik auf die
„Sonderproduktion“ der Wehrmacht umzustellen. Die
Zivilfertigung von KdF-Wagen wird illusionär, weshalb der
vom Heereswaffenamt erteilte Auftrag zur Entwicklung und
Herstellung von elf Kübelwagen Typ 82 und von zwei Fahrzeugen des vierradgetriebenen Typs 87 die Hoffnung weckt,
den Aufbau einer Serienfertigung mit einer militärischen
Variante zu realisieren.
19
HAUPTWERK IM ROHBAU
LEHRWERKSTATT IM VORWERK
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte 4.826
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Verlust
0,9
-8,5
TURBINENSATZ IM KRAFTWERK
1939
20 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1940
J A N U A R Die Zentrale der Volkswagenwerk GmbH zieht
innerhalb von Berlin in die Knesebeckstraße 48/49 um.
J U N I Die ersten 300 Frauen aus Polen treffen im Hauptwerk ein und werden in der Herstellung von hölzernen
Abwurfbehältern eingesetzt. Polen bilden die erste Zwangs­a rbeitergruppe, die durch Kennzeichnungspflicht, Unterbringung in geschlossenen Lagerunterkünften, beschränkte Bewegungsfreiheit und Benachteiligung bei Entlohnung
und Behandlung diskriminierenden Bedingungen ausgesetzt ist. Die entrechteten Polen unterliegen ausschließlich
der Polizeiexekutive.
3 . A U G U S T Die Produktion des Kübelwagens V W 82
läuft im Hauptwerk an. Die Vorserienfahrzeuge und die
ersten 25 VW 82 entstanden bei Porsche in Stuttgart. Der
auf Basis der KdF-Limousine für den militärischen Einsatz entwickelte offene Kübelwagen mit 27,5 Zentimetern
Bo­den­­f reiheit und einem 25 PS leistenden Boxermotor mit
1 131 Kubikzentimetern Hubraum zeichnet sich durch
seine Geländegängigkeit und Robustheit aus. Die Karosse­
rien liefert Ambi Budd aus Berlin-Johannisthal per Bahn
zu. Am 20. Dezember verlässt das eintausendste Fahrzeug
die Fertigungsbänder.
3 1 . O K T O B E R Das Stammkapital der Gesellschaft wird
durch die außerordentliche Gesellschafterversammlung
auf 100 Millionen Reichsmark verdoppelt. Die DAF-Vermögensverwaltungsgesellschaft hält 99,9 Millionen Reichsmark, den Rest die Treuhandgesellschaft für wirtschaft­
liche Unternehmen.
VW 82
21
2 5 . N O V E M B E R Die Braunschweiger Flugzeugreparatur
GmbH vermietet der Volkswagenwerk GmbH auf dem Flughafen in Waggum ihre 1937 errichtete Flughalle, damit der
Flugplatz für den Einflugbetrieb der reparierten JunkersFlugzeuge genutzt werden kann. Volkswagen errichtet in
Flugplatznähe zwei weitere Hallen, in denen Flugzeuge
vom Typ Ju 88, aber auch die Do 17 und die He 111 instand
gesetzt werden.
FLUGZEUGREPARATUR- UND
EINFLUGBETRIEB WAGGUM
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
Kübelwagen 1.006
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte 8.876
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Verlust
31,4
-12,8
1940
22 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1941
2 2 . A P R I L Das am 20. Januar 1941 von der Wiener
Schrauben- und Schmiedewaren-Fabriks AG, Brevillier &
A. Unger & Söhne erworbene Schmiedewerk in Ustron wird
in die Schmiedewerk Ustron GmbH mit Sitz in Berlin umgewandelt. Geplant ist, das Werk zu einer Groß-Schmiede zu
erweitern, die nach dem Krieg der Volkswagenwerk GmbH
die für die Fertigung von jährlich 450 000 Pkw benötigten
Schmiedeteile liefern soll. Damit wird das ursprüngliche
Konzept eines Vertikalkonzerns wieder aufgegriffen. Die
Übergabe des Werks erfolgt am 1. Juli 1941. Die Fabrik
beschäftigt zur Jahreswende 1941/42 insgesamt 687 Personen und beliefert vor allem die Reichsbahn und die Wehrmacht. Das von der Volkswagenwerk GmbH beauftragte
Auftragsvolumen steigt bis Mai 1942 von 10 auf 284 Tonnen.
Eine vollständige Belieferung der Kfz-Fertigung durch die
Konzerntochter kann allerdings nicht realisiert werden.
1 0 . J U N I Nachdem Otto Dyckhoff wegen seines Wechsels
zur Bayerischen Motorenwerke AG am 9. Juni 1941 mit
Wirkung zum 15. Juni 1941 sein Mandat als Geschäftsführer der Volkswagenwerk GmbH niedergelegt hatte,
beschließt der Aufsichtsrat im Umlaufverfahren auf Antrag
der drei Geschäftsführer Felix Schmidt, Ferdinand Porsche
und Bodo Lafferentz, Rechtsanwalt Dr. Anton Piëch, den
Schwieger­s ohn von Ferdinand Porsche, zum weiteren
Geschäftsführer zu bestellen. Piëch übernimmt die Leitung
des Hauptwerks. Damit geht eine umfassende Neuausrichtung des Volkswagen Werks auf Großprojekte einher, um
Skaleneffekte bei der Produktion zu erzielen und die Aus­las­t ung zu verbessern.
1 . J U L I Die Kapitalerhöhung um 50 Millionen Reichsmark auf das neue Stammkapital von 150 Millionen erfolgt
auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung.
Davon hält die DAF-Vermögensverwaltungsgesellschaft 145
und die Treuhandgesellschaft für wirtschaftliche Unternehmungen fünf Millionen Reichsmark.
1 1 . J U L I Der erste von 41 im Jahresverlauf gefertigten
KdF-Wagen läuft vom Band. Ein erst Monate später aufgenommenes Foto, das den Beginn der Serienfertigung
fest­z uhalten vorgibt, soll die Illusion aufrechterhalten,
dass der Start der Großserienproduktion unmittelbar nach
einem deutschen Sieg über die Sowjetunion bevorstehe.
Die 630 bis Kriegsende im Hauptwerk produzierten
KdF-Limousinen gehen an die Eliten der NS-Diktatur.
5 . / 6 . S E P T E M B E R Die Volkswagenwerk GmbH übernimmt die zuvor vom Deutschen Reich arisierte Luckenwalder Feintuchfabrik GmbH, vormals Tannenbaum,
Pariser & Co. Die Grundstücke und Gebäude nimmt die
Volkswagenwerk GmbH direkt in ihr Eigentum. Da das
bereits stillliegende Textilunternehmen keine Produktions­
erlaubnis erhält, erfolgen dort nur Veredlungsarbeiten
und die Vermietung von freien Räumlichkeiten. Ende 1942
arbeiten in Luckenwalde 11 Angestellte, 53 Arbeiter und
65 Kriegsgefangene. Darüber hinaus entsteht 1944 auf
dem Werksgelände eine Groß-Reparaturwerkstatt für
Volkswagen Motoren.
O K T O B E R Die ersten 120 sowjetischen Kriegsgefangenen kommen als Zwangsarbeiter in das Hauptwerk, weitere
745 folgen bis zum Jahresende. Infolge der Aushungerungs­
politik der Wehrmacht sind die Gefangenen bei ihrer An-
23
SOWJETISCHE
KRIEGSGEFANGENE
FERTIGUNG VON OT-ÖFEN
IM HAUPTWERK
GEFERTIGTE KDF-WAGEN
1941
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
kunft stark geschwächt und unfähig, schwere körper­l iche
Arbeit auszuführen. Die erlittene Unterernährung und
Infektionskrankheiten führen bis Jahresende zu 27 Sterbe­
fällen. An Fleckfieber erkrankte oder stark geschwächte
Personen werden in die Kriegsgefangenen­l ager der Wehrmacht zurücktransportiert.
1 1 . D E Z E M B E R Im Hauptwerk läuft zur Versorgung der
auf den Wintereinbruch unzureichend vorbereiteten deutschen Truppen an der Ostfront die Produktion von OT-Öfen
an. Die Übernahme solcher Aufträge trägt zur höheren Auslastung des Werks bei und erweist sich als gewinnbringend.
Mit den bis Ende 1942 hergestellten 221 505 OT-Öfen er­z ielt
das Unternehmen einen Umsatz von fast 6 Millionen Reichs­
mark und einen Bruttogewinn von 1,9 Millionen Reichsmark.
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
41
Kübelwagen
4.609
4.650
Gesamt
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte 12.712
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Verlust
73,1
-0,2
24 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1942
1 9 . M Ä R Z Rüstungsminister Albert Speer erreicht bei
Hitler, dass die Pkw-Fertigung im Deutschen Reich ausschließlich bei der Volkswagenwerk GmbH erfolgt. Direktor
Hans Mayr übernimmt im Rahmen der Selbstverwaltung
der deutschen Industrie die Leitung des Sonderausschusses
Pkw im Hauptausschuss Kraftfahrzeuge.
A P R I L Teile der Flugzeugfertigung werden in die Fabrikationshallen der Neudeker Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei verlagert, die von der Dresdner Bank AG gemietet
werden. Dort konzentriert sich zunehmend die Fertigung
für die Luftrüstung.
8 . A P R I L Das nach Besprechungen mit Adolf Hitler und
Heinrich Himmler abgestellte Häftlingskommando des auf
dem Werksgelände eingerichteten Konzentrationslagers
Arbeitsdorf nimmt mit zunächst 400 Mann die Ausbau­a r­
beiten an der Leichtmetallgießerei auf. Mindestens fünf
der insgesamt 900 Häftlinge sterben. Auf Befehl von Rüs­
tungs­m inister Albert Speer, der dem Bauvorhaben die
Kriegswichtigkeit abspricht, werden die KZ-Häftlinge am
4. Oktober 1942 abgezogen.
1 0 . A U G U S T Der VW 166, der allradgetriebene schwimm­­
fähige Kradschützenwagen, geht im Hauptwerk in die
Serien­produktion. Die Schwimmwanne liefert die Firma
Ambi Budd aus Berlin zu. Die Entwicklungsarbeiten eines
zunächst größeren Schwimmwagens begannen im Juni
1940. Die Nachfrage der Militärs nach einem extrem wendigen und besonders geländegängigen Militär-Pkw wächst,
weshalb die Porsche KG den Radstand auf 2 Meter verkürzt
und die Spurbreite auf 1,23 Meter verkleinert. Bis Jahres­
ende fertigt das Hauptwerk 511 V W 166.
1 . N O V E M B E R Die westlich der Fabrikationshallen ge­
legene Zentralküche nimmt die Versorgung der im Südrandbau untergebrachten Speisesäle auf.
3 1 . D E Z E M B E R Bis Jahresende erhalten im Vorwerk 492
Mitarbeiter ihre Einberufung zur Wehrmacht, darunter
auch 106 Jugendliche der Jahrgänge 1923/24, die sich für
12 Jahre zur Wehrmacht verpflichten. Die Abgänge werden
durch 261 neue Lehrlinge und 398 Ausländer ersetzt, die in
Wohnbaracken auf dem Werksgelände unterkommen.
3 1 . D E Z E M B E R Die Ausbringung von reparierten
Flugzeugen durch die werkseigene Werft in Waggum steigt
im Jahresverlauf auf 253 Stück. 37 weitere warten wegen
fehlender Triebwerke noch auf ihre Komplettierung. Die
Reparatur von Rümpfen und Tragflächen nimmt ebenso
deutlich zu wie die Neufertigung von Landeklappen sowie
Seiten- und Höhenrudern.
25
SOWJETISCHE KRIEGSGEFANGENE
TRAGFLÄCHENREPARATUR IM HAUPTWERK
AM KÜBELWAGEN-BAND
1942
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Kübelwagen
157
8.549
Schwimmwagen511
Gesamt
9.238
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte
16.246
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
151,2
0,3
LEICHTMETALLGIESSEREI
26 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1943
1 5 . M A I 205 niederländische Studenten, die nach der
verweigerten Loyalitätserklärung gegenüber der deutschen
Besatzungsmacht zur Zwangsarbeit veranlasst werden,
treffen im Werk ein. Die Zahl der niederländischen Arbeiter
steigt bis Frühjahr 1944 auf 750 an. Niederländer sind deutschen Arbeitern im Hinblick auf Entlohnung, Versorgung
und Unterbringung gleichgestellt.
3 1 . A U G U S T Die Volkswagenwerk GmbH, die seit Januar
1943 als Hauptlieferant vorgesehen ist, liefert die ersten
100 Zellen der als V1 bekannten Flugbombe Fi 103 aus.
Ende September sind bei der Flugbombenherstellung
bereits mehr als 1 500 Arbeitskräfte beschäftigt. Nach Bombardierung der Gerhard-Fieseler-Werke am 22. Oktober
1943 erhält das Volkswagen Werk eine zentrale Bedeutung
für das nationalsozialistische Vergeltungs-Waffen-Programm, das hohe Umsätze sichert.
O K T O B E R Im Hauptwerk treffen am Monatsanfang die
ersten Transporte mit zunächst 1 441 italienischen Militär­
internierten des Arbeitskommandos 6024 ein, die nach
dem Sturz Mussolinis und dem Waffenstillstandsabkommen mit den Westalliierten von der Wehrmacht im Mittelmeerraum festgesetzt und zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert worden waren. Am 11. Oktober folgen 200
italienische Offiziere.
1 3 . O K T O B E R Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung hebt die im Gesellschaftsvertrag enthaltenen
Regelungen über den Aufsichtsrat auf, der damit seine
Tätigkeit einstellt. Die Aufsicht über die Gesellschaft übt
stattdessen der Amtsleiter für die wirtschaftlichen Unternehmungen der Deutschen Arbeitsfront, Heinrich Simon,
aus. Immobiliengeschäfte, die Errichtung und Erweiterung von Betriebsanlagen, die Art der Fabrikationsprogramme, aber auch Beteiligungen und die Bestellung von
Geschäftsführern und Prokuristen unterliegen seinem
Zustimmungs­v orbehalt.
N O V E M B E R Das Rüstungsministerium ernennt die
Volkswagenwerk GmbH zur „Patenfirma“ für die S.A. des
Automobiles Peugeot, wodurch ein Zugriff auf die dortigen
Fertigungskapazitäten erreicht werden soll. Den ersten
Auftrag zur Entwicklung und Herstellung von zwei Gieß­
kokillen erteilte Volkswagen der Firma Peugeot bereits
am 24. Juli 1941, jetzt folgen Aufträge zur Fertigung von
Zylinder­köpfen sowie Kurbel- und Getriebegehäusen und
zur Herstellung von Triebwerksverkleidungen.
27
ABTRANSPORT VON FLUGBOMBEN
GRUPPENBILD NIEDERLÄNDISCHER STUDENTEN
AUS DEM HAUPTWERK
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Kübelwagen
303
Beschäftigte
19.500
17.029
Schwimmwagen8.258
26.177
Gesamt
Volkswagenwerk GmbH
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
231,8
10,1
1943
28 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1944
1 7 . M Ä R Z Der Volkswagenwerk GmbH wird für die ge­
plante Untertageverlagerung von Produktionsbereichen
der Luftrüstung die Eisenerzgrube Tiercelet in Lothringen
zugewiesen. Sie wird innerhalb von sechs Monaten von
Zwangsarbeitern, darunter jüdische KZ-Häftlinge, zu einer
Untertagefabrik ausgebaut. Durch die staatliche Finanzierung des Gesamtvorhabens erscheint die Ausweitung der
Fertigungskapazität lohnenswert. Im August 1944 beendet
die Annäherung alliierter Truppen das auf illusorischen
Planungen basierende Vorhaben. 300 KZ-Häftlinge und
die Maschinen werden zunächst in Tunnelanlagen bei
Dernau und am 30. September 1944 in das KZ MittelbauDora verlegt.
2 9 . M A I Um für die Flugbombenproduktion Arbeitskräfte zu erhalten, trifft aus dem Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau eine Gruppe von 300 Juden im Hauptwerk ein. Mit ihren SS-Wachmannschaften in umgebauten Waschkauen der Halle 1 untergebracht, werden die
KZ-Häftlinge dem Montageband der Fi-103-Flugbombe
zugewiesen. Ende Juni 1944 erfolgt der Abtransport der
Häftlinge nach Tiercelet.
8 . A P R I L Amerikanische Flugzeuge bombardieren
das Hauptwerk. Die 500 Spreng- und 450 Brandbomben
beschädigen die Halle 3, den Werksbahnhof, die Südrandbebauung und die Sheddächer der Hallen 2, 3 und 4. Infolge
des Angriffs sterben 13 Menschen, 40 werden verletzt.
2 0 . J U N I Im Rahmen der Operation Crossbow zur Ausschaltung der V-Waffen-Fertigung kommt es am 20. und
29. Juni zu schweren Bombardements, wobei insgesamt
178 Flugzeuge 401 Tonnen Spreng- und Brandbomben auf
das Hauptwerk abwerfen. Die Schäden sind beträchtlich, da
alle Hallen und auch das Kraftwerk getroffen werden. Unter
den Toten sind auch einige Ausländer, die „wegen Plünderns
erschossen“ werden.
5 . M A I Im Zusammenhang mit dem Vorhaben zur
Untertageverlagerung der Fi-103-Produktion in Tiercelet
wird auf Initiative des Reichsluftfahrtministeriums zu
Tarnungszwecken in Berlin die Minette GmbH mit einem
Stammkapital von 10 Millionen Reichsmark gegründet. Das
Tochterunternehmen bündelt die Luftrüstungsaktivitäten
in den unterirdischen Produktionsanlagen.
3 1 . M A I Etwa 800 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme
treffen auf dem Laagberg ein, um dort einen Barackenkomplex zu errichten. Sie müssen unter SS-Bewachung körperlich schwere Ausschachtungs- und Bauarbeiten ausführen.
J U L I Ein Transport ungarischer Jüdinnen aus dem KZ
Auschwitz kommt im Hauptwerk an. Ihnen folgt im Novem­
ber eine Gruppe jüdischer Frauen aus Bergen-Belsen. Im
Januar 1945 gelangen weitere Frauen, die als Partisaninnen aus Jugoslawien deportiert wurden, ins Hauptwerk.
Ihre Unterbringung erfolgt in umgebauten Waschkauen
der Halle 1. Das Frauenkommando gehört zum Außenlager­
system des KZ Neuengamme. Die Jüdinnen arbeiten an­
fänglich am Fertigungsband für die von 1942 an im Werk
gefertigten Tellerminen. Ab November 1944 stellen die
Häftlinge auch Panzerfäuste her.
29
UNTERTAGEFABRIK IN TIERCELET
1944
BOMBENSCHÄDEN IM HAUPTWERK
KZ-AUSSENLAGER AM LAAGBERG
30 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
5 . A U G U S T Ein amerikanischer Luftangriff richtet
unter anderem im Presswerk schwere Schäden an. Die
Fertigung wird zeitweilig unterbrochen, nach Verlegung
beispielsweise des Motormontagebandes in das Sockelgeschoss aber rasch wieder aufgenommen. Außerdem
werden Betriebsabteilungen mit ihren Maschinen und den
Material­l agern dezentralisiert und in der näheren und weiteren Umgebung in stillgelegten Kartoffelflockenfabriken,
Gastwirtschaftssälen oder Kali­s chächten untergebracht.
9 . A U G U S T Die Geschäftsführung fasst den Entschluss,
die Auslagerung der Produktion mit aller Kraft voranzutreiben, auch um die Maschinenausstattung zu retten. Die
Wahl fällt auf Asphaltgruben der Deutschen Asphalt AG in
der Nähe von Eschershausen. Die unter der Tarnbezeichnung Hecht projektierten Ausbauvorhaben übersteigen
die Dimensionen des Hauptwerks. Obwohl die Pläne auf
ein Zehntel zurückgefahren werden, bleiben die Vorgaben
illusorisch. Am 14. September 1944 werden zunächst 250
Häftlinge aus dem Konzentrationslager Buchenwald in ein
eigens eingerichtetes Außenlager verlegt, um die erforder­
lichen Infrastrukturarbeiten zu beschleunigen.
1 2 . S E P T E M B E R Infolge der Beschädigungen des
Montagebandes und der auslaufenden Bestellungen endet
die Fertigung des Schwimmwagens V W 166 nach 14 276
Einheiten.
1 3 . O K T O B E R Das Hauptwerk erhält im Rahmen der
„Schnellaktion Panzerfaust“ einen Auftrag zur Fertigung
von 900 000 Geschossköpfen. Im November erfolgt die
Umstellung auf die Fertigung kompletter Panzerfäuste.
2 3 . O K T O B E R Die staatliche Mittelwerk GmbH übernimmt von der Volkswagenwerk GmbH den Hauptauftrag
zur Großserienfertigung der Fi 103. 300 KZ-Häftlinge, die
zuvor für die Volkswagenwerk GmbH tätig sein mussten,
werden in das für viele tödliche KZ-Hauptlager MittelbauDora überstellt, um dort die Flugbombenfertigung fortzuführen.
3 1 . D E Z E M B E R Die Kriegsschäden belaufen sich auf
ins­­g esamt 156 Millionen Reichsmark, von denen bis Ende
1944 86 Millionen Reichsmark anerkannt werden. Eine
Abschlagszahlung von 70 Millionen Reichsmark bildet den
größten Einzeleinnahmeposten.
31
ZUGANG ZUR ASPHALTGRUBE BEI HOLZEN
TELLERMINEN-FERTIGUNG
1944
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Kübelwagen
129
15.005
Schwimmwagen5.507
Gesamt
20.884
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte (am 30.4.)
19.065
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
297,6
10,3
ENDE DER SCHWIMMWAGEN-PRODUKTION
32 U N T E R N E H M E N S G R Ü N D U N G
1945
3 1 . M Ä R Z Das KZ-Außenlager Hecht/Stein in Holzen
wird von der SS geräumt. Während die größere Gruppe per
Bahn in das Hauptlager Buchenwald gebracht wird, gehen
die 350 restlichen Häftlinge über Salzgitter auf Transport
nach Bergen-Belsen. Viele kommen bei einem Luftangriff
auf den im Bahnhof Celle stehenden Zug und durch Gewalt­
verbrechen ums Leben.
7 . A P R I L Im Vorgriff auf die alliierte Besetzung erfolgt
der Abtransport der weiblichen KZ-Häftlinge nach Salz­
wedel, wo sie am 14. April ihre Befreiung durch amerikanische Truppen erleben. Die in das Konzentrationslager
Wöbbelin bei Ludwigslust gebrachten Männer des KZAußenlagers am Laagberg werden erst am 2. Mai 1945
befreit.
1 0 . A P R I L Mit der Fertigung der letzten 50 Kübelwagen
endet die 66 285 Fahrzeuge umfassende Kraftfahrzeug­
fertigung des Krieges. Im Januar 1945 wird mit 2 092
V W 82 nochmals eine erstaunlich hohe Produktionszahl
erreicht, die in den Folgemonaten auf 850, 994 und
393 Kübelwagen zurückgeht.
BEFREITE ZWANGSARBEITER
DES HAUPTWERKS
33
BEFREIUNG DER KZ-HÄFTLINGE
IN WÖBBELIN
1945
F A H R Z E U G R O D U K T I O N (BIS 10.4.1945)
Kübelwagen
Volkswagenwerk GmbH
4.329
B E L E G S C H A F T (A M 10.4.1945)
Volkswagenwerk GmbH
Beschäftigte 10.378
F I N A N Z D AT E N
(IN MIO. REICHSM ARK )
Volkswagenwerk GmbH
Umsatz (bis 28.2.) 13,7
34
35
1945 – 1949
36 D A S W E R K D E R B R I T E N
1945 – 1949
Das Werk der Briten
Mit der Besetzung der Fabrik durch amerikanische Truppen im April 1945 begann der Umbau des Rüstungsbetriebs
zu einem zivilen Automobilunternehmen, das Hoffnung
auf eine bessere Zukunft machte. Als größter und wichtig­
ster Arbeitgeber einer industriearmen Region sicherte
Volkswagen das Überleben der ansässigen Bevölkerung. Die
Fabrik gab den Menschen Arbeit, Wohnraum und Nahrung.
Dieser Funktion war sich die britische Militärregierung,
die im Juni 1945 Treuhänderin des Unternehmens geworden war, wohl bewusst. Ihre Entscheidung freilich, eine
zivile Produktion aufzubauen und die Volkswagen Limousine in Serie zu fertigen, folgte zuallererst dem Bedarf an
zusätzlichen Transportmitteln zur Wahrnehmung der
Besatzungsaufgaben, zumal der Krieg den Bestand der
britischen Militärfahrzeuge verringert hatte. Die Produktionsverpflichtung für die Besatzungsmächte und britischer
Pragmatismus bewahrten das Volkswagen Werk vor der
drohenden Demontage.
Seine Stellung als britischer Regiebetrieb verschaffte dem
Volkswagen Werk eine Reihe von Vorteilen. Die Militärregierung veranlasste die für den Produktionsanlauf notwendigen Kredite und räumte mit Befehlsgewalt manche
Hindernisse aus dem Weg. Weil das Unternehmen für die
Alliierten produzierte, erhielt es Vorrang bei der Beliefe-
rung mit knappen Rohstoffen. Dieses Privileg war in den
Jahren der Zwangsbewirtschaftung kaum zu überschätzen.
Denn der für die Autoproduktion unentbehrliche Stahl
wurde wie die meisten Rohstoffe über ein Quotensystem
zugeteilt.
Für den Aufbau einer zivilen Serienfertigung brachte das
Volkswagen Werk selbst günstige Startbedingungen mit.
Trotz größerer Schäden an den Werksgebäuden hatte der
zum Teil ausgelagerte Maschinenpark die alliierten Bom­
benangriffe weitgehend unversehrt überstanden. Bei ausreichender Kohlenversorgung machte das werkseigene
Kraftwerk die Produktion gegen die häufigen Stromabschaltungen in der Nachkriegszeit weitgehend unempfindlich. Zudem verfügte das Unternehmen über ein eigenes
Presswerk, und das Vorwerk in Braunschweig kompensierte
durch Eigenfertigung von Betriebsmitteln und Fahrzeug­
teilen zumindest teilweise die stark eingeschränkte Produktion der Zulieferindustrie.
Trotz britischer Protektion beeinträchtigten Material- und
Energieengpässe die am 27. Dezember 1945 anlaufende
Produktion der Volkswagen Limousine merklich. Die Stahl­
kontingente wurden häufig verspätet zugeteilt, und wegen
Rohstoffmangels konnten die Zulieferer den Bedarf des
37
ACHSENFERTIGUNG
Unternehmens nur lückenhaft decken. Von ihrer frühen
Planung, von Januar 1946 an monatlich 4 000 Pkw für
Besatzungszwecke zu fertigen, musste sich die britische
Militärregierung rasch verabschieden. Die befohlene
Monatsproduktion wurde schließlich auf 1 000 Wagen nach
unten korrigiert und pendelte bis zur Währungsreform um
diese Marge. Auf Anordnung der Briten hatte die deutsche
Werkleitung zwei Mal zuvor den Versuch unternommen,
das Fertigungsniveau schrittweise auf 2 500 Wagen im
Monat anzuheben. Diese Vorhaben stießen jedoch an die
Grenzen der Rohstoff- und Materialbewirtschaftung.
Erschwerend trat hinzu, dass die Beschäftigten unter
Mangelernährung und allgemeiner Erschöpfung litten.
Die hohe Abwesenheitsquote in den ersten beiden Nachkriegsjahren resultierte auch aus der Notwendigkeit, durch
Hamsterfahrten und Schwarzmarktgeschäfte das Überleben zu sichern. Die Versorgung der Werksangehörigen mit
Lebensmitteln und Kleidung war deshalb eine vordring­
liche Aufgabe, die schrittweise an den Betriebsrat delegiert
wurde und einen Großteil seiner Energien band.
KAROSSERIE IM ROHBAU
Einer Produktionsausweitung stand als zweites entscheidendes Hindernis der Mangel an Arbeitskräften entgegen.
Erschwert wurde die Rekrutierung einer neuen Stamm­
belegschaft durch fehlenden Wohnraum und die hohe
Fluktuation der Beschäftigten. Für viele Flüchtlinge und
Umsiedler aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten,
die auf der Suche nach Unterkunft und Verpflegung zu
Tausenden nach Wolfsburg kamen, stellte die Arbeit im
Volkswagen Werk nur eine Zwischenstation auf dem Weg
nach Westdeutschland dar. Die allgemeine Abwanderungstendenz wurde durch den chronischen Wohnungsmangel
in Wolfsburg verstärkt. Provisorisch waren die meisten
Werksangehörigen, getrennt von ihren Familien, in kargen
Lagerbaracken untergebracht, in denen zuvor die Zwangsarbeiter hatten hausen müssen. Begehrte Facharbeiter
ebenso wie Führungskräfte konnten unter diesen Bedingungen nur schwerlich gehalten oder angeworben werden.
Weil an einen Wohnungsneubau in den ersten Nachkriegsjahren nicht zu denken war, verlegte sich das Unternehmen
notgedrungen auf die Renovierung und den Ausbau der
Barackenunterkünfte. Dadurch konnte das Wohnungsproblem gemildert, aber nicht gelöst werden. Erst die
Anbindung des Umlands durch Bus- und Bahnlinien und
der werkseigene Wohnungsbau ebneten nach 1950 den Weg
zum Aufbau einer Stammbelegschaft.
38 D A S W E R K D E R B R I T E N
Für den späteren Aufstieg des Volkswagen Werks stellten
die britischen Treuhänder entscheidende Weichen, indem
sie einen elementaren Konkurrenznachteil des Unternehmens beseitigten. Bei Kriegsende verfügte Volkswagen
nur ansatzweise über einen Kundendienst und ein Ver­
triebs­­­s ystem. Beides hatte ursprünglich die Deutsche
Arbeitsfront aufbauen sollen, doch war Hitlers großspurig
angekündigte Volksmotorisierung in den beginnenden
Kriegsvorbereitungen stecken geblieben. Auf Initiative der
Briten wurde Ende 1945 die Kundendienstabteilung ins
Leben gerufen, bestehend aus Ersatzteillager, technischer
Abteilung und Kundendienstschule, wo seit Februar 1946
unter anderem Lehrgänge für die Händler und Monteure
der Vertragswerkstätten stattfanden. Mit Kundendienstbriefen und Instandsetzungshandbüchern unterstützte
Volkswagen die Arbeit der Werkstätten; die eingerichtete
Schadenskartei gab der Technischen Leitung erstmals eine
systematische Handhabe, die aufgetretenen Fehler abzustellen. Der Kundendienst erwarb sich in wenigen Jahren
einen ausgezeichneten Ruf und profitierte von den Erfahrungen der Royal Electrical and Mechanical Engineers, die
im Volkswagen Werk eine eigene Werkstatt unterhielten.
Ebenso zügig schritt die Errichtung eines Vertriebssystems
voran, nachdem das im Juni 1946 aufgelegte Produktionsprogramm erstmalig den zivilen Verkauf von Volkswagen
in Aussicht gestellt hatte. Auf Drängen der Werkleitung
genehmigten die Briten Ende Oktober 1946 für ihre Zone
LIEFERUNG AN DIE FRANZÖSISCHE
MILITÄRREGIERUNG
den Aufbau einer Händlerorganisation, die durch zwei
Reise­i nspektoren beraten und zugleich einer strikten
Quali­t ätskontrolle unterzogen wurde. Aus dem Erfahrungs­
austausch zwischen Werkleitung und Großhändlern entwickelte sich allmählich eine vertrauensvolle und für beide
Seiten profitable Partnerschaft.
AUF DER EXPORT-MESSE IN HANNOVER
39
Eine zweite zukunftsweisende Entwicklung leiteten die
Briten im Sommer 1947 ein. Mit der Entscheidung, den
Volkswagen zu exportieren, wollten sie nicht nur dem durch
Kriegslasten ruinierten britischen Haushalt dringend
benötigte Devisen zuführen. Vielmehr schufen die Briten
die Voraussetzungen für den internationalen Erfolg der
Volkswagen Limousine und die Weltmarktorientierung des
Unternehmens. Der Startschuss für den Export fiel indes zu
einem schlechten Zeitpunkt. Die Materialversorgungskrise
hatte sich weiter zugespitzt, sodass im August und November 1947 das befohlene Produktionsvolumen nicht gehalten
werden konnte. Erst im Jahr darauf fuhr das Auslandsgeschäft allmählich hoch.
Inzwischen hatte die Werkleitung ein für den Export taugliches Limousinenmodell entwickelt, das in Verarbeitung
und Ausstattung die Standardausführung übertraf. Mit
einer hochwertigen Lackierung in ansprechenden Farben,
bequemerer Polsterung, verchromten Stoßstangen und
Radkappen behauptete sich der Volkswagen gegenüber der
ausländischen Konkurrenz. 1948 umfasste der direkte Ex­
port nach Europa 4 385 Fahrzeuge, davon gingen 1 820 in
die Niederlande, 1 380 in die Schweiz, 1 050 nach Belgien,
75 nach Luxemburg, 55 nach Schweden und fünf nach
Dänemark. Die Ausfuhr stieg im Folgejahr auf 7 127 Fahrzeuge, womit das Volkswagen Werk gut 15 Prozent seiner
Gesamtproduktion auf europäischen Märkten absetzte.
IVAN HIRST
Beim Umbau des Rüstungsbetriebs zum Automobilunter­
nehmen spielte der britische Senior Resident Officer Major
Ivan Hirst eine entscheidende Rolle. Dank seines Improvi­
sationstalents konnten technische wie organisatorische
Probleme gelöst und Versorgungslücken geschlossen
werden. Beharrlich drängte Hirst auf Qualitätsverbesserung der Limousine, was wesentlich zur Begründung der
internationalen Reputation von Volkswagen beitrug. Als die
britische Militärregierung am 8. Oktober 1949 die Treuhänderschaft über die Volkswagenwerk GmbH in die Hände
der Bundesregierung legte und das Land Niedersachsen mit
der Verwaltung beauftragte, befand sich das Unternehmen
in guter Verfassung – mit rund 10 000 Beschäftigten, einer
Monatsproduktion von 4 000 Fahrzeugen und einer Kassen­
reserve von gut 30 Millionen DM. Die Produktion für die
Besatzungsmächte verschaffte dem Volkswagen Werk einen
gehörigen Vorsprung vor der Konkurrenz. 1948/49 baute
es knapp die Hälfte aller in Westdeutschland produzierten
Pkw. Auch im Ex­port­­­­­geschäft war das Unternehmen den
anderen Automobil­herstellern um Längen voraus. Volkswagen befand sich in einer günstigen Startposition, als der
internationale Wett­l auf um Kunden und Märkte begann.
40 D A S W E R K D E R B R I T E N
1945
1 1 . A P R I L Amerikanische Truppen besetzen die Stadt des
KdF-Wagens, befreien die Zwangsarbeiter und errichten
im Volkswagen Werk einen Reparaturbetrieb für Militär­
fahrzeuge. Der ehemalige Inspektionsleiter Rudolf
Brörmann wird zum Werkleiter ernannt.
2 7 . N O V E M B E R Die vom 5. bis 7. November aus demokratischen Wahlen hervorgegangene Betriebsvertretung
tritt zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Sie
ersetzt den im Sommer 1945 gebildeten provisorischen Betriebsrat und wählt Willi Hilgers zu ihrem 1. Vorsitzenden.
1 6 . M A I Die Amerikaner lassen sich aus den Materialvorräten die ersten fünf Kübelwagen montieren. In den
Folgemonaten werden noch weitere V W 82 gefertigt und an
das amerikanische und britische Militär ausgeliefert.
2 7 . D E Z E M B E R Unter britischem Befehl läuft die Serienproduktion der Volkswagen Limousine an. Bis Jahresende
werden insgesamt 55 Exemplare gebaut.
5 . J U N I Die Zuständigkeit für die Volkswagenwerk GmbH
geht auf die britische Militärregierung über, die das Unternehmen gemäß Kontrollratsgesetz Nr. 52 beschlagnahmt
und bis zur Übergabe in deutsche Hand treuhänderisch
verwaltet.
2 2 . A U G U S T Die britische Militärregierung beauftragt
das Volkswagen Werk mit der Produktion von 20 000 Limousinen, um ihren durch Besatzungsaufgaben gewachsenen
Transportbedarf zu decken. Major Ivan Hirst übernimmt
als Senior Resident Officer der britischen Militärregierung
das Kommando.
3 1 . D E Z E M B E R Das Vorwerk in Braunschweig wird
zum Jahresende organisatorisch in die Prozesse des Werks
Wolfsburg integriert. Für die anlaufende Serienproduktion der Limousine stellt es Spezialschweißmaschinen,
Werkzeuge, Vorrichtungen sowie Vergaser, Kupplungen,
Stoßdämpfer und Benzinpumpen her. Dank britischer Unterstützung bei der Materialbeschaffung ersetzt die Eigenfertigung teilweise die durch Kriegsschäden und Zwangsbewirtschaftung stark eingeschränkte Produktion der
Zulieferindustrie. Die Belegschaft in Braunschweig besteht
am Jahresende aus 218 Lohn- und 58 Gehaltsempfängern.
41
LIMOUSINE
1945
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
1.785
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
5.459
574
6.033
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Verlust
11,7
-2,4
FAHRZEUGHOCHZEIT
42 D A S W E R K D E R B R I T E N
1946
2 6 . F E B R U A R Die Briten ernennen den Juristen
Dr. Hermann Münch zum Haupttreuhänder der
Volkswagenwerk GmbH, der am 17. Juni zugleich das
Amt des Generaldirektors übernimmt.
3 0 . M Ä R Z Die Produktion erreicht erstmals das von den
Briten befohlene Volumen von monatlich 1 000 Fahrzeugen, was im Rahmen einer kleinen Zeremonie begangen
wird. Von einigen Schwankungen abgesehen, verharrt die
Monatsfertigung bis Anfang 1948 auf diesem Niveau, weil
Rohstoffe und Materialien nicht in erforderlicher Menge
beschafft werden können.
1 7 . J U L I Erstmalig wird eine Limousine an den Handelsbetrieb Gottfried Schultz in Essen ausgeliefert, acht weitere
folgen am 23. Juli. Der Hamburger Händler Raffay & Co.
erhält den ersten Volkswagen am 22. Juli.
ERSTES PRODUKTIONSJUBILÄUM
2 5 . O K T O B E R Die britische Militärregierung geneh­migt für ihre Besatzungszone eine Volkswagen Verkaufsorganisation, die anfänglich aus 10 Hauptverteilern (Main
Distributors) und 28 Händlern (Dealers) besteht. Bis zur
Übergabe der Volkswagenwerk GmbH in deutsche Hand
kann das Vertriebs- und Servicenetz mit britischer Unterstützung engmaschiger geknüpft werden.
6 . D E Z E M B E R Ausbleibende Blechlieferungen, akuter
Kohlemangel und anhaltende Kälte zwingen die britische
Werkleitung in der Energiekrise 1946/47, die Volkswagen
Produktion bis zum 10. März 1947 stillzulegen.
1 6 . D E Z E M B E R Der neu gewählte Betriebsrat konsti­
tuiert sich und wählt Otto Peter zum Vorsitzenden.
43
HERMANN MÜNCH
1946
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen 10.020
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
7.351
910
8.261
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
54,9
2,8
ZWEISPRACHIGES KUNDENDIENSTMATERIAL
44 D A S W E R K D E R B R I T E N
1947
1 0 . M A I Die zwischen Werkleitung und Betriebsrat
ausgehandelte Betriebsvereinbarung tritt in Kraft und
sichert den Arbeitnehmervertretern volle Mitbestimmungsrechte nach dem alliierten Betriebsrätegesetz von
1946. Dazu gehören die Mitbestimmung bei Einstellungen
und Entlassungen, bei Versetzungen, Lohn- und Gehaltsfragen sowie bei betrieblichen Veränderungen, ferner die
Aufsicht über die Werksküche und die Verteilung der auf
den Landwirtschaftsgütern der Volkswagenwerk GmbH
angebauten Nahrungsmittel. Bei der Festlegung des Pro­
duktionsprogramms räumt die Betriebs­v ereinbarung
Mitwirkungsrechte des Betriebsrats ein, der Einsicht in
die Geschäftsunterlagen nehmen kann.
8 . A U G U S T Pon’s Automobielhandel in Amersfoort erhält
einen Importeursvertrag für die Niederlande. Anfang Oktober 1947 überführen die Gebrüder Pon fünf Limousinen
und wickeln damit den ersten Volkswagen Export ab. Nach
der Ausfuhr von 56 Volkswagen im Jahre 1947 schnellt der
Auslandsabsatz binnen eines Jahres auf 4 500 Fahrzeuge
hoch. Um den Export zu fördern, schließt das Volkswagen
Werk 1948 Importeursverträge mit der Schweizer Neuen
Amag AG von Walter Haefner, mit der belgischen Ançiens
Etablissements D’Ieteren Frères sowie mit Partnern in
Luxemburg, Schweden, Dänemark und Norwegen.
FAHRZEUGMONTAGE IN WOLFSBURG
45
BEGINN DES EXPORTS: FÜNF LIMOUSINEN FÜR DIE NIEDERLANDE
1947
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen 8.987
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Arbeiter
7.190
Angestellte
1.192
Gesamt
8.382
F I N A N Z D AT E N (IN MIO. REICHSM ARK )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
57,0
0,8
46 D A S W E R K D E R B R I T E N
1948
1 . J A N U A R Der ehemalige Opel-Manager Heinrich
Nordhoff tritt seinen Posten als Generaldirektor der
Volkswagenwerk GmbH an.
2 0 . J U N I Die Währungsreform etabliert einen funktionierenden Gütermarkt, beendet die Mangelwirtschaft und
ebnet damit den Weg zum wirtschaftlichen Aufschwung
des Volkswagen Werks. Die Fahrzeugproduktion klettert
von 1 185 Wagen im Mai auf 2 306 Wagen im Dezember
1948.
1 . J U L I Die Umstellung auf Marktverhältnisse zieht die
Neueinrichtung einer Werbe-Abteilung nach sich. Trotz
stark begrenzter Finanzmöglichkeiten kümmern sich
die Mitarbeiter um die Schaffung eines einheitlichen
„Volkswagen Firmenstil-Typus“. Die Abteilung gibt zwei­
monatlich den Volkswagen-Informationsdienst und monatlich ein neues Diapositiv für die örtliche Kinowerbung
heraus. Außerdem wird der Kulturfilm Sinfonie eines Autos
in Auftrag gegeben, der 1949 seine Kinopremiere erlebt.
1 . S E P T E M B E R Die nach der Lockerung des Lohnstopps
zwischen Unternehmensleitung und IG Metall und Deutscher
Angestelltengewerkschaft vereinbarten Gehalts- und Lohn­erhöhungen treten in Kraft. Angestellte erhalten durchschnittlich 15 Prozent mehr, Arbeiter 22 Prozent. Die nied­
rigeren Lohn- und Gehaltsgruppen werden „aus sozialen
Gründen“ stärker erhöht. Die Löhne der Frauen steigen
sogar um die Hälfte. Der Ecklohn beträgt anstatt 0,88 nun
1,14 DM.
1 0 . S E P T E M B E R Die Geschäftsleitung genehmigt die
Lieferung und den Preis des Umbaus von zunächst 50
Limousinen als Krankenwagen für das Deutsche Rote Kreuz
Niedersachsen durch die Firma Christian Miesen in Bonn.
Das Sonderfahrzeug kostet den Endempfänger 6 863 DM ab
Auslieferung Bonn. Bis Jahresende entstehen 75 Fahrzeuge.
2 9 . J U L I Die von der Volkswagenwerk GmbH am 26. April
1948 beschlossene Verlegung des Geschäftssitzes von
Berlin nach Wolfsburg wird in das Handelsregister des
Amtsgerichts Fallersleben eingetragen.
HEINRICH NORDHOFF
47
KAROSSERIEBAU IN WOLFSBURG
1948
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen 19.244
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Arbeiter
7.494
Angestellte
1.225
Gesamt
8.719
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
89,2
1,7
Volkswagenwerk GmbH
Inland
15.078
Ausland
4.464
Gesamt
19.542
48 D A S W E R K D E R B R I T E N
1949
1 . J A N U A R In den drei Westzonen kümmern sich 16
Generalvertretungen, 31 Großhändler, 103 Händler und
81 Vertragswerkstätten um Verkauf und Kundendienst.
6 . A P R I L Volkswagen bestellt bei der Firma Karosseriewerke Josef Hebmüller und Söhne in Wülfrath 675 Aufbauten für das zweisitzige Cabriolet vom Typ 14, das durch seine
elegante Form besticht. Die Erprobungsergebnisse an den
am 21. März und 1. Juni 1949 gelieferten Versuchsfahrzeugen machen unter anderem eine konstruktive Verstärkung
des Aufbaus erforderlich. Auch wird die Fertigungsqualität
bemängelt. Ein durch eine Lackstaubverpuffung verursa­
chter Brand unterbricht die Produktion am 23. Juli 1949 –
bis dahin liefert Hebmüller 53 Cabriolets und 236 PolizeiStreifenwagen von Volkswagen Typ 18 aus. Zwar nimmt
Hebmüller die Produktion wieder auf, jedoch entspricht
Volkswagen dem Wunsch auf Erhöhung der Liefermenge
nicht. Auch wegen der geringen Stückzahl von insgesamt
680 gebauten Fahrzeugen gehört das Hebmüller Cabriolet
zu den begehrten Sammlerstücken.
3 0 . J U N I Die Volkswagen-Finanzierungs-Gesellschaft
mbH wird ins Leben gerufen, um durch Darlehnsgewährung an inländische Endabnehmer und Händler den
Verkauf von Volkswagen zu unterstützen. Die Kundenund Lagerwagenfinanzierung stellt ein Instrument zur
Absatzförderung auf dem Binnenmarkt dar, mit dem die
Kaufkraftlücke in Deutschland geschlossen werden soll.
Zwischen 1949 und 1954 steigt die Zahl der durchschnittlich 12 Monate laufenden Darlehensverträge von 168 auf
14 831, das Finanzierungsvolumen von 551 000 DM auf
48,7 Millionen DM.
2 2 . J U L I Die Serienfertigung des Volkswagen Typ 15,
eines viersitzigen Cabriolets auf Basis des Export-Modells
der Volkswagen Limousine, beginnt bei der Wilhelm
Karmann Fahrzeugfabrik in Osnabrück. Nach einer
Vorführung des Fahrzeugs am 13. April 1949 und seiner
Erprobung spricht sich Nordhoff am 18. April 1949 dafür
aus, „recht bald mit der Produktion dieses Cabriolets in
Gang“ zu kommen. Der am 3./5. August 1949 geschlossene
Vertrag sieht die Lieferung von zunächst 1 000 Einheiten
vor. Durch hohe Alltagstauglichkeit ausgezeichnet und
durch unsichtbar angebrachte Versteifungen an den
Karosserieseiten in seinem Schwingungsverhalten neutralisiert, findet das Fahrzeug eine wachsende Kundengruppe.
Zunächst für 7 500 DM angeboten, summiert sich die
Fertigung bis Jahresende auf 440 Fahrzeuge. 1950 steigt
die Produktion auf 2 669 Fahrzeuge an. Bis zur Produktionseinstellung am 10. Januar 1980 laufen in Osnabrück
330 281 Käfer Cabriolets vom Band.
49
VOLKSWAGEN CABRIOLET VON HEBMÜLLER
1949
VOLKSWAGEN CABRIOLET VON KARMANN
50 D A S W E R K D E R B R I T E N
6 . S E P T E M B E R Durch die Verordnung 202 überträgt
die britische Militärregierung dem Land Niedersachsen
die Kontrolle über die Volkswagenwerk GmbH mit der
Maß­g abe, diese im Auftrag und unter der Anweisung der
Bundesregierung zu übernehmen. Die Frage der Eigentümerschaft bleibt bis zur Privatisierung des Unternehmens
ungeklärt.
8 . O K T O B E R Colonel Charles Radclyffe unterzeichnet
das Protokoll zur offiziellen Übergabe der Volkswagenwerk
GmbH in die Treuhänderschaft der Bundesregierung. Die
Verwaltung übernimmt das Land Niedersachsen.
1 8 . N O V E M B E R Ernst Rahm übernimmt den Betriebsratsvorsitz.
1 . O K T O B E R Volkswagen erweitert die Palette seiner
Sozialleistungen durch ein System freiwilliger Versicherungen. Die betriebliche Altersversorgung, in die zu Beginn
alle Beschäftigten mit einem Mindestalter von 25 Jahren
und mindestens vierjähriger Werkszugehörigkeit aufgenommen werden, bessert die gesetzlichen Rentenbezüge
der anspruchsberechtigten Werksangehörigen bei Eintritt
ins Rentenalter durch eine Werksrente auf. Die Höhe richtet
sich nach der Betriebszugehörigkeit; im Todesfall erhält
die überlebende Ehefrau die halbe monatliche Rente.
Die gleichzeitig eingerichtete Sterbegeldversicherung
für Verheiratete sowie in anderer Weise unterhalts- oder
fürsorgepflichtige Werksangehörige sichert den Hinter­
bliebenen eine einmalige Unterstützung von 4 000 DM zu.
Bei tödlichen Unfällen oder Invalidität tritt die für alle Beschäftigten abgeschlossene Kollektiv-Unfallversicherung
mit finanziellen Leistungen ein.
PROTOKOLL DER ÜBERGABE AN
DIE BUNDESREGIERUNG
51
ÜBERGABE DER VOLKSWAGENWERK
GMBH AN DIE BUNDESREGIERUNG
1949
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Volkswagenwerk GmbH
46.154
Inland
BELEGSCHAFT
Volkswagenwerk GmbH
Arbeiter
8.846
Angestellte
1.381
Gesamt
10.227
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Gewinn
243
3,9
38.666
Ausland
7.128
Gesamt
45.794
52
53
1950–1960
54 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1950 – 1960
Internationalisierung und Massenproduktion
im Wirtschaftswunder
Das Volkswagen Werk galt schon den Zeitgenossen als
Symbol des westdeutschen Wirtschaftswunders. Ebenso
wie der Käfer fuhr das Unternehmen auf der Erfolgsbahn.
Die Kapazität der Fabrik und die 1954 eingeleitete Rationalisierungsoffensive schufen die produktionstechnischen
Voraussetzungen, die Volkswagen Limousine und den
Trans­porter in Großserie zu bauen. Doch erst durch die
Verbindung von Massenfertigung, Weltmarktorientierung
und Belegschaftsintegration formte Volkswagen die lang­
fristig wirksame Wachstumsstrategie. 1950 führte das
Wolfsburger Unternehmen ein Drittel seiner Fahrzeugproduktion in 18 vorwiegend europäische Staaten aus;
Hauptabnahmeländer waren Schweden, Belgien, die Niederlande und die Schweiz. Mit dem erstmaligen Export von
1 253 Fahrzeugen nach Brasilien setzte Volkswagen einen
zweiten Schwerpunkt in Südamerika, wo die Einfuhr USamerikanischer Fahrzeuge wegen knapper Dollar­r eserven
fast vollständig zum Erliegen gekommen war. Der Belieferung dieses zukunftsträchtigen Absatzmarktes räumte das
Unternehmen frühzeitig Priorität ein.
Der wirtschaftliche Wiederaufbau Europas und die Industrialisierungsbestrebungen vieler außereuropäischer
Länder schufen für den Volkswagen Export eine günstige
Ausgangssituation. Als Vorteil für das Volkswagen Werk
entpuppte sich, dass der internationale Warenverkehr
größtenteils auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen
abgewickelt wurde. Die Dollarlücke in den meisten Staaten
schwächte vorübergehend die Konkurrenz der US-ameri­
kanischen Automobilfirmen ab, während die Exportmög­
lichkeiten der deutschen Wettbewerber durch deren
geringe Produktionskapazitäten beschnitten wurden. Als
öffentliches Unternehmen konnte die Volkswagenwerk
GmbH zudem auf größeres Entgegenkommen der Bundesregierung hoffen, die durch den Abschluss von Handelsverträgen Exportmöglichkeiten für die deutsche Industrie
eröffnete. Mit einem Anteil von bis zu 50 Prozent an der gesamten Automobilausfuhr war das Volkswagen Werk in den
1950er-Jahren wichtigster Devisenbringer und führender
deutscher Automobilexporteur.
Der systematische Aufbau des Exportgeschäfts in der ersten
Hälfte der 1950er-Jahre verlief keineswegs reibungs- und
risikolos. Den Investitionen standen zunächst schmale Gewinne gegenüber, weil die Volkswagenwerk GmbH bei der
55
MIT DEM VOLKSWAGEN NACH ITALIEN
Preiskalkulation die Etablierung seiner Produkte auf den
internationalen Märkten im Auge hatte und nahe am Selbstkostenpreis exportierte. In Brasilien geriet die Errichtung
einer Produktionsstätte infolge der politischen und wirtschaftlichen Instabilität mehrfach ins Stocken. Ähnlich
schwierig gestaltete sich der Aufbau einer Absatzorganisation auf dem US-Markt. Denn die erfolgreichen Automobilhändler waren hier an die amerikanischen Automobil­
konzerne gebunden, und die üblichen Händlerrabatte von
30 Prozent erschwerten wettbewerbsfähige Preise.
Trotz solcher Probleme gelang Volkswagen bis Mitte der
1950er-Jahre der Durchbruch in Europa, Amerika und
Afrika. Dafür sorgten einerseits die technischen Merkmale,
die Qualitätsstandards und die stetige Perfektionierung
der Limousine. Auf den internationalen Märkten genoss
der Käfer den Ruf eines wirtschaftlichen und zuverlässigen
Fahrzeugs, das sich wegen des relativ geringen Kraftstoffverbrauchs und der robusten Konstruktion auch für
automobile Entwicklungsländer mit dürftiger Verkehrsinfrastruktur bestens eignete. Andererseits ging die
Volkswagenwerk GmbH bei der Erschließung neuer Absatzmärkte behutsam vor, indem es das Produkt mit einem
Vertriebs- und Servicenetz umspannte. Nach Auffassung
der Unternehmensleitung bestand nur dann Aussicht auf
dauerhaften Erfolg, wenn hinter dem Wagen eine dichte,
mit Ersatzteilen, Spezialwerkzeugen und sorgfältig ge­
schultem Personal ausgestattete Organisation stand. Der
ausgezeichnete Ruf des Kundendienstes war bald ein
wichtiger Trumpf im internationalen Konkurrenzkampf.
Volkswagen verlangte seinen Händlern hohe Investitionen
ab, um eine kompetente Kundenbetreuung sicherzustellen.
Auf den strategisch wichtigen Märkten in Kanada und in
den USA nahm die Volkswagenwerk GmbH den Aufbau des
Vertriebssystems selbst in die Hand; in Brasilien, Südafrika
und Australien wurden Produktionsstätten errichtet. Damit
vollzog der Wolfsburger Automobilhersteller die frühzei­­t ige
Internationalisierung des Unternehmens und legte den
Grund­stein zu einem weltweiten Fertigungsverbund.
Den größten Triumph feierte Volkswagen in heimischen
Gefilden, wo die Limousine in den 1950er-Jahren zum
Signum des Wirtschaftswunders aufstieg. Der Traum vom
Volksauto, der sich durch die neue, um 1900 anbrechende
Tech­n ikepoche zog und von den Nazis politisch instrumentalisiert worden war, erfüllte sich im Zuge einer späten wie
rasanten Motorisierung. Die Volkswagen Limousine war in
dieser Dekade der meistgekaufte Personenwagen und hielt
einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Technik und Design
verschafften ihm den Nimbus eines klassenlosen Autos,
der dem Selbstverständnis der erwachenden Konsumgesell­
schaft entsprach und in dem sich der Funktionswandel des
Automobils vom Luxusgegenstand zum Konsumgut für
breite Bevölkerungsschichten widerspiegelte. Nicht minder
56 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
erfolgreich war der seit 1950 gebaute Transporter, der den
Markt der Kombinations- und Lieferfahrzeuge mit einem
Anteil um 30 Prozent dominierte. Gleichwohl waren die
Absatzmöglichkeiten der Volkswagenwerk GmbH auf dem
Binnenmarkt begrenzt. In der ersten Hälfte der 1950er Jahre sorgte vor allem der Nachholbedarf des Gewerbes
für stetige Verkaufssteigerungen, während der Kreis der
Privatkunden nur allmählich wuchs. Für die Mehrzahl der
automobilbegeisterten Bundesbürger blieb der Käfer trotz
steigender Einkommen ein sehnlicher, aber noch nicht
finanzierbarer Wunsch. Individuelle Mobilität brachte
zunächst vor allem das Motorrad, und erst 1955 überholten
die Zulassungszahlen fabrikneuer Pkw die der Zweiräder.
Die 1954 intensivierte Umstellung der Fertigung auf eine
fordistische Massenproduktion erschien sinnvoll, weil der
internationale Erfolg der Volkswagen Limousine frühzeitig
die Beschränkungen des heimischen Marktes aufhob. Die
Automatisierung der Fabrikation stellte Kapazitäten sicher,
mit denen Volkswagen die einmal besetzten Bastionen auf
dem Weltmarkt halten und den 1954 einsetzenden Nach­
frageboom in den USA befriedigen konnte.
Am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens partizipierte
die Belegschaft mit hohen Löhnen und einem Bündel freiwilliger Sozialleistungen, was im allgemein wirtschaftsfriedlichen Klima der 1950er-Jahre zur Herausbildung
kooperativer Arbeitsbeziehungen beitrug. Die Verteilungsspielräume waren groß; Betriebsrat und Unternehmensleitung zogen an einem Strang, um die Fluktuation der
Beschäftigten und den Facharbeitermangel in den Griff
zu bekommen. Durch eine großzügige Tarif- und Sozialpolitik sorgten sie dafür, dass allmählich eine Stamm­
belegschaft heranwuchs, die sich der Volkswagen Familie
zugehörig fühlte. Mit seinen Haustarifverträgen rangierte
das Unternehmen Volkswagen an der Spitze der deutschen
Automobilindustrie und fungierte über die Branchengrenzen hinweg als Schrittmacher. Die Erfolgsbeteiligung der
Beschäftigten passte weder den Arbeitgeberverbänden
noch fand sie den Beifall der Bundesregierung, die durch
einen Lohnschub ihre Bemühungen um Preisstabilität
gefährdet sah. Die zurückhaltende öffentliche Verwaltung
und die vorzüglichen Bilanzen der Volkswagenwerk GmbH
gaben jedoch dem Management viel Handlungsspielraum,
HEINRICH NORDHOFF
IN DER BETRIEBSVERSAMMLUNG
57
BUNDESKANZLER KONRAD ADENAUER
IM WERK WOLFSBURG
um in der Tarif- wie in der Arbeitszeitpolitik einen eigenständigen Kurs zu steuern. Im Oktober 1955 verständigten
sich Betriebsrat, IG Metall und Unternehmensleitung auf
eine zweistufige Arbeitszeitverkürzung, die 1957 für das
Gros der Beschäftigten die 40-Stunden-Woche brachte.
sachsen im Namen und nach den Weisungen der Bundes­
regierung verwaltet wurde. Im Übrigen ließ sich die öffent­
liche Treuhänderschaft nicht mit den marktliberalen
ordnungspolitischen Grundsätzen der CDU-geführten
Regierungskoalition in Einklang bringen.
Dissonanzen zwischen Management und Bundesregierung
klangen in der Privatisierungsfrage an, die ab Sommer
1956 im Bundestag verhandelt wurde. Seitens der Unternehmensleitung bestand kein unmittelbares Bedürfnis,
das erfolgreiche Unternehmen in eine neue Rechtsform zu
überführen. Betriebsrat und Belegschaft hingegen fürch­
teten um die tariflichen und sozialpolitischen Errungenschaften und machten gegen die Privatisierungsabsichten
Front, hierbei unterstützt durch die SPD-Opposition, die
im Bundestag gegen den Ausverkauf des Bundesvermö­g ens
ihre Stimme erhob. Dem Management von Volkswagen
war indes klar, dass mittelfristig kein Weg an einer Privati­
sierung des wichtigsten deutschen Automobilherstellers
vorbeiführte. Denn die Volkswagenwerk GmbH war ein
gleichsam herrenloses Unternehmen, das vom Land Nieder-
Zwischen Bundesregierung und Unternehmensleitung
herrschte weitgehend Konsens darüber, die Volkswagen
Aktie durch breite Streuung zu einer Volksaktie zu machen
und die Konzentration größerer Aktienmengen zu verhindern. Das vorgesehene Grundkapital von 600 Millionen DM
hingegen provozierte Widerspruch. Mit Blick auf die künftig notwendigen Investitionen votierte Heinrich Nordhoff
für eine Halbierung des Aktienkapitals, konnte sich jedoch
mit seiner betrieblich motivierten Position nicht durchsetzen. Die Volkswagenwerk AG, die am 22. August 1960
ins Handelsregister eingetragen wurde, behielt auch nach
der Privatisierung ihre positive Geschäftsentwicklung bei.
Nicht das hohe Aktienkapital, sondern Massenproduktion
und Modellpolitik stellten Volkswagen in den 1960er-Jahren vor ernsthafte Probleme.
58 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1950
4 . M Ä R Z Anlässlich der Produktion des einhunderttausendsten Volkswagen nach dem Krieg wird für die
Beschäftigten der Volkswagenwerk GmbH eine jährliche
Sonderzahlung von bis zu 120 DM eingeführt. Die Erfolgsprämie wird 1954 auf vier Prozent des Bruttojahresverdienstes erhöht.
8 . M Ä R Z In Wolfsburg beginnt die Serienproduktion des
Transporter, der als Kastenwagen für Güter oder als Kleinbus, als Feuerwehrfahrzeug, Polizei-Einsatzwagen, Postauto und später auch als Campingbus Verwendung findet.
Geplant als „Lieferwagen ohne Kompromisse“, erweitert
Volkswagen sein Produktangebot mit dem 3/4-Tonner um
eine zweite Modellreihe, die mit seinem Laderaum von
4,6 Kubikmeter zunächst vor allem Gewerbetreibenden
und Händlern anspricht. Der Transporter übernimmt aus
der Volkswagen Limousine zwar technische Elemente wie
den luftgekühlten Heckmotor mit einer Leistung von 25 PS,
erhält jedoch ein verstärktes Fahrwerk. Die Preise beginnen bei 5 850 DM ab Werk. Wegen seiner Multifunktionalität erfreut sich der Typ 2 sowohl in Deutschland als auch auf
den Überseemärkten einer rasch wachsenden Nachfrage.
3 0 . D E Z E M B E R Die Export-Abteilung verzeichnet die
„ersten guten Erfolge im Überseegeschäft“, da 179 Limousinen nach Ägypten, 10 Limousinen nach Äthiopien, 123
Limousinen und 5 Transporter nach Uruguay und 328
Limousinen und 2 Transporter in die USA verkauft werden.
Nach Brasilien gehen 627 Limousinen und 302 Transporter.
Weitere 324 Limousinen werden als CKD-Teilesätze geliefert, deren Montage bei der in São Paulo ansässigen Firma
Brasmotor ab Januar 1951 erfolgt.
1 1 . O K T O B E R Die ersten beiden Limousinen gehen in
zerlegter Form auf Transport an die Motor-Distribution
Limited in Dublin, die bis Jahresende 48 Fahrzeuge montiert.
TRANSPORTER
59
DER EINHUNDERTTAUSENDSTE
VOLKSWAGEN
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
90.038
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
13.322
1.644
14.966
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
1950
Transporter
81.9798.059
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Gewinn
411
3,8
Volkswagenwerk GmbH
Inland
60.769
Ausland
29.387
Gesamt
90.156
60 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1951
4 . J A N U A R Bruno Gründel übernimmt den Vorsitz
im Betriebsrat.
2 9 . M Ä R Z Der Korea-Krieg, der die Auslandsnachfrage
nach Rohstoffen in die Höhe treibt und vorübergehend
einen akuten Kohlemangel auslöst, führt im Volkswagen
Werk zu einem Engpass bei Autoblechen. Für einige Tage
muss die Automobilproduktion in Wolfsburg stillgelegt
werden. Von Unterbrechungen im Sommer 1951 abgesehen, zieht der Materialmangel bis März 1952 Kurzarbeit
nach sich.
9 . M A I Hugo Bork wird zum Vorsitzenden des Betriebsrats gewählt und übt dieses Amt bis 1971 aus.
2 2 . M A I In der Volkswagenwerk GmbH konstituiert sich
ein Beirat unter dem Vorsitz von Heinz M. Oeftering. Nach
den Vorschriften des 1952 erlassenen Betriebsverfassungsgesetzes wird der Beirat am 28. August 1953 durch einen
Aufsichtsrat ersetzt.
KAROSSERIEBAU
61
HUGO BORK
HEINZ M. OEFTERING
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
105.712
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
12.338
1.809
14.147
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Transporter
1951
93.70912.003
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Investitionen
Gewinn
486
37,7
1,9
Volkswagenwerk GmbH
Inland
69.959
Ausland
35.742
Gesamt
105.701
62 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1952
1 1 . S E P T E M B E R Mit Gründung der Verkaufsgesellschaft
Volkswagen Canada Ltd. in Toronto, Ontario beginnt die
Volkswagenwerk GmbH, ihr Vertriebs- und Kundendienstnetz auf den internationalen Märkten auszubauen. Dieser
Schritt ist notwendig, weil die zollfreie Einfuhr englischer
Fabrikate Wettbewerbsnachteile mit sich bringt und die
Erschließung des kanadischen Markts erschwert. Bis Ende
des Jahres werden 94 Volkswagen verkauft.
1 . O K T O B E R Die Volkswagen Limousine erhält ein neues
Armaturenbrett und zwei mit Schlusslichtern und Rückstrahlern kombinierte Bremsleuchten. Das teilsynchronisierte Getriebe und eine verbesserte Federung bilden den
Auftakt zu einer Reihe von Verbesserungen, um Sicherheit
und Fahrkomfort zu erhöhen. Das durch einen Mittelsteg
geteilte Rückfenster, die so genannte Brezel, wird am
10. März 1953 durch ein größeres Ovalfenster ersetzt.
BREZEL
OVALI
63
VOLKSWAGEN CANADA
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
136.013
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
15.390
1.991
17.381
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Transporter
1952
114.34821.665
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Investitionen
Gewinn
660
27,9
3,5
Volkswagenwerk GmbH
Inland
89.060
Ausland
46.881
Gesamt
135.941
64 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1953
2 8 . J A N U A R Zur Behebung des chronischen Wohnraummangels in Wolfsburg gründet Volkswagen die
V W-Wohnungsbau-Gemeinnützige Gesellschaft mbH,
die Ende des Jahres 1 400 Wohnungen baut. Das rasche
Belegschaftswachstum macht die betriebliche Wohn­
raumbeschaffung zur dringenden Aufgabe, da Mittel für
den öffentlichen Wohnungsbau nur in beschränktem
Umfang zur Verfügung stehen. Mehr als die Hälfte der bei
Volkswagen Beschäftigten wohnt außerhalb Wolfsburgs,
viele pendeln täglich zwischen Arbeitsstätte und ihren bis
zu 80 Kilometer entfernten Wohnorten. Die Errichtung von
Werkswohnungen wird zum wichtigen Instrument beim
Aufbau einer Stammbelegschaft.
2 3 . M Ä R Z Mit Gründung der Volkswagen do Brasil Ltda.
in São Paulo entsteht die erste Produktionsgesellschaft der
Volkswagenwerk GmbH im Ausland. Wegen der restriktiven Einfuhrpolitik der brasilianischen Regierung, die den
Aufbau einer nationalen Automobilindustrie vorantreiben
will, kann eine erfolgreiche Erschließung des südamerikanischen Absatzmarktes langfristig nur durch eine Fabrikation vor Ort sichergestellt werden. Volkswagen hält 80
Prozent der Anteile an dem brasilianischen Unternehmen,
das seit dem 12. Juli 1955 als Aktiengesellschaft firmiert.
Die Montage der importierten Teilesätze erfolgt zunächst in
gemieteten Anlagen, bis sie Ende 1956 in die neu errichtete
Fabrik in São Bernardo do Campo verlegt wird. Um den vor­geschriebenen landeseigenen Fertigungsanteil zu erreichen, wird das Montagewerk zügig zu einem Produktionsbetrieb ausgebaut.
3 0 . N O V E M B E R Im Werk Wolfsburg tritt erstmals ein
paritätisch besetzter Wirtschaftsausschuss zusammen.
Er dient der Unterrichtung des Betriebsrats über die Geschäftspolitik des Managements.
WERKSWOHNUNGSBAU IN WOLFSBURG
65
MONTAGEWERK
IN BRASILIEN
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
179.740
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
18.318
2.251
20.569
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
1953
151.32328.417
Investitionen
Gewinn
Konzern
815822
56,6
3,5
Volkswagenwerk GmbH
Inland 106.883
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Ausland
68.754
Gesamt
175.637
66 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1954
1 . J A N U A R Die Händler-Organisation umfasst im Inland
neben 66 Großhändlern 239 Händler und 531 Vertragswerkstätten. Die zum Jahresende eingerichtete Zentral­
kartei führt in der Außenorganisation 63 Verkaufsleiter und
1 997 Verkäufer auf.
S E P T E M B E R Geschäftsführer Heinrich Nordhoff erstellt
sein Programm zur weiteren Rationalisierung und Kapazitätserweiterung. Nordhoff beantragt damit Effektivierungsinvestitionen in die spanabhebende und spanlose
Fertigung sowie den Ausbau der Kapazitäten um rund ein
Viertel auf eine Tagesfertigung von 1 250 Per­s onenwagen
und 220 Transporter. Durch Neuordnung der Organisationsstruktur, Umstellung auf Fließfertigung und Mechanisierung der Fabrikationsprozesse vollzieht sich in den
folgenden Jahren der Übergang zur Großserien­produktion.
1 . O K T O B E R Im Ausland bestehen 82 Volkswagen General­v ertretungen, darunter die eigenen Tochtergesellschaften in Brasilien und Kanada. 70 Prozent des Auslandsabsatzes erzielen die erfolgreichen Generalimporteure in
Europa, insbesondere in Belgien und Schweden, in den Niederlanden und in der Schweiz. Die Weltmarktorientierung
zahlt sich für das Unternehmen und seine Handelspartner
gleichermaßen aus.
67
IN GROSSSERIE
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
242.373
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
22.719
2.564
25.238
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
1954
202.17440.199
Investitionen
Gewinn
Konzern
1.0641.076
87
4,3
Volkswagenwerk GmbH
Inland
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
137.000
Ausland
108.839
Gesamt
245.839
68 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1955
1 0 . F E B R U A R Auch für die Lohnempfänger wird die
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall eingeführt. Das im
Manteltarifvertrag festgeschriebene Recht wird durch
zahlreiche außertarifliche Leistungen der Volkswagenwerk
GmbH ergänzt, mit denen sich das Unternehmen in den
1950er-Jahren ein unverwechselbares sozialpolitisches
Profil zulegt.
1 4 . J U L I Das in Zusammenarbeit mit der Karosserie­fabrik
Karmann entwickelte Volkswagen Karmann Ghia Coupé
wird in Georgsmarienhütte der Öffentlichkeit vorgestellt.
Mit seinem italienischen Design formschön gelungen, lädt
der Zweisitzer dank seines 30-PS-Motors, der hydraulischen Bremsanlage und des an der Vorderachse angebrachten Stabilisators zu einer sportlichen Fahrweise ein. Der
auf technischer Basis des Export-Modells stehende Wagen
verfügt im Gegensatz zur Volkswagen Limousine bereits
über Blinker anstatt Winker. Zu einem Preis von 7 500 DM
findet der Typ 14 im Startjahr im Inland 664 Abnehmer.
2 1 . J U L I Zur Marktforschung und -beobachtung wird die
Volkswagen United States Inc. mit Sitz in New York gegründet. Am 10. August 1955 erwirbt das amerikanische Tochterunternehmen von der Studebaker-Packard Corporation
deren in New Brunswick, New Jersey gelegene Fabrik, um in
den USA die Montage von Volkswagen aufzunehmen. Aber
die Pläne werden verworfen. Wie eine Kostenstudie belegt,
wäre es wegen der hohen Löhne in den USA nicht möglich,
den Volkswagen in gleichbleibender Qualität zu konkurrenzfähigen Preisen anzubieten.
5 . A U G U S T Die Belegschaft und die Händler des Inund Auslands feiern in Wolfsburg die Fertigstellung des
einmillionsten Volkswagen.
2 7 . O K T O B E R An die Stelle der später aufgelösten
Volkswagen United States Inc. tritt die in Newark, New
Jersey gegründete Volkswagen of America, Inc., die nach
dem Scheitern der Produktionspläne die Funktion einer
Vertriebsgesellschaft übernimmt. Ihr Geschäftssitz wird
nach Englewood Cliffs, New Jersey verlegt. Mit je einem
Büro in New York und San Francisco wickelt die amerikanische Tochter seit Januar 1956 den Import von Volkswagen
ab und beginnt sogleich, das Händlernetz mit verschärften
Anforderungen an den Kundendienst und die Präsentation
der Marke zu reorganisieren. Denn ein Großteil der Händler, die neben Volkswagen noch eine Reihe anderer Hersteller vertreten, kann die mit dem Verkauf übernommene
Betreuungspflicht nicht erfüllen. 1956 werden in den USA
42 884 Volkswagen Limousinen und 6 666 Transporter
verkauft. Das Vertriebs- und Kundendienstnetz, das
15 Großhändler und 342 Händler umfasst, wird parallel
zu den kontinuierlich steigenden Absatzzahlen zügig
ausgebaut.
69
NEUER PRODUKTIONSREKORD
VOLKSWAGEN KARMANN GHIA COUPÉ
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
329.893
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
28.606
2.964
31.570
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
1955
279.98649.907
Konzern
1.4081.444
Investitionen
173
Gewinn
6,3
Volkswagenwerk GmbH
Inland 150.397
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Ausland
177.657
Gesamt
328.054
70 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1956
8 . M Ä R Z Nach einjähriger Bauzeit nimmt das neue Werk
in Hannover-Stöcken die Fertigung des Transporter auf.
Der Dezentralisierung der Produktion hat der Aufsichtsrat
am 24. Januar 1955 zugestimmt, weil der Nachfrageüberhang nach Volkswagen einen Kapazitätsausbau verlangte, dem das erschöpfte Arbeitskräftereservoir im Raum
Wolfsburg Grenzen setzte. Durch die Verlagerung nach
Hannover, die im Werk Wolfsburg zusätzliche Montage­
kapazitäten für die Limousine freimacht, kann das Angebot
der wachsenden Nachfrage angepasst werden. Bei einer
Belegschaftsstärke von 6 044 Beschäftigten steigt 1957
die Jahresproduktion des Transporter von zuvor 62 500
auf 91 993 Wagen, von denen gut 60 000 Einheiten exportiert werden. Im Herbst 1957 beginnt im Werk Hannover
der Bau einer Motorenfabrik, die am 25. März 1959 die
Produktion aufnimmt.
1 0 . S E P T E M B E R Um ihre Position auf dem südafrikanischen Markt zu festigen, erwirbt die Volkswagenwerk
GmbH 38 Prozent der Aktien des Generalimporteurs South
African Motor Assemblers und Distributors Ltd. (SAMAD),
einer überwiegend in englischem Besitz befindlichen Gesellschaft in Uitenhage, die zerlegte Volkswagen importiert,
in eigener Regie montiert und verkauft hat. 1957 wird die
Beteiligung auf 57,6 Prozent aufgestockt.
QUALITÄTSSICHERUNG IN UITENHAGE
71
WERK HANNOVER
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
395.690
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
32.269
3.403
35.672
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
1956
333.19062.500
Konzern
1.7151.788
Investitionen
181
Gewinn
6,9
Volkswagenwerk GmbH
Inland
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
176.067
Ausland
217.683
Gesamt
393.750
72 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1957
1 . A P R I L Durch eine Betriebsvereinbarung zwischen
Betriebsrat und Geschäftsleitung wird die wöchentliche
Arbeitszeit im Schichtbetrieb auf 40 Stunden und im
Normalbetrieb auf 42,5 Stunden reduziert. Damit gilt für
das Gros der Beschäftigten die 40-Stunden-Woche bei
vollem Lohnausgleich.
