Eine Sonderveröffentlichung des ZEIT Kunstverlags Herbst 2015 Seit 1930 Kunst in Holland: Die Höhepunkte 2015/16 Van Gogh, Rembrandt, Bosch, Mondrian & Escher: Eine Reise zu den wichtigsten holländischen Museen und Ausstellungen in Amsterdam, Den Haag und ’s-Hertogenbosch HÖHEPUNKTE 2015/16 E DI T OR I A L AMSTERDAM CONCERTGEBOUW VAN GOGH MUSEUM MUSEUM DAS REMBRANDTHAUS Niederländische Druckgrafik 1. Oktober 2015 - 31. Januar 2016 www.rembrandthuis.nl TEYLERS MUSEUM (HAARLEM) Echte Winter – Darstellungen von Winterlandschaften des 19. Jh. 7. November 2015 – 6. März 2016 www.teylersmuseum.nl COBRA MUSEUM Die Freude am Experimentieren – Miró & CoBrA 10. Oktober 2015 – 31. Januar 2016 www.cobra-museum.nl RIJKSMUSEUM Catwalk Rijksmuseum 20. Februar 2016 – 15. Mai 2016 Vier Jahrhunderte Mode in Holland: Eine große Übersicht zeigt die Höhepunkte aus der abwechslungsreichen Modekollektion des Rijksmuseums Die Kimono-Mädchen von Breitner 25. Februar bis 29. Mai 2016 www.rijksmuseum.nl DEN HAAG ’S-HERTOGENBOSCH GEMEENTEMUSEUM ESCHER IM PALAST HET NOORDBRABANTS MUSEUM Karel Appel, 16. Januar – 16. Mai 2016 Der wichtige Künstler aus der zweiten Hälfte des 20. Jh. wird international wiederentdeckt Die Dauerausstellung zeigt die weltberühmten, fantasievollen Werke von M.C. Escher www.escherimpalast.com Jheronimus Bosch – Visionen eines Genies 13. Februar – 8. Mai 2016 Größte Hieronymus-Bosch-Schau aller Zeiten in Holland www.hetnoordbrabantsmuseum.nl Jan Toorop, 20. Februar – 29. Mai 2016 Retrospektive zum Werk eines der bedeutendsten holländischen Symbolisten TITELBILD: Maurice Tromp/Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation); Munch : Van Gogh bis 17. Januar 2016 Ein erstmaliger Dialog der beiden Künstler www.vangoghmuseum.com Bilder links: Leander Lammertink; Carola van Wijk/Rijksmuseum Amsterdam; Gemeentemuseum, den Haag/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; Wolfang Stahr; Rijksmuseum Amsterdam Seit mehr als 125 Jahren einer der schönsten Konzertsäle und eines der besten Orchester der Welt www.concertgebouw.nl/en Liebe Leserinnen, liebe Leser, Holland ist Deutschland so nah – und doch ist die lebendige Kunst- und Kulturszene den meisten Deutschen noch lange nicht so bekannt, wie es ihrem Niveau entspräche. Die Wahrheit ist, Holland ist nicht nur weltoffen und malerisch in Landschaft und Architektur, sondern es ist auch eine wahre Schatztruhe, die das Herz eines jeden Kunstliebhabers höher schlagen lässt. Die wiedereröffneten Museumsleuchttürme machen den Besuch der Niederlande jetzt so attraktiv wie nie. Kein Wunder, dass letztes Jahr ein regelrechter Ansturm auf das frisch renovierte Rijksmuseum stattfand und die Rekordzahl von knapp 2,5 Millionen Besuchern gezählt wurde. Ich selbst versuche übrigens immer den Aufenthalt in Amsterdam abends mit einem Besuch des Concertgebouws zu verbinden – für mich der schönste Konzertsaal der Welt. Die Kunst kann den Besucher in einen wahren Rausch versetzen. Rembrandts »Nachtwache«, die Sie unten abgebildet sehen, ist immer wieder ein Augenschmaus, aber es gibt noch so viel mehr zu entdecken. Allein die vielen Facetten des Goldenen Zeitalters! Das 17. Jahrhundert brachte hier die pudrig zarten Interieurs von Jan Vermeer hervor, die psycholo- gische Intensität der Gemälde von Rembrandt oder die symbolbeladenen