Das persönliche Wort Dezember 2015 | Januar 2016

Alles Gute kommt von oben
Alles Gute kommt von oben, sagt der Volksmund. Meist ist diese Volksweisheit
allerdings nicht ganz ernst gemeint. Alles Gute kommt von oben, sagen wir, wenn
uns etwas auf den Kopf fällt. Oder wenn uns das Leben wieder einmal verregnet
und verhagelt ist. Nicht immer kommt alles Gute von oben. Die da oben
wirtschaften ja nur in die eigene Tasche. Die da oben haben keine Ahnung, wie es
bei denen da unten aussieht. Die da oben haben längst die Bodenhaftung
verloren. Demokratie hin oder her – die da oben machen doch, was sie wollen.
Besonders in den Zeiten der großen Koalition ist das zu hören. Man fühlt sich
ohnmächtig gegenüber einer Regierung ohne nennenswerte Opposition.
Maria und Josef können davon ein Lied singen. Und Maria hat ja auch ein Lied davon gesungen.
In diesem Lied geht es auch um die da oben und die da unten. Und um den, der diese zum
Himmel schreiende Unordnung auf den Kopf stellt. Maria ist guter Hoffnung; sie ist guter
Hoffnung für die Welt. Sie spürt das Kind in ihrem Leib; sie spürt, dass die Welt an ihrer
Lieblosigkeit nicht kaputt gehen muss; sie hat noch eine Chance.
„Magnificat“, so beginnt sie ihr Weihnachtslied in Lukas 1,46 + 48: „Meine Seele erhebt den
Herrn, ... denn er hat mich da unten gesehen.“ (frei wiedergegeben) Und dann jubelt Maria
weiter:
„Er stößt die da oben vom Thron und erhebt die da unten.“ Was oben war, das findet sich auf
einmal unten wieder. Und was unten war, ist obenauf. Zu Weihnachten ist eben alles anders. Da
kommt das Gute wirklich von oben. Da bleibt das Gute nicht oben, dort, wo es immer war, im
Himmel. Da kommt das Gute herunter auf die Erde. Zu Weihnachten feiern wir fröhlich und
ausgelassen das Gute, das da von oben gekommen ist und alle Jahre wieder kommt. Jesus. Zu
Deutsch: Gott hilft, Gott rettet. Von oben, aus dem Himmel kommt die Rettung, die Erlösung der
Welt: Christ, der Retter ist da!
Gott selbst ist in diesem Kind auf die Welt gekommen. In einer Notunterkunft. Gott kommt
herunter in die Abgründe des Lebens, in das Leid und Elend der Menschen. Ein
heruntergekommener Gott. Ihm ging es nicht anders als vielen Flüchtlingen in diesen Tagen.
Der Höchste nimmt den gleichen Platz ein, wie Menschen, die alles hinter sich gelassen haben
und auf die Gutmütigkeit im Gastgeberland angewiesen sind.
Genau wie sie, hat das Christkind unter denen da oben gelitten. Unter dem König Herodes. Der
ging über Leichen, auch über Kinderleichen. Dem war anderes viel wichtiger: Macht und Geld.
Und beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Und das Mitgefühl.
Deshalb weiß dieses Kind auch, wie das ist, wenn eine Familie auf der Flucht ist; ohne Heimat;
kein Geld in der Tasche; kein Dach über dem Kopf. Nur Ablehnung. Und Warten. Nichts als
Warten. Und dann irgendwann doch die Abschiebung? In ihr Heimatland? Das es aber nicht gibt,
weil sie keine Heimat mehr haben. Hier nicht und dort nicht, nirgendwo. Viele Männer und Frauen
und Kinder haben darunter zu leiden.
Gott kommt als schutzloses und machtloses Kind auf die Welt.
Er kommt als einer, der alles auf den Kopf stellt.
Die unter uns niedrig und gering sind, die Verfolgten, die Einflusslosen, die sind bei Jesus
obenauf.
Daran glauben wir, wenn wir an Jesus Christus glauben. Und wir glauben, dass wir uns nicht mit
Gegebenheiten abfinden müssen - nach dem Motto: Das war schon immer so, das wird auch
immer so bleiben. Das stimmt nicht. Wer so denkt, an dem ist Weihnachten spurlos
vorbeigegangen. Weihnachten zeigt: Nichts bleibt beim Alten.
Das Gute, das in jener heiligen Nacht vom Himmel hoch herunter auf die Erde gekommen ist,
macht es möglich. Die Welt muss nicht an ihrer Lieblosigkeit zugrunde gehen. Sie hat eine
Chance.
Nehmen wir diese Chance wahr und tragen mit dem, was wir tun, dazu bei, dass sie wahr wird.