1 . A P R I L Alfred Hartmann übernimmt den Vorsitz im
Aufsichtsrat der Volkswagenwerk GmbH.
1 9 . S E P T E M B E R In Osnabrück wird das zweisitzige
Volkswagen Karmann Ghia Cabriolet vorgestellt, das bei
Karmann in Osnabrück vom Band läuft. Technisch identisch mit dem Coupé, richtet sich der elegante Wagen an die
wachsende Zahl Frischluftfans, die den Wagen für 8 250 DM
erwerben können.
6 . D E Z E M B E R Die Volkswagenwerk GmbH gründet die
Volkswagen (Australasia) Pty. Ltd. mit Sitz in Melbourne,
um eine Volkswagen Produktion mit landeseigenem Fer­t i­gungsanteil aufzubauen. 1958 erwirbt die australische
Tochter die Aktien des bisherigen Generalimporteurs
Volkswagen Distributors Pty. Ltd. Nachdem die Volkswagen
Austral­a sia im Januar 1959 die Montage der zerlegt ange­
lieferten Fahrzeuge in eigene Regie übernommen hat,
werden die Produktionskapazitäten durch den Bau neuer
Werks­h allen erweitert. Dem gleichen Zweck dient 1959
die Übernahme der Allied Iron Founders Pty. Ltd., die in
Volkswagen Manufacturing (Australia) Pty. Ltd. umbenannt
wird und 1962 zusammen mit der Volkswagen Australasia
von der Montage zur Produktion von Volkswagen übergeht.
Die Aufbereitung von Austauschmotoren ergänzt 1963 das
Fabrikationsprogramm der australischen Töchter.
3 1 . D E Z E M B E R Nach Freigabe der letzten von den Briten
genutzten Grundstücke stellt das Werk Braunschweig seinen
Fertigungsprozess auf die Erfordernisse der fordistischen
Großserienproduktion in Wolfsburg und Hannover ein. Die
einsetzende Rationali­sierungsphase geht mit einem Ausbau
der Kapazi­t äten und Fertigungsaufgaben einher. Die Ende
1957 fertig gestellte, 25 000 Quadratmeter große Halle 3
nimmt den aus Wolfsburg verlagerten Vorderachsenbau für
die Limousine auf.
73
VOLKSWAGEN KARMANN GHIA CABRIOLET
ALFRED HARTMANN
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
472.554
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
3.750
41.290
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
1957
380.56191.993
Volkswagenwerk GmbH
37.500
Inland 203.018
43.359
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Limousinen
Konzern
2.0372.260
Investitionen
211
Gewinn
7,4
Ausland
270.987
Gesamt
474.005
74 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1958
1 6 . J U N I Hans Busch tritt den Vorsitz im Aufsichtsrat der
Volkswagenwerk GmbH an.
2 3 . J U N I Das Volkswagen Werk verlegt die AggregateAuf­­b e­r ei­t ung von Wolfsburg nach Altenbauna bei Kassel.
Nach knapp einjährigen Umbau- und Instandsetzungsarbeiten entsteht dort aus der angekauften Flugmotorenfabrik der Henschel & Sohn GmbH ein neues Werk, das die
Volkswagen Organisation mit überholten Motoren, Achsen
und anderen Ersatzteilen versorgt. Die Belegschaft steigt
1959 auf 1 124 Mitarbeiter an, die täglich 430 Motoren und
130 Achsen aufbereiten. In den Folgejahren werden die
alten schrittweise durch neue Gebäude ersetzt, angefangen
mit der 1959/60 errichteten Halle 1 für die Getriebefertigung. Im Juli 1964 geht die Halle 2 in Betrieb, die neben
Rahmenbau und Presswerk das umfangreiche Ersatzteile­
lager und die Verpackungsabteilung aufnimmt.
HANS BUSCH
75
AGGREGATEAUFBEREITUNG
WERK KASSEL
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
553.399
Konzern
557.088
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
4.210
44.004
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Transporter
1958
451.526105.562
Investitionen
Gewinn
Volkswagenwerk GmbH
Konzern
39.794
Inland 235.615 235.615
47.916
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Limousinen
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Konzern
2.4232.719
268
319,3
Ausland
315.717
Gesamt
551.332 554.987
319.372
76 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1959
1 7 . A U G U S T Die Volkswagen of America, Inc. startet eine
professionelle Werbekampagne, weil sie Marktanteile an
den europäischen Konkurrenten Renault verloren hat und
die amerikanischen Hersteller mit Compact Cars auf den
Kleinwagenmarkt drängen. In Zusammenarbeit mit der
New Yorker Werbeagentur Doyle Dane Bernbach Inc. wird
eine ebenso erfolgreiche wie legendäre Werbekampagne
ins Leben gerufen, die mit „Think small.“, „Lemon.“ oder
„Nobody is perfect.“ einige Klassiker hervorbringt. Das von
Volkswagen bediente Marktsegment wird indes durch die
größeren amerikanischen Kompaktwagen nicht nennenswert tangiert. Während die europäischen Konkurrenten
schwere Absatzeinbußen hinnehmen müssen, kann
Volkswagen 1960 seinen Anteil an den zugelassenen Im­
port­w agen von 20 auf 32 Prozent ausbauen.
1 8 . N O V E M B E R Die im brasilianischen São Bernardo do
Campo errich­tete Automobilfabrik wird offiziell eröffnet.
Aus dem Montagewerk hat sich inzwischen eine selbstständige Produktionsstätte entwickelt – mit Presswerk,
Karosseriebau, Lackiererei, Motorenbau, Montage und
galvanischer Abteilung. Im September 1957 war bereits die
Transporter Fertigung angelaufen. Nach Inbetriebnahme
der Halle für die mechanische Fertigung 1960 steigt der
brasilianische Materialanteil bei der Limousinen-Produktion auf 90 Prozent. Im Folgejahr setzt sich die Volkswagen
do Brasil mit 47 320 verkauften Fahrzeugen und einem
Absatzplus von rund 67 Prozent gegenüber dem Vorjahr
an die Spitze der brasilianischen Automobilindustrie. Der
Marktanteil wächst auf 41 Prozent, die Belegschaft auf über
8 000 Beschäftigte an, die arbeitstäglich fast 220 Fahrzeuge
fertigen.
VOLKSWAGEN WERBUNG IN DEN USA
77
ERÖFFNUNG DES WERKS
IN SÃO BERNARDO DO CAMPO
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk GmbH
696.860
Konzern
705.243
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
4.748
54.120
Umsatz
Volkswagenwerk GmbH
Transporter
1959
575.407129.836
Volkswagenwerk GmbH
Konzern
49.372
Inland 292.147 292.147
60.477
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Limousinen
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk GmbH
Konzern
3.0553.544
Investitionen
444
Gewinn
68,3
Ausland
404.185 412.531
Gesamt
696.332 704.678
78 I N T E R N A T I O N A L I S I E R U N G U N D M A S S E N P R O D U K T I O N I M W I R T S C H A F T S W U N D E R
1960
1 1 . M Ä R Z Zur Erschließung des französischen Marktes
wird in Paris die Vertriebsgesellschaft Volkswagen France
S.A. gegründet, nachdem die französische Regierung
die Einfuhr aus EWG-Ländern liberalisiert hat. Bei den
Pkw-Importen steht Volkswagen 1960 hinter Fiat und Opel
an dritter Stelle.
2 2 . A U G U S T Die Volkswagenwerk GmbH wird zur
Aktiengesellschaft umfirmiert und in das Handelsregister
beim Amtsgericht Wolfsburg eingetragen. Zuvor hat der
Bundestag am 21. Juli 1960 mit großer Mehrheit das Gesetz
über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagen­
werk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private
Hand angenommen. 60 Prozent des Gesellschaftskapitals
werden als so genannte Volksaktien veräußert, 40 Prozent
verbleiben hälftig bei Bund und Land, wodurch ein staat­
licher Einfluss auf das Unternehmen gesichert ist.
HANDELSREGISTEREINTRAG
79
BETRIEBSVERSAMMLUNG
PRODUK TION
A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
Volkswagenwerk AG
865.858
Konzern
890.673
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
5.664
64.139
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Transporter
1960
739.455151.218
Investitionen
Gewinn
Volkswagenwerk AG
58.475
Inland
75.528
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Limousinen
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
3.9334.607
465
72,2
Konzern
374.478 374.478
Ausland
489.272
Gesamt
863.750 888.507
514.029
80
81
1961–1972
82 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1961 – 1972
Boom und Krise des
Ein-Produkt-Unternehmens
Die Massenfertigung der unter ihrem Kosenamen Käfer
bekannt gewordenen Limousine und das florierende
Export­g eschäft verhalfen der Volkswagenwerk AG zu einer
Spitzenstellung in Deutschland. Mit hoher Produktivität
baute das Unternehmen 1964 doppelt so viele Fahrzeuge wie
der in der deutschen Produktionsstatistik zweitplatzierte
Automobilhersteller. Im Inland hielt Volkswagen einen
Marktanteil von knapp 33 Prozent bei den Pkw; mehr als
die Hälfte der neu zugelassenen Lieferwagen trugen das
Volkswagen Markenzeichen. Den Übergang vom Verkäuferzum Käufermarkt meisterte die Volkswagenwerk AG Anfang
der 1960er-Jahre ohne Absatzeinbußen, indem es seine
Modellpalette um den V W 1500 erweiterte und die Präsenz
auf den internationalen Märkten verstärkte. Rund 60 Pro­
zent der Produktion verkaufte der weltgrößte Automobil­
exporteur 1963 überwiegend ins europäische Ausland und
in die USA, wo die Beliebtheit des Beetle seiner Popularität
in Deutschland nicht nachstand. Nach vier guten Geschäftsjahren mit durchschnittlichen Steigerungsraten von 20
Prozent wuchs 1964 die Ausfuhr nach Amerika auf knapp
330 000 Fahrzeuge an. Zum Jahresende nahm das in Emden errichtete Werk die Montage des Typ 1 auf, um die Versorgung des nord­a merikanischen Marktes sicherzustellen.
FERTIGUNG DES VW 1500
Der Export nach Europa gab indes Anlass zu Besorgnis.
Einerseits erschwerten protektionistische Maßnahmen den
Zugang zu einigen Märkten, und speziell in Italien und
Frankreich konnte die Volkswagenwerk AG in den frühen
1960er-Jahren kaum Boden gewinnen. Andererseits nahm
der Wettbewerbsdruck in den europäischen Hauptabneh­
mer­l ändern des Unternehmens spürbar zu, nachdem die
Konkurrenz ihre Fahrzeuge in Qualität und Ausstattung auf
Volkswagen Niveau gehoben hatte. Selbst der Binnen­m arkt,
den die Volkswagen Limousine lange Zeit als Epochen­modell dominierte, geriet in Bewegung. Opel und Ford
brachten große 1,5-Liter-Wagen heraus, deren Optik den
Geschmack breiter Käuferschichten eher traf als eine
kompakte Konstruktion. Im Wettbewerb mit diesen Fahrzeugen blieb 1964 der Absatz des zunächst erfolgreichen
V W 1500 hinter den Erwartungen zurück. Der Produkt­
diversifizierung blieb ein durchgehender Erfolg versagt.
83
Um seine Wettbewerbsposition zu stärken, lotete das Wolfsburger Automobilunternehmen Kooperationsmöglichkeiten mit der Daimler-Benz AG aus. Die 1964 vorgenommene
Flurbereinigung überließ dem Wolfsburger Automobilher­
steller die Produktion von Fahrzeugen unterhalb der ZweiLiter-Grenze. Volkswagen nutzte die Gelegenheit und
über­n ahm am 1. Januar 1965 zunächst 75,3 Prozent der
Daimler-Benz-Tochter Auto Union GmbH. Als Aktivposten
konnten die Fabrik mit einer Jahreskapazität von 100 000
Fahrzeugen, 11 000 Mitarbeiter, ein Vertriebssystem mit
1 200 Händlern und eine neue Motorengeneration verbucht
werden. Diesem Potenzial standen auf der Passivseite ein
hoher Lagerbestand und eine handfeste Finanzkrise ge­
gen­­ü ber, denn die Auto Union baute auf vergleichsweise
niedrigem Produktivitätsniveau ein zu teueres und deshalb
schwer verkäufliches Fahrzeug. Organisatorische und
modellpolitische Sofortmaßnahmen waren erforderlich,
um die neue Tochter aus der Verlustzone zu führen. Der ab
September 1965 in Ingolstadt produzierte Audi 72, den die
Konstrukteure kurzfristig aus dem DKW F 102 entwickelt
hatten, brachte in finanzieller Hinsicht keinen Durchbruch. Er bildete aber den Kern einer neuen Modellpalette,
mit der Audi als selbstständige Marke im Volkswagen Konzern auf den Erfolgspfad zurückkehrte.
Mit geschmälerter Ertragslage trat Volkswagen 1966/67
in die erste Nachkriegsrezession ein, die nach einer außergewöhnlichen und lang anhaltenden Prosperitätsphase
die Rückkehr zu wirtschaftlichen Normalbedingungen an-
kündigte. Die rückläufige Nachfrage auf dem Binnenmarkt
zwang 1967 zu Produktionsanpassungen: Die Typ-1-Fertigung wurde um 14 Prozent, die Produktion des V W 1600 um
35 Prozent eingeschränkt. Obwohl die Konjunkturdaten
ebenso wie die Verkaufszahlen Ende des Jahres wieder nach
oben wiesen, wirkte die kurze Absatzkrise nach.
Sie demonstrierte die konjunkturelle Anfälligkeit der
Großserienfertigung, die durch Veränderungen in der
Produktion und Modellpolitik weiter unter Druck geriet. Die
inzwischen erreichte Fertigungstiefe wie die zahlreichen
Modell- und Ausstattungsvarianten hatten zu Produktivitätseinbußen geführt und schmälerten den Wirkungsgrad
des Unternehmens. Damit drohte sich der elementare
Konkurrenzvorteil – die Massenproduktion eines Typs –
in einen gravierenden Nachteil zu verwandeln. Denn der
BUNDESPRÄSIDENT LÜBKE IM
GESPRÄCH MIT NORDHOFF UND HAHN
84 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
sich mit steigendem Motorisierungsgrad verschärfende
Wett­b ewerb auf den wichtigsten Absatzmärkten beschnitt
die Möglichkeiten, die Ertragsverluste durch Verkaufs­stei­g erungen in bisherigem Umfang oder durch Preis­er­hö­hungen zu kompensieren.
In dieser Umbruchsituation endete die Ära Heinrich
Nordhoff. Sein Festhalten an der Volkswagen Limousine,
die unter Nordhoffs Leitung technisch perfektioniert
wurde, sowie die Verbindung von Massenproduktion und
Weltmarktorientierung führten die Volkswagenwerk AG in
die Spitze der europäischen Automobilindustrie. Um diese
Position zu halten, bedurfte es nach dem Tod des 20 Jahre
amtierenden Vorstandsvorsitzenden einschneidender
Kurskorrekturen.
Mit dem Produktionsanlauf des V W 411 im September 1968
löste sich der Wolfsburger Automobilhersteller ein weiteres
Stück aus der Abhängigkeit vom Typ 1, der mit einer Tagesproduktion von 4 200 Wagen nach wie vor den Lebensnerv
des Unternehmens bildete. Um seine Konkurrenzfähigkeit zu erhalten, entwickelte Volkswagen den mit neuem
Fahrwerk und vergrößertem Kofferraum ausgestatteten V W
1302, der 1970 als Limousine und Cabrio in Serie ging. Alle
Anstrengungen konnten indes nicht verhindern, dass der
von einem luftgekühlten Heckmotor angetriebene Typ 1 an
Attraktivität verlor. Eine neue Generation von Klein- und
Mittelklassewagen eroberte den Markt – mit wassergekühlten Motoren und Frontantrieb, viel Innen- und Kofferraum
und einer neuen Fahrzeugästhetik.
Zur Verbesserung der Ertragslage leitete Volkswagen 1968
Maßnahmen zur Kostensenkung ein. Parallel zur Rationalisierung der Produktion investierte das Unternehmen in
den Ausbau von Forschung und Entwicklung, deren Stellen­
wert neu bestimmt wurde. Dabei kam der Rekrutierung
von Technikern und Ingenieuren sowie der systematischen
Führungskräfteentwicklung erhöhte Aufmerksamkeit zu.
PRODUKTION DES VW 411
IN WOLFSBURG
85
Nach 1970 ging der Absatz des Typ 1 zurück, doch konnte
der Rückgang durch Verkaufserfolge der südamerikanischen Töchter und der inzwi­s chen fusionierten Audi NSU
Auto Union AG aufgefangen werden, die mit ihren Modellen ein wachsendes Marktsegment bediente. Volkswagen
konzentrierte sich auf die dringende Aufgabe, eine neue
Produktpalette zu entwickeln.
WINDKANAL
Absatzprobleme ergaben sich ebenfalls im internationalen
Geschäft, die durch den Übergang zu flexiblen Wechselkursen vertieft wurden. Die DM-Aufwertungen belasteten den
Export von Volkswagen und führten auf dem Binnenmarkt
zu verstärkter Konkurrenz der ausländischen Anbieter bei
gleichzeitig sinkender Nachfrage. Auf die währungspolitischen Veränderungen reagierte Volkswagen mit Preiserhöhungen, zumal der anhaltende Kostendruck und die
rückläufige Ertragslage kaum Spielraum ließen. Dadurch
verschlechterte sich die Preisrelation zu den anderen Anbietern und mithin die Wettbewerbsposition auf wichtigen
Volumenmärkten. Dies betraf vor allem den Export in das
Hauptabnehmerland USA, wo Gewinne und Absatz der
Volkswagen of A
­ merica durch die wechselkursinduzierten
Kostennachteile gegen­­ü ber japanischen und amerikanischen Automobilfirmen geschmälert wurden. Die Verkaufszahlen fielen zwischen 1970 und 1972 von rund 570 000 auf
knapp 486 000 Fahrzeuge. Verschärfend kam hinzu, dass
der Beetle auf der Beliebtheitsskala der Amerikaner zu sinken begann, weil er in punkto Antriebstechnik, Verbrauch
und Sicherheit dem automobiltechnischen Fortschritt hin­
terher hinkte.
Die Volkswagenwerk AG begegnete der aufziehenden Krise
mit einer Kombination aus kostensenkenden Maßnahmen
in allen Unternehmensbereichen und hohen Investitionen,
die in die Entwicklung der neuen Modellpalette und die Umstellung des Produktionsprozesses flossen. Im Kern zielte
das aufwändige Rationalisierungsprogramm auf die Einführung neuer technischer und organisatorischer Systeme
in die Fertigung, wobei die EDV-Technologie die wichtigsten
Innovationsimpulse lieferte. Die elektronische Datenverarbeitung wurde zur Steuerung von Produk­t ionsabläufen
eingesetzt und zeitigte hier wie in der Kon­struktion bedeutsame Rationalisierungseffekte. Damit hatte Volkswagen
wesentliche Grundlagen für ein erfolgreiches Krisenmanagement gelegt. Alle Hoffnungen ruhten nun auf der neuen
Volkswagen Generation.
86 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1961
1 . J A N U A R Die Teilprivatisierung der Volkswagenwerk AG
bringt in der Bundesrepublik Deutschland eine weitere
Volksaktie hervor. Bis zum 15. März 1961 werden die
Volkswagen Aktien im Gesamtnennwert von 360 Millionen DM zu einem Kurs von je 350 DM ausgegeben. Der
Erlös aus dem Aktienverkauf fließt in die 1961 zur Wissenschaftsförderung gegründete Stiftung Volkswagenwerk,
eine in ihren Entscheidungen unabhängige Institution
bürger­l ichen Rechts mit Sitz in Hannover.
1 8 . O K T O B E R Nach 12 Jahren erfolgt zwischen der
Volkswagenwerk AG und ehemaligen KdF-Wagen-Sparern
ein Vergleich, die ihre gegenüber der Deutschen Arbeitsfront erworbenen Ansprüche auf einen Volkswagen auf dem
Rechtsweg durchsetzen wollten. Je nach angespartem
Betrag erhalten die Sparer beim Kauf eines Volkswagen
einen Nachlass auf den Listenpreis von maximal 600 DM
oder eine Barabfindung von bis zu 100 DM.
2 1 . S E P T E M B E R Auf der Internationalen AutomobilAusstellung (IA A) in Frankfurt am Main präsentiert
Volkswagen den V W 1500, eine Mittelklasselimousine mit
einem 45-PS-Boxermotor im Heck. Der intern als Typ 3
bezeichnete V W 1500 steht für „gediegene Eleganz“. Das
„vernünftige Auto“ ist ab 5 990 DM zu haben und spricht
„Fahrer mit gehobenen Ansprüchen“ und „kluge Rechner“
an. Im Februar 1962 geht die Kombi­v ariante unter der
Bezeichnung V W Variant an den Start. Mit Einführung des
V W 1500 ergänzt Volkswagen seinen „berühmten Erfolgswagen“ durch dessen „größeren Bruder“.
2 1 . S E P T E M B E R Das V W 1500 Karmann Ghia Coupé
erlebt auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in
Frankfurt am Main ebenfalls seine Premiere. Auf technischer Basis des neuen V W 1500 stehend, ist das zweitürige
und zweisitzige Fahrzeug zu einem Preis von 8 750 DM zu
haben. Im Prospekt als „vollendete Schönheit“ angepriesen, stammen die Form von Ghia in Turin, die Karosserie
von Karmann in Osnabrück und Chassis, Motor und Ge­­t riebe von Volkswagen. Die Produktion bleibt 1962 mit
8 653 Fahr­z eugen hinter den Erwartungen zurück.
VW 1500
87
VW 1500 KARMANN GHIA COUPÉ
VOLKSWAGEN AKTIE
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
959.773
Konzern
1.007.113
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
6.554
69.446
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Transporter
827.850
168.600
VW 1500
10.663
Investitionen
Gewinn
1961
Volkswagenwerk AG
62.892
Inland
80.764
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Typ 1 „Käfer“
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
4.4235.190
596
71,9
Konzern
427.251 427.451
Ausland
533.420 580.740
Gesamt
960.8711.008.191
88 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1962
1 7 . J A N U A R Nachdem der Mauerbau im August 1961 die
Zuwanderung von Arbeitskräften aus der DDR beendet hat,
trifft zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs ein erster Zug
mit angeworbenen Italienern in Wolfsburg ein. Die Zahl
ausländischer Arbeitnehmer der Volkswagenwerk AG steigt
1962 sprunghaft von 730 auf 4 494 an. Zum Jahresende beschäftigt das Werk Wolfsburg 3 188 Italiener, die im eigens
für sie errichteten „Italienischen Dorf“ wohnen.
2 . O K T O B E R Im Werk Hannover läuft der einmillionste
Volkswagen Transporter vom Band.
2 0 . D E Z E M B E R Volkswagen verstärkt sein Engage­
ment auf dem Wohnungsmarkt durch Gründung der V WSiedlungsgesellschaft mbH mit Sitz in Wolfsburg, um alle
Möglichkeiten zum Bau und Erwerb von Wohnungen für
die Belegschaft auszuschöpfen. Rund 40 Millionen DM investiert die Volkswagenwerk AG 1962 in den Wohnungsbau,
davon 15 Millionen DM für die Italiener-Unterkünfte an der
Berliner Brücke. Obwohl das betriebliche Wohnungsangebot mit dem Belegschaftswachstum nicht Schritt halten
kann, trägt es maßgeblich dazu bei, die Inlandswerke mit
Arbeitskräften zu versorgen und die Mitarbeiterfluktuation
zu reduzieren. Die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft schränkt 1964 die eigene Bautätigkeit zugunsten der
Betreuung von Bauprojekten der Siedlungsgesellschaft ein,
deren Gesellschaftskapital auf 20 Millionen DM verdoppelt
wird. 1964 umfasst der Gesamtbestand beider Gesellschaften in Wolfsburg, Hannover und Kassel 7 646 Wohnungen.
WERBEBOTSCHAFT: DIE KÄFER FORM
89
ITALIENER IN DER UNTERKUNFT AN DER BERLINER BRÜCKE
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
1.112.424
Konzern
1.184.675
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
7.166
78.004
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Transporter
877.014
180.337
VW 1500
127.324
Investitionen
Gewinn
1962
Volkswagenwerk AG
Konzern
70.838
Inland 485.064 485.064
Ausland
91.220
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Typ 1 „Käfer“
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
5.5186.382
338
84,1
627.613 698.601
Gesamt 1.112.6771.183.665
90 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1963
1 5 . J A N U A R Das Transportschiff Johann Schulte läuft
vom Stapel. Mit einem Laderaum, der 1 750 Volkswagen
fasst, und einer Geschwindigkeit von 17,25 Knoten erweitert das bisher größte und schnellste für Volkswagen gebaute Schiff die dringend benötigten Transportkapazitäten für
den Export nach Übersee.
8 . A P R I L Der durch die expandierende Produktion
ver­­u rsachte und nur schwer zu behebende Arbeitskräfte­
mangel in Wolfsburg verstärkt die Notwendigkeit zur Rationalisierung und Automatisierung der Fertigung. Im Werk
Wolfsburg wird der Zusammenbau von Rohkarossen durch
Inbetriebnahme einer 180 Meter langen Spezial-Transferstraße automatisiert, die im Zwei-Schicht-Betrieb täglich
3 300 Karossen produziert. Die in einjähriger Bauzeit
installierte Anlage fasst 16 Arbeitsoperationen zusammen
und verbindet mit rund 300 millimetergenau ausgeführten
Schweißpunkten die Vorder- und Hinterwagen mit dem
Dach. Die eingesparten 440 Arbeitskräfte ermöglichen
den Kapazitätsausbau anderer Produktionsbereiche. Um
die Transferstraße mit Karosserieteilen in ausreichender
Stückzahl zu beschicken, werden 57 neue Großpressen
aufgestellt. Die Lackiererei wird durch Inbetriebnahme
von zwei neuen Lackierstraßen modernisiert und erweitert. Ende Dezember 1963 beschäftigt das Werk Wolfsburg
43 722 Mitarbeiter.
EIN WICHTIGER AUTOMATISIERUNGSSCHRITT:
DIE TRANSFERSTRASSE
91
STAPELLAUF DER JOHANN SCHULTE
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
1.132.080
Konzern
1.209.591
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
7.539
80.426
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Transporter
838.488
189.294
VW 1500
181.809
Investitionen
Gewinn
1963
Volkswagenwerk AG
Konzern
72.887
Inland 445.250 445.250
Ausland
93.488
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Typ 1 „Käfer“
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
5.7756.843
400
96
685.763 764.447
Gesamt 1.131.0131.209.697
92 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1964
1 5 . J A N U A R Mit Gründung der Volkswagen de Mexico,
S.A. de C.V. in Puebla geht Volkswagen in Mexiko von der
Fahrzeugmontage zur Eigenproduktion über, nachdem
durch die Importbestimmungen die Fahrzeugeinfuhr
erschwert worden war. Die neue Volkswagen Tochter über­­n immt die Promexa S.A., die zuvor das Wolfsburger Unternehmen in Mexiko vertreten hat, und führt die Montage von
Volkswagen weiter. 1965 steigert sie den Absatz um 59 Prozent. Um die expandierende Nachfrage zu decken, wird in
Puebla ein neuer Produktionsstandort aufgebaut. Dort läuft
im November 1967 die Fertigung mit den von der Regierung
festgelegten Zulieferungen aus mexikanischer Produktion
an. Im Folgejahr erreicht die Volkswagen de Mexico mit
22 220 verkauften Fahrzeugen einen Marktanteil von
21,8 Prozent.
VOLKSWAGEN DE MEXICO
93
PRODUKTION UND VERLADUNG
IM WERK EMDEN
1964
94 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1 6 . J U L I Zur Umsetzung der staatlichen Vorgaben zur
Steigerung des nationalen Fertigungsanteils innerhalb von
fünf Jahren auf 95 Prozent nimmt die Volkswagenwerk AG
eine Neuordnung des australischen Konzernteils vor. D
­ ie
Volkswagen (Australasia) Pty. Ltd. firmiert zur Volkswagen
Australasia Ltd. um und übernimmt die gesamten Pro­duk­t ionseinrichtungen der Volkswagen Manufacturing
(Australia) Pty. Ltd., die in Volkswagen (Distribution) Pty.
Ltd. umbenannt wird. Der Direktvertrieb in den Staaten
Victoria und Westaustralien geht von der 1964 aufgelösten
Volkswagen (Sales) Pty. Ltd. auf die Volkswagen (Distri­
bution) Pty. Ltd. über. 1964 werden in Australien 32 678
Volkswagen, darunter 22 943 Typ 1 und 6 978 V W 1500
verkauft. Die Produktion steigt auf 37 397 Fahrzeuge, davon
25 298 Typ 1 - 1 906 Fahrzeuge und 1 704 CKD-Sätze gehen
in den Export. Trotz aller Anstrengungen verschlechtert
sich die Wettbewerbsposition der australischen Tochter,
denn sie produziert kostenintensiv und mit niedriger
Kapazitätsauslastung Fahrzeuge, die den breiten Kunden­
geschmack nur bedingt treffen. Konkurrenzmodelle japanischer Hersteller werden speziell für den australischen
Markt konstruiert und werden zu niedrigeren Preisen angeboten. Deshalb geht der Absatz der Volkswagen Australasia
bis 1966 drastisch auf 19 586 Fahrzeuge zurück. Anhaltende Verluste und die starke Konkurrenz insbesondere der
japanischen Anbieter, die sich durch intensive bilaterale
Handelsbeziehungen eine günstige Ausgangsposition auf
dem australischen Markt verschafft haben, zwingen Ende
Februar 1968 zur Einstellung der Eigenfertigung. Die
Volkswagen Australasia wird in Motor Producers Ltd. umfirmiert und beschränkt sich wieder auf den Zusammenbau
zerlegt importierter Fahrzeuge.
8 . D E Z E M B E R Im eigens für den Überseeexport errich­
teten Werk Emden läuft die Produktion des Typ 1 an. Die
Fertigungsstruktur des neuen Standorts, der vier Werks­
hallen mit einer Gesamtfläche von 140 000 Quadratmetern
umfasst, ist auf die Belieferung des nordamerikanischen
Marktes ausgerichtet. Das Montagewerk wird mit Karosserien aus Wolfsburg, mit Motoren aus Hannover, mit
­G etrieben und Rahmen aus Kassel und mit Achsen aus
Braunschweig versorgt; Sitze und Kabelstränge werden
vor Ort produziert. Täglich rollen hier 500 Fahrzeuge vom
Band, die über die werkseigene V
­ erschiffungsanlage direkt
in die USA und nach Kanada transportiert werden. Bis März
1966 weitet das Werk seine Montagekapazitäten auf 1 100
Wagen pro Tag aus. Parallel wächst die Belegschaft von 790
auf 4 487 Mitarbeiter zum Jahresende 1966 an.
95
WERKSANLAGEN DER
VOLKSWAGEN AUSTRALASIA
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
1.317.295
Konzern
1.410.715
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
8.464
Umsatz
949.370
16.485
88.126 104.778
Volkswagenwerk AG
200.325
Volkswagenwerk AG
Ausland
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
79.662
Inland
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Typ 1 „Käfer“
VW 1500
262.020
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
6.7887.997
Investitionen
627
Gewinn
120
701
Konzern
1964
517.956 517.956
797.468 888.154
Gesamt 1.315.4241.406.110
96 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1965
1 . J A N U A R Die Auto Union GmbH mit Sitz in Ingolstadt
geht in den Besitz der Volkswagen­w erk AG über, die das
Gesellschaftskapital von der Daimler-Benz AG in drei Tranchen erwirbt. Durch Übernahme dieser traditionsreichen
wie innovativen Marke erweitert der Volkswagen Konzern
seine Produktpalette. Zugleich verschafft sich Volkswagen
Zugriff auf eine neue Motorengeneration. Der aus dem DKW
F 102 entwickelte und von September 1965 an produzierte
Audi besticht durch einen wassergekühlten 1,7-Liter-Mitteldruckmotor, Frontantrieb, ein modernes Fahrwerk und
eine Höchstgeschwindigkeit von 150 Stundenkilometern.
Die Auto Union wird als selbstständige Tochter in den Konzern eingegliedert. Dies bildet den Auftakt zum heutigen
Markenverbund.
8 . F E B R U A R Um die Vertriebskosten zu reduzieren und
unmittelbaren Einfluss auf die Händler zu nehmen, beginnt die Volkswagen of America, Inc. die Großhandelsebene in eigene Regie zu übernehmen. In Jacksonville, Florida gründet sie die Volkswagen Southeastern Distributor,
Inc., die nach Übernahme des bislang zuständigen Großhändlers dessen Geschäfte fortführt. Bis 1969 entstehen
vier weitere von der US-Tochter geführte Großhandels­
betriebe: 1966 die Volkswagen Northeastern Distributor,
Inc. mit Sitz in Boston, Massachusetts, 1967 die Volkswagen
North Central Distributor, Inc. in Deerfield, Illinois, 1969
die Volkswagen South Atlantic Distributor, Inc. in Washington D.C. und die Volkswagen South Central Distributor, Inc.
in San Antonio, Texas.
9 . M Ä R Z Mit der feierlichen Schlüsselübergabe erhalten
Vertreter der Deutschen Bundespost die ersten Fahrzeuge
des Kleinlieferwagens Typ 147, der unter Berücksichtigung
der Anforderungen der Post auf Basis des Typ 1 entwickelt
wurde und bei den Westfalia-Werken in Rheda-Wiedenbrück hergestellt wird. Das vom Volksmund als Fridolin
bezeichnete Fahrzeug mit seinen beiden breiten Schiebe­
türen und der Heckklappe ist mit einer Ladefläche von 1, 86
Quadratmetern und einem Laderaum von 2,3 Kubikmetern
sowie einer Nutzlast von 410 Kilogramm neben dem Behördenabnehmer auch für Gewerbetreibende interessant. Der
34-PS-Motor bringt den Kleinlieferwagen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern, der Verbrauch
liegt bei 7,8 Litern Benzin auf 100 Kilometer. Trotz des
günstigen Preises von 6 500 DM bleibt der Absatz gering. Bis
zur Produktionseinstellung 1974 werden insgesamt 6 123
Fahrzeuge gebaut.
1 2 . J U L I Der Expansion seines Transportsektors mit rund
1 700 Mitarbeitern und einer Flotte von 55 Schiffen trägt
die Volkswagenwerk AG durch Gründung der Wolfsburger
Transportgesellschaft mbH Rechnung. 90 Prozent der
Anteile besitzt die Volkswagenwerk AG, 10 Prozent hält
die ebenfalls neu gegründete Tochter HOLAD Holding &
Administration AG, eine in Basel ansässige internationale
Verwaltungsgesellschaft. Die rechtliche Ausgliederung des
Frachtgeschäfts war geboten, um der drohenden Erhöhung
der günstigen amerikanischen Einfuhrzölle und damit
einer Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit zu begeg­
nen. Die Wolfsburger Transportgesellschaft widmet sich
der Aufgabe, See- und Lufttransporte sowie sonstige Spe­­d itionsgeschäfte vor allem für die Volkswagenwerk AG
durchzuführen. Mit einem Stab von 59 Mitarbeitern nimmt
sie Anfang Oktober 1965 die Geschäftstätigkeit auf und verschifft bis Jahresende auf Charter- und Linienschiffen rund
168 000 Volkswagen nach Übersee.
1 4 . D E Z E M B E R Als Bestandteil des im Aufbau befindlichen Entwicklungszentrums, in dem Ingenieure und
Techniker künftig Grundlagenforschung und Produktentwicklung betreiben sollen, geht in Wolfsburg ein moderner
Klimawindkanal in Betrieb.
97
WERKSTOR
IN INGOLSTADT
KLEINLIEFERWAGEN
TYP 147
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
1.447.660
Konzern
1.594.861
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
9.424
Umsatz
1.090.863
94.343 125.157
Volkswagenwerk AG
189.876
Volkswagenwerk AG
Ausland
18.625
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Transporter
VW 1500
261.915
Konzern
1965
84.919
Inland 592.485 632.671
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Typ 1 „Käfer“
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
7.4589.268
Investitionen
485
Gewinn
120
702
851.114 963.693
Gesamt 1.443.5991.596.364
98 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1966
2 9 . J U N I Josef Rust übernimmt den Vorsitz im Aufsichtsrat der Volkswagenwerk AG.
1 8 . O K T O B E R Mit Gründung der Volkswagen Leasing
GmbH entsteht die erste deutsche Autoleasing-Gesellschaft,
die durch Integration von Service und Versicherung auf die
Gewinnung gewerblicher Kunden abzielt. Volkswagen entschließt sich zu diesem Schritt, weil in den USA bereits 10
Prozent der Neuwagen über das Leasing-Geschäft abgesetzt
werden. Das Angebot der Volkswagen Leasing GmbH richtet
sich zunächst vor allem an Großkunden, die zunehmend
Leasingmöglichkeiten verlangen; später kommen in wachsendem Maße auch Privatkunden hinzu.
2 1 . N O V E M B E R Das südafrikanische Tochterunternehmen SAMAD, an dem die Volkswagenwerk AG 63 Prozent
der Anteile hält, wird in Volkswagen of South Africa Ltd.
umfirmiert. Es beschäftigt 2 458 Mitarbeiter und erzielt
1966 mit 21 888 verkauften Fahrzeugen einen Absatzzuwachs von rund 21 Prozent. Der Marktanteil bei den Personenwagen steigt auf 13,4 Prozent; bei den Transportern
beträgt er 10 Prozent. 1974 geht die südafrikanische Tochtergesellschaft in den alleinigen Besitz der Volkswagen­w erk
AG über.
PRODUKTIONSANLAGEN
DER VOLKSWAGEN OF SOUTH AFRICA
99
DAS LOGO DER
VOLKSWAGEN LEASING GMBH
JOSEF RUST
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
1.476.509
Konzern
1.650.487
BELEGSCHAFT
Typ 1 „Käfer“
Transporter
1.080.165
191.373
VW 1500
311.701
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
81.564
Inland 494.850 536.394
Angestellte
10.081
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
21.446
91.645 124.581
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Konzern
7.7979.998
Investitionen
703
872
Gewinn
120
348
1966
964.5761.068.873
Gesamt 1.459.4261.605.267
100 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1967
1 . J A N U A R Durch eine Vereinbarung zwischen der
Volkswagenwerk AG und der IG Metall wird die Arbeitszeit
der Normalschicht auf acht Stunden täglich reduziert.
Damit gilt für alle bei Volkswagen Beschäftigten die
40-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.
2 . J A N U A R Mit Kurzarbeit passt die Volkswagenwerk
AG ihre Produktion der rückläufigen Automobilnachfrage
im Inland an. Während der Rezession 1966/67, die das
Ende des Wirtschaftswunders ankündigt, erlebt auch
der Volkswagen Konzern seine erste Absatzkrise. Die
Volkswagen Produktion geht 1967 um knapp 300 000 Fahrzeuge zurück, der Absatz sinkt um gut 200 000 Einheiten.
Auf den Nachfragerückgang antwortet Volkswagen mit
einem preislich reduzierten „Sparkäfer“, ein V W 1200
zu einem Angebotspreis von 4 485 DM.
3 . A U G U S T Die zweite Transporter Generation wird in
der Stadthalle Hannover der Händlerschaft des In- und
Auslands vorgestellt. Im Werk Hannover gefertigt, ist auch
die zweite Generation mit seinem neuen Gesicht und der gewölbten Frontscheibe, den unterhalb der Frontscheibe angebrachten Luftschlitzen für die Frischluftanlage und den
gewachsenen Abmessungen ein typischer Transporter. Das
geräumige Fahrerhaus bietet Pkw-Komfort, die neue Armaturentafel beste Übersichtlichkeit. Neu ist auch die serienmäßige Schiebetür. Als Kastenwagen für 1 Tonne Nutzlast
geeignet oder als Kombi mit 5 Kubikmeter Laderaum und
als Bus mit Sitzen für bis zu 9 Personen ausgestattet, bleibt
der Transporter der begehrte Vielfältigkeitsmeister. Sein
47-PS-Boxermotor im Fahrzeugheck bringt ihn auf eine
Höchstgeschwindigkeit von 105 Stundenkilometern. Der
Verbrauch von 10,4 Litern Benzin auf 100 Kilometer hält
die Haltungskosten niedrig. Mit einem Einstiegspreis von
6 680 DM für den Kastenwagen ist das intern als T2 bezeichnete Fahrzeug weiterhin Marktführer im Inland. Die durch
den Generationswechsel und die Konjunkturverbesserung
angeregte Nachfrage lässt die Inlandsproduktion 1968 auf
228 280 Fahrzeuge anwachsen.
1 4 . S E P T E M B E R Auf der Frankfurter Internationalen
Automobil-Ausstellung stellt das Volkswagenwerk AG eine
Reihe technischer Innovationen und Konstruktionsverbesserungen vor. Für gesteigerten Fahrkomfort beim Typ1
sorgt der V W 1500 mit seinem automatischen Getriebe,
das über einen hydrodynamischen Drehmomentwandler
die kupplungsfreie Bedienung und mehrstufige Fahrbereichswahl ermöglicht. Die Vollautomatik der V W-1600Modell­r eihe besteht aus Drehmomentwandler und einem
selbsttätig schaltenden Dreigang-Planetengetriebe. Alle
Volkswagen werden fortan mit einer stoßabsorbierenden Sicherheitslenksäule, die Automatik­modelle mit einer neuen
Doppel­g elenk-Hinterachse aus­g erüstet. Als vielbeachtete
Neuheit im Automobilbau präsentiert Volkswagen ferner die
elektronische Benzineinspritzung. Die Kraftstoff sparende
Anlage wird zunächst nur in die für den US-Markt bestimmten Fahrzeuge eingebaut.
101
MESSESTAND AUF DER IAA
TRANSPORTER
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.162.2581.339.823
BELEGSCHAFT
Typ 1 „Käfer“
Transporter
925.787
162.741
VW 1500
201.800
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
81.636
Inland 370.513 403.139
Angestellte
10.233
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
26.179
91.869 129.111
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Konzern
6.4649.335
Investitionen
615
787
Gewinn
319
328
1967
812.959 995.401
Gesamt 1.183.4721.398.540
102 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1968
1 . M A I Kurt Lotz, seit Juni 1967 stellvertretender
Vorstandsvorsitzender der Volkswagenwerk AG, tritt die
Nachfolge Heinrich Nordhoffs an.
1 4 . J U N I Die Volkswagenwerk AG und die IG Metall
schließen ein Rationalisierungsschutzabkommen, das
die Arbeitnehmervertreter in die Umsetzung von Ratio­
nalisierungsmaßnahmen einbezieht.
7 . A U G U S T In der Stadthalle Braunschweig wird der
Volkswagen Organisation der neue V W 411 präsentiert. Als
Stufenhecklimousine und als Variant sowie als Zwei- und
Viertürer zu Preisen ab 8 165 DM ab Werk lieferbar, nutzt
der „Große aus Wolfsburg“ weiterhin einen luftgekühlten
Heckmotor mit 68 PS Leistung, der die geräumige Reise­
limousine auf eine Geschwindigkeit von 145 Stundenkilometern bringt. Eine moderne Schräglenkerhinterachse,
Querstabilisatoren und einzeln gefederte und einzeln
aufgehängte Räder sorgen für eine sichere Straßenlage.
Der Variant hat bei umgeklappter Rückbank Platz für 1 780
Liter Gepäck. Der im Werk Wolfsburg gefertigte Mittelklassewagen, der mit Automatik und Luxusausstattung auch
Kunden mit gehobenen Ansprüchen locken soll, findet nicht
den erhofften Zuspruch, sodass der Absatz 1969 auf 46 467
Einheiten begrenzt bleibt.
1 9 . S E P T E M B E R Am Südrand der Lüneburger Heide
wird bei Ehra-Lessien ein Prüfgelände eröffnet, das im
Endausbau über 100 Kilometer Versuchsstraßen mit
unterschiedlichsten Belägen und Steigungen verfügt. Hier
werden in Verbindung mit modernen Prüfeinrichtungen
die Konzernfahrzeuge auf ihre Alltagstauglichkeit getestet.
1970 wird ein Fahrsimulator installiert, mit dem Fahrtest ­­­­­­programme ohne Gefährdung von Menschen und
Material durchgeführt werden können. Parallel dazu
baut Volkswagen durch Einstellung von Ingenieuren und
Technikern den qualifizierten Mitarbeiterstab aus, um die
Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zu verstärken.
1 6 . / 2 9 . D E Z E M B E R Die Volkswagenwerk AG und AB
Scania Vabis schließen einen Konsortialvertrag, der eine
Drittelbeteiligung von Volkswagen an der in Södertälje
gegründeten Svenska Volkswagen AB vorsieht, die zum
1. Januar 1969 den Import und Vertrieb von Volkswagen
und Porsche in Schweden übernimmt. Um angesichts der
bevorstehenden Fusion des schwedischen Nutzfahrzeugherstellers mit dem Automobilunternehmen Saab einen
Zugriff von Volkswagen auf das Vertriebsnetz des schwedischen Generalimporteurs zu behalten, schützen die Beteiligung und die zehnjährige Laufzeit des Konsortialvertrags
den Marktzugang. 1970 erwirbt Svenska Volkswagen AB
die Volkswagen i Stockholm AB, die das Verkaufsgeschäft
im Raum Stockholm betreibt. Im Kern ist hier die fortan
ausgebaute Vertriebsstrategie zu erkennen, auf allen
wichtigen Märkten in Europa die Konzernprodukte auf
der Großhandelsebene in eigener Regie zu vertreiben.
103
VW 411
KURT LOTZ
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.548.9331.777.320
BELEGSCHAFT
Typ 1 „Käfer“
Transporter
VW 1600
VW 411
1.186.134 253.919244.42722.922
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
94.010
Inland 440.090 486.057
Angestellte
10.965
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.104.7521.289.455
27.808
104.975 145.401
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
1968
Konzern
8.38811.700
Investitionen
508
708
Gewinn
339
543
Gesamt 1.544.8421.775.512
104 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1969
2 6 . A U G U S T Die Auto Union GmbH wird mit der NSU
Motorenwerke AG zur Audi NSU Auto Union AG verschmolzen, an der die Volkswagenwerk AG zunächst 59,5 Prozent
der Anteile hält. Die Fusion der süddeutschen Tochterunternehmen leitet eine Markenvereinheitlichung unter der
Bezeichnung Audi ein, die 1977 mit dem Produktionsende
des NSO Ro 80 abgeschlossen wird. Die Audi NSU Auto
Union AG wird zum 1. Januar 1985 in Audi AG umbenannt,
der Firmensitz von Neckarsulm nach Ingolstadt verlegt.
1 . S E P T E M B E R Zur systematischen Führungskräfteentwicklung eröffnet Volkswagen das Schulungszentrum
Haus Rhode. Während die Volkswagenwerk AG bei der
beruflichen Ausbildung eine führende Position einnimmt,
bestehen in der Weiterbildung von leitenden Mitarbeitern
und Führungsnachwuchskräften beträchtliche Lücken. Die
bislang nur vereinzelt angebotenen Volontariate sowie die
Fachseminare und Informationstagungen finden Eingang
in ein neu konzipiertes System von Fortbildungsmaßnahmen, in denen die Führungskräfte mit den Grundlagen und
Techniken der Personalführung und der koordinierten
Teamarbeit vertraut gemacht werden. Die Seminare dienen
zugleich der Herausbildung eines einheitlichen Führungsstils. Die Berufsausbildung und die berufsbegleitende
Fachausbildung werden in den folgenden Jahren ebenfalls
schrittweise erweitert.
1 0 . S E P T E M B E R Der im Auftrag der Bundeswehr entwickelte V W 181 wird auf der Internationalen AutomobilAusstellung in Frankfurt am Main als „Vielzweckfahrzeug“
vorgestellt, das mit seiner bewährten Heckmotorbauweise,
der Motorleistung von 44 PS und seiner robusten Konstruk­
tion eine erstaunliche Geländegängigkeit aufweist. Der
Verkaufsprospekt spricht von einem „Wagen für Männer,
die durchkommen müssen“. Den offenen Viersitzer kennzeichnen seine nach vorn umlegbare Windschutzscheibe,
das klappbare PVC-Allwetterverdeck und Aufsteckfenster
für die vier Türen. Der Listenpreis ab Werk ist mit 8 500 DM
angegeben.
105
HAUS RHODE
1969
106 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1 0 . S E P T E M B E R Volkswagen zeigt auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main den
neuen V W-Porsche 914, der als Gemeinschaftsprojekt der
Volkswagenwerk AG und der Dr.-Ing. h.c. F. Porsche KG
entsteht. Seine Gesamtkonzeption, so heißt es im Verkaufsprospekt, sei durch die 30-jährige Rennsporterfahrung des
Hauses Porsche entscheidend beeinflusst worden. Daher
verfüge der „echte Sportwagen“ über einen Mittelmotor
und damit über einen extrem tiefen Schwerpunkt und eine
ideale Gewichtsverteilung. Der zweisitzige V W Porsche 914
wird anfänglich in zwei Versionen angeboten: als 914 und
als 914/6. Der 914 wird von einem 80 PS starken 1,7-LiterVierzylinder-Motor mit elektronischer Benzineinspritzung
angetrieben, der 914/6 hat einen luftgekühlten 2-LiterSechszylinder-Motor mit 110 PS. Der Einstiegspreis beträgt
11 954,70 DM. Den Vertrieb übernimmt die am 11. März
1969 gemeinsam gegründete V W-Porsche Vertriebsgesellschaft mbH.
MEHRZWECKWAGEN VW 181
1 . O K T O B E R Die Volkswagen of America übernimmt
auch die Importeursfunktion für Audi und Porsche Modelle
und etabliert für die beiden Marken eine eigenständige
Vertriebsorganisation, die Ende des Jahres 95 Audi und
Porsche Händler umfasst.
107
VW-PORSCHE 914
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.639.6302.094.438
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
12.017
Umsatz
VW 411
1.219.314273.134 267.35848.521
112.454 168.469
Volkswagenwerk AG
Volkswagenwerk AG
Konzern
1969
Ausland 1.098.893 1.417.596
28.659
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
VW 1600
100.437
Inland 534.732 669.513
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Typ 1 „Käfer“
Konzern
9.23813.934
Investitionen
740
Gewinn
330
1.076
480
Gesamt 1.633.6252.087.109
108 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1970
1 . M Ä R Z Durch die Übernahme der Autovermietung
Selbstfahrer Union GmbH, des größten Autovermieters
in Deutschland, verstärkt der Volkswagen Konzern sein
Engagement in einem zukunftsträchtigen Geschäftszweig.
Die zum 1. Januar 1971 in SU interRent Autovermietung
GmbH umfirmierte Tochter wird 1988 mit der Europcar zur
Europcar International S.A. fusioniert. Volkswagen besitzt
50 Prozent der Anteile an dem in Boulogne-Billancourt
ansässigen Unternehmen, das in acht Ländern Tochter­
gesellschaften unterhält und über eine Flotte von 40 000
eigenen Fahrzeugen verfügt. Die Europcar-Gruppe wird
von Volkswagen zum 1. Januar 2000 komplett übernommen.
7 . A U G U S T Im neu errichteten Werk Salzgitter laufen
die ersten K 70 vom Band, der erste Volkswagen mit Frontantrieb und Wasserkühlung. Als Antrieb für die viertürige
Limousine der gehobenen Mittelklasse steht ein neuer
1,6-Liter-Vierzylinder-Reihenmotor mit wahlweise 75 oder
90 PS zur Verfügung. Beworben als „ganze Ansammlung
guter Ideen“, lässt der K 70 eine Höchstgeschwindigkeit
von 158 Stundenkilometern zu und kann für einen Preis
ab 9 450 DM gekauft werden. Die von NSU entwickelte
Limousine wird unter dem Volkswagen Markenzeichen ins
Programm genommen und leitet zu einer neuen Volkswagen
Gene­r ation über.
2 0 . O K T O B E R Mit einer Pressekonferenz wird das neue
Werk Salzgitter und der dort gefertigte K 70 der Öffentlich­
keit vorgestellt. Neben Fahrzeugen produziert das in knapp
zweijähriger Bauzeit entstandene Werk auch Motoren. Der
Motorenbau, der in Halle 1 untergebracht ist, beschäftigt
Ende 1970 mehr als 2 000 der insgesamt 5 108 Mitarbeiter.
Mit dem Standort ist die langfristige Zielsetzung verbunden, den Motorenbau aus Hannover zu verlagern, um dort
die Fertigungskapazitäten für den Transporter zu erhöhen.
Ab Januar 1971 produziert Salzgitter die Motoren für den
Audi 100, damit die Auto Union zusätzliche Kapazitäten
zur Ausnutzung der sich bietenden Marktchancen gewinnt.
Ende 1971 zählt die Belegschaft in Salzgitter rund 8 000
Mitarbeiter. Die Absatzkrise des K 70 und die einsetzende
weltwirtschaftliche Rezession 1974/75 zwingen im
September 1975 zur Einstellung des Fahrzeugbaus am
Standort Salzgitter, der 1971 die Montage des V W 411 und
1973 einen Teil der Passat Fertigung übernommen hatte.
Insgesamt liefert das Werk mehr als 400 000 Fahrzeuge
aus, davon 210 891 des Modells K 70. Die Tagesausbringung
im Motoren­b au steigt 1975 auf fast 3 800 Einheiten an.
K 70
109
WERK SALZGITTER
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.621.1972.214.937
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
13.824
Umsatz
VW 411
124.792 190.306
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Volkswagenwerk AG
Konzern
1970
Ausland 1.060.0421.481.866
35.421
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
VW 1600
110.968
Inland 565.843 725.055
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Typ 1 „Käfer“
1.196.099288.011272.03142.587
Konzern
9.91315.791
1.131
190
1.536
407
Gesamt 1.625.8852.206.921
110 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1971
6 . J A N U A R Die Volkswagenwerk AG übernimmt durch
Kapitaleinbringung 75 Prozent der Geschäftsanteile an
der Volkswagen Bruxelles S.A., die am 31. Dezember 1970
gegründet worden ist. Die Gesellschaft wickelt den Import
von Volkswagen nach Belgien ab und betreibt das vom
Generalimporteur errichtete Montagewerk, das über eine
Tageskapazität von 400 Fahrzeugen verfügt. Ende 1975
geht die Volkswagen Bruxelles vollständig in den Besitz der
Volkswagenwerk AG über. Im Zuge der Übernahme der Produktionsverantwortung für das Werk Brüssel durch Audi
wird der Name der Gesellschaft am 30. Mai 2007 in Audi
Brussels S.A./N.V. geändert.
1 . O K T O B E R Rudolf Leiding, zuvor Präsident der
Volkswagen do Brasil und Vorstandsvorsitzender der
Audi NSU Auto Union AG, übernimmt den Vorsitz im
Vorstand der Volkswagenwerk AG.
2 . S E P T E M B E R Auf dem Hockenheimring wird deutschen Motorjournalisten die V W-Computer-Diagnose vorgestellt, die neue Maßstäbe in der Kfz-Reparatur setzt. Ab
Ende Juni verfügen alle Volkswagen Fahrzeuge über eine
zentrale Steckerverbindung zur Prüfung ihrer Verkehrsund Betriebssicherheit. Ab August werden die Werkstätten
der Kundendienstorganisation nach und nach mit Computern ausgerüstet. Auch in Forschung und Entwicklung
liefert die elektronische Datenverarbeitung neue Impulse,
wie der Einsatz einer automatischen Modellabtastanlage in
der Karosseriekonstruktion demonstriert. In Verbindung
mit Großrechnern und automatischen Zeichenmaschinen
verkürzt diese Anlage die Entwicklungszeit der Karosserien
erheblich. Damit hält die EDV Einzug in Fahrzeugtechnik
und Kundendienst.
RUDOLF LEIDING
2 4 . S E P T E M B E R Siegfried Ehlers wird zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt.
BEGINN DES EDV-ZEITALTERS
111
SIEGFRIED EHLERS
VOLKSWAGEN BRUXELLES
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.715.9052.353.829
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
15.400
Umsatz
VW 411
41.935
130.266 202.029
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Volkswagenwerk AG
Konzern
11.23717.310
1.216
12
Konzern
1971
550.767 694.341
Ausland 1.154.6521.623.044
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
VW 1600
1.291.612 277.503234.224 79.270
114.866
Inland
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Typ 1 „Käfer“
1.925
147
Gesamt 1.705.4192.317.385
112 B O O M U N D K R I S E D E S E I N - P R O D U K T - U N T E R N E H M E N S
1972
1 7 . F E B R U A R Mit 15 007 034 montierten Wagen bricht
der Käfer den legendären Produktionsrekord der Tin Lizzy,
des von 1908 bis 1927 von der Ford Motor Company gebauten T-Modells. Der Käfer ist damit neuer Weltmeister.
8 . M Ä R Z Die Volkswagenwerk AG schließt mit dem
jugoslawischen Generalimporteur UNIS einen Investitionsvertrag zur Errichtung einer lokalen Fertigungsstätte.
Das daraufhin am 14. Juni gegründete Gemeinschaftsunternehmen Tvornica Automobila Sarajevo (TAS) mit Sitz in
Vogosca tritt am 8. August dem Investitionsvertrag bei. Die
TAS, an der die Volkswagenwerk AG 49 Prozent des Gesellschaftskapitals hält, stellt zunächst Ersatz- und Serienteile
für Volkswagen her. Nach einjähriger Bauzeit läuft am
10. November 1973 in der neuen Fabrik die CKD-Montage
der Modelle V W 1200, 1300 und 1303 an. Die Fertigungskapazität liegt anfänglich bei 20 Wagen pro Tag. 1976 wird
die Produktion auf den Golf umgestellt. Mit Verlegung
der gesamten Caddy-Produktion nach Sarajevo steigt das
jugosla­w ische Unternehmen 1982 in die Exportfertigung
ein. Im Herbst 1985 geht der Golf zweiter Generation in
Produktion. 1988 bauen 3 109 Mitarbeiter insgesamt
28 341 Fahrzeuge, von denen 15 184 an die Volkswagen AG
geliefert werden. Am 28. September 1989 läuft in Sarajevo
der dreihunderttausendste Volkswagen, ein alpinweißer
Golf, vom Band. 1990 erzielt das jugoslawische Unternehmen mit 37 411 Fahrzeugen einen Produktionsrekord.
Der Bürgerkrieg und die Zerrüttung der wirtschaftlichen
Verhältnisse führen 1992 zum Produktionsstopp.
2 1 . J U N I Auf der Grundlage des novellierten Betriebsverfassungsgesetzes konstituiert sich im Volkswagenwerk
ein Gesamtbetriebsrat mit erweiterten Mitbestimmungsund Mitwirkungsrechten. Den Vorsitz übernimmt Siegfried
Ehlers.
113
WELTMEISTER KÄFER
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.483.3502.192.524
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
14.486
116.352 192.083
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Volkswagenwerk AG
Ausland
43.371
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
VW 1600
VW 411
Konzern
1972
101.866
Inland 484.542 628.139
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Typ 1 „Käfer“ 1.220.686294.932157.54370.368
Konzern
10.39915.996
785
86
1.573
206
987.0191.568.839
Gesamt 1.471.5612.196.978
114
115
1973–1981
116 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1973 – 1981
Der Umstieg zur Modellpalette
mit wassergekühlten Motoren
Die neue Fahrzeuggeneration kam rechtzeitig. Sie führte
die Volkswagenwerk AG aus der tiefen Krise, die sich
1974/75 infolge des Ölpreisschocks und der weltweiten
Rezession einstellte und die Liquidität des Unternehmens
akut be­d rohte. Die gute Resonanz auf den Passat und die
Verkaufserfolge des Golf, der seit 1975 die deutsche Zulassungsstatistik anführte und die Klasse der Kompaktfahrzeuge begründete, federten den allgemeinen Nachfragerückgang auf dem Binnenmarkt ab. Während die übrigen
Hersteller Absatzeinbußen von bis zu 40 Prozent verzeichneten, konnte Volkswagen seine Verkaufszahlen 1975 auf
Vorjahresniveau stabilisieren. Die finanziellen Verluste
entstanden hauptsächlich durch rückläufige Exporte nach
Europa und Nordamerika. Auch in Südafrika und Mexiko
verschlechterte sich trotz führender Marktposition die
Ertragslage, weil die inflationsbedingte Kostenexplosion
und die Auswirkungen der Wechselkursentwicklung durch
Preiserhöhungen nicht kompensiert werden konnten.
Der Absatzrückgang auf den Exportmärkten ergab in den
inländischen Werken Überkapazitäten, deren Auslastung
1975 bei 61 Prozent lag. Die Anpassung der Produktion
an den Verkauf erforderte einen umfangreichen Belegschaftsabbau, der nach anfänglichen Konflikten zwischen
Gesamtbetriebsrat und Unternehmensleitung einver­-
nehm­l ich und sozialverträglich erfolgte. 1976 steigerte die
Volkswagenwerk AG ihren Absatz wieder um gut 15 Prozent;
der Volkswagen Konzern hatte die Krise überwunden.
Die Einführung von vier neuen Modellreihen innerhalb
weniger Jahre ging mit tief greifenden Veränderungen des
Fertigungsprozesses einher. Um den traditionell hohen
Mechanisierungsgrad der Produktion auf die von Modell­
vielfalt geprägte Angebotspalette zu übertragen, bedurfte
es innovativer technischer und organisatorischer Fertigungssysteme. Hierfür legte das Unternehmen ein In­vesti­t ionsprogramm von 2,5 Milliarden DM auf, mit dem
zwischen 1972 und 1975 die produktionstechnische Basis
für die neue Produktpalette geschaffen wurde. Den Fahrzeugbau in den Werken Wolfsburg und Emden stellte
Volkswagen 1973 auf Hängeband-Montage um, wodurch
sich die Flexibilität der Produktion erhöhte und die
Montage­­­b edingungen verbesserten. Erhebliche Rationalisierungserträge ergaben sich aus dem EDV-Einsatz
beispielsweise im Presswerk, wo die Fertigung von
zentraler Stelle aus gesteuert und überwacht werden
konnte. Im Aggregatebau schränkte das Unternehmen
die Herstellung luftgekühlter Motoren ein, während die
­P roduktionskapazität für die wassergekühlten Motoren
117
HÄNGEBAND-MONTAGE DES GOLF
IM WERK WOLFSBURG
ausgebaut und neue Motoren mit den entsprechenden
Schalt- und Automatikgetrieben ins Programm aufgenommen wurden. Schrittweise schuf die Volkswagenwerk AG die
Voraussetzungen zur Umsetzung des Baukastenprinzips,
das die Verwendung gleicher Bauteile für verschiedene Konzernmodelle mit weitgehend identischer Fahrzeugtechnik
erlaubte. Der Passat war eng an den Audi 80 angelehnt, der
Polo ging aus dem baugleichen Audi 50 hervor. Das Baukastensystem war ein elementarer Bestandteil des neuen
Fertigungskonzepts, um die langfristige Rentabilität des
Unternehmens sicherzustellen.
Nach Beendigung der ersten Rationalisierungsphase konzentrierte sich Volkswagen auf die Steigerung seiner Exporte insbesondere in die USA, wo der Abwärtstrend anhielt.
Zwischen 1973 und 1976 fiel der Absatz der Volkswagen of
America von 540 364 auf 238 167 Fahrzeuge; der Marktanteil halbierte sich auf 2,3 Prozent. Um den preisbedingten
Wettbewerbsnachteilen zu entgehen, die aus der ungünstigen Wechselkursrelation und dem hohen Produktionskostenniveau in der Bundesrepublik Deutschland resultierten,
hatte die Unternehmensleitung bereits 1973 über die
Errichtung einer Produktionsstätte in Amerika nachgedacht. Gegen dieses Projekt sprach vor allem die Festlegung
auf ein Modell und damit die hohe Produktabhängigkeit
auf einem wettbewerbsintensiven Markt, während die
diskutierte Alternative, den Produktionsstandort Mexiko
auszubauen und die USA von dort aus zu beliefern, um das
Produktimage fürchten ließ. Doch der Absatzrückgang und
die finanziellen Verluste aus dem Exportgeschäft verhalfen
schließlich der Überzeugung zum Durchbruch, dass die
wichtigste Exportbastion nur durch eine Produktion vor Ort
gehalten werden konnte. Zudem erleichterte der fulminante
Start des Golf die im Juni 1976 getroffene Entscheidung,
den Rabbit, die amerikanische Golf Version, in den USA zu
bauen. Das Werk Westmoreland nahm im April 1978 die
Fertigung für den nordamerikanischen Markt auf, wo im
Vorjahr die Volkswagen of America mit einem Absatzplus
von 22 Prozent eine Trendwende herbeigeführt hatte. Selbst
die 1980 einsetzende weltwirtschaftliche Rezession und die
massive Konkurrenz der japanischen Hersteller, die den
Weltmarktanteil der US-Automobilkonzerne innerhalb eines Jahrzehnts erheblich schrumpfen ließen, wirkten sich
auf die Verkaufszahlen zunächst nicht negativ aus. Nach einer Absatzsteigerung von 13 Prozent im Jahr 1979 verzeichnete die US-Tochter im Folgejahr einen weiteren Anstieg von
rund 337 000 auf 368 000 verkaufte Volkswagen und Audi
118 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
Modelle. Sie profitierte dabei von den drastisch gestiegenen
Mineralölpreisen, die eine wachsende Nachfrage nach
verbrauchsgünstigen Fahrzeugen auslösten.
Zur Stabilisierung seiner Position in Südamerika übernahm Volkswagen 1979 die brasilianische und 1980 die
argentinische Tochter des finanziell angeschlagenen
Chrysler-Konzerns. Mit Umstrukturierung der Chrysler
Motors do Brasil Ltda. zu einem reinen Lkw-Hersteller
erhielt zugleich der internationale Lieferverbund auf dem
Nutzfahrzeugsektor neue Impulse. Volkswagen engagierte
sich damit verstärkt in einem Segment, das 1977 durch die
Kooperation mit der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg
AG (M.A.N.) erschlossen worden war. Schritt um Schritt
erweiterte Volkswagen nach 1975 das Nutzfahrzeugangebot
und schuf hier eine ähnliche Modellvielfalt wie bei den Pkw.
Neben dem klassischen Transporter umfasste die Palette
den LT, die gemeinsam mit M.A.N. entwickelte leichte LkwBaureihe sowie die von März 1981 an in Brasilien gebauten Lastkraftwagen. Der Produktionsanlauf der 11- und
13-Tonnen-Lkws bei der Volkswagen Caminhões Ltda. fiel
indes mit einer dramatischen Verschlechterung der Lage
der südamerikanischen Wirtschaft zusammen. Jährliche
Inflationsraten von weit über 100 Prozent und die restrik­
tive Geld- und Importpolitik der Regierungen führten 1981
in Brasilien und Argentinien zu einem Absatzeinbruch bei
den Pkw. Die Auslieferungen der Volkswagen do Brasil lagen
35 Prozent unter dem Vorjahresvolumen. Bei der Volkswagen
Argentina S.A., die Ende des Jahres zur Montage des Transporters aus brasilianischen Teilesätzen überging, sank der
Fahrzeugverkauf um ein Drittel. Auch bei der Volkswagen
of America kippte 1981 die Absatzentwicklung; im Jahr
MITARBEITER AM STEUERPULT
IN DER HALLE 54
darauf brachen die Verkäufe um 40 Prozent ein, was teils
auf die Weltwirtschaftskrise und teils auf die japanische
Konkurrenz zurückzuführen war. Das 1982 fertig gestellte
zweite Montagewerk in Sterling Heights ging nicht mehr in
Betrieb und wurde 1983 verkauft.
Auf dem heimischen Markt flachte die Nachfrage im Sog
der zweiten Ölkrise vor allem im Segment der oberen
Mittelklasse ab. Während Audi 1980 Verkaufseinbußen
hinnehmen musste, profitierte Volkswagen von der Nachfrageverschiebung hin zu den sparsamen Modellen. Golf,
Golf Diesel und der neue Passat bewährten sich auf einem
schrumpfenden Markt, sodass der Volkswagen Konzern
seinen Marktanteil von knapp 30 Prozent halten konnte.
Größere Besorgnis als die unsichere Energiesituation
erregte denn auch die Expansionsstrategie der japanischen
Fahrzeugindustrie, die inzwischen mehr als ein Fünftel
der Weltautomobilproduktion stellte und sowohl in Amerika als auch in Europa Marktanteile hinzugewann. Dieser
Erfolg beruhte auf einem flexiblen Fertigungssystem mit
geringer Tiefe, das die Herstellung preisgünstiger Modelle
119
und eine schnelle Anpassung der Produktion an veränderte Kundenbedürfnisse ermöglichte. Bislang hatte sich
Volkswagen gegenüber der fernöstlichen Konkurrenz gut
behauptet, weil das technologische Konzept der Fahrzeuge,
die Produktqualität, die Vertriebs- und Kundendienstorganisation sowie der hohe Wiederverkaufswert den Preisnachteil ausglichen. Die 1980 von den USA nach Europa
umgelenkte Exportoffensive der japanischen Hersteller
verschärfte jedoch den Wettbewerb, der an der Preisfront
nicht zu gewinnen war. Die Strategie des Volkswagen Konzerns konzentrierte sich deshalb darauf, den technischen
Vorsprung der Fahrzeuge zu sichern und die Flexibilität
des Produktionssystems zu erhöhen, um die Stückzahlen,
Modelle und Ausstattungen der zunehmend differenzierten
Nachfrage anzupassen.
Von 1979 bis 1982 investierte die Volkswagenwerk AG für
den Inlandsbereich rund 10 Milliarden DM, die in erster
Linie in die Weiterentwicklung energiesparender und umweltfreundlicher Modelle sowie in die Rationalisierung der
Fertigung flossen. Der Einsatz mikroelektronisch gesteuerter Industrieroboter, typenunabhängiger Mehrzweckmaschinen und variabler Transportsysteme kennzeichnete die
Automatisierungsphase. Mit neuen Steuerungssystemen
konnten im Karosseriebau, in der Lackiererei und der
Endmontage jedes Fahrzeug als Einzelauftrag behandelt
und gemäß den individuellen Kundenpräferenzen gefertigt
werden. Ein von Computern gesteuerter Materialfluss und
Hochregallager mit fahrerlosen Systemen verhalfen der
Materialwirtschaft zu mehr Effizienz. Im Karosseriebau
wurde 1981 die typengebundene Mechanisierung auf
programmierbare Handhabungsautomaten umgestellt.
Den Höhepunkt dieser Modernisierungsmaßnahmen
bildete die erste voll automatisierte Montagelinie im
Automobilbau, die in der Halle 54 des Wolfsburger Werks
in Betrieb genommen wurde.
Gestärkt für den verschärften Wettbewerb, schlug der
Volkswagen Konzern einen expansiven Kurs ein. Denn bei
den begrenzten Wachstumsmöglichkeiten auf dem heimischen Markt hing die langfristige Existenzsicherung davon
ab, die Expansionsspielräume auf den internationalen
Märkten zu nutzen. Die automobile Hochkonjunktur der
kommenden Dekade schuf hierfür günstige Voraussetzungen.
FUTURISTISCHE STUDIE AUTO 2000
120 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1973
1 . J A N U A R Der Ausbau der Angebotspalette und das
steigende Finanzierungsvolumen machen die Umwandlung
der Volkswagen-Finanzierungs-Gesellschaft mbH in eine
„Vollbank“ erforderlich. Nachdem das Bundesaufsichtsamt
für das Kreditwesen die Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften erteilt hat, wird die Gesellschaft in V W Kredit
Bank GmbH umbenannt. Ihre Tätigkeit beschränkt sich
weiterhin auf Kreditgeschäfte im Kraftfahrzeug-Umfeld.
Ab 1978 firmiert sie unter V.A.G Kredit Bank GmbH.
7 . F E B R U A R Mit Beteiligung der nigerianischen
Regierung wird in Lagos die Volkswagen of Nigeria Ltd.
gegründet, an der die Volkswagenwerk AG 40 Prozent der
Anteile hält. Die Errichtung eines Produktionsstandortes
in Westafrika erweitert die Fertigungskapazitäten auf
dem afrikanischen Kontinent und zielt auf die Erschließung eines Exportmarktes für die Tochterunternehmen in
Brasilien und Mexiko ab. Die Volkswagen of Nigeria nimmt
am 21. März 1975 die Montage des V W 1300 auf. 1976
fertigt sie über 16 000 Fahrzeuge, darunter den Passat, den
Brasilia und den Audi 100, und steigert ihren Marktanteil
bei den Pkw auf 23,5 Prozent, während die Position auf
dem Nutzfahrzeugmarkt mit einem Anteil von 16,8 Prozent
­stabilisiert werden kann. Im Dezember 1976 übernimmt
die nigerianische Toch­ter vom bisherigen Generalimporteur die Einfuhr von Nutzfahrzeugen. Devisenmangel führt
1982 zu staatlichen Einfuhrbeschränkungen und Produktionsdrosselungen der importabhängigen Industrien. Erst
1985 kann die Volkswagen of Nigeria wieder kontinuierlich
produzieren, nachdem sich die Materialversorgung durch
ein bilaterales Handelsabkommen zwischen Nigeria und
Brasilien verbessert hat. Bestandteil dieser Übereinkunft
ist die Lieferung von Fahrzeugteilen durch Volkswagen do
Brasil; im Gegenzug erhält Brasilien Erdöl aus Nigeria.
1 4 . M A I Der Passat geht als erstes Modell der neuen
Volkswagen Generation im Werk Wolfsburg in die Serienproduktion. Vom 21. Mai bis zum 6. Juni in Zürich deutschen und internationalen Pressevertretern vorgestellt,
zeichnen sich Limousine und Variant durch Frontantrieb,
einen wassergekühlten Vierzylindermotor mit 55, 75 oder
85 PS Leistung, obenliegende Nockenwellen und eine Ganzstahl-Karosse aus. In seiner technischen Konzeption ist er
eng an den Audi 80 angelehnt und wird nach dem Baukastenprinzip gefertigt, das durch die Verwendung standardisierter Bauteile für verschiedene Konzernmodelle erheb­
liche Rationalisierungspotenziale freisetzt. Der Passat
tritt in der Mittelklasse die Nachfolge des V W 1600 an.
Das als Zwei- und Viertürer lieferbare Modell kostet
8 555 DM ab Werk.
1 . J U L I Die Neuordnung des US-Vertriebssystems durch
Übernahme der Großhändlerfunktion findet einen vorläufigen Abschluss. Nach Übernahme der beiden kalifornischen Großhändler werden die Großhandelstöchter mit
der Volkswagen of America, Inc. fusioniert. Für die Absatzgebiete sind fortan regionale Vertriebszentren zuständig.
Den Handel mit Kraftfahrzeugteilen und -zubehör wickelt
die 1973 in Englewood Cliffs gegründete Volume Export &
Trading Corporation ab. Diese Gesellschaft befindet sich
im Besitz der in Basel ansässigen Konzern-Tochter Holad
Holding & Administration AG und wird 1976 in VOTEX, Inc.
umfirmiert.
121
PASSAT
DER ERSTE KÄFER DER VOLKSWAGEN OF NIGERIA
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.524.0292.335.169
BELEGSCHAFT
Arbeiter
Angestellte
Gesamt
Konzern
Umsatz
Passat
73.440114.139
54.093
125.787 215.058
Volkswagenwerk AG
Volkswagenwerk AG
Konzern
1973
Ausland 1.025.773 1.661.829
14.862
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
1.206.018 289.022
VW 411
110.925
Inland 422.711 619.074
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Transporter
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Typ 1 „Käfer“
Konzern
11.56316.982
Investitionen
755
Gewinn
109
1.556
211
Gesamt 1.448.4842.280.903
122 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1974
4 . F E B R U A R Der Scirocco, ein von Giorgio Giugiaro
in Form gebrachtes zweitüriges Sportcoupé, geht beim
Karosserie­b auer Karmann in Osnabrück in Serie. Auf dem
technischen Konzept des Golf basierend, zeichnet sich
das Sportcoupé durch sein markantes Design, innovative
Technik und ein hohes Maß an Alltagstauglichkeit aus.