Stillleben eines Jan Davidsz. de Heem oder Willem Heda. Im nächsten Jahr wird jedoch ein noch älterer Künstler im Mittelpunkt stehen – Hieronymus Bosch, dessen 500. Todestag ansteht. Ich freue mich besonders auf die große Schau im Het Noordbrabants Museum, für die eigens der geniale »Heuwagen«-Altaraufsatz aus dem Prado in Madrid nach ’s-Hertogenbosch reist. Aber natürlich ist die Zeit hier nicht stehen geblieben, oh nein! Holland versteht es, mit viel Stil das Historische mit der Moderne – denken Sie nur an Van Gogh und Mondrian – und dem Zeitgenössischen zu verbinden. Delfter Fayencen können etwa sehr gut neben Keramikkünstlern der Gegenwart bestehen. Die einzige Gefahr droht höchstens durch das StendhalSyndrom, jenes von dem französischen Schriftsteller beschriebene Gefühl der völligen Erschöpfung, gepaart mit Ergriffenheit und Halluzinationen. Es befällt denjenigen, der zu viel Kunst betrachtet und geradezu eingesogen wird von den Genies vergangener Jahrhunderte. Was Sie in den Händen halten, ist ein Sonderheft der weltkunst, des Kunstmagazins der zeit. Gemeinsam mit der Initiative Kunst Holland laden wir Sie ein, faszinierende Museen in unserem Nachbarland kennenzulernen. Veel plezier! Ihre Lisa Zeitz Chefredakteurin WELTKUNST www.gemeentemuseum.nl/de www.holland.com/kunst www.facebook.com/kunstholland 3 K U N S T I N HOL L A N D Goldene Zeiten Rembrandt, Van Gogh, Mondrian und Escher: In jedem Jahrhundert hat Holland großartige Künstler hervorgebracht, die auf der ganzen Welt bekannt sind. Doch am besten erlebt man sie in den Kunstpalästen von Amsterdam und Den Haag Bilder: John Lewis Marshall/Rijksmuseum Amsterdam; Rijksmuseum Amsterdam VON M AT T H I A S E H L E RT Blick in die Ehrengalerie des Rijksmuseums. Das 2013 wiedereröffnete Museum inszeniert seine Meisterwerke mit gebührender Feierlichkeit. Im Chor thront wie auf einem Altar Rembrandts »Nachtwache«, in den Seitenschiffen hängen Meisterwerke von Vermeer, Hals, Steen und anderen S ind Museen unsere modernen Kathedralen? Dieser Gedanke ist eigentlich schon ein Klischee angesichts der heute zu den Bildern pilgernden Massen. Und dennoch steckt darin ein wahrer Kern. Es ist nicht nur der historische Fakt, dass das Kunstmuseum genau in dem Augenblick entstand, als die Aufklärung der Kirche einen ersten Stoß versetzte, von dem sie sich nie wieder erholen sollte. Es waren auch die nicht zu unterdrückenden menschlichen Wünsche, die seitdem nach einem neuen Ort verlangten: unsere Sehnsucht nach Versenkung in Schönheit und Spiritualität, nach Verankerung in Zeit und Raum stillt heute für viele – das Museum. Nur selten jedoch gewinnt dieses Bild vom Museum als Mutterkirche der Kunst solche Anschaulichkeit wie beim Rijksmuseum in Amsterdam. Schon die Architektur des 1885 fertiggestellten Gebäudes mit seiner historistischen Backsteingotik, den zwei Haupttürmen, den Rundbögen und Deckengemälden strahlt etwas Weihevolles und Sakrales, geradezu Katholisches aus, was den König damals so verärgert haben soll, dass er der Eröffnung fernblieb. Dieser Eindruck setzt sich im Innern bruchlos fort, am stärksten, wenn man die mit der Renovierung 2013 neu geschaffene Ehrengalerie im zweiten Stock abschreitet. In dunkel schimmernden, effektvoll ausgeleuchteten Seitenschiffen hängen hier die Meisterwerke des Goldenen Zeitalters der 