Der Scirocco ist mit 50-, 75- und 85-PS-Motoren lieferbar.
Dank seines niedrigen Eigengewichts von 750 oder 775
Kilogramm erreicht der Scirocco je nach Motorisierung
eine Höchst­g eschwindigkeit von 144, 164 und 175 Stundenkilometern; der DIN-Kraftstoffverbrauch des Modell mit
50-PS-Motor wird mit 8,0 Liter Normalbenzin angegeben.
Die Preise beginnen bei 9 480 DM. Mit 504 153 verkauften
Exemplaren der ersten Generation gelingt es dem Scirocco,
ein neues Marktsegment für Volkswagen zu erschließen.
2 9 . M Ä R Z In Wolfsburg beginnt die Serienproduktion
des Golf. Mit seiner gradlinigen und kompakten Form, die
der Italiener Giorgio Giugiaro beisteuert, und den wassergekühlten Frontmotoren mit 50 und 70 PS Leistung gelingt
ein konzeptioneller Neuanfang. Die Kompaktklasse ist
3 705 mm lang, 1 610 mm breit und 1 410 mm hoch. Seine
Preise beginnen ab 7 995 DM. Der Golf, nach Meeresstrom
und Sport benannt, hat für fünf Personen und unter der
Heckklappe für das Gepäck Platz. Er ist ein Leichtgewicht
von 750 Kilogramm und bis zu 160 Stundenkilometer
schnell. In München vom 20. Mai bis zum 10. Juni 1974 den
Medien präsentiert, wird der Golf als „Fortschrittswagen“
gerühmt, dessen Funktionalität und Fortschrittlichkeit zu
Markenzeichen einer ganzen Fahrzeugklasse werden. 1976
um den sportlichen GTI und den sparsamen Diesel ergänzt,
der erstmals das Marktsegment der kleinen Dieselfahrzeuge besetzt, entwickelt sich die Kompaktlimousine rasch
zum Verkaufsschlager; am 27. Oktober 1976 rollt der ein-
HANS BIRNBAUM
millionste Golf vom Band. Volkswagen nimmt mit seinem
Volumenfahrzeug auch wirtschaftlich wieder Fahrt auf.
1 2 . J U N I Um den durch den drastischen Absatzeinbruch
verursachten Personalüberhang zu reduzieren, bietet
die Volkswagenwerk AG auf Basis einer mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung Lohnempfängern Aufhebungsverträge an. Letztlich kann der
Belegschaftsabbau durch Aufhebungsverträge, vorzeitige
Pensionierungen und innerbetriebliche Umsetzungen
so­z ialverträglich erfolgen. 1974/1975 schrumpft die Kon­
zern­b elegschaft um 32 761 Beschäftigte.
1 7 . J U N I In der Volkswagenwerk AG konstituiert sich
ein Konzernbetriebsrat. Siegfried Ehlers wird zum Vorsitzenden gewählt.
1 . J U L I Nach fast zwölf Millionen gebauten Exemplaren
läuft im Werk Wolfsburg um 11.19 Uhr der letzte Käfer
vom Band.
6 . N O V E M B E R Hans Birnbaum tritt das Amt des
Aufsichtsratsvorsitzenden der Volkswagenwerk AG an.
123
SCIROCCO
GOLF
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.239.6982.067.980
BELEGSCHAFT
Typ 1 „Käfer“
Transporter
Passat
Golf
791.053 222.233 340.589189.890
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
96.595
Inland
414.176 547.657
Angestellte
14.932
1974
820.2341.504.156
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
61.950
111.527 203.730
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Verlust
Konzern
11.21916.966
1.187
-555
1.883
-807
Gesamt 1.234.4102.051.813
124 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1975
1 0 . F E B R U A R Toni Schmücker übernimmt den V
­ or­stands­v orsitz der Volkswagenwerk AG.
5 . M Ä R Z In Wolfsburg beginnt die Serienfertigung des ­
Polo. Nur 3,50 Meter lang, aber mit einem Laderaum von
bis zu 900 Litern ausgestattet, ist der „Kurze zum kleinen
Preis“ weitgehend baugleich mit dem Audi 50 und für
7 500 DM zu haben. Vom 16. bis 22. März 1975 in Hannover den Medien vorgestellt, etabliert sich der Polo als der
kleinste und sparsamste Volkswagen der neuen Generation
und kommt an­g esichts stark gestiegener Benzinpreise zur
rechten Zeit.
2 3 . A P R I L Der V W LT wird bis zum 30. April in Berlin
zunächst der deutschen Presse, vom 20. bis zum 28. Mai in
Hannover internationalen Medienvertretern vorgestellt.
Der neue Lasttransporter für 1,25, 1,5 oder 1,75 Tonnen
Nutzlast wird von einem in der Front eingebauten wasser­
gekühlten Ottomotor mit 75 PS Leistung oder einem 65-PSDiesel­motor angetrieben und ist als Kastenwagen, Hochraumkastenwagen, Pritsche oder Tiefladepritsche mit zwei
Radständen und zu Preisen ab 14 065 DM zu haben. Der
LT Kastenwagen bietet eine Ladefläche von sechs Quadrat­
metern und fasst ein Ladevolumen von fast acht Kubik­
metern. Seine klare und zugleich moderne Form steht ganz
im Dienst der Funktio­n alität. Zahlreiche Aufbauvarianten
erweitern das Nutzfahrzeugprogramm.
VW LT
125
TONI SCHMÜCKER
POLO
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.121.9371.948.939
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
221.351258.953 419.62074.180
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
79.143
Inland 454.745 625.555
Angestellte
13.883
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
59.157
93.026 176.824
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Verlust
Konzern
11.37018.857
374
-145
941
-157
1975
592.7731.412.302
Gesamt 1.047.5182.037.857
126 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1976
3 1 . M Ä R Z Die Volkswagenwerk AG veräußert die Motor
Producers Ltd. an die Nissan Motor Company Ltd., die seit
1973 Anteile an der australischen Tochter hält. Bis Ende
1976 läuft die Montage von Volkswagen im Lohnauftrag
weiter. Danach bringt ein unabhängiger Generalimporteur
nur noch komplette Volkswagen und Audi Modelle ins Land.
2 1 . J U N I Im Werk Salzgitter läuft der in einem mehrjährigen Forschungsprojekt entwickelte Vierzylinder-Diesel­
motor mit 1,5 Liter Hubraum und 50 PS Leistung vom Band.
Das neue Triebwerk, das erstmals im Golf Diesel zum Einsatz kommt und mit einem Verbrauch von sechs Litern auf
100 Kilometer neue Maßstäbe für wirtschaftliche Fahrzeuge setzt, begründet die führende Rolle von Volkswagen
bei der verbrauchsarmen Dieseltechnologie. Ingenieure
und Techniker widmen sich nachfolgend der Aufgabe, die
Wirtschaftlichkeit des Dieselmotors mit dem Leistungsvermögen des Ottomotors zu verbinden. Das erste Produkt
dieser Anstrengungen geht am 1. Dezember 1981 in die Serienfertigung: ein F
­ ünfzylin­der-Dieselmotor mit Turboaufladung. Im Jahr darauf nimmt das Motorenwerk Salzgitter
die Produktion des 7
­ 0 ­P S starken Vierzylinder-Turbodiesels
mit 1,6 Liter Hubraum auf, der im März 1982 im Golf GTD
der internationalen Fachpresse vorgestellt wird und die
Innovationskraft von Volkswagen in der Motorentechnik
unterstreicht.
6 . J U L I Unter dem Druck eines rückläufigen DollarWechselkurses, der den Volkswagen Export in die USA
belastet, wird die Volkswagen Manufacturing Corporation
of America ins Leben gerufen, um eine Produktion in den
USA aufzubauen. Die neue Tochter übernimmt ein Presswerk in South Charleston, West Virginia und eine Montage­
fabrik in Westmoreland, Pennsylvania, wo im April 1978
die Fertigung des Golf für den nordamerikanischen Markt
anläuft. Motoren und Getriebe stammen aus Deutschland,
Hinterachsen und Kühler von der Volkswagen de Mexico,
die restlichen Bau­teile vorwiegend aus der US-Zulieferindustrie. Die neue Produktionsgesellschaft wird am 31. Juli
1978 auf die Volkswagen of America, Inc. fusioniert, der
Hauptverwaltungssitz von Englewood Cliffs, New Jersey
nach Warren, Michigan verlegt. Nach Einführung des
Zwei­s chichtbetriebs 1979 erreicht das Werk Westmoreland
mit 9 102 Beschäftigten das geplante Fertigungsniveau von
täglich 1 000 Fahrzeugen.
127
MOTORENBAND IN SALZGITTER
WERK WESTMORELAND
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.316.0392.165.627
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
234.912 288.018 527.084144.677
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
83.611
Inland
726.457
Angestellte
13.811
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.415.630
1976
59.006
97.422 183.238
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Konzern
16.91421.423
Investitionen
332
1.141
Gewinn
784
1.004
Gesamt 1.561.5062.142.087
128 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1977
7 . J A N U A R Die Stufenhecklimousine Derby geht im
Werk Wolfsburg in die Serienproduktion. Auf technischer
Basis des Polo entwickelt, hat der zweitürige Kleinwagen
einen 515 Liter großen Kofferraum und Platz für fünf.
Der vorn quer eingebaute 40-PS-Motor ist mit einem DINVerbrauch von 7,3 Litern Normalbenzin sparsam; der
60-PS-Motor bringt den Wagen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 150 Stundenkilometern. Mit einem Basispreis
von 9 055 DM bietet der Derby „viel Auto für wenig Geld“. Bis
Jahresende werden 95 049 Derby an Kunden ausgeliefert.
1 5 . A P R I L Die Volkswagenwerk AG gründet die
Volkswagen International Finance N.V. mit Sitz in
Amsterdam. Die hundertprozentige Tochter ist Eigentümerin der Volkswagen Overseas Finance N.V. in
Willemstad und finanziert die Konzernaktivitäten auf
den internationalen Märkten einschließlich der Betei­l i­
gungen an Auslandsgesellschaften.
2 9 . J U N I In Wilmington, Delaware wird die am
Delaware-Fluss errichtete Frachtanlage eingeweiht.
Sie besteht aus einem schwimmenden Pier, Umschlagsund Lagereinrichtungen sowie einer Verladestation mit
drei Eisenbahngleisen. Die zentrale Lage an der Ostküste
macht Wilmington zum Hauptimporthafen für die USA.
5 . J U L I Auf der Grundlage des Mitbestimmungsgesetzes
vom 1. Juli 1976 entsteht ein paritätisch besetzter Aufsichtsrat, dem jeweils zehn Vertreter der Arbeitnehmer und der
Anteilseigner angehören.
2 5 . A U G U S T Die Volkswagenwerk AG verstärkt ihr
Engagement im Nutzfahrzeug-Geschäft. Der mit der
Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG (M.A.N.) geschlossene Kooperationsvertrag sieht die gemeinsame
Entwicklung und Produktion leichter Lastkraftwagen vor.
Um den künftigen Vertrieb in Europa zu vereinheitlichen,
wird am 20. Dezember 1978 in München die GmbH für
ausländische Vertriebsbeteiligungen M.A.N. Volkswagen
gegründet. Sie nimmt die Interessen beider Hersteller bei
ihren europäischen Importeuren wahr.
1 8 . N O V E M B E R Die Volkswagenwerk AG schließt mit
dem DDR-Handelsunternehmen VE Außenhandel Transportmaschinen Export und Import einen Vertrag über die
Lieferung von 10 000 Golf. Die Fahrzeuge gehen bis Ende
Juli 1979 per Bahntransport in die DDR und werden durch
Kompensations­l ieferungen, darunter Großpressen, Erdöl,
Scheinwerfer und die technische Ausstattung des Wolfs­
burger Planetariums, bezahlt.
129
DERBY
DERBY PRODUKTION IN WOLFSBURG
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.371.4532.218.880
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
211.024 274.992 553.989112.774
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
88.874
Inland
810.536
Angestellte
14.427
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.429.095
1977
58.638
103.301 191.891
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Konzern
19.83724.152
Investitionen
832
Gewinn
332
1.697
419
Gesamt 1.687.0532.239.631
130 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1978
1 9 . J A N U A R Im Werk Emden endet mit dem Bandablauf
eines dakotabeige lackierten V W 1200L nach 16 255 500
Exemplaren die Inlandsfertigung des ersten Erfolgswagens. Eine Ära endet.
1 . M A I Die neu gegrün­dete V.A.G Transportgesellschaft
mbH nimmt die Geschäftstätigkeit anstelle der Wolfsburger
Transportgesellschaft auf. Insbesondere steuerrechtliche
Änderungen und das durch neue Auslandsfabriken ver­
änderte Transportaufkommen machen die Bündelung
von Einkauf und Verkauf von Dienstleistungen im nationalen und internationalen Transportgeschäft sowie die
Beratungstätigkeit für Dritte in einer neuen Gesellschaft
erforderlich.
LOGO DER GEMEINSAMEN VERTRIEBSORGANISATION
1 . J U L I Mit Einführung der Bezeichnung V.A.G erhält die
Absatzorganisation für Volkswagen und Audi eine markenübergreifende Identität. Das mehrdeutige, nicht auflösbare
Kürzel, in dem sowohl Volkswagen als auch Audi anklingt,
hat den Charakter einer Handelsmarke. Unter dem gemeinsamen Dach V.A.G wird das Vertriebssystem vereinheitlicht
und modernisiert, damit es den anspruchsvolleren Kundenerwartungen und dem verschärften Wettbewerb genügt.
Die Vertriebsorganisation basiert nach wie vor auf dem
Franchise-System, Einzelhändler nehmen als freie Unternehmer die Vertriebsaufgaben nach einheitlichen Richt­
linien des Volkswagen Konzerns wahr. Ende 1978 beschäftigt die weltweite V.A.G Verkaufsorganisation in 10 600
Betrieben über 211 000 Mitarbeiter.
KENNZEICHNUNG VAG
131
ABSCHIED IM
WERK EMDEN
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.439.0482.384.563
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
207.625 340.884 714.947112.456
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
93.179
Inland
894.988
Angestellte
15.197
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.498.182
1978
68.256
108.376 206.948
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
22.38326.724
1.046
368
1.990
574
Gesamt 1.752.2722.393.170
132 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1979
1 4 . F E B R U A R Beim Karossier Karmann in Osnabrück
läuft die Serienfertigung des Golf Cabriolet an, das mit einem feststehenden Überrollbügel und dem gut gefütterten,
wasserdichten Verdeck neue Maßstäbe bei der Fahrzeug­
sicherheit und beim Komfort setzt. Der Kunde kann zwischen zwei Motoren wählen, dem 1,5-Liter-Motor mit 70 PS
und dem 1,6-Liter-GTI-Motor mit 110 PS. Der offene Golf
zu Preisen ab 17 235 DM avanciert zum meistverkauften
Cabriolet in Europa.
1 . M Ä R Z Auf dem Genfer Automobil-Salon hat der Iltis
von Volkswagen Premiere. Die zivile Version des von Januar
1976 an für die Bundeswehr entwickelten Geländefahrzeugs wird als „ideales Handwerkszeug für den Alltag in
Land- und Forstwirtschaft, für die Jagd oder auch für ausgefallene Hobbys – besonders dort, wo Straßen aufhören,
Straßen zu sein“ ausgelobt. Die Bundeswehr erhielt am
30. November 1978 den ersten Volkswagen Iltis, der mit seiner Schnelligkeit auf festen Straßen, der robusten Technik,
der Bodenfreiheit von 22,5 Zentimetern, der Watfähigkeit
von 60 Zentimetern und der Bergsteigefähigkeit von 77 Prozent bei voller Nutzlast von 700 Kilogramm für sich punktet.
Der allradgetriebene Gelände­w agen wird zu einem Listenpreis von 33 600 DM angeboten. Die Fertigung erfolgt bei
Audi in Ingolstadt.
1 . M Ä R Z Die Volkswagenwerk AG erwirbt zwei Drittel
des Stammkapitals der Chrysler Motors do Brasil Ltda.
in São Bernardo do Campo, um ihre Aktivitäten auf dem
brasilianischen Nutzfahrzeugmarkt auszuweiten. Nach
Übernahme der restlichen Anteile wird die Konzerntochter
am 20. Februar 1981 in Volkswagen Caminhões Ltda. umbenannt. Inzwischen hat Volkswagen das Unternehmen zu
einem reinen Nutzfahrzeughersteller umstrukturiert und
die Entwicklung einer eigenen Lkw-Reihe vorangetrieben.
Produkte dieser Anstrengungen sind ein 11- und 13-TonnenLkw, die im März 1981 auf dem brasilianischen Markt
ein­g eführt werden. Am 25. Juli 1984 wird die Volkswagen
Caminhões Ltda. mit der Volkswagen do Brasil S.A. unter
deren Firma verschmolzen, um Kapazitätsnutzung und
Kostenstrukturen zu optimieren.
8 . M Ä R Z Durch eine Mehrheitsbeteiligung an der
Triumph Werke Nürnberg AG steigt die Volkswagenwerk AG
in die Büromaschinen- und Informationstechnik ein. Die
neue Tochter wird 1980 in Triumph-Adler Aktiengesellschaft für Büro- und Informationstechnik umfirmiert,
der Kapitalanteil auf 98,4 Prozent aufgestockt. Die Diversifikation entwickelt sich zum Zuschussgeschäft. Trotz
beträchtlicher Investitionen, die in die Entwicklung neuer
Produktlinien und in den Ausbau der inländischen und USVertriebsorganisation fließen, werden vor allem im Computerbereich keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt.
Nach an­h altend hohen Verlusten der Tochter konzentriert
sich Volkswagen wieder auf sein Kerngeschäft. Das inzwischen in TA Triumph-Adler AG umbenannte Unternehmen
sowie die Triumph-Adler North America (TANA) werden zum
1. September 1986 an die Olivetti Holding B.V. in Amsterdam
veräußert.
8 . M A I In Wolfsburg wird bis zum 11. Mai Medienvertretern die dritte Transporter Generation vorgestellt. Wie seine
beiden Vorgänger verfügt der neue Volkswagen Transporter
über einen luftgekühlten Boxermotor im Heck. Für eine
Tonne Nutzlast ausgelegt, besticht der im Werk Hannover
in vielen Karosserievarianten gefertigte Wagen durch eine
133
ILTIS
GOLF CABRIOLET
1979
WERK
SÃO BERNARDO DO CAMPO
134 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
gefällige, an die LT Baureihe angepasste äußere Form, gute
Aerodynamik und ein großes Raumangebot für Personen
und Güter sowie ein modernes aktives und passives Sicherheitskonzept. Anfangs mit einem luftgekühlen 50- oder
70-PS-Flachbaumotor ausgestattet, beginnen die Preise
ab 14 435 DM.
KARL GUSTAF RATJEN
3 . S E P T E M B E R In Wolfsburg beginnt die Produktion des
Jetta, einer Stufenhecklimousine der Mittelklasse, die die
Angebotslücke zwischen dem Passat als Schräghecklimousine und dem Kompaktwagen Golf schließt. Technisch an
den Golf angelehnt und anfangs mit Motoren von 60 PS,
70 PS oder 110 PS Leistung lieferbar, punktet die Mittel­
klasselimousine mit ihrem 630 Liter fassenden Gepäckraum. Für eine sportive Note sorgt der 1,6-Liter-Motor mit
einer Leistung von 110 PS, die den Wagen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 178 Stundenkilometern bringt. Mit
einem Preis ab 11 395 DM findet der Jetta 1980 schon
144 758 Abnehmer.
1 2 . S E P T E M B E R Auf der Internationalen AutomobilAusstellung in Frankfurt am Main wird die neue Modell­
reihe der 6- bis 9-Tonnen-Lastkraftwagen vorgestellt, die
als Gemeinschaftsprojekt von M.A.N. und Volkswagen innerhalb von zwei Jahren entstanden sind. Die Fertigung
erfolgt modularisiert, sodass M.A.N. beispielsweise die
Dieselmotoren zuliefert und ein Großteil der Endmontage
im Werk Hannover stattfindet. Für das Fahrzeug stehen
zwei verbrauchsoptimierte Dieselmotoren mit 90 PS und
136 PS Leistung zur Verfügung.
1 6 . N O V E M B E R Karl Gustaf Ratjen tritt den Vorsitz im
Aufsichtsrat der Volkswagenwerk AG an.
LKW-ENDMONTAGE IM
WERK HANNOVER
135
JETTA
TRANSPORTER
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.396.9162.541.761
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
186.870 291.575 833.625132.947
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
99.227
Inland
900.270
Angestellte
16.189
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.638.299
1979
83.149
115.416 239.714
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
24.25730.707
1.709
438
3.100
667
Gesamt 1.725.0602.538.569
136 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1980
1 . A P R I L Um ihre Position auf dem instabilen süd­a meri­k a­
nischen Pkw- und Lkw-Markt zu festigen, übernimmt
die Volkswagenwerk AG die Mehrheitsanteile der Chrysler
Fevre Argentina S.A.I.C., die am 21. November in Volkswagen
Argentina S.A. umfirmiert wird. Die Fahrzeug­fertigung
wird 1987 vom Werk San Justo in die Standorte Pacheco
und Monte Chingolo verlegt.
8 . M A I Auf dem in Wolfsburg abgehaltenen EnergieSymposium präsentiert der Gastgeber Volkswagen die
Formel E, eine energiesparende Neuabstufung der Getriebe,
die praktisch für jedes Modell angeboten wird. Im dritten
Gang kann bis zur Höchstgeschwindigkeit beschleunigt
werden, der stark drehzahlsenkende vierte Gang reduziert
den Benzinverbrauch. Mit dieser Neuerung reagiert der
Volkswagen Konzern auf die seit der zweiten Ölkrise gestiegenen Energiepreise, die bei vielen Autofahrern zu einem
Umdenken geführt haben. Sparsame Modelle sind gefragt,
als sich die Absatzmöglichkeiten für Fahrzeuge der oberen
Mittelklasse weltweit verschlechtern.
2 7 . O K T O B E R In Ascona im Tessin beginnt die Pressepräsentation der zweiten Passat Generation. Das Schrägheck-Modell und der Variant sind in der Form eleganter
und im Innenraum größer als ihre Vorläufer. Beide werden
anfänglich mit vier Motoren angeboten – vom kleinen 1,3Liter-Vierzylinder mit 55 PS bis zum 2,2-Liter-Fünf­z ylinder
mit 115 PS. Mit dem 4+E-Schaltgetriebe erreicht der Passat
Diesel DIN-Verbrauchswerte von 7,2 Litern Dieselkraftstoff
auf 100 Kilometer im Stadtzyklus. Bei konstant 90 Stundenkilometern sinkt der Verbrauch auf 4,7 Liter. Die Preise des
Passat beginnen bei 14 295 DM.
1 9 . D E Z E M B E R Die Volkswagenwerk AG gründet in
Wolfsburg die V W Kraftwerk GmbH. Die Errichtung eines
neuen Kohleheizkraftwerks zielt darauf ab, die Energiedienstleistungen an Dritte dem gewachsenen Bedarf nach
Strom- und Wärmelieferungen anzupassen. Am 25. Februar 1985 wird das Heizkraftwerk West fertig gestellt, das
ebenso wie das 1938 gebaute Kraftwerk Süd und das 1962
errichtete Kraftwerk Nord nach dem Prinzip der KraftWärme-Kopplung arbei­tet. Die Kraftwerke versorgen das
Werk Wolfsburg mit Energie und die Lackiererei mit voll
entsalztem Wasser. Sie speisen außerdem Energie und
Wärme in das städtische und überregionale Netz ein.
137
PASSAT
HEIZKRAFTWERK WEST
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.346.7552.573.871
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
217.876 265.627 831.527126.860
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
98.622
Inland
787.591
Angestellte
20.144
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.707.156
1980
99.060
118.766 257.930
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
25.18033.288
2.251
311
4.279
321
Gesamt 1.632.4562.494.747
138 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
1981
5 . M Ä R Z Auf dem bis zum 15. März andauernden 51.
Genfer Automobil-Salon zeigt Volkswagen die zweite, etwas
rundlicher gestaltete Generation des eleganten Sportcoupés
Scirocco. Die Kunden können zwischen der Basismotorisierung mit 60 PS und Motoren mit 70, 85 und 110 PS Leistung
wählen. Die Preise liegen zwischen 16 600 und 22 545 DM
ab Werk. Das Fahrzeug wird weiterhin bei Karmann in
Osnabrück gefertigt.
1 . J U L I Die in Madrid gegründete Vertriebsgesellschaft
V.A.G España, S.A. tritt an die Stelle des bisherigen Gene­
ralimporteurs, der neben Volkswagen auch die Marke
Daimler-Benz vertreten hat. Die V.A.G España treibt den
Aufbau einer eigenständigen Verkaufsorganisation für
Volkswagen und Audi erfolgreich voran und weitet 1982 den
Absatz auf 2 379 Fahrzeuge aus. Die Händlerorganisation
wird im Zuge der zwischen Volkswagen und Seat vereinbarten Zusammenarbeit in das Vertriebssystem des spanischen
Automobilherstellers integriert, der von Januar 1983 an
Volkswagen und Audi Modelle über ein wesentlich dichteres
Händlernetz anbieten kann. Gleichzeitig stellt die V.A.G
España, S.A. ihre Geschäftstätigkeit ein.
1 4 . S E P T E M B E R Die Volkswagenwerk AG und die
Nissan Motor Co., Ltd.schließen ein Basic Agreement, auf
dessen Basis der Santana in Japan gefertigt werden soll.
Nissan stellt die Produktionsanlagen und vertreibt das Produkt über seine Absatzorganisation, während Volks­w agen
Motoren, Getriebe und Fahrgestelle liefert. Der in Zama
bei Tokio gebaute Santana kommt im Februar 1984 auf den
japanischen Markt.
1 7 . S E P T E M B E R Die Stufenhecklimousine Santana, das
neue Spitzenmodell von Volkswagen, hat auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main ihre
Premiere. Größer und eleganter als alle bisherigen Modelle,
nimmt Volkswagen mit dem Santana eine „große klassische
Reiselimousine“ ins Programm. Technisch weitgehend mit
dem Passat identisch und in Wolfsburg gefertigt, ist mit dem
Viertürer zu einem Preis ab 17 995 DM die Schließung einer
Lücke im Produktangebot beabsichtigt. Der Santana findet
trotz seines großzügigen Kofferrauminhalts von 535 Litern
in Europa nicht den erwarteten Absatz. Der Santana wird
ab 1983 auch in China gebaut und dort zum Millionenseller.
1 7 . S E P T E M B E R Auf der Internationalen AutomobilAus­stellung in Frankfurt am Main wird auch das vom
Bundes­m inisterium für Forschung und Technologie ge­
förderte Auto 2000 gezeigt. Der Dreizylinder-Diesel­motor
mit Direkteinspritzung, Turbolader und 45 PS Leistung
be­nötigt bei einer Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometern nur 4,1 Liter Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer. Mit
dieser Studie leistet Volkswagen einen Beitrag zur Ökologie­
debatte, die das Energiesparen und die Reduzierung der
Umwelt ­­b e­l astungen zur politischen Gestaltungsaufgabe
macht.
139
DERBY
POLO
1981
SANTANA
140 D E R U M S T I E G Z U R M O D E L L P A L E T T E
3 0 . S E P T E M B E R Auf Sardinien erhalten bis zum
8. Oktober Journalisten aus Deutschland und Europa die
Möglichkeit, den neuen Polo Probe zu fahren. Die zweite Generation des zweitürigen Kleinwagens von Volkswagen – als
„ein zweckmäßiges, sparsames Auto“ gerühmt und durch
die „neue Sachlichkeit“ geprägt – unterscheidet sich durch
sein Steilheck vom Vorgängermodell. Mit seinen 40-, 50und 60-PS-Motoren kombiniert er erhöhte Durchzugskraft
mit verringertem Verbrauch. Der DIN-Verbrauch von 5,8
bis 7,9 Litern Normalbenzin gibt neben dem bei 11 185 DM
beginnenden Preis ein Kaufargument für Sparfüchse.
1 5 . D E Z E M B E R Im Werk Wolfsburg übersteigt die Tages­
fertigung der zweiten Derby Generation die Vorgabe von
100 Fahrzeugen. Technisch mit dem Polo identisch, aber
in seiner Formgebung deutlicher abgegrenzt, punktet die
Stufenhecklimousine zu Preisen ab 11 595 DM mit seinem
540 Liter fassenden Kofferraum. Ab Januar 1985 erfolgt die
Vermarktung unter der Modellbezeichnung Polo Stufenheck.
141
SCIROCCO
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.232.8182.245.611
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
187.327 261.835 799.287102.985
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
99.832
Inland
737.828
Angestellte
20.239
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.541.212
1981
86.620
120.071 246.906
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
26.40237.878
2.182
120
4.851
136
Gesamt 1.564.9002.279.040
142
143
144 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1982 – 1991
Neue Marken, neue Märkte
Im Strukturwandel der Weltautomobilindustrie wuchs
der Volkswagen Konzern zu einem global produzierenden
Mehrmarkenverbund heran. Beherzt nutzte Volkswagen
in den 1980er-Jahren die Expansionschancen auf dem
europäischen und asiatischen Kontinent, um die branchenspezifischen Negativtrends vor allem durch Volumenpolitik
aufzufangen. Der verschärfte Verdrängungswettbewerb in
Europa und Nordamerika, die Verteuerung der Energieträger, die Instabilität des internationalen Währungssystems
sowie die umweltpolitischen Anforderungen verlangten
nach neuen Produkt- und Fertigungskonzepten. Dem trug
der Volkswagen Konzern durch einen gleichermaßen inno­
vations­orientierten wie expansionsfreudigen Kurs Rechnung, der durch die Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnologie und die Flexibilisierung der Produktion be­stimmt
wurde. Zum anderen gab die strategische Ausrichtung
vor, grenzüberschreitende Kooperationsmöglichkeiten
auszuschöpfen und durch die Verstärkung des Produktionsverbunds Kostenvorteile im Rahmen der internationalen
Arbeitsteilung zu erzielen.
Zukunftsweisende Kooperationsprojekte initiierte die
Volkswagenwerk AG im asiatisch-pazifischen Raum, der
wegen seines dynamischen Wirtschaftswachstums als
volumenträchtiger Exportmarkt und kostengünstiger
Produktionsstandort ins Blickfeld rückte. Indem der
Hersteller Nissan Anfang 1984 in Japan die Montage des
Santana aufnahm und über seine Absatzorganisation ver­
trieb, verstärkte Volkswagen auf dem dortigen Markt seine
Präsenz. Darüber hinaus intensivierte der Volkswagen
Konzern die Analyse des im Hinblick auf Flexibilität und
Produktivität vorbildlichen japanischen Produktionssystems. Obwohl der Volkswagen Konzern zum führenden
ausländischen Automobilimporteur in Japan aufstieg, wurde eine spürbare Ausweitung der Fahrzeugexporte durch
protektionistische Maßnahmen blockiert. Erst die Öffnung
des japanischen Marktes Ende der 1980er-Jahre schuf die
Voraussetzungen für eine volumenorientierte Exportstrategie. Die Volkswagen Audi Nippon K.K., die Mitte 1989 aus
der Beratungsgesellschaft Volkswagen Asia Ltd. hervorging, begann deshalb mit dem Aufbau eines eigenständigen
Vertriebssystems.
Im Zentrum des Engagements in Asien stand die Volksrepublik China, die sich durch ihre Reformpolitik als
Zukunftsmarkt und aufstrebender industrieller Partner
empfahl. Umgekehrt vertraute die chinesische Führung
auf das Wolfsburger Unternehmen, weil es in Brasilien und
145
Automotive Company, Ltd. in Changchun produzierte wie
die Volkswagen Shanghai sowohl für den chinesischen
Markt als auch für den Konzernverbund.
QUALITÄTSPRÜFER DER
SHANGHAI VOLKSWAGEN
Mexiko beim Aufbau der Automobilindustrie Pionierarbeit
geleistet hatte. Von 1978 an verhandelten beide Seiten über
die Errichtung einer Automobilfertigung. Das avisierte
Groß­­projekt entsprach jedoch weder den industriellen
Gege­b enheiten Chinas noch den begrenzten finanziellen
Spielräumen des Volkswagen Konzerns und wurde zu Gunsten eines stufenweisen Produktionsaufbaus fallen gelassen.
Der 1982 unterzeichnete Montagevertrag mit der Shanghai
Tractor & Automobile Corporation bildete den Prolog zu
einer deutsch-chinesischen Erfolgsgeschichte, die am
11. April 1983 mit dem Bandablauf des ersten in China
montierten Santana begann und sich 1985 mit der Gründung des Joint Ventures Volkswagen Shanghai Automotive
Company, Ltd. fortsetzte. Im Zuge des Kapazitätsausbaus
entwickelte sich das Gemeinschaftsunternehmen zur
größten Pkw-Fabrik Chinas und machte Volkswagen zum
Marktführer in der Volksrepublik. Diese Position konnte
durch die Gründung eines zweiten Joint Ventures im Februar 1991 langfristig gesichert werden. Die FAW-Volkswagen
Parallel zum Einstieg in den chinesischen Markt ebnete der
Volkswagen Konzern den Weg zur Führungsposition in Europa, wo 1982 eine Belebung des Exportgeschäfts einsetzte.
Trotz einer schwächelnden Automobilkonjunktur übertraf
der Gesamtabsatz mit knapp 619 000 Fahrzeugen das Vorjahresniveau, wobei Frankreich, Italien und Großbritannien mit jeweils mehr als 100 000 verkauften Fahrzeugen zu
den wichtigsten Abnehmern zählten. In Spanien hingegen,
dessen bevorstehende Mitgliedschaft in der Europäischen
Gemeinschaft eine kräftige Expansion der Automobilimporte erwarten ließ, war Volkswagen kaum vertreten. Nach
Aufhebung der Importbeschränkungen für Pkw hatte
Volkswagen mit Gründung einer eigenen Vertriebsgesellschaft im Mai 1981 den ersten Schritt zur Erschließung des
iberischen Marktes unternommen. Der zweite folgte durch
eine Kooperation mit dem staatlichen Automobilhersteller
Seat. Schnell stieß Volkswagen in die Lücke vor, die der
Rückzug des Autoproduzenten Fiat aus dem spanischen
Unternehmen ergeben hatte. Den Lizenzvertrag zur Produktion des Polo, Passat und Santana schloss der Vorstand
in der Absicht, Volkswagen zur Nr. 1 in Europa zu machen.
Denn erst die Verlagerung der Polo Fertigung nach Spanien
setzte in Wolfsburg die Kapazitäten für eine Ausweitung der
Golf Produktion frei. Die Zusammenarbeit mit Seat trug
bereits 1984 erste Früchte. Der Absatz von Volkswagen und
Audi Modellen schnellte in Spanien von 2 379 Fahrzeugen
im Jahre 1982 auf 28 667 Fahrzeuge hoch, und auch in
der Schweiz, in den Niederlanden, in Belgien sowie in den
skandinavischen Ländern konnte Volkswagen seine Markt-
146 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
position ausbauen. Mit knapp 760 000 verkauften Fahrzeugen und einem Absatzplus von gut 24 Prozent erreichte der
Volkswagen Konzern 1985 erstmals die Spitzenstellung in
Europa. Dies gab Rückenwind für die Übernahme von Seat
im Juni 1986. Wie die Auto Union gut zwanzig Jahre zuvor,
fand Seat als eigenständige Marke unter dem Konzerndach
Platz. Die Trennung von Fiat hatte jedoch Spuren hinterlassen, denn sie stellte das spanische Unternehmen vor
die schwierige Aufgabe, eine eigenständige und konkurrenzfähige Produktpalette zu entwickeln. Beträchtliche
Investitionen waren notwendig, die in die Rationalisierung
der Produktion und in die Fahrzeugentwicklung flossen,
bevor die spanische Konzerntochter 1988 schwarze Zahlen
schrieb.
Während die Volkswagen AG in Europa und Asien neues
Terrain eroberte, nahmen ihre Geschäfte in Amerika
in den 1980er-Jahren einen krisenhaften Verlauf. Im
verschärften Wettbewerb mit den japanischen Herstellern,
die sowohl ihre Exportquote in die USA erhöht als auch ihre
dortigen Produktionskapazitäten ausgebaut hatten, stagnierten 1986 die Absatzzahlen der Volkswagen of America.
Während der Jetta ebenso wie im Vorjahr verkaufsstärkstes
Modell war, blieb der in den USA gefertigte Golf, dessen Produktion um 13 Prozent eingeschränkt wurde, weiter hinter
den Erwartungen zurück. Anhaltend hohe finanzielle
Ver­luste und die Unterauslastung der Kapazitäten nötigten
der Konzernleitung im November 1987 die Entscheidung
ab, das Werk Westmoreland zu schließen. Innerhalb des
Fertigungsverbunds übernahm der mexikanische Standort
Puebla die Aufgabe, den nordamerikanischen Markt mit
den Modellen Golf und Jetta zu beliefern.
In Südamerika verursachten die wechselhafte wirtschaftliche Entwicklung und die hohe Inflation anhaltende
Ertragsverluste der brasilianischen und argentinischen
Tochterunternehmen. Nachdem die dortige Regierung
einen Preisstopp verhängt hatte, war die Rentabilität der
Volkswagen do Brasil untergraben. Um das Engagement in
Südamerika bei begrenztem Kapital­einsatz zu sichern und
das finanzielle Gesamtrisiko zu reduzieren, bahnte die
Volkswagen AG eine Kooperation mit Ford an. Durch Gründung der Autolatina bündelten am 27. Mai 1987 die beiden
Hersteller ihre Aktivitäten in Brasilien und Argentinien
unter dem Dach einer Holdinggesellschaft. Volkswagen
übernahm die technische, Ford die finanzielle Führung des
Gemeinschaftsunternehmens. Die geplante Fusion der
Volkswagen do Brasil und der Ford Brasil scheiterte am brasilianischen Händlergesetz, sodass beide Unternehmen als
rechtlich selbstständige Gesell­s chaften bestehen blieben.
Deren Kostenstruktur konnte durch Synergieeffekte und
den Aufbau gemeinsamer Produktlinien verbessert werden.
Die Situation der Autolatina A
­ rgentina hingegen blieb
kritisch, weshalb 1990 über die Zusammenlegung der Vertriebsnetze nachgedacht wurde. Ein 1991 in Argentinien
und dann Ende März 1992 in Brasilien geschlossener Sozialpakt zwischen Wirtschaftsministerium, Gewerkschaften
und Fahrzeugindustrie trug zur nachhaltigen Belebung
des Automobilgeschäfts bei. Aus der Kooperation zwischen
Volkswagen und Ford ging 1991 ein zweites Joint Venture
in Portugal hervor, um mit Kapital- und Risikoteilung eine
Großraumlimousine für den euro­päischen Markt zu bauen.
147
DER ERSTE POLO AUS ZWICKAU
Der Zusammenbruch der sozialistischen Planwirtschaften
in Osteuropa gab dem Expansionskurs des Wolfsburger
Unternehmens eine unerwartete Richtung. Unmittelbar
nach dem Fall der Mauer im November 1989 intensivierte
die Volkswagen AG die Verhandlungen mit der sächsischen
Automobilindustrie, zu der sie langjährige Geschäftsbeziehungen unterhielt. Mit dem in Chemnitz ansässigen
IFA-Kombinat Personenkraftwagen gründete Volkswagen
im Dezember 1989 eine Planungsgesellschaft, um die Entwicklung und Produktion international konkurrenzfähiger
Fahrzeuge vorzubereiten. In Erwartung eines Nachfrage­
booms nach westlichen Pkw investierte Volkswagen in
den Ausbau der Produktionsstätten Mosel, Chemnitz und
Eisenach, deren technischer Standard und die Kapazitäten
den Anforderungen an eine effiziente Massenfertigung genügten. In Mosel entstand eine moderne Montagefabrik mit
einer Jahreskapazität von 250 000 Fahrzeugen. Aggregate
lieferten die Motorenwerke in Chemnitz sowie die Zylinderkopffertigung in Eisenach, die nach einem Kapazitätsausbau auch für den Konzernverbund produzierten.
Die Umbrüche nach 1989 gaben der Volkswagen AG die
gleichsam einmalige Möglichkeit, die Automobilmärkte
Ostmitteleuropas für sich zu öffnen. Als lohnendes Ziel
machte der Vorstand das tschechische Automobilunternehmen Škoda aus, das über eine wertvolle Marke, eine lange
Tradition und eine hochqualifizierte Belegschaft verfügte.
In Erwartung einer automobilen Sonderkonjunktur sicherte Volkswagen eine großzügige Produktionsausweitung und
umfangreiche Sozialleistungen, insbesondere den befristeten Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen zu. Škoda
konnte 1991 als vierte eigenständige Marke in den Volkswagen Konzern einge­g liedert werden. Das Wegbrechen des
Binnen- und der ost­europäischen Märkte durchkreuzte die
allzu optimistischen Prognosen.
Durch die rasant fortschreitende Internationalisierung
entwickelte sich der Volkswagen Konzern zum globalen
Produktionsverbund, der Fertigungsstätten auf fünf
Kontinenten unterhielt. Mit der Errichtung eines starken
Standbeins in Asien sowie in Osteuropa konnten nicht nur
Zukunftsmärkte erschlossen, sondern auch kostengünstige
Produktionsstandorte aufgebaut werden. Die Wachstumsund Mehrmarkenstrategie führte den Volkswagen Konzern
an die Spitze der europäischen Automobilindustrie und
versetzte ihn durch die Erweiterung der Modellpalette in
die Lage, Fahrzeuge für jeden Geschmack und Anspruch
zu bauen. Die ansteigenden Kosten dieser Expansionswelle
untergruben die wirtschaftliche Lage der Volkswagen AG in
der 1992 ausbrechenden Wirtschaftskrise.
148 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1982
1 . J A N U A R Carl H. Hahn übernimmt den Vorsitz im
Vorstand der Volkswagenwerk AG.
1 . J A N U A R Die Volkswagen of Nigeria Ltd. gerät in eine
Dauerkrise, verursacht durch die anhaltende Rezession,
die eingeschränkte preisliche Wettbewerbsfähigkeit und
die fehlende Unterstützung der nigerianischen Regierung,
die auf den Devisenmangel mit staatlichen Einfuhrbeschränkungen und Produktionsdrosselungen der importabhängigen Industrien reagiert. Infolgedessen wird der
Fertigungsprozess in den 1980er-Jahren mehrfach durch
eine unzureichende Materialversorgung unterbrochen.
Im März 1990 entschließt sich der Volkswagen Konzern zu
einem geordneten Rückzug aus dem Nigeria-Geschäft, weil
das Marktpotenzial auf absehbare Zeit nicht erschlossen
werden kann. Die Kapazitätsauslastung der Volkswagen of
Nigeria liegt bei fünf Prozent, und den minimalen Erträgen
aus dem Liefergeschäft stehen hohe Verbindlichkeiten
gegenüber. Die 1992 aufgenommenen Verhandlungen über
den Verkauf an eine nigerianische Unternehmensgruppe
gelangen wegen innenpolitischer Machtkämpfe zu keinem
Abschluss. 1994 zieht Volkswagen die letzten deutschen
Mitarbeiter ab. Seitdem ruht die Produktion. Im April 2006
veräußert die Volkswagen AG die von ihr gehaltenen Rest­
anteile an die Barbedos Ventures Ltd. mit Sitz in Tortola auf
den British Virgin Islands.
8 . J U N I Ein Probemontage-Vertrag mit der Shanghai
Tractor & Automobil Corporation bildet den Auftakt zum
Engagement des Volkswagen Konzerns in der Volksrepublik
China. Ziel dieser Zusammenarbeit ist ein Joint Venture zur
Produktion des Santana. Am 11. April 1983 läuft im Werk
Anting der erste Santana chinesischer Fertigung vom Band.
CARL H. HAHN
3 0 . S E P T E M B E R Der mit der Sociedad Española de
Automóviles de Turismo, S.A. (Seat) abgeschlossene
Kooperationsvertrag eröffnet dem Volkswagen Konzern
die Erschließung des iberischen Marktes. Der spanische
Automobilhersteller organisiert fortan den Vertrieb von
importierten Volkswagen und Audi Modellen über das
eigene Händlernetz und baut ab Frühjahr 1984 den Passat
und Polo in Lizenz. Letztlich dient die Verlagerung der Polo
Fertigung nach Spanien dem Ziel, in Wolfsburg zusätzliche
Kapazitäten für eine Ausweitung der Golf Produktion zu
schaffen und auf diesem Weg in der europäischen Automobilindustrie die Spitzenposition zu erreichen.
2 . N O V E M B E R In der Eifel beginnt die Fahrpräsentation des Volkswagen Caddy, der zur Golf Familie gehört und
ab Dezember 1982 als offener Pritschenwagen (Pick-up),
Pritschenwagen mit Plane und Spriegel und als HardtopKastenwagen auf den europäischen Kernmärkten startet.
In den USA von 1979 an auf dem Markt, wird der Wagen im
Joint-Venture-Unternehmen TAS in Sarajevo gefertigt. Für
eine Nutzlast von 0,5 Tonnen ausgelegt, ist der Caddy mit
einem 70-PS-Ottomotor oder einem 54-PS-Dieselmotor zu
haben. Die Preise beginnen bei 14 330 DM ab Werk.
149
BEGINN DER SANTANA FERTIGUNG IN SHANGHAI
CADDY
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.196.8682.130.075
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
188.681 219.795 656.359142.356
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
98.046
Inland
672.058
Angestellte
20.837
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.447.860
81.103
Gesamt 1.529.3982.119.918
118.883 239.116
1982
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Konzern
27.02837.434
Investitionen
Gewinn/Verlust
1.962
4.892
33-300
150 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1983
1 8 . M A I Der Produktionsanlauf der zweiten Golf Genera­
tion in der eigens gebauten Endmontagehalle 54 leitet im
Volkswagen Konzern eine neue Ära der Fertigungstechnik
ein. Erstmals wird hier roboterunterstützt ein Fahrzeug
gebaut, das in seinen konstruktiven Details auf eine weitgehend automatisierte Montage abgestimmt ist. Das neue
Produktionskonzept erhöht den Mechanisierungsgrad
und fördert die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung. Die
Halle 54 wird am 22. Februar 1984 offiziell eröffnet. Mit
einer weicheren, eleganteren Form, einem größeren Innenraum und überarbeitetem Fahrwerk kann der neue Golf an
die Verkaufserfolge der Vorgängergeneration anknüpfen.
Dafür sorgt die Vielfalt an Motoren, die vier Benzinmotoren
mit einer Leistung von 40 kW/55 PS bis zu 82 kW/112 PS
sowie einen Dieselmotor mit 40 kW/54 PS und einen Turbodiesel mit 51 kW/70 PS umfasst. Der Golf GTI er­r eicht eine
Höchstgeschwindigkeit von 191 Stundenkilometern; der
DIN-Verbrauch des Golf GTD liegt bei 4,3 Litern Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer bei konstant 90 Stundenkilometern.
Die Preise beginnen bei 13 490 DM. Im Februar 1986 wird
der Golf syncro als allrad­g etriebene Version vorgestellt.
FERTIGUNG DER ZWEITEN GOLF GENERATION
2 0 . D E Z E M B E R Die mit Beteiligung des Landes Berlin
und der Schleicher GmbH & Co. Relais-Werke KG gegründete
Volkswagen-Gesellschaft für Datenverarbeitungssysteme
mbH wird ins Handelsregister eingetragen. D
­ ie Volkswagen
AG hält 50 Prozent der Anteile an der Berliner Unternehmung, die auf dem Gebiet der technisch-wissenschaftlichen
Software das im Konzern vorhandene Know-how konzentrieren soll. In den kommenden Jahren erweitert die IT-Tochter ihr Leistungsspektrum und den Kundenkreis. Das zum
1. Januar 1998 in gedas GmbH umfirmierte Unternehmen
entwickelt und implementiert Systemlösungen für die gesamte Fahrzeug- und Fertigungsindustrie. Am 27. Mai 2001
wird die gedas GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
151
GOLF
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.179.9932.115.924
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
155.500 244.173 626.797146.873
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
94.127
Inland
749.863
Angestellte
20.395
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.377.355
75.430
Gesamt 1.538.3952.127.218
114.522 231.710
1983
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Verlust
Konzern
29.18740.089
2.444
-85
4.858
-215
152 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1984
2 7 . J A N U A R Zu Preisen ab 14 715 DM kommt die zweite
Jetta Generation auf den Inlandsmarkt. Mit einer Länge von
4,32 Metern und einem Kofferraumvolumen von 570 Litern
bietet der Jetta nach Angaben des Stern den „besten Fahr­
komfort“ seiner Klasse. Die „leichte Bedienbarkeit“ und
„leises Fahren“ sowie viel Platz im Inneren bilden seine
besten Verkaufsargumente. Gefälliger gestaltet als der
Vorgänger, wird der neue Jetta in vier Ausstattungslinien
und mit fünf Motoren, darunter einen 70-PS-Turbodiesel,
im Werk Wolfsburg produziert.
3 . F E B R U A R In dem im Werk Wolfsburg eingeweihten
Forschungszentrum sitzen über 600 Mitarbeiter unter
einem Dach. Mit Ausnahme des Klimawindkanals und
von Teilen der zentralen Messtechnik sind sämtliche
Forschungs­b ereiche in dem neuen Gebäude mit 15 000
Quadratmeter Nutzfläche untergebracht, das mit mo­
dernsten technischen Mitteln ausgerüstet ist.
1 0 . O K T O B E R In Anwesenheit von Bundeskanzler
Helmut Kohl schließt die Volkswagenwerk AG mit der
Shanghai Tractor and Automobile Corporation (STAC), der
Bank of China, der Shanghai Trust and Consultancy Company (BOC) und der China National Automotive Industry
Corporation den Joint-Venture-Vertrag, der die Gründung
eines gemeinsamen Unternehmens zur Herstellung des
Santana in Shanghai zum Gegenstand hat. Volkswagen ist
der erste Joint-Venture-Partner auf dem Gebiet des Auto­
mobilbaus und legt damit den Grundstein seines nach­
folgenden Erfolgs in der Volksrepublik China.
2 . N O V E M B E R Die in Regionalmedien geschaltete
Anzeige „Wir sind bereit.“ unterstreicht, dass bereits elf
verschiedene Volkswagen und Audi Modelle mit einem DreiWege-Katalysator ausgerüstet sind. Als Vorreiter dieser
Technik hat sich die Volkswagenwerk AG frühzeitig auf die
Nachfrage nach schadstoffarmen Fahr­z eugen vorbereitet
und den Schadstoffausstoß in den letzten 15 Jahren um bis
zu 60 Prozent gesenkt. Die handgeschalteten Golf und Jetta
Modelle mit Vierzylinder-Diesel und Turbodiesel erfüllen
bereits die strengen US-amerikanischen Vorschriften für
Abgas und Partikel. Alle seit 1977 in Europa gebauten Pkw
können mit unverbleitem Benzin gefahren werden. Für die
im Markt befindlichen Modelle bietet Volkswagen ab 1984
spezielle Nachrüstsätze an, die den Ausstoß von Kohlenwasserstoffen und Stickoxyden halbieren. Ein neu entwickelter
Mikrokatalysator ermöglicht auch die Umrüstung von
Fahrzeugen mit kleinem Hubraum. Bis November 1987 hat
die Volkswagenwerk AG die Umstellung der Fahrzeugproduktion auf die Katalysator­technik abgeschlossen. Seitdem
sind alle mit einem Otto­motor ausgestatteten Volkswagen
Pkw serienmäßig mit Katalysator lieferbar.
1 2 . N O V E M B E R Mit dem Außenhandelsbetrieb der DDR
Industrieanlagen-Import schließt die Volkswagenwerk
AG einen Vertrag über die Lizenzfertigung von 1,05- und
1,3-Liter Motoren. Volkswagen stellt die dazu notwendigen
Anlagen bereit. Im Gegenzug soll die DDR Erzeugnisse der
Maschinen- und Elektroindustrie liefern. Die ebenfalls
geplante Fertigung von Rumpfmotoren für den Konzernverbund verzögert sich wegen der planwirtschaft­l ichen
Vorgaben und Qualitätsproblemen bis Ende 1989.
153
VERTRAGSUNTERZEICHNUNG ZUR GRÜNDUNG
JETTA
VON SHANGHAI VOLKSWAGEN
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagenwerk AG
Konzern
1.280.8362.147.706
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
157.596 184.945 685.303146.249
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagenwerk AG
Konzern
Volkswagenwerk AG
Konzern
Arbeiter
95.825
Inland
708.446
Angestellte
20.049
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
1.436.688
77.703
Gesamt 1.638.0002.145.134
115.874 238.353
1984
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagenwerk AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
33.77445.671
1.809
183
4.803
228
154 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1985
1 6 . F E B R U A R Die am 10. Oktober 1984 in Peking unterzeichnete Vereinbarung führt zur Gründung der ShanghaiVolkswagen Automotive Company, Ltd. Die Volkswagenwerk
AG hält 50 Prozent der Anteile an dem chinesisch-deutschen
Gemeinschaftsunternehmen, das bis Jahresende 1 700
Fahrzeuge baut. Qualifizierte Arbeitskräfte stellt das Ende
August 1988 eröffnete Aus- und Weiterbildungszentrum
­b ereit. Nach Inbetriebnahme der neuen Lackiererei im
Oktober 1989 läuft im Jahr darauf die Produktion im
Presswerk und Motorenbau an, der 1991 knapp 37 600
Rumpfmotoren in den Konzernverbund liefert. Im Zuge des
Kapazitätsausbaus entwickelt sich Shanghai Volkswagen
zur größten und modernsten Pkw-Fabrik Chinas. Zwischen
1986 und 1991 vervierfacht sich die Jahresproduktion von
8 471 auf 35 000 Fahrzeuge, die Belegschaft wächst von
1 911 auf 3 064 Beschäftigte an. Der nationale Fertigungsanteil beträgt inzwischen 70,4 Prozent, weshalb die Shanghai Volkswagen seit Juni 1991 keine Lizenz für den Import
von Fahrzeugsätzen mehr benötigt.
VOLKSWAGEN LOGO UND WORTBILDMARKE
VOLKSWAGEN AG
4 . J U L I Die Hauptversammlung beschließt, das Unter­
nehmen von Volkswagenwerk AG in Volkswagen AG umzubenennen.
155
SANTANA FERTIGUNG IN SHANGHAI
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.457.2722.398.196
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
155.423 225.947 790.342166.259
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
Konzern
102.653
Inland
721.812
Ausland
1.676.192
20.945
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
88.703
Gesamt 1.817.2082.398.004
123.598 259.047
1985
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
38.92152.502
1.791
477
3.388
596
156 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1986
2 4 . A P R I L Walter Hiller wird zum Vorsitzenden des
­G esamtbetriebsrats gewählt und übernimmt am ­
6. Mai zugleich die Leitung des Konzernbetriebsrats.
1 8 . J U N I Nach bewährter Zusammenarbeit übernimmt
die Volkswagen AG zunächst 51 Prozent des Aktienkapitals
des spanischen Automobilherstellers Seat, S.A., der als
dritte eigenständige Marke in den Volkswagen Konzern
integriert wird. Damit erschließt Volkswagen einen neuen
Absatzmarkt, komplettiert seine Produktpalette in den
unteren Modellbereichen und stabilisiert die führende
Position in Europa. Im Zuge der Sanierung der Seat Gruppe
wird im Dezember 1993 das mit der Polo Fertigung belegte
Werk Pamplona ausgegliedert und unter dem Namen Fábricia Navarra de Automóviles, S.A. an die Volkswagen-Audi-­
España, S.A. übertragen. Die Produktion von Seat Model­len
konzentriert sich fortan in dem am 22. Februar 1993 offiziell eröffneten Werk Martorell bei Barcelona, das mit einer
Tageskapazität von 1 500 Wagen und einer Fahrzeugdurchlaufzeit von weniger als 20 Stunden eine Spitzenposition in
der europäischen Automobilfertigung einnimmt.
3 0 . J U N I Wegen der expansiven Entwicklung des
Leasinggeschäfts in Nordamerika und zur Verbesse­r ung
der internen Abwicklung werden die Geschäfte der
Volkswagen Financial Corporation auf die V W Credit,
Inc. übertragen und die Vorelco, Inc. am 31. Dezember
auf die Volkswagen of America, Inc. verschmolzen.
3 1 . D E Z E M B E R Um die Vertriebsaktivitäten auf dem
US-amerikanischen Markt zu straffen, lässt die Volkswagen
of America, Inc. die Vertragsbeziehungen mit dem in
Oregon ansässigen Volkswagen und Audi Großhändler
Riviera Motors, Inc. in beiderseitigem Einvernehmen
auslaufen und übernimmt selbst die Großhändlerfunktion.
Ziel ist es, unmittelbaren Einfluss auf Marketing und Service der in dieser Region tätigen Händler auszuüben und
Möglichkeiten zu kostensenkenden Rationalisierungsmaßnahmen konsequenter auszunutzen.
157
UNTERZEICHNUNG DES ÜBERNAHMEVERTRAGS
WALTER HILLER
ZWISCHEN VOLKSWAGEN UND SEAT
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.509.4392.776.554
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
161.712 264.387 891.466214.508
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
Konzern
109.502
Inland
837.926
Ausland
1.919.867
22.686
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
106.334
Gesamt 1.926.6522.757.793
132.188 281.718
1986
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
41.13452.794
4.469
485
6.366
580
158 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1987
2 7 . M A I Unter dem Druck kräftiger Absatzeinbußen
auf dem südamerikanischen Markt fassen die Volkswagen
AG und die Ford Motor Company ihre Aktivitäten unter
dem Dach des Gemeinschaftsunternehmens Autolatina
­Comércio, Negócios e Participações Ltda. zusammen, um
dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem krisenhaft
schrumpfenden brasilianischen Markt zu stärken. Die
Autolatina koordiniert die Aktivitäten der Volkswagen do
Brasil S.A. und der Ford do Brasil S.A., die als rechtlich
selbstständige Unternehmen bestehen bleiben. Die argentinischen Tochtergesellschaften beider Konzerne werden
zur Autolatina Argentina S.A. verschmolzen. Beide Partner
operieren weiterhin mit einer eigenständigen Markeniden­
tität. Daher bleiben Vertrieb und Kundendienst auf der
Basis unabhängiger Verkaufsorganisationen und Händler­
netze getrennt. Nach der Öffnung des brasilianischen
Marktes für Automobilimporte stellen Ford und Volkswagen
ihre Zusammenarbeit im April 1995 ein. Die rechtliche
Trennung der dortigen Tochterunternehmen von Ford und
Volkswagen wird in Brasilien zum 1. Dezember des Jahres
und in Argentinien zum 1. Januar 1996 vollzogen.
2 3 . J U N I Die Volkswagen AG und die Toyota Motor Corporation unterzeichnen ein Memorandum of Understanding,
das im Werk Hannover den Bau eines Pick-up der 1-TonnenKlasse auf Basis des Toyota Hilux vorsieht.
2 . J U L I Klaus Liesen tritt das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der Volkswagen AG an.
159
KLAUS LIESEN
TARO
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.473.7802.771.379
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
145.380 211.936 907.753232.158
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
Konzern
107.791
Inland
920.901
Ausland
1.852.712
23.385
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
88.176
Gesamt 1.978.4402.773.613
131.176 260.458
1987
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
43.19954.635
3.532
494
4.592
598
160 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1988
1 4 . M Ä R Z Bis zum 25. März überzeugen sich in Nizza
deutsche und internationale Medienvertreter von den Vor­
teilen der dritten Passat Generation. Mit einem auf 2,62
Meter verlängerten Radstand bieten Stufenhecklimousine
und Variant in der Mittelklasse beste Innenraumverhältnisse. Erstmalig werden die Motoren mit einer Leistung
zwischen 53 kW/72 PS und 100 kW/136PS quer eingebaut.
Die strömungsoptimierte Karosserie, die in einer neuen
Anlage im Werk Emden vollautomatisch zusammengeschweißt wird, verhilft zu einem c w -Wert von 0,29. Der
Verbrauch liegt bei der 59 kW/80-PS-Turbodieselmotorisierung zwischen 4,4 und 6,8 Litern Dieselkraftstoff je 100
Kilometer bei konstant 90 Stundenkilometern oder innerstädtischer Fahrt. Die Preise der Stufenhecklimousine
beginnen bei 23 200 DM, die des Variant bei 23 930 DM.
1 4 . J U L I Nach anhaltend hohen finanziellen Verlusten
zwingt die Unterauslastung der Kapazitäten in den USA zur
Schließung des Werks Westmoreland, das im Oktober 1990
an den Staat Pennsylvania verkauft wird. Zur Belieferung
des US-Marktes mit den Modellen Golf und Jetta wird das
mexikanische Werk Puebla ausgebaut und modernisiert.
Bis Mitte der 1990er-Jahre entsteht dort ein kostengünstiger Produktionsstandort für den Export in die USA, die seit
1994 mit Kanada und Mexiko eine Frei­h andelszone bilden.
CORRADO
2 2 . A U G U S T In Nürnberg stellt Volkswagen mit dem
Corrado seinen „ersten reinrassigen Sportwagen“ vor.
Oberhalb des Scirocco positioniert, bringt schon sein
Name, der sich vom spanischen „correr“ für laufen, rennen,
spurten ableitet, die Dynamik des kraftvoll gestalteten
Kompaktsportwagens zur Geltung. Ein mechanisch angetriebener G60-Lader und Digifant-Steuerung bringen den
1,8-Liter-Vierzylinder auf 118 kW /160 PS Leistung. Der
Drittelmix-Verbrauch liegt bei 8,4 Litern Superbenzin auf
100 Kilometer. Der 225 Stundenkilometer schnelle Zwei­
türer ist ab 42 500 DM zu haben.
2 4 . A U G U S T Mit dem chinesischen Autohersteller First
Automobile Works in Changchun schließt die Volkswagen
AG eine Grundsatzvereinbarung zur Lizenzfertigung des
Audi 100.
3 1 . A U G U S T Volkswagen übergibt in einer Feierstunde
Anlagen zur Produktion von Viertakt-Ottomotoren an das in
Chemnitz ansässige VEB IFA-Kombinat Personenkraftwagen.
161
PASSAT
FAHRZEUGINSPEKTION IN CHANGCHUN
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.453.2862.847.616
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
150.999 280.571 887.679215.332
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
Konzern
104.202
Inland
848.311
Ausland
2.006.076
23.336
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
85.655
Gesamt 1.948.9492.854.387
127.538 252.066
1988
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
44.23759.221
3.772
523
4.251
780
162 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1989
1 0 . J A N U A R Im Werk Hannover beginnt im Anwesenheit
von Tatsuro Toyoda die Serienfertigung des bau­g leichen
Toyota Hilux und des neuen Volkswagen Taro, der eine
Angebotslücke auf dem Gebiet der Pick-up-Modelle der
1-Tonnen-Klasse schließt. Durch eine robuste Konstruk­
tion charakterisiert, sind Fahrerhaus und Pritschenaufbau
getrennt auf einem stabilen Leiterrahmen verschraubt.
Der 61-kW-Dieselmotor bringt das Fahrzeug auf eine
Höchst­g eschwindigkeit von 145 Stundenkilometern. Der
DIN-Kraftstoffverbrauch liegt bei konstant 90 Stunden­
kilometern bei 7,4 Litern Dieselkraftstoff auf 100 Kilo­
meter. Der Listenpreis beträgt 21 300 DM.
1 4 . A U G U S T Die 1983 in Tokio gegründete Be­r a­t ungs­
gesellschaft Volkswagen Asia Ltd., die den japanischen Hersteller Nissan beim Vertrieb des in Lizenz gefertigten Santana unterstützt hat, wird in Volkswagen Audi Nippon K.K.
umfirmiert. Mit der Ernennung der ersten Direkthändler
im November 1990 beginnt der Aufbau einer eigenständigen Vertriebsorganisation in Japan. Im Zuge der Öffnung
des japanischen Marktes und der geplanten Ausweitung des
Exportvolumens zielt die Absatzstrategie der Volkswagen
AG auf den Verkauf hoher Stückzahlen. Ü
­ bergangsweise
­w ickelt die Volkswagen Audi Nippon K.K. parallel zur japanischen Firma Yanase die Einfuhr von Volkswagen ab, bis
sie am 1. Januar 1993 die Importeursfunktion in eigener
Regie übernimmt. Das Händlernetz von Volkswagen und
Audi umfasst zu diesem Zeitpunkt 70 Betriebe. Kurz darauf
erwirbt die Vertriebsgesellschaft die Mehrheitsanteile
an dem früheren Renault-Importeur JA X Co. Ltd., um das
Händlernetz im Großraum Tokio zu stärken.
stellung in Frankfurt am Main Premiere in den dort gezeigten Volumen­modellen Golf und Jetta. Der 1,6-Liter-Diesel­
motor mit Turboaufladung ist mit einem Oxydationskata­ly­­­s ator ausgestattet und unterschreitet die strengen USamerikanischen Abgas- und Partikel-Grenzwerte erheblich.
2 2 . D E Z E M B E R Unmittelbar nach Öffnung der innerdeutschen Grenze unternimmt die Volkswagen AG einen
Vorstoß auf den ostdeutschen Markt und nutzt ihre langjährigen Geschäftsbeziehungen zur sächsischen Automobilindustrie. Zusammen mit dem VEB IFA-Kombinat
Personenkraftwagen in Chemnitz gründet sie die Planungsgesellschaft Volkswagen IFA-PKW GmbH, um die Entwicklung und Produktion international konkurrenzfähiger
Fahrzeuge vorzubereiten. Am 21. Mai 1990 werden in der
früheren Trabant-Fabrik die ersten Polo montiert, die Golf
Montage läuft im Februar 1991 an. Um die Kapazitäten
dem erwarteten Nachfrageschub anzupassen, investiert
Volkswagen in den Ausbau der Produktionsstätten Mosel,
Chemnitz und Eisenach.
1 2 . S E P T E M B E R Der Dieselkatalysator hat bei
Volkswagen auf der Internationalen Automobil-AusWERBUNG FÜR DIE DIESEL-KATALYSATORTECHNIK
163
PRODUKTIONSUMSTELLUNG VON TRABANT AUF POLO
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
GRÜNDUNG DER VOLKSWAGEN IFA-PKW GMBH
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.548.1752.947.569
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
147.539 346.442 890.158228.867
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
Konzern
104.792
Inland
848.649
Ausland
2.092.301
23.513
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
93.982
Gesamt 2.066.1892.940.950
128.305 250.616
1989
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
48.53365.352
4.278
655
5.606
1.038
164 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1990
1 . J A N U A R Mit Gründung der V.A.G Transport GmbH &
Co. OHG ordnet der Volkswagen Konzern sein Transport­
wesen neu. Die bisher von der Volkswagen AG, der Audi AG
und der V.A.G Transport GmbH ausgeübten Steuerungsfunktionen für das weltweite Transportgeschäft werden
in der neuen Gesellschaft konzentriert. Die Volkswagen
AG hält 81 Prozent, die Audi AG 19 Prozent der Anteile. Die
Geschäftsführung liegt bei der V.A.G Transport GmbH.
1 4 . J U N I Die Umbenennung der V.A.G Kredit Bank
GmbH in V.A.G Bank GmbH signalisiert den Einstieg in das
Direktbankgeschäft, das neben die Händler- und Kundenfinanzierung tritt. Seit November 1990 bietet sie mit dem
Volkswagen/Audi Card System erstmals in Deutschland
die beiden Marktführer EUROCARD und VISA in einem
Paket an. Die Angebotspalette der am 14. Dezember 1994
in Volkswagen Bank GmbH umfirmierten Finanzdienstleistungstochter wird sukzessive erweitert, beispielsweise
durch die Vergabe von Ratenbarkrediten an externe Kunden oder den 1995 eingeführten AutoCredit. Die Kauf­
finanzierung mit niedrigen Monats­r aten ist hierbei für
den Kunden mit der Option verbunden, bei Vertragsablauf
den Wagen zurückzugeben, die Schlussrate abzulösen
oder den Finanzierungsvertrag zu verlängern. 1999 dehnt
die Volkswagen Bank ihre Leistungen auf die Vergabe von
Hypothekendarlehen und den Handel mit Investmentfonds
aus.
2 6 . J U N I Klaus Volkert wird zum Vorsitzenden des
­G esamt- und Konzernbetriebsrats gewählt.
2 8 . A U G U S T Die in Braunlage der Presse vorgestellte
vierte Transporter Generation setzt beim technischen
Konzept und beim Design eine klare Zäsur. Unter seiner
kurzen, flachen Haube arbeitet ein quer eingebauter Frontmotor, der die Vorderräder antreibt. Dank der veränderten
Bauform kann der Transporter mit zwei Radständen und
in drei Gewichtsklassen sowie komplett nach dem Bau­
kastensystem gefertigt werden. Als Motorisierungen werden
für Kastenwagen, Kombi und Pritschenwagen anfangs zwei
Diesel­motoren mit 45 und 57 kW Leistung sowie zwei Ottomotoren mit 62 und 81 kW Leistung angeboten. Dank eines
hervor ­r agenden cW-Werts von 0,36 liegen die erreichbaren
Höchstgeschwindigkeiten je nach Motorisierung zwischen
128 und 161 Stundenkilometern – der DIN-Verbrauch des
1,9-Liter-Diesel­­motors liegt bei 7,9 Litern Dieselkraftstoff
auf 100 Kilometer. Aufgrund des 80-Liter-Tanks verfügt
der Transporter über eine große Reichweite. Die Preise
beginnen bei 25 405 DM. Pünktlich zum Produktionsanlauf
nimmt das Werk Hannover eine neue Fertigungsanlage in
Betrieb, die für Mensch und Umwelt gleichermaßen Vorteile
bringt. Der automatisierte Einbau von Achsen, Motor und
Getriebe macht Überkopfarbeit weitgehend überflüssig. In
der 1988 eröffneten Lackiererei, die sich ebenfalls durch
einen hohen Automatisierungsgrad auszeichnet, werden
chemische Lösungsmittel zu einem großen Teil durch Wasser ersetzt.
165
MULTIVAN
KLAUS VOLKERT
1990
166 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
3 1 . A U G U S T Im Volkswagen Konzern konstituiert sich
der Europäische Konzernbetriebsrat, der sich aus Arbeitnehmervertretern der Volkswagen AG, der Audi AG, der
Seat, S.A. und der Volkswagen Bruxelles S.A. zusammensetzt. Der Euro-Betriebsrat ist ein Novum in der Automobilindustrie und nimmt seine Tätigkeit bereits vor der Verabschiedung der europäische Betriebsratsrichtlinie vom
22. September 1994 auf. Die Vertrags­u nterzeichnung durch
Arbeitnehmervertretung und K
­ onzernvorstand findet am
7. Februar 1992 statt.
1 2 . D E Z E M B E R Zur Errichtung eines effizienten Pro­
duk­t ionsstandorts in Ostdeutschland wird die Volkswagen
IFA-PKW GmbH in Volkswagen Sachsen GmbH umfirmiert.
Sie betreibt den Kapazitätsausbau in Mosel und übernimmt
1991/92 die Motorenwerke Chemnitz GmbH und die Zylinderkopffertigung Eisenach GmbH, die 1996 nach Inbetriebnahme einer neuen Fertigungslinie für Vierventil-Zylinderköpfe in Chemnitz veräußert wird. Bis zur Fertigstellung
der neuen Produktionsanlagen ist die von Volkswagen und
der Treuhandanstalt am 19. Dezember 1990 gegründete
Sächsische Automobilbau GmbH (SAB) für die Polo und
Golf Montage im alten Werk Mosel zuständig. Im Juni 1994
geht die SAB in den Besitz der Volkswagen AG über, die von
Beginn an die Managementverantwortung ausgeübt hat.
Die Fusion der Volkswagen Sachsen auf die SAB und deren
Umbenennung in Volkswagen Sachsen GmbH erfolgt am
15. August 1998. Zum Jahresende beschäftigt die Gesellschaft 6 700 Mitarbeiter.
167
EUROPÄISCHER
KONZERNBETRIEBSRAT
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.598.3463.057.598
BELEGSCHAFT
Transporter
Passat
Golf
Polo
130.370 393.222 896.874225.806
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
Konzern
105.373
Inland
945.384
Ausland
2.084.795
23.307
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
95.934
Gesamt 2.131.7873.030.179
128.680 268.744
1990
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
51.49368.061
3.702
670
5.372
1.086
168 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
1991
1 . J A N U A R Der Volkswagen Konzern erhält eine dem
Markenverbund angepasste Organisationsstruktur. Das
operative Geschäft der Marke Volkswagen führt fortan ein
neu etablierter Markenvorstand. Der Konzernvorstand
entscheidet die markenübergreifenden Themen.
6 . F E B R U A R Die Volkswagen AG verschafft sich ein
zweites Standbein in China. Aus der seit 1988 bestehenden Kooperation mit der First Automobile Works geht
das Gemeinschaftsunternehmen FAW-Volkswagen Automotive Company, Ltd. in Changchun hervor, an dem die
­Volkswagen AG 40 Prozent der Anteile hält. Mit diesem
Joint Venture baut der Volkswagen Konzern seine Position
in China aus, um die Marktführerschaft langfristig zu
sichern und einen weiteren kostengünstigen Produktionsstandort in Asien aufzubauen. Der Jetta wird zunächst aus
importierten Fahrzeugsätzen montiert. 1994 nimmt die
neu errichtete Fabrik mit einer Jahreskapazität von 150 000
Fahrzeugen die Produktion des Jetta auf. Zwei Jahre später
geht eine Getriebe- und Motorenfertigung in Betrieb, die
für den Lieferverbund innerhalb Chinas und für den Export
nach Deutschland produziert.
1 . M Ä R Z Im Zuge der Regionalisierung seiner außer­
europäischen Geschäfte fasst der Volkswagen Konzern die
Standorte USA, Kanada und Mexiko zur North American
Region (NAR) zusammen, um die Aktivitäten in Produktion und Vertrieb zu bündeln. Ebenso wie bei der 1993
geschaffenen Region Südamerika/Afrika liegt das operative
Geschäft in den Händen des regionalen Managements,
während die zuständigen Vorstandsmitglieder für die Neuorganisation sowie für die strategische Ausrichtung und
Koordinierung der Regionen verantwortlich sind.
4 . M Ä R Z Die Volkswagen AG fasst ihre Finanzdienstleistungen unter dem Dach der Volkswagen Finanz GmbH
zusammen. Den Kern der organisatorischen Neuordnung
bildet die Zusammenlegung von Leasing und Bank, um
Synergieeffekte im Außendienst zu erzielen. Das Stamm­
kapital beider Gesellschaften wird auf die Volkswagen
Finanz GmbH übertragen, die zugleich sämtliche Aufgaben der V.A.G Leasing GmbH sowie die Vertriebs- und
Marketing­a ktivitäten der V.A.G Bank übernimmt. In
Europa ist der Volkswagen Konzern inzwischen zum führenden industriellen Anbieter von Finanzdienstleistungen
aufgestiegen, die mehr als 25 Prozent zur Konzernbilanzsumme beitragen.
1 6 . A P R I L Mit der Eingliederung der Škoda auto­
mobilová, a.s. als vierte eigenständige Marke erweitert sich
der Konzernverbund um das in Mladá Boleslav ansässige
traditionsreiche tschechische Automobilunternehmen,
das sein qualifiziertes Personal und eine jährliche Fertigungskapazität von 190 000 Fahrzeugen einbringt. Die
Volkswagen AG hatte am 10. Dezember 1990 von der
tschechischen Regierung die Übernahmegenehmigung
der bestens ein­g eführten Marke erhalten und sich dadurch
einen guten Zugang zu den Automobilmärkten Ostmittelund Osteuropas verschafft.
3 0 . M A I Die Volkswagen AG rundet ihr Engagement
in der ČSFR ab. Die mit der slowakischen Regierung am
12. März getroffene Vereinbarung über eine Zusammen­
arbeit mit dem Autohersteller Bratislavské Automobilové
Závodi macht den Weg zur Gründung der Volkswagen
Bratislava, spol. s. r. o. frei. Volkswagen übernimmt einen
Fertigungskomplex mit ausgebauter Infrastruktur, wo ab
169
ERSTER SCHRITT ZUR GRÜNDUNG
DER VOLKSWAGEN BRATISLAVA
ŠKODA WERK IN MLADÁ BOLESLAV
1991
170 N E U E M A R K E N , N E U E M Ä R K T E
Dezember 1991 Passat Modelle gebaut werden. Nach Erweiterung der Produktionskapazitäten und Errichtung eines
Getriebewerks wird der Volkswagen Bratislava 1995 die
alleinige Fertigung des Golf syncro übertragen. Nach dem
Anlauf des Golf vierter Generation im Jahr 1997 verdreifacht sich die Produktion im Folgejahr auf 125 281 Fahr­
zeuge; die Belegschaft wächst auf 5 250 Beschäftigte an.
ren Beitrag für die Umwelt. Die Preise des Golf beginnen bei
19 975 DM. Das Mo­tor­s pektrum umfasst Einspritzmotoren
vom 1,4-Liter-Benziner mit 44 kW/60 PS bis zum 2,0-LiterOttomotor mit 85 kW/115 PS. Das Spitzenmodell ist der Golf
VR6 mit 2,8-Liter-Sechszylindermotor mit 128 kW/174 PS.
Weiterhin stehen zwei Dieselmotoren mit 47 kW/64 PS und
55 kW/75 PS und Abgaskatalysator zur Auswahl.
2 4 . J U N I Die Volkswagen AG und die Ford Motor
­Company gründen im portugiesischen Palmela das Joint
Venture AutoEuropa Automóveis Lda., um mit Kapital- und
Risikoteilung das chancenreiche Marktsegment der Großraumlimousinen zu besetzen. Das auf den europäischen
Markt zugeschnittene Produktkonzept ist unter Federführung von Volkswagen entwickelt worden.
7 . O K T O B E R Im Werk Salzgitter beginnt das TDI-Zeit­
alter. Der erste Turbo-Diesel-Direkteinspritzer mit 1,9 Liter
Hubraum und 66 kW/90 PS Leistung geht in Produktion.
Der Motor wird zunächst für den Audi 80 angeboten.
1 2 . J U L I Mit Bandablauf des ersten Golf am Zählpunkt
8 im Werk Wolfsburg beginnt die Fertigung der dritten,
rundlicher gestalteten Golf Generation. Die Markteinführung des neuen Modells erfolgt am 8. November 1991
gleichzeitig in sechs europäischen Ländern. Weniger
Kanten und mehr fließende Formen mit einer deutlich nach
außen gezogenen Blechkante entlang der Fahrzeugflanke
lassen die Karosserie dynamischer und eleganter wirken.
Sicherheitstechnisch legt der neue Golf ein hohes Fortschrittstempo vor. Mit einem in die Tür integrierten Flankenschutz, verstärkten Türschwellern, einem zusätzlichen
Sicherheitsquerträger unterhalb des Armaturenbretts und
„quetschnahtgeschweiß­ten“ Längsträgern erfüllt er selbst
jene Crash-Test-Anforderungen, die noch keinen Gesetzes­
charakter haben. Mit der Verpflichtung, alle neuen Golf
der dritten Generation ab Modelljahr 1992 als Altfahrzeug
kostenlos zurückzunehmen, leistet Volkswagen einen weite-
WERK PALMELA IM ROHBAU
171
GOLF
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen AG
Konzern
1.576.0863.128.338
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
137.682 427.395 808.100325.282
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen AG
Arbeiter
Angestellte
Volkswagen AG
102.202
Inland
23.680
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
Ausland
94.895
Konzern
901.8211.245.907
845.4791.880.100
Gesamt 1.747.3003.126.007
125.882 265.566
1991
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen AG
Investitionen
Gewinn
Konzern
47.32876.315
5.406
447
9.910
1.114
172
173
1992–2012
174 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1992 – 2012
Die Globalisierung
des Mobilitätskonzerns
In der schweren Weltwirtschaftskrise 1992/93 nahm der
Volkswagen Konzern einen strategischen Richtungswech­
sel vor. Standen die 1980er-Jahre im Zeichen der Inter­­nationalisierung und Volumenpolitik, konzentrierte sich
Volkswagen seither stärker auf die Anhebung der Produkt­
vielfalt sowie auf die Steigerung der Arbeitsproduktivität
und der Ertragskraft des Unternehmens. Die Konzernmodernisierung war mit einem Globalisierungsprozess
verbunden, der auf die Errichtung effizienter Produktionsstandorte zielte und die funktionale Arbeitsteilung
innerhalb des weltweiten Fertigungsverbunds veränderte.
Damit reagierte der Volkswagen Konzern auf branchenund unternehmensspezifische Strukturprobleme, die
in der Wirtschaftskrise infolge massiver Absatzverluste
scharf hervortraten. Die Preiskonkurrenz insbesondere
der japanischen und aufstrebenden koreanischen Auto­
mobilindustrie erhöhte den Rationalisierungs- und Kostendruck, während die Marktsättigung in Westeuropa nach
Abkühlung der vereinigungsbedingten deutschen Sonderkonjunktur die Wachstumserwartungen dämpfte.
Zur Bewältigung der Unternehmenskrise begann der
Volkswagen Konzern mit der Reorganisation des Produk­
tionssystems nach dem Vorbild der schlanken Fertigung,
die sich durch flache Hierarchien, eine teamförmige
Arbeitsorganisation, eine geringe Fertigungstiefe und die
logistische Vernetzung mit den Zulieferern auszeichnete.
Für das Gelingen dieses mittelfristig angelegten Projekts
war die konzeptionelle Mitarbeit der Betriebsräte unentbehrlich. Gleiches galt für die sozial verantwortliche und
marktorientierte Beschäftigungspolitik, die nicht mehr nur
auf gleichmäßige Kapazitätsauslastung, sondern auf die
schnelle Anpassung an Kundenwünsche und Nachfrageschwankungen ausgerichtet war. Diese schwierige Synthese
gelang zeitweise mit der zum 1. Januar 1994 eingeführten
Viertagewoche. Die mit einer Flexibilisierung verbundene
Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 36 auf 28,8 Stunden
war ein innovatives Instrument, den auf 30 000 Beschäftigte bezifferten Personalüberhang bei der Volkswagen Aktiengesellschaft abzubauen. Parallel dazu trieb Volkswagen
die Einführung der schlanken Produktion und die Globalisierung des Unternehmens voran, um die Kostenstrukturen
wirksam zu verbessern.
175
Musterbeispiele schlanker Fertigung gaben die in den
frühen 1990er-Jahren errichteten Fabriken. Sowohl das
Werk Mosel in Ostdeutschland als auch das Seat Werk in
Martorell waren nach dem Vorbild japanischer Transplants
organisiert. Die Produktionsabläufe der bestehenden
Werke erfuhren meist in Verbindung mit der Einführung
neuer Modelle systematische Verbesserungen. Zur Etablierung wirtschaftlicher Fabrikstrukturen trug insbesondere
die Plattformstrategie bei. Durch die Vernetzung der 16
Konzernplattformen, deren Zahl schrittweise reduziert
wurde, verringerte Volkswagen die Entwicklungs- und
Fertigungstiefe bei zugleich steigender Produktqualität
und einem differenzierteren Angebot für die Kunden. Die
Plattformstrategie ging Hand in Hand mit einer neuen,
Global Sourcing genannten Beschaffungspolitik. Das
Verfahren zum weltweiten Einkauf von Komponenten zielte
darauf ab, die Entwicklung, Produktion und Logistik mit
kostengünstigen und leistungsfähigen Systemlieferanten
langfristig zu vernetzen und auf komplexe, just-in-time
anzuliefernde Komponenten und Module auszurichten. Die
1995 eröffnete Automobilfabrik der Volkswagen Argentina
beispielsweise arbeitet nach dem Modulkonzept, demgemäß
die Zulieferer die von ihnen auf dem Werksgelände montierten Komponenten in Eigenverantwortung in die Fahrzeuge
einbauen. Auch in die inländische Automobilfertigung
schaltete Volkswagen in den 1990er-Jahren verstärkt ex­
terne Lieferanten ein, was die konzerneigenen Komponentenhersteller zur Kostensenkung sowie zur Ausbildung von
Systemkompetenz anhielt.
Mit der Einführung eines dezentralen Produktionsmanage­
ments wurden in der Arbeitsorganisation die Prinzipien
der schlanken Produktion verankert. Nach 1992 forcierte
WORKSHOP ZU NEUEN FORMEN
DER ARBEITSORGANISATION
Volkswagen die Einführung der Teamarbeit, die mit einer
Verflachung der hierarchischen Strukturen einherging.
Die Beseitigung ganzer Führungsebenen verlagerte 1993
Entscheidungskompetenzen an die operativ tätigen Organisationsstellen, um die Eigenverantwortung und Motivation
der Mitarbeiter zu fördern. Parallel dazu praktizierte
Volkswagen die von den Japanern perfektionierte Methode
des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Um die Qualität und Produktivität aller Fertigungsabläufe zu heben,
wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort an
der Optimierung ihres jeweiligen Arbeitsbereichs beteiligt.
Das gleiche Ziel verfolgte der 1993 eingeleitete Wechsel von
der sequenziellen Fahrzeugentwicklung zum S
­ imultaneous
Engineering, das die Projektzeiten verkürzte und ein
schnel­les, kundennahes Reagieren auf aktuelle Markt­v er­
änderungen ermöglichte.
176 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
Nach einigen Jahren zeigte der Umbau des Produktions­
systems messbare Erfolge. Zwischen 1994 und 1996 stieg
die Arbeitsproduktivität im Volkswagen Konzern um fast 30
Prozent an, während die Herstellungskosten infolge kürzerer Produktionszeiten sanken. 1997 dauerte die Kernfertigung des Polo 15 statt vormals 24 Stunden, die des Passat
22 statt 31 Stunden. Die Vorzüge der schlanken Fertigung
nahmen für jedermann sichtbar in der vierten Generation
des Golf Gestalt an, der 1997 an vier Stand­orten in Produktion ging. Er überzeugte sowohl durch sein hohes Qualitätsniveau als auch durch das umweltgerechte technologische
Konzept. Durch die Weiterentwicklung der Direkteinspritzund Leichtbautechnik sowie durch den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft weitete die Volkswagen Aktiengesellschaft
in den folgenden Jahren den produktions- und produktinte­
grierten Umweltschutz systematisch aus.
Das produktinduzierte Wachstum und ein gesteigerter
Absatz und Ertrag gaben Rückenwind für eine Ausweitung der Mehrmarkenstrategie. 1998 versammelte die
Volkswagen Aktiengesellschaft die legendären Marken
Bentley, Lamborghini und Bugatti unter ihrem Konzerndach, um das Produktangebot im Luxussegment zu verbreitern. Dem steuerte die Marke Volkswagen Ende 2001 die
Oberklasselimousine Phaeton bei und stieß im Jahr darauf
mit dem Produktionsanlauf des luxuriösen Geländewagens
Touareg und des Kompakt-Vans Touran erfolgreich in zwei
neue Marktsegmente vor. Die Ausdehnung der Marktabdeckung wurde auf organisa­to­r ischer Ebene durch die anhaltenden Bemühungen des Volkswagen Konzerns um eine
kostensenkende Flexibilisierung und Standardisierung der
komplexen Fertigungsstruktur flankiert.
MOTORENFERTIGUNG IM WERK SALZGITTER
Durch den Aufbau eines global flexiblen Produktionsnetzwerks stärkte der seit 1993 amtierende Vorstandsvorsitzende Ferdinand Piëch die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Volkswagen Konzerns. Unter seiner Führung schritt
die Globalisierung des Unternehmens voran. Verschiedene
Modelle für den Weltmarkt wurden ausschließlich an aus­
ländischen Standorten gefertigt: der New Beetle und der
Jetta in Mexiko, der Touareg in der Slowakei, der Sharan in
Portugal, der Caddy in Polen und der Fox in Brasilien. Bernd
Pischetsrieder setzte nach 2002 den ein­g eschlagenen
Weg fort, um die Entwicklung von Volkswagen zu einem
schlagkräftigen Mehrmarkenkonzern voran­z utreiben. Die
Kostensenkung entlang der Wertschöpfungskette stellte
sich hierbei als vordringliche Aufgabe, die mit dem 2004
aufgelegten Programm zur Leistungssteigerung angegan-
177
gen wurde. Weitere Schritte zur Verbesserung der Ertrags­kraft unternahmen die Tarifpartner der Volkswagen Aktien­gesellschaft mit den 2004 und 2006 abgeschlossenen Tarifverträgen. Unternehmenserfolg und Beschäftigungssicherung wurden zu gleichrang­i gen Zielen.
2007 formulierte der neue Vorstandsvorsitzende Martin
Winterkorn seine eindeutige Wachstumsstrategie: Bis
2018 soll sich der Wolfsburger Konzern zum absatzstärksten und nachhaltigsten Automobilhersteller und Volkswagen
zur innovativsten Volumenmarke weltweit entwickeln. Um
diese ambitionierten Ziele zu erreichen, will der Mehrmarkenkonzern mit intelligenten Produktinnovationen
neue Kunden überzeugen und die Expansionschancen
auf den Zukunftsmärkten nutzen. Mit der Errichtung von
Produk­t ionsstandorten in Russland und Indien hat sich der
Volkswagen Konzern eine viel versprechende Wettbewerbsposition verschafft, um das enorme Wachstumspotenzial
dieser Märkte auszuschöpfen. In der Volksrepublik China
steht Volkswagen vor der Aufgabe, die seit 1985 fast ununterbrochene Marktführerschaft gegen die amerikanischen
und japanischen Hersteller zu behaupten, die nach dem
Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation 2004 ihre
Fertigungs­k apazitäten beträchtlich erweitert haben. Trotz
des verschärften Wettbewerbs wuchs das Reich der Mitte
für die Marke Volkswagen Pkw zum mit Abstand größten
Einzelmarkt heran; der Konzernabsatz schnellte dort bis
2012 auf 2,815 Millionen Fahrzeuge hoch.
Mit dem 2012 erneut erzielten Absatz- und Ergebnisrekord
befindet sich der Volkswagen Konzern auf gutem Weg, Vo­
lumen- mit Produktivitätswachstum zu verknüpfen. Damit
dies weiterhin gelingt, setzt Volkswagen auf die Optimierung der Arbeits- und Prozessorganisation. Daneben soll
die wachsende Zahl markenübergreifend verwendeter
Fahrzeugmodule zur Senkung der Entwicklungs- und
Fertigungskosten sowie zur Beschleunigung von Produkt­
innovationen beitragen. Die gewachsene Komplexität ruft
dabei nach neuen Lösungen, um die Prozesse auf Dauer
sicher zu steuern. Darüber hinaus kommt der Volkswagen
Konzern seiner Verantwortung für Mensch und Umwelt
umfassend nach, um auch als nachhaltigster Automobilhersteller zu gelten. Dass dabei Ertrag, Innovationen und
soziale Verantwortung in Balance gehalten werden müssen,
unterstreicht die Herausforderung, die der robuste und
durch Markenvielfalt ausgezeichnete Konzern meistert.
178 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1992
1 9 . J A N U A R In Wiesbaden erfahren Vertreter deutscher
und internationaler Medien auf der bis zum 31. Januar
andauernden Pressepräsentation alle Vorteile der neuen
Stufenhecklimousine Vento (italienisch: Wind), die die
Nachfolge des Jetta antritt. Als „Reiselimousine par ex­
cel­lence“ angekündigt, ist der Innenraum des Viertürers
ge­r äumig und gleichermaßen behaglich wie funktional
ge­staltet. Der Kofferraum fasst urlaubsmäßige 676 Liter
und kann durch Umklappen der Rückbank sogar auf 1 053
Liter vergrößert werden. Mit vier Benzinmotoren mit einer
Leis­t ung zwischen 55 kW/75 PS und 128 kW/174 PS sowie
zwei Dieselmotoren mit einer Leistung von 47 kW/74 PS
und 55 kW/75 PS lässt sich der Vento schneller als eine
Windböe oder auch so sanft und sparsam wie ein Windhauch be­w egen. Mit dem VR6-Motor erreicht der Vento eine
Höchstgeschwindigkeit von 225 Stundenkilometern, mit
dem Turbodiesel bei konstant 90 Stundenkilometern einen
Verbrauch von 4,9 Litern Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer.
Der Einstiegspreis der in Mexiko und Südafrika gefertigten
Stufenhecklimousine liegt bei 25 960 DM.
1 3 . A U G U S T Mit einer Werbekampagne weist
Volkswagen auf die Sicherheitsvorteile seines AirbagSystems hin. Fahrer- und Beifahrerairbags, die für Golf,
Vento und Passat angeboten werden, helfen Leben zu retten.
Zum passiven Sicherheitssystem gehören ferner der in die
Tür integrierte Flanken­s chutz, verstärkte Türschweller
und Querträger. Volkswagen demokratisiert den automobiltechnischen Fortschritt: „Wir finden, Sicherheit darf
heutzutage nicht mehr ein Privileg der Luxusklasse sein.
Sondern: Der Airbag ist für jeden da.“
2 3 . N O V E M B E R Mit Kurzarbeit in den Werken Emden
und Kassel sowie einem sozialverträglichen Belegschaftsabbau endet für den Volkswagen Konzern eine Dekade
der automobilen Hochkonjunktur und Unternehmens­
expansion. Der abrupt endende Vereinigungsboom und
Stagnationstendenzen im internationalen Automobilgeschäft charakterisieren die in der zweiten Jahreshälfte ein­setzende Krise, die 1993 in die schwerste weltwirtschaftliche
Rezession der Nachkriegszeit übergeht. Der Volkswagen
Konzern verzeichnet herbe Absatzeinbußen im Inland und
auf den westeuropäischen Volumenmärkten. Die durchschnittliche Beschäftigtenzahl sinkt um 7,4 Prozent.
VENTO
179
WERBUNG FÜR DEN FAHRER- UND
BEIFAHRER-AIRBAG
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.657.6053.499.678
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
167.830 358.105 927.286306.490
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
95.565
Inland
Angestellte
23.022
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
872.5191.210.606
Ausland 1.003.6152.222.025
110.434
Gesamt 1.876.1343.432.631
118.587 274.103
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
53.18285.403
4.063
132
9.254
147
1992
180 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1993
1 . J A N U A R Ferdinand Piëch tritt den Vorsitz im Vorstand
der Volkswagen Aktiengesellschaft an.
5 . F E B R U A R Die Volkswagen Aktiengesellschaft übernimmt über ihr Tochterunternehmen Volkswagen Group
Holdings UK Ltd. von dem Londoner Unternehmen Lonrho
Plc. mit Rückwirkung zum 1. Januar 1993 den britischen
Importeur V.A.G (United Kingdom) Ltd. und komplettiert
damit ihre Vertriebsstrategie, auf allen wichtigen europä­i schen Märkten die Konzernprodukte auf der Großhandelsebene in eigener Regie zu vertreiben. Am 3. No­v ember 1995
erfolgt die Umfirmierung zur Volkswagen Group United
Kingdom Ltd., die wie die Groupe Volkswagen France S. A.
für den Vertrieb der Konzern­m arken zuständig ist.
1 9 . M A I Die Volkswagen Aktiengesellschaft und das
polnische Staatsunternehmen FSR Polmo gründen das
Joint-Venture-Unternehmen Volkswagen Pozna ń Sp.z o.o.,
an dem die Volkswagen Aktiengesellschaft anfänglich 25,4
Prozent der Gesellschaftsanteile hält. Nach Abschluss der
ersten Ausbauphase werden dort Anfang 1994 am Tag 20
Transporter montiert. Der Volkswagen Konzern nutzt die
Möglichkeiten der Transformation der vormaligen Staatswirtschaft, um die osteuropäischen Märkte zu erschließen
und einen kostengünstigen Produktionsstandort für leichte
Nutzfahrzeuge aufzubauen. Am 10. Januar 1996 erhöht
sich der Anteil der Volkswagen Aktiengesellschaft am Gesellschaftskapital auf 59,2 Prozent. Der polnische Standort
entwickelt sich zum zweiten Standbein von Volkswagen
Nutzfahrzeuge in Europa.
1 9 . J U L I Mit der Gründung der Volkswagen Asia-Pacific
Ltd. mit Sitz in Hongkong bündelt der Volkswagen Konzern
die Steuerung seiner Beteiligungsgesellschaft und laufenden Projekte in der Region. Die Unternehmung untersteht
dem mit Wirkung zum 13. Januar 1993 geschaffenen
Vorstandsressort Asien-Pazifik, das die „Konzeption,
Entwicklung und Produktion der Konzernfahrzeuge in
Asien“ verantwortet und den Vertrieb auf den asiatischpazifischen Märkten übernimmt. Die Ausrichtung des
Konzerns auf die Triade China, Japan und Singapur zielt
auf eine kostensenkende Flexibilisierung der Fertigung
in der Region sowie auf die Erschließung der asiatischen
Schwellenländer, wie Thailand, Südkorea oder Indien, wo
der Volkswagen Konzern bisher kaum Marktanteile besitzt.
Nach dem Vorbild der in Asien dominierenden japanischen
Anbieter soll im asiatisch-pazifischen Raum ein regionaler
Liefer- und Leistungsverbund entstehen, der Importrestriktionen wie Devisenprobleme minimiert und sowohl für
die Belieferung der regionalen Märkte als auch für Exporte
innerhalb des Volkswagen Konzerns produziert.
181
2 4 . S E P T E M B E R Die Golf Familie erhält Zuwachs. Mit
der Markteinführung des auf der dritten Golf Generation
basierenden Golf Cabriolet modernisiert Volkswagen sein
Cabriolet-Angebot. Der „Traum in Golf“ wird bei Karmann
in Osnabrück gefertigt und erfüllt alle aktuellen CrashAnforderungen und besteht dank seines bewährten Überrollbügels auch den Überschlagstest nach US-Vorschrift.
Ebenso wie bei der Limousine gehört ein umfangreiches
Sicherheitssystem zur Serienausstattung, bestehend aus
Airbag für Fahrer und Beifahrer, ABS, höhenverstellbaren
Sicherheits­g urten, Türverstärkungen zum Schutz gegen
Seitenaufprall und wirksamen Knautschzonen. Die für
das Golf Cabriolet angebotene Motorenpalette umfasst
das 1,8-Liter-Triebwerk mit 55 kW/75 PS und 66 kW/90PS
sowie den 2,0-Liter-Motor mit 85 kW/115 PS. Die Preise
beginnen bei 37 490 DM.
2 4 . S E P T E M B E R Den Golf gibt es erstmals sogar mit
„Happy End“. Der Golf Variant, der die wachsende Nach­
frage nach Kombis in der Kompaktklasse bedient, ist um
32 Zentimeter länger als die Kurzhecklimousine und bietet
bei einer Gesamtlänge von 4,34 Metern im Gepäckraum
466 Liter Raum. Bei vorgeklappten Rücksitzen steht eine
164 Zentimeter lange, weitgehend ebene Fläche zur Verfügung; das maximale Lade­v olumen wächst auf 1 425 Liter
– und das alles zu Preisen ab 24 960 DM. Das Motorenprogramm beginnt wie beim Golf beim 44 kW/60 PS-Ottomotor
und umfasst auch den 2-Liter-Motor mit 85 kW/115 PS.
Dazu steht ab Anfang 1994 neben den beiden 1,9-LiterSaugdieselmotoren auch ein TDI mit 66 kW/90 PS bereit.
Bringt die Topmotorisierung den Golf Variant auf 195 Stundenkilometern, begnügt sich der TDI im Drittelmix mit 5,3
Litern Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer, kann aber den
Variant auch auf 176 Stundenkilometer bringen.
FERDINAND PIËCH
1993
GOLF CABRIOLET
182 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2 9 . O K T O B E R Gewohnt geräumig, zuverlässig, kraftvoll, sparsam, aber mit neuem Gesicht und dynamischer
Optik kommen Passat Limousine und Passat Variant auf
den Markt. Die umfangreiche serienmäßige Sicherheitsausstattung umfasst neben Fahrer- und Beifahrerairbag
und ABS auch Gurtstraffer vorn sowie eine stabile A- und
B-Säule und Verstärkungsprofile in den Türen, womit der
Passat auch die erst später eingeführten US-Sicherheitsvorgaben erfüllt. Ob komfortabel oder sportlich oder auch mit
dem Allradantrieb syncro, der Passat passt sich mit seinen
Ausstattungsvarianten und der Motorenvielfalt bis hin zum
2,8-Liter-VR6 mit 128 kW/174 PS den Bedürfnissen seiner
Kunden an. Auch in puncto Umweltverträglichkeit ist der zu­
nächst im Werk Emden und dann auch im Werk Bratislava
gebaute Passat Vorbild seiner Klasse, indem beispielsweise
alle eingesetzten Kunststoffteile wiederverwendbar sind.
Die Preise für die Limousine beginnen bei 32 730 DM, des
Variant bei 33 830 DM.
GOLF VARIANT
PASSAT
183
VOLKSWAGEN POZNAŃ
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.240.1243.018.650
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
129.779 255.002 795.916176.327
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
86.176
Inland
685.170 914.488
Angestellte
22.291
717.783 2.047.671
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
102.434
Gesamt 1.402.9532.962.159
108.467 251.643
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn/Verlust
Konzern
42.94976.586
1.793
4.840
71-1.940
1993
184 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1994
1 . J A N U A R Mit Einführung der Viertagewoche für die
Tarifbeschäftigten der Volkswagen Aktiengesellschaft
beschreiten Vorstand, Betriebsrat undIG Metall einen neuen Weg zur Standort- und Beschäftigungssicherung. Um
den auf 30 000 Mitarbeiter bezifferten Personalüberhang
abzubauen, wird in den Inlandswerken die wöchentliche
­A rbeitszeit bei gleichzeitiger Flexibilisierung von 36 auf
28,8 Stunden reduziert, verbunden mit Lohn- und Gehaltskürzungen. Bis 1999 findet das ausgebaute Konzept flexibler Arbeitszeiten für fast alle Beschäftigten der Volkswagen
Aktiengesellschaft Anwendung.
2 . M Ä R Z Die Umwandlung der Volkswagen Finanz
GmbH in eine Aktiengesellschaft markiert den Schritt
zur Internationalisierung der Finanzaktivitäten. Mit der
Volkswagen Financial Services AG entsteht ein eigenständiger Finanzkonzern, der die meisten konzerneigenen
­F inanzdienstleistungstöchter in Europa integriert und
deren Angebote vereinheitlicht. Er verfügt über Zugang
zu den internationalen Geldmärkten und ermöglicht die
Erschließung der weltweit günstigsten Finanzquellen. Die
Bilanzsumme beträgt am Jahresende 21,4 Milliarden DM.
1 435 Mitarbeiter im Inland und 801 Auslandsbeschäftigte
erzielen einen Jahresüberschuss von 187 Millionen DM.
POLO FERTIGUNG IN NAVARRA
ERSATZTEILZENTRUM KASSEL
185
POLO
1994
186 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 5 . M Ä R Z Im Werk Mosel, das nach Fertigstellung des
Karosseriebaus im Juli 1992 in die Golf Fertigung eingebunden worden ist, nimmt die Volkswagen Sachsen GmbH
ihr neues Presswerk in Betrieb. Die nach den Maßgaben der
schlanken Produktion ausgebaute Fabrik verfügt über eine
Jahreskapazität von 250 000 Fahrzeugen und fertigt im
Jahr 1994 insgesamt 90 100 Golf, davon 1 469 Golf Ecomatic, die ausschließlich in Mosel gebaut werden. Zugeliefert
wird von der Motorenfabrik Chemnitz, die ab 1994 auch
die Werke Wolfsburg und Brüssel mit fertigen Motoren versorgt, und von der Zylinderkopffertigung Eisenach. An den
Standorten Mosel, Chemnitz und Eisenach sind 1994 rund
3 200 Mitarbeiter beschäftigt.
2 6 . A P R I L Die Volkswagen Aktiengesellschaft übernimmt die für die Polo Fertigung in Pamplona verantwortliche Gesellschaft Fábricia Navarra de Automóviles, S. A.,
die am 28. Dezember 1994 in Volkswagen Navarra, S. A.
umbenannt wird und im laufenden Jahr knapp 146 000
Polo fertigt.
4 . J U L I Im Werk Kassel geht das weltweit größte Ersatzteilzentrum in Betrieb, das für den internationalen Produktionsverbund des Volkswagen Konzerns die Ersatzteile
bereithält.
2 2 . A U G U S T Die dritte Generation des Polo, erstmals
als Viertürer erhältlich, wird in Paris der Presse vorgestellt.
Um 50 mm kürzer als sein Vorgänger ist der neue Polo in
seiner Kurzheckform von erstaunlicher innerer Größe und
Funktionalität. Der behagliche Innenraum mit Vollverkleidung, das Platzangebot, das ausgezeichnete Handling, die
gute Straßenlage, das Sicherheitspaket mit Airbags, ABS,
elektronischer Bremskraftverteilung, mechanisch-pyrotechnischen Gurtstraffern und einer verwindungssteifen
Karosserie sowie der 245 Liter fassende Gepäckraum machen den Polo zu einem funktionalen Fünfsitzer mit vielen
Anleihen beim Golf. Zunächst mit drei Otto- (33 kW/45 PS,
40 kW/55 PS und 55 kW/75 PS) und einem Dieselmotor
(47 kW/64 PS) angeboten, sorgt das Fünfgang-Schaltge­
triebe für gute Fahrleistungen und mit dem 1,6-LiterMotor für eine Höchstgeschwindigkeit von 172 Stundenkilometern. Der Dieselmotor begnügt sich bei konstant 90
Stundenkilometern mit 4,2 Litern Dieselkraftstoff. Der Polo
wird im spanischen Pamplona und in Wolfsburg gefertigt.
Auf die europäischen Märkte zielend, erfolgt die Markt­
einführung am 7. Oktober 1994. Die Preise beginnen bei
18 295 DM. Am 18. Juli 1997 erfolgt die Pressevorstellung
des Polo Variant in Bonn.
187
SCHLANKE FERTIGUNG IM WERK MOSEL
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.246.3923.042.383
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
135.144 254.176 853.940151.993
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
83.230
Inland 673.523 901.239
Angestellte
22.208
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
96.459
725.8252.206.558
Gesamt 1.399.3483.107.797
105.438 242.232
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
41.88680.041
5.282
165
5.651
150
1994
188 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1995
9 . M Ä R Z Der Sharan, die neue Großraumlimousine
von Volkswagen, feiert in Genf Weltpremiere. Positioniert
zwischen Passat Variant und der Caravelle, bietet der
Sharan viel Platz für bis zu sieben Personen. Mit seinem
One-Box-Design und der glatten Karosserielinie besitzt
das Multi Purpose Vehicle einen vorbildlich niedrigen
c w -Wert von 0,33. Die Sicherheitsfeatures, darunter
Seitenver­stär­k ungen, Gurtstraffer, Doppel-Airbags und
eine ver­w indungssteife Karosserie, machen den Sharan
ebenso hochwertig wie die Spitzenmotorisierung mit dem
VR6-Motor und 128 kW/174 PS Leistung, der den Wagen auf
eine Spitzengeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern
bringt. Sparfüchse benötigen mit den 66 kW/90 PS-Dieselmotor bei konstant 90 Stundenkilometern nur 4,9 Liter Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer. Gebaut in der gemeinsam
mit Ford errichteten Fabrik im portu­g iesischen Palmela, ist
der komfortable Reisebegleiter ab 41 950 DM zu haben. Die
Markteinführung erfolgt am 22. September 1995.
4 . J U L I Mit Einführung der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge wandelt die Volkswagen Aktiengesellschaft diesen
Unternehmensbereich in eine Konzernmarke um, die das
Nutzfahrzeuggeschäft verantwortlich koordiniert. Zum
1. Januar 2000 übernimmt die neue Marke auch die
industrielle Steuerung für die Nutzfahrzeugsparte der
Volkswagen do Brasil.
MARKE VOLKSWAGEN NUTZFAHRZEUGE
1 4 . S E P T E M B E R Die zweite Generation des vielseitigen
Stadtlieferwagens Caddy hat auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main Premiere. Als Kombi und als Kastenwagen ab Mitte Dezember lieferbar, bietet
der Caddy Platz für fünf Personen oder eine Ladefläche von
2,1 Quadratmeter und ein Ladevolumen von 2,9 Kubikmeter.
Die asymmetrische geteilte Hecktür erleichtert das Beladen.
Mit einer Nutzlast von 550 Kilogramm spricht der Caddy zum
einen kleinere und mittlere Gewerbebetriebe für Transporte
über kurze Strecken an. Darüber hinaus dient der im spanischen Matorell gefertigte Caddy als universell einsetzbares
Freizeit­fahrzeug. Zwei Ottomotoren mit 44 kW/60 PS und
55 kW/75 PS und zwei Dieselmotoren mit 47 kW/64 PS sorgen
für den erforderlichen Vortrieb. Der Einstiegspreis des
Caddy Kastenwagen beträgt 20 695 DM.
189
7 . O K T O B E R Mit der Markteinführung des 7,5-TonnenLkw L 80 erweitert Volkswagen Nutzfahrzeuge zunächst in
Deutschland sein Produktangebot nach oben. Ursprünglich
für den südamerikanischen Markt entwickelt und dort
schon mehr als 100 000 Mal verkauft, bietet der mit zwei
Radständen lieferbare Lkw für den Verteilerverkehr eine
wirtschaftlich attraktive Synthese aus bewährter Konstruktion und Innovation. Der 4,3-Liter-Vierzylinder-Dieselmotor
leistet 103 kW und erfüllt bereits die Euro-2-Abgasnorm.
Der Markterfolg des im brasilianischen Ipiranga gefertigten leistungsstarken und extrem robusten 7,5-Tonnen-Lkw
bleibt allerdings in Europa weit hinter den Erwartungen
zurück.
SHARAN
L 80
1995
190 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 6 . N O V E M B E R Gesamtbetriebsrat und Unternehmensleitung der Volkswagen Aktiengesellschaft unterzeichnen
eine Betriebs­v ereinbarung zum Umweltschutz. Sie schreibt
Regeln für den sparsamen und sorgfältigen Umgang mit
Rohstoffen und Energie sowie für die verantwortungs­b e­
wusste Behandlung von Abfällen, Emissionen, Abwässern
und Gefahrenstoffen fest. Die Betriebsvereinbarung folgt
dem Prinzip „Vermeiden geht vor Verringern, Verringern
vor Verwerten, Verwerten vor Entsorgen.“ Die Forschungsund Entwicklungsarbeiten, die seit Beginn der 1980erJahre den genannten umweltpolitischen Leitlinien folgen,
werden noch stärker auf die Umweltverträglichkeit von
Automobilen und Fertigungsprozessen fokussiert. Zu den
Forschungsschwerpunkten gehören die Optimierung der
Otto- und Dieselmotoren, elektronische Kontroll- und
Steuerungssysteme, eine verbesserte Aerodynamik, die
Leichtbauweise, die recyclinggerechte Konstruktion und
der Einsatz von umweltverträglichen Stoffen und Komponenten, wie FCKW-freie Klimaanlagen oder lösemittelarme
Lacke. Mit der Präsentation seines ersten Umweltberichts
am 20. Dezember 1995, der zahlreiche Errungenschaften,
aber auch Aufgaben des modernen betrieblichen und produktbezogenen Umweltschutzes ausweist, vertieft Volkswagen
seinen Dialog mit Umweltverbänden und Kunden und zeigt
sich auch auf dem Feld der Nachhaltigkeitskommunikation
als Innovator.
1 7 . N O V E M B E R In Pacheco bei Buenos Aires nimmt die
Volkswagen Argentina S. A. ein neues Automobilwerk mit
einer Jahreskapazität von 150 000 Fahrzeugen in Betrieb.
Die Fabrik, in der das Erfolgsmodell Golf und ab 1996 der
Polo gefertigt werden, arbeitet nach dem Modul-Konzept:
Die Zulieferer montieren auf dem Werksgelände u.a.
Instrumententafeln, Türen und Kraftstoffbehälter, die sie
anschließend in eigener Verantwortung in die Fahrzeuge
einbauen.
191
WERK PACHECO DER VOLKSWAGEN ARGENTINA
CADDY
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.317.6563.408.422
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
141.355 260.169 815.875382.785
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
79.031
Inland 657.604 937.323
Angestellte
21.667
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland
117.147
917.9312.504.623
Gesamt 1.575.5353.441.946
100.698 259.342
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
44.59888.119
5.618
410
6.863
336
1995
192 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1996
2 2 . A P R I L Die zweite Generation des Volkswagen LT wird
auf der Hannover-Messe vorgestellt. Der in drei Längen und
mit vier Dieselmotoren lieferbare Lasttransporter ist das
Ergebnis einer Entwicklungsgemeinschaft mit Daimler-­
Benz und baugleich mit dem Mercedes Sprinter. Der
Volkswagen LT wird im Werk Hannover hergestellt und
ist in vielen Karosserievarianten erhältlich.
2 7 . A U G U S T Bis Monatsende wird in Dresden die fünfte
Passat Generation den internationalen Medien vorgestellt.
Mit einem Kuppeldach in eine dynamische Form gebracht,
steigt der Mittelklassewagen in eine höhere Dimension der
Wertigkeit und vorbildlichen Langlebigkeit auf. Technik,
Sicherheitskonzept und Komfort machen ihn „aufregend
elegant, beruhigend sicher“. In drei Ausstattungslinien
lieferbar, sorgen fünf Ottomotoren für eine Leistung zwischen 74 kW/100 PS und 142 kW/192 PS. Zwei TDI-Motoren
leisten 66 kW/90 PS und 81 kW/110 PS. Die Preise beginnen
bei 34 950 DM. Die Fertigung erfolgt in den Werken Emden
und Zwickau. Passat Variant und Passat syncro werden vom
20. Mai 1997 an in Hamburg den Medien vorgestellt.
1 . N O V E M B E R Die Volkswagen do Brasil S. A. eröffnet
in Resende im Bundesstaat Rio de Janeiro eine Lkw- und
Bus-Fabrik mit einer Jahreskapazität von rund 30 000
­Fahrzeugen. Am 12. Oktober des Jahres hat die neue
Motorenfabrik in São Carlos im Bundesstaat São Paulo
die Fertigung aufgenommen. Komponenten liefern die
Motorenwerke in Salzgitter und Chemnitz zu. Durch den
Ausbau der Produktionsanlagen schließt Volkswagen auf
dem südamerika­n ischen Markt die Kapazitätslücke, die
nach Beendigung der Zusammenarbeit mit Ford entstanden
ist. 1997 setzt die Volkswagen do Brasil, die zum Jahresende rund 31 000 Mitarbeiter beschäftigt, 609 000 Fahrzeuge
ab und bleibt damit Marktführer s­ owohl bei den Pkw (32,6
Prozent) als auch im Segment der leichten Nutzfahrzeuge
(25,8 Prozent).
4 . N O V E M B E R Der Beschluss des Markenvorstands,
das Werk Braunschweig in eine Business Unit umzuwandeln, treibt die beim Komponentenhersteller eingeleitete
Entwicklung zum Systemlieferanten voran und stärkt
dessen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der internationalen Zulieferindustrie. Dem ersten Konzernstandort, der
als ergebnisverantwortliche, weitgehend selbstständige
Geschäftseinheit operiert, kommt eine Vorbildfunktion für
die Transformation weiterer Werke zu. Die Business Unit
Braunschweig nutzt die gewonnene Autonomie zum Ausbau
der Entwicklungskompetenz und Prozessflussverantwortung sowie zum Einstieg in zukunftsweisende Fertigungstechnologien.
LT PRÄSENTATION
193
LKW-FERTIGUNG IN RESENDE
PASSAT
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.331.8863.976.896
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
141.454 260.466 828.574513.720
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
74.569
Inland 675.864 958.522
Angestellte
20.607
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.016.454 3.035.790
123.042
Gesamt 1.692.3183.994.312
95.176 260.811
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
49.891100.123
3.725
630
8.742
678
1996
194 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1997
1 5 . A P R I L Mit der Auflösung des zuständigen Vorstandsressorts nimmt der Volkswagen Konzern eine organisatorische Neuordnung für die Region Asien-Pazifik vor, die in die
­B ereiche China, Japan und Singapur gegliedert wird. Die
als Regionalimporteur tätige Volkswagen Group Singapore
Pte. Ltd. steuert die Konzernaktivitäten auf den CKD- und
FBU-Märkten im südostasiatischen und pazifischen Raum,
um näher an den strategisch wich­t igen Ländern Taiwan,
Thailand, Australien und Neuseeland zu operieren.
1 . A U G U S T Die am 14. Juli unterzeichneten Tarifver­
träge für die Volkswagen Aktiengesellschaft treten in Kraft.
Sie verlängern die Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung
bis Ende 1999, wobei die im Kern beibehaltene Viertage­
woche durch eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit
den Produktionserfordernissen angepasst wird. Wichtigster Bestandteil der Tarifvereinbarungen ist eine Altersteilzeitregelung, die weiterhin einen gleitenden Übergang in
den Ruhestand ermöglicht.
1 0 . A U G U S T Die vierte Golf Generation wird in Bonn
den Medien vorgestellt und ab 12. September auf der
Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am
Main gezeigt. Das Karosseriedesign mit dem langen Dach,
dem steilen Heck und der geschwungenen C-Säule greift
die Formensprache der ersten Golf Generation prägnant
auf und setzt mit einer fehlerlosen Optik, verringerten
Spaltmaßen, absoluter Bündigkeit und einem harmonischen Fugenverlauf einen neuen Qualitätsstandard in der
nach ihm benannten Kompaktklasse. Der Qualitäts- und
Anmutungssprung des neuen Golf verdankt sich einem
schlanken Fertigungsprozess sowie dem Einsatz moderns­ter
Techno­logien wie dem Laserschweißen. Ausdruck seiner
Vielfalt ist auch, dass der Kunde anfänglich schon zwischen
fünf Otto- und drei Dieselmotoren zwischen 50 kW/68 PS
und 110 kW/150 PS wählen kann. Verbesserte Aerodynamik
und modernste TDI-Motoren drücken den Kraftstoffverbrauch
auf 4,9 Liter pro 100 Kilometer. Die Preise für die im
Werk Wolfsburg gefertigten Golf Modelle beginnen bei
25 700 DM.
195
GOLF WERBUNG
GOLF
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.187.8694.290.875
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
155.436 380.157 625.336593.392
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
77.713
Inland 668.485 992.886
Angestellte
21.049
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.068.198 3.257.528
133.906
Gesamt 1.736.6834.250.414
98.762 279.892
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
54.285113.245
7.840
966
9.843
1.361
1997
196 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1998
5 . J A N U A R Der New Beetle hat auf der Detroit Motor
Show seine Weltpremiere. Nicht als Tochter des legendären
Beetle erdacht, sondern als Schwester des neuen Golf bildet
der New Beetle einen zeitgemäßen Designausdruck einer
ganzen Generation. Vor allem in den USA löst das Modell
eine regelrechte Beetlemania aus. Unter dem sympathisch
gerundeten Blechkleid mit den großen Augen steckt modernste Technik, die sich in der vierten Golf Generation
bewährt hat. Auf Basis der Plattform-Strategie konstruiert,
entsteht der New Beetle im Werk Puebla der Volkswagen
de Mexico S.A. de C.V., das mit schlanker Fertigung für die
qualitative Hochwertigkeit sorgt. Zur Markteinführung
sind jeweils ein Otto- und Dieselmotor zu Preisen ab
34 950 DM lieferbar. Der New Beetle legt große Gefühle
frei und beschert Volkswagen in den USA ein deutliches
Absatzplus.
5 . M Ä R Z Das Golf Cabriolet zeigt sich auf dem Genfer
Automobil-Salon in neuer Form. Der offene Viersitzer, der
technisch auf der dritten Golf Generation basiert, orientiert
sich in seinem Erscheinungsbild an der aktuellen vierten
Generation mit den innovativen Doppelscheinwerfern und
klarer Streuscheibe. Die weit nach unten gezogene Motorhaube und das vergrößerte Volkswagen Logo machen das
neue Golf Cabriolet noch markanter. Mit aufgewerteter
Ausstattung und dem bewährten Motorenangebot aus vier
Otto- und zwei Diesel­a ggregaten richtet sich das Golf Ca­
brio­let an Menschen, die den Genuss lieben und den hohen
Sicherheitsstandard des stabilen Überrollbügels schätzen.
Das Golf Cabriolet, das bei Karmann in Osnabrück gefertigt
wird und ab 36 650 DM zu haben ist, findet im Jahr 1998
39 126 glückliche Erstbesitzer.
NEW BEETLE
1 3 . M A I Volkswagen gründet die Motor Polska Sp.z o.o.
mit Sitz in Polkowice. Nach knapp einjähriger Bauzeit wird
das neu errichtete Motorenwerk mit einer Jahreskapazität
von maximal 540 000 Motoren am 25. August 1999 eröffnet.
Der Standort Polkowice beliefert Fahrzeug bauende Werke
des Volkswagen Konzerns mit Vierzylinder-Dieselmotoren
neuester Technologie.
1 3 . M A I Der Volkswagen Welt-Konzernbetriebsrat konstituiert sich. Am 20. Mai 1999 wird der Vertrag zwischen
den Arbeitnehmervertretern und der Konzernleitung
unterzeichnet. Zum Präsidenten des internationalen
Arbeitnehmergremiums wird Klaus Volkert gewählt.
197
2 4 . J U L I Die Audi AG erwirbt die Automobili Lamborghini
S.p.A. und bringt damit den für seine kompromisslosen
Sportwagen berühmt gewordenen Hersteller in Sant' Agata
Bolognese unter das Konzerndach.
LOGOS DER MARKEN BENTLEY,
BUGATTI UND LAMBORGHINI
3 . J U L I Der Volkswagen Konzern weitet durch den Kauf
der Marke Bentley sein Angebot im Luxussegment aus. Die
Volkswagen Group United Kingdom übernimmt die RollsRoyce Motor Cars Ltd., die ab September 2002 unter der
Firma Bentley Motors Ltd. im englischen Werk Crewe
Modelle der Marke Bentley fertigt.
1 0 . J U L I Die Bugatti International S.A. Holding, die die
Markenrechte an dem früheren Automobilhersteller hält,
geht in den Besitz der Volkswagen Group France S. A. über.
Am 22. Dezember 2000 wird die Bugatti automobiles S.A.S.
zur Entwicklung und Herstellung von einzigartigen Luxussportwagen gegründet.
3 1 . A U G U S T Der sparsame und liebenswerte Kleinwagen Lupo wird in Genf den Medien vorgestellt. Damit schafft
Volkswagen im wachsenden Kleinwagensegment ein attraktives Angebot. Nur 3 527 mm lang, bietet der kompakte
Wagen Platz für bis zu fünf Personen. Die Frontgestaltung
mit den großen Rundscheinwerfern geben dem Lupo ein
sympathisches Gesicht. Wie alle Volkswagen geht er bei der
Sicherheit keine Kompromisse ein. Als Antrieb stehen ein
1,0- und ein 1,4-Liter- Ottomotor mit 37 kW/50 PS bzw.
55 kW/75 PS sowie ein Dieselmotor mit 44 kW/60 PS zur
Wahl. Der Lupo mit Dieselmotor begnügt sich auf 100
Kilometer mit durchschnittlich 4,4 Liter Dieselkraftstoff.
Im Namen, der italienischen Bezeichnung für Wolf, klingt
die Herkunft aus dem Werk Wolfsburg an. Der Einstiegspreis beträgt 17 990 DM.
1 1 . S E P T E M B E R Für die während des Zweiten Weltkriegs in der damaligen Volkswagen Gesellschaft tätigen
Zwangsarbeiter richtet die Volkswagen Aktiengesellschaft
einen Humanitären Fonds ein, aus dem mehr als 2 150 persönlich Betroffene eine finanzielle Leistung erhalten.
1997
198 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 4 . S E P T E M B E R Die Pressepräsentation des Bora, der
neuen Stufenhecklimousine auf technischer Basis des Golf,
findet bis zum 18. September auf Sardinien statt. Benannt
nach dem frischen Adria-Wind verkörpert der Bora, der in
den USA weiterhin den eingeführten Namen Jetta trägt, die
jugendlich-dynamische Version einer Stufenhecklimousine
mit vier Türen, sportlichem Design und hohem Fahrkomfort. 4 376 mm lang und mit einem Radstand von 2 513 mm
MOTOR POLSKA
bietet der Bora fünf Personen bequem Platz. Das Design ver­mittelt Sportlichkeit, Stärke und Dynamik; vier Ottomotoren
mit bis zu 110 kW/150 PS Leistung bringen den Bora inner­
halb von 9,1 Sekunden auf 100 Stundenkilometer und auf
eine Spitzengeschwindigkeit von 216 Stundenkilometern.
Die beiden Dieselmotoren kommen im Mix mit 5 Litern
Dieselkraftstoff aus. Ein Gepäck­r aum mit 455 Litern Fassungsvermögen hat Platz für die Urlaubskoffer. Die Preise
beginnen bei 32 500 DM.
LUPO
199
BORA
GOLF CABRIOLET
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.470.8504.822.679
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
154.982 504.403 894.540588.404
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
81.625
Inland
Angestellte
22.167
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
873.2241.152.604
Ausland 1.412.6603.595.214
142.481
Gesamt 2.285.8844.747.818
103.792 297.916
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
74.381134.243
Investitionen
7.796
Gewinn
1.241
13.913
2.243
1998
200 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1999
4 . F E B R U A R Durch Gründung der Volkswagen (China)
Investment Company Ltd. in Peking bündelt der Volkswagen
Konzern seine bestehenden und zukünftigen Investitionen
in China unter dem Dach einer Holding, um neue Automobil­projekte schneller umzusetzen.
1 . A P R I L Die Volkswagen Financial Services AG weitet
durch die Übernahme der Wolfsburger Volkswagen-Versicherungsdienst GmbH (V VD) ihre Geschäftsfelder aus. Der
1948 von Heinrich Kurig gegründete und später zum Besitz
der Holler-Stiftung gehörende V VD bietet Volkswagen Kunden umfangreiche Kfz-Versicherungsleistungen an. 2001
bestehen beim V VD mehr als 1,3 Millionen Verträge. Um
die Versicherungsaktivitäten des Volkswagen Konzerns zu
bündeln, wird der Volkswagen Financial Services AG zum
1. Januar 2005 die 1976 gegründete V W-Versicherungsvermittlungs-GmbH übertragen, die sich erfolgreich als
Dienstleister für Insurance und Risk Management betätigt.
nur 5,0 Litern Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer. Die
Preise des Bora Variant beginnen bei 34 400 DM, die des
Golf Variant bei 29 500 DM.
2 8 . A P R I L In Berlin werden die beiden Kompaktkombis
Golf Variant und Bora Variant internationalen Medien­
vertretern vorgestellt. Während der 4,41 Meter lange Bora
Variant als Kombi mit einem Gepäckabteil mit 460 Litern
Fassungs­v ermögen auf freizeitorientierte Fahrer mit
sportlichen und luxuriösen Ansprüchen abzielt, richtet
sich der Golf Variant mit seiner klaren und sachlichen
Karosseriege­staltung an alle, die in der Klasse der kompakten Kombis einen praktischen, qualitativ hochwertigen
und sicheren Volkswagen suchen. Das Motorenangebot beim
Bora Variant umfasst anfänglich drei Otto- und zwei Dieselmotoren mit einer Leistung bis zu 110 kW/150 PS. Der Golf
Variant, der bei umgelegter Rücksitzbank ein Koffferraumvolumen von bis zu 1 470 Litern bietet, punktet beispiels­
weise mit dem 66-kW-Dieselmotor mit dem Verbrauch von
5 . J U L I Mit dem Lupo 3L TDI, der in Göteborg den Ver­tretern der internationalen Medien vorgestellt wird, schreibt
Volkswagen ein Stück Automobilgeschichte. Der zwei­t ürige,
3,53 Meter lange Kleinwagen, der mit einem vollen 34-­L iterTank über 1 000 Kilometer weit fährt, ist weltweit das erste
in Serie gebaute 3-Liter-Auto. Sein extrem niedriger Kraft­stoffverbrauch resultiert aus dem hochentwickelten Drei­zylinder-TDI-Motor und der Leichtbauweise. Türen, Kot­
flügel und Hauben sind aus Aluminium, die Heckklappe aus
Magnesium. Ähnlich leichte Werkstoffe werden auch bei
den Achsen und der Aufhängung verwendet. Infolgedessen
wiegt der Lupo 3L TDI nur 830 Kilogramm, bei zugleich
­optimierter Aerodynamik. Sparsam im Verbrauch von
Energie und Rohstoffen, setzt der 3-Liter-Lupo neue Standards im Umweltschutz.
GOLF VARIANT
201
BORA VARIANT
LUPO 3L TDI
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.365.0204.853.192
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
148.886 438.466 841.625414.066
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
80.480
Inland
Angestellte
23.723
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
802.1921.104.221
Ausland 1.385.497 3.818.775
147.959
Gesamt 2.187.6894.922.996
104.203 306.275
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
78.417147.013
Investitionen
6.159
Gewinn
1.276
14.741
1.651
1999
202 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2000
1 . M Ä R Z Die dritte von der Shanghai Volkswagen errichtete Automobilfabrik mit Presswerk, Karosseriebau, Lackie­rerei und Montage nimmt die Produktion auf. Gebaut wird
die verlängerte China-Version der Passat Limousine, die
mit einem Jahresvolumen von 30 000 Einheiten lediglich
ein Fünftel der vorhandenen Kapazitäten belegt. Ein Teil
der Passat Fertigung geht in den Export nach Bangkok, wo
die Volkswagen Aktiengesellschaft in Zusammenarbeit mit
der Firma Yontrakit eine CKD-Fertigung für jährlich 10 000
Fahrzeuge aufbaut und Anfang 2000 die Passat Montage
aufnimmt. Zur langfristigen Sicherung seiner Marktposition in China baut Volkswagen 2001 die Produktpalette weiter
aus. In Changchun läuft ab August der Bora vom Band; in
Shanghai beginnt im Dezember die Serien­fertigung des
Polo. Um die Getriebe beider Modelle vor Ort zu fertigen,
wird am 31. Oktober 2001 das Gemeinschaftsunternehmen
Volkswagen Transmission (Shanghai) C
­ ompany Ltd. gegründet. Die Volkswagen Aktiengesellschaft hält 60 Prozent des
Gesellschaftskapitals und damit erstmalig die Mehrheit
an einem deutsch-chinesischen Produktions-Joint-Venture.
Am 28. Januar 2003 wird das neu errichtete Getriebewerk in
Shanghai eröffnet, das in der ersten Ausbaustufe über eine
Jahreskapazität von 180 000 Einheiten verfügt.
1 4 . A P R I L Mit einer Aktienbeteiligung von 18,7 Prozent
und 34 Prozent der Stimmrechte an dem schwedischen
Automobilhersteller Scania AB baut die Volkswagen Aktiengesellschaft ihre Position auf dem internationalen Nutzfahrzeugmarkt aus.
1 . J U N I Der Volkswagen Konzern eröffnet die in Wolfsburg erbaute Autostadt. In diesem erlebnisorientierten
Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum werden erstmals
auch die Auslieferungen von Fahrzeugen an Handelskunden abgewickelt. Als Center of Excellence begründet die
Auto­stadt einen innovativen Service, mit dem Volkswagen
die Bindung der Kunden an die im Konzern versammelten
Marken verstärkt und neue Käuferschichten erreicht.
203
AUTOSTADT IN WOLFSBURG
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.170.4115.156.455
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
162.699 631.852 915.383463.163
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
79.645
Inland
Angestellte
25.030
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
731.7641.018.923
Ausland 1.511.803 4.142.265
160.274
Gesamt 2.243.5675.161.188
104.675 324.402
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . D M )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
84.975167.331
Investitionen
8.878
Gewinn
1.612
17.120
4.032
2000
204 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2001
1 . J A N U A R Die in Alexandria gegründete Importeurs­
gesellschaft Volkswagen Group Australia Pty. Ltd. nimmt
den Vertrieb von Volkswagen auf, um die Erschließung des
australischen Marktes in eigener Regie voranzutreiben.
Das neue Hauptquartier mit 60 Beschäftigten wird am
17. März des Jahres eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt ist
Volkswagen die meistverkaufte europäische Marke in
Australien. Im Wettbewerb mit den dominierenden
amerikanischen und japanischen Herstellern setzt die
australische Tochter auf ein vorbildliches Händler- und
Servicenetz. Speziell durch die Bevorratung mit Ersatzteilen sollen die Reparaturzeiten verkürzt und damit die
Kundenzufriedenheit gehoben werden. Ende 2001 sind
Ausbau und Neuausrichtung der Verkaufsorganisation
abgeschlossen.
1 6 . A U G U S T Zur Fertigung eines Kompaktvans auf
Basis der Golf Plattform gründet Volkswagen die Auto 5000
GmbH, die auf dem Werksgelände in Wolfsburg eine Fabrik
einrichtet. Für die im Dezember 2002 anlaufende Produktion mit flachen Hierarchien, Teamarbeit und mehr Prozesskompetenz für die Beschäftigten ist mit der IG Metall ein
spezielles Tarifmodell entwickelt worden. Es überträgt die
Verantwortung für die vereinbarte Stückzahl und Qualität direkt auf die Mitarbeiter. Die tägliche Arbeitszeit ist
flexibel und an der Programmerfüllung orientiert. Mit dem
Fertigungskonzept ist ein Qualifizierungsmodell verbunden, das auf individuelle Lernbereitschaft und eigenverantwortliches Lernen der Mitarbeiter setzt. Der allgemeinen
Qualifizierung schließt sich eine dreistündige Weiterbildung pro Woche an, die nach zwei Jahren zum Erwerb des
Zertifikats Automobilbauer IHK berechtigt. Die Auto 5000
GmbH beschäftigt 3 500 Mitarbeiter.
2 9 . O K T O B E R Die vierte Generation des Polo wird den
internationalen Medien auf Sardinien vorgestellt. Stilistisch und technologisch definiert der neue Polo eine eigene
Klasse zwischen Golf und Lupo. Bei k
­ ompakten, leicht
gewachsenen Außenabmessungen verfügt er im Vergleich
zu seinem Vorgänger über einen größeren Innenraum, der
sich durch Komfort, Ergonomie und hohe Materialgüte auszeichnet. Das Fahrwerk mit einer neuen Verbundlenker­
hinterachse und optimierter Einzelradaufhängung ist
ebenso agil wie sicher. Der Polo ist anfangs mit sieben
Motorvarianten von 40 kW/55 PS bis 74 kW/100 PS lieferbar. Die Preise beginnen bei 11 225 EUR.
205
POLO
TOURAN FERTIGUNG
2001
206 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 1 . D E Z E M B E R Knapp zweieinhalb Jahre nach der
Grundsteinlegung am 27. Juli 1999 eröffnet Volkswagen
die in Dresden errichtete Gläserne Manufaktur. Die mit
schallisolierten Fenstern rundum verglaste Produktionsstätte basiert auf einem neuartigen Fertigungskonzept, das
in einer transparenten Architektur die industrielle Automobilproduktion mit hochwertiger Handarbeit verbindet.
Gleichermaßen neue Akzente setzt die Gläserne Manu­fak­t ur als Dienstleistungszentrum, indem sie den Ferti­
gungs­prozess als Attraktion inszeniert. Die individuelle
Kunden­b etreuung bietet Käufern erstmals die Möglichkeit,
das Entstehen des eigenen Autos hautnah mitzuerleben.
Da­­durch soll die emotionale Bindung an die Marke
Volkswagen verstärkt werden.
POLO WERBUNG
207
GLÄSERNE MANUFAKTUR IN DRESDEN
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.103.5055.107.945
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
151.722 737.449 855.368391.219
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
79.557
Inland 692.659 968.502
Angestellte
26.004
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.463.3044.138.640
155.755
Gesamt 2.155.9635.107.142
105.561 322.070
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
44.19788.540
4.294
918
15.191
2.926
2001
208 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2002
1 . J A N U A R Die Volkswagen Aktiengesellschaft erwirbt
von Scania dessen hälftigen Anteil an dem schwedischen
Importeur Svenska Volkswagen AB. Die 1968 gegründete
Gesellschaft, die inzwischen auch für die Einfuhr und den
Vertrieb der Marken Volkswagen, Audi, Seat, Škoda und
Porsche zuständig ist, geht damit in den Besitz des Wolfsburger Unternehmens über.
6 . M Ä R Z Der Phaeton hat auf dem Genfer Auto-Salon
seine Weltpremiere. Mit der 5,06 Meter langen, 1,90 Meter
breiten und 1,45 Meter hohen Stufenhecklimousine fährt
Volkswagen erst­m als in die automobile Oberklasse hinein.
Sein Design ist bis ins letzte Detail ausdrucksstark und progressiv. Die Sicherheitsausstattung, die Luftfederung, die
verwindungssteife Karosserie, die zugfreie Klimaanlage,
die intuitive Bedienbarkeit, die hochwertige Innenraumgestaltung sowie die Verarbeitungsqualität unterstreichen
das Selbstbewusstsein des Modells, das die gestiegene
Wertigkeit der Marke Volkswagen verkörpert. Bei Markteinführung stehen mit dem W12-Motor die Topmotorisierung
mit 309 kW/420 PS sowie als Einstiegsmotorisierung ein
V6-Ottomotor zur Verfügung. Die Preise beginnen bei
56 200 EUR.
1 6 . A P R I L Der Aufsichtsrat bestellt Bernd Pischetsrieder
zum Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen Aktiengesellschaft.
1 6 . A P R I L Ferdinand Piëch übernimmt den Vorsitz im
Aufsichtsrat der Volkswagen Aktiengesellschaft.
2 5 . J U N I Der Golf überholt den legendären Käfer auf
der Erfolgsspur und wird mit 21 517 415 gefertigten Fahrzeugen zum meistgebauten Volkswagen Modell. Nahezu
40 000 Mitarbeiter in den Werken Wolfsburg, Mosel,
Brüssel, Bratislava, Uitenhage und Curitiba bauen arbeitstäglich mehr als 3 600 Golf.
209
BERND PISCHETSRIEDER
FERDINAND PIËCH
DAS MEISTGEBAUTE VOLKSWAGEN MODELL:
DER GOLF
2002
210 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2 6 . S E P T E M B E R Der Touareg hat auf dem Autosalon in
Paris seine Weltpremiere. Ab 30. September testen Journalisten aus aller Welt den neuen Geländewagen der Oberklasse, mit dem die Marke Volkswagen erfolgreich ein neues
Marktsegment erschließt. Sein Fahrzeugkonzept verbindet
die Eigenschaften eines hochwertigen Geländewagens mit
dem Komfort einer Oberklasselimousine und der Dynamik
eines Sportwagens. Neue Maßstäbe in seiner Klasse setzt
der Touareg vor allem durch die höhenverstellbare Luft­
federung und das V10 -TDI-Triebwerk – mit 230 kW/313 PS
bei einem Drehmoment von 750 Nm der stärkste PkwDieselmotor der Welt. 2003 wird der Touareg als „Bester
Geländewagen der Luxusklasse“ ausgezeichnet und in den
USA zum Sport Utility Vehicle des Jahres 2004 gekürt. Der
Touareg R5 TDI kostet ab 38 400 EUR. Die Fertigung erfolgt
bei der Volkswagen Slovakia, a.s. in Bratislava.
1 0 . O K T O B E R Das New Beetle Cabriolet wird in Miami
der Weltpresse vorgestellt. Unter dem Motto „Open your
heart“ steht das Cabriolet für offene Emotionalität, Opti­
mismus und Lebensfreude. Der offene Viersitzer mit
Aus­­strahlung, im mexikanischen Puebla gebaut, besitzt
zudem einen im Bedarfsfall automatisch ausfahrenden
Überrollschutz, der unter Beibehaltung der hohen Sicherheitsstandards ein avantgardistisches Design ermöglicht.
In Deutschland ab dem 27. März 2004 unter der Headline
„Hello Sunshine“ beworben, kann der Kunde zwischen
vier Ottomotoren mit einer Leistung bis zu 110 kW/150 PS
und einem TDI-Motor mit 74 kW/100 PS wählen. Das offene
Vergnügen ist für Preise ab 20 075 EUR zu haben.
TOUAREG
211
NEW BEETLE CABRIOLET
PHAETON
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
956.6175.023.264
BELEGSCHAFT
T4
Passat
Golf
Polo
137.913 709.897 774.718523.512
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
78.360
Inland 641.505 907.966
Angestellte
26.344
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.421.8784.088.213
157.887
Gesamt 2.063.3834.996.179
104.704 324.892
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
43.08786.948
Investitionen
3.870
Gewinn
1.036
16.016
2.597
2002
212 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2003
1 7 . F E B R U A R Der Touran, der neue multivariable Kompaktvan von Volkswagen, erlebt seine Pressepräsen­t ation in
Estepona bei Malaga. Mit fünf und optional sieben Einzelsitzen, einem variablen Innenraumkonzept und dem aus­
gesprochen guten Platzangebot mit maximal 1 989 Litern
Gepäckraumvolumen eignet sich der auf Basis der Golf
Plattform entwickelte Kompaktvan für vielfältige Zwecke.
Das Fahrwerk mit einer überarbeiteten Federbein-Vorderachse und einer innovativen Vierlenker-Hinterachse sorgt
zusammen mit ESP für ein Höchstmaß an Stabilität, Komfort und Agilität. Das Motorenangebot umfasst im Startjahr
drei Otto- und zwei Dieselmotoren zwischen 74 kW/100 PS
und 110 kW/150 PS. Die Preise beginnen bei 21 100 EUR.
Vom Start weg übernimmt der Touran in Deutschland in seiner Fahrzeugklasse die Marktführerschaft. Bis Jahresende
werden mehr als 101 000 Touran verkauft.
2 8 . F E B R U A R Die Gründung der Volkswagen Individual
GmbH folgt der konzernweit verbindlichen Leitlinie, die
differenzierten Bedürfnisse und Wünsche der Kunden umfassend zu erfüllen. Die neue Gesellschaft positioniert sich
als Anbieter für exklusive, individuell veredelte und sportliche Fahrzeuge der Marke Volkswagen. Ab 2010 übernimmt
die R GmbH das Geschäft, das um Indivualisierungspakete
und Aussstattungslinien erweitert wird.
9 . M A I Die fünfte Transporter Generation kommt mit
zahlreichen Modellvarianten in den Handel. Während der
Multivan und das Freizeitmobil California auf Privatkunden zielt, findet der als Kastenwagen, Kombi oder Pritsche
gebaute Transporter seine Käufer vor allem im gewerb­
lichen Bereich. Die enorme Variabilität als gemeinsames
Merkmal aller Produktgruppen sorgt für individuelle,
praxisgerechte Lösungen und die universelle Einsetzbarkeit der Fahrzeuge. Zwei Ottomotoren mit 85 kW/115 PS
und 173 kW/235 PS sowie drei Dieselmotoren zwischen
77 kW/104 PS und 128 kW/174 PS machen den Transporter fünfter Generation schnell und sparsam. Trotz einer
Gesamtlänge von 4,98 Meter ermöglicht das Fahrwerk ein
Handling wie im Pkw. McPherson-Federbeine vorn und
die weiterentwickelte Schräglenker-Achse dienen dem gestiegenen Federungskomfort.Die Preise des Kastenwagens
beginnen bei 21 947 EUR, die des Multivan bei 36 117 EUR.
3 0 . J U L I Im Werk Puebla der Volkswagen de Mexico läuft
der letzte Käfer vom Band. Insgesamt fertigte Volkswagen
21 529 464 Exemplare dieses legendären Modells.
213
2 2 . S E P T E M B E R Internationale Medienvertreter lernen
bis zum 13. Oktober in Wolfsburg die fünfte Golf Generation
kennen. Sein Design gibt dem Golf ein kraftvolles und dyna­
misches Aussehen. Als weltweit erstes Groß­s erienauto mit
Stahlkarosserie besitzt der Golf im Modulsystem aufgebaute Türen, sodass im Schadensfall anstatt der kompletten
Tür lediglich die Außenhaut ausgetauscht werden kann,
was Zeit und Kosten spart. 70 Meter Laserschweißnähte erhöhen seine Karosseriesteifigkeit. Das Sicherheitsfahrwerk
mit einer stark verfeinerten Feder­b ein­a chse vorn und einer
neu entwickelten Mehrlenker­a chse garantiert Sportlichkeit bei verbessertem Fahrkomfort. Die Wirtschaftlichkeit
der Motoren hat Volkswagen um eine kraftstoffsparende
Innovation in der Getriebetechnologie ergänzt. Als eines
der ersten Modelle ist der Golf fünfter Generation mit dem
neu entwickelten Doppelkupplungsgetriebe DSG lieferbar,
das dem Volkswagen Konzern einen Wettbewerbsvorsprung
verschafft. Extrem kurze Schaltzeiten sorgen etwa in Kombination mit dem später verfügbaren 3,2-Liter-VR6-Motor
für überragende Fahrleistungen bei deutlich verringertem
Verbrauch. Der Golf läuft zunächst in den Werken Wolfsburg, Zwickau und Brüssel vom Band.
GOLF
1 . O K T O B E R Die neun selbstständigen deutschen Vertriebsgesellschaften werden in der Volkswagen Original
Teile Logistik GmbH & Co. KG mit Sitz in Baunatal zusammengeführt, um den Vertrieb von Originalteilen auf dem
deutschen Markt zu fördern. Volkswagen hält 52 Prozent
der Anteile, die restlichen befinden sich im Besitz von
Volkswagen Händlern.
2003
LETZTER KÄFER
214 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 6 . O K T O B E R Bis zum 25. Oktober ist der neue Caddy
auf der Nutzfahrzeugmesse RAI in Amsterdam erstmals zu
sehen und geht am Standort Pozna ń in die Serienfertigung.
Der kompakte Stadtlieferwagen verkörpert den gelungenen
Kompromiss zwischen einem universellen Transportfahrzeug für die berufliche wie private Mobilität und einem Wagen zur Personenbeförderung. Der Frachtraum der KastenVersion ist um 300 Liter auf 3,2 Kubikmeter gewachsen; der
Kombi bietet auf Wunsch sieben Sitzplätze – ein Novum im
Segment der Stadtlieferwagen. Seine ausgereifte Technik
verdankt der Caddy dem neuen Golf und dem Touran, auf
deren Plattform er steht. Mehr als die Hälfte seiner Bauteile
stammen von diesen Modellen, sodass die Geschäftssparte
Nutzfahrzeuge beim Caddy von den Skaleneffekten einer
Großserie profitieren kann. Der Caddy startet im Frühjahr
2004 mit jeweils zwei Otto- und Dieselmotoren zu Preisen
ab 12 230 EUR.
1 . D E Z E M B E R Die Volkswagen Aktiengesellschaft und
die chinesische Regierung unterzeichnen eine Absichtserklärung, wonach die Zusammenarbeit durch die Fertigung
neuer Produkte und die Gründung weiterer Gemeinschaftsunternehmen intensiviert werden soll. Für den Volkswagen
Konzern hat sich die Volksrepublik China inzwischen zum
zweitgrößten Einzelmarkt nach Deutschland entwickelt, wo
2003 rund 698 000 Fahrzeuge abgesetzt werden. 298 000
Einheiten davon entfallen auf die FAW-­Volkswagen, die ihre
Modellpalette um den Audi A4, den New Audi A6 und den
Golf 4 erweitert hat. 2004 nimmt die FAW-Volkswagen ihr
zweites Automobilwerk in Betrieb.
TOURAN
215
CADDY
TRANSPORTER
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
993.7165.020.733
BELEGSCHAFT
T4/T5
Passat
Golf
Polo
154.959 727.594 647.067422.003
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
77.627
Inland 636.782 915.585
Angestellte
26.194
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.304.529 4.100.326
160.299
Gesamt 1.941.3115.015.911
103.821 336.843
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
45.42587.153
3.929
633
15.810
1.118
2003
216 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2004
1 3 . J U L I Auf dem chinesischen Zukunftsmarkt baut der
Volkswagen Konzern seine Fertigungskapazitäten aus.
Nach Gründung der Volkswagen FAW Platform Company
Ltd. in Changchun, die Fahrwerkskomponenten für die
Auto produzierenden chinesischen Gemeinschaftsunternehmen herstellt, folgen am 6. Dezember die Vertragsunterzeichnungen für zwei Motoren-Joint-Ventures. Die FAW
Engine (Dalian) Company Ltd. fertigt ab 2006 vorwiegend
emissionsarme Triebwerke für Mittelklassefahrzeuge, die
Shanghai Volkswagen Powertrain Company Ltd. Motoren
für Kleinwagen. Damit schließt Volkswagen die infolge des
Nachfragebooms entstandene Kapazitätslücke und erhöht
zugleich den local content der in China produzierten Modelle.
An den industriellen Neugründungen hält die Volkswagen
(China) Investment Company Ltd. jeweils 60 Prozent des
Gesellschaftskapitals.
4 . D E Z E M E R Auf der Bologna Motorshow hat der Golf
Plus seine Publikumspremiere. Das Modell mit seinen
1,59 Metern Höhe überragt die restliche Golf Familie um
fast 10 Zentimeter. Die Sitzposition im Golf Plus ist auf allen
Plätzen deutlich erhöht, was der besseren Übersicht dient.
Bei diesem Modell kann die Rücksitzbank um bis zu 16
Zentimeter längs verschoben werden. Mit umgeklappter
Rücksitzbank steht dann ein Kofferraumvolumen von bis
zu 1 450 Litern zur Verfügung. Der Golf Plus startet mit
zwei Otto- und zwei Dieselmotoren mit einer Leistung von
bis zu 103 kW/140 PS. Der Basispreis beträgt 16 740 EUR.
GOLF PLUS
217
GRUNDSTEINLEGUNG DER
SHANGHAI VOLKSWAGEN
VOLKSWAGEN PLATFORM COMPANY LTD.
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
934.9695.093.181
BELEGSCHAFT
T5
Passat
Golf
Polo
148.552 617.649 711.883334.143
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
76.479
Inland 660.322 940.200
Angestellte
26.041
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Ausland 1.332.7464.202.559
165.152
Gesamt 1.993.0685.142.759
102.520 342.502
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
47.70788.963
4.600
505
15.079
716
2004
218 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2005
7 . J A N U A R Der Jetta hat auf der Los Angeles Motorshow
Weltpremiere und wird im März auf dem US-Markt und im
August in Europa eingeführt. Nachdem der zweiten Jetta
Generation in Europa der Vento und der Bora gefolgt waren,
kehrt Volkswagen mit der fünften Generation zur weltweiten einheitlichen Bezeichnung des Jetta zurück. Mit der im
Werk Puebla in Mexiko gefertigten Stufenhecklimousine
vollzieht Volkswagen einen weiteren Globalisierungsschritt. Von seinem Vorgänger unterscheidet sich der Jetta
durch sein sportliches Design, das durch den in Chrom
gehaltenen V-förmigen Kühlergrill geprägt wird. Der großzügige Innenraum und das Kofferraumvolumen von 527
Litern machen die kompakte Limousine zum idealen Reise­
fahrzeug. Vier Ottomotoren, davon der leistungsstärkste
Direkteinspritzer mit 147 kW/200 PS, und zwei Dieselmotoren stehen zur Wahl. Das Basismodell kostet 19 200 EUR.
3 . M Ä R Z Die sechste Passat Generation hat seine Pu­bli­k umspremiere auf dem Genfer Automobil-Salon; i­ n der
athletischen Silhouette manifestiert sich ein Designsprung.