5 niederländischen Malerei, während vorn an der Stirnseite, wie auf einem Altar, ein einziges Kunstwerk als Endpunkt präsentiert wird: Rembrandts »Nachtwache« aus dem Jahr 1642. Es ist eine überwältigende Inszenierung, die ihre Wirkung nicht verfehlt. Denn das Bild wird immer imposanter, je näher man ihm kommt, bis man geradezu erschlagen vor dem 3,60 mal 4,30 Meter gro- ßem Gemälde steht. Rembrandt hat hier eine der Amsterdamer Bürgerwehren im Moment ihres Ausrückens porträtiert, in einer sehr dynamischen Komposition: Letzte Vorbereitungen zur Marschordnung werden getroffen, jeder weiß, was er zu tun hat, und ist mit Ernst bei der Sache. Das macht dieses Bild zu einem überzeitlichen Symbol des holländischen Bürgerstolzes, der gewillt ist, sei- RIJKSMUSEUM, AMSTERDAM Die nationale Schatztruhe der Niederlande bewahrt nicht nur die wunderbaren Gemälde des Goldenen Zeitalters – wie oben das heitere Porträt des fröhlichen Zechers (1628/30) von Frans Hals –, sondern auch Tausende von Kunstobjekten. Sehr eindrucksvoll ist das akribisch nachgebaute Schiffsmodell der mit 74 Kanonen ausgerüsteten »William Rex« aus dem Jahr 1698 6 Das Stedelijk Museum in Amsterdam hat eine beeindruckende Sammlung moderner und zeitgenössischer Werke ne Unabhängigkeit, seine Werte und seinen Wohlstand mit aller Macht zu verteidigen. Wem die »Nachtwache« dann doch etwas zu staatstragend ist, der wird in den Seitenkabinetten der Ehrengalerie ohne große Bilder: John Lewis Marshall; Rijksmuseum Amsterdam (2); Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation) (2) K U N S T I N HOL L A N D nellen Sparten in einzelnen Räumen wie dem Amsterdamer Grachtenzimmer. Hier treffen zeitgleich entstandene Bilder auf Objekte, etwa die gemalte Bürgerwehr auf eine gusseiserne Kanone, und machen so den Geist der Epochen noch stärker spürbar. Doch zurzeit steht das Museum ganz im Banne des Schöpfers der »Nachtwache«. Die aktuelle Sonderausstellung beschäftigt sich mit dem Spätwerk Rembrandts, den in seiner zweiten Lebenshälfte schwere Schicksalsschläge wie der Tod seiner Frau und seines Sohnes sowie der geschäftliche Bankrott ereilten. Er reagierte darauf mit einem zunehmend freier und experimenteller werdenden Malstil und schuf, bevor er 1669 in einem anonymen Mietgrab die letzte Ruhestätte fand, seine vielleicht besten, auf jeden Fall aber berührendsten Werke. Einem anderen Künstler-Hiob, der dem Leiden an sich selbst und der Welt unvergessliche Werke abtrotzte, ist nur wenige hundert Meter vom Rijksmuseum entfernt ein eigenes Museum gewidmet. Vincent van Gogh ist mit seinen Sonnenblumen und Selbstporträts sicher der populärste holländische Maler. Jede Generation entdeckt ihn VAN-GOGH-MUSEUM, AMSTERDAM Die weltweit größte Sammlung an Gemälden Vincent van Goghs ist hier beheimatet – darunter so großartige Werke wie das 1887/88 entstandene Selbstbildnis als Maler (li.) oder die auf unzähligen Repro duktionen verewigte »Mandelblüte«, die er im Februar 1890 auf die Leinwand bannte Mühe seinen persönlichen »Lieblingsholländer« finden. Wie ein Kontrapunkt zum kollektiven Trommelwirbel Rembrandts wirken die intimen Bilder Johannes Vermeers, sein ganz auf ihre Tätigkeit konzentriertes »Milchmädchen« oder die völlig von der Lektüre gefangene »Brieflesende Frau«. Aber auch die einfühlsamen Porträts Gerard ter Borchs, die