Die Frontpartie mit dem Chromwappen-Kühlergrill und
den augen­f örmigen Scheinwerfern verleiht der Marke
Volkswagen ihr zeittypisches Gesicht. Das neue Fahrwerk,
der komfortable Innenraum und der wiederum gewachsene
Kofferraum empfehlen den Passat als ideales Langstreckenfahrzeug. Für die Karosserie der Limousine und des Variant
werden hochfeste, durch Warmumformung ­hergestellte
Bau­teile verwendet, die höchsten C
­ rash­a nforderungen ge­nügen und ein Maximum an Sicherheit bieten. Die Moto­­r isierungspalette umfasst neben dem Basismotor mit 75 kW/
102 PS drei Ottomotoren mit homogener Direkteinspritzung. Drei TDI-Motoren von 77 kW/105 PS bis 125 kW/
170 PS machen den mit einem D
­ ieselpartikelfilter erhält­
lichen Passat zu einem gleichermaßen dynamischen
wie umweltverträglichen Auto – und das zu Preisen ab
22 100 EUR.
1 . A P R I L Auf der Auto Mobil International in Leipzig
wird der Fox in den europäischen Markt eingeführt. Das an
den Volkswagen Standorten in Brasilien und Argentinien
gebaute Fahrzeug bereichert die Modellpalette um ein funktionales Einstiegsmodell. Nur 3 828 mm lang, bietet der von
zwei Ottomotoren mit 40 kW/55 PS oder 55 kW/75 PS oder
einem Dieselmotor mit 55 kW/70 PS Leistung angetriebene
Kleinwagen Platz für vier. Bei umgeklappter Rücksitzbank
hat der Gepäckraum ein Volumen von maximal 1 016 Liter.
Mit einem Preis ab 8 950 EUR ist der Fox der günstigste
Volkswagen.
FOX PRÄSENTATION
219
PASSAT
FOX
BERND OSTERLOH
JETTA
2005
220 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
6 . J U L I Bernd Osterloh übernimmt den Vorsitz des
Gesamt- und Konzernbetriebsrats der Volkswagen Aktiengesellschaft.
1 3 . S E P T E M B E R Der Volkswagen Konzern stellt die seit
über 50 Jahren erfolgreiche Kooperation mit der Allianz AG
auf eine neue Grundlage. Durch Gründung einer eigenen
Rückversicherung, der Volkswagen Reinsurance AG, ge­w innt die Volkswagen Financial Services AG stärkeren
Einfluss auf die Entwicklung und Preisgestaltung der
Versicherungsprodukte, um ihre Dienstleistungen maßgeschneidert auf individuelle Kundenbedürfnisse auszurichten. Mit 1,6 Millionen Versicherungsverträgen und
einer breiten Palette von Finanzierungs- und Leasingangeboten ist der Braunschweiger Konzern inzwischen zum
größten automobilen Finanzdienstleister Europas aufgestiegen. Knapp die Hälfte der für 2005 ausgewiesenen
Bilanzsumme erwirtschaftete der Konzernbereich Finanzdienstleistungen, der mit Gesellschaften in 35 Ländern
vertreten ist.
1 5 . S E P T E M B E R Im Golf GT debütiert auf der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main der erste direkteinspritzende Benzinmotor mit integriertem Kompressor und Turbolader. Bei Dynamik und Verbrauch setzt
die neue Motorengeneration von Volkswagen Maß­stäbe. Die
1,4-Liter-Maschine mit einem maximalen Drehmoment
von 240 Newtonmeter bringt 125 kW/170 PS Leistung – und
verbraucht durchschnittlich 7,2 Liter Kraftstoff auf 100
Kilometer. Der Golf GT ist auch mit dem 125 kW/170 PS
starken TDI-Motor erhältlich. Die Preise beginnen bei
EUR 22 500.
2 5 . S E P T E M B E R Die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG gibt
ihre Absicht bekannt, eine Beteiligung von rund 20 Prozent
am stimmberechtigten Kapital der Volkswagen Aktiengesellschaft zu erwerben. Zum 31. Dezember 2005 hält das
Stuttgarter Unternehmen 18,5 Prozent des stimmberechtigten Kapitals.
221
GOLF GT TSI
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
956.1085.219.478
BELEGSCHAFT
T5
Passat
Golf
Polo
177.956 578.141 732.922352.120
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
75.185
Inland
Angestellte
25.843
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
719.6251.019.097
Ausland 1.432.366 4.173.479
166.213
Gesamt 2.151.9915.192.576
101.028 344.902
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
50.24595.268
7.229
741
10.466
1.120
2005
222 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2006
2 8 . A P R I L Der in Kooperation mit der Daimler AG gefertigte Crafter wird in die ersten Märkte eingeführt. Der
Nachfolger des LT setzt die 1975 etablierte Baureihe der
Light Trucks zeitgemäß fort – mit einem markanten Design,
dem bekannten V-förmigen Kühlergrill und verbesserten
Standards in Technik, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit.
Als gute Ergänzung zum Transporter decken die drei
Grundmodelle mit 3, 3,5 und 5 Tonnen die höheren Gewichtsklassen ab. Unter den verschiedenen Dachvarianten
ragt beim Kastenwagen das neue Superhochdach mit einer
Höhe von 2,14 Meter im Laderaum ebenso hervor wie der
Crafter unter den leichten Nutzfahrzeugen.
1 5 . M A I Zum Aufbau eines Produktionsstandorts in
Russland gründet Volkswagen 160 Kilometer südwestlich
von Moskau die 000 Volkswagen RUS mit Sitz in Kaluga.
Nach einjähriger Bauzeit erfolgt am 28. November 2007 die
Inbetriebnahme der Fabrik, in der teilzerlegte Modelle der
Marken Volkswagen und Škoda montiert werden. Für den
Vertrieb der Konzernfahrzeuge ist die Volkswagen Group
Rus 000 zuständig.
1 9 . M A I Das Cabriolet-Coupé Eos kommt in den Handel.
Über dem Viersitzer wölbt sich erstmals in einem Serienfahrzeug eine fünfteilige Dachkonstruktion, in die ein
Schiebe- und Ausstelldach integriert ist. Auf Knopfdruck
verwandelt sich das Coupé in 25 Sekunden in ein Cabriolet.
Alternativ kann das in Glas ausgeführte vordere Segment
komplett geöffnet oder hochgestellt werden. Damit bietet
der Eos das ganze Jahr über ein hohes Maß an Alltagstaug­
lichkeit. Im portugiesischen Werk Setubal gebaut und
benannt nach der aus griechischen Mythologie bekannten
Göttin der Morgenröte, wird der Eos mit vier Ottomotoren
mit einer Leistung von bis zu 184 kW/250 PS sowie einem
103-kW/140 PS-TDI-Motor angeboten. Das neue CabrioCoupé kostet in der Grund­v ersion 25 950 EUR.
3 . O K T O B E R Die Volkswagen Aktiengesellschaft erwirbt
eine strategische Beteiligung von 15,06 Prozent an der
MAN AG, einem der weltweit führenden Nutzfahrzeug- und
Diesel­motorenhersteller. Damit sichert das Unternehmen
seine Interessen in den Bereichen Fertigung und Vertrieb
an der angebahnten Kooperation zwischen MAN und der
schwedischen Scania AB. 2007 erhöht die Volkswagen Aktien­gesellschaft ihre Beteiligung an MAN auf 29,9 Prozent und
ihre Beteiligung an Scania auf 37,4 Prozent der Stimmrechte.
1 . N O V E M B E R Der für die Volkswagen Aktiengesellschaft
ausgehandelte Tarifvertrag tritt in Kraft. Er fixiert wesent­
liche Elemente eines Restrukturierungsprogramms, das
Produktivität, Arbeitskosten und Kapazitätsaus­l astung
auf Wettbewerbsniveau bringen soll. Den Kern der Verein­
barung bildet für die sechs inländischen Werke die Ab­schaffung der 1994 eingeführten Viertagewoche. Die Erhöhung der Regelarbeitszeit auf bis zu 33 Wochenstunden
in der Produktion und auf bis zu 34 Wochenstunden in der
Verwaltung ist mit einer Festlegung von Fertigungsumfängen verbunden, die die Auslastung und Beschäftigung
sichern. Für den Verzicht auf einen Lohnausgleich erhalten
die Beschäftigten eine pauschale Einmalzahlung in die
betriebliche Altersversorgung. Außerdem führt der Tarif­
abschluss ein neues System der Erfolgsbeteiligung ein, die
in Abhängigkeit vom Unternehmenserfolg gezahlt wird.
223
EOS
CRAFTER
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
953.1315.659.578
BELEGSCHAFT
T5
Passat
Golf
Polo
204.151 701.074 693.376401.551
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
68.986
Inland
Angestellte
25.014
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
155.935
761.033
Konzern
1.092.774
Ausland 1.507.797
4.627.322
Gesamt 2.268.830
5.720.096
94.000 324.875
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Investitionen
Gewinn
Konzern
53.036104.875
8.738
945
11.911
2.750
2006
224 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2007
1 . J A N U A R Martin Winterkorn, vom Aufsichtsrat
am 17. November 2006 zum Vorstandsvorsitzenden der
Volkswagen Aktiengesellschaft ernannt, nimmt formell
seine Tätigkeit auf.
6 . F E B R U A R Die Gründung der Volkswagen India Private
Limited in Pune im indischen Bundesstaat Maharashtra
stellt die Weiche zur Errichtung einer Automobilfabrik in
einem der wachstumsstärksten Zukunftsmärkte. Vorangegangen ist das am 19. November 2006 abgeschlossene
Investitionsabkommen mit der indischen Regierung.
Insgesamt 580 Millionen Euro stellt der Volkswagen Konzern bereit, um einen Produktionsstandort mit Presswerk,
Karosseriebau, Lackiererei und Montage aufzubauen. Bis
zum geplanten Produktionsbeginn nutzt Volkswagen die
Fertigungskapazitäten der Marke Škoda, die 2002 eine
Fa­brik in Aurangabad errichtet hat. Zuständig für den
Vertrieb der importierten und lokal gefertigten Konzernfahrzeuge ist die am 7. März 2007 in Mumbai gegründete
Volkswagen Group Sales India Private Limited.
8 . M Ä R Z Der Kompakt-SUV Tiguan ist in Genf auf dem
Automobil-Salon zu sehen. Der auf Basis des Golf entwickelte kompakte Geländewagen verfügt dank seines variablen
Interieurs über die Eigenschaften eines Allrounders und
wartet mit einer Reihe von technischen Innovationen auf,
darunter der neue Allradantrieb 4MOTION und das elektromechanische Lenkungssystem, das in Zusammenarbeit mit
dem konzerneigenen Komponentenwerk Braunschweig entwickelt worden ist. Angetrieben wird der Tiguan wahlweise
von drei TSI-Motoren mit Turbo- oder Kompressoraufladung und zwei Common-Rail-Vierzylindern, die zu einer
neuen Generation auffallend leiser TDI-Motoren gehören
und die ab 2009 geltende Euro-5-Norm erfüllen. Die Preise
des Tiguan beginnen bei 26 700 EUR.
2 7 . A P R I L Beim internationalen Wiener Motorensymposium stellt der Volkswagen Konzern das weltweit erste
Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe vor. Im Vergleich
zum klassischen Automatikgetriebe zeichnet es sich durch
einen höheren Wirkungsgrad aus und senkt den Verbrauch
gegenüber einem Schaltgetriebe um bis zu 15 Prozent.
225
7-GANG-DOPPELKUPPLUNGSGETRIEBE
MARTIN WINTERKORN
2007
TIGUAN
226 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
3 . D E Z E M B E R Mit der Unterzeichnung von vier Betriebsvereinbarungen zum „Volkswagen-Weg“ legen
Konzernvorstand und Konzernbetriebsrat die Grundzüge
der künftigen Unternehmensentwicklung für die Marke
Volkswagen fest. Im Kern zielen diese Vereinbarungen auf
ein Produktivitätswachstum bei gleichzeitiger Beschäftigungssicherung und Erfolgsbeteiligung sowie auf die Einführung einheitlicher Standards für Teamarbeit. Mit Hilfe
der Beschäftigten soll die Arbeits- und Prozessorganisation
in allen Unternehmensbereichen kontinuierlich verbessert
werden.
AUTOGRAMM EXTRABLATT
TIGUAN WERBUNG
227
IMMER IM BLICK: DER VOLKSWAGEN-WEG
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.075.9976.213.332
BELEGSCHAFT
T5
Passat
Golf
Polo
210.297 751.764 763.491449.602
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
65.738
Angestellte
24.730
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Inland
Konzern
721.8731.030.113
Ausland 1.643.744 5.161.505
160.568
Gesamt 2.365.6176.191.618
90.468 329.305
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Umsatz
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
55.218108.897
Investitionen
7.953
6.566
Gewinn
1.455
4.122
2007
228 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2008
1 9 . J A N U A R Im Werk Emden gebaut, wird mit dem
Passat CC auf der North American International Auto
Show erstmals das neue Premiummodell der Mittelklasse
präsentiert. Elegante Limousine und dynamisches Coupé
zugleich, wird das Fahrzeug von ebenso sparsamen wie
leistungsfreudigen TSI- und TDI-Motoren angetrieben, die
eine Leistung zwischen 103 kW/140 PS und 220 kW/300 PS
liefern und das Fahrzeug auf eine Spitzengeschwindigkeit
von 213 bzw. 250 Stundenkilometern bringen. Mit dem Passat CC überführt Volkswagen zudem innovative Technologien wie das Spurhaltesystem Lane Assist sowie die adaptive
Fahrwerksregelung DCC in die Großserie. Der Passat CC
kostet in der Grundausstattung 30 300 EUR.
6 . F E B R U A R Auf der Chicago Auto Show wird der Öffentlichkeit der Routan vorgestellt. Der für den US-Markt
gedachte stattliche Minivan mit einer Länge von über fünf
Metern basiert auf einem Chrysler-Modell und hat Platz
für bis zu sieben Sitze. Der Routan wird bis 2013 im kana­
dischen Chrysler-Werk in Windsor/Ontario gefertigt.
4 . M Ä R Z Der Scirocco, das markante zweitürige
Sport­c oupé von Volkswagen, läuft im portugiesischen
Volkswagen Werk Setubal vom Band. Mit dem Comeback
der Legende schließt Volkswagen eine Angebotslücke. In
dritter Generation angeboten, verbindet der dynamische
Scirocco Sportlichkeit mit Alltagstauglichkeit. Sein
sportliches Design, geprägt durch das lange Coupé-Dach,
eine athletische Silhouette und die extrem breitschultrige
Heckpartie fällt ins Auge. Für vier Erwachsene genügend
Raum vorhaltend, bieten die anfänglich bis zu 147 kW/
200 PS starken Turbomotoren – allesamt drehmomentstark, sparsam und schadstoffarm – und das angebotene
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe DSG den gewünschten
Vortrieb. Die Scirocco Preise beginnen bei 21 750 EUR.
•
2 0 . A P R I L Die Regionalisierung des Modellangebots
macht weitere Fortschritte. Die auf dem chinesischen Markt
angebotenen New Bora und Lavida haben ihre Weltpremieren auf der Auto China in Beijing. Technisch am Jetta orientiert, wurde der bei der FAW-Volkswagen in Changchun gefertigte New Bora mit einer Länge von 4,54 Metern ebenso
auf die automobilen Bedürfnisse der chinesischen Kunden
ausgerichtet wie der von Shanghai Volkswagen produzierte
Lavida, der drei Motorenlinien zur Auswahl anbietet und
mit einem umfassenden Chrompaket punktet.
ROUTAN
229
PASSAT CC
SCIROCCO
LAVIDA
GOL
2008
230 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 . J U L I In Brasilien geht die neue Generation des Gol an
den Start. Die beiden angebotenen Motoren mit 1,0 und
1,6 Liter Hubraum und einer Leistung von 53 kW/72 PS oder
74 kW/100 PS verarbeiten dank ihrer TotalFlex-Technologie
sowohl Benzin als auch Ethanol sowie ein Gemisch aus
beidem. Der Kompaktwagen, der zuvor schon in mehr als
5,7 Millionen Einheiten produziert wurde, gehört seit vielen
Jahren zu den erfolgreichsten Autos Südamerikas.
2 2 . J U L I Die Volkswagen Aktiengesellschaft erhöht ihre
seit dem Jahr 2000 bestehende Beteiligung an der Scania
AB auf 68,8 Prozent. Der schwedische Nutzfahrzeughersteller mit fast 33 000 Beschäftigten wird als neunte Marke
in den Volkswagen Konzern integriert. Hoch profitabel und
innovationsstark, zählt Scania zu den führenden Unternehmen der europäischen Nutzfahrzeugbranche. Bei der Entwicklung verbrauchs- und schadstoffarmer Motoren nimmt
die Premiummarke eine Vorreiterrolle ein. Das Produkt­
sortiment umfasst schwere Lastwagen ab 16 Tonnen, Li­
nien- und Reisebusse sowie Schiffs- und Einbaumotoren.
GOLF AUF ISLAND
2 9 . S E P T E M B E R Auf Island findet die Pressepräsenta­
tion der sechsten Golf Generation statt. In nur fünf Jahren
hat Volkswagen die Evolution seines Klassikers vorangetrieben und einen perfektionierten Golf hervorgebracht
– leiser, sicherer und umweltfreundlicher als je zuvor.
Dafür sorgen 120 Dämmelemente, sieben Airbags und eine
ebenso effiziente wie leistungsstarke Motorenpalette. Bis
zu 28 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen die TSI- und
Common-Rail-Dieselmotoren mit einer Leistung von 59
kW/80 PS bis 118 kW/160 PS. Alle erfüllen die Euro-5-Abgasnorm. Die Verarbeitungsqualität und Technik des neuen
Golf setzen Standards, die in dieser Fahrzeugklasse ihresgleichen suchen. Dazu zählen die Assistenzsysteme, wie
ParkAssist oder die adaptive Fahrwerkregelung, mit der die
Dämpfung auf die Fahrbahn und Fahrsituation abgestimmt
wird. Das Basismodell kostet 16 500 EUR.
1 5 . D E Z E M B E R Die Volkswagen Aktiengesellschaft
trennt sich von ihrer brasilianischen Nutzfahrzeugtochter
Volkswagen Caminhões e Ônibus Indústria e Comércio de
Veículos Comerciais Ltda. Am 1. Januar 2009 geht das als
Volkswagen Trucks & Buses bekannte Unternehmen in
den Besitz der MAN AG über, die über das Vertriebsnetz
des größten brasilianischen Lkw-Herstellers Zugang zum
lateinamerikanischen Markt erhält und Synergiepotenziale im Produktionsverbund nutzen will. Mit dem Verkauf
konzentriert der Volkswagen Konzern sein Engagement
im Lkw-Geschäft auf die neue Konzernmarke Scania und
die bestehende Beteiligung an MAN. Daneben versorgt die
Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge den Markt für leichte
Nutzfahrzeuge.
231
KONZERNMARKE SCANIA
GOLF
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.137.1456.346.515
BELEGSCHAFT
Passat
Golf
Polo
213.837 764.321 764.776408.679
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
64.569
Angestellte
25.794
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
T5
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Inland
724.257 Konzern
1.013.096
Ausland 1.663.7575.258.628
195.586
Gesamt 2.388.0146.271.724
90.363 369.928
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Umsatz
56.710 113.808
Investitionen
11.281
Gewinn
827
11.450
4.688
2008
232 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2009
5 . J A N U A R Die Porsche Automobil Holding SE hält
50,76 Prozent der Stammaktien der Volkswagen Aktien­
gesellschaft.
1 8 . J A N U A R Volkswagen, bekannt für Innovation und
Zuverlässigkeit, schreibt bei der Rallye Dakar 2009 in
Argentinien und Chile Motorsportgeschichte: Mit dem von
einem 206 kW/280 PS starken TDI-Motor angetriebenen
Race Touareg platziert sich in der 30-jährigen DakarGeschichte erstmals ein Dieselfahrzeug an der Spitze der
Automobil-Wertung. Den Erfolg des siegreichen südafrikanisch-deutschen Duos Giniel de Villiers und Dirk von
Zitzewitz komplettieren die Volkswagen Teamkollegen
Mark Miller und Ralph Pitchford als Zweite zum Doppelsieg.
3 0 . M Ä R Z Die fünfte Polo Generation, optisch und
technisch vollkommen neu konzipiert, geht im spanischen
Volkswagen Werk in Pamplona in die Serienproduktion.
Im Hinblick auf Qualität, Wertigkeit, Design, Sicherheit
und effiziente Antriebe setzt der Polo Maßstäbe. Die höhere
Strukturfestigkeit der Karosserie verbessert die Deformationsstärke bei einem Frontcrash im Bereich des Fußraums
um die Hälfte. Anfänglich sind fünf Motoren, darunter erstmals auch TSI und Common-Rail-TDI, mit einem Leistungsspektrum zwischen 44 kW/77 PS und 75 kW/105 PS im Angebot, die den Verbrauch bei den Benzinmotoren um 8 bis
20 und bei den Dieselmotoren um bis zu 15 Prozent senken.
Der Polo, der mit seiner fünften Generationen inzwischen
die Marke von 11 Millionen Fahrzeugen übertroffen hat,
erfreut sich großer Beliebtheit und sammelt viele Auszeichnungen, darunter die Preise Car of the Year 2010 und World
Car of the Year 2010. Die Preise beginnen bei 12 150 EUR.
3 1 . M Ä R Z Im indischen Pune eröffnet ein neues
Volkswagen Werk mit einer Jahreskapazität von 110 000
Fahrzeugen. Nach einem Investment von 580 Millionen
Euro läuft von Mai 2009 an der Kompaktwagen Škoda Fabia
vom Band. Ende 2009 folgt der speziell für den indischen
Markt entwickelte Volkswagen Polo. Die Produktionsanlage
mit der gesamten Fertigungskette – vom Presswerk über den
Karosseriebau und die Lackiererei bis hin zur Endmontage – bildet einen wesentlichen Baustein zur Erreichung der
Wachstumsziele in Indien.
2 3 . M A I Mit erfrischendem Offensivfußball bringt der
VfL Wolfsburg die Meisterschale in die Hauptstadt von
Volkswagen. 12 Jahre nach dem Aufstieg in die 1. FußballBundesliga gelingt der Mannschaft ihr bisher größter Erfolg. Der Autocorso im Eos endet auch im fußballverrückten
Wolfsburg am Rathaus, wo sich die stolze Mannschaft bei
ihren Fans für die Unterstützung bedankt.
1 3 . A U G U S T Die Volkswagen Aktiengesellschaft und die
Porsche Automobil Holding SE einigen sich auf eine Grundlagenvereinbarung zur Schaffung eines integrierten Automobilkonzerns mit Porsche unter Führung von Volkswagen.
Zunächst beteiligt sich die Volkswagen Aktiengesellschaft
an der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, um in einem zweiten
Schritt von den Familiengesellschaftern Porsche und Piëch
das Vertriebsgeschäft der Porsche Holding Salzburg zu kaufen. Teil der Integrationsstrategie ist die Übernahme der
von der Porsche Automobil Holding SE gehaltenen Aktien­
optionen durch den Staat Qatar, die Ende August 2009 im
Wesentlichen abgeschlossen ist. Im Rahmen der bestehenden erfolgreichen Mehrmarkenstrategie des Volkswagen
Konzerns soll Porsche seine Eigenständigkeit behalten.
233
WERK KALUGA
RALLYE DAKAR
POLO
VOLKSWAGEN PUNE
2009
234 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2 0 . O K T O B E R Das auf eine Jahresfertigung von 150 000
Fahrzeugen ausgelegte Werk im russischen Kaluga geht
auf die Vollproduktion mit eigenem Karosseriebau und
eigener Lackiererei sowie Endmontage über. Die rund
3 000 Beschäftigten stellen im Jahr 2010 in Vollproduktion
insgesamt 95 079 Volkswagen Tiguan und Polo Sedan sowie
die Škoda Modelle Octavia und Octavia Tour her. Darüber
hinaus werden in Kaluga auf SKD-Basis der Volkswagen
Passat, Golf und Touareg, der Caddy Life und der Škoda
Fabia montiert.
2 9 . O K T O B E R Anlässlich der Sitzung des Volkswagen
Welt-Konzernbetriebsrats im Werk Zwickau unterzeichnen der Konzernvorstand, der Internationale Metallgewerkschaftsbund und die Arbeitnehmervertretung von
Volkswagen die Charta der Arbeitsbeziehungen. Sie legt
verbindliche Mindeststandards der Beteiligungsrechte von
Arbeitnehmervertretungen auf betrieblicher Ebene in den
weltweiten Werken in den Bereichen Personal und Soziales,
Arbeitsorganisation, Vergütungssysteme, Information
und Kommunikation, Aus- und Weiterbildung bis hin zur
Nachhaltigkeit fest. Die verabredeten drei Beteiligungsstufen reichen vom Anspruch auf Unterrichtung durch das
Unternehmen über Konsultationsrecht bis hin zur umfassenden Mitbestimmung. Die konkrete Umsetzung regeln
die einzelnen Standorte in Vereinbarungen zwischen
Werkmanagement und Arbeitnehmervertretern.
2 3 . N O V E M B E R Das Werk Pacheco in Argentinien
nimmt die Produktion des Amarok auf. Mit dem zunächst
als Doppelkabine angebotenen Midsize-Pick-up von 5,25
Metern Länge und einer Ladefläche von 2,52 Quadratmetern schließt Volkswagen eine Modelllücke. Mit Hinterrad- und Allradantrieb und einer Motorleistung von 90
kW/122 PS bzw. 120 kW/163 PS lieferbar, setzt der Wagen
im Segment der Pick-ups neue Maßstäbe. Der Amarok
mit BlueMotion Technology spart durch Bremsen­ergieRückgewinnung, rollwiderstandsoptimierte Reifen und
das Start-Stopp-System bis zu 0,5 l/100 km zusätzlich. Die
Preise beginnen bei 28 940 EUR. Die seit 2011 erhältliche
Version mit Einzelkabine bietet eine 3,57 Quadratmeter
große Ladefläche, die nicht nur Jägern und Reitern vielfältige Nutzungsmöglichkeiten eröffnet. Wegen des Markterfolgs des Amarok – bis Ende 2011 wurden mehr als 76 965
Fahrzeuge gebaut – startet im Werk Hannover Ende Juni
2012 ebenfalls die Serienfertigung. Von hier aus erfolgt
nunmehr die Belieferung der Kunden in Europa und Afrika,
während das Werk Pacheco schwerpunktmäßig Latein- und
Südamerika versorgt.
7 . D E Z E M B E R Auf Basis der geschlossenen Grundlagen­
vereinbarung beteiligt sich die Volkswagen Aktiengesell­
schaft für einen Betrag von 3,9 Milliarden Euro indirekt
mit 49,9 Prozent der Aktienanteile an der Dr. Ing. h.c. F.
Porsche AG.
235
CHARTA DER ARBEITSBEZIEHUNGEN
AMAROK
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.038.3446.054.829
BELEGSCHAFT
Passat
Golf
Polo
135.058 772.872 792.608453.824
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
64.241
Angestellte
27.123
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
T5
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Inland
863.635 Konzern
1.287.903
Ausland 1.189.7925.021.840
195.876
Gesamt 2.053.4276.309.743
91.364 368.500
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Umsatz
Konzern
47.864 105.187
Investitionen
9.189
Gewinn
1.082
10.252
911
2009
236 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2010
2 6 . F E B R U A R Die Marke Volkswagen setzt mit ihrer
Image- und Marketingkampagne Think Blue. auf effizientes Autofahren und ökologisch nachhaltiges Handeln.
Beginnend mit Printanzeigen, stellen auch die danach
geschalteten TV-Spots, Webspecials und e-games die sich
jeder und jedem bietenden Einsparpotenziale und das wach­
sende Umweltbewusstsein in den Vordergrund. Volkswagen
bündelt damit seine Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit
in mehr als 30 Märkten, um dem Ziel, ökologisch nachhal­
tigster Automobilhersteller zu sein, näherzukommen.
4 . M Ä R Z Die neue Generation des Sharan hat auf dem
Genfer Automobil-Salon seine Weltpremiere. Mit 4,85
Meter Länge, bis zu sieben Sitzen, einem Stauvolumen von
bis zu 2 430 Litern, Schiebetüren und bis zu neun Airbags
zeigt dieser Großvan von Volkswagen besondere Stärken
bei Variabilität, Geräumigkeit, Komfort und Sicherheit.
Solide in der Verarbeitung, geizt der Wagen nur beim Kraftstoffverbrauch: Die TDI- und TSI-Motoren mit bis zu 125
kW/170 PS sind um bis zu 21 Prozent sparsamer geworden.
Als einzigen Van seiner Klasse gibt es den Sharan auch mit
Allradantrieb. Ob als Freizeit-, Familien- oder Reisegefährt
– der Sharan bietet für alle Fälle reichlich Platz. Der Einstiegspreis des im portugiesischen Werk Setubal gebauten
Sharan liegt bei 28 850 EUR.
1 0 . A P R I L Die zweite Generation des im Werk Wolfsburg
hergestellten Touran hat auf der Auto Mobil International
in Leipzig seine Publikumspremiere. Aus dem Stand zum
beliebtesten Van Deutschlands geworden, fand der Touran
erster Generation 1,13 Millionen Abnehmer. Die Neukon­
zeption des Erfolgswagens bringt die bestehenden Stärken
beim Raumangebot und der Variabilität noch besser zur
Geltung: Bis zu 1 989 Liter Stauvolumen und bis zu 39 Ab-
TOURAN
lagemöglichkeiten unterstreichen die Wertigkeit des Autos
für Familien. Die Optik des Touran folgt der Volkswagen
Design-DNA und das Motorenangebot mit Leistungen zwischen 77 kW/105 PS und 125 kW/170 PS dem DownsizingPrinzip von Volkswagen. Der Touran ist auch mit einem
doppelt aufgeladenen Erdgas(CNG)-Motor erhältlich. Die
Spitzenmotorisierung von 125 kW/170 PS ist serienmäßig
mit dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) ausgestattet. Innovativ sind auch die Assistenzsysteme wie die
automatische Fernlichtsteuerung oder der neue Park Assist
2.0, der auf Wunsch das nahezu automatische Längs- und
Quereinparken übernimmt. Das Einstiegs­modell kostet
22 400 EUR.
237
SHARAN
1 4 . A P R I L Der Volkswagen Aktiengesellschaft gelingt
mit einem Nettoerlös von 4,1 Milliarden Euro die bis dahin
größte öffentlich platzierte Kapitalerhöhung im Automobilsektor. Die Ausgabe von fast 65 Millionen neuen Vorzugs­
aktien findet vor allem bei institutionellen Anlegern starkes
Interesse. Volkswagen genießt wegen des nachhaltigen
Erfolgskurses großes Vertrauen und kann auf solider finanzieller Basis seine Mittelfriststrategie umsetzen, bis 2018
zum ökonomisch und ökologisch führenden Automobilkonzern zu werden.
9 . A U G U S T Mit der Übernahme von 90,1 Prozent der
Turiner Italdesign Giugiaro S.p.A. (IDG) stärkt der
Volkswagen Konzern seine Design-Kompetenz. Der 1968
gegründete Design- und Entwicklungsdienstleister IDG
hatte unter anderem in den 1970er-Jahren mit der Gestaltung der ersten Golf Generation oder des Audi 80 wesentlichen Anteil daran, Volkswagen und Audi ein modernes
Erscheinungsbild zu geben. Der 2008 geschlossene Entwicklungsrahmenvertrag sicherte dem Volkswagen Kon-
2010
WERBUNG FÜR DIE THINK BLUE. MODELLE
238 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
zern bereits weitgehenden Zugriff auf die Kreativität und
Gestaltungskraft der italienischen Designfirma mit einem
Umsatz von 100 Millionen Euro und rund 800 Mitarbeitern,
die bereits bei der Gestaltung des up! mitgewirkt haben.
2 8 . S E P T E M B E R Der Passat siebter Generation geht an
den Start: Limousine und Variant setzen auf dem Pariser
Autosalon Zeichen bei Qualität und Präzision. Das Design
prägen gerade Linien, klar strukturierte Flächen und
dynamische Proportionen. Stilvoll macht sich der Passat
auf den Weg, den Erfolg von mehr als 15 Millionen Fahrzeugen fortzusetzen. Seine zehn Motoren mit einer Leistung
von 77 kW/105 PS bis 220 kW/300 PS zeichnen sich durch
einen um bis zu 19 Prozent reduzierten Verbrauch aus. Auf
Oberklasseniveau liegen dagegen Komfort, Ausstattung und
die elektronischen Fahrerassistenzsysteme. Müdigkeitserkennung, Dynamische Fernlichtregulierung, Automatische
Distanzregelung und eine automatische City-Notbremsfunktion gehören ebenso zum Ausstattungsprogramm wie
Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Tagfahrlicht und ein elektrisches Panorama-Schiebe-/Ausstelldach. Dem Langstreckenkomfort dienen die auf bis zu 1 628 Kilometer gesteigerte Reichweite und die verbesserte Geräuschdämmung,
die den Innenraum flüsterleise macht. Der Passat bildet
weiterhin in puncto Größe den Maßstab seiner Klasse, der
Variant ist durch sein intelligentes Laderaumsystem noch
variabler. Die Preise des Passat beginnen bei 24 425 EUR.
3 0 . S E P T E M B E R Im Werk Pozna ń beginnt die Fertigung
des neuen Volkswagen Caddy und des Caddy Maxi. Arbeitstäglich werden am Standort Pozna ń 650 Stadt­l ieferwagen
gefertigt. Die vierte Caddy Generation. die über ein wesent­
lich umfangreicheres Ausstattungsprogramm und ein
neues Frontdesign verfügt, bietet sechs neue TDI- und TSIMotoren mit einer Leistung zwischen 55 kW/75 PS und 103
kW/140 PS, die bis zu 21 Prozent weniger Kraftstoff verbrauchen. Darüber hinaus steht ein 2,0-Liter-Erdgasmotor
mit einer Leistung von 80 kW/109 PS zur Verfügung. Der
Einstiegspreis liegt bei 16 963,95 EUR. Wegen der hohen
Funktionalität und der niedrigen Unterhaltskosten hat der
Caddy aus Polen schon 850 000 Erstbesitzer.
2 1 . D E Z E M B E R Mit der Vereinbarung mit dem Partnerunternehmen DRB-HICOM zur lokalen Fahrzeugmontage
in Malaysia baut Volkswagen seine Aktivitäten im ASEANRaum aus. Angesichts der jährlich rund 570 000 Neuwagenverkäufe kommt einer verstärkten Präsenz im malaysischen
Zukunftsmarkt eine wichtige Rolle im Rahmen der lang­
fristigen Wachstumsstrategie zu.
239
PASSAT
CADDY
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.100.1867.357.505
BELEGSCHAFT
Passat/Santana
Golf
Polo
168.019 994.956 828.910635.556
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
66.672
Angestellte
28.115
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
T5
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Inland
711.690 Konzern
1.059.055
Ausland 1.597.9586.219.385
218.053
Gesamt 2.309.6487.278.440
94.787 399.381
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Umsatz
57.243 126.875
Investitionen
12.091
Gewinn
1.550
9.095
7.226
2010
240 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2011
3 1 . J A N U A R Die Volkswagen Aktiengesellschaft fasst die
Bereiche Governance, Risk und Compliance unter dem neu
etablierten Chief Compliance Officer zusammen, der direkt
an den Vorstandsvorsitzenden berichtet.
1 . M Ä R Z Die Volkswagen Aktiengesellschaft übernimmt
in Umsetzung der 2009 mit Porsche geschlossenen Grundlagenvereinbarung die Porsche Holding Salzburg, die im
Vorjahr mit 20 900 Beschäftigten in Österreich, West- und
Südosteuropa und in China 565 000 Neu-und Gebrauchtwagen verkauft und einen Umsatz von mehr als 12 Milliarden
Euro er­z ielt hat. Hohe Effizienz und außergewöhnliche
Ertragskraft bilden die besonderen Stärken des weiterhin
als eigenständige Einheit agierenden Automobilhandels­
unternehmens, das die Vertriebsleistung des Konzerns
weiter stärkt.
1 7 . M Ä R Z Bei der Volkswagen Osnabrück GmbH startet
die Produktion des neuen Golf Cabriolet, das auf dem Genfer Automobil-Salon vorgestellt worden war. Der Viersitzer
mit einem serienmäßig elektrohydraulisch bewegten Stoffdach ist in nur 9,5 Sekunden sonnenoffen. Wie der Golf setzt
auch das Cabriolet Maßstäbe bei Qualität und Wertigkeit.
Der automatisch ausfahrende Überschlagschutz, Frontund seitliche Kopf-/Thoraxairbags, ein Knieairbag auf der
Fahrerseite und ESP geben ein Höchstmaß an Sicherheit.
Die Leistungspalette der sechs Turbo-DirekteinspritzMotoren reicht von 77 kW/105 PS bis 155 kW/210 PS. Ab
Juni 2012 auch als Golf GTI Cabriolet erhältlich, haben
Freiluftfans fürs Cruisen allemal genug Leistung. BlueMotion Technology drückt den Verbrauch beim Golf Cabriolet
1,6 TDI auf 4,4 Liter Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer.
Die Preise für das offene Golf Vergnügen beginnen bei 23
625 EUR. Das Werk Osnabrück mit einer Gesamtfläche von
426 000 Quadratmetern verfügt über eine Fertigungskapazität von 100 000 Fahrzeugen im Jahr und ist ausgerichtet
auf Produkte im Kleinserien­b ereich wie Cabriolets und
Roadster.
2 4 . M A I Nach rund zweijähriger Bauzeit eröffnet in den
USA das neue Volkswagen Werk Chattanooga/Tennessee
mit einer Jahreskapazität von 150 000 Fahrzeugen. 2 000
Mitarbeiter fertigen dort den für den amerikanischen
Markt konzipierten Passat, der bei einer Gesamtlänge
von 4,86 Metern zu einem Basispreis von unter 20 000 $
angeboten wird. Werk und Mittelklasselimousine Made
by Volkswagen in Chattanooga kommen bei der geplanten
Absatzsteigerung in den USA eine Schlüsselstellung zu.
Der Passat aus Chattanooga erhält am 17. November 2011
die Auszeichnung Best Car of the Year.
1 5 . J U L I Im mexikanischen Werk Puebla beginnt die
Produktion des Beetle, der das emotionale Erbe des Käfer
ins 21. Jahrhundert überträgt. The 21st Century Beetle – die
dritte Generation der Volkswagen Ikone – reicht noch näher
an das Original heran. Frech, dynamisch und maskulin,
steht der Wagen mit seiner charakteristischen Silhouette
breiter, flacher und völlig neu proportioniert auf der Straße.
Der Beetle zeigt alle für den Klassiker typischen Stilelemente
und die charakteristische Volkswagen Design-DNA. Fünf
Ottomotoren mit einer Leistung von 77 kW/105 PS bis 147 kW/
200 PS sowie zwei Dieselmotoren mit 77 kW/105 PS und
103 kW/140 PS bringen den kraftvollen Rundling auf
bis zu 220 Stundenkilometer. Der Einstiegspreis beträgt
16 950 EUR.
241
PASSAT AUS CHATTANOOGA
WERBUNG FÜR DAS GOLF CABRIOLET
GOLF CABRIOLET AUS OSNABRÜCK
WERK CHATTANOOGA
2011
242 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
1 5 . S E P T E M B E R Die Weltpremiere des up! setzt auf der
Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am
Main Impulse im Kleinwagensegment. Der im Werk Bratis­
lava hergestellte up! bietet bei einer Länge von 3,54 Metern
maximalen Raum. Der neuartige Cityspezialist ist serienmäßig mit ESP und wunschweise mit einer City-Notbremsfunktion ausgestattet. Zwei Benzinmotoren mit 44 kW/60
PS und 55 kW/75 PS und ein Erdgasmotor mit 50 kW/68
PS stehen zur Verfügung. In drei Ausstattungsversionen
erhältlich, bilden der Einstiegspreis von 9 850 EUR und die
AutoCredit 2 -Finanzierung weitere Pluspunkte. Ausgezeichnet mit dem Goldenen Lenkrad 2011 und der Trophäe World
Car of the Year 2012, belegt der up! seit dem Marktstart im
Dezember 2011 in Deutschland in der Zulassungsstatistik
den Platz 1 seiner Klasse. Im Mai 2012 kommt der up! zusätzlich als Viertürer zu den Händlern. Volkswagen eröffnet
damit auch bei den Kleinsten seine Modelloffensive.
9 . N O V E M B E R Die Volkswagen Aktiengesellschaft
hält 55,90 Prozent der Stimmrechte und 53,71 Prozent
des Grundkapitals und damit die Mehrheit an der MAN
SE. Damit kommt das Unternehmen seinem Ziel, einen
Nutzfahrzeugkonzern aus MAN, Scania und Volkswagen
Nutzfahrzeugen zu schaffen, einen großen Schritt näher.
KONZERNMARKE MAN
243
UP!
BEETLE
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.215.0588.494.280
BELEGSCHAFT
Passat/Santana
Golf
Polo
190.3691.148.625 913.693 809.549
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
67.088
Angestellte
30.603
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
T5
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Inland
802.190 Konzern
1.211.098
Ausland 1.859.137 7.150.196
277.105
Gesamt 2.661.3278.361.294
97.691 501.956
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Umsatz
67.178 159.337
Investitionen
12.049
Gewinn
3.418
15.998
15.799
2011
244 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2012
1 1 . M Ä R Z Zur Erweiterung der Aktivitäten in der Region
ASEAN startet die Volkswagen Group Malaysia im Werk
Pekan des Partnerunternehmens DRB-HICOM die Fahrzeugproduktion mit der SKD-Fertigung des Passat. Zugleich wird der Grundstein für eine neue Produktionshalle
gelegt, um dort Volkswagen Jetta und Polo auf CKD-Basis zu
fertigen.
9 . A P R I L Mit der Produktion des Audi A3 beginnt im
Volkswagen Konzern das Zeitalter des Modularen Querbaukastens (MQB). Alle Konzernfahrzeuge der Segmente
A0 bis B mit vorn quer eingebauten Motoren bedienen sich
in Zukunft einer flexiblen Fahrzeugarchitektur, wobei einheitliche Systematiken etwa der Abstand der Pedalerie zur
Radmitte mit abgestimmten variablen Abmessungen kombiniert werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, Volumenund Nischenmodelle von höchster Qualität und angepasst
an die Erfordernisse unterschiedlichster Märkte zu wett­bewerbsfähigen Kosten herzustellen. Fahrzeuge mit unterschiedlichen Radständen und Spurbreiten können auf der
gleichen Fertigungslinie gebaut werden, sodass die gemeinsame Produktion von Modellen verschiedener Marken erfolgen kann. Der MQB ergänzt den von Audi verantwor­teten
Modularen Längsbaukasten (MLB) und den Modularen
Standardantriebsbaukasten (MSB) von Porsche.
2 3 . A P R I L Der bei Shanghai Volkswagen gefertigte
New Lavida, eine Stufenhecklimousine des A-Segments,
debütiert auf der Auto China. Mit drei Motorvarianten und
vier Ausstattungslinien zeichnet sich der konsequent auf die
Bedürfnisse chinesischer Kunden zugeschnittene Wagen
durch fortschritt­l ichste Technologie, zeitloses Design,
gutes Platzangebot, hohe Fertigungsqualität und ein ex­
zellentes Preis-Leistungsverhältnis aus.
NEW LAVIDA
6 . J U N I Die Volkswagen Aktiengesellschaft erhöht ihren
Stimmrechtsanteil an der MAN SE auf 75,03 Prozent und
setzt damit ihren Weg zu einem integrierten Nutzfahrzeugkonzern konsequent fort. MAN wird neben Scania und
Volkswagen Nutzfahrzeuge zur Konzernmarke, die dem ge­­meinsamen Vorstandsbereich Nutzfahrzeuge zugeordnet ist.
1 9 . J U L I Durch den Erwerb von 100 Prozent der Anteile
an der im italienischen Bologna beheimateten Ducati Motor
Holding S.p.A. durch die vollständig im Besitz der AUDI AG
befindlichen Automobili Lamborghini S.p.A. tritt die weltweit für seine Sportlichkeit bekannte Motorradmarke unter
das Konzerndach von Volkswagen.
245
GOLF
2 6 . J U L I Shanghai Volkswagen eröffnet im ostchinesischen Yizheng sein neues Werk, das auf eine jährliche
Fertigungskapazität von 300 000 Fahrzeugen ausgelegt
ist und 3 700 Mitarbeiter beschäftigt. Die Fabrik gehört
zu den umweltfreundlichsten Werken, da die Lackiererei
nach höchsten ökologischen Standards arbeitet und zur
Beheizung oder Kühlung der Fabrikhallen geothermische
Energie genutzt wird. Außerdem sorgen Solaranlagen für
eine ressourceneffiziente Energieversorgung, etwa der
Flurförderfahrzeuge.
1 . A U G U S T Durch die Einbringung des operativen
Holdingbetriebs der Porsche SE und damit insbesondere
der indirekt gehaltenen 50,1-prozentigen Beteiligung an
der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG in die Volkswagen Aktien­
gesellschaft entsteht der integrierte Automobilkonzern von
Volkswagen und Porsche. Volkswagen hält damit über eine
Zwischenholding 100 Prozent der Anteile an der Porsche
AG, die als eigenständige Marke des Konzerns geführt wird.
KONZERNMARKEN DUCATI UND PORSCHE
2 8 . A U G U S T In Moskau werden die Verträge über den
Bau eines Motorenwerks am russischen Standort Kaluga
unterzeichnet. Bis 2015 entsteht für eine Investitions­
summe von rund 250 Millionen Euro eine Fabrik mit einer
Jahreskapazität von 150 000 Aggregaten der Motorengeneration EA 211. Die Grundsteinlegung erfolgt am
11. Dezember 2012.
1 . S E P T E M B E R Im Rahmen seiner Strategie 2018 nimmt
Volkswagen eine umfassende strukturelle und personelle
Neuaufstellung vor. Der Konzernvorstand wird angesichts
der wirtschaftlichen Bedeutung des dortigen Absatzmarktes
um das Ressort China erweitert. Zur Ausgestaltung des
aus­g eweiteten Nutzfahrzeuggeschäfts dient das Ressort
Nutzfahrzeuge, das für die Marken MAN, Scania und
Volkswagen Nutzfahrzeuge Synergien heben und Wachs2012
tumspotenziale nutzen soll.
246 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
4 . S E P T E M B E R Der Golf siebter Generation hat in Berlin
Weltpremiere. Der Klassenprimus der Kompaktwagen
besticht durch die Reduzierung von Gewicht, Verbrauch
und Emissionen bei gleichzeitiger Perfektionierung von
Komfort und Sicherheit. Die NCAP (European New Car
Assessment Programme) vergibt nach Crashtests die Bestnote von fünf Sternen. Der neue Golf basiert konzeptionell
auf dem Modularen Querbaukasten. Anfänglich stehen
vier TSI- und und zwei TDI-Motoren mit einer Leistung zwischen 63 kW/85 PS und 110 kW/150 PS zur Verfügung. Vom
Start weg entwickelt sich der mit zahlreichen Assistenzsystemen und modernster Motorentechnik etwa Start-StoppSystem und Rekuperationsmodus ausgestattete Volkswagen
auch dank seines souveränen Designs zum Publikumsliebling. Die Preise starten bei 16 975 EUR. Die Markteinführung in Deutschland erfolgt am 7. November.
3 0 . O K T O B E R Der von Shanghai Volkswagen produzierte neue Santana erlebt sein Weltdebüt in Wolfsburg, wo
die erste Fahrzeuggeneration vor 31 Jahren gestartet war,
bevor das Modell in China nach 1982 mit fast vier Millionen
Exemplaren seinen Erfolgslauf nahm. Mit seinem klaren
und präzisen Design, einem intelligenten Raumkonzept mit
viel Kniefreiheit im Fond und einem großen Laderaumvolumen strebt die mit Sicherheit, Komfort und hochwertigem
Erscheinungsbild punktende Stufenhecklimousine auf dem
chinesischen Markt seine angestammte Spitzenposition an.
2 8 . N O V E M B E R Die Los Angeles Auto Show gibt dem
neuen Beetle Cabriolet eine geeignete Bühne, um das
Publikum von der Kraft einer Ikone zu überzeugen. Größer,
stärker, souveräner und sparsamer als seine Vorgänger
setzt das in nur 9,5 Sekunden zu öffnende Cabriolet mit
seinen bis zu 147 kW/200 PS starken Motoren voll auf Sportlichkeit und Style. Das Basismodell kostet 21 350 EUR.
3 0 . N O V E M B E R Konzernvorstand und Arbeitnehmer­
vertretung der Volkswagen Aktiengesellschaft sowie die
internationale Gewerkschaftsföderation IndustriAll
Global Union unterzeichnen in München die Charta der
Zeitarbeit im Volkswagen Konzern, die Grundsätze der
Zeitarbeit festlegt und angemessene Beschäftigungs- und
Entlohnungsbedingungen vorgibt. Zeitarbeit soll nur als
maßvoll eingesetztes Flexibilitätsinstrument zum Ausgleich
konjunktureller Schwankungen und zur Bewältigung
besonderer Aufgaben dienen. Zeitarbeit eröffnet aber
zugleich einen eigenen Zugangsweg zu Normalarbeitsverhältnissen bei Volkswagen. Zeitarbeitskräften sollen Qualifikationsangebote gemacht werden, um eine Abkopplung
dieser Beschäftigtengruppe von der Stammbelegschaft zu
vermeiden.
6 . D E Z E M B E R Zur Umsetzung der im Juni 2011 getroffenen Übereinkunft zur Lohnfertigung beim russischen
Automobilhersteller GAZ in Nizhny Novgorod startet dort
die CKD-Fertigung des Škoda Yeti, der dort von Ende 2011
an bereits auf SKD-Basis für den russischen Markt hergestellt wurde. Außerdem werden dort der Volkswagen Jetta
und der Škoda Octavia gebaut, um die Wachstumschancen
des russischen Marktes im Rahmen der Strategie 2018
zu nutzen. Die Ukraine-Krise und die darauf folgende Abkühlung der Nachfrage verhindern nach 2014 eine Ausweitung des Absatzes.
247
BEETLE CABRIOLET
SANTANA
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.148.7749.255.384
BELEGSCHAFT
Passat/Santana
Golf
Polo
183.5771.309.618 825.591 711.519
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Arbeiter
68.064
Angestellte
33.730
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
T5
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Inland
772.796 Konzern
1.207.184
Ausland 1.807.470 8.137.375
300.293
Gesamt 2.580.2669.344.559
101.794 549.763
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Umsatz
68.361 192.676
Investitionen
12.152
Gewinn
6.380
16.455
21.884
2012
248 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2013
1 5 . J A N U A R Mit der Eröffnung des Motorenwerks im
zentralmexikanischen Silao nimmt das einhundertste
Konzernwerk den Betrieb auf. Für eine Jahreskapazität von
330 000 Motoren und eine Belegschaft von mehr als 700
Mitarbeitern ausgelegt, versorgt das Werk die nordamerikanischen Fahrzeugwerke von Volkswagen in Puebla und
Chattanooga mit modernen und verbrauchsarmen TSIMotoren der Baureihe EA 888. Das Investitionsvolumen
beträgt 550 Millionen US-Dollar.
1 6 . M A I Um in China die Fertigungskapazität bis
2018 auf vier Millionen Fahrzeuge zu erhöhen, erfolgt
im südchinesischen Changsha der erste Spatenstich und
die Vertragsunterzeichnung für das neue Fahrzeugwerk,
das Volkswagen mit seinem chinesischen Joint Venture
Shanghai-Volkswagen errichtet. Das für eine Jahresfertigung von 300 000 Fahrzeugen konzipierte und Ende 2015
startende Werk wird eine vollständige Automobilfertigung
mit Presswerk, Karosseriebau, Lackiererei und Endmontage umfassen. Entsprechend der „Think Blue. Factory.“Strategie zur Reduzierung der Emissionen und des Energie- und Wasserverbrauchs setzt die neue Fabrik Prinzipien
ressourcenschonender Produktion um.
1 6 . A U G U S T In Changchun nimmt das neue Motorenwerk der FAW Engine (Dalian) Co., Ltd. den Betrieb auf. Auf
einer Fläche von 94 000 Quadratmetern werden anfänglich
jährlich bis zu 300 000, ab Mitte 2014 schließlich 450 000
EA-888-Motoren mit 1,8 und 2,0 Liter Hubraum hergestellt.
Die Motoren sind für in China produzierte Fahrzeuge der
Marken Volkswagen Pkw und Audi bestimmt und erfüllen
erstmalig für China die Euro-6-Norm.
2 7 . M A I Volkswagen und die philippinische Automobile
Central Enterprise, Inc. unterzeichnen in Hong Kong den
Importeursvertrag für die Marke Volkswagen Pkw. Um das
Engagement in der ASEAN-Region auszubauen, knüpft
Volkswagen an frühere Erfolge von Käfer und Transporter auf den Philippinen an. Gemeinsam mit der zur Ayala
Corporation gehörenden Importeursgesellschaft bringt
Volkswagen verschiedene Modelle in den Handel und baut
das Servicenetz aus.
1 9 . A U G U S T Die Markteinführung des Golf Variant erweitert das Angebot in der Golf Klasse. Bei einer Gesamtlänge
von 4,562 Metern bietet das Gepäckraumvolumen zwischen
605 und 1 620 Litern „Platz für alles“. Mit seinem dynamischen und sportlichen Design macht der Kompaktwagen eine
gute Figur. Durch das Panorama-Ausstell-/Schiebedach fällt
viel Licht in das komfortable Innere. Die fünf Otto- und Dieselmotoren leisten zwischen 63 kW/85 PS und 110 kW/150
PS. Die Preise beginnen bei 18 900 Euro.
GOLF VARIANT
249
e-GOLF IN FRANKFURT AM MAIN
2 9 . A U G U S T Die Eröffnung des Fahrzeugwerks Urumqi
in der westchinesischen Region Xinjiang unterstreicht den
Wachstumskurs auf dem chinesischen Markt. Das Werk
nimmt seine Fertigung durch die Teilmontage des Santana
auf SKD-Basis (Semi-Knocked-Down) auf. Nach dem Start
der Lackiererei und des Karosseriebaus im Jahr 2014 beträgt die jährliche Produktionskapazität 50 000 Fahrzeuge.
1 2 . S E P T E M B E R Volkswagen e-Golf und e-up! elektrisieren die Besucher der Internationalen Automobil-Ausstellung (IA A) in Frankfurt am Main. Der e-Golf ermöglicht
reine Elektromobilität in gewohnt hochwertiger und funktionaler Golf Umgebung. Der ebenfalls gezeigte e-up! ist der
sparsamste aller rein elektrischen Volkswagen und setzt als
viersitziger City-Spezialist neue Effizienzstandards. Zudem
verfügt der e-up! serienmäßig über ein Navigations- und
Informationssystem mit seiner e-spezifischen Software.
MOTORENPRÜFSTAND IM WERK CHANGCHUN
Volkswagen bringt damit Zero-Emission-Antriebe in die
Großserie und bietet mit seinen Fahrzeugen alle relevanten
Antriebsarten an.
2 5 . S E P T E M B E R Im südchinesischen Foshan eröffnet
das neue Fahrzeugwerk der FAW-Volkswagen, in dem als
erstes Fahrzeug der Golf siebter Generation vom Band läuft,
um den chinesischen Markt aus lokaler Fertigung zu beliefern. Das Werk besitzt eine jährliche Produktionskapazität
von 300 000 Einheiten, und die Zahl der Beschäftigten
steigt binnen Jahresfrist auf 4 500 Mitarbeiter. 2014 erfolgt
dort auch die Produktion der Audi A3 Limousine und des
Audi A3 Sportback. Durch die fast vollständige Wiederverwendung des Abwassers, des hohen Recyclinggrades und
die Nutzung von Sonnenenergie setzt das Werk Foshan neue 2013
umweltfreundliche Standards für Autoproduktionsstätten
in China.
250 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2 2 . O K T O B E R Der Europäische Gerichtshof bestätigt
die Vereinbarkeit des 2007 novellierten V W-Gesetzes mit
dem Recht der Europäischen Union, da die gültige Sperrminorität keine Rechtsverletzung darstellt. Auch die Satzung
der Volkswagen Aktiengesellschaft schreibt für Entscheidungen auf der Hauptversammlung der Volkswagen Aktiengesellschaft eine Mehrheit von 80 Prozent vor.
2 4 . O K T O B E R In Südostchina startet im neueröffneten
Werk Ningbo die Fertigung des Škoda Superb. Im Folgejahr
kommen der Škoda Octavia sowie der Volkswagen Lamando,
ein auf die Bedürfnisse des chinesischen Marktes modi­
fizierter Jetta, hinzu. In dem auf eine Jahresfertigung
von 300 000 Fahrzeugen ausgelegten Werk der ShanghaiVolkswagen mit eigenem Press- und Karosseriewerk,
Lackiererei und Endmontage – das sechzehnte des
Volkswagen Konzerns in China – fertigen zunächst rund
2 300 Beschäftigte Fahrzeuge der Marken Volkswagen
Pkw und Škoda.
2 2 . N O V E M B E R Volkswagen Slovakia nimmt im Werk
Bratislava sein neues Presswerk in Betrieb und erhöht mit
einer Investitionssumme von 90 Millionen Euro am Standort die Fertigungstiefe. Kernstück des 24 000 Quadratmeter
belegenden Presswerks ist die Presse mit einer Kraft von
91 000 Kilonewton, die größte des Konzerns. Ausgelegt auf
13 000 Hübe am Tag, werden im neuen Presswerk Seitenteile, Fronthauben, Heckklappen, Dächer, Kotflügel und
Türen hergestellt.
ERÖFFNUNGSZEREMONIE IM WERK NINGBO
1 9 . D E Z E M B E R Im Werk Wolfsburg eröffnet in der Halle
53b die neue Kunststoffteile-Lackiererei. Die Anlage, in der
120 Mitarbeiter täglich bis zu 4 000 Stoßfänger und andere
Kunststoffteile in den von den Kunden gewünschten Farben
lackieren, senkt den Energieverbrauch um fast die Hälfte
und die Emissionen des Lackierprozesses um 90 Prozent.
Die Kunststoffteile-Lackiererei trägt zur Verwirklichung
der Ziele des „Think Blue. Factory.“-Programms bei, das bis
2018 den Energie- und Wasserverbrauch sowie die Emissionen der Produktion um 25 Prozent absenken wird.
251
PRESSWERK IN BRATISLAVA
KUNSTSTOFFTEILE-LACKIEREREI IM WERK WOLFSBURG
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.169.1519.727.848
BELEGSCHAFT
T5
Passat/CC
Golf
Polo
176.913 651.027 824.629725.291
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
Inland
Angestellte
Ausland 1.759.500
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt 2.495.7459.728.250
Gesamt
312.351
736.245 107.539 572.800
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Umsatz
Konzern
65.587 197.007
Investitionen
14.936
Gewinn
3.078
9.145
2013
252 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
2014
5 . F E B R U A R Auf der Auto Expo in Neu-Delhi stellt
Volkswagen seine weiterentwickelte Studie des Taigun,
eines viersitzigen Kompakt-SUV, vor. Nur 3,86 Meter lang,
zeichnet sich der Crossover durch geräumiges Interieur
und effiziente Dreizylindermotoren mit bis zu 81 kW/110 PS
aus. Das außenliegende Reserverad und die Beplankung an
Seitenschwellern, Radläufen und Stoßfängern unterstreichen seinen robusten Charakter. Jugendliche Farben sollen
dem preisgünstigen Einsteigermodell zusätzliche Attraktivität verleihen.
7 . M Ä R Z Die Produktion des e-Golf beginnt in Wolfsburg
mit dem Bandablauf des ersten Exemplars in Oryxweiß.
Basierend auf dem Modularen Querbaukasten, kann der
e-Golf auf der gleichen Montagelinie wie der bewährte
Golf gefertigt werden. Der Viertürer verfügt aus dem Stand
über ein maximales Drehmoment von 270 Nm. Bei einer
Reichweite von 130 bis 190 km bietet der 85 kW/115 PS
leistende Elektromotor ein maximales Drehmoment von
270 Nm, was Effizienz und Agilität garantiert. Wegen des
in der Kompakt­k lasse wegweisend niedrigen Verbrauchswerts von 12,7 kW/100 km liegen die Energiekosten bei 3,28
Euro auf 100 Kilometern Fahrleistung. Das E-Fahrzeug
beschleunigt in 10,4 Sekunden auf 100 Stundenkilometer.
Unter der Haube unterscheidet sich der e-Golf deutlich
von seinen Brüdern mit Otto- oder Dieselmotor. Von außen
erkennbar ist er durch die spezielle Lichtsignatur mit VollLED-Scheinwerfern. Sein Preis beginnt bei 34 900 Euro.
3 0 . M A I Der Golf Sportsvan hat seine Markteinführung.
Der Kompaktvan zeichnet sich durch Geräumigkeit und
Komfort aus. Der variable Gepäckraum nimmt bis zu 1 520
Liter auf. Durch den umklappbaren Beifahrersitz passen
TAIGUN STUDIE
Gegenstände von bis zu 2,40 Metern Länge hinein. Lieferbar
mit sechs Motorvarianten, davon vier TSI- und zwei TDIAggregate mit einer Leistung zwischen 63 kW/85 PS und
110 kW/150 PS, punktet der Wagen auch mit der erhöhten
Sitzposition, die mehr Übersicht erlaubt. Der Golf Sportsvan
verfügt über modernste Technologien wie das serienmäßige
Start-Stopp-System oder die optionalen innovativen Assistenzsysteme wie Lane Assist oder Ausparkassistent. Der
Basispreis liegt bei 19 625 Euro.
1 9 . J U N I Die Eröffnung des neuerrichteten Kompetenzzentrums der Elektrik- und Elektronikentwicklung im
Werk Wolfsburg bündelt die für die Elektromobilität und die
Konnektivität der Fahrzeuge wesentlichen Entwicklungsbereiche im E-Campus. Der futuristische Bau mit acht Stockwerken und einer Gesamtfläche von 42 900 Quadratmetern
symbolisiert den Aufbruch in die fortschreitende digitale
Vernetzung, das Infotainment und die Assistenzsysteme
zukünftiger Fahrzeuge.
253
PRODUKTIONSSTART e-GOLF
3 . J U L I Der neue Passat feiert im Volkswagen Design
Center in Potsdam seine Weltpremiere. Das neue Modell
besticht durch seine niedrigere Karosserie, den längeren
Radstand samt größeren Räder und die deutlich dynamischer gezeichneten Proportionen. Die achte Generation des
erfolgreichen Mittelklassewagens – als Limousine, Variant
und dann auch als Alltrack lieferbar – verfügt über zehn
direkteinspritzende Otto- und Diesel-Turbomotoren mit
einer Leistung zwischen 88 kW/122 PS und 206 kW/280 PS,
die allesamt die Euro-6-Abgasnorm erfüllen. Mit neuesten
Technologien wie dem digitalen Kombiinstrument Active
Info Display oder dem Front Assist mit City-Notbremsfunktion und Fußgängererkennung beginnt eine neue Passat Ära.
Der Preis des Einstiegsmodells liegt bei 30 250 Euro.
7 . J U L I Der Volkswagen Konzern vereinbart mit seinem
chinesischen Joint-Venture-Partner First Automotive
Works die Erweiterung der Produktionskapazitäten. Mit
MIDSIZE-SUV-STUDIE
einer Investitionssumme von zwei Milliarden Euro entstehen in Qingdao in der an der Ostküste gelegenen Provinz
Shandong und in Tianjin zwei Fahrzeugwerke.
1 4 . J U L I Aufgrund der hohen Nachfrage wird der Porsche
Cayenne ab Sommer 2015 auch im Volkswagen Werk Osna­
brück montiert. Die Entscheidung ist mit Investitionen
in Höhe von 25 Millionen Euro verbunden, wodurch eine
Montagekapazität von 20 000 Fahrzeugen im Jahr entstehen wird.
1 4 . J U L I Volkswagen Group America gibt seine Entscheidung bekannt, den neuen Midsize-SUV von Volkswagen
in Chattanooga zu produzieren. Das Ende 2016 in Produktion gehende neue Fahrzeug zielt auf den wachsenden
2014
SUV-Markt. Investitionen von rund 900 Millionen Dollar
schaffen 2 000 zusätzliche Arbeitsplätze.
254 D I E G L O B A L I S I E R U N G D E S M O B I L I T Ä T S K O N Z E R N S
VERTRAGSVERLÄNGERUNG DES JOINT-VENTURES
1 0 . O K T O B E R Der Volkswagen Konzern verlängert mit
seinem chinesischen Partnerunternehmen First Automotive Works den Joint-Venture-Vertrag um weitere 25 Jahre
bis zum Jahr 2041, um die erfolgreiche Tätigkeit in China
langfristig auszubauen. Gleichzeitig wird mit der SAIC
Motor Corporation vereinbart, in der Nähe des 2013 eröffneten Werks Urumqi ein Test- und Prüfgelände für Modelle
des Joint-Venture-Unternehmens Shanghai-Volkswagen zu
errichten.
4 . N O V E M B E R Im Komponentenwerk Tianjin startet
die Produktion von DQ380-Doppelkupplungsgetrieben.
Das im Norden gelegene Werk hat in seiner ersten Ausbaustufe eine Jahreskapazität von 450 000 Getrieben, die ab
2016 auf 1,2 Millionen Einheiten erweitert werden soll.
Dann wird das Werk 5 500 Mitarbeiter beschäftigen.
GRUNDSTEINLEGUNG CRAFTER WERK IN POLEN
1 3 . N O V E M B E R Im polnischen Września erfolgt
die Grundsteinlegung für das 2016 öffnende Werk von
Volkswagen Nutzfahrzeuge mit einer Jahreskapazität von
100 000 Fahrzeugen. Ausgestattet mit einer modernen
Lackiererei, Hallen für den Karosseriebau und die Fahrzeugmontage sowie einem Lieferantenpark, erfolgt hier
durch bis zu 3 000 Mitarbeiter die Serienfertigung der
neuen Generation des Volkswagen Crafter.
5 . D E Z E M B E R Mit der Markteinführung des Golf GTE
erweitert Volkswagen sein Produktangebot um ein erstes
Plug-in-Hybrid-Modell, das von einem 1,4-Liter-TSIMotor mit 110 kW/150 PS und einem 75 kW/102 PS starken
Elektro­motor angetrieben wird. Der Golf GTE emittiert
lediglich 36 g CO2 /km (NEFZ) und kann bei einer Gesamt­
reichweite von 940 km bis zu 50 km rein elektrisch fahren.
255
KOMPONENTENWERK TIANJIN
GOLF GTE
FA H R ZEUGPRO DUK TI O N
P R O D U K T I O N A U S G E WÄ H LT E R M O D E L L E
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
1.230.89110.212.562
BELEGSCHAFT
T5 Passat/Magotan
Golf
Polo
178.283 747.5831.011.124 753.754
F A H R Z E U G A B S AT Z
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Volkswagen Aktiengesellschaft
Konzern
Arbeiter
Inland Angestellte
Ausland
Beschäftigte in den Auslandsgesellschaften
Gesamt
Gesamt
2.615.68610.217.003
112.561 592.586
F I N A N Z D AT E N ( I N M I O . E U R )
Volkswagen Aktiengesellschaft
Umsatz
Konzern
68.971 202.458
Investitionen
16.452
Gewinn
2.476
11.068
2014
256
257
Die
Die Marken
Marken
258 D I E M A R K E N
Audi
Ein Mehrmarkenkonzern spielte in den Überlegungen der
Wolfsburger Unternehmensleitung noch keine Rolle, als
sie 1964 Verhandlungen zur Übernahme der Auto Union
GmbH führte. Die Interessen an der Daimler-Benz-Tochter
waren anders gelagert: Weil sich die Pkw-Produktion im
Werk Wolfsburg der Auslastungsgrenze näherte, zählten
für Volkswagen vor allem die Fabrik in Ingolstadt mit einer
Jahreskapazität von 100 000 Fahrzeugen und einer quali­
fizierten Belegschaft sowie die rund 1 200 Händler und
Werkstätten umfassende Verkaufs- und Kundendienstorganisation. Dass der Kapazitätszuwachs mit der Ausschaltung
eines Konkurrenten einherging, bildete ein zusätzliches
Kaufargument. Zum Übernahmepaket gehörte die Lizenz
für den fast serienreifen Mitteldruckmotor, den DaimlerBenz zur Umstellung der in Ingolstadt gebauten Typen­
palette von Zwei- auf Viertaktmodelle entwickelt hatte.
Der 1,7-Liter-Motor galt als technologische Innovation,
von der sich Volkswagen einen Wettbewerbsvorsprung versprach. Ein für den Vorstand verfasstes Papier hob zudem
die Option hervor, ein auf dem F 102 basierendes Fahrzeug
unter der Marke Audi als „europäische“ Alternative zu den
in der Mittelklasse stark vertretenen US-amerikanischen
Modellen zu positionieren.
vermied zugleich künftige Verluste. Dieser Schritt fiel umso
leichter, als zwischen Stuttgarter Mutter und Ingolstädter
Tochter grundsätzliche Differenzen über die ZweitaktBauweise herrschten.
Zum 1. Januar 1965 übernahm die Volkswagenwerk AG
zunächst 50,3 Prozent des Gesellschaftskapitals und
damit die industrielle Führung der Auto Union, die 1966
vollständig in den Besitz des Wolfsburger Automobilherstellers wechselte. Entsprach die zwischen Volkswagen und
Daimler-Benz vorgenommene Marktaufteilung den strategischen Prioritäten beider Unternehmen, so scheiterten
die übergreifenden Kooperationspläne an den letztlich
doch unterschiedlichen Interessenlagen. Dafür sollte
die neue Marke mit den vier Ringen das Profil des jungen
Volkswagen Konzerns tief verändern.
Durch den Vorstoß von Ford und Opel in die gehobene
Mittelklasse einem schärfer werdenden Wettbewerb
ausgesetzt, konzentrierte Daimler-Benz die finanziellen
Ressourcen auf die Verteidigung seiner Marktposition. Mit
dem Verkauf der Auto Union, die 1964 ein beträchtliches
Minus verbuchte, erweiterte das Unternehmen seinen
Investitions­s pielraum um rund 310 Millionen DM und
WERK INGOLSTADT
A U D I 259
DKW-MOTORRAD
DIE VIER MARKEN DER AUTO UNION
Die am 3. September 1949 in Ingolstadt gegründete Auto
Union GmbH war ein junges Unternehmen, das eine ins
19. Jahrhundert zurückreichende Automobilbautradition
aufgriff. Am 14. November 1899 rief August Horch in Köln
die Firma A. Horch & Cie ins Leben, die 1904 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und nach Zwickau verlegt wurde.
Wegen eines Streits mit dem Aufsichtsrat verließ der renommierte Konstrukteur das Unternehmen und gründete 1909
eine neue Firma, die August Horch Automobilwerke GmbH.
1910 in Audi Automobilwerke GmbH umbenannt, verließ im
gleichen Jahr der erste Audi die Zwickauer Fabrik. Der kleine Betrieb wuchs in der Weimarer Republik zu einer Marke
mit internationaler Reputation heran. Die Weltwirtschaftskrise vereinte die finanziell geschwächten Unternehmen
Horch und Audi sowie zwei weitere sächsische Automobilbauer in der Chemnitzer Auto Union AG, die mit den vier ineinander verschlungenen Ringen den Gründungsgedanken
symbolisierte. Unter dem Dach dieses Automobilkonzerns
schlossen sich am 29. Juni 1932 der DKW-Hersteller Zschopauer Motorenwerke J. S. Rasmussen AG, die Horchwerke
AG und die Audi Werke AG zusammen. Als vierte Marke kam
die Automobilabteilung der Wanderer-Werke AG hinzu, die
über einen Kauf- und Pachtvertrag integriert wurde. Als
zweitgrößter deutscher Automobilhersteller mit unterschiedlichen Modellpaletten deckte die Auto Union in den 1930erJahren fast das gesamte Marktspektrum ab: DKW platzierte
sich in der unteren Mittelklasse und stieg 1937 mit einer
Jahresproduktion von fast 60 000 Zweirädern wieder zur
weltgrößten Motorrad­fabrik auf.
260 D I E M A R K E N
ENDMONTAGE IM WERK DÜSSELDORF
Audi bediente ebenso wie Wanderer die gehobene Mittelklasse und schrieb unter dem Signet der Auto Union Rennsportgeschichte; Horch eroberte seine führende Stellung
im Luxussegment zurück. Die Zentralisierung der Forschungsund Entwicklungstätigkeit in den Jahren 1936/37 bündelte
nicht nur die in zahlreichen Patenten fixierte Innovationskompetenz. Sie zielte vielmehr auf Kosten senkende Rationalisierungseffekte in der Fertigung. Durch die forcierten
Bemühungen um eine Standardisierung der Karosserie­
formen, Fahrgestelle, Motoren und Getriebe entstand aus
dem Nebeneinander unterschiedlicher Typenprogramme
ein charakteristisches Auto-Union-Profil. Im letzten Vorkriegsjahr fertigte der Konzern mit rund 23 000 Beschäftigten mehr als 67 000 Automobile und 59 000 Motorräder.
Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Auto Union einer der
bedeutendsten Lieferanten für Wehrmacht und Behörden
und gliederte sich nach Kriegsbeginn ebenso wie andere
Automobilunternehmen in die nationalsozialistische Rüstungswirtschaft und das NS-Zwangsarbeitssystem ein.
PRÄSENTATION DES NEUEN AUDI
Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches fielen die
in der Sowjetischen Besatzungszone gelegenen Fabriken
der Auto Union der Demontage anheim, bevor die Sowje­
tische Militäradministration 1948 die Enteignung des
Unternehmens verfügte. Die Keimzelle für den Neubeginn
in Westdeutschland bildete ein 1945 nach Ingolstadt ver­
legtes Ersatzteillager, das unter der im Dezember 1945
gegründeten Firma Zentraldepot für Auto Union Ersatzteile
Ingolstadt GmbH rasch expandierte. Zur Frühjahrsmesse
in Hannover liefen hier 1949 die ersten Schnelltransporter
vom Band. Am 3. September 1949 wurde die Auto Union
GmbH von ehemaligen Spitzenmanagern der vormaligen
Auto Union AG gegründet.
A U D I 261
PIONIER MIT WANKELMOTOR: DER RO 80
Die Marke DKW, die sich mit dem 1931 eingeführten F1 als
Pionier des Frontantriebs profiliert hatte, bestimmte bis
1965 die Produkttechnik und Modellpalette des Unternehmens. Mit dem F 89 P, der „Meisterklasse“, lief 1950 im
neuen Werk Düsseldorf die Pkw-Fertigung an, und das bis
1954 komplettierte Zweiradprogramm brachte die Motorisierung in Westdeutschland voran. Die Renaissance des
Zweitakters nach dem Krieg bescherte dem Ingolstädter
Hersteller eine wachsende Nachfrage. Insoweit war die Auto
Union eine gute Partie, als Daimler-Benz mit Übernahme
des Unternehmens im April 1958 seine Produktpalette nach
unten ergänzte. Anfang der 1960er-Jahre zeigte sich jedoch
immer deutlicher, dass mit den relativ teuren Zweitaktwagen
kaum neue Käuferschichten erschlossen werden konnten.
Der Absatz des F 102, der im Frühjahr 1964 in Serie ging,
blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Durch das be­
harrliche Festhalten an der traditionellen Bauweise hatte
sich die Auto Union am Markt isoliert.
DAS VORBILD FÜR DEN POLO: DER AUDI 50
Unter dem Dach des Volkswagen Konzerns vollzog die neue
Tochter den schwierigen Umstieg von Zwei- auf Viertaktmotoren. Die dadurch entstehende Kapazitätslücke schloss
der ab Mai 1965 auch in Ingolstadt gefertigte Käfer. Auf der
Internationalen Automobil-Ausstellung im September 1965
präsentierte die Auto Union ihren ersten Viertakter. Das
aus dem F 102 entwickelte und von einem Mitteldruckmotor
angetriebene Modell trat unter der Bezeichnung Audi an
und leitete die Wiedergeburt der Marke ein. Audi Variant,
Audi 60 und Audi Super 90 ergänzten 1966 die Modellpalette, die der Auto Union nach den Verlusten des Vorjahres
wieder zu positiven Ergebnissen verhalf und die schrumpfende Vertriebsorganisation stabilisierte. Doch erst der
er­folg­r eiche Vorstoß in die obere Mittelklasse mit dem
1968 anlaufenden Audi 100 sicherte dem Unternehmen
den Rang einer eigenständigen Marke. Das 1969 aufgelegte
Investitions­programm zur Erweiterung der Fertigungskapazitäten und zum Aufbau einer eigenen Technischen
Entwicklung in Ingolstadt untermauerte den errungenen
Status.
262 D I E M A R K E N
Die rückwirkend zum 1. Januar 1969 vollzogene Fusion
mit der NSU Motorenwerke AG zur Audi NSU Auto Union
AG mit Sitz in Neckarsulm gliederte eine weitere Marke
in den Wolfsburger Konzern ein. Für Volkswagen ging es
dabei eher um die Technologiekompetenz des Herstellers
und um das die Audi Modellpalette ergänzende NSU-Kleinwagensortiment als um den Wankelmotor selbst, den die
Wolfsburger Führungsetage für nicht zukunftsfähig hielt.
Tatsächlich war der von NSU ab 1967 gebaute Ro 80 in technischer und stilistischer Hinsicht seiner Zeit voraus. Doch
der Kreiskolbenmotor und die aerodynamische Karosserie
machten das avantgardistische, von Claus Luthe entworfene
Modell zu einem Solitär im automobilen Mainstream.
Mit der Produktionseinstellung des Ro 80 im März 1977
wurde die Marke NSU Geschichte. In kommerzieller Hinsicht hatte sie die Erwartungen des Wolfsburger Konzerns
wohl nicht erfüllt. Dafür profitierte Volkswagen von den
Synergien des Markenverbunds, der sich als Geburtshelfer der neuen Volkswagen Generation betätigte und dem
Baukastenprinzip zum Durchbruch verhalf. Der erste
Volkswagen mit Frontantrieb und Wasserkühlung, der 1970
in Serie gegangene K 70, stammte aus dem Hause NSU. Aus
dem neuen Audi 80 ging der mit Fließheck versehene Passat,
aus dem Audi 50 der baugleiche Polo hervor. Darüber hinaus glich der Erfolg der erlösstärkeren Audi Modelle teilweise die Absatzverluste und schrumpfenden Erträge aus, die
das Ende der Käfer-Ära ankündigten und die Umstellung
auf eine moderne Produktpalette begleiteten. Zwischen
1969 und 1973 weitete Audi seinen Absatz sowohl im Inland
als auch auf den Exportmärkten, insbesondere in den USA,
kontinuierlich aus, bevor die Ölkrise die Nachfrage auf
verbrauchsgünstige Modelle lenkte.
GARANTIERT ROSTFREI –
VOLLVERZINKTE KAROSSERIE DES AUDI 80
Mit dem 1979 eingeführten Audi 200 begann der lange
Aufstieg in die automobile Oberklasse. Seinen Vorsprung
durch Technik begründete Audi mit dem Allradantrieb, der
1980 im Audi quattro seinen Einstand feierte und vier Jahre
später für die gesamte Modellpalette erhältlich war. Die
Allrad-Technologie setzte weltweit neue Akzente im Automobilbau und im Rallyesport. Dort knüpfte die Marke Audi
an frühere Erfolge an. 1984 errang sie mit der Markenweltmeisterschaft und dem Dreifachsieg bei der Rallye Monte
Carlo ihren größten Triumph, der auf das Markenimage
abstrahlte und die Innovationskraft des Unternehmens
unterstrich. Auch außerhalb der Rennpisten nahmen die
Geschäfte in den 1980er-Jahren einen insgesamt guten
Verlauf, was sich in hohen Investitionen niederschlug. Mit
fast einer Milliarde DM erreichte das Investitionsvolumen
im Jahr 1985, als die Konzerngesellschaft in Audi AG umbenannt und der Geschäftssitz nach Ingolstadt zurückverlegt
wurde, einen vorläufigen Höhepunkt.
A U D I 263
ANBRUCH DES TDI-ZEITALTERS
Ein größerer Teil der zur Umstrukturierung der Fertigung
verwendeten Summe diente dem Produktionsanlauf des
neuen Audi 80, der 1986 mit einer voll verzinkten Karosserie vom Band lief und nun ebenso wie die beiden großen
Modelle einen bestmöglichen Schutz vor Korrosion und
Wertverlust bot. Die beträchtlichen finanziellen Aufwendungen machten sich bezahlt. So war es insbesondere dem
Markterfolg der Audi 80/90 Baureihe zu verdanken, dass
die Verkaufszahlen 1987 erstmals die Marke von 400 000
Fahrzeugen übersprangen. An der Spitze des Modellpro­
gramms kam Audi mit dem 1988 vorgestellten V8 in der
Premiumklasse an. Bekräftigt wurde die errungene Position durch eine im Werk Neckarsulm entwickelte Generation von Fünfzylinder-Motoren, die unter dem Kürzel TDI
eine neue Ära der Dieseltechnologie begründete und im
September 1989 im Audi 100 Weltpremiere feierte. Der auf
den Mauerfall folgende Vereinigungsboom bescherte Audi
1991 mit 451 000 verkauften Fahrzeugen ein Rekordjahr,
bevor die Weltwirtschaftskrise 1993 Absatz und Gewinn
schrumpfen ließ.
MONTAGE DES TT IN GYÖR
Die Globalisierung des Volkswagen Konzerns in den 1990erJahren setzte den Rahmen für das internationale Wachstum
der Audi AG. Im April 1993 wurde im ungarischen Györ die
Audi Hungaria Motor Kft. gegründet, die ein Montage- und
Motorenwerk betreibt und seit 1998 den Audi TT fertigt.
1997 folgte die Audi do Brasil e CIA., Mitte 1999 der Produktionsanlauf des Audi A3 in der gemeinsam mit der brasilianischen Volkswagen Tochter errichteten Fabrik in Curitiba.
1998 erhielt Audi passenden Zuwachs durch die Übernahme
des legendären Sportwagenherstellers Lamborghini.
Zum Konzern mit 45 800 Mitarbeitern herangewachsen,
verkaufte die Audi AG 1999 rund 626 000 Autos und bilanzierte einen Gewinn von 324 Millionen DM. Grundlagen
dieser erfolgreichen Entwicklung waren die Kostenvorteile
einer verschlankten und mit Systemlieferanten vernetzten
Produktion und die große Akzeptanz der 1994 eingeführten
Produktpalette. Vor allem der Audi A4 wurde zum Ver­
kaufs­­­s chlager und Wachstumsmotor, während das mit
Aluminium­k arosserie ausgestattete Flaggschiff A8 die
264 D I E M A R K E N
sportwagen R8, die sich nach dem Serienanlauf 2006 in
zwei neuen Marktsegmenten behaupteten. Der 2007 eingeführte Audi A5 fand im ersten vollen Verkaufsjahr über
57 000 Käufer. 2008 verstärkte die Premiummarke ihren
Auftritt im SUV-Segment durch den Audi Q5 und stellte dem
Audi A3 ein Cabriolet zur Seite. Die Erweiterung der Modellpalette ging mit einem Ausbau der Fertigungskapazitäten
im Ausland einher. Damit bereitete das Unternehmen den
Boden für anhaltendes Wachstum.
A8 HYBRID
Pionierrolle des Unternehmens im Leichtbau begründete
und seinen Auftritt in der Oberklasse verstärkte. Dem trug
der Volkswagen Konzernvorstand 1995 durch eine stärkere
Trennung der Marken Volkswagen und Audi Rechnung,
nachdem er zum 1. Januar 1993 die Vertriebsverantwortung für Audi Fahrzeuge nach Ingolstadt übertragen hatte.
Produktmarketing und Vertriebsstrategie wurden nun
exklusiv auf das Premium-Image zugeschnitten.
Auch nach der Jahrtausendwende blieb Audi auf Erfolgskurs und stieg 2003 mit einem Gewinn von 811 Millionen
Euro zur ertragsstärksten Konzernmarke auf. Fast die
Hälfte der gebauten Fahrzeuge waren A4 Modelle, deren
Anteil an der Gesamtproduktion im Zuge der Produktdiversifizierung auf ein gutes Drittel im Jahr 2008 schrumpfte.
Zu den wichtigsten Modellneuheiten zählen der Luxusgeländewagen Q7 und der in Neckarsulm gefertigte Super-
Als neuer Produktionsstandort wurde im Mai 2007 das vormalige Volkswagen Werk Brüssel in den Fertigungsverbund
von Audi integriert. Rollte dort zunächst der Audi A3 vom
Band, wird am Standort heute der A1 hergestellt. Im Škoda
Werk Aurangabad in Indien startete 2008 die CKD-Montage
des Audi A6 und Audi A4, heute laufen dort der Audi A3, der
A4, der A6, der Q3, Q5 und Q7 vom Band.
In China hält der Anbieter von Premiumfahrzeugen eine
zehnprozentige Beteiligung an dem Joint Venture FAWVolkswagen Automotive Company Ltd., das die Fertigungskapazitäten für Audi Fahrzeuge weiter ausbaut. Audi hatte
die strategische Bedeutung des chinesischen Marktes früh
erkannt und produziert vor Ort die Modelle A3, A4, A6, Q3
und Q5. Im Reich der Mitte, wo 2014 insgesamt 529 000
Einheiten abgesetzt wurden, hält Audi innerhalb des Premiummarktes die Spitzenposition.
Die bedeutende Zunahme der Auslieferungszahlen, die
2008 erstmals die Millionengrenze überschritten hatte,
und 2014 auf 1,744 Millionen Fahrzeuge kletterte, resultierte zum einen aus der Erweiterung des Produktangebots
im SUV-Segment um Q5 und Q3 und den 2010 präsentierten
A U D I 265
A1, mit dem Audi das Premiumsegment der kleinen Kompaktwagen für sich erschloss. Zum anderen ergänzte Audi
sein Produktportfolio konsequent um Varianten, erneuerte
die bestehenden Modellreihen durch Generationswechsel
und verbesserte regelmäßig die technische Ausstattung der
einzelnen Modelle. Dass Qualität und Design den Premium­
anspruch zum Ausdruck bringen und den Kundengeschmack
treffen, trägt ebenfalls zum Unternehmenserfolg bei. Der
Umsatz stieg von 34,2 Milliarden Euro im Jahre 2008 bis
2014 auf eine neue Rekordmarke von 53,7 Milliarden Euro,
das operative Ergebnis von 3,7 auf 5,1 Milliarden Euro.
Um auch künftig die Wachstumspotenziale der Weltmärkte
auszuschöpfen, zeigt sich der Premiumanbieter mit seiner
globalen Markenstrategie gut gerüstet. Seit der Wieder­
belebung der Marke Audi hat sich der ehemalige Hersteller
von Zweitaktern zu einem angesehenen Technologieführer
der internationalen Automobilindustrie gewandelt. Hoch
profitabel, innovationsstark und mit erstklassigen Pro­
dukten in allen Volumenmärkten positioniert, belegt
Audi im Markenverbund einen herausragenden Platz mit
kaum zu überschätzender Bedeutung für die Zukunft des
Volkswagen Konzerns.
A1
PRODUKTION IN CHANGCHUN
266 D I E M A R K E N
Bentley
Die Marke Bentley bestimmte seit einem Jahrzehnt das
Unternehmenswachstum der Rolls Royce Motor Cars, als
die Vickers-Gruppe im Oktober 1997 den chronisch unter­
finanzierten Hersteller nobler Karossen zum Verkauf anbot.
Für den Aufbau eines Luxussegments unter dem Dach des
Volkswagen Konzerns war der königliche Automobilbauer
geradezu ideal: Bentley lieferte die sportlich-luxuriöse Produktpalette, Rolls Royce den klangvollen Namen. Im März
1998 zeichnete sich ab, dass Volkswagen nicht beides haben
konnte. Der Wolfsburger Automobilkonzern erwarb am
3. Juli 1998 die Marke Bentley, die Fertigungsstätte in
Crewe sowie das bis Ende 2002 befristete Recht, den Markennamen Rolls Royce zu nutzen. Das modellpolitische
Interesse des Wolfsburger Unternehmens galt von Anfang
an vor allem den Bentley Produkten. Volkswagen vollzog mit
der Übernahme einen gelungenen Einstieg in die Luxusklasse. Rolls Royce und Bentley gingen nach 2003 wieder
getrennte Wege und knüpften damit an die Frühphase ihrer
Geschichte an, in der sich beide Marken als Konkurrenten
gegenüber gestanden hatten.
Walter Owen Bentley gründete am 20. Januar 1919 die
Londoner Firma Bentley Motors, die sechs Monate später im
Zuge einer finanziellen Umstrukturierung abgewickelt und
durch eine neue gleichen Namens ersetzt wurde. Motoren
und Geschwindigkeit waren Bentleys Leidenschaften.
Seinen guten Ruf als Ingenieur hatte Bentley während des
Ersten Weltkriegs mit der Entwicklung von zwei Flugzeugmotoren erworben, bevor er im November 1919 auf der
Londoner Automobilausstellung mit dem Prototypen des
3-Liter-Bentley Aufsehen erregte. Das bemerkenswert unkomplizierte Fahrzeug bestach durch Straßenlage, Fahrsowie Bremseigenschaften und einen neu konstruierten
Vierzylindermotor, der den Wagen auf die damals magische
Geschwindigkeit von 100 Meilen pro Stunde brachte.
UNTERZEICHNUNG DES ÜBERNAHMEVERTRAGS
B E N T L E Y 267
WALTER OWEN BENTLEY
Das erste im September 1921 ausgelieferte Serienmodell
entstand in einer kleinen Montagefabrik, die Bentley im
Norden Londons in Cricklewood errichtet hatte. Dort wurden 1922 fast 150 Exemplare gebaut, und mit den Verkaufszahlen stiegen auch die Produktionskosten um ein Vielfaches. Jetzt zeigte sich, dass dem visionären Konstrukteur
unternehmerisches Kalkül fehlte. Denn trotz angespannter
Finanzlage begann Bentley 1924 mit dem Bau eines 6,5Liter-Fahrzeugs, um ein Meisterwerk abzuliefern. Zwei
Jahre später war der luxuriöse Wagen fertig und das Unternehmen bankrott. Der millionenschwere Geschäftsmann
und Autonarr Woolf Barnato übernahm die Firma, in der
W. O. Bentley fortan als Geschäftsführer tätig war. Nach
einer kurzen Belebung – 1929 schrieb Bentley Motors erstmals schwarze Zahlen – trieben die Weltwirtschafts­k rise,
mangelndes Kostenbewusstsein des Managements und
der Bau des 8-Liter-Bentley das Unternehmen im Juli 1931
erneut in den Konkurs.
FERTIGUNG DES MK VI IN CRICKLEWOOD
Die Rolls Royce Motor Corporation nutzte die Gelegenheit
und übernahm im November 1931 den schärfsten Konkurrenten. Zur Senkung der Fertigungskosten folgte das Unternehmen in den 1930er-Jahren dem allgemeinen Trend zur
Anwendung fordistischer Produktionsmethoden. In beiden
Produktlinien fanden zunehmend standardisierte Bauteile
Verwendung, sodass charakteristische Merkmale von
Bentley, insbesondere die sportliche Dynamik, auf der Strecke
blieben. Dafür profitierte die Marke von der Perfektion der
handwerklichen Ausführung und überlebte eine schwierige Zeit. Ein eigenes Markenprofil blieb zunächst insoweit
gewahrt, als weder Chassis noch Motoren der bis Kriegsbeginn gebauten Bentleys in Rolls-Royce-Fahrzeugen Verwendung fanden.
Erst unter dem Druck knapper Finanzen vollzog der
britische Automobilhersteller in den Nachkriegsjahren
die für Bentley einschneidende modellpolitische Wende.
268 D I E M A R K E N
Der ab 1946 im neuen Werk Crewe gebaute MK VI wurde
1951 vom nahezu identischen Rolls Royce Silver Dawn vom
Markt verdrängt. Ein letztes Glanzlicht warf das von 1952
bis 1955 gebaute Coupé Continental Typ R. In den folgenden
drei Jahrzehnten ging ein eigenständiges Markenprofil
verloren, als Bentley nur noch mit Derivaten der jeweiligen
Rolls-Royce-Modelle in Erscheinung trat und dadurch
einen fortschreitenden Bedeutungsverlust erlitt.
1980 wendete sich das Blatt. Der Rüstungskonzern Vickers
plc. übernahm die Rolls Royce Motor Cars Ltd. und erkannte
das Potenzial der Marke. Ihre Revitalisierung gelang mit
dem Bentley Mulsanne Turbo. Vom Rolls Royce Silver Spirit
unterschied sich das 1982 eingeführte Modell nur in einem
wesentlichen Punkt: Die Motorleistung war mit einem
Turbolader um 50 Prozent auf 300 PS gesteigert worden.
Der bis dahin schnellste Bentley aller Zeiten leitete den
Wiederaufstieg der Marke ein. Ihm folgten 1984 der als
Konkurrent zu Mercedes- und BMW-Fahrzeugen konzipierte Bentley Eight und 1985 der Mulsanne Turbo R, der
den Beginn einer neuen Modellära markierte. Die Produktpalette wuchs, und der Rückgriff auf die von W. O. Bentley
begründete sportliche Tradition gab der Marke die entscheidenden Wachstumsimpulse. Zwischen 1983 und 1989
stieg ihr Anteil an der Gesamtproduktion von unter fünf auf
50 Prozent. Drei Jahre später kamen auf einen verkauften
Rolls Royce zwei Bentley Fahrzeuge. Innerhalb eines Jahrzehnts hatte sich Bentley zur dominanten Marke mit neuer
Identität entwickelt, die sich vor allem in den Coupés der
1990er-Jahre widerspiegelte. Die imposante Verbindung
von Sportlichkeit und Luxus wurde wieder zum Marken­
zeichen, das in der Volkswagen Ära zu neuer Blüte gelangte.
Für die Entwicklung des im September 2002 in Bentley
Motors Ltd. umbenannten Unternehmens war die Reintegration historischer Schlüsselkompetenzen bedeutsam,
die dem Produktionsstandort unter der Führung von
Vickers entzogen worden waren. Hierzu zählte das Testen
der Prototypen, vor allem aber die an Vickers Engineering
übertragene Fertigung des V8-Motors, die der Volkswagen
Konzern nach Übernahme des Geschäftsbereichs ins Werk
Crewe zurückholte. Bentley Ingenieure erhielten damit
wieder unmittelbaren Zugriff auf die Motorenentwicklung
des Unternehmens.
Vertrauen in Marke und Belegschaft signalisierte der
Volkswagen Konzern auch mit einem Investitionsvolumen
von 1,1 Milliarden DM, die im Zeitraum 1999 bis 2003 in
den Fabrik­u mbau und die Produktentwicklung fließen sollten. Der bei Übernahme des Unternehmens fertig gestellte
Arnage Green Label wurde innerhalb eines Jahres überarbeitet und in den Red Label verwandelt. Von seinem Vorgänger unterschied er sich durch ein präziseres Fahrwerk,
mehr Platz im Fond und höhere Leistung. Den BMW-Motor
ersetzten die Entwicklungsingenieure von Bentley durch
den stärkeren V8-Motor, der auch die Nachfrage antrieb
und den Absatz im Jahr 2000 um 50 Prozent hochschnellen
ließ. Die grundlegende Modifikation dieses Modells nahm
mehr als zwei Jahre in Anspruch, bevor der Arnage T im
Januar 2002 auf der North American International Auto
Show in Detroit debütierte. Mit technologischem Know-how
von Volkswagen gelang es, die Steifigkeit der Konstruktion
erheblich zu verbessern, und der überarbeitete V8-Motor
leistete nun 456 PS, die den Arnage in 5,5 Sekunden von
Null auf 100 Stundenkilometer beschleunigten.
B E N T L E Y 269
ARNAGE RED LABEL
Dass Bentley im Juni 2002 die erste Staatslimousine mit
geflügeltem B der Queen übergab und im Vorjahr mit
einem dritten Platz in Le Mans erfolgreich auf die Rennpiste zurückgekehrt war, brachte einen Prestigegewinn
und warf Schlaglichter auf das Potenzial der Marke. Ihren
An­s pruch, majestätischen Luxus mit sportlicher Dynamik
zu vereinen, löste sie mit der Arnage Modellreihe ein, die
auf die Wünsche der Stammkunden zugeschnitten war. Die
überarbeite Modellpalette belebte das Geschäft, gab aber
keine langfristig wirksamen Wachstumsimpulse, zumal die
Terroranschläge vom 11. September 2001 den Export in die
USA beeinträchtigten. 2003 fielen die Verkaufszahlen auf
792 Bentley Fahrzeuge.
Den Durchbruch brachte das komplett neu entwickelte
Coupé, das die Marktlücke zwischen Mercedes und Porsche
schließen und der Marke einen neuen Kundenkreis zu­f üh­
ren sollte. In Crewe entworfen, konstruiert und gebaut,
erfüllte der Continental GT einen von Bentley lange geheg­
EXP SPEED 8 IN LE MANS
ten Traum. Für die Fertigung dieses Modells, dessen Roh­karosse das Volkswagen Werk Zwickau zulieferte, hatte
Bentley eine neue Montagehalle eingerichtet. Modernste
Technik ergänzte hier die traditionelle Handarbeit, die
nach wie vor einen integralen Bestandteil des Herstellungs­
prozesses bildete. 150 Stunden dauerte der Bau eines Continental GT, 400 Stunden die Produktion des Arnage. Nach
der Premiere des Prototypen auf dem Pariser Auto­s alon
2002 präsentierte Bentley im Jahr darauf das Serienmodell.
Bis dahin lagen bereits 3 200 Bestellungen vor. Der mit All­radantrieb ausgestattete Continental GT verkörperte die Aufsehen erregende Synthese aus Eleganz, Luxus und Geschwindigkeit. Unter seiner Haube arbeitete ein kompakter, mit
zwei Turboladern versehener Zwölfzylinder-Motor, mit dem
das zwei Tonnen schwere Fahrzeug auf der Teststrecke eine
Spitzengeschwindigkeit von 320 Stundenkilometern erreichte. Wie erhofft, erschloss das Coupé der Marke Bentley einen
neuen, jüngeren Kundenkreis, den der Stil, die Leistungsmerkmale und die Technologie des Wagens ansprachen.
270 D I E M A R K E N
COCKPIT DES CONTINENTAL GT
Gegenüber dem Vorjahr stieg 2004 der Absatz von Bentley
Motors um das Zehnfache auf 7 411 Wagen, davon entfielen
6 715 Fahrzeuge auf den Continental, der Rest auf den neuen Arnage. Einen weiteren Wachstumsschub gab der 2005
eingeführte Continental Flying Spur, der die Designlinie
des Coupés fortsetzte und als schnellste Limousine der Welt
der Marke alle Ehre machte. Ihm folgten 2006 die Cabriolets
beider Baureihen, das seit 2007 in Crewe gefertigte Continental
GT Speed Coupé und der 2008 präsentierte Brooklands. Die
Erweiterung der Produktpalette trieb 2007 die Verkaufszahlen erstmals über die Marke von 10 000 Fahrzeugen.
Jedes davon auf Bestellung und nach individuellen Kunden­
wünschen Stück für Stück mit hoher Handwerkskunst
gefertigt.
CONTINENTAL FLYING SPUR
B E N T L E Y 271
PRODUKTION IN CREWE
Die Auslieferungszahlen brachen im Gefolge der Finanz­
krise bis 2009 auf 4 616 Fahrzeuge ein. Zum Umschwung
trug der 2010 erfolgte Start des Mulsanne bei. Das neue
Flaggschiff verbindet auf exemplarische Weise herausragenden Luxus mit überlegener Leistung der ZwölfzylinderMotoren. Auch die Neuauflage des Continental GT, der
durch schärfer gezeichnete Konturen, ein verbessertes Innenraumangebot und zusätzliche Assistenz- und Informationssysteme die Modellreihe sportlich-elegant und luxuriös
weiterentwickelt, ermöglichte 2011 den Turnaround. Nach
drei Jahren mit Verlusten kehrte Bentley auf die Erfolgsspur
zurück. Wurden 2012 noch 8 510 Fahrzeuge an Kunden
ausgeliefert, stiegen die Auslieferungen 2014 auch dank des
Flying Spur mit Achtzylindermotor auf 11.020. Damit baute
Bentley bei den Herstellern von Luxusautomobilen seine
Spitzenposition weiter aus. Auf der Basis eines gesteigerten
BENTLEY MULSANNE
Absatzes konnte ein Operatives Ergebnis von 170 Millionen
Euro eingefahren werden. Wachstumsimpulse setzten
dabei sowohl die neuen V8-Motoren für den Continental GT
und GTC als auch die Markt­­einführung des neuen Continental GT Speed, der mit einer Spitzengeschwindigkeit von
330 Stundenkilometern der schnellste Bentley mit Straßenzulassung aller Zeiten ist.
Unter dem Dach des Volkswagen Konzerns kehrte die Marke
Bentley zu ihren Wurzeln zurück. Anders als zu Zeiten ihres
Begründers steht das Unternehmen mit rund 3 600 Beschäf­tigten auf solider finanzieller Grundlage. Volkswagen begleitet diese Entwicklung mit technologischer Unterstützung
und erheblichen Investitionen. Dafür hat sich Bentley als
Hersteller sportlicher Luxusfahrzeuge einen internationalen
Namen gemacht und mit diesem Markenprofil einen wichtigen Platz im Luxussegment des Volkswagen Konzerns
besetzt.
272 D I E M A R K E N
Bugatti
Bugatti existierte als automobile Legende Mitte der 1990er Jahre nur noch in den Geschichtsbüchern. Gleichwohl
lebte der Mythos der Luxussportwagen aus Molsheim
weiter, gaben doch die noch existierenden 500 Bugattis
Auskunft über die meisterhafte Ingenieurskunst und
richtungweisenden Designkonzepte im Automobilbau
vergangener Tage. Volkswagen ergriff 1998 die Chance,
die 90-jährige Tradition dieser glanzvollen Marke wieder
aufleben zu lassen. Ebenso wie die im selben Jahr erfolgte
Übernahme von Bentley und Lamborghini ordnete sich
der Erwerb von Bugatti in die Strategie des Volkswagen
Konzerns ein, unter seinem Dach ein Luxussegment zu
etablieren und damit ein zwar kleines, aber stabiles Nachfragepotenzial auszuschöpfen. Im gleichen Zuge zielte die
Revitalisierung der traditionsreichen Luxusmarke darauf
ab, die technische Kompetenz und Innovationskraft des
größten europäischen Automobilproduzenten zu unter­
mauern. Das dadurch erzielte Prestige sollte abstrahlen
und die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens
von einem global agierenden Volumenhersteller hin zu
einem Verbund identitätsstarker Marken wandeln. Am
obersten Ende seines automobilen Spektrums konnte der
Volkswagen Konzern mit Bugatti ein exquisites Aushängeschild präsentieren mit dem Potenzial, die Grenzen des im
Automobilbau technisch und gestalterisch Machbaren neu
zu bestimmen.
Seine Ambitionen lagen allerdings nicht in der Malerei oder
Architektur, sondern konzentrierten sich auf die Technik.
Als Autodidakt entwarf und baute Bugatti bereits im Alter
von 20 Jahren sein erstes Fahrzeug. In den folgenden knapp
zehn Lehr- und Wanderjahren sammelte er unter anderem
bei zwei deutschen Pkw-Herstellern Erfahrungen, bevor er
im Dezember 1909 die Gebäude einer stillgelegten Färberei
im elsässischen Molsheim mietete und im Jahr 1910 in eigener Regie begann, die ersten Fahrzeuge zu bauen. Um das
nötige Kapital für die Einrichtung der Fertigungsstätte im
elsässischen Molsheim zu akquirieren, verkaufte Bugatti
Lizenzen seiner Konstruktionen an andere Unternehmen.
Bei Peugeot liefen so zwischen 1913 und 1916 etwa 3 000
Exemplare des vom Zeichenbrett Bugattis stammenden
Kleinwagens Bébé vom Band. Trotz des Erfolgs schwebten
ihm eher Automobile vor, die sich aufgrund ihrer Fahreigenschaften mit der Dynamik und der Eleganz von Rasse­
pferden vergleichen ließen. Seine Rennwagen gerieten
daher zu vierrädrigen Vollblütern, deren lange Erfolgsserie
1910 mit dem Typ 13 begann.
Die Geschichte des Firmengründers Ettore Bugatti und seiner automobilen Schöpfungen liest sich wie die Biographie
eines Künstlers auf der Suche nach der perfekten Umsetzung seiner Vision. 1881 in Mailand geboren, folgte Bugatti
zunächst der Familientradition und begann ein Studium an
der Kunstakademie seiner Heimatstadt.
TYP 13
B U G A T T I 273
JEAN BUGGATTI AM TYP 41 ROYALE
ETTORE BUGATTI
Auch wenn die Rennsporttriumphe den Bekanntheitsgrad
und die Verkaufszahlen der Flitzer aus Molsheim steigerten, war Bugattis Firma alles andere als profitabel. Stets
neue Entwicklungen verschlangen die Einnahmen, die der
Verkauf der 350 bis 1914 gefertigten Fahrzeuge einbrachte. Die Unternehmenskrise verschärfte sich durch den
Ersten Weltkrieg, der der Pkw-Produktion in Molsheim ein
vorläufiges Ende setzte. Bugatti hielt sich mit der Konstruktion von Flugzeugmotoren über Wasser, deren Lizenzen
er gewinnbringend verkaufte. Dadurch stand 1919 das
Startkapital bereit, um die alte Fertigungsstätte wieder in
Betrieb zu nehmen.
Den perfekten Rahmen für den Neustart des Geschäfts setzten die anbrechenden 1920er-Jahre. Modernität ersetzte
Traditionen, die Technik inspirierte die Kunst. Bugattis
Automobile schienen wie gemacht für diese goldene Epoche.
Die kompromisslose ästhetische Gestaltung der Fahrzeuge
traf den damaligen Zeitgeist, und die Rennsportsiege
belegten die Kreativität ihres Konstrukteurs. Das daraus
resultierende Renommee, die hohe Verarbeitungsqualität
und die Exklusivität der geringen Stückzahlen machten die
Bugattis zu Statussymbolen mit enormer Strahlkraft. Hinzu kam, dass der Unternehmer Ettore Bugatti seine Modelle
den Individualitätswünschen des zahlungskräftigen und
oft prominenten Klientels anzupassen vermochte und dabei
eine Art Baukastenprinzip anwandte, wonach verschiedene
Fahrgestelle mit zwei Motorvarianten und unterschiedlichen
Aufbauten kombiniert werden konnten.
Neben den Renn- und Sportwagen der T-35- und T-37-Serie,
den Tourenwagen T 38, T 40 und T 44 entstanden ab 1926
erstmals reine Luxuskarossen. Die sechs gefertigten Exemplare des Typ 41 Royale waren nicht nur aufgrund ihres
13-Liter-Motors und der Spitzengeschwindigkeit von 165
Stundenkilometern einmalig. Der Preis von 160 000 Mark
machte die Royale zum damals teuersten Auto der Welt –
und gleichzeitig zu einem großartigen Verlustgeschäft. Der
herrschaftliche Lebensstil der Unternehmerfamilie und
274 D I E M A R K E N
die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise verschärften die finanzielle Schieflage Anfang der 1930er-Jahre
zusätzlich. Noch einmal half Bugattis Erfindergeist über
diese Krise hinweg. Die Produktion von Triebwagen für
die französische Eisenbahn verbesserte die Liquidität der
Firma und sicherte vorerst das Überleben. Gleichwohl zog
sich Ettore Bugatti ab 1932 schrittweise aus der Geschäftsführung zurück. Sein Sohn Jean übernahm das Ruder und
leitete eine deutliche Richtungsänderung ein. Anstelle der
verwirrenden Vielfalt von Typen entstand mit dem T 57 eine
universell einsetzbare Plattform, die als Limousine, Coupé,
Touren- oder Rennwagen ausgeliefert werden konnte. Ein
Derivat dieser Serie, der T 57 Atlantic, gilt bis heute als eines
der formschönsten Fahrzeuge der Automobilgeschichte,
wurde aber insgesamt nur drei Mal verkauft.
Tatsächlich gelang die wirtschaftliche Kehrtwende nicht.
Ende der 1930er-Jahre stagnierten die Absatzzahlen, und
die Konkurrenz überflügelte die Fahrzeuge aus Molsheim
nicht nur in technischer Hinsicht. Der tödliche Unfall des
Hoffnungsträgers Jean Bugatti im Jahr 1939 leitete den
Niedergang der automobilen Legende ein. Die im Zweiten
Weltkrieg erfolgte Umwidmung der Automanufaktur in
einen Rüstungsbetrieb schien das Ende der Fahrzeugfertigung bei Bugatti zu besiegeln. Auch wenn die Fabrik
nach Kriegsende wieder in Familienhände zurückgegeben
wurde, fehlte spätestens mit dem Tod Ettore Bugattis im
Jahr 1947 der kreative Impulsgeber. Alle Versuche, das
Überleben der Marke zu sichern, erwiesen sich in der Folge­
zeit als erfolglos. 1963 verkaufte die Familie Bugatti ihr
Unternehmen mitsamt der Fertigungsstätte in Molsheim
an die spanische Firma Hispano-Suiza.
SCHLOSS MOLSHEIM
Obgleich die pfeilschnellen Rennwagen und Luxuskarossen mit den hufeisenförmigen Kühlern nach und nach in
Museen oder in Sammlerbesitz wanderten und nur noch
als Exponate zu bewundern waren, blieb die Philosophie
der Marke Bugatti einer technisch perfekten automobilen
Ästhetik ein wirksames Faszinosum. Dieser Idee nahm
sich der italienische Geschäftsmann Romano Artioli an,
der 1986 die mittlerweile im Besitz des französischen
Rüstungskonzerns SNECMA befindlichen Markenrechte
erwarb. Unter seiner Ägide entstand im norditalienischen
Campogalliano ein neues Werk, das 1991 mit dem EB 110
wieder einen Supersportwagen unter dem Namen Bugatti
präsentierte. Trotz 120 verkaufter Exemplare bremste
auch hier die wirtschaftliche Realität die hochfliegenden
Ambitionen aus. 1995 endete die erste kurze Wiederbelebung des Bugatti Mythos mit der Schließung der Fabrik.
Allerdings blieb Artioli über seine Luxemburger Firma
Bugatti International S.A. Holding weiterhin Inhaber der
Namensrechte.
B U G A T T I 275
VEYRON
FERTIGUNG IN MOLSHEIM
Am 10. Juli 1998 übernahm die Volkswagen Aktiengesellschaft die Holdinggesellschaft und erwarb damit die Option
auf die Fortsetzung der Markenlegende. Neben Kapital war
ein hohes Maß an technischer Kompetenz, Stilempfinden
und Perfektion gefragt, um das Flair der Marke Bugatti
wieder erfahrbar zu machen. Volkswagen griff hierbei
auf Vorarbeiten der Firma Italdesign von Giorgio Giugiaro
zurück. Im Auftrag Artiolis hatte der italienische Designer
schon 1993 ein Concept Car unter dem legendären Signet
EB vorgestellt und an dessen Weiterentwicklung gearbeitet. Der von Giugiaro gestaltete Prototyp erregte auf dem
Autosalon in Paris im September 1998 Auf­s ehen. Der
EB 118 verkörperte die moderne Interpretation der eleganten Coupés, die in den 1930er-Jahren in Molsheim gefertigt
worden waren. 1999 waren die Studien 18/3 Chiron und
18/4 Veyron zu sehen. Sowohl das Design der KohlefaserKarossen als auch das 555 PS starke Antriebsaggregat
knüpften an die Tradition der luxuriösen Supersportwagen
an. Im selben Jahr kehrte Volkswagen mit dem Erwerb des
Molsheimer Château St. Jean an den Geburtsort des Bugatti
Mythos zurück. Nach Gründung der Bugatti Automobiles
S.A.S. am 22. Dezember 2002 und einer mehrjährigen
Entwicklungszeit startete im September 2005 mit 45 Mit­
arbeitern die Fertigung des Veyron 16.4.
Mit dem neuen Bugatti aus Molsheim kehrt das technologisch und gestalterisch Außergewöhnliche auf die Straße
zurück: Das reduzierte Design sowie die hohe Verarbeitungsqualität des puristischen Innenraums geben einen
deutlichen Hinweis auf die automobilen Vorbilder des
Veyron. Sein W16-Leichtmetallmotor leistet 1 001 PS und
ist das stärkste jemals in Serie gebaute Aggregat. Damit
erreicht der schnellste auf Straßen zugelassene Sportwagen
der Welt eine Geschwindigkeit von über 400 Stundenkilometern. Etwas langsamer kommt der Veyron 16.4 Grand
Sport ohne das herausnehmbare Dachmodul daher. Wie
das Coupé komplett von Hand gefertigt, gab die Cabriover­
sion 2008 am Vorabend des Concours d’Élégance im kalifor­
nischen Monterey ihr stilvolles Debüt. Mit dem Roadster hat
Bugatti seine Spitzenstellung unter den Luxussportwagen
gekrönt. Die Modelle Super Sport, Vitesse und Les Légendes
ergänzen das Angebot, das sich durch Exklusivität, Luxus,
Eleganz, herausragende Gestaltung und große Leidenschaft
auszeichnet. Die Wiedererweckung des Bugatti Mythos
unter dem Dach des Volkswagen Konzerns ist geglückt.
276 D I E M A R K E N
Ducati
Ducati, die schnelle Schöne auf zwei Rädern, kam am
19. Juli 2012 als elfte Marke unter das Dach des Volkswagen
Konzerns. Mit dem Kauf des legendären Premiumherstellers
von Sportmotorrädern aus Borgo Panigale durch die AudiTochter Lamborghini Automobili S.p.A. gelang der Einstieg
in den hart umkämpften Zweiradmarkt. Der unverwechselbare Klang des Ducati-Zweizylinders frischt bei Audi
Erinnerungen an die Marken DKW und NSU auf, die früher
selbst auf dem Motorradmarkt aktiv gewesen war.
Ducati verzeichnete im Jahr der Übernahme die wirtschaftlich erfolgreichste Bilanz der Firmengeschichte. Mit mehr
als 44 000 Motorrädern und einem Umsatz von rund 480
Millionen Euro erzielte der Sportmotorradhersteller aus
dem Vorort von Bologna 2012 einen Auslieferungsrekord,
der wesentlich auf dem erstarkten US-Geschäft beruhte.
Zuvor hatte die Marke, die in Italien wegen der Vorliebe für
Rot auch „La Rossa“ genannt wird, Kosten gesenkt, die Modell­palette aufgefächert und mit einem Werk in Thailand künftiges Wachstum in Asien vorbereitet. Unter dem Dach des
Volkswagen Konzerns wird Ducati als eigenständige Marke
in der Audi AG ihre Marktposition bei den sportlichen
Motorrädern ausbauen und ihr Know-how im Leichtbau
und der Motorenentwicklung entfalten.
Die charakteristische Klangfarbe der roten Rennmaschinen
entspringt den Ducati-Zweizylindermotoren, deren Ventile
kontrolliert geöffnet und geschlossen werden. Diese als
Desmodromik bekannt gewordene Technik, die Leistungsverluste im hohen Drehzahlbereich verhindert, stammt aus
dem Autorennsport und wurde von Ducati erstmals 1956 in
der 125 Desmo eingesetzt. Das Kunstwort Desmodromik
entlehnt sich dem Altgriechischen und zielt nicht nur auf die
Ventiltechnik, sondern auch auf den Rennsport als Einsatzgebiet ab. Ducati begründete damit seinen weltweiten Ruf
als sportliche Marke, setzten sich doch Ducatis mit Desmodromik nach 1956 im Renngeschehen erfolgreich von der
starken Konkurrenz ab. Seit 1968 wird die Technik auch für
die Serienmotorräder der Marke verwendet. Trotz seiner erfolgreichen Technik- und Rennsportgeschichte durchlebte
Ducati zugleich eine wechselvolle Eigentümergeschichte.
Der Ursprung des heutigen Unternehmens geht auf ein
Start-up der Brüder Adriano, Bruno und Marcello Ducati
mit weiteren Investoren in Bologna zurück. Die am 4. Juli
1926 gegründete Società Scientifica Radio Brevetti Ducati
mit Sitz in der Via Collegio di Spagna 9 in der Altstadt von
Bologna produzierte auf der Basis eines vom ältesten Bruder
gehaltenen Patents Kondensatoren für Radios. Bereits als
Physikstudent hatte dieser mit Funkexperimenten über
Kurzwelle von sich Reden gemacht. Ein erster bedeutender
Großauftrag für den argentinischen Markt wurde im Herbst
1926 noch in den Kellerräumen des elterlichen Wohnhauses,
der Villa Lydia, in der Viale Guidotti 51 in Bologna erledigt.
Zehn Jahre später verfügte die Firma bereits über eine
Fabrik auf zwölf Hektar Gewerbegrund am westlichen
Stadtrand von Bologna, in Borgo Panigale, wo bis heute der
Firmensitz ist. Nach der Grundsteinlegung am 1. Juni 1935
wuchs die Firma rasant und baute sowohl Kondensatoren
als auch Radios. 3 500 Mitarbeiter arbeiteten am neuen
Standort, der als fortschrittlicher Firmencampus mit
Kantinen, Küchen, Freizeitmöglichkeiten und Gesundheitsversorgung ausgestattet war. Ducati weitete in der Vorkriegszeit die Produktion aus und verdoppelte die Belegschaft, um ab 1938 neben Radios auch Kameras, optische
D U C A T I 277
FABRIK IN BORGO PANIGALE
Linsen, Registrierkassen und elektrische Rasierer zu fertigen. Verkaufsbüros in London, Paris, New York, Sydney und
Caracas unterstrichen die Exportorientierung.
Im April 1939 stellte Ducati jedoch auf Geheiß des faschistischen Regimes auf Rüstungsproduktion um, sodass die
Mitarbeiter Waffen fertigten, aber auch Kondensatoren und
optisches Gerät für das Militär lieferten. Ein massiver Bombenangriff der Alliierten zerstörte am 12. Oktober 1944
große Teile des Ducati Werks.
Noch im Mai 1945 begann der Wiederaufbau der zerstörten
Fabrik als Familienbetrieb. Die Absatzmärkte für Kondensatoren, Radios und Kameras waren jedoch zusammengebrochen. Ducati schwenkte auf Produkte wie Brillengläser,
Radnaben für Fahrräder oder Dynamos um. Die Fabrik
wuchs bis 1947 auf Vorkriegsniveau und hatte bis zu 4 500
Mitarbeiter. Die rasche Expansion war aber mit einer ebenso raschen Verschuldung erkauft worden, was schließlich in
die Zahlungsunfähigkeit und zur Verstaatlichung führte.
Ducati wurde in die zwei Hauptproduktionsbereiche Optik
und Mechanik aufgetrennt, aus denen 1954 am Standort
Borgo Panigale die Firma Ducati Meccanica hervorging.
Dass Ducati als Unternehmen überlebte und sich als Motorradhersteller etablierte, resultierte vor allem aus der
Einbindung der Società Scientifica Radio Brevetti Ducati
in die Fertigung eines von der Società Italiana Applicazioni
Tecniche Auto-Aviatorie (SIATA) entwickelten ViertaktHilfsmotors mit Zweiganggetriebe. Mit dem bereits im Krieg
entworfenen Motor sollte das im Italien der Nachkriegszeit
wichtigste Transportmittel, das Fahrrad, auf Touren ge-
278 D I E M A R K E N
Techniker verbesserten konsequent die Leistungswerte des
Motors, entwarfen eigene Rahmen und bauten erste eigene
Mopeds mit 55 bis 65 Kubikzentimetern Hubraum. Ducati
entwickelte sich dadurch bis 1954 vom Zulieferbetrieb der
SIATA zum eigenständigen Motorradhersteller. Am 1. Mai
1954 trat mit Fabio Taglioni (1920 - 2001) ein Ingenieur
in das Unternehmen ein, der die Nachfrage nach immer
leistungsfähigeren Motorrädern bedienen sollte. Innerhalb
kürzester Zeit avancierte der begnadete Techniker zum
Chefkons­t rukteur in Borgo Panigale.
GRAND SPORT
bracht werden. Ausgestattet mit einem kleinen Hilfsmotor,
der über die Fahrradkette für Schwung sorgte, wurde aus
dem Fahrrad ein ebenso einfaches wie rasantes Fortbewegungsmittel – das Mofa. Der kleine, aber effektive Motor
Cucciolo (ital.: Welpe, Hündchen; auch Neuling, Grünschnabel) für dieses Motor-Fahrrad wurde von Mai 1945
an in Turin produziert. Die SIATA stieß aber an die Grenzen
der eigenen Produktionskapazitäten und verabredete im
März 1946 mit Ducati die Fertigung der kleinen Motoren.
Im September 1946 stellten die Ducati Techniker auf der
Mailänder Messe eine leistungsgesteigerte Version des
Cucciolo vor. 1948 ging in Borgo Panigale der erste komplett
von Ducati entworfene Cucciolo-Motor in Produktion, mit
dem Rennfahrer auf den populären Straßenrennen Italiens
reihenweise Siege einfuhren.
Taglioni entwarf die Marianna, eine einzylindrige Grand
Sport mit 100 Kubikzentimetern Hubraum und oben
liegender Nockenwelle, mit der sich Ducati 1955 bei den
Langstreckenrennen in Italien äußerst erfolgreich gegen
die harte Konkurrenz durchsetzte. Die Bauweise mit nach
unten offenem Rahmen, in den der Motor als tragendes Teil
eingesetzt wurde, bildete das Konstruktionsprinzip vieler
Nachfolgemodelle mit bis zu 350 Kubikzentimetern Hubraum. Der anhaltende Erfolg auf der Rennstrecke beflügelte
den Verkauf und die Serienproduktion, was dem Konstrukteur freie Hand für teure Technik gab. Taglioni entwickelte
1956 für den Grand Prix die Desmo 125 mit drei Nockenwellen, eine Rennmaschine mit Desmodromik, die besonders
hohe Drehzahlen ohne den befürchteten Leistungsabfall
durch Ventilflattern gewährleistete. Ducati gewann damit
am 15. Juli 1956 aufsehenerregend den Großen Preis von
Schweden durch Überrundung des gesamten Starterfeldes.
Der sportliche Erfolg führte jedoch nicht zum wirtschaftlichen Aufschwung. Denn Ende der 1950er-Jahre stieg
in Italien die Nachfrage nach Kleinwagen, und Ducati
spürte wie alle Motorradhersteller die Absatzkrise auf dem
D U C A T I 279
wichtigen Heimatmarkt. Das Unternehmen, noch immer
unter staatlicher Kontrolle, wich auf Exportmärkte aus. In
Spanien fertigte die Firma Mototrans von 1957 an in Lizenz
Ducati Motorräder. Ducati erschloss einen Vertriebsweg
in die USA, während ein Großauftrag aus der Schweiz zu­
nächst die Produktion im Werk Borgo Panigale sicherte.
Den wirtschaftlichen Erfordernissen folgend, beendete
die Geschäftsführung kostspielige Rennaktivitäten.
Über den US-Importeur Berliner bekam Ducati 1963 den
Auftrag, ein Motorrad für die US-Polizeibehörden zu ent­
wickeln. Das Apollo genannte Projekt scheiterte jedoch,
weil die Belastbarkeit des Reifenmaterials nicht ausreichte,
um die Kraft des Motors zuverlässig auf die Straße zu bringen. Die vierzylindrige Maschine war dennoch Vorbild für
die weitere Entwicklung hubraumstarker Zweizylinder, die
in den 1970er-Jahren die Entwicklung der Marke ebenso
prägten wie die 1968 erfolgte Einführung der Desmodromik bei den Serienmaschinen. Die beiden Zylinder waren
rechtwinklig voneinander abgesetzt. Diese Bauweise minimierte die Vibrationen des Motors und ermöglichte zugleich
eine optimale Kühlung. Ducati schuf damit die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Rückkehr auf die Rennstrecke.
Ducatis Durchbruch in der Königsklasse des Motorradrennsports mit 500 Kubikzentimetern Hubraum gelang
beim 200-Meilen-Rennen von Imola am 23. April 1972. Die
Werksfahrer distanzierten auf ihren umgebauten 750-GTSerienmaschinen mit leistungsüberlegener DesmodromikTechnik die Wettbewerber deutlich. Ihre zweizylindrigen
Motorräder behaupteten sich gegen die erstarkte japanische
und europäische Konkurrenz, die auf vierzylindrige
Motoren setzte. Nach dem Erfolg in Imola hielt Ducati an
DESMO
den Zweizylindermotoren fest, die in unterschiedlichsten
Hubraumgrößen für verschiedene Modelle weiterentwickelt
wurden und die Marke bis heute prägen.
Mit der schrittweisen Übernahme durch die Firma
Castiglioni Giovanni Varese der Brüder Claudio und
Gianfranco Castiglioni schlüpfte Ducati 1985 unter das
Dach des Zweiradkonzerns Cagiva, der damit sein Angebot
im oberen Marktsegment abrundete. Cagiva forcierte die
Entwicklungstätigkeit und richtete Ducati mit neuen Modellen auf den Kundenmarkt und das Renngeschehen aus.
Mit Motoren von Ducati fuhren die Enduro-Maschinen von
Cagiva Anfang der 1990er-Jahre auf die vordersten Plätze
der großen Afrika-Rallyes. Die Entwicklung wassergekühlter
Vierventilzweizylinder-Motoren zahlte sich für Ducati in
der neu geschaffenen obersten Rennklasse der Superbike-
280 D I E M A R K E N
Mit dem Einstieg der Beteiligungsgesellschaft Texas Pacific
Group 1996 und der kompletten Übernahme bekam die
Marke Ducati 1998 frisches Kapital und eine neue, inter­
national aufgestellte Geschäftsführung, die das Kunden­
geschäft der Marke neu organisierte und die Markenpflege
in den Mittelpunkt stellte. Ein firmeneigenes Museum erinnert seit 1998 an die vielen Rennerfolge und Technikinnovationen. Exklusive Ducati Stores starteten mit dem Verkauf
von Kleidung und Zubehör. Ausdruck der Leidenschaft von
Fans in aller Welt sind auch die regelmäßig stattfindenden
World Ducati Treffen, die zudem das Zusammengehörigkeitsgefühl der weltweit wachsenden Fangemeinde der
Ducatisti befördern.
RENNEN IN IMOLA
Weltmeisterschaft aus. Die Marke dominierte nach 1990
durchgehend mit Siegen die großvolumige Konkurrenz und
richtete das Augenmerk wieder auf den Motorrad Grand
Prix.
Ergebnis der Rückbesinnung auf den Bau von sportiven
Motorrädern war 1993 das Straßenmotorrad Monster,
das zum Verkaufsschlager wurde. In der neuen Baureihe
verschmolzen Gitterrohrrahmen und Zweizylindermotor
zu einer Stilikone. Das Naked-Bike mit seinem ausdrucksstarken und die pure Leistung betonenden Design traf den
Nerv der Kundschaft und wurde bis heute mehr als 250 000
Mal verkauft.
Auch nach der Übernahme der seit 1999 als Aktiengesell­
schaft firmierenden Ducati Motor Holding durch die Betei­ligungsgesellschaft Investindustrial am 1. März 2006
setzte Ducati den Kurs als erfolgreiche Weltmarke fort. Im
September 2011 startete im neuen Ducati Montagewerk
in der thailändischen Provinz Rayong die Produktion der
Monster 795. 2012 vereinbarte Ducati mit der Dafra Motos
die CKD-Fertigung der Modelle Diavel und Monster 796, um
von Manaus aus den brasilianischen Markt zu versorgen.
Seit der Jahrtausendwende hat Ducati seine Produktpalette
stetig erweitert und angepasst. Das desmodromische Ventil­
steuerungssystem, der Gitterrohrrahmen aus Stahlrohren
und der Zweizylinder-Motor in L-Form machen jede Ducati
un­v erwechselbar. Die aktuellen Baureihen Monster,
Streetfighter und Diavel setzen mit ihrem Design Maßstäbe
in der Kategorie Naked-Bikes. Die Multistrada vereint Kraft
D U C A T I 281
MONSTER 900
PANIGALE S TRICOLORE
und Ausdauer zu einem weltreisetauglichen Allrounder
und setzt wie auch das leichtere Hypermotard den Entwicklungspfad der Enduros bei Ducati fort. Die Baureihen
Streetfighter und Superbike kombinieren die brandaktuellen Entwicklungen im Rennsport mit den Anforderungen
des Straßenverkehrs.
Der Motorsport wird von einer eigenen Rennabteilung, der
Ducati Corse, verantwortet. Ducati tritt mit einem Werks­
team in der MotoGP an. 2007 sicherte sich Ducati in der
MotoGP die Marken- und Fahrerwertung. In der SuperbikeWM hat Ducati reihenweise Herstellertitel und Fahrerwertungen gewonnen, 2011 feierte die Marke ihren 300. Sieg.
Die Spitze der Modellpalette bildet aber unangefochten das
Superbike 1199 Panigale. Ihr 1,2-Liter-L-Twin-Motor leistet
bei 10 750 Umdrehungen 143 kW/195 PS. Motormanagement, ABS-System, Bremsanlage, Traktionskontrolle sowie
Dämpfung können in drei Abstufungen auf die individuellen Bedürfnisse des Fahrers abgestimmt werden. Dank
vieler Leichtbaukomponenten wiegt die Panigale R ohne
Tankfüllung nur 164 Kilogramm. Mit ihrem Leistungs­
gewicht von 0,84 Kilogramm pro PS erreicht sie den Bestwert für Straßenmotorräder.
Im Jahr 2014 lieferte Ducati 45 117 Motorräder aus und
erwirtschaftete einen Umsatz von 457 Millionen Euro. Die
Ducati Motor Holding S.p.A. ist in zahlreichen Ländern
aktiv und unterhält eine Reihe von Tochtergesellschaften
in wichtigen Märkten. Das Unternehmen zählte 2014 1 088
Mitarbeiter am Stammsitz und in Thailand. Ducati setzt
mit seinen faszinierenden Motorrädern, darunter der 2014
gestartete Scrambler, Maßstäbe im Leichtbau sowie im Bau
von Hochleistungsmotoren und Regelsystemen. Das Design
ist unverkennbar. Die Marke Ducati will auf der Überholspur
bleiben.
282 D I E M A R K E N
Lamborghini
Die unbändige Energie eines Kampfstiers ist bis heute das
Markenzeichen der in Sant´Agata Bolognese gebauten Super­sportwagen – auf und unter der Haube. Im Unterschied zu
Bugatti war 1998 der Mythos Lamborghini lebendig und
verschaffte sich mit dem röhrenden Sound des V12-Motors
Gehör. Auf diese einzigartige Verbindung von Geschwindigkeit, Stil und Perfektion richtete sich das Interesse des
Volkswagen Konzerns, der mit dem Aufbau eines Luxus­
segments Prestige und Marktabdeckung steigern wollte.
Die Gelegenheit kam, als die indonesische Holdinggesellschaft Megatech den Kapitalbedarf ihrer italienischen
Tochter nur noch unzureichend deckte und Lamborghini
in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Auf der Suche nach
einem Motor für den Prototypen Aerosa wurden die Firmenvertreter auch bei Audi vorstellig. Auf diesem Wege erfuhr
Volkswagen, dass die Marke Lamborghini zum Verkauf
stand. Nach langwierigen Verhandlungen erfolgte am
10. Juli 1998 die Übernahme der Automobili Lamborghini
S.p.A.
Lamborghini bildet seit 1998 neben Bentley und Bugatti
die dritte der in den Wolfsburger Konzern integrierten
Luxusmarken. Für die Verbindung von Audi und
Lamborghini sprachen die größere Nähe der Marken­profile und Produkttechnik sowie die daraus zu erzielenden Synergien. Die Ingolstädter konnten ihre Positionierung im Premium-Segment untermauern, die Italiener
erhielten Zugang zu den Ressourcen eines führenden
Technologiekonzerns und dessen Vertriebskompetenz.
Das Unternehmen Lamborghini wurde im November
1998 in eine Holding umgewandelt, die unter ihrem Dach
drei Betriebsgesellschaften versammelte: Die Automobili
Lamborghini S.p.A., die Matri Marini Lamborghini als
Hersteller von Rennbootmotoren und die Lamborghini
ArtiMarca S.p.A., die Zubehör und exklusive Accessoires
vertreibt. An der Seite von Audi begann für den Sportwagenhersteller Lamborghini das erfolgreichste Kapitel seiner
Firmengeschichte, die 45 Jahre zuvor eingesetzt hatte.
Als einer der größten Traktorenhersteller Italiens war
Ferruccio Lamborghini zu Reichtum gelangt, bevor er 1963
in Sant´Agata Bolognese die Automobili Ferruccio Lamborghini S.p.A. gründete. Einen ganz normalen Gran Turismo
wollte er bauen, aber einen perfekten. Während auf der grünen Wiese die Fabrik errichtet wurde, entstand in seinem
Traktorenwerk der erste Prototyp. Die Welt der Sportwagenlegenden betrat der Firmengründer 1963 auf dem Turiner
Autosalon, als der 350 GT, ein extravagantes, leichtes
FERRUCCIO LAMBORGHINI VOR DEM
TRAKTORENWERK IN CENTO
L A M B O R G H I N I 283
MIURA
Coupé, Premiere feierte. Unter seiner flachen Haube arbeitete ein aus Leichtmetall gebauter V12-Motor mit 360 PS.
Von dem ehemaligen Ferrari-Mann Giotto Bizzarrini im
Auftrag Lamborghinis entwickelt, treibt er in modifizierter
Form noch heute den Murciélago an. Zu diesem Hochleistungstriebwerk passte der angreifende Stier, der schon die
Traktoren Lamborghinis zierte und auch zum Markenzeichen einer neuen Klasse von Supersportwagen wurde. Ende
1966 begann die Serienfertigung des legendären Miura.
Mit einer Höhe von 106 Zentimetern besaß er die Schnittigkeit eines Rennwagens. Sein quer eingebauter Mittelmotor
war außerhalb des Rennsports einmalig, seine Spitzengeschwindigkeit von 278 Stundenkilometern atemberaubend.
Die Nachfrage überstieg alle Erwartungen. Zwischen 1966
und 1969 verkaufte Lamborghini 150 Exemplare. Die Fa­
brik expandierte und die Belegschaft wuchs.
Auf dem Genfer Automobil-Salon 1971 trat Lamborghini
mit der gesamten Produktpalette an, den Serienmodellen
Miura, Espada und Jarama sowie den Prototypen Urraco
und Countach. Scheinbar auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung angelangt, führten die hohen Entwicklungs­kos­
ten bei zugleich sinkenden Produktionszahlen das Unternehmen in die finanzielle Krise. Beeinträchtigt wurde die
Nachfrage durch steigende Ölpreise und die Sicherheitsund Emissionsvorschriften in den USA, die den Zugang zu
diesem wichtigen Exportmarkt erschwerten. Weil auch das
Traktorenwerk mit finanziellen Problemen zu kämpfen
hatte, trennte sich Feruccio Lamborghini von den Verlust
bringenden Unternehmenssparten, um sein ins Wanken
geratenes Firmenimperium zu stabilisieren. 1972 verabschiedete er sich aus dem Automobilgeschäft, das ihm zwar
Ruhm, aber keine Gewinne beschert hatte. 51 Prozent des
Aktienkapitals erwarb der mit Lamborghini befreundete
Schweizer Geschäftsmann Georges-Henri Rosetti, dessen
Bekannter René Leimer 1974 die restlichen Anteile übernahm.
284 D I E M A R K E N
Eine bis 1998 andauernde Phase mit wechselnden Eigentümern und Geschäftsverläufen begann. Unter Schweizer
Führung gingen die noch unter Ferruccio Lamborghini
entwickelten Prototypen Urraco und Countach in Serien­
fertigung. Doch keines der beiden Modelle erhielt eine Zulassung für den US-Markt, was den Absatz erheblich limitierte. Außerdem setzten die steigenden Benzinpreise dem
Unternehmen zu. Um die Marke Lamborghini über Wasser
zu halten und das vorhandene technische Know-how zu
nutzen, übernahm das neue Management Entwicklungsaufträge für andere Automobilhersteller. Schon das erste
Projekt, der BMW M1, kam jedoch nicht recht vom Fleck
und verstärkte die finanziellen Probleme. Letztlich bewiesen die im Automobilgeschäft unerfahrenen Schweizer bei
der Leitung der Firma keine glückliche Hand, zumal sie
wenig Bereitschaft zeigten, die notwendigen Investitionen
zu tätigen. Ende 1978 ging das Unternehmen in Konkurs.
Ein vom Gericht bestellter Verwalter wurde Geschäftsführer und suchte zwei Jahre vergeblich nach einem Käufer.
COUNTACH QUATTROVALVOLE
Im Februar 1980 schließlich übernahmen die Brüder Patrick
und Jean-Claude Mimram die Firma und gründeten sie im
Juli des Jahres als Automobili Lamborghini S.p.A. neu. Unter ihrer Führung erlebte die Marke einen Aufschwung. Der
Jalpa folgte 1982 der glücklosen Silhouette, und der Countach
LP 500S schaffte 1984 endlich den Sprung in die USA, sehr
zur Freude der dort beheimateten Liebhaber der Marke.
Die in dieser Phase erwirtschafteten Gewinne waren nicht
ausreichend, um die hohen Entwicklungskosten für neue
Modelle zu bestreiten. Dieses Problem schien gelöst, als
die finanzstarke Chrysler Corporation im April 1987 den
italienischen Sportwagenhersteller in ihren Konzern einfügte. Aus dieser Verbindung ging 1990 der Diablo hervor,
L A M B O R G H I N I 285
ein komplett neu konstruiertes Lamborghini Modell, das
bis 1998 in über 2 600 Exemplaren verkauft wurde. Doch
der erste unter Chrysler-Regie gebaute Luxussportwagen
blieb auch der einzige. Anfang der 1990er-Jahre geriet
der US-Hersteller seinerseits erneut in die Krise und verlor
das Interesse an Lamborghini, zumal die Firma 1993
einen Millionenverlust erwirtschaftete. 1994 wechselte
das Unternehmen Lamborghini in den Besitz der indonesischen Holding Megatech, die 1995 mit dem von Giorgio
Giugiaro geformten Cala auf dem Genfer Automobil-Salon
ein Zeichen setzte. Danach erlahmte ihr Engagement, und
Lamborghini verlor den finanziellen Rückhalt.
Nach 35 mehr oder weniger turbulenten Jahren fand
Lamborghini unter dem Dach von Audi die nötige finanzielle und personelle Stabilität, um sein kreatives Potenzial
in eine kommerziell erfolgreiche Richtung zu entwickeln.
Dafür brauchte die Marke dringend ein neues Aushängeschild, mit dem sie ihr Profil schärfen und den inzwischen
betagten Diablo ersetzen konnte. Anfang 2000 stand das
Design für den Nachfolger fest; im Oktober 2001 ging der
nach einem berühmten Kampfstier benannte Murciélago
in Serie. In Rekordzeit entstand ein Sportcoupé der Super­
lative, mit den typischen Merkmalen eines Lamborghini
und einer markanten Silhouette. Auf der Teststrecke er­
reichte der von einem 580 PS starken V12-Motor angetriebene Murciélago 326 Stundenkilometer und blieb damit den
Vorbild seines Vorgängers treu. In der Gunst der Kunden lag
der Murciélago weit vorn. Mit 442 verkauften Exemplaren
verdoppelte er 2002 die Absatzzahlen des Diablo vom Vorjahr. Gewinne waren damit noch nicht zu erzielen, zumal
diesem Zuwachs beträchtliche Investitionen gegenüberstanden.
MONTAGE DES GALLARDO IN SANT’ AGATA BOLOGNESE
Erst der im Frühjahr 2003 eingeführte Gallardo löste den
Nachfrageschub aus, der die Marke profitabel machte. Nach
langer Zeit und pünktlich zum 40-jährigen Firmenjubiläum
stellte Lamborghini auf dem Genfer Automobil-Salon wieder eine zweite Produktlinie vor, an der die Technologie und
Entwicklungskompetenz des Mutterunternehmens maßgeblichen Anteil hatte. Sowohl die aus Aluminium gefertigte
Karosserie als auch das bei Audi entwickelte V10-Triebwerk
waren Koproduktionen der Spezialisten aus Ingolstadt
und Sant´Agata Bolognese. Im Temperament unterschied
sich der allradgetriebene Zweisitzer mit 500 PS unter der
Haube kaum merklich vom Murciélago, wie auch das Styling
an die Designlinie des großen Modells anknüpfte. Doch
während der Murciélago ein sehr kleines Kundensegment
bediente und die Verkaufzahlen bis 2006 zwischen 400
und 500 pendelten, weitete der kompaktere und preislich
286 D I E M A R K E N
dung ab. Hinter der voll verglasten Straßenfront der Fabrik
befinden sich heute ein Ausstellungsraum und ein Museum,
und auch die Schauräume bei den Händlern wurden auf
die Exklusivität der Produkte abgestimmt. Ein neues, 2004
bezogenes Gebäude beherbergt die Fahrzeugrestauration,
den Kundendienst für alle jemals gebauten Lamborghinis
sowie das Design-Zentrum, in dem die Linie der Marke
weiterentwickelt wird. Das Centro Stile Lamborghini unterstreicht und verstärkt die Designkompetenz der Marke,
die mit dem Gallardo und dem Murciélago Roadster in der
Kategorie der Supersportwagen die Auszeichnung „Schönstes Automobil der Welt“ erhielt.
MURCIÉLAGO ROADSTER
günstigere Gallardo den Kreis der Liebhaber aus. Schon im
ersten Produktionsjahr gewann Lamborghini 933 Käufer
hinzu; fast drei Viertel davon waren Neukunden. Insgesamt
verdreifachte sich der Absatz gegenüber dem Vorjahr auf
1 305 Exemplare, von denen mehr als die Hälfte in die USA
und nach Deutschland exportiert wurden. Ein gutes Drittel
ging in die Schweiz, nach Großbritannien und Japan. Wei­
tere Wachstumsimpulse gaben der Murciélago Roadster
und der Gallardo Spyder, die offenen Versionen der beiden
Modelle, sodass die Absatzzahlen 2006 die Marke von 2 000
Fahr­z eugen übersprangen. Seit der Einführung des Diablo
6.0 im Jahr 2000 hat Lambor­g hini mehr Supersportwagen
verkauft als in der gesamten Firmengeschichte vor der
Über­­n ahme in den Volkswagen Konzern.
Dieser erfolgreichen Entwicklung setzte die italienische
Tochter mit der Modernisierung der Fertigungsstätte ein
sichtbares Zeichen. Ein Teil der Ausbaumaßnahmen zielte
auf eine Stärkung des Markenauftritts und der Kundenbin-
Trotz notwendiger Umbauten wird die Fabrik, wie schon zu
Zeiten des Firmengründers, durch zwei Produktionsbänder
strukturiert, an denen die Mitarbeiter die beiden Modelle
montieren. Die meisten Komponenten stammen von italienischen Zulieferfirmen, doch erfordert etwa die luxuriöse
Ausstattung nach wie vor einen hohen Anteil von Handarbeit,
die in Werkstätten entlang der Bänder verrichtet wird. Vor
allem im Murciélago steckt viel handwerkliches Können.
Die Fertigung des Gallardo hingegen, für den das Audi Werk
Neckarsulm die fertig lackierte Karosserie zuliefert, weist
einen höheren Automatisierungsgrad auf, was größere
Stück­z ahlen und einen günstigeren Preis ermöglicht.
2004 fertigte die Belegschaft in Sant'Agata Bolognese
zehn Murciélago und 25 Gallardo pro Woche. Perfektion
braucht eben Zeit. Diese Devise gilt gleichermaßen für die
Motorenproduk­t ion. Seit 2008 werden die Triebwerke des
Gallardo im ungarischen Audi Werk, die V12-Motoren für
den Murciélago weiterhin am Standort Sant´Agata Bolognese
gebaut.
Unter der Führung von Audi hat sich die technikdominierte
Sportwagenmanufaktur zu einem profitablen und kundenorientierten Unternehmen gewandelt. Erstmals in
der Firmengeschichte besteht die gute Aussicht, dass der
Wachstumstrend und der wirtschaftliche Erfolg anhalten.
L A M B O R G H I N I 287
MANUFAKTUR SANT’ AGATA BOLOGNESE
2008 übertraf die Automobili Lamborghini mit rund 1 000
Beschäftigten das Rekordergebnis des Vorjahres. Während
der Absatz nur leicht auf 2 458 Fahrzeuge anstieg, kletterte
der Gewinn vor Steuern um 27 Prozent auf rund 60 Millionen Euro. Die Einbrüche auf dem größten Absatzmarkt
USA konnte Lamborghini durch hohe Zuwächse in Asien,
Osteuropa und dem Mittleren Osten auffangen. Zu einem
wachstumsstarken und viel versprechenden Markt für die
Luxusprodukte der Marke hat sich vor allem die Volksrepublik China entwickelt. Um dieses Potenzial auszuschöpfen,
gründete der italienische Hersteller 2008 in Peking sein
erstes internationales Tochterunternehmen, die Automobili
Lamborghini China, die den Aufbau einer Verkaufs- und
Kundendienstorganisation vorantreiben soll. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schlugen allerdings
2009/10 auf den Absatz durch, der sich auf 1 227 Super-
AVENTADOR
sportwagen halbierte. Mit dem 2011 startenden Aventador
konnte die Talsohle durchschritten und 2012 wieder 2 197
Lamborghini abgesetzt werden. 2014 erfolgte die Markteinführung des Huracán, der zusammen mit den beiden
Aventador Modellen die Auslieferungen bis 2014 auf 2 530
Fahrzeuge steigerte. Der Umsatz kletterte auf 585 Millionen
Euro, die Belegschaft wuchs auf 1 058 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter an. Innerhalb des Volkswagen Konzerns
hat sich die Marke ans obere Ende der Produkt­skala katapultiert. Mit den Attributen extrem und kompromisslos
besitzt sie im konzerneigenen Luxussegment ein unverwechselbares Profil und nimmt auch in der Welt der Supersportwagen eine Führungsposition ein. Mehr als 50 Jahre
nach seiner Geburt ist der Mythos Lamborghini lebendiger
denn je.
288 D I E M A R K E N
MAN
MAN – die drei Buchstaben stehen für einen der weltweit
führenden Anbieter von Nutzfahrzeugen und Großdieselmotoren, Turbomaschinen und Spezialgetrieben. Bis zum
9. November 2011 übernahm die Volkswagen Aktiengesellschaft die Aktienmehrheit des in der MAN SE gebündelten
Investitionsgüterkonzerns mit seinen weltweit mehr als
54 000 Mitarbeitern. Seither gehört MAN als eigenständige
Marke zum Volkswagen Konzern. Eine strategische Minderheitsbeteiligung von 15,06 Prozent an der MAN AG hielt die
Volkswagen Aktiengesellschaft vom 3. Oktober 2006 an. Der
Schaffung eines integrierten Nutzfahrzeugbereichs diente
auch der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag,
der auf der Aktionärsversammlung der MAN SE am 6. Juni
2013 angenommen und am 16. Juli 2013 durch die Eintragung ins Handelsregister wirksam wurde. MAN bildet eine
der drei Nutzfahrzeug-Marken des Volkswagen Konzerns,
die seit dem 1. September 2012 im Konzernvor­stand durch
das Ressort Nutzfahrzeuge koordiniert werden. Das operative Geschäft führt MAN wie die anderen Marken eigenständig. Mit seiner integrierten Nutzfahrzeugstrategie zielt
der Volkswagen Konzern darauf ab, unter dem Dach der
Volkswagen Aktiengesellschaft Synergien aus der engeren
Zusammenarbeit von Volkswagen Nutzfahrzeuge, MAN und
Scania zu nutzen.
Hinter den drei Buchstaben von MAN, der früheren Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, stehen vier große Konzernbereiche. Größter Teilkonzern ist der Bereich MAN Truck &
Bus mit Sitz in München. Im Jahr 2012 erlöste dieser mit dem
Bau von Lastwagen, Bussen und dem Verkauf von Transportlösungen mit 15,7 Milliarden Euro immerhin 55,1 Prozent
des Konzernumsatzes der MAN Gruppe. Die Fertigung von
Großmotoren und Turbomaschinen im Teilkonzern MAN
Diesel & Turbo erzielte einen Anteil von 23,9 Prozent. MAN
Latin America fasst das Nutzfahrzeuggeschäft in Mittelund Südamerika zusammen und steuerte im selben Jahr
18,1 Prozent zum Konzernumsatz bei. 2,9 Prozent entfielen
auf die Produktion von schweren Getrieben in der Renk AG,
an der die MAN SE 76 Prozent des Aktienkapitals hält.
Das Geschäft mit Dieselmotoren und Nutzfahrzeugen erzielt
im MAN Konzern einen Großteil des Umsatzes. Effiziente
Antriebs- und Energiesysteme bilden den Markenkern, auf
den sich MAN im Verlauf seiner über 250-jährigen Geschichte fokussiert hat. Die Erfindung des Dieselmotors, seine
variantenreichen Einsatzmöglichkeiten und die stetige
Entwicklung immer sparsamerer Motoren ermöglichten erst
den Aufstieg der Marke MAN. Grund genug für den Konzern,
anlässlich des 250. Geburtstags im Jahr 2008 nicht nur auf
die Anfänge des Konzerns im 18. Jahrhundert, sondern
auch auf die Entwicklung des Dieselmotors durch Rudolf
Diesel bei der Maschinenfabrik Augsburg, dessen Prototyp
am 10. August 1893 aus eigener Kraft lief, oder den Bau des
ersten Lastwagens mit direkter Dieselkraftstoffeinspritzung im Jahre 1923 zurückzublicken.
Der Name MAN war erst 1986 durch die Verschmelzung der
M.A.N. AG auf den Gutehoffnungshütte Aktienverein entstanden, wobei die drei Punkte im neuen Namen MAN Aktiengesellschaft wegfielen. Die Geschichte der Marke mit ihren
zahlreichen Innovationen, den Eigentümerwechseln und
den Zu- und Verkäufen sowie der Weg von der Montanindustrie zum Maschinenbau und zur Nutzfahrzeugherstellung ist
eine Geschichte der Spezialisierung und des steten Wandels.
Älteste Vorläuferfirma der späteren Gutehoffnungshütte
und damit des MAN Konzerns war die Eisenhütte St. Antony,
M A N 289
EISENHÜTTE ST. ANTONY
die in Osterfeld, im heutigen Oberhausen, vermutlich Mitte
Oktober 1758 in Betrieb ging. Die Hütte St. Antony fertigte
Kanonenkugeln, Öfen und Töpfe und vertrieb diese im
Zeitalter des kriegerischen Aufstiegs Preußens über die
Landesgrenzen hinweg. In direkter Nachbarschaft der
Hütte siedelten zwei Mitbewerber: die Gutehoffnungshütte
in Sterkrade und das Eisenwerk Neu-Essen bei Essen.
Alle drei fusionierten 1808 zur Hüttengewerkschaft und
Handlung Jacobi, Haniel und Huyssen (JHH) und verlegten sich mit der Fertigung von Dampfmaschinenteilen auf
die Veredelung der eigenen Eisenproduktion. Das Unternehmen stieg in die Fertigung von Dampfmaschinen für
das wachsende Kohlenrevier, in den Dampfschiffbau, die
Schienenproduktion für die Eisenbahn sowie den Brücken-
DAMPFMASCHINE
bau ein und förderte auf Drängen von Franz Haniel ab 1853
in eigenen Zechen Kohle. Die Belegschaft wuchs von 176
Beschäftigten im Jahr 1818 auf 1 607 im Jahr 1846.
Die Gutehoffnungshütte (GHH) wurde am 1. Januar 1873
in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Mit dem Schub
der Industrialisierung steigerte die GHH die Kohle- und
Eisenerzförderung sowie die Eisenproduktion rasant,
und der Maschinenbau entwickelte sich im Schatten der
Montanproduktion zu einem internationalen Geschäft.