heiteren und detailsatten Szenen von Frans Hals oder der »Bedrohte Schwan« von Jan Asselijn mit seiner naturalistischen Symbolik fangen auf realistisch-meisterhafte Weise Aspekte des holländischen Lebens ein. Doch die Ehrengalerie ist nur ein Teil dieses grandiosen Museums, das in 800 Räumen rund 8000 Kunstwerke aus acht Jahrhunderten vereint. Es ist eine Schatztruhe der holländischen Kulturgeschichte, deren Reichtum von mittelalterlichen Altarfiguren über Delfter Porzellan, akribische Schiffsmodelle bis zum expressionistischen Informel der Künstlergruppe Cobra reicht. Eine gelungene Innovation, die mit der Neueröffnung einherging, ist die Aufhebung der traditio- 7 K U N S T I N HOL L A N D K U N S T I N HOL L A N D Nur für ein einziges Mal wird ein Großteil des Werks von Hieronymus Bosch – 20 Gemälde auf Holztafeln und Tryptichen sowie 19 Zeichnungen – in seine Heimatstadt ’s-Hertogenbosch zurückkehren, von der er auch seinen Künstlernamen herleitete. Dort, im Süden Hollands, wurde er um 1450 als Jheronimus van Aken geboren, dort schuf er seine Meisterwerke. Dass man keinerlei Mühe gescheut hat, zeigt das Beispiel des »Heuwagens« (Abb. oben), eines der wichtigsten Werke von Bosch. König Philipp II von Spanien hatte ihn 1570 für seine private Sammlung erworben. Zum ersten Mal nach über 400 Jahren reist der große, dreiteilige Altaraufsatz von Madrid, wo er im Prado hängt, nun in die Niederlande. Die große Anzahl an ausgestellten Arbeiten eröffnet den Besuchern die einzigartige Möglichkeit einen direkten Blick auf die revolutionäre und phantasmagorische Bildsprache des Altmeisters zu werfen. Typisch für ihn sind die Monster, teuflischen Figuren, Engel und Heiligen, die seine Holztafeln und Gemälde bevölkern. Sein charakteristisches Werk, voll von Illusionen, Halluzinationen und Alpträumen, repräsentiert die Hauptthemen seiner Zeit: Verlockung, Sünde und Buße. Den Grundstein für die Ausstellung bildete die Zusammenarbeit mit dem »Bosch Research and Conservation Project«. Ein Team von internationalen Experten hat die letzten sechs Jahre das gesamte OEuvre Boschs systematisch erforscht und dokumentiert. Im Zuge dieser wissenschaftlichen Arbeiten wurde eine Vielzahl von Bildern restauriert. In der Ausstellung in ’s-Hertogenbosch werden sie nun erstmals in ihrem neuem Glanz der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ausstellung ist der Höhepunkt des Jubiläums »500 Jahre Hieronymus Bosch«, das 2016 in den Niederlanden gefeiert wird. Täglich geöffnet von 9-19 Uhr, Ticket: 22 € (ermäßigt 2 €, Vorverkauf ab 1.12. unter www.hnbm.nl 8 Bilder: The M.C. Escher Company BV, Baarn; Gerrit Rietveld/VG Bild-Kunst, Bonn 2015 Zum 500. Todestag von Hieronymus Bosch, dem »Meister der teuflischen Perfektion«, zeigt das Het Noordbrabants Museum in seiner Heimatstadt ’s-Hertogenbosch vom 13. Februar bis 8. Mai 2016 die bisher umfassendste Ausstellung zu seinem Werk Bild: Museo Nacional del Prado Madrid Hieronymus-Bosch-Jahr 2016 neu für sich, wovon die vielen wartenden jungen Leute aus aller Welt vor dem Eingang eindrucksvoll zeugen. Auch dieses Museum hat eine gründliche Umgestaltung hinter sich. Die Dauerausstellung will nun weniger dem durch Filme, Bücher und Postkarten geprägten »Vincent«-Mythos huldigen, sondern Van Gogh wieder als Künstler in all seiner Komplexität in den