Die Gutehoffnungshütte fertigte nicht nur schwere Anlagen wie Schleusen oder Lastkräne, sondern zunehmend
Hochbauten wie Werkshallen und vor allem Brücken für
Russland, Südamerika, Südafrika oder Japan. 1904 wurde
die erste Dampfturbine des Unternehmens ausgeliefert.
290 D I E M A R K E N
BAU DER MÜNGSTEN-STAHLBRÜCKE
1908 arbeiteten für das Unternehmen 22 274 Beschäftigte.
Der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Franz Haniel jr. bestellte 1909 Paul Reusch zum Vorstandsvorsitzenden. Dieser
trieb eine vertikale Expansion des Unternehmens von der
Kohleförderung über die Eisen- und Stahlerzeugung zum
Maschinen- und Schiffsbau voran.
Der süddeutsche Teil des MAN Konzerns geht bis auf die
Gründung der Sander'schen Maschinenfabrik 1840 in
Augsburg und die Gründung der Eisengießerei und Maschinenfabrik Klett & Comp. 1841 in Nürnberg zurück, aus
denen 1898 die Vereinigte Maschinenfabrik Augsburg und
Maschinenbaugesellschaft Nürnberg AG (M.A.N.) entstand.
Die Krise der Textilindustrie, die damit verbundenen Auftragsrückgänge und der zunehmende Wettbewerb im Dampfmaschinenbau lösten in Augsburg Mitte der 1860er-Jahre
eine verschärfte Suche nach neuen Geschäftsfeldern aus.
Firmendirektor Heinrich von Buz setzte auf Innovationen.
Die Maschinenfabrik stellte 1873 auf der Weltausstellung
in Wien die erste Rotationsdruckmaschine für Zeitungen
vor und baute im gleichen Jahr erste Kältemaschinen für
Brauereien, die Carl von Linde entwickelt hatte. Die wichtigste Innovation der Maschinenfabrik Augsburg war die
Entwicklung des Dieselmotors. Auf Basis des von Rudolf
Diesel gehaltenen Patents Nr. 67 207 vom 28. Februar 1892
baute die Maschinenfabrik Augsburg einen funktionsfähigen Motor mit Selbstzündung, den Diesel am 16. Juni 1897
in Kassel vor dem Verein Deutscher Ingenieure vorstellte.
Das MAN Werk in Augsburg gilt somit als die Geburtsstätte
des Dieselmotors.
Während in Augsburg Reichenbach und Buz die Produktion
der Sander‘schen Textilfabrik neu ausrichteten, begann in
Nürnberg die Fertigung in der Klettschen Maschinenfabrik.
Der Kaufmann Johann Friedrich Klett setzte ab 1841 mit
drei Teilhabern zunächst auf den Ausbau der Eisenbahn
und die dafür nötige Produktion von Eisenwaren. Die Fa­
brik fertigte zunächst Dampfmaschinen, bevor sie 1850 in
den Waggonbau und den Bau von Eisenkonstruktionen
einstieg. Für das Großprojekt, den Bau einer Rheinbrücke
in Gustavsburg, errichtete die Firma 1860 eine Fertigungsstätte vor Ort, die zum vollwertigen Zweigwerk zur Produktion beweglicher Brückenteile entwickelt wurde.
M A N 291
1873 erfolgte die Umwandlung der Nürnberger Maschinenfabrik Klett in die Maschinenbau-Actien-Gesellschaft
Nürnberg. Aus dem Zweigwerk in Gustavsburg entstand die
Süddeutsche Brückenbau AG. Die nachlassende Auftragslage in der Gründerkrise des Deutschen Reiches brachte
die Fabrik in Bedrängnis, die Aktiengesellschaft entließ
nach 1873 mehr als die Hälfte der 3 612 Beschäftigten.
Verschärft wurde die schwierige Lage durch die einseitige
Ausrichtung auf den Waggonbau, die erstarkte Konkurrenz im Eisenhochbau und den unzeitgemäßen Verzicht
auf Kapitalerhöhungen, die für langfristige Investitionen
erforderlich waren.
Erst durch die 1898 eingeleitete Fusion mit der Maschinenfabrik Augsburg zur Vereinigten Maschinenfabrik Augsburg und Maschinenbaugesellschaft Nürnberg AG gelang
die nötige Kapitalerhöhung und zugleich der Einstieg in
das Geschäft mit innovativen Dieselmotoren, die in ihrer
Entwicklungsfähigkeit inzwischen ausgereizten Dampfmaschinen zunächst vor allem bei stationären Anwendungen
ersetzen sollten. 1904 wurde in Kiew das erste Kraftwerk
mit Großdieselmotoren der Maschinenfabrik Augsburg
eröffnet. Durch die Verschmelzung der beiden Maschinenfabriken aus Nürnberg und Augsburg, die weitgehend dezentral organisiert blieben, entstand das größte Indus­t rieunternehmen Bayerns, dessen Name erst auf der Generalversammlung am 7. Dezember 1908 zur Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg AG (M.A.N.) verkürzt wurde.
Die Firma blühte auf und schloss zur internationalen Spitze
des Druckmaschinen- und des Stahlhochbaus auf. M.A.N.
fertigte unter anderem die Träger für die Wuppertaler
Schwebebahn. Noch vor dem Zusammenschluss hatte An-
ERSTER DIESELMOTOR
ton von Rieppel in Nürnberg mit Blick auf Diesels Erfindung
die Weiterentwicklung des selbstzündenden Motors zu einem Antrieb für Fahrzeuge angestoßen.
Zunächst aber setzte M.A.N. auf den wachsenden Markt der
Schiffsdiesel und fertigte an beiden Standorten Schiffsantriebe: Während das Augsburger Werk Viertakt-Dieselmotoren herstellte, baute das Nürnberger Werk ZweitaktDiesel. Die Nürnberger Schiffsdiesel setzten sich 1910 in
einer Kooperation mit der Hamburger Werft Blohm & Voss
durch.1912 wurde mit der Selandia das erste See gehende
Schiff mit Dieselmotoren in Dienst gestellt. Motorenlieferant war die dänische Firma Burmeister & Wain, die heute
in der MAN Diesel & Turbo aufgegangen ist. Die Produkte
der M.A.N. fanden inzwischen weltweit Absatzmärkte, der
Export stieg bis 1913 auf 29,8 Prozent des Umsatzes von 99,9
Millionen Mark, die Zahl der Beschäftigten erhöhte sich auf
15 792 Mitarbeiter.
292 D I E M A R K E N
Eine Anfrage des Heeres zum Bau von Lastwagen gab nach
Beginn des Ersten Weltkriegs den Anstoß, in Kooperation
mit den Schweizer Automobilwerken Adolph Saurer in die
Fertigung von Nutzfahrzeugen einzusteigen. Der Entwicklungspfad zum Lastwagenbau war bereits vor der Jahrhundertwende vorgeprägt und drängte in das neue Marktsegment, auch um das Nürnberger Werk, das den Schiffsmotorenbau nach Augsburg abgegeben hatte, auszulasten. Die
Gründung der M.A.N.-Saurer Lastwagenwerke GmbH, kurz
LW W genannt, in Nürnberg markierte am 21. Juni 1915 unter den Bedingungen des Ersten Weltkriegs den Einstieg von
M.A.N. in den Nutzfahrzeugbau. Im ersten Betriebsjahr des
Gemeinschaftsunternehmens verließen 118 Lastwagen das
Lindauer Werk und fünf das Werk in Nürnberg. Hauptabnehmer war das Heer. Nach der Verlagerung des Lkw-Baus
nach Nürnberg wurde der Standort Lindau 1916 geschlossen. Bis Mitte 1918 stellte LW W 665 vorwiegend für den
Kriegseinsatz bestimmte Lastwagen her. Militärs lobten die
robuste Bauweise der benzinbetriebenen Fahrzeuge.
Im Herbst 1918 zog sich Saurer aus dem Unternehmen zurück
und vereinbarte mit M.A.N. den künftigen Lizenzbau. Am
14. November 1918 erfolgte die Umbenennung in M.A.N.Lastwagenwerke. Der Eisen- und Stahlbedarf der M.A.N.
traf sich mit der Expansionsstrategie der Gutehoffnungshütte. Das Montanunternehmen weitete mit einer Reihe von
Übernahmen und Beteiligungen seinen Geschäftsbereich
aus. Der Maschinenbau war besonders attraktiv, weil sich
hier die Montanprodukte Eisen und Stahl kostengünstig
veredeln ließen. M.A.N. drückte zu diesem Zeitpunkt ein
hoher Schuldenbestand, nachdem das Unternehmen vergeblich versucht hatte, in den Lokomotivbau einzusteigen.
Das bayerische Unternehmen suchte deshalb einen starken
Partner in der Montanindustrie des Ruhrgebiets. Nach der
Gründung der Deutschen Werft in Hamburg und dem Kauf
des Eisenwerks Nürnberg sowie der Maschinenfabrik Esslingen erwarb der GHH-Konzern 1920 die Aktienmehrheit
der M.A.N.
Die Turbulenzen der Hyperinflation überstand M.A.N. nur
durch den Rückhalt des GHH-Konzerns. Der Lastwagenbau, 1915 mit großen Erwartungen als künftiges Geschäftsfeld gestartet, entwickelte sich schwach. 1921 verließen nur
370 Nutzfahrzeuge das Werk Nürnberg. M.A.N. fertigte
kurzzeitig Motorpflüge und baute ab 1922 Lastwagen-Fahrgestelle zu offenen Reisebussen aus. Das Marktsegment
der Stadt- und Reisebusse wuchs in der Mitte der 1920erJahre rasant und M.A.N. wollte die wachsende Nachfrage
bedienen.
Erst mit einer entscheidenden Weiterentwicklung des Dieselmotors, der Direkteinspritzung des Kraftstoffs in den Brennraum, gelang der Durchbruch zum Bau kleinerer, drehzahlfreudiger Antriebe für Lastwagen. Nach den Wettbewerbern
Benz und Daimler gelang am 15. Dezember 1923 auch im
Augsburger M.A.N. Werk die Entwicklung eines betriebsfähigen Lastwagens mit Dieselmotor und Direkteinspritzung.
Am 13. März 1924 fuhr der erste 4-Tonner mit Kettenantrieb
in fünfeinhalb Stunden vom Motorenwerk Augsburg ins
Lastwagenwerk Nürnberg. Auch auf der Automobilausstellung in Berlin erwies sich der M.A.N. Vorführwagen im Dezember 1924 als besonders zuverlässig. Das erste Fahrzeug
wurde am 11. November 1925 an eine Augsburger Brauerei
ausgeliefert, wo er bis 1942 durchgehend im Einsatz war.
M A N 293
ERSTER MAN LKW MIT DIESELMOTOR
UND DIREKTEINSPRITZUNG
1923 wechselte der Sitz der GHH-Holdinggesellschaft nach
Nürnberg, nachdem französisches Militär am 11. Januar
1923 Oberhausen und damit auch die Konzernzentrale besetzt hatte. Die wirtschaftliche Entwicklung des Maschinenbaus blieb jedoch hinter der wachsenden Bedeutung
der M.A.N. zurück. In Nürnberg entwickelte M.A.N. 1925
für die Kraftverkehrsgesellschaft Bayern (KVB) den ersten
eigenen Lastwagen mit 5 Tonnen Nutzlast. Der nach dem
Kunden KVB benannte Typ mit Benzin- oder Dieselmotor
und einer Leistung von 55 PS war mit 1 600 Verkäufen einer
der erfolgreichsten Lastwagen der 1920er-Jahre. Darüber
hinaus stellte M.A.N. Busse mit einer fahrgastfreundlichen
niedrigen Einstiegshöhe, den so genannten NiederrahmenOmnibus, her und baute 1925 den ersten Omnibus mit
Dieselmotor für die Reichspost. Das Nutzfahrzeuggeschäft
entwickelte sich in den 1920er-Jahren jedoch nicht so
wachs­t umsstark und rentabel wie erhofft.
ZWEITAKT-GROSSDIESELMOTOR
In der M.A.N. Gruppe stand deshalb 1932 der defizitäre LkwBau trotz mancher Aufsehen erregender Einzelprojekte wie
dem stärksten Diesel-Lastwagen der Welt, dem Typ S1 H6
mit 150 PS, kurz vor der Schließung. Währenddessen
schrumpfte im Geschäftsjahr 1932/33 die Zahl der Beschäf­tigten in der M.A.N. Gruppe und vor allem im Werk Nürnberg
auf 5 192 bzw. 1 633 Mitarbeiter. Das wirtschaftliche Überleben der Nutzfahrzeugsparte sicherte die Einführung der
Fließbandmontage für die Produktion des neuen 3t Z1-Lastwagens. Die 3-Tonner trafen auf eine steigende Nachfrage,
die eine zunehmende Belebung der Weltwirtschaft gleichsam vorwegnahm. Ab 1932/33 wurde der Dieselmotor dem
Benziner ebenbürtig, und nicht ohne Stolz kam der Schriftzug „DIESEL“ auf den M.A.N. Kühlergrill. 1934 begann
M.A.N. mit der Entwicklung von Abgas-Turboladern, die bei
Großmotoren für Schiffe und Kraftwerke auch heute noch
zum Produktportfolio des Unternehmens gehören.
294 D I E M A R K E N
M.A.N. gelang es nach Überwindung der Weltwirtschaftskrise, den Verkauf seiner Diesel-Nutzfahrzeuge zu inter­
nationalisieren und die Produktpalette auf Fahrzeuge mit
bis zu 10 Tonnen Nutzlast auszuweiten. Ab Mitte der
1930er-Jahre wurden in alle Lastwagen, Busse und
Schlepper von M.A.N. nur noch kraftstoffsparende Diesel­
motoren eingebaut. Nach der De-facto-Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich 1938 übernahm der
GHH-Konzern die Aktienmehrheit bei der Firma Österreichische Automobil-Fabrik AG (ÖAF). Die Fertigung von
Nutzfahrzeugen in der M.A.N. Gruppe stagnierte jedoch. Im
Nürnberger Werk machte der Lastwagenbau 1938 nur noch
ein Fünftel der Produktion aus. Stattdessen verlegte sich die
M.A.N. im Zuge der nationalsozialistischen Rüstungskonjunktur auf die Fertigung von Panzern und U-Boot-Motoren. Mit der Kriegsmarine einigte sich M.A.N. auf den Bau
eines neuen, mit Steuergeldern geförderten Motorenwerks
in Hamburg.
Schlepper aus. 1950 verließen das Werk Nürnberg bereits
1 440 Lastwagen. Die Nachfrage nach Lastwagen wuchs
schneller als die Fertigungskapazitäten.
In der Nachkriegszeit schrumpfte der GHH-Konzern durch
die von den Alliierten befohlene Entflechtung. Dadurch
gewann der Maschinenbau gegenüber den Montanindustrien an Gewicht. Der Motorenbau der M.A.N. wurde von
den Alliierten zwar strikten Beschränkungen unterworfen,
entgegen den Befürchtungen jedoch nicht demontiert.
Die Nutzfahrzeugproduktion lief unter amerikanischer
Kontrolle im Juli 1945 wieder an. Bereits am 14. Juli 1945
erteilte die 3. US-Armee der M.A.N. die Erlaubnis, amerikanische Heereswagen instand zu setzen sowie einen
5-Tonnen-Lkw herzustellen, der dringend für den Wiederaufbau benötigt wurde. Mit der Zahl der Beschäftigten
erhöhte sich auch die Zahl der gefertigten Lastwagen auf
303, zugleich weitete M.A.N. das Angebot auf Busse und
M.A.N. wollte wachsen und erwarb zu diesem Zweck 1955
das Gelände des 1945 von den amerikanischen Streitkräften beschlagnahmten und kurzfristig geräumten früheren
BMW-Flugmotorenwerks in München-Allach. Durch gezielte Investitionen verfünffachten sich die Fertigungskapazitäten, sodass die Lastwagenfertigung im gleichen
Jahr in München konzentriert werden konnte, während
der Dieselmotorenbau in Nürnberg verblieb. Dies ermöglichte weiteres Wachstum für den Lastwagenbau. Der Typ
400, ein Lastwagen mit 4,5 Tonnen Nutzlast und 115 PS,
war 1955 das erste vollständig von M.A.N. neu entwickelte
Modell. Das Mittenkugel-Einspritzverfahren zeichnete
sich durch ruhigen Motorenlauf und deutlich verringerten
Kraftstoffverbrauch aus und wurde ab 1963 für Schwerlast-
Die große Nachfrage des In- und Auslands nach Großdieselmotoren, Dampfkraftwerken, Schienenfahrzeugen und
Gasbehältern löste einen Wachstumsschub in der M.A.N.
Gruppe aus. Auch im Motorenbau stellte M.A.N. Neuerungen vor. Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung
1951 präsentierte das Unternehmen den ersten TurboladerDieselmotor für Nutzfahrzeuge. Dort stellte M.A.N. auch
seinen neuen F8 vor, einen Lastwagen mit wahlweise 8,3
oder 10 Tonnen Nutzlast, Achtzylindermotor mit 180 PS und
einer Spitzengeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern,
der für den Fernverkehr konzipiert war. Der Maschinenbaubereich entwickelte ebenfalls neue Produkte, wie den
erstmals 1950 ausgelieferten Axialkompressor und den
ersten Schraubenkompressor.
M A N 295
STÄRKSTER DIESEL-LASTWAGEN DER WELT
wagen zum Hochleistungs-Mittenkugelverfahren weiterentwickelt. Damit sicherte sich das Unternehmen einen
Innovationsvorsprung. Der Sechszylinder-Dieselmotor mit
Mittenkugel-Einspritzverfahren bildete auf Jahrzehnte den
Maßstab für Kraftstoff sparende Nutzfahrzeugmotoren,
von denen M.A.N. Lizenzen an weltweit 15 Unternehmen
verkaufte. 1955 stieg die Deggendorfer Werft und Eisenbau
GmbH (DWE), die bereits seit 1924 zum GHH-Konzern
gehörte, in den Bau von Röhrenreaktoren für die chemische
und petrochemische Industrie ein. Heute ist die zu MAN
Diesel & Turbo gehörende DWE Weltmarktführer bei diesen
Produkten.
SCHIENENBUS-FERTIGUNG
Als 1960 der dreißigtausendste Lastwagen vom Band lief,
verfügte M.A.N. über 33 Werkstätten und Ersatzteillager
und hatte mehr als 100 Vertragspartner im Inland. Im
gleichen Jahr beschäftigten die M.A.N. Werke in Augsburg,
Nürnberg, München, Gustavsburg und Hamburg insgesamt
32 470 Mitarbeiter. 1961 erreichte die M.A.N. Gruppe einen
Umsatz von 1,13 Milliarden DM, auf das Geschäftsfeld Nutzfahrzeuge entfielen mit 440 Millionen DM fast 40 Prozent.
M.A.N. bildete den stärksten Teil und zugleich den Innovationsmotor des GHH-Konzerns.
296 D I E M A R K E N
Fahrzeugen. 1974 übernahm M.A.N. im südafrikanischen
Pinetown bei Durban eine Montagefabrik, die 1962 von den
dortigen M.A.N. Importeuren gegründet worden war. Der
Nutzfahrzeugkonzern erweiterte sich 1971 durch die vollständige Übernahme der Firma Österreichische Automobil
Fabrik AG, die kurz zuvor den traditionsreichen Wiener
Lkw-Hersteller Gräf & Stift integriert hatte.
TURBOKOMPRESSOR
Im Zuge der Neuausrichtung der GHH-Konzernstrategie
wurde das Maschinenbaugeschäft bei der M.A.N. konzentriert, die wiederum im Nutzfahrzeugmarkt beständig
wuchs. Im Nutzfahrzeugsektor erweiterte M.A.N. die
eigene Angebotspalette um Fahrzeuge mit stärkeren
Dieselmotoren sowie größeren Nutzlasten. Die Fertigung
von Lastwagen und Omnibussen stand im Mittelpunkt der
Geschäftsentwicklung, weshalb 1963 die Traktoren- und
Schlepperproduktion verkauft wurde.
Der Nutzfahrzeugbau überschritt 1970 erstmals die Umsatzgrenze von einer Milliarde DM, wozu die Internationalisierung und Erweiterung der Lastwagenproduktion beitrug.
1966 nahm M.A.N. im bayerischen Penzberg ein OmnibusMontagewerk in Betrieb und eröffnete 1967 in Istanbul eine
Fabrik mit einer anfänglichen Jahreskapazität von 300
Der Kauf des Braunschweiger Nutzfahrzeugunternehmens
Büssing erfolgte 1971/72 über ein Tauschgeschäft mit der
bundeseigenen Salzgitter AG: Während der GHH-Konzern
aus dem Schiffsbau ausstieg und die Werften dem Staatsunternehmen übergab, erwarb er im Gegenzug schrittweise
mit seiner Konzerntochter M.A.N. den Braunschweiger
Lastwagenhersteller. Büssing, 1903 von dem im heutigen
Wolfsburger Stadtteil Nordsteimke geborenen Unternehmer
Heinrich Büssing gegründet, besaß 1968 im Lkw-Segment
der Lastwagen über 8 Tonnen Gesamtgewicht zwar einen
Inlandsmarktanteil von 18,7 Prozent, war jedoch zu klein,
um sich dem Konzentrationsprozess zu entziehen. M.A.N.
erwarb nicht nur das Know-how für Unterflurmotor-Lastwagen, sondern vergrößerte auch durch die Inte­g ration des
Werks in Salzgitter seine Fertigungskapazitäten. Sichtbares Zeichen dieses Kaufs war das Wappentier der Welfen,
der Braunschweiger Löwe, der auf dem Kühlergrill der
M.A.N. Fahrzeuge gleichberechtigt unter dem M.A.N.
Schriftzug angebracht wurde.
Die Verbindung nach Niedersachsen wurde auch durch
die 1977 mit der Volkswagenwerk AG geschlossene Vereinbarung über die gemeinschaftliche und arbeitsteilige
Entwicklung und Herstellung einer Lkw-Reihe mit einem
Gesamtgewicht von 6 bis 9 Tonnen intensiviert. M.A.N.
M A N 297
unternahm damit einen neuen Anlauf zur Erschließung
des unteren Marktsegments. Volkswagen wollte seinerseits
sein Angebot leichter Nutzfahrzeuge nach oben erweitern.
M.A.N. lieferte das Know-how seiner ebenso leistungsstarken wie sparsamen Dieselmotoren und konstruierte
Vorderachse, Lenkung, Federung, Bremsen und Räder.
Volkswagen brachte seine produktionstechnischen Möglichkeiten und sein enges internationales Vertriebsnetz ein.
Die G-Baureihe der 7,5-Tonner mit 90 bis 136 PS, deren
Design sich am Volkswagen LT orientierte, kam 1979 auf
den Markt. Die Fahrzeuge, die zu einem Viertel im M.A.N.
Werk Salzgitter und zu drei Vierteln im Volkswagen Werk
Hannover hergestellt werden sollten, fanden bis 1993 in
insgesamt 72 000 Einheiten Absatz.
G BAUREIHE
Im Bereich der Großdieselmotoren erfolgte eine wichtige
Weichenstellung 1980, als M.A.N. das dänische Unternehmen Burmeister & Wain Diesel A/S übernahm. Auf der Basis
der Akquisition erreichte M.A.N., dass heute bei Zweitaktdieseln, die in Tankern und großen Containerschiffen eingesetzt werden, der Marktanteil über 80 Prozent beträgt.
Die Fusion der M.A.N. auf den GHH-Konzern zur MAN Aktiengesellschaft vollzog 1986 förmlich nach, was längst wirtschaftliche Wirklichkeit geworden war: Der Ertragsbringer
des Konzerns war MAN, drei Viertel der Konzernbelegschaft arbeiteten dort. Ihr Anteil am Konzerngeschäft stieg
stetig und versprach weiteres Wachstum, das nun vom Firmensitz in München anstatt von Oberhausen aus gesteuert
wurde. Gleichzeitig reduzierte der neue MAN Konzern seine
Aktivitäten in anderen Geschäftsfeldern und konzen­t rierte
sich auf die Bereiche Nutzfahrzeuge, Industriedienstleistungen, Druckmaschinen, Diesel­motoren sowie den
Maschinen- und Anlagenbau, was in die Bereiche Commercial Vehicles und Power Engineering mündete. Beim Bau
von treibstoffsparenden Antrieben und Transportlösungen
lag seit Mitte der 1980er-Jahre besonderes Augenmerk auf
der Entwicklung von Elektrobussen und Hybridantrieben,
bei denen Bremsenergie in Fahrleistung umgewandelt
wird. Dieses Grundprinzip ließ MAN in die Entwicklung
mehrerer Omnibus-Modelle einfließen. Seit 1988 konzentrierte sich die Marke auf drei Produktreihen der leichten,
mittleren und schweren Lastwagen und ordnete die internen
Strukturen an den Inlandsstandorten München, Nürnberg,
Penzberg, Gustavsburg und Salzgitter. Im selben Jahr stieg
MAN in die Entwicklung von Industriegasturbinen ein.
298 D I E M A R K E N
CONSTELLATION BAUREIHE UND MAN LKW
Die zunehmende Internationalisierung der Nutzfahrzeugmärkte beantwortete MAN bis zur Jahrtausendwende
durch mehrere Übernahmen: Mit Steyr kam 1989 ein weiterer Hersteller aus Österreich dazu – die Aktivitäten in der
Alpenrepublik bündelt seit 2004 die MAN Nutzfahrzeuge
Österreich AG, nunmehr MAN Truck & Bus Österreich AG.
1999 erfolgte die Integration des polnischen Nutzfahrzeugherstellers STAR. Im Jahr 2000 kaufte MAN die Bus-Marke
Neoplan des Stuttgarter Reisebusunternehmens Gottlob
Auwärter sowie den Dieselmotorenbereich von Alstom
Engines Ltd. in Großbritannien und 2001 den britischen
Hersteller ERF sowie die schweizerische Sulzer Turbo AG.
Eine neue Baureihe schwerer Lastwagen mit dem Namen
Trucknology Generation Typ A, kurz TGA, setzte im Jahr
2000 in der Branche neue Maßstäbe. Baureihen für den
Fernverkehr, den schweren Traktions- und Baustellenverkehr sowie den regionalen und überregionalen Verteilerverkehr folgten. Mit der Einführung der Common-RailDieseltechnologie für Lastwagen 2004 und dem Hydrodrive
2005, einem zuschaltbaren Allradantrieb, behauptete
MAN seine Technologieführerschaft in der Motoren- und
Fahrzeugentwicklung für Nutzfahrzeuge. Auch im Bereich
der Großdieselmotoren und der Turbomaschinen waren die
ersten Jahre nach der Jahrtausendwende von technischen
Weiterentwicklungen geprägt. 2003 wurde ein Kompressorstrang für die damals weltgrößte Gas-to-Liquid-Anlage
ausgeliefert, 2005 begann die Einführung der CommonRail-Technik bei Viertakt-Großdieselmotoren.
Nach dem 250. Geburtstag des Unternehmens übernahm
MAN am 15. Dezember 2008 von der Volkswagen Aktien­
gesellschaft die in Brasilien beheimateten Aktivitäten von
Volkswagen Truck & Bus, die mit ihrer Lkw-Baureihe Constellation und Bussen große Erfolge erzielt hat und führt
sie in der MAN Latin America weiter. Auf dem wichtigen
chinesischen Markt ist die MAN seit 2008 mit einem eigenen Turbomaschinenwerk am Standort Changzhou sowie
seit 2009 durch die Marke Sitrak vertreten, die aus einer
strategischen Beteiligung der MAN an dem chinesischen
Lastwagenhersteller Sinotruk hervorgegangen ist. Das
Südamerikageschäft der MAN Latin America bildet neben
MAN Truck & Bus, dem Spezialgetriebebau der Renk AG und
MAN Diesel & Turbo eines der vier Standbeine des seit 2009
als europäische Aktiengesellschaft firmierenden Konzerns
MAN SE.
M A N 299
MAN PRODUKTFAMILIE
2012 aktualisierte MAN die TG-Baureihen und stellte den
Oberklasse-Reisebus Neoplan Jetliner vor. Der weltwirtschaftliche Nachfragerückgang ließ den Absatz 2014 auf
120.000 Lkw und Busse, den Umsatz auf 14,2 Milliarden
Euro sinken. Die Marke MAN erwirtschaftete ein Operatives Ergebnis von 384 Millionen Euro.
Unter der Regie der Volkswagen Aktiengesellschaft, die
am 3. Oktober 2006 an der MAN SE eine strategische
Beteiligung von 15,06 Prozent erworben hatte und am
9. November 2011 zum Mehrheitsaktionär geworden war,
schmiedet MAN eine schlagfertige Allianz mit Scania
MAN CONCEPT S
und der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge, um auf den
Weltmärkten weiterhin erfolgreich zu wachsen. Mit den
verschiedenen TG-Baureihen und den Bussen der Marken
MAN und Neoplan bietet MAN eine breite Produktpalette
und setzt mit seinen Euro-6-Motoren Standards. Höchste
Anforderungen an Arbeitskomfort sowie Ergonomie und
Wertigkeit verbinden sich mit größtmöglicher Wirtschaftlichkeit. MAN bringt damit den Güterverkehr und die
Personenbeförderung in Fluss.
300 D I E M A R K E N
Porsche
Die Sportwagenmarke Porsche hat in der Automobilwelt
Klang. Denn der typische Sound der leistungsstarken Motoren verspricht Kraft und Dynamik. Namensgeber der Marke
war der weltbekannte Konstrukteur Ferdinand Porsche.
Das Familienunternehmen Porsche hat mit Sportwagentypen wie dem 356 und 911 oder mit Rennwagen wie dem
550 Spyder und dem 917 automobile Ikonen geschaffen, die
Ausdruck purer Leidenschaft sind. Porsche Fahrzeuge aus
Zuffenhausen und Leipzig erfreuen sich in aller Welt einer
außerordentlichen Nachfrage, sind für viele Automobilliebhaber ein wahrer Traum. Seit dem 1. August 2012 entfaltet
die überaus starke Marke unter dem Dach des Volkswagen
Konzerns ihre Kraft. Mit der Übernahme der restlichen
50,1 Prozent der Anteile der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG von
der Porsche SE erfolgte die Schaffung eines integrierten
Automobilkonzerns, der durch den Abschluss einer Grundlagenvereinbarung am 13. August 2009 auf den Weg gebracht worden war.
Damit fanden zwei Unternehmen zusammen, die in ihrer
Geschichte viele Berührungspunkte hatten. Ferdinand
Porsche (1875-1951) gehört mit seinen wegweisenden
Inno­v ationen zu den bedeutendsten Automobilkonstruk­
teuren des 20. Jahrhunderts. Bereits ab 1898 beschäftigte er
sich mit dem Bau von Elektromobilen. Der Lohner-Porsche
mit Radnabenantrieb hatte eine Reichweite von 50 Kilometern und erzielte 1900 auf der Pariser Weltausstellung ein
begeistertes Echo. Noch im selben Jahr entwickelte Porsche
mit dem Semper Vivus das erste funktionsfähige, serielle
Hybridfahrzeug der Welt. Als Technischer Direktor bei
Austro-Daimler legte Porsche ab 1906 mit Konstruktionen
wie dem Prinz-Heinrich-Wagen, dem Landwehr-Train
oder dem Leichtbau-Rennwagen Sascha den Grundstein
für seinen internationalen Ruf. Nach seinem Wechsel zur
Daimler-Motoren-Gesellschaft in Stuttgart im Jahre 1923
baute Porsche in seiner Funktion als Technikvorstand
hubraumstarke Sportwagen mit Kompressoraufladung.
Die Kosten der technisch anspruchsvollen Entwicklungen
widersprachen jedoch den Einsparungsbemühungen nach
dem Zusammenschluss von Daimler und Benz im Jahre
1926. Porsche schied daraufhin 1928 aus und wechselte
1929 zu den österreichischen Steyr-Werken.
Im Dezember 1930 machte sich Porsche inmitten der Weltwirtschaftskrise als 55-Jähriger selbstständig. Zusammen
mit seinem Schwiegersohn Anton Piëch und Adolf Rosen­
berger, der 1933 wieder ausschied, gründete Porsche am
25. April 1931 in Stuttgart die Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH,
die die Konstruktion und Beratung für Motoren und Fahrzeuge anbot und anfangs zwölf Mitarbeiter beschäftigte.
Ausdruck der innovativen Konstruktionslösungen war die
1931 erfolgte Patentanmeldung der Drehstabfederung.
Nach mehreren kleineren Projekten bekam das Konstruktionsbüro 1933 den lukrativen Auftrag zum Bau eines
Rennwagens für die Auto Union. Der so genannte P-Rennwagen mit 750 Kilogramm Gewicht und Mittelmotor war
Porsches erster Grand-Prix-Rennwagen und sicherte das
Fortbestehen der Firma. Hinzu kam ein Entwicklungsauftrag der NSU-Werke über einen Kleinwagen vom Typ 32,
der mit einem luftgekühlten Heckmotor, Drehstabfederung und charakteristisch rundem Heck Elemente der
späteren Volkswagen Konstruktion aufwies. Die Idee eines
preisgünstigen Kleinwagens für breiteste Käuferschichten
faszinierte Porsche mit Blick auf die Massenmotorisierung
in den USA wie viele andere Konstrukteure und Ingenieure.
P O R S C H E 301
W30 VOR PORSCHE-KONSTRUKTIONSBÜRO
IN STUTTGART-ZUFFENHAUSEN
Ferdinand Porsche legte in seinem „Exposé betreffend den
Bau eines deutschen Volkswagens“ am 17. Januar 1934 dem
Reichsverkehrsministerium seinen Plan für ein vollwertiges Gebrauchsfahrzeug vor. Da das Volkswagen Projekt
die Unterstützung des NS-Regimes besaß und deshalb vom
Branchenverband aufgegriffen wurde, erhielt das unternehmensunabhängige Porsche Konstruktionsbüro am
22. Juni 1934 vom Reichsverband der Automobilindustrie
den Auftrag zur Entwicklung und zum Bau von Prototypen.
Mit seinem Team löste er die technischen Probleme und
übernahm in der 1937 gegründeten Gesellschaft zur Vorbereitung des Deutschen Volkswagens mbH die Funktion
eines Hauptgeschäftsführers. Das von 1937 an als Dr. Ing.
h.c. F. Porsche KG firmierende Kon­struk­t ionsbüro fungierte als ausgegliederte externe Entwicklungsabteilung der
Volkswagenwerk GmbH.
1938/39 entwickelte die Porsche KG mit dem Typ 64 „BerlinRom-Wagen“ ein eigenes Sportwagenkonzept, das als
Urahn der späteren Porsche Sportwagen gilt. Die Porsche
302 D I E M A R K E N
Gmünd. Aluminiumkarosserie, runde Scheinwerfer und
sanft geschwungene Kurven beim Coupé oder Cabriolet
trafen den Geschmack eines exklusiven Käuferkreises. Der
erste Rennsieg mit dem 585 Kilogramm leichten Roadster
beim Innsbrucker Stadtrennen am 1. Juli 1948 bescherte
Porsche große Aufmerksamkeit. Damit war der Grundstein
für das unverwechselbare sportliche Markenimage gelegt.
Bis 1950 entstanden in Handarbeit nur 52 Exemplare dieses
Typs.
MONTAGE IN ZUFFENHAUSEN
KG konstruierte zudem Schlepper für die Landwirtschaft,
später auch Panzer und andere Militärfahrzeuge. Die Luftangriffe auf Stuttgart bewogen die Unternehmensleitung,
das Konstruktionsbüro 1944 in ein ehemaliges Sägewerk
nach Gmünd in Kärnten und das Materiallager in eine Fliegerschule in Zell am See zu verlegen, wo auch das Schüttgut
als Familiensitz diente.
Nach Kriegsende hielt sich das Konstruktionsbüro zunächst
mit Reparaturaufträgen und der Fertigung einfacher Landwirtschaftsmaschinen über Wasser. Ferry Porsche (19091998) entwickelte in der Porsche Konstruktionen GmbH
mit Sitz im britisch besetzten Kärnten mit dem Porsche 356
das erste Auto unter eigenem Namen. Der erste Porsche
Sportwagen eigener Fabrikation rollte am 8. Juni 1948 mit
der Fahrgestellnummer 356 001 aus den Werkstätten in
Im September 1948 erfolgte auch eine Regelung der offenen
Vertragsverhältnisse mit der Volkswagenwerk GmbH, die
Lizenzzahlungen für die Serienfertigung der von Porsche
konstruierten Volkswagen Limousine, aber auch die Lieferung von Bauteilen und eine „enge Arbeitsgemeinschaft“
bei Entwicklungsaufgaben umfasste. Zudem erhielt Porsche
Zugang zum Vertriebs- und Service-Netzwerk von Volkswagen.
Erst mit der Rückkehr des Gesamtunternehmens nach
Stuttgart nahm die Produktion Fahrt auf. Porsche gelangen
erste Schritte auf dem wichtigen Auslandsmarkt in den
Niederlanden, wo der Volkswagen Importeur Ben Pon die
Sportwagen vertrieb, sowie in der Schweiz, wo in Zürich im
Winter 1948 der erste Porsche Showroom eröffnet wurde.
Nach dem Pariser Autosalon 1950 schaffte Porsche den
Sprung auf den US-Markt. Im Showroom des Volkswagen
Importeurs Maximilian E. Hoffman in der New Yorker Park
Avenue setzte sich die klare Formensprache des 356 von
den Mitbewerbern deutlich ab und bei den Käufern durch.
Bis 1965 wurden 76 000 Fahrzeuge vom Typ 356 gebaut. Im
letzten Produktionsjahr gingen drei Viertel der Fahrzeuge
in die USA, wo Porsche von 1955 an eine eigene Repräsentanz unterhielt.
P O R S C H E 303
Wesentlichen Anteil an der großen Nachfrage hatten die
Rennsporterfolge Porsches bei den 24-Stunden-Rennen von
Le Mans, der italienischen Mille Miglia oder der mexikanischen Carrera Panamericana. Mitte der 1950er-Jahre
konnte die Marke bereits 400 Rennsiege verbuchen, bis
heute hat Porsche mehr als 28 000 Rennsiege eingefahren.
Der Motorsport diente Porsche als Experimentierfeld für
neue Technik und als Werbung für das Serienfahrzeug.
Die Zuverlässigkeit auf der Rennstrecke transportierte ein
Qualitätsversprechen an die Kunden der Seriensportwagen,
das Porsche mit niedrigen Garantiekosten von nur 40 DM
pro Fahrzeug beim Typ 356 C bestätigte. 1960 erreichte
der Umsatz des Sportwagenherstellers erstmals mehr als
100 Millionen DM. Das Stuttgarter Werk wurde erweitert,
Porsche vergrößerte die Produktionskapazitäten und ließ
sich unter anderem von Karmann in Osnabrück Karosserien
zuliefern.
Die Suche nach einem Nachfolger für das Erfolgsmodell 356
begann 1957. Die Planungen sahen vor, den luftgekühlten
Boxermotor am Heck zu erhalten, aber mehr Leistung und
Laufruhe sowie eine verbesserte Straßenlage und mehr
Platz im Innen- und Kofferraum zu ermöglichen. Ferdinand
Alexander Porsche stellte 1959 mit dem Typ 754 T7 den Entwurf eines 2+2-Sitzers vor, aus dem ein Fließheck-Coupé
unter dem Projektnamen Typ 901 mit neuem Rahmen, Fahrwerk und Antrieb entstand. Der luftgekühlte Sechszy­l inderBoxermotor war unter der Leitung von Porsche-Enkel
Ferdinand Piëch entwickelt worden.
911 TARGA
Das neue Fahrzeug wurde nach seiner Markteinführung
im September 1964 als Typ 911 zum Herzstück der Marke
Porsche. Seit dem Produktionsstart wurden am Standort
Stuttgart-Zuffenhausen sieben Modellgenerationen gebaut.
Der 911 entwickelte sich zum Inbegriff des automobilen
Traums, ebenso elegant wie rasant zu fahren. Die Reali­
sierung der neuen Baureihe war für das Unternehmen
allerdings ein Kraftakt. Porsche investierte 15 Millionen
DM in den Kauf eines Karosseriewerks, musste dafür aber
auf die Formel 1 und damit auf einen Teil der Motorsport­
aktivitäten verzichten. Der unter Leitung von Ferdinand
Piëch entwickelte Porsche 917 mit seinem ZwölfzylinderV-Motor mit anfänglich 520 PS Leistung trug nach 1969
mit seinen Rennerfolgen etwa in Le Mans zum wachsenden
Renommee der Marke Porsche bei.
304 D I E M A R K E N
schaft gegründet, in der beide Hersteller paritätisch vertreten waren. Der 1969 startende „Volksporsche“ erfüllte die
Absatzerwartungen aber nur teilweise. Während der V WPorsche 914 mit Sechszylindermotor nur zögerlich gekauft
wurde, war der deutlich preisgünstigere V W-Porsche 914
mit Vierzylindermotor gefragt: Von dem 914/4 wurden 1970
allein 13 000 Fahrzeuge verkauft.
VW-PORSCHE 914
Auf dem wichtigen US-Markt drohte 1965 zudem ein
Cabriolet-Verbot, was Porsche hart getroffen hätte. Der
Sportwagenhersteller reagierte mit dem Bau des 911 Targa,
der über einen serienmäßig eingebauten Überrollbügel
verfügte. Außerdem räumte Porsche 1967 weitere Verkaufshindernisse aus dem Weg, indem das Sportwagenunternehmen als erster europäischer Hersteller die verschärften
US-Abgasentgiftungsvorschriften erfüllte.
Zugleich intensivierte Porsche die Zusammenarbeit mit
Volkswagen. Beide Unternehmen vereinbarten 1966 die
Entwicklung eines Nachfolgers für das veraltete Sportcoupé
Volkswagen Karmann Ghia. Geplant war, den späteren V WPorsche 914 unterhalb des Marktsegments des 911 anzusiedeln und für das Verkaufsprogramm beider Automobilhersteller kompatibel zu machen. Für den Vertrieb der zweiten
Porsche Baureihe wurde die V W-Porsche Vertriebsgesell-
Die zum 1. August 1972 erfolgte Umwandlung von Porsche
in eine Aktiengesellschaft veränderte die Unternehmensstruktur tiefgreifend. Auf Beschluss der Eigentümerfamilien Piëch und Porsche zogen sich die Familienmitglieder aus
dem operativen Geschäft zurück, das seither angestellte
Manager leiteten. Die Familien engagierten sich im Auf­
sichtsrat, dem langjährig Ferry Porsche vorsaß. Die ökonomische Situation der Aktiengesellschaft blieb auch durch
den Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes in LudwigsburgTammerfeld stark beansprucht. Denn Sonntagsfahrverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen nach dem
Ölpreisschock 1973 verunsicherten die Automobilkunden
in Deutschland. Porsche senkte die Tagesproduktion von 72
auf 50 Fahrzeuge und meldete Kurzarbeit an, leitete aber
eine Ausweitung der Modellpalette ein. Mit der G-Serie
setzte Porsche zunächst auf eine neue Generation des 911
mit Sicherheitsstoßfängern, integrierten Kopfstützen,
Pralltopf-Lenkrad und automatischen Dreipunktgurten.
Auf dem Höhepunkt der Rezession stellte Porsche 1974 den
eng an den eigenen Motorsportaktivitäten entwickelten
Supersportwagen 911 Turbo 3.0 Coupé vor. Der Porsche mit
markantem Heckflügel war zunächst als Kleinserie geplant.
Doch der Turbolader mit innenbelüfteten Scheibenbremsen und alltagstauglicher Luxusausstattung wurde zum
großen Verkaufserfolg. Während der ersten drei Modell­
P O R S C H E 305
jahre baute Porsche 2 850 Fahrzeuge dieses Typs und fuhr
mit Vollgas aus der Krise.
Auf der unteren Skala der Modellreihe ersetzte 1976 der
neue Typ 924 den V W-Porsche 914, dessen Produktion
im gleichen Jahr auslief. Wie beim Vorgängermodell war
eine Zusammenarbeit mit Volkswagen angestrebt worden,
um mit günstigen Großserienbauteilen Kosten zu senken.
Volkswagen stoppte das Gemeinschaftsprojekt 1975, um
seine Kräfte auf die neue Modellgeneration von Polo bis
Passat konzentrieren zu können, und übertrug Porsche das
Fahrzeug. Von Porsche als 924 eigenständig auf den Markt
gebracht, erfolgte die Fertigung bei Audi in Neckarsulm.
Das neue Einstiegsmodell brach mit der traditionellen
Bauweise. Der 924 hatte einen wassergekühlten Vierzylinder-Frontmotor und übertrug die Kraft über ein TransaxleGetriebe an die Hinterachse. Am Ende des Geschäftsjahres
1976/77 machte der 924 fast die Hälfte des Fahrzeugumsatzes aus, bis Produktionsende 1988 wurden 150 684
Fahrzeuge gebaut.
Oberhalb des 911 stellte Porsche mit dem luxuriösen Hochleistungssportwagen 928 im Jahr 1977 eine dritte Baureihe
vor. Der Wagen war als Nachfolger des 911 unter der Leitung
von Anatole Lapine entworfen worden und polarisierte die
treuen Porsche Kunden stark. Denn der 928 unterbrach die
traditionelle Bauweise mit luftgekühlten Heck-Boxermotoren und setzte stattdessen auf Frontmotoren und Hinterradantrieb, einen wassergekühlten Achtzylinder-Motor, ein
Aluminiumfahrwerk und eine neue Hinterachse.
944
Nach dem zweiten Ölpreisschock 1979 bekam Porsche die
Konkurrenz auf dem internationalen Automarkt zu spüren.
Japanische Hersteller setzten mit eigenen Modellen auf dem
wichtigen US-Markt den Porsche 924 durch kostengünstigere Sportwagen unter Druck. Porsche musste 1979/80
einen Rückgang der Verkäufe um 19,7 Prozent verkraften,
der Umsatz dagegen verzeichnete noch keinen Einbruch.
Porsche reagierte auf den Wettbewerb 1981 mit dem 944,
einem verbrauchsarmen Vierzylinder, der als Bindeglied
zwischen dem 924 und dem 911 SC einen gehobenen Ein­
stieg in die Marke bot und den Nerv der Kundschaft traf.
Von Januar bis September 1982 setzte Porsche allein 4 000
Fahrzeuge des 944 ab, 1983 machte der Wagen 51 Prozent
des gesamten Fahrzeugabsatzes aus.
306 D I E M A R K E N
terbrechung erlaubte und ab 1983 im Porsche 956 eingesetzt wurde.
BOXTER S
Im Verlauf der 1980er-Jahre verschärfte sich der Wettbewerb auf dem internationalen Markt. Zunächst blieb
Porsche in der Spur, erreichte 1985/86 vor allem dank des
starken US-Geschäfts das fünfte Rekordjahr in Folge: Mehr
als jedes zweite Fahrzeug wurde in die USA exportiert. Nach
dem Auslaufen der Vereinbarung mit der Volkswagen of
America Inc. am 31. August 1984 vertrieb die neugegründete Porsche Cars North America Inc. die Fahrzeuge in
eigener Verantwortung. Mit der Ausgabe von Vorzugsaktien
sammelte Porsche am 4. Mai 1984 zusätzliches Kapital für
Neuerungen und investierte bis 1988 über eine Milliarde
DM unter anderem in eine umweltfreundliche Lackiererei.
Das Entwicklungszentrum in Weissach, das die Porsche
Ingenieure bereits 1971 bezogen hatten, wurde großzügig
erweitert. Dort entstanden Entwicklungen für eigene und
fremde Produkte, unter anderem für Airbus, Lada und
Volkswagen. 1981 stellten die Entwickler ein Doppelkupplungsgetriebe vor, das erstmals Schalten ohne Zugkraftun-
Die anhaltend rückläufigen Verkaufszahlen ab 1985 und
der Wertverlust des Dollars trafen das exportorientierte
Geschäft von Porsche hart. Der Umsatz sank innerhalb
des Jahres 1987 von 3,567 auf 2,482 Milliarden DM. Im
Geschäftsjahr 1987/88 verkaufte Porsche 18 614 Autos
weniger als im Vorjahr. Ein neuer Vorstand trat der Absatzkrise mit Kurzarbeit und Stellenabbau entgegen. Porsche
nahm 1990 einen größeren Fremdfertigungsauftrag an
und montierte bis April 1995 für die Mercedes-Benz AG
10 479 Mercedes-Benz 500 E. Vom einsetzenden Boom
durch die deutsch-deutsche Wiedervereinigung konnte
Porsche nicht profitieren.
Die anhaltende Absatzkrise veranlasste den Vorstand
deshalb zu weiteren harten Sparmaßnahmen. Ende des
Geschäftsjahres 1991/92 wies die Bilanz einen Fehlbetrag
von 68,5 Millionen DM aus. Lean Management und Lean
Production erbrachten Effektivitätszuwächse. Die Einführung der modularen Bauweise sparte ebenso Kosten wie
flexibilisierte und verschlankte Abläufe, Hierarchien und
Prozesse und die japanische Kaizen-Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung. Gleichwohl musste die Belegschaft bis 1993 um 1 850 Mitarbeiter reduziert werden.
Porsche schaffte 1995 den Turnaround und startete durch:
Im Roadster-Segment führte der Sportwagenhersteller
1996 mit dem zweisitzigen Boxster eine neue Baureihe ein,
die 2005 durch das Mittelmotor-Coupé Cayman ergänzt
wurde. Mit der dritten Generation des 911, dem Typ 993,
stabilisierten sich Umsatz und Ertrag, auch wenn das US-
P O R S C H E 307
CARRERA 4 GTS COUPÉ UND
CARRERA 4 GTS CABRIOLET
308 D I E M A R K E N
WERK LEIPZIG
Geschäft weiter schwächelte. Die Modell- und Preispolitik,
die verschlankte Produktion und ein neuer Markenauftritt
lenkten Porsche zurück auf die Erfolgsspur. Der 911 Carrera
erreichte außerordentlich viele Neukunden. Am 15. Juli 1996
lief der einmillionste Porsche vom Band.
Die neue Unternehmensstrategie setzte auf zwei unabhängige Modellreihen. Mit dem Boxster, einer Verschränkung
von Boxermotor und Roadster, sprach Porsche jüngere
Kund­s chaft unterhalb des angestammten Marktsegments
an und ging auch im Marketing neue Wege: Zur Einführung
des Boxster lud Porsche im September 1996 rund 2 000 Händler aus 540 Betrieben nach Scottsdale, Arizona,
um das Auto in einer zentralen Großveranstaltung vorzustellen. Die Werbung experimentierte mit neuen elektronischen Formen, so stellte Porsche im Jahr 2000 in
Zusammen­a rbeit mit Electronic Arts eine eigene Version
des Computer­s piels Need for Speed vor.
CAYENNE DIESEL
1997 endete bei Porsche die Ära der luftgekühlten Motoren.
Im Innern der fünften Generation des 911, dem Typ 996,
brummte ein wassergekühlter Vierventil-SechszylinderBoxermotor. Das Herzstück der Marke wurde den veränderten
Kundenwünschen angepasst. In unterschiedlichen Varianten betonten die Konstrukteure neben dem sportlichen
Charakter auch Komfort und Sicherheit. Der Export war
wieder Wachstumsmotor der Marke, fast 70 Prozent der
Produktion gingen nach Nordamerika. Porsche stellte im
Geschäftsjahr 1997/98 eine neue Bestmarke bei Umsatz
und Rekord in der Firmengeschichte auf. Seitdem hat
Porsche diese Rekorde regelmäßig übertroffen.
Mit der Erweiterung des Produktangebots um eine dritte
Modellreihe, dem in Kooperation mit Volkswagen entwickelten Cayenne, einem geländegängigen Sport Utility
Vehicle, erweiterte Porsche seine Produktion und eröffnete
P O R S C H E 309
918 SPYDER
2002 ein neues Werk in Leipzig. Im August 2002 beschloss
der Aufsichtsrat den Bau einer vierten Baureihe, eines
luxuriösen Gran Turismo mit dem Namen Panamera, der
seit 2009 ebenfalls in Leipzig gebaut wird.
Die Entwicklung vom Konstruktionsbüro zum weltweit erfolgreichen Sportwagenhersteller wird seit 2009 im neuen
Porsche Museum dokumentiert. Der spektakuläre Neubau
bündelt das Wissen um die Marke und macht die automobile
Ikone erlebbar. Der professionelle Blick in den Rückspiegel
ist Teil der Markenpflege des Unternehmens, dessen eigene
Geschichte 1948 beginnt, sich jedoch auf das Lebenswerk
von Ferdinand Porsche und dessen Familie stützt.
Tradition und Fortschritt bilden die starken Klammern
der Marke Porsche. Mit dem Plug-in-Hybridantrieb für
Cayenne und Panamera knüpft das Unternehmen heute
PANAMERA S E-HYBRID
an das technische Erbe von Ferdinand Porsche an. Der
Supersport­w agen 918 Spyder brauchte mit elektrifiziertem Antrieb im September 2013 als erstes Fahrzeug mit
Straßenzulassung weniger als sieben Minuten, genau:
sechs Minuten und 57 Sekunden, für die 20,6 Kilometer
lange Nordschleife des Nürburgrings. Das Kraftpaket mit
887 PS verbindet maximale Fahrdynamik mit minimalem
Verbrauch und verursacht pro Kilometer Fahrt mit kombiniertem Antrieb nur 79 Gramm CO2 -Emissionen. Neue
Antriebe und neue Modelle, wie der Macan, weisen den Weg:
Sportwagen für jedes Kundenbedürfnis. Das Unternehmen
Porsche bleibt auf der Überholspur. Mit 22 190 Mitarbeitern
ver­b essert Porsche im Geschäftsjahr 2014 zum wieder­
holten Mal den Absatz auf 190 000 Fahrzeuge und die Umsatzerlöse auf 17,2 Milliarden Euro. Das Operative Ergebnis
liegt bei 2,718 Milliarden Euro.
310 D I E M A R K E N
Scania
Die strategische Neuordnung und Ausweitung ihrer Nutz­
fahrzeug-Sparte bahnte die Volkswagen Aktiengesellschaft
im April 2000 an, als sie eine Aktienbeteiligung von 18,7
Prozent und einen Stimmrechtsanteil von 34 Prozent
an Scania AB erwarb. Beide Unternehmen verband eine
langjährige Partnerschaft. Von 1948 an betreute Scania als
Generalimporteur den Verkauf von Volkswagen in Schweden. Doch nicht nur das sprach für eine Verbindung mit der
international renommierten Marke. Scania gehörte zur
Spitzengruppe der europäischen Lkw-Hersteller und galt
als profitabelste Marke der Branche. Innovationsstark und
führend bei der Entwicklung verbrauchs- und schadstoffarmer Motoren, umfasste das Produktprogramm schwere Lkw
ab 16 Tonnen, Linien- und Reisebusse sowie Schiffs- und
Industriemotoren.
2007 erhöhte das Wolfsburger Unternehmen seine Stimmrechte auf 37,4 Prozent und trat neben der schwedischen
Industriellenfamilie Wallenberg als zweiter Großaktionär
bei Scania auf. Eine Einigung mit den Wallenbergs, ihre
über Investor AB und verschiedene Stiftungen gehaltenen
Aktienpakete zu übernehmen, wurde im März 2008 erzielt.
Mit Genehmigung der Europäischen Kommission stockte die Volkswagen Aktiengesellschaft im Juli 2008 ihre
Stimmrechtsanteile auf rund 69 Prozent auf und integrierte
Scania als neunte eigenständige Marke in den Volkswagen
Konzern.
Auch seine Entstehung verdankte Scania dem Schulterschluss zweier Unternehmen. Beide zählten zu den Pio­
nieren im schwedischen Lkw-Bau. Das ältere, die am
11. Dezember 1891 in Södertälje gegründete VagnfabriksAktiebolaget i Södertelge (Vabis), stellte zunächst Waggons
für den expandierenden Eisenbahnverkehr her. 1897 stieg
VABIS-WERK IN SÖDERTÄLJE
die „Wagenfabrik“ in den Fahrzeug- und Motorenbau ein
und präsentierte 1903 auf der Automobilausstellung in
Stockholm den ersten Lastwagen. Die rückläufige Nachfrage und sinkende Preise im Waggongeschäft einerseits, die
Investitionen für den Bau einer neuen Fabrik anderer­s eits
führten das Unternehmen über mehrere Jahre in die Verlustzone. Wirtschaftlich erfolgreicher agierte das andere
Vorgänger­u nternehmen, die in Malmö bestehende Tochtergesellschaft der Maskinfabriksaktiebolaget Scania, die
1902/03 mit dem Scania Typ A eine erste Serie von fünf
Fahrzeugen auf den Markt brachte. Statt kostspieliger Neukonstruktionen griff Scania bei der Fahrzeugproduktion
auf Komponenten anderer Hersteller u.a. aus Deutschland
zurück und machte ein gutes Geschäft. Während Scania
1910 die Möglichkeiten für eine Produktionsausweitung
sondierte, beschloss die Muttergesellschaft der „Wagenfabrik“ in Södertälje die Trennung von der kapitalintensiven
Automobilsparte.
S C A N I A 311
BUS
Am 18. März 1911 schlossen sich beide unter dem Dach der
neu gegründeten Aktiengesellschaft AB Scania-Vabis zusammen, deren Hauptsitz 1913 von Malmö nach Södertälje
südwestlich von Stockholm verlegt wurde. Die Aufrüstungskonjunktur und die Drosselung der Importe verschaffte
Scania-Vabis zusätzliche Aufträge u.a. für Heeresfahrzeuge und Flugzeugmotoren, sodass der Gewinn zwischen 1911
und 1918 von 50 000 auf 1,7 Millionen Kronen explodierte.
Diese expansive Entwicklung riss nach dem Ende des Ersten
Weltkriegs abrupt ab. Die tiefe Rezession, der große Streik
1919 und der sich drastisch verschärfende Wettbewerb
auf dem heimischen Markt, der von billigeren Fahrzeugen
aus den Ausland förmlich überschwemmt wurde, stürzten
Scania-Vabis in eine existenzielle Krise. Der Traum von
einem internationalen Großunternehmen zerplatzte: Eine
dänische Tochtergesellschaft wurde 1921 verkauft, eine
Fabrik in Norwegen stillgelegt und die in den Kriegsjahren
erworbenen Hüttenwerke gingen in Konkurs.
2,5-TONNEN-LKW
Die finanzielle Konsolidierung wurde im Dezember 1921
durch die Gründung einer neuen Gesellschaft angebahnt,
die sowohl den Firmennamen als auch das Eigentum der
alten übernahm. Zwei strategische Entscheidungen ver­
änderten das Unternehmensprofil: Bis 1927 wurde die Fahr­
zeugproduktion in Södertälje konzentriert, 1929 die PkwFertigung eingestellt. Wesentliche Voraussetzung für den
Wiederaufschwung war der in den 1920er-Jahren forcierte
Ausbau des Personen- und Güterverkehrs. Ein Großauftrag
der Stockholmer Verkehrsbetriebe leitete die Omnibusepoche bei Scania-Vabis ein, die zwischen 1923 und 1929
rund 350 neu konstruierte Busse auslieferte. Die Busfertigung prägte neben dem Motorenbau auch im kommenden
Jahrzehnt die Unternehmensentwicklung und überholte
1932 mengenmäßig die Lkw-Produktion. Hierzu trug vor
allem der im Vorjahr eingeführte „Bulldoggenbus“ bei, der
den Motor und Fahrerplatz in den Fahrgastraum integrierte
und zum dominierenden Busmodell in Schweden wurde.
312 D I E M A R K E N
Weniger wachstumsstark entwickelte sich das Lkw-Geschäft.
Auf dem Markt für leichtere Standardlastwagen konnte Scania-Vabis nicht mithalten, da die maschinelle Ausstattung
und technische Kompetenz zum Aufbau einer Großserienfertigung fehlten. Deshalb konzentrierte sich das Unternehmen auf die Produktion schwerer Lastwagen mit einem
Gewicht von 1,5 bis 4 Tonnen und erzielte hier 1925 einen
Durchbruch mit dem „Schnelllaster“, dessen Spitzengeschwindigkeit auf 40 Stundenkilometer verdoppelt worden
war. Außerdem machte sich Scania-Vabis als Hersteller von
Spezialfahrzeugen mit hydraulischer Kippvorrichtung
oder automatischem Sandstreuer einen Namen. 1931
lieferte das Unternehmen 179 Lastwagen aus.
Schon damals waren die Erfolge im Lkw-Bau eng mit den
Innovationen in der Motorenentwicklung verbunden, die
zugleich ein neues Geschäftsfeld eröffnete. Mit dem ersten
Sechszylinder-Ottomotor wurde 1923 die Fertigung von
Schiffs- und Einbaumotoren als neuer Produktzweig
eta­bliert. Einige Jahre später führte Scania-Vabis eine
Moto­r enfamilie ein, die mit unterschiedlichen Kraftstoffen
betrieben werden konnte und die Grundlage für die spätere
Modulbauweise lieferte. Den größten Entwicklungssprung
im Motorenbau machte Scania-Vabis mit dem so genannten
Hesselmann-Motor. Ab 1932 in Lizenz gefertigt, wurde er
zum Ausgangspunkt für die Konstruktion eines eigenen
Dieselmotors. Der kompakte Sechszylinder-VorkammerDieselmotor mit 7,7 Litern Hubraum und 120 PS, der mit
Benzin, Rohöl oder Dieselkraftstoff lief, kam ab 1936 in den
Omnibussen und Lastwagen zum Einsatz, wurde aber auch
an andere schwedische und internationale Hersteller verkauft.
MOTORENMONTAGE IN SÖDERTÄLJE
Die meisten Fahrzeuge von Scania-Vabis waren immer noch
Einzelstücke. Erst mit steigender Produktion setzte Mitte
der 1930er-Jahre ein umfassender Rationalisierungsprozess ein, der durch die Einführung neuer Werkzeuge und
Arbeitsmethoden gekennzeichnet war. Im Motorenbau ging
das Unternehmen 1939/40 zur Herstellung von Einheitsmotoren mit weitgehend identischen Komponenten über.
Zeitgleich baute es seine Fertigungskapazitäten durch die
Errichtung zweier Fabriken aus. Der Zweite Weltkrieg verschob den Schwerpunkt auf die Produktion von Militärfahrzeugen, die 1943 die gesamten Kapazitäten beanspruchte
und die Belegschaft bis 1945 auf rund 1 000 Beschäftigte
anwachsen ließ.
S C A N I A 313
In den Nachkriegsjahren legte Scania-Vabis das Fundament
für den späteren Unternehmenserfolg. Dem Wunsch der
Händler entsprechend, wurde das Produktsortiment um
einen Pkw erweitert, wobei das Interesse schon länger dem
Volkswagen galt. Im Juli 1948 schloss Scania-Vabis einen
Importeursvertrag mit der Volkswagenwerk GmbH und
lieferte im Folgejahr über sein Vertriebsnetz 317 Limousinen an schwedische Kunden aus. Die Lkw- und Busproduktion hatte sich seit 1945 auf 1 672 Fahrzeuge verdreifacht,
der Gewinn war auf 1,3 Millionen Kronen hochgeschnellt.
Allerdings verlor Scania-Vabis durch die Rüstungsproduktion vor allem in der Dieseltechnologie den Anschluss an
den technischen Fortschritt. Den erforderlichen Knowhow-Transfer stellte das Unternehmen 1947 durch einen
Kooperationsvertrag mit Leyland Motors Ltd. her.
MOTORENMONTAGE IM WERK ZWOLLE
Den Übergang zur Direkteinspritzung vollzog Scania 1949
mit dem „400 000-Kilometer-Motor“, der den Verbrauch
und den Wartungsbedarf verringerte und die Zugkraft und
Betriebssicherheit erhöhte. 1951 folgte die 205 PS starke
Turboversion für Schienenbusse und Schiffe. Außerdem
stärkte Scania-Vabis in den 1950er-Jahren die Wettbewerbsfähigkeit seiner Produkte durch ein modernes Synchrongetriebe, serienmäßig eingebaute Servolenkung und
Druckluftbremsen sowie durch eine neue Hinterachse.
Neben den technischen gaben die 1949 eingeführten be­
trieblichen Innovationen dem Unternehmen Schwung:
Die „Konferenzmethode“ bezog alle Konstrukteure in
die Entscheidungen über Produktentwicklungen ein, die
Komponentenphilosophie trieb die Standardisierung der
Produkte voran, und Gruppenarbeit in der Montage steigerte die Produktivität. Auf dieser Grundlage wuchs Scania-
Vabis zu einem exportorientierten Unternehmen heran.
Allein in den 1950er-Jahren kamen 17 neue Exportmärkte
hinzu. Das Auslandsgeschäft wurde zum Wachstumsmotor.
Bis 1959 stieg die Produktion auf 4 881 Fahrzeuge an, mehr
als die Hälfte davon wurde exportiert. Den größten Gewinn
auf dem heimischen Markt aber brachte in dieser Phase
der Verkauf der Wolfsburger Limousine. Der Volkswagen
Vertrieb wirkte als Katalysator für den Ausbau des Händlernetzes und lieferte einen Großteil der finanziellen Ressourcen für die kräftige Unternehmensexpansion in den
1960er-Jahren. Die 1957 gegründete Tochtergesellschaft in
Brasilien schloss 1962 den Aufbau des ersten ausländischen
Produktionsstandorts ab. 1964 nahm das Montagewerk
im niederländischen Zwolle die Fertigung auf. Die Fabrik
314 D I E M A R K E N
Scania-Vabis auf konstruktive Verbesserungen und führte
1968 eine neue Generation von Frontlenker-Lkw ein. Das
kippbare Fahrerhaus war geräumiger, der Einstieg leichter
und der Lkw handlicher zu fahren.
V8-TURBODIESEL-MOTOR
in Meppel sowie die Inlandswerke in Oskarshamn und
Katrine­holm kamen 1966/67 durch Firmenübernahmen
hinzu. Darüber hinaus schuf Scania-Vabis mit dem Werks­
ausbau in Södertälje und der Errichtung neuer Fabriken in
Schweden die Voraussetzung für weiteres Wachstum.
Vor allem die Turbomotoren verschafften dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. „Rauf mit der Leistung,
runter mit den Drehzahlen“ hieß die Devise der Konstrukteure, um einen höheren Wirkungsgrad zu erzielen und
zugleich den Verbrauch, die Emissionen und die Laufgeräusche zu reduzieren. Die Konkurrenz zu Volvo beschleunigte
die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, die durch den
1969 eingeführten V8-Turbodiesel mit 350 PS gekrönt wurde, damals der stärkste Lkw-Motor auf dem europäischen
Markt. Einen weiteren Entwicklungsschwerpunkt legte
1969 mit Saab zur Saab-Scania AB fusioniert, wurde Scania
seit 1972 bis zur Trennung beider Unternehmen 1995 als eigenständiger Geschäftsbereich der Kraftfahrzeug-Gruppe
geführt. Internationales Wachstum und die Entwicklung einer modularen Produktpalette prägten das erste Jahrzehnt
unter dem neuen Konzerndach. Die Fabrikkapazitäten in
den Niederlanden und in Brasilien wurden ausgebaut; Anfang 1976 eröffnete Scania ein Werk in Tucumán im Norden
Argentiniens, das u.a. Getriebe herstellte. 1977 war Brasilien der größte Absatzmarkt für Scania. In den Jahren 1979
bis 1981 setzte die Marke jährlich bis zu 4 000 Fahrzeuge im
Irak ab. Der Exportanteil erreichte 1979 fast 90 Prozent.
1980 präsentierte Scania sein neues Lkw-Programm. Nicht
nur die Motoren, Getriebe und Achsen, sondern auch die
Rahmen und Fahrerhäuser waren als Modulsystem entwickelt worden. Für die Lastwagen zwischen 16 und 36 Tonnen
gab es drei Motoren, drei Klassen von Fahrgestellen und vier
Fahrerhausmodelle, sodass sie exakt der Transportaufgabe des Kunden angepasst werden konnten. Das attraktive
Design stammte von Giorgio Giugiaro und verband sich mit
einer guten Ergonomie, die hinsichtlich Sicherheit und
Komfort bahnbrechende Standards für den Fahrer setzten.
Das Angebot an maßgeschneiderten Lastwagen ergänzte
Scania um spezielle, gemeinsam mit den Großkunden
entwickelte Wartungsprogramme, die dem Nutzungsausfall
durch Pannen vorzubeugen halfen.
S C A N I A 315
Das Modulkonzept beschleunigte Neuentwicklungen und
senkte die Fertigungskosten. Zugleich gab Scania mit der
Serie 2 die richtige Antwort auf die steigenden Anforderungen der Transportbranche an die Betriebssicherheit
und Wirtschaftlichkeit der Fahrzeuge. Weitere Kosteneinsparungen für die Kunden brachte der 1991 eingeführte
Turbocompound-Motor, der über eine Kraftturbine die
in den Abgasen vorhandene Energie nutzte. Dadurch gelang
eine Leistungssteigerung bei reduziertem Verbrauch, der
durch die aerodynamischen Streamline-Fahrerhäuser
nochmals weiter gesenkt wurde. Mit der neuen LkwGeneration steigerte Scania zwischen 1980 und 1989 den
Fahrzeugabsatz von 26 566 auf 35 602 Exemplare, darunter
3 884 Linien- und Reisebusse.
Das Baukastensystem bildet bis heute die Grundlage für den
Unternehmenserfolg. Die zweite Kernvoraussetzung für
steigende Rentabilität und Wachstum legte Scania in den
1990er-Jahren durch den Aufbau eines globalen Produktionssystem mit spezialisierten und logistisch vernetzten
Fabriken. Seine Komponentenfertigung an den europäischen Standorten konzentrierte Scania hauptsächlich in
Schweden: Die Kabinenfertigung im niederländischen
Meppel wurde nach Oskarshamn, die Motor- und Achsenproduktion samt Forschung und Entwicklung von Zwolle
nach Södertälje und Falun verlegt. Im Gegenzug erweiterte
Scania Nederland B.V. die Fabrikkapazitäten in Zwolle, seit
1989 zentraler Standort für die Endmontage von Lastwa­
gen. Weil die arbeitsintensive Karosseriemontage die
Ausweitung der Skaleneffekte begrenzte, wurde 1991/92
im französischen Anger ein neues Montagewerk errichtet.
Nach dem gleichen Muster strukturierte Scania seine Produktionsstätten in Lateinamerika um. Von der Neuordnung
KABINENFERTIGUNG IN OSKARSHAMN
gingen wichtige Wachstumsimpulse für das Unternehmen
aus, das seit der Trennung von Saab 1995 als Scania AB
firmiert und 1996 an der Stockholmer Börse notiert wurde.
So wuchs der Absatz in den 1990er-Jahren von rund 35 000
auf 50 000 Fahrzeuge an.
Im neuen Jahrtausend baute Scania seine führende Stellung bei der Entwicklung verbrauchsarmer und umweltfreundlicher Motoren aus. 2001 präsentierte die Marke
den 12-Liter-Turbocompound mit einer neu entwickelten
Hochdruckeinspritzung, die Feinstaubemissionen stark
verringerte. Darüber hinaus gelang es den Motorenentwicklern, die seit 1989 in Stadtbussen verwendete DieselEthanol-Technik auf Lkw-Motoren zu übertragen. Der erste
schwere Lastwagen, der von einem Diesel-Ethanol-Motor
angetrieben wird und mit Biokraftstoff betankt werden
kann, debütierte auf der IA A Nutzfahrzeuge in Hannover
im September 2008.
316 D I E M A R K E N
R BAUREIHE
Nicht nur im Hinblick auf ihre Innovationsstärke erweist
sich die neue Konzernmarke als gute Investition. 2008 erreichte der Lkw- und Busabsatz von Scania mit rund 73 800
Fahrzeugen annähernd das Rekordniveau des Vorjahres.
Krisenbedingt kam es 2009 zu einem Nachfrageeinbruch.
Die Auslieferungen sanken auf 43 443 Fahrzeuge, sodass
Produktion und Kosten durch Arbeitszeitreduzierung,
Mitarbeiterschulungen und Investitionsverschiebungen
angepasst werden mussten. Die internationalen Märkte
entwickeln sich seither stark schwankend: 2011 wuchsen
die Auslieferungen um 84,4 Prozent auf 80 108 Fahrzeuge,
um 2012 wieder um 16 Prozent auf 67 000 zurückzugehen.
2014 liegen die Auslieferungen mit 82 208 leicht unter dem
Vorjahresniveau. Das Unternehmen beschäftigt 35 925
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
WERK IN SÖDERTÄLJE
Scania ist anerkanntermaßen ertragsstark und erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von 10,3 Milliarden Euro
und ein Operatives Ergebnis von 955 Millionen Euro. Der
wirtschaftliche Erfolg fußt auf innovativen Produkten wie
der 2010 präsentierten V8-Lkw-Baureihe, die mit bis zu
730 PS und einem maximalen Drehmoment von 3 500 Nm in
Sachen Kraft Weltspitze ist. Die 2011 präsentierte Euro6-Motorengeneration kombiniert technische Lösungen zur
Senkung der Emissionswerte mit bester Kraftstoffeffizienz.
Mit der Integration von Scania hat der Volkswagen Konzern
seinen Schwerpunkt im Geschäft mit schweren Nutzfahrzeugen neu gesetzt. Dem Kronjuwel der schwedischen
Industrie steht eine glänzende Zukunft bevor.
S E A T 317
Seat
SEAT BARCELONA
Als potenzieller Partner rückte Seat im Mai 1980 in den
Blick des Volkswagen Konzerns. Überraschend hatte der
Anteilseigner Fiat, seit 30 Jahren Lizenzgeber und Technologiespender für die Seat Modellpalette, die Trennung von
dem spanischen Automobilunternehmen vollzogen – mit
schwerwiegenden Folgen. Seat verlor auf einen Schlag seine
Entwicklungskapazitäten und internationalen Vertriebswege. Auch das auf Fiat-Modellen basierende Produktpro­
gramm bedurfte einer grundlegenden Erneuerung. Für einen Neuanfang benötigte Seat einen Partner mit innovativer
Produkttechnologie und Zugang zu den internationalen
Automobilmärkten. Der Volkswagen Konzern war deshalb
mehr als willkommen, als er 1981 mit Seat Verhandlungen
über eine Kooperation zur Fertigung der Polo und Derby
Modellreihen in Spanien aufnahm. Unter strategischen Gesichtspunkten ergab sich für Volkswagen die Möglichkeit,
die bislang marginale Marktposition auf dem überdurch-
schnittlich wachsenden Automobilmarkt in Westeuropa
auszubauen und zu den Wettbewerbern aufzuschließen,
bevor sich mit dem für 1984 avisierten EG-Beitritt Spaniens
die Konkurrenz verschärfen würde.
Dabei konnte Volkswagen im Falle einer Kooperation von
der größten Pkw-Absatzorganisation Spaniens profitieren,
die mehr als 1 000 Vertragshändler umfasste. Für ein
Engagement sprach auch der strategisch wichtige Zugriff
auf einen Fertigungsstandort mit relativ niedrigen Lohnkosten, der auf längere Sicht als kostengünstiges Montagewerk für den Polo genutzt werden konnte. Denn gerade in
dieser Fahrzeugklasse beeinträchtigten hohe Produktionskosten in Deutschland die preisliche Wettbewerbsfähigkeit
der Modelle auf den europäischen Volumenmärkten. Dass
die gut qualifizierte Belegschaft von Seat über eine 30-jährige Erfahrung im Automobilbau verfügte, war ein weiterer
Aktivposten.
318 D I E M A R K E N
Der am 30. September 1982 geschlossene Kooperations­
vertrag nutzte auch Audi, weil Seat im Rahmen seines
Devisenkontingents die zollfreie Einfuhr von Audi Modellen ermöglichte. Im Gegenzug vergab Volkswagen auf
Wunsch des spanischen Herstellers eine Lizenzproduktion
für die Modellreihen Passat und Santana, die im Herbst
1983 im Werk Barcelona anlief. Im Frühjahr 1984 ging im
Werk Pamplona der Polo an den Start, der in Spanien und
auf ausgewählten europäischen Märkten abgesetzt wurde.