Mittelpunkt stellen. Genial zwar, von fieberhaftem Schaffensrausch getrieben, aber auch methodisch vorgehend und sich immer wieder in Briefen, vor allem an seinen Bruder Theo, selbst reflektierend. Diese schriftlichen Zeugnisse bilden nun neben den Gemälden, von denen das Museum weltweit die größte Sammlung besitzt, den roten Faden der Ausstellung. Wann immer es geht, lässt man den Maler selbst zu Wort kommen, seine Gefühle, seine Gedanken schildern. Gefeiert wird er trotzdem gebührend, etwa in den Vitrinen mit den Selbstbildnissen und der einzig erhalten gebliebenen Palette, die wie Reliquien den Besucher im Erdgeschoss empfangen. Doch in der Ausstellung ein Stockwerk höher wird dann nicht mehr die Legende vom isoliert wirkenden Genie wiederholt, das zu Lebzeiten keiner verstand, sondern Van Goghs Leben und Wirken in wissenschaftlich fundierten, aber überaus anschaulich erzählten Kapiteln ausgebreitet. Das reicht von seinen Anfängen als Laienprediger und »Bauernmaler« bis zur »Blütezeit« im südfranzösischen Arles, wo er in selbst gewählter Zurückgezogenheit seine berühm- ESCHER IM PALAST, DEN HAAG M. C. Escher, dem genialen Grafiker mit mathematischem Hintersinn, wurde 2002 in einem ehemaligen königlichen Palais ein eigenes Museum eingerichtet. Es präsentiert neben dem grafischen Werk auch Skizzen und Fotos. Der Transformationsdruck »Tag und Nacht« (o., 1938) gehört zu den Hauptwerken des Museums und zeigt den spielerischen Geist des Künstlers. 9 testen Bilder schuf. Er wird in den Kontext seiner Zeitgenossen gestellt, gleichberechtigt neben seinen Bildern hängen nun auch die seiner Weggefährten Gauguin und ToulouseLautrec oder japanische Farbholzschnitte, deren Schlichtheit und Volkstümlichkeit ihn stark inspirierten. Die Themen Familie und Wahnsinn werden ebenso wenig ausgespart wie sein Einfluss auf spätere Künstler und sein Fortleben in der Populärkultur. Ähnlich wie im Rijksmuseum fällt auch hier bei der Gestaltung der Ausstellung eine neue Lust an der Inszenierung ins Auge. Die Wände sind nicht mehr in neutralem Weiß gehalten, sondern tragen – je nach Kapitel – markante Farben, die die Stimmung der Bilder aufgreifen und verstärken. Schlüsselwerke haben ganze Wände für sich reserviert, was dem Ausstellungsbesuch weniger den Charakter einer protestantischen Bildungsanstrengung als einer katholischen Feier verleiht. Ein Wallfahrtsort für Van Gogh, gestalterisch ganz auf der Höhe der Zeit. Tritt man danach hinaus auf den Museumsplein, möchte man am liebsten sofort nach Südfrankreich aufbrechen, um – geschult vom Blick dieses virtuosen Malers – in die Schönheit des wogenden Korns, der gefurchten Äcker und dunklen Zypressen einzutauchen. Das allerdings wäre ein großes Versäumnis, denn Amsterdam hat noch weit mehr an Kunstorten zu bieten. Da wäre zunächst das in unmittelbarer Nähe gelegene Stedelijk Museum, das eine außerordentliche Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst beherbergt und immer wieder durch spektakuläre Einzelausstellungen besticht. Ab Ende März wird dort »Die Oase von Matisse« gezeigt, eine große Überblicksschau zu diesem Heroen der klassischen Moderne, die so viele Werke vereint wie seit 60 Jahren keine Ausstellung mehr in den Niederlanden. Wen die »Nachtwache« im Rijksmuseum auf den Geschmack gebracht hat, der kann in der Porträtgalerie des