Für beide Modelle lieferte Volkswagen Motoren, Getriebe
sowie Achs- und Lenkungsteile. Seat fertigte die Bleche im
eigenen Presswerk. Alle übrigen Teile kamen aus der lokalen Zulieferindustrie. Die Kooperation lohnte sich für beide
Seiten. Beim spanischen Hersteller wuchsen Modellpalette,
Absatz und Kapazitätsauslas­t ung, sodass die spanische
Regierung dem Volkswagen Konzern im Herbst 1984 die
Übernahme von Seat antrug. Auch die Wolfsburger zogen
eine insgesamt positive Bilanz. Durch den Vertrieb über
die Seat Händler hatten sie ihren Zugang zum spanischen
Markt und die dortige Präsenz der Marken Volkswagen
und Audi erheblich verbessert. Zudem stellte die Fertigung
im Werk Pamplona in Aussicht, den Polo kostengünstiger
als in Wolfsburg zu bauen. Um dieses Standortpotenzial
auszuschöpfen und die Marke Seat für den internationalen
Wettbewerb zu wappnen, war nach Einschätzung von
Volkswagen die finanzielle Konsolidierung des Unternehmens, eine Straffung der Produktpalette, die Modernisierung der Fertigungsanlagen und der Aufbau einer europäischen Vertriebsorganisation erforderlich. Die von Seat
bereits unternommenen Anstrengungen auf diesem Gebiet
stimmten optimistisch.
SEAT 600
Mit dem Erwerb von zunächst 51 Prozent der Aktienanteile
übernahm die Volkswagen Aktiengesellschaft am 18. Juni
1986 die industrielle Führung des staatlichen Automobilherstellers mit rund 23 600 Beschäftigten, die in den Werken Barcelona und Pamplona, im Forschungs- und Entwicklungszentrum in Martorell oder in der Getriebefertigung in
Prat de Llobregat arbeiteten. Seat wurde als eigenständige
Marke in den Volkswagen Konzern integriert, der Ende
1986 seine Anteile auf 75 Prozent aufstockte.
Für den spanischen Automobilhersteller öffnete sich damit
ein neues Kapitel in der Geschichte, die 36 Jahre zuvor unter dem Regime von General Franco als staatliches Industrialisierungs- und Motorisierungsprojekt begonnen hatte. In
beiderlei Hinsicht glich Spanien einem Entwicklungsland,
als am 8. Mai 1950 die Sociedad Española de Automóviles de
Turismo S.A. (Seat) gegründet wurde. Die Institución Nacio­
S E A T 319
nal Industria (INI) und ein Bankenkonsortium hielten 93
Prozent der Gesellschaftsanteile; sieben Prozent übernahm
der italienische Automobilkonzern Fiat S.p.A., nachdem
er mit der INI im Oktober 1948 einen Lizenzvertrag zur
Fertigung von Fiat -Modellen in Spanien geschlossen hatte.
Bis 1984 lieferte Fiat für alle fortan gebauten Fahrzeuge
der Marke Seat die Modellvorlagen, die für den heimischen
Markt mehr oder weniger modifiziert und dem Kundengeschmack angepasst wurden. Den Anfang machte der Seat
1400. Sein Produktionsanlauf am 5. Juni 1953 gab den
stolzen Anlass zur offiziellen Eröffnung der in Barcelona
errichteten Seat Fabrik, in der 1954 rund 1 000 Mitarbeiter
5 400 Wagen bauten.
Nach der schwierigen Startphase erfüllten sich die mit dem
Aufbau einer nationalen Automobilindustrie verknüpften
Erwartungen des Franco-Regimes. Seat gab sowohl der
wirtschaftlichen Entwicklung des Landes als auch der
Breitenmotorisierung wichtige Impulse. Mit technischer
und finanzieller Unterstützung des Unternehmens und angetrieben durch die spanischen Fabriken von Renault und
Citroën entstand in wenigen Jahren eine Zulieferindustrie,
die Seat bis 1957 unabhängig von ausländischen Herstellern machte. Am 27. Juni des Jahres rollte schließlich der
Seat 600 vom Band, das erste spanische Volksautomobil mit
einer vollwertigen Karosserie, das den bis dahin äußerst populären, von der Autonacional, S.A. gebauten Kleinst­w agen
Biscuter von den Straßen verdrängte. Mit seinen beiden
Nachfolgern erreichte der Seat 600 bis zur Produktions­
einstellung im Jahr 1973 die Stückzahl von rund 800 000
verkauften Exemplaren.
SEAT 600 VOR DER VERSCHIFFUNG
Mit der Ausfuhr von 150 Fahrzeugen dieses Typs nach
Kolumbien stieg Seat 1965 in das Exportgeschäft ein, das
durch die vertraglichen Vereinbarungen mit Fiat starken
Einschränkungen unterworfen war. Erst der 1967 neu ausgehandelte Lizenzvertrag mit dem italienischen Hersteller,
der im gleichen Jahr den Wachstumskurs von Seat mit
einer Aufstockung seiner Anteile auf 37 Prozent begleitete,
lockerte weitgehend die Exportfesseln. Nach Kolumbien
fasste Seat in Argentinien, Marokko, Griechenland und
Finnland Fuß, wo der Seat 600 D zwischen 1970 und 1973
das meist verkaufte Auto war. Obwohl die Franco-Regierung
den Inlandsmarkt durch hohe Importsteuern abzuschotten
320 D I E M A R K E N
CENTRO TECHNICO IN MARTORELL
versuchte, verschärfte sich in den 1970er-Jahren der Wett­
bewerb durch die US-Automobilkonzerne. Sowohl Ford
als auch Chrysler errichteten in Spanien eigene Montagewerke. Unter diesen Vorzeichen offenbarte die dirigistische
Wirtschaftspolitik letztlich ihre Schwächen, bevor sie nach
dem Tod Francos im November 1975 einem stärker marktwirtschaftlich orientierten Kurs wich. Auf Anweisung der
spanischen Regierung übernahm Seat 1975 das in Pamplona
gelegene AUTHI-Werk des Herstellers British Leyland, um
die aus der beabsichtigten Schließung resultierenden sozialen Probleme zu vermeiden.
Die verordnete Kapazitätserweiterung, Produktivitätsdefizite in der Fertigung sowie die erheblichen Investitionen
für die Errichtung des Centro Technico im Industriepark
Martorell führten Seat 1977 in die Verlustzone. Die roten
Zahlen und eigene Absatzprobleme mögen Fiat dazu
bewogen haben, den 1979 unterzeichneten Übernahme-
vertrag platzen zu lassen. Der unerwartete Rückzug des
italienischen Herstellers 1980, dem ein Absatzeinbruch
auf 200 000 Fahrzeuge folgte, katapultierte Seat endgültig
in die Krise. Das 1981 gestartete Restrukturierungsprogramm setzte den Rahmen für die beginnende Automatisierung in den Werken Barcelona und Pamplona sowie für
einen erheblichen Personalabbau. Bis 1984 schrumpfte die
Seat Belegschaft um ein Viertel auf rund 23 600 Beschäftigte. Im gleichen Jahr erschien das erste eigenständige
Modell der Marke: der Seat Ibiza, für den Giorgio Giugiaro
das Design, Karmann den Prototypen und Porsche den
Motor geliefert hatte. Ergänzt wurde die Produktpalette
durch den Kleinwagen Marbella und die auf Basis des Leon
gefertigte Stufenhecklimousine Malaga.
Unter dem Dach des Volkswagen Konzerns nahm die spanische Marke eine vielversprechende Entwicklung, die den
Erwartungen beider Seiten Rechnung trug. Bis 1990 wuchs
die Seat Produktion um mehr als die Hälfte auf 361 629
Fahrzeuge, während in Pamplona die 1986 durch eine
Kapazitätsverlagerung aus Wolfsburg ausgeweitete Polo
Fertigung um ein Drittel auf 143 750 Wagen anstieg. In Spanien baute Seat seinen Marktanteil von 12 auf 20 Prozent
aus und verhalf auch dem Volkswagen Konzern durch den
Vertrieb des Polo sowie der importierten Volkswagen und
Audi Modelle zu einer soliden Wettbewerbsposition. Gleichermaßen erfolgreich betätigte sich Seat auf den europäischen Volumenmärkten. Zwischen 1986 und 1990 kletterte
der Export der eigenen Modelle um fast 80 Prozent auf rund
243 000 Fahrzeuge, die hauptsächlich in Italien, Frankreich und Deutschland verkauft wurden. Spaniens größter
Automobilexporteur und Pkw-Marktführer unterstützte
damit die Volumenstrategie des Volkswagen Konzerns und
dessen 1985 errungene Führungsposition in Europa.
S E A T 321
Der Wachstumskurs bei steigender Produktivität führte
die spanische Marke bereits 1988 in die Gewinnzone. Zur
Verstetigung dieses Erfolgs legte die Wolfsburger Mutter
ein umfangreiches Investitionsprogramm auf. In den
kommenden fünf Jahren flossen mehrere Milliarden DM
in die Errichtung einer Montagefabrik am Standort Martorell und in die Modernisierung der übrigen Werke, in den
Ausbau des Forschungs- und Entwicklungszentrums sowie
in die Entwicklung einer neuen Modellpalette. Mit dem im
Mai 1991 präsentierten Toledo, dem ersten Typ einer mit
Produkttechnologie des Volkswagen Konzerns ausgestatteten Fahrzeuggeneration, unternahm Seat den Vorstoß in
die wettbewerbsintensive Mittelklasse. Ihm folgten 1993
der neue Ibiza und die Stufenhecklimousine Cordoba.
Gefertigt wurden beide Modelle im Werk Martorell, eine
schlanke, mit Zulieferbetrieben vernetzte Fabrik, die über
eine Tageskapazität von 1 500 Wagen verfügte und mit einer
Durchlaufzeit von weniger als 20 Stunden für ein komplettes
Fahrzeug den Produktivitätsmaßstab innerhalb des konzernweiten Produktionsverbunds neu definierte.
Doch kamen Produkt- und Produktionsfortschritte offenbar zu spät. Unter der Wucht der sich 1993 zuspitzenden
Weltwirtschaftskrise, die zu massiven Absatzverlusten
führte, brach das durch hohe Investitionen für den Fabrik­
aufbau und die Modellanläufe belastete Finanzgefüge der
spanischen Konzerntochter zusammen. Mit einem Kapital­
schnitt im April 1994 glich die Volkswagen Aktiengesellschaft die Verluste aus und stellte die Weichen für einen
finanziellen Neuanfang. Doch die hohen Finanzierungs­
kosten für die Fabrik Martorell bei zugleich knapper Eigenkapitalausstattung erforderten auch in den kommenden
Jahren Unterstützungsleistungen aus Wolfsburg.
IBIZA
In der Rezession waren die schwelenden strukturellen
Kostenprobleme, die den Seat Absatz im verschärften
Preiswettbewerb auf den europäischen Volumenmärkten
limitierten, scharf hervorgetreten. Die Konsolidierungsstrategie griff tief in die Fabrikstrukturen des spanischen
Unternehmens ein. Die Marke Volkswagen übernahm im
Dezember 1993 das mit der Polo Produktion belegte Werk
Pamplona. Die Produktion des Toledo wurde im Herbst 1994
von Barcelona nach Martorell verlagert. Das ursprüngliche
Seat Werk Zona Franca konzentrierte sich nach Einstellung
der Marbella Kleinserie Anfang 1999 auf die Herstellung
und Zulieferung von Komponenten für die Produktion in
322 D I E M A R K E N
WERK MARTORELL
Martorell und anderen Konzernfabriken. Bis Ende 1994
verringerte sich die Seat Belegschaft um ein Drittel auf
15 383 Mitarbeiter, während erste arbeitsorganisatorische
Refor­men griffen. Im Zuge der Abflachung von Hierarchien
reduzierte sich die Anzahl der Managementpositionen
um mehr als die Hälfte; der neue Tarifvertrag schrieb eine
Flexibili­sierung der Arbeitszeiten fest. Darüber hinaus
trieb Seat im Werk Martorell die Entwicklung zur modularen Fabrik voran und nutzte die Rationalisierungspotenziale der Konzernplattformen zur Erweiterung der
Produktpalette. Auf technischer Basis des Polo entwickelt,
gingen 1995 in Martorell der Stadtlieferwagen Inca sowie
die zweite Caddy Generation in Serie. Im gleichen Jahr präsentierte Seat mit dem Alhambra eine Großraumlimousine,
die im Rahmen eines Joint Ventures von Volkswagen und
Ford in Portugal gebaut wurde.
1996 betrat Seat wieder die Gewinnzone und steigerte den
Ertrag bis zum Jahr 2001 von 63 Millionen DM auf 233 Millionen Euro. In dieser Phase befand sich das Unternehmen
in einem permanenten Aufwärtstrend. Davon profitierte
auch der Volkswagen Konzern, der 1998 mit einem Marktanteil von 23,4 Prozent zum Marktführer in Spanien aufstieg. Zwischen 1996 und 2000 wuchs der Absatz von knapp
340 000 auf rund 520 000 Fahrzeuge an, wovon zwei Drittel
in den Export gingen. Hinzu kamen 90 000 Volkswagen
Polo und Caddy, die neben den Seat Modellen Arosa, Ibiza,
Cordoba, Leon, Toledo und Inca im Werk Martorell gefertigt
wurden. In Spanien erzielte Seat im Jahr 2000 mit 174 179
verkauften Fahrzeugen ein gutes Ergebnis und schob sich
mit einem Marktanteil von gut 12 Prozent auf Platz zwei
der Zulassungsstatistik vor. Danach fiel der Absatz und pendelte bis 2004 um 450 000 Fahrzeuge. Die Geschäftsjahre
2005 und 2006 schloss Seat mit einer negativen Bilanz.
Den Kostenproblemen begegnete die Unternehmensleitung
mit kontinuierlichen Verbesserungen der Arbeitsorganisation und den daraus geschöpften Produktivitätsgewinnen,
sodass Seat 2007 bei nahezu unveränderten Verkaufszahlen
wieder ein positives Ergebnis erzielte. Zu einer Beschleunigung der Prozesse am Standort Martorell trug das im
Januar 2007 in Betrieb genommene Centro de Protitipos
de Desarrollo (GPD) ebenso bei wie das im Oktober eröffnete Design Center. Dessen funktionale Organisation und
technische Ausstattung bieten den rund 100 Mitarbeitern
effiziente Bedingungen, ihre Kreativität in praxistaugliche
Mobilitätskonzepte zu verwandeln. Als direktes Verbindungsglied zwischen Entwicklung und Serienproduktion
bündelt das GPD die Funktionen des Prototypenbaus, des
Modellbaus, der Pilothalle und der Serienanalyse unter
S E A T 323
QUALITÄTSKONTROLLE BEIM SEAT TOLEDO
IM WERK MARTORELL
einem Dach. Durch die organisatorische Neuordnung der
Produktentstehung hat Seat die Weichen für Produktivitätsfortschritte gestellt und beschleunigte modellpolitische
Innovationen. Diese zielen auf Energie sparende Modelle,
wie den Ibiza Ecomotive, und andererseits auf die Besetzung neuer Marktsegmente ab. Den Einstieg in die Mittelklasse vollzog Seat Ende 2008 mit dem Produktionsanlauf
des Exeo, einer auf dem Audi A4 basierenden Limousine.
Die Finanz- und Staatsschuldenkrise wuchs sich auf der
iberischen Halbinsel zu einer tiefen allgemeinen Wirtschaftskrise aus. Diesem Umstand konnte sich der spanische Hersteller mit einem Absatzschwerpunkt auf dem
Heimatmarkt nicht entziehen. Die Auslieferung an Kunden sank zwischen 2007 und 2012 von 431 000 auf den
Tiefststand von 321 000 Fahrzeugen. Die wirtschaftlich
SEAT LEON
krisenhafte Umgebung fand in einer seit 2008 negativen
Ergebnisbilanz ihren Ausdruck. Die zwischenzeitliche Erholung wurde auch durch den Start neuer Produkte wie der
neuen Leon Generation sowie dem als Zwei- und Viertürer
lieferbaren Kleinwagen Mii gestützt. Seat will auch seinerseits zum Turnaround beitragen, indem das neue minimalistische Designkonzept umgesetzt wird, um vor allem
auch junge Kundengruppen anzusprechen. Mit der 2012
erfolgten Einführung des Leon auf dem chinesischen Markt
will das spanische Unternehmen aus dem dortigen Wachstum zusätzliche Kraft gewinnen. Schließlich rechnet die
Marke mit Einspareffekten und Produktivitätssteigerungen
durch die mit dem Leon begonnene Umsetzung der Strategie des Modularen Querbaukastens. Der Absatz steigt mit
394 860 Fahrzeugen im Jahr 2014 wieder an.
324 D I E M A R K E N
Škoda
Die Öffnung des Eisernen Vorhangs leitete 1989 eine
grundlegende gesellschaftliche und ökonomische Trans­
formation ein. Für den Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft schien die Tschechoslowakei mit einer relativ
hoch entwickelten Industrie am Besten gewappnet. Aus
Sicht des Volkswagen Konzerns eröffnete sich dadurch im
Nachbarland nicht nur ein viel versprechender Absatzmarkt. Mit dem tschechischen Automobilhersteller Škoda
bot sich auch ein Kooperationspartner für den Sprung in
die Zukunftsmärkte Osteuropas an. Die Gründe für ein
Engagement beim Staatsunternehmen aus Mladá Boleslav
waren vielfältig und gewichtig. Škoda verfügte über eine
traditionsreiche Marke, die gerade in den ehemaligen
Ostblockstaaten einen großen Bekanntheitsgrad besaß
und hohe Absatzzahlen erreichte. Darüber hinaus lieferte
der tschechische Hersteller bereits Fahrzeuge nach West­
europa, und Volkswagen erwartete, dass Škoda seine
Position durch Nachbesserungen an der Modellpalette
noch ausbauen konnte. Mit den Werken in Mladá Boleslav,
Vrchlabí und Kvasiny verfügte das Unternehmen über
kostengünstige, für die 1987 angelaufene Produktion des
Favorit modernisierte Fertigungsstrukturen, deren Kapazitäten sich problemlos erhöhen ließen. In Kombination
mit der gut ausgebildeten und flexiblen Belegschaft brachte
Škoda nach Einschätzung von Volkswagen alle Voraussetzungen mit, um rasch ein wettbewerbsfähiges Mitglied des
Volkswagen Konzerns zu werden.
Bei der wirtschaftsliberalen Regierung in Prag stieß die
Interessenbekundung des Wolfsburger Unternehmens
auf große Resonanz, hatte sie doch 1990 die Überführung
staatseigener Unternehmen in Privateigentum eingeleitet.
UNTERZEICHNUNG DES JOINT-VENTURE-VERTRAGS
ZWISCHEN VOLKSWAGEN UND ŠKODA
Auch für das industrielle Aushängeschild Tschechiens,
einen der größten Devisenbringer des Landes, wurde ein
strategischer Partner gesucht. Selbstbewusst trat die tschechoslowakische Regierung in den Verhandlungen mit interessierten Herstellern auf und forderte eine klare Zusage
für das Fortbestehen und die Weiterentwicklung von Škoda.
Dieses Anliegen griff Volkswagen auf, deckte es sich doch
mit den eigenen Plänen für eine zukünftige Positionierung
der neuen Marke. Zudem signalisierte Wolfsburg große
Investitionsbereitschaft. Insgesamt neun Milliarden DM
sollten binnen fünf Jahren in die Modernisierung der Produktionsanlagen und die Ausweitung der Kapazitäten auf
ein Jahresvolumen von 400 000 Fahrzeugen fließen. Von
hohem symbolischem Wert war darüber hinaus die Zusage,
Škoda als vierte Marke mit einer eigenen Modellpalette in
den Volkswagen Konzern zu integrieren. Gleichberechtigt
Š K O D A 325
mit den anderen Marken sollte der tschechische Automobilbauer dann von Synergieeffekten und Kostenvorteilen des
weltweiten Beschaffungs- und Produktionsverbunds profitieren können. Am 9. Dezember 1990 erhielt Volkswagen
aus Prag grünes Licht für den Einstieg bei Škoda. Der am
28. März 1991 geschlossene Joint-Venture-Vertrag zurrte
die vereinbarten Eckpunkte der Partnerschaft fest. Daraufhin erwarb die Volkswagen Aktiengesellschaft am 16. April
1991 in einem ersten Schritt 31 Prozent der Aktien an der
Škoda, automobilová a.s. und übernahm fortan die unternehmerische Kontrolle über die neue Tochter.
Die Tradition des Automobilbaus unter dem Signet mit dem
geflügelten Pfeil reicht ins vorletzte Jahrhundert zurück.
1895 gründeten der Mechaniker Václav Laurin und der
Buchhändler Václav Klement die Firma Laurin & Klement,
die zunächst Fahrräder herstellte und 1905 mit der Fertigung
der Voiturette A in die Automobilproduktion einstieg. Durch
die Fusion mit dem Mischkonzern Škoda aus Pilsen entstand
1925 ein neuer, international agierender Automobilhersteller.
Die im Unternehmen gebündelte Kompetenz und Finanzkraft war beachtlich: Die Firma in Mladá Boleslav brachte
ein hohes Maß an Ingenieurs- und Handwerkskunst ein und
verfügte bereits über eine langjährige Erfahrung im Automobilbau. Škoda, ein in die Sparten Energie-, Transportund Lebensmittelindustrie gegliedertes Unternehmen,
besaß im Gegenzug, was Laurin & Klement fehlte: Kapital
und Niederlassungen in der ganzen Welt.
Die Ergebnisse des Zusammenschlusses waren ab 1926 im
Werk in Mladá Boleslav greifbar. Neue Produktionsanlagen
entstanden, in denen in Fließbandfertigung eine Modellpalette hergestellt wurde, die vom Kleinwagen Typ 110 bis
VOITURETTE A VON LAURIN & KLEMENT
ŠKODA WERK IN MLADÁ BOLESLAV
326 D I E M A R K E N
POPULAR
zur Nobelkarosse Typ 350 reichte und alle Fahrzeugklassen
abdeckte. Dem wachsenden Erfolg dieser Sparte Rechnung
tragend, lagerte Škoda den Automobilbau 1930 in eine eigene Tochtergesellschaft aus. Die anschließenden Krisenjahre vermochte das Unternehmen durch die Einführung vier
neuer Modellreihen hinter sich zu lassen. Popular, Rapid,
Favorit und Superb standen gleichermaßen für Innovationen im Fahrzeugbau und in der Produktionstechnik.
Der Popular, mit Stahlrohrrahmen, Transaxle-Bauweise
und Einzelradaufhängung ein technisch fortschrittliches
Fahrzeug, wurde bald zum tschechischen Gegenstück zum
Volkswagen, während Rapid und Favorit neue Maßstäbe in
der Mittelklasse setzten. Mit dem extravaganten und leistungsstarken Superb konnte Škoda zudem ein glänzendes
Aushängeschild in der Luxusklasse vorweisen. Die Absatzzahlen belohnten diese mutigen und zugleich wirtschaft­
lichen Konstruktionen: 1936 erlangte Škoda die Marktführerschaft in der Tschechoslowakei, und auch der Export
trug in steigendem Maße zum Unternehmenserfolg bei.
ENDMONTAGE IN MLADÁ BOLESLAV
Der 1939 beginnende Zweite Weltkrieg setzte eine jähe Zäsur in der Unternehmensentwicklung. Den Reichswerken
Hermann Göring zugeschlagen, rückte die zivile Fahrzeugfertigung in den Hintergrund. Stattdessen wurde Škoda in
die Kriegswirtschaft eingebunden und produzierte bis 1945
Flugzeugteile, Munition sowie Lkw.
Die Nachkriegsordnung gliederte die Tschechoslowakei
in den sowjetischen Machtbereich ein. Ein konsequenter
Umbau der Wirtschaft mit einer weitreichenden Verstaatlichung von Unternehmen begann, in deren Folge der Škoda
Konzern 1946 aufgelöst und in verschiedene volkseigene
Kombinate überführt wurde. Von der Automobilsparte blieben lediglich die Fabrik in Mladá Boleslav und die Marke
Škoda bestehen. Allerdings eröffnete sich auch unter planwirtschaftlichen Vorzeichen eine Perspektive. Die kommunistische Regierung hatte sich die Breitenmotorisierung auf
die Fahnen geschrieben und war somit am Fortbestehen des
Škoda Werks interessiert. Durch die Ende der 1940er-Jahre
Š K O D A 327
1000 MB
erfolgte Eingliederung der Werke Vrchlabí und Kvasiny
wuchsen die Kapazitäten wieder, sodass die neuen Modellreihen um 1955 in hohen Stückzahlen produziert werden
konnten. Mit dem ebenso formschönen wie verbrauchsarmen
Škoda 440 und seinen Derivaten fand das Unternehmen
zurück auf die Erfolgsspur. Die Limousine Octavia und das
Felicia Cabriolet wurden Exportschlager. Die daraus erzielten Erträge flossen zurück nach Mladá Boleslav, wo um
1960 der Aufbau moderner Produktionsanlagen begann.
Knapp 460 000 Exemplare des Škoda 1000 MB mit Heckmotor liefen hier von 1964 bis 1969 vom Band, von denen mehr
als die Hälfte im Ausland abgesetzt werden konnte.
In den anbrechenden 1970er-Jahren streute die Planwirtschaft zunehmend Sand ins Getriebe des tschechischen
Vorzeigebetriebes. Die Exportzahlen bröckelten, da aufgrund fehlender finanzieller Mittel eine Modernisierung
der Modellpalette und Werke ausblieb. So basierten selbst
die in den 1980er-Jahren vertriebenen Fahrzeuge im We-
FELICIA
sentlichen noch auf dem inzwischen veralteten Konzept des
1000 MB. Um dem schleichenden Verfall der Wettbewerbsfähigkeit Einhalt zu gebieten, suchte Škoda nach einem neuen
Ideengeber und fand ihn im italienischen Designer Nuccio
Bertone. Dessen Entwurf war 1987 bis zur Serienreife gediehen und lief unter dem Namen Favorit vom Band. Der
rasante gesellschaftliche Wandel, den die „Samtene Revolution“ in der Tschechoslowakei im November 1989 auslöste,
führte Škoda 1991 in die Partnerschaft mit dem Volkswagen
Konzern. Die Investitionen und das Know-how aus Wolfsburg wurden dringend benötigt, um auf den dramatischen
Einbruch der osteuropäischen Automobilmärkte reagieren
zu können. Ein Verlust, der vorerst nur durch ein verstärktes
Engagement in West- und Südeuropa zu kompensieren war.
Um hier langfristig bestehen zu können, musste sich die Wettbewerbsfähigkeit deutlich verbessern. Der mit diesem Ziel
einsetzende Transformationsprozess dauerte bis Mitte der
1990er-Jahre an. Durch Rationalisierungsmaßnahmen ver­
doppelte sich die Produktivität, ohne einen drastischen Beleg­
328 D I E M A R K E N
WERK MLADÁ BOLESLAV
schaftsabbau auszulösen. Die Einbeziehung Škodas in den
Lieferverbund des Konzerns brachte zusätzliche Kostenvorteile
und erstmals positive Jahresergebnisse. Mit dem Aufbau
eigener Vertriebsgesellschaften in Deutschland, Polen, der
Slowakei und Bosnien-Herzegowina sowie dem Ausbau des
Händlernetzes rückte Škoda zudem näher an die Kunden.
Ein erstes Zeichen für die geglückte Integration in den
Wolfsburger Konzern setzte der 1994 vorgestellte Felicia.
Das gemeinschaftlich entwickelte Fahrzeug stand den
Volkswagen in Sachen Qualität und Technik in Nichts nach
und fand international Anklang. Wegen der anhaltenden
Rezession in Osteuropa erschien die 1990 avisierte Kapazitätserweiterung auf 400 000 Fahrzeuge pro Jahr gleichwohl unrealistisch, weshalb Volkswagen das Entwicklungstempo
verlangsamte. Der im Dezember 1994 geänderte Rahmenvertrag mit der tschechischen Regierung als dem Hauptanteilseigner von Škoda reduzierte das Investitionsvolumen
auf insgesamt 3,8 Milliarden DM und die angestrebte
OCTAVIA
Fertigungsmenge auf 340 000 Fahrzeuge jährlich. Davon
unbenommen, erhöhte Volkswagen durch die Einbringung
von 780 Millionen DM seinen Aktienanteil bis 1995 auf
insgesamt 70 Prozent. Am 30. Mai 2000 erwarb das Wolfsburger Unternehmen von der tschechischen Regierung das
restliche Aktienpaket und machte Škoda damit zu einer
hundertprozentigen Tochterunternehmung.
Seit 1996 zahlten sich die in den Vorjahren vorgenommenen
Weichenstellungen aus. Der neue Octavia symbolisierte
für Škoda nicht nur die gelungene Erweiterung der Modellpalette, sondern auch den Beginn einer neuen Ära der
Pro­duktionstechnik und -organisation. Die neuen Ferti­
gungs­a nlagen in Mladá Boleslav setzten zwei wesentliche
Strategien des Volkswagen Konzerns beinahe idealtypisch
um. Mit der gezielten Unterstützung der lokalen Zulieferindustrie war rings um Mladá Boleslav die notwendige
industrielle Infrastruktur vorhanden, um zu einer schlanken modularen Produktion überzugehen. Darüber hinaus
Š K O D A 329
FERTIGUNG IN DER TSCHECHISCHEN REPUBLIK
Von diesem frühen Engagement profitieren inzwischen
auch andere Konzernmarken. Im indischen Škoda Werk
rollten 2008 auch der Passat und Jetta sowie der Audi A4
und A6 vom Band. Weitere Synergieeffekte erzeugt der
Fertigungsverbund in Indien, der im März 2009 durch
das neue Volkswagen Werk Pune, in dem neben dem Polo
der Škoda Fabia gebaut wird, seine Erweiterung fand.
Darüber hinaus erfolgte in China in Anting, Yizheng und
Ningbo die Fertigungsaufnahme. Insgesamt beschäftigt
das tschechische Unternehmen 2014 fast 25 890 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
garantierte die technische Verankerung des Octavia auf
der konzerneinheitlichen Fahrzeugplattform eine hohe
Qualität und weitere Kostenersparnisse. Ein gutes PreisLeistungs-Verhältnis, hohe Fahrzeugsicherheit, innovative Technik und gelungenes Design kennzeichneten
gleichermaßen den 1999 angelaufenen Fabia und den 2001
vorgestellten Superb. Diese attraktive Modellpalette und
die Rentabilität der Standorte Mladá Boleslav, Vrchlabí und
Kvasiny boten beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche
Internationalisierung der Produktion. 2001 nahm Škoda
ein Montagewerk in Aurangabad (Indien) in Betrieb. 2003
lief die Fertigung in Solomonowo (Ukraine), 2005 in UstKamenogorsk (Kasachstan) an, wobei die Fabriken im Rahmen einer Kooperation betrieben werden. Zudem hält das
tschechische Unternehmen eine Beteiligung an der OOO
Volkswagen Group Rus, die im Werk Kaluga seit November
2007 Fahrzeuge mit geflügeltem Pfeil montiert. Damit
übernahm Škoda eine Vorreiterrolle bei der Erschließung
wachstumsstarker Zukunftsmärkte in Asien und Osteuropa.
Durch die Erweiterung des Produktangebots um den SUV
Yeti, den Kleinwagen Citigo und die zunächst in Indien
gefertigte Kompaktlimousine Rapid können die Auslieferungen an Kunden 2014 auf 1,05 Millionen Fahrzeuge gesteigert werden, wobei die Fertigungen in Russland, Indien
und China erheblich zum Absatzwachstum beitragen. Der
Umsatz beläuft sich auf 11,7 Milliarden Euro, das Operative
Ergebnis immerhin auf 817 Millionen Euro. Die traditionsreiche, innovative und ertragsstarke Marke aus Tschechien
ist heute ein unverzichtbarer Teil des Volkswagen Konzerns.
330 D I E M A R K E N
Volkswagen Financial Services
Unter den absatzfördernden Instrumenten des
Volkswagen Konzerns kam den Finanzdienstleistungen
Anfang der 1990er-Jahre zentrale Bedeutung zu. Nach
der 1992 erfolgten Zusammenführung von Leasing und
Bank in der Volkswagen Finanz GmbH stand zum 1. Januar 1994 eine weitere strategische Neuordnung an. Alle
in Europa tätigen Finanzdienstleistungsunternehmen
des Konzerns wurden rechtlich ausgegliedert und unter
dem Dach der in Volkswagen Financial Services AG (V WFS)
umbenannten Holding zusammengefasst. Dass bis Jahresende zwei weitere Finanzdienstleistungstöchter hinzukamen, unterstrich die internationale Ausrichtung des
entstandenen Finanzkonzerns. Durch die Trennung der
Finanzdienstleistungen vom Unternehmensbereich Automobile konnten die verschiedenen Geschäftszweige präziser
gesteuert und verschiedene Risiken exakter erfasst werden.
Der Know-how-Transfer sowie die Vereinheitlichung der
Angebote und Marketingstrategien ließen außerdem eine
Steigerung der Ertragskraft erwarten. 1994 war die V WFS
mit 2 236 Beschäftigten in sieben europäischen Ländern
mit Finanzierungs- und Leasingangeboten vertreten,
namentlich in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Tschechien, in der Slowakischen Republik und in
Großbritannien. Von 663 000 Kundenfinanzierungen und
437 000 verleasten Fahrzeugen entfielen drei Viertel auf
Deutschland. Im April 1999 etablierte die V WFS ihr drittes
Geschäftsfeld neben Automobilfinanzierung und Leasing,
als sie die Volkswagen Versicherungsdienst GmbH (V VD)
übernahm, die ebenso wie die beiden anderen Unternehmenszweige auf eine lange und erfolgreiche Geschichte
zurückblicken konnte.
Der V VD wurde am 10. Februar 1948 durch notariellen
Abschluss eines Gesellschaftervertrages gegründet und am
28. Februar 1948 ins Handelsregister beim Amtsgericht
Fallersleben eingetragen. Bis dahin hatte die unter britischem Befehl stehende Volkswagenwerk GmbH fast ausschließlich für die Alliierten produziert. Nach der Währungsreform wurde der militärische Bedarf an Transportmitteln
durch die rasch expandierende Nachfrage der Privatkunden
ersetzt. In Absprache mit der Volkswagen Organisation
schnürte der V VD, dessen Anteile im Oktober 1949 auf den
Gesellschafter Christian Holler übertragen wurden, ein
preisgünstiges Kfz-Versicherungspaket, das im Laufe der
Jahre angereichert und über kontinuierlich geschulte
Mitarbeiter der Volkswagen Händler vertrieben wurde. Der
auf Kundenbindung abgestellte Leistungskatalog und der
Service waren ausschlaggebend dafür, dass der V VD im Sog
des Käfer-Booms rasch expandierte. Bereits 1961 fertigte
der V VD die fünfhunderttausendste Police aus, beschäftigte
323 Mitarbeiter und verfügte über einen funktionierenden
Außendienst mit landesweit zwölf Filialen sowie über Auslandsniederlassungen in Österreich, Italien und in den
Niederlanden. Zwei weitere Tochterunternehmen wurden
1962 in Großbritannien und Frankreich gegründet. Im
gleichen Jahr erweiterte der V VD seine Produktpalette um
den Europa-Schadendienst, nachdem er mit den Importeuren die direkte Abrechnung von Kaskoschäden vereinbart
hatte. In Verbindung mit der 1972 eingeführten Schnellregulierung von Haftpflichtschäden offerierte der V VD
eine in der Versicherungswirtschaft konkurrenzlose
Dienstleistung, die den Kunden in 2 400 Partnerbetrieben
europaweit die schnelle und bargeldlose Regulierung von
Haftpflichtschäden garantierte und dem Unternehmen
zu weiterem Wachstum verhalf. Im Ranking mit über 100
V O L K S W A G E N F I N A N C I A L S E R V I C E S 331
FINANZCENTER IN BRAUNSCHWEIG
GEBÄUDE DES VVD IN WOLFSBURG
Fahrzeug-Versicherern belegte der V VD 1982 mit einem
Prämienvolumen von rund 400 Millionen DM den neunten
Rang. 1983 überschritt der Bestand an Kfz-Versicherungen
die Marke von 600 000 Verträgen, was den Stellenwert des
V VD für die Vertriebspolitik des Wolfsburger Automobilherstellers unterstrich. So stärkte etwa die 1983 eingeführte,
durch den V VD abgesicherte Gebrauchtwagen-Garantie die
Kundenbindung an die Vertragswerkstätten. Mit günstigen
Beiträgen, fast jährlichen Rückvergütungen, dem europaweiten Schadendienst und dem engmaschigen Außendienst
blieb der V VD für den Volkswagen Konzern ein wichtiges
den Verkauf förderndes Instrument, das die V WFS Ende der
1990er-Jahre in die eigene Hand nahm.
Im Unterschied zum Versicherungsgeschäft waren Auto­
mobilfinanzierungen von Anfang an Unternehmenssache.
Mit Gründung der Volkswagen Finanzierungsgesellschaft
mbH (VFG) am 30. Juni 1949 hielt der Wolfsburger Auto­
mobilhersteller noch unter britischer Regie frühzeitig ein
absatzförderndes Instrument in den Händen, das angesichts der Kaufkraftlücke in Deutschland eine wichtige
kompensatorische Funktion erfüllte. Durch die Gewährung
von Kundendarlehen finanzierte die VFG von 1950 bis 1952
durchschnittlich 13 Prozent der Inlandsverkäufe, während
die Einkaufsfinanzierung seitens der Händler zunächst
kaum in Anspruch genommen wurde. Danach nahmen die
Geschäfte im Wettbewerb mit den Banken und Sparkassen
332 D I E M A R K E N
462 000 DM auch eine Aufstockung des Eigenkapitals um
600 000 DM ermöglichte.
Kontinuierliches Wachstum in der Folgezeit trieb den Umsatz aus der Einkaufsfinanzierung 1972 über die Marke von
drei Milliarden DM; hinzu kamen 224 Millionen DM, die
mit der Kreditvergabe an über 47 000 Volkswagen Kunden
erwirtschaftet wurden. Aufgrund des erreichten Finanzierungsvolumens erfolgte zum 1. Januar 1973 die Umwandlung in eine Bank unter der Bezeichnung V W Kredit Bank
GmbH.
GROSSRAUMBÜRO DER VW KREDIT BANK
einen bisweilen wechselvollen, aber insgesamt positiven
Verlauf. 1961 schloss die VFG 24 668 Verträge mit
Volkswagen Käufern ab, mehr als doppelt so viele wie 1953.
Bei den Händlern zeichnete sich mit 2 152 Verträgen ein
parallel zu den Lagerbeständen wachsender Finanzierungsbedarf ab, der den Übergang vom durch Nachfrageüberhang gekennzeichneten Verkäufer- zum Käufermarkt
widerspiegelte. Diese Entwicklung verschob den geschäftlichen Schwerpunkt der VFG, die Lagerwagenkredite ab
1963 zunächst aus den finanziellen Mitteln der Mutter­
gesellschaft vergab. Mitte 1965 übernahm sie dieses
lu­k ra­t ive Geschäft auf eigene Rechnung und wickelte im
laufenden Jahr 345 205 Verträge ab. Dass die in Konjunkturabschwüngen anwachsenden Lagerbestände den Ertrag
steigerten, entkoppelte den Unternehmenserfolg tendenziell von der Absatzentwicklung der Volkswagenwerk AG. So
erzielte die VFG in der Rezession 1967 eines ihrer bis dahin
besten Ergebnisse, das neben einem Gewinn von rund
Die Rezession und Unternehmenskrise 1974/75 überstand
der Finanzdienstleister ohne finanzielle Einbußen. Allerdings zollte er dem gestiegenen Kostendruck durch eine
organisatorische Zusammenlegung der Bankgeschäfte
in Wolfsburg Tribut. Im Juni 1975 wurde die Ingolstädter
Tochter Audi NSU Kredit Bank GmbH auf die Muttergesellschaft fusioniert, die auch die Kunden und Händler von
Audi betreute. Dieser Kompetenzzuwachs schlug sich nach
Bildung einer gemeinsamen Volkswagen und Audi Vertriebsorganisation in der 1978 erfolgten Umbenennung
in V.A.G Kredit Bank GmbH nieder, deren Geschäftssitz
1982 nach Braunschweig verlegt wurde.
Mit wettbewerbsfähigen Kreditangeboten, effizientem Kostenmanagement und steigenden Gewinnen begleitete der
Finanzdienstleister die Volumenstrategie des Volkswagen
Konzerns in den 1980er-Jahren. In dieser Zeit verdoppelte
sich die Belegschaft nahezu – 1980 waren 202 Mitarbeiter
beschäftigt, 1989 waren es 400. Zugleich wuchs die Bilanzsumme auf knapp 4,6 Milliarden DM an, und die Kunden­
finanzierungen wurden wieder zum dominierenden Ge-
V O L K S W A G E N F I N A N C I A L S E R V I C E S 333
schäftsfeld. Nach dem Erhalt der Vollbankkonzession 1990
erfolgte mit dem Einstieg in das Einlagegeschäft und der
Einführung eines aus Master- und VISACard geschnürten
Kreditkartenpakets die Umbenennung in V.A.G Bank GmbH.
Der Start des Direktbankgeschäfts führte zu einem immensen
Wachstumsschub für das kommende Jahrzehnt und ging
mit einer organisatorischen Neustrukturierung des Finanzdienstleistungsbereichs einher. Als Filialen der V.A.G Bank
GmbH entstanden 1990 die Volkswagen und die Audi Bank,
1991 die Seat und die Škoda Bank, bevor sie zum Jahresbeginn 1992 unter dem Dach der im März 1991 gegründeten
Volkswagen Finanz GmbH die Finanzdienstleistungs- und
die Leasing-Gesellschaft zusammengeführt wurden.
V.A.G KREDIT BANK IN BRAUNSCHWEIG
Volkswagen hatte als einer der ersten deutschen Automobilhersteller den systematischen Aufbau des Leasing-Geschäfts
in Angriff genommen. Im Oktober 1966 wurde die Volkswagen
Leasing GmbH (VLG) mit Sitz in Wolfsburg gegründet, um
das Absatz fördernde Potenzial dieser aufstrebenden
Mobi­l itätsdienstleistung zu erschließen, deren Anteil am
Neu­w agenverkauf in den USA bereits zehn Prozent erreichte. Die von der Verkaufsorganisation durchgeführte
Kundenakquisition koordinierte und unterstützte das
Tochterunternehmen durch eine fortlaufende Schulung
der Händler, die Entwicklung wettbewerbsgerechter
Leasingprodukte und zentral gesteuerte Marketing- und
PR-Maßnahmen. Daneben betätigte sich die VLG seit 1968
im Investitionsgüter-Leasing, indem sie Diagnoseanlagen
und Zusatzeinrichtungen an die Vertriebspartner vermietete. Bei den Fahrzeugen richteten sich die Angebote zunächst
ausschließlich an die gewerbliche Wirtschaft und selbstständige Berufsgruppen. Zur Verstärkung der Kundenbindung und Verlängerung der Wertschöpfungskette führte
die VLG schon 1969 Komplettlösungen ein, die Verschleißreparaturen sowie Diagnose und Wartung umfassten.
Dass für diesen Service bundesweit 4 000 Betriebe von
Volkswagen, Audi und NSU zur Verfügung standen, ver­
schaffte der VLG einen Wettbewerbsvorteil gegenüber
anderen Anbietern. Darüber hinaus beflügelten der
Kostenanstieg in Deutschland und die damit verbundenen
Liquiditätseinbußen der Unternehmen die Nachfrage.
Zwischen 1969 und 1975 kletterte der Bestand an vermieteten Fahrzeugen von 4 151 auf knapp 29 000 Einheiten, der
Gewinn von rund 500 000 auf über 20 Millionen DM. Nur
327 der rund 10 000 Leasingnehmer zählten zu den Großkunden mit jeweils mehr als zehn Fahrzeugen im Einsatz,
während der Anteil der Kleinabnehmer an den Auslieferungen inzwischen auf rund 65 Prozent gewachsen war. Der dadurch bewirkte Anstieg der administrativen Kosten konnte
durch organisatorische Rationalisierungsmaßnahmen,
insbesondere durch die 1973 abgeschlossene Umstellung
334 D I E M A R K E N
auf ein EDV-gestütztes Kontroll- und Abrechnungssystem,
aufgefangen werden.
Die effiziente und schnelle Verwaltung zahlte sich aus, als
die VLG das Leasing-Geschäft im Mai 1977 für private
Kunden öffnete. Nach einer gezielten Werbekampagne
stellten sie 1980 immerhin rund 13 Prozent der Abnehmer.
Der ausgebaute Leistungskatalog schloss seit 1975 die KfzSteuer und -Versicherungen sowie die Vorfinanzierung der
Unfallkosten und die Schadensabwicklung ein. Hinzu kam
der 1978 begründete Europa-Service, der für alle Kunden
einen einheitlichen und bargeldlosen Service in 15 euro­
päischen Ländern gewährleistete.
Mit zielgruppenorientierten Angeboten und variablen Konditionen für Großkunden blieb die 1982 nach Braunschweig
verlegte V.A.G Leasing GmbH auf Erfolgskurs. Trotz eines
enorm ansteigenden Wettbewerbsdrucks konnte sie die seit
1968 besetzte Führungsposition auf dem Pkw-Leasing-Markt
auch in den 1980er-Jahren behaupten. Mit 432 Mitarbeitern
und einem Bestand von 349 000 Fahrzeugen ging das Unter­
nehmen zum Jahreswechsel 1992 in die Finanzholding
ein, wobei die Zusammenführung mit der Bank günstige
Refinanzierungsmöglichkeiten eröffnete.
Mit einem umfangreichen Angebot an Bank-, Leasing- und
Versicherungsleistungen entwickelte sich die V WFS zu
einem internationalen Unternehmen. Der auf die Weltwirtschaftskrise 1993 folgende konjunkturelle Aufschwung
schuf günstige Voraussetzungen für das angestrebte weltweite Wachstum der V WFS, die 1996 Verantwortung für die
Finanzdienstleistungen des Konzerns in der Region AsienPazifik übernahm. Dort entstanden bis 2003 Tochterunter­
nehmen in China, Japan, Thailand, Australien, Taiwan
und Singapur, letzteres mit der Funktion, die Aktivitäten
im asiatisch-pazifischen Raum zu steuern. Die bereits 1996
eröffnete Repräsentanz in Peking erhielt 2004 die Geschäftslizenz und nahm daraufhin als erster europäischer
Finanzdienstleister in China die Tätigkeit auf. Der zweite
Internationalisierungspfad führte die V WFS auf die von ihr
noch unerschlossenen europäischen Wachstumsmärkte
und folgte dem Prinzip: „Financial Services follows automotive“. In Polen gründete sie 1996/97 ein Leasingunternehmen und eine Bank, in der Türkei 1999 mit dem dortigen
Importeur eine Finanzierungsgesell­s chaft und in Moskau
2003 die Volkswagen Group Finance OOO. Darüber hinaus
war die V WFS über Kooperationsverträge mit den Finanzdienstleistern des Volkswagen Konzerns in Nord- und Südamerika verbunden und leistete strategische Beratung.
International wurde auch die Volkswagen Bank, die sich
bis 2001 mit Filialen in Belgien, Irland, Spanien und Italien
zu einer europäischen Bank entwickelte. Mit einem Einlagevolumen von 4,5 Milliarden DM stieg sie zur zweitgrößten
Direktbank Deutschlands auf und vollzog mit Einführung
des Online-Girokontos den letzten Schritt zu einer Haus­
bank mit breit gefächertem Produktprogramm. Für Privatkunden etablierte sich der AutoCredit als gute Alternative
zum ClassicCredit. Diese innovative Form der Autofinanzierung, die niedrige Raten mit der Option verknüpfte,
nach Ende der Vertragslaufzeit zwischen Kauf, Anschlussfinanzierung und Rückgabe zu einem garantierten Preis zu
wählen, entwickelte sich zu einem Bestseller. Der Vertragsbestand dieses innovativen Produktes stieg bis Ende 2001
auf 351 000 Stück an, was rund ein Drittel aller Kunden­
finanzierungen ausmachte.
V O L K S W A G E N F I N A N C I A L S E R V I C E S 335
FAHRZEUGFINANZIERUNG IM HANDEL
Im Bereich der Händlerfinanzierung reagierte die V WFS
auf die absehbare Aufhebung der Markenbindung im
Handel und traf die notwendigen Vorbereitungen, außerhalb des Volkswagen Konzerns neue Kundenpotenziale zu
erschließen. Als Zweigniederlassung der Volkswagen Bank
gegründet, offerierte die Europcar Bank ab 2003 zunächst
Finanzdienstleistungen für den Handel mit Reisemobilen
und weitete in einem zweiten Schritt ihre Angebote auf
Mehrmarken- und freie Gebrauchtwagenhändler aus. Der
Einstieg in das herstellerunabhängige Geschäft, dem auch
einige internationale Töchter folgten, trug seinen Teil dazu
bei, dass 2003 der Vertragsbestand in der Kundenfinanzierung auf 1,312 Millionen anstieg. Damit hatte sich das
Vertragsvolumen gegenüber 1991 mehr als verdreifacht.
Das Geschäft der Volkswagen Leasing wuchs zwischen 1993
und 2003 beständig. Das Vertragsvolumen erhöhte sich von
404 000 auf 534 000 Einheiten. Zwei Drittel der LeasingVerträge wurden in Deutschland, die übrigen in Europa
und in Japan geschlossen. Der nationale und internationale
336 D I E M A R K E N
Erfolg beruhte wie bei den Finanzdienstleistungen auf
Beratungskompetenz, Abwicklungsschnelligkeit und einer
differenzierten, auf die Bedürfnisse der verschiedenen
Kundengruppen zugeschnittenen Produktpalette mit einheitlicher Basis, die den jeweiligen nationalen Besonderheiten angepasst wurde. Weil sich das Absatzvolumen seit
Mitte der 1990er-Jahre von den Privat- auf die Großkunden
zu verschieben begann, bildete das wettbewerbsintensive
Flottenmanagement einen Schwerpunkt. In diesem Markt
trat Volkswagen Leasing mit einer Full-Service-Dienstleistung an, die von der Bereitstellung der Fahrzeuge über den
kompletten Versicherungsschutz, die Schadensabwicklung
und Wartung bis zur detaillierten Betriebskostenabrechnung reichte.
Neben dem Wandel zum internationalen Konzern ist die
strategische Neuausrichtung als Mobilitätsdienstleister
kennzeichnend für diese Phase. Dem Trend zu internationalen Fuhrparkkonzepten folgend, wurden im Leasinggeschäft nicht mehr nur Fahrzeuge des Volkswagen Konzerns
vermietet. Den entscheidenden Schritt vollzog die V WFS
mit der 2004 erworbenen Mehrheitsbeteiligung an der
LeasePlan Corporation N.V. Der europäische Marktführer
brachte die für ein profitables Flottenmanagement not­
wendigen Skaleneffekte und die Präsenz auf den internationalen Märkten in die V WFS ein, die damit ihre Marktposition als globaler Mobilitätskonzern ausbauen und das
Leistungsspektrum erweitern konnte.
Der Wandel vom Finanz- zum Mobilitätsdienstleister be­
schleunigte sich mit der Übernahme der Volkswagen Versicherungsdienst GmbH zum 1. April 1999. Neben Bank
und Leasing hatte die V WFS damit ein drittes Geschäftsfeld
etabliert, das ihre Dienstleistungspalette gut ergänzte. Als
einer der zehn größten Anbieter für Autoversicherungen in
Deutschland hielt der V VD fast eine Million Policen und verfügte über ein 50 Jahre lang gewachsenes Know-how. Dabei
kann der V VD auf eine langjährige enge Zusammenarbeit
mit der Allianz-Versicherung aufbauen. Im Rahmen dieser
erfolgreichen Kooperation werden die über den V VD abgeschlossenen Policen an die Allianz weitervermittelt. Unter
dem Dach der V WFS nahm das Versicherungsgeschäft eine
fulminante Entwicklung. Bis 2006 konnte der Vertragsbestand auf über 1,8 Millionen Stück beinahe verdoppelt
werden. Allein 2006 verzeichnete der V VD über 200 000
Neuzugänge. Unter dem Dach der V WFS verbinden die ab
2006 angebotenen All-Inclusive-Pakete günstige Finanzierungen mit umfangreichen Versicherungs-, Garantie- und
Wartungsleistungen. Mit den Vertriebsexperten verschiedener Konzernmarken entwickelt und auf den jeweiligen
Kundenkreis zugeschnitten, bahnen diese Produkte den
Weg in die Zukunft der Mobilitätsdienstleis­t ungen.
Seit 2006 für die Koordination der weltweiten Finanzdienstleistungen des Volkswagen Konzerns zuständig,
richtete die V WFS ihre Unternehmensstruktur auf die
gewachsenen Aufgaben aus. Die Verantwortung für das
operative Geschäft in Deutschland ging 2006 von der
Holding auf die dortigen Tochtergesellschaften über. Auf
Vorstandsebene wurden die Steuerungsfunktionen der in
fünf Regionen gegliederten Organisation zugeordnet. Der
Finanzdienstleistungsbereich erweiterte sein Geschäft
auch unter schwierigen Umfeldbedingungen weiter, indem
der Internationalisierungspfad etwa durch die 2008 erfolgte Geschäftsaufnahme der Volkswagen Bank Mexiko oder
die 2009 gegründete Volkswagen Finance Private Limited
V O L K S W A G E N F I N A N C I A L S E R V I C E S 337
in Mumbai konsequent beschritten wurde. Mit innovativen
Produkten wie dem Kreditschutzbrief, der Übernahme der
Autovermietung Euromobil durch die Volkswagen Leasing
GmbH und den Aufbau eines innovativen Car­sharingProgramms unter der Marke Quicar reagiert V WFS auf
aktuelle Markttendenzen und schließt Lücken im Angebots­
portfolio. Nicht allein dass die Volkswagen Bank 2014 zu
den führenden Direktbanken Deutschlands zählt, der
Vertragsbestand von 12,4 Millionen Verträgen, eine Bilanzsumme von 107 Milliarden Euro, ein Operatives Ergebnis
von 1,7 Milliarden Euro und eine Belegschaft von 11 305
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstreichen die
wirtschaftliche Kraft und die Bedeutung der Finanzdienstleistungen.
Durch internationale Expansion und Produktdiversifizierung hat sich die V WFS seit ihrer Gründung zum führenden
europäischen Mobilitätsdienstleister gewandelt. Seine
Be­deutung für den Mehrmarkenkonzern reicht weit über
die Absatzförderung und Kundenbindung hinaus. Vielmehr
sind die globalen Mobilitätsdienstleistungen heute ein
strategischer Bestandteil in der Wertschöpfungskette
des Volkswagen Konzerns, der wohl auch künftig mit
der Wachs­t umsdynamik seiner ertragsstarken Tochter
Volkswagen Financial Services rechnen kann.
FINANZDIENSTLEISTUNGEN
AUS EINER HAND
338 D I E M A R K E N
Volkswagen Nutzfahrzeuge
Die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge (V WN) kam nicht von
außen hinzu, sondern wuchs innerhalb des Konzerns heran.
Ihre offizielle Einführung erfolgte im Juli 1995, um unter
dem Markendach V WN alle Kompetenzen und Ressourcen
im Unternehmensbereich Nutzfahrzeuge zu bündeln. Als
künftige Steuerungsinstanz des internationalen Nutzfahrzeuggeschäfts trat die in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht
uneigenständige Marke organisatorisch und wirtschaftlich
neben die Marke Volkswagen. Damit trug der Wolfsburger
Automobilkonzern der wachsenden Bedeutung dieser
Unternehmenssparte Rechnung, die 1995 im Stammwerk
Hannover sowie an den internationalen Standorten in Polen,
Spanien, Brasilien, Mexiko und Südafrika einen Umsatz
von rund 10 Milliarden DM erwirtschaftete. Dass aus dem
Leicht- ein Schwergewicht geworden war, spiegelte vor allem
die Produktpalette mit Caddy und Pick-up, Transporter und
Caravelle sowie LT und schweren Lastwagen wider. 1996
kam als weitere Differenzierung der Transporter Baureihe
der Multivan hinzu, mit dem VWN die schon in der ersten
Trans­porter Generation angelegte Produktlinie zeitgemäß
fortführte.
Die Geschichte der Marke V WN beginnt mit dem legendären
Transporter. Der niederländische Volkswagen General­i m­
por­teur, Ben Pon, machte 1947 eine Ideenskizze. Entwickelt
ab 1948 als Typ 29, wurde der Dreivierteltonner mit Heckmotor und kastenförmigem Aufbau am 12. November 1949
der Presse vorgestellt und ging in Wolfsburg am 8. März
1950 in Serie. Volkswagen begründete eine neue Fahrzeugklasse und schuf die bis heute unentbehrliche Basis für den
Erfolg der Nutzfahrzeugsparte.
TRANSPORTER VIELFALT
Der multifunktionale Transporter kam zur rechten Zeit,
um den Mobilitätshunger der deutschen Gesellschaft im
Wiederaufbau und Wirtschaftswunder zu stillen. Vor allem
die gewerbliche Nachfrage in Deutschland und Europa trieb
zwischen 1950 und 1960 den Absatz an, der von rund 8 000
auf 151 000 Wagen explodierte. 1954 überholten die Exportzahlen die Inlandsverkäufe, von 1958 an waren sie in etwa
doppelt so hoch. Der steigenden Auslandsnachfrage kam die
Wolfsburger Produktion bei weitem nicht nach, zumal auch
der Käfer-Boom nach zusätzlichen Kapazitäten verlangte.
Die Transporter Fertigung wurde deshalb ins neu errichtete
Werk Hannover verlagert, wo im März 1956 die Fertigung
anlief. Einen weiteren Produktionsstart legte der Allrounder im September 1957 bei der Volkswagen do Brasil hin,
die mit dem Transporter den Industrialisierungsprozess in
Brasilien begleitete.
V O L K S W A G E N N U T Z F A H R Z E U G E 339
TRANSPORTER
Sein zweites Gesicht als Familien- und Freizeitmobil zeigte
der Typ 2 schon 1951, als Volkswagen den Samba-Bus und
eine Campingbox einführte. Diese Produktgruppe wurde
in den 1960er-Jahren vor allem in den USA zum Exportschlager, wo der Station Wagon eine neue Linie vorgab und
als Gefährt der Flower-Power-Generation seine bis heute
höchste Absatzzahl erreichte. 1970 verkaufte Volkswagen
287 000 Transporter, ein knappes Viertel davon in den USA.
Die Belegschaft im Werk Hannover zählte zum Jahresende
27 744 Mitarbeiter.
Mitte der 1970er-Jahre begann die Diversifizierung der
Nutzfahrzeugpalette. Mit der Einführung des LT (Lastentransporter) stieg die Marke Volkswagen in die Klasse der
leichten Lkw ein und verstärkte ihr Know-how durch eine
Entwicklungskooperation mit M.A.N., die 1979 zum Produktionsanlauf einer weiteren leichten Lkw-Baureihe in
Hannover führte. Im Segment der schweren Nutzfahrzeuge
fasste der Volkswagen Konzern 1981 in Brasilien Fuß, nachdem er das von Chrysler übernommene und später mit der
Volkswagen do Brasil verschmolzene Tochterunternehmen
zu einem Nutzfahrzeughersteller umstrukturiert hatte.
340 D I E M A R K E N
VW LT
Der Produktionsanlauf der 11- und 13-Tonnen-Lkw im
März 1981 markierte zugleich den ersten Schritt zur Internationalisierung der Nutzfahrzeug-Fertigung. Der zweite
folgte mit dem auf Golf Basis gebauten Pick-up. Ab 1980 von
der Volkswagen of America gefertigt, ging das Modell 1982
unter dem Namen Caddy beim jugoslawischen Beteiligungsunternehmen TAS in Serie.
Die Erweiterung der Nutzfahrzeugpalette kompensierte
die 1972 einsetzenden Exportverluste in den USA. Vom
Transporter der dritten Generation wurden dort in den
1980er-Jahren lediglich 121 000 Exemplare verkauft. Der
Gesamtabsatz pendelte zwischen 1983 und 1989 um die
Marke von 150 000 Transportern. Dass der Markterfolg des
Pioniermodells nachließ, war vorrangig auf den verschärften Wettbewerb und eine zunehmende Differenzierung
WERK HANNOVER
in diesem Marktsegment zurückzuführen. Volkswagen
reagierte auf diese Entwicklung mit der 1983 eingeführten
Caravelle, die als komfortabler Personenwagen die eigenständige Familien- und Freizeitvariante der Transporter
Baureihe begründete. Darüber hinaus erweiterte das in Kooperation mit Toyota gebauten Pick-up-Modell Taro, das ab
1987 im Werk Hannover vom Band lief, die Angebots­palette.
Eine weitgehende Automatisierung der Fertigung begleitete
dort 1990 den Wechsel zur vierten Transporter Generation,
der ersten mit Frontmotor und Vorderradantrieb.
Der Neue belebte zunächst das Geschäft in Europa, bevor
die weltweite Rezession 1993 Absatz und Produktion
schrumpfen ließen. Im Folgejahr lieferte Volkswagen
86 442 Nutzfahrzeuge auf dem Binnenmarkt, 61 165
Exemplare im europäischen Ausland und weltweit 276 129
V O L K S W A G E N N U T Z F A H R Z E U G E 341
TARO
Einheiten aus. Etwa die Hälfte davon wurde in Hannover,
der Rest an ausländischen Volkswagen Standorten gebaut.
Nach der Etablierung der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge
(V WN) bündelte der Volkswagen Konzern die Zuständigkeit
für sein internationales Nutzfahrzeuggeschäft in Hannover. Im September 1997 wurde V WN die Ergebnis- und
Produktverantwortung für die Volkswagen Pozna ń Sp.z.o.o.
übertragen, eine hundertprozentige Konzerntochter, die
aus dem 1993 gegründeten Joint Venture mit einem polnischen Hersteller von Landwirtschaftsfahrzeugen hervorgegangen war. Das aufstrebende Unternehmen montierte Pkw
verschiedener Konzernmarken sowie den als CKD-Bausatz
aus Hannover angelieferten Transporter und hatte seit
Fertigungsbeginn seinen Ausstoß kontinuierlich gesteigert. Den zweiten Internationalisierungsschritt vollzog die
LKW-FERTIGUNG IM WERK RESENDE
Marke V WN zum 1. Januar 2000, als sie die industrielle
Steuerung des brasilianischen Nutzfahrzeugherstellers
Volkswagen Trucks & Buses (V WTB) am Standort Resende
übernahm. Dort hatte die Volkswagen do Brasil zusammen
mit sieben Partnern der Zulieferindustrie eine neue, auf
dem Konzept der modularen Fabrik basierende Fertigungsstätte errichtet, in der verschiedene Lastwagen in der Klasse
von 7 bis 42 Tonnen sowie zwei Busreihen gefertigt wurden.
Das 160 Kilometer östlich von Rio de Janeiro gelegene und
im November 1996 eröffnete Werk Resende etablierte im
weltweiten Produktionsverbund des Volkswagen Konzerns
ein in dieser Form wohl einzigartiges Kooperationsmodell
mit den Lieferanten, das weit über eine Just-in-time-Produktion hinausging. Sowohl die Modulfertigung vor Ort als
auch die Fahrzeugmontage wurde den Schlüssellieferanten
übertragen, die sich mit der Volkswagen do Brasil zu einem
342 D I E M A R K E N
Modul-Konsortium zusammengeschlossen hatten. Nur 200
der rund 1 200 Beschäftigten waren Volkswagen Mitarbeiter. Die Fabrik produzierte hauptsächlich für den heimischen Markt, darüber hinaus für den Export in die südamerikanischen Nachbarländer, vor allem nach Argentinien,
Chile und Bolivien.
Für die Marke V WN, deren Bedeutung innerhalb des
Volkswagen Konzerns durch einen zum 1. Juli 2000 ein­
gesetzten Markenvorstand unterstrichen wurde, bildete
Südamerika einen Wachstumsschwerpunkt. Mit der in
Resende gebauten Lkw-Produktreihe Series 2000, die 15
Modelle unterschiedlicher Gewichtsklassen umfasste,
steigerte sie im Jahr 2000 die Auslieferungen in Brasilien
um 44 Prozent auf 16 410 Lastwagen und Busse. Auch im
Segment der leichten Nutzfahrzeuge legte V WN auf dem
brasilianischen Markt zu und erzielte einen Marktanteil
von 20 Prozent. Insgesamt wuchsen die Verkaufszahlen der
Marke um sechs Prozent auf fast 329 000 Fahrzeuge, der
bilanzierte Gewinn vor Steuern auf 514 Millionen DM an.
Die brasilianische Nutzfahrzeugsparte war auch in den folgenden Jahren durch ein dynamisches Wachstum gekennzeichnet. 2003 setzte V WN 23 000 Lastwagen und 6 000
Busse in erster Linie auf den südamerikanischen Märkten
ab und errang im Lkw-Segment dauerhaft die Marktführerschaft in Brasilien. Diese Spitzenstellung untermauerte
V WTB 2006 mit der Einführung der Lkw-Baureihe Constellation, die auch in den Werken in Puebla (Mexiko) und
Uitenhage (Südafrika) gebaut wurde.
BAUREIHE 2000
Die Internationalisierung der Marke V WN schuf die Vor­aussetzungen für die mit einem Kapazitätsausbau einhergehende Modernisierung des Standorts Pozna ń, die
im Jahr 2000 im Zuge der Produktionsumstellung auf die
kommenden Nutzfahrzeug-Generationen begann. Beträchtliche Investitionen flossen in die Errichtung einer
Lackiererei, eines Karosseriebaus und eines Logistikzentrums, das die zunehmende Vernetzung der Produktion
mit Modullieferanten steuerte. Damit wandelte sich die
verlängerte Werkbank des Standorts Hannover zu einem
international wettbewerbsfähigen und exportorientierten
Nutzfahrzeughersteller mit eigenständiger Produktpalette.
Die Pritschenwagen der im März 2003 anlaufenden fünften
Transporter Generation wurden ausschließlich in Polen
gefertigt. Ebenso der neue, auf der Golf Plattform stehende
Caddy, der ab November 2003 vom Band lief. Die zwischen
den Standorten Hannover und Pozna ń errichtete Produkti-
V O L K S W A G E N N U T Z F A H R Z E U G E 343
GROSSRAUMSAUGERPRESSE IM WERK HANNOVER
344 D I E M A R K E N
onsdrehscheibe löste den alten Fertigungsverbund ab, der
bis 2003 durch die Belieferung des polnischen Herstellers
mit CKD-Bausätzen gekennzeichnet war. Fortan konnte
die Marke V WN die Transporterfertigungen flexibel der
Auftragslage anpassen und auch innerhalb der einzelnen
Werke das Produktionsvolumen der dort gebauten Modelle
gegeneinander verschieben.
V WN, wie in den Jahren zuvor, mit einem Minus ab. Die
Verluste resultierten einerseits aus den nicht voll ausgelasteten Kapazitäten, andererseits aus den hohen Kosten
für die Modellanläufe und Standortmodernisierung. Die
Investitionen betrugen allein 2002 rund eine Milliarde
Euro, gaben dafür aber entscheidende, bis heute wirksame
Wachstums­i mpulse.
Mit dem Generationswechsel im Jahre 2003 wurden die
Baureihen Transporter und Multivan/Caravelle stärker
voneinander differenziert. Die sichtbare Eigenständigkeit
der Produkte entsprach der in gewerbliche und Privatkunden gesplitteten Nachfragestruktur und gab die Möglichkeit, die Vermarktungsstrategien noch stärker auf die
unterschiedlichen Ansprüche der beiden Kundensegmente
auszurichten. Flexibilität mit individuellen, maßgeschneiderten Lösungen blieb der Schlüssel zum Erfolg für die
Großraumlimousine und den Transporter, der als klassischer Kastenwagen, Kombi, Pritsche, Doppelkabine oder
Fahrgestell in acht Karosserieformen mit drei Dachhöhen
und 375 Ausstattungsvarianten gebaut wurde. Die Qualität
der großflächigen Teile hatte V WN mit den 2001 in Betrieb
genommenen Großraumsaugerpressen optimiert, die
zugleich das Produktivitätsniveau anhoben.
Trotz schrumpfender Märkte in Westeuropa überschritten
die Auslieferungen der Marke V WN 2008 erstmals die
Schwelle von 500 000 Fahrzeugen. Meistverkauftes Produkt war die Transporter Baureihe mit 188 007 Fahrzeugen, gefolgt vom Caddy mit 151 565 Exemplaren. Der 2006
eingeführte LT Nachfolger Crafter, der in Kooperation mit
dem Hersteller Daimler AG in dessen Werken in Düsseldorf
und Ludwigsfelde gebaut wird, legte gegenüber dem Vorjahr
um gut 10 Prozent auf 51 101 Einheiten zu. Den stärksten
Wachstumsimpuls sowohl bei den leichten Nutzfahrzeugen als auch bei den Lastwagen verzeichnete V WN 2008 in
Südamerika. Die brasilianische Markentochter Volkswagen
Trucks & Buses, die im Zuge der Neuordnung des Nutzfahrzeuggeschäfts zum 1. Januar 2009 an die MAN AG veräußert wurde, steigerte die Verkaufszahlen um ein Viertel auf
rund 55 000 Einheiten und trug damit ihren Teil zur bislang
besten Bilanz der Marke V WN bei.
Mit der neuen Transporter Generation behauptete V WN
2004 seine Marktführerschaft in Deutschland und stieg
auch in Europa zur Nr. 1 auf. Dass die Marke ein Absatzplus
von 44 Prozent verzeichnen konnte, war vor allem dem
Caddy zu verdanken. In der Kombiversion mit bis zu sieben
Sitzplätzen lieferbar, wurde der Stadtlieferwagen mit über
100 000 weltweit verkauften Fahrzeugen im Jahr 2004 zum
Bestseller seiner Klasse in Deutschland. Gleichwohl schloss
Die angespannte Wirtschaftslage, aber auch der Verkauf
der südamerikanischen Nutzfahrzeuggeschäft an die
MAN Gruppe ließen die Auslieferungszahlen von Volkswagen
Nutzfahrzeugen vom einstweiligen Höchststand von
503 000 Fahrzeugen im Jahre 2008 im Folgejahr auf
362 000 Einheiten abfallen. Doch der 2008 erfolgte Produktionsstart des Pick-up-Modells Amarok, der seit 2012
V O L K S W A G E N N U T Z F A H R Z E U G E 345
ENDMONTAGE DES CADDY IN POZNA Ń
auch in Hannover gefertigt wird, setzte ebenso Wachstums­
impulse wie der 2011 vorgestellte Multivan BlueMotion.
Lieferte V WN 2010 436 000 Fahrzeuge an Kunden aus,
sprang die Zahl 2011 um 21,4 Prozent auf 529 000. Bis 2014
fällt die Zahl der Auslieferungen auf 396 000 Fahrzeuge
der Baureihen Caravelle/Multivan/Kombi, Transporter,
Crafter, Saveiro, Amarok und Caddy, womit ein Operatives
Ergebnis von 504 Millionen Euro erzielt wird.
Seit fast 65 Jahren erfolgreich im Nutzfahrzeuggeschäft
tätig, gehört die Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge heute
zu den renommiertesten internationalen Anbietern. Ihren
ERFOLGSGARANTEN AMAROK, TRANSPORTER,
CRAFTER UND CADDY
Pionierstatus im Transporter Segment hat sie über weite
Strecken als Marktführer in Deutschland und anderen
euro­päischen Ländern fortgeschrieben. Die ausdifferenzierte Produktpalette für Gewerbe und Freizeit umfasste
fünf Modellreihen, die mit hunderten von Varianten auf
die individuellen Kundenwünsche zugeschnitten werden
können. Multifunktional und flexibel nutzbar, qualitativ
hochwertig und wertbeständig, umweltfreundlich und
zuverlässig, verkörpern diese Fahrzeuge die historisch
gewachsenen Markenwerte.
346 A N H A N G
H I S T O R I S C H E N O TAT E
HEFT 1
Klaus Kocks/Hans-Jürgen Uhl
Aus der Geschichte lernen.
Anmerkungen zur Auseinandersetzung von Belegschaft,
Arbeitnehmervertretung, Management und
HEFT 6
Henk ’t Hoen
Zwei Jahre Volkswagenwerk. Als niederländischer Student im „Arbeitseinsatz“
im Volkswagenwerk von Mai 1943 bis zum Mai 1945
Unternehmensleitung bei Volkswagen mit der
ISBN 978-3-935112-03-1
ISBN 978-3-935112-06-2 (vergriffen)
HEFT 7
HEFT 2
Der Weg zum Global Player
Zwangsarbeit im Dritten Reich
Markus Lupa
Das Werk der Briten. Volkswagenwerk und Besatzungsmacht 1945 - 1949
ISBN 978-3-935112-00-0 (vergriffen)
HEFT 3
Jürgen Marose
Bilderzyklus „Der bedrohte Mensch“
ISBN 978-3-935112-01-7 (vergriffen)
HEFT 4
STO à KdF 1943 - 1945. Die Erinnerungen des Jean Baudet
ISBN 978-3-935112-02-4
HEFT 5
Volkswagen Chronik.
ISBN 978-3-935112-10-9 (vergriffen)
HEFT 8
Ralf Richter
Ivan Hirst. Britischer Offizier und Manager des Volkswagen Aufbaus
ISBN 978-3-935112-12-3
HEFT 9
Abfahrt ins Ungewisse. Drei Polen berichten über ihre Zeit als Zwangsarbeiter im
Volkswagenwerk vom Herbst 1942 bis Sommer 1945
ISBN 978-3-935112-17-8
HEFT 10
Manfred Grieger/Dirk Schlinkert
Malte Schumacher/Manfred Grieger Werkschau 1.
Beiträge zur Umweltgeschichte ISBN 978-3-935112-20-8
Wasser, Boden, Luft. des Volkswagenwerks Wolfsburg
ISBN 978-3-935112-09-3 (vergriffen)
Fotografien aus dem Volkswagenwerk 1948 - 1974
347
HEFT 11
Überleben in Angst.
Vier Juden berichten über ihre Zeit im Volkswagenwerk
in den Jahren 1943 bis 1945
ISBN 978-3-935112-21-5
HEFT 12
HEFT 15
Markus Lupa
Spurwechsel auf britischen Befehl. Der Wandel des Volkswagenwerks zum Marktunternehmen 1945 - 1949
ISBN 978-3-935112-41-3
Olga und Piet.
HEFT 16
ISBN 978-3-935112-23-9
Auto-Kino.
HEFT 13
in den Wirtschaftswunderjahren
Eine Liebe in zwei Diktaturen
Günter Riederer
Unternehmensfilme von Volkswagen Ulrike Gutzmann/Markus Lupa
ISBN 978-3-935112-39-0
Eine Standortgeschichte des Volkswagen Werks Braunschweig
HEFT 17
Vom „Vorwerk“ zum FahrWerk. ISBN 978-3-935112-27-7
HEFT 14
Volkswagen Financial Services AG. Vom Käfer zum Weltkonzern.
Die Volkswagen Chronik
ISBN 978-3-935112-04-8
60 Jahre Bank, Leasing, Versicherung – eine Chronik
ISBN 978-3-935112-36-9 (vergriffen)
Alle Publikationen stehen zum Download zur Verfügung unter
www.volkswagenag.com/content/vwcorp/content/de/the_ group/history/publications.html
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61oben rechts,
WIRTSCHAFTSARCHIV
288-299
73•oben links,
134 oben
DR. ING. H.C. F. PORSCHE AG
74•oben
AUDI AG
KLAUS KARICH, SALZGITTER
300-309
258-265
SCANIA AB (PUBL)
122
BENTLEY MOTORS LTD.
310-316
266-271
SEAT, S.A.
BUGATTI AUTOMOBILES SAS
317-323
272-275
SKODA AUTO A.S.
DUCATI MOTOR HOLDING S.P.A.
324-329
276-281
AUTOMOBILI LAMBORGHINI
© VOLKSWAGEN
HOLDING S.P.A.
AKTIENGESELLSCHAFT
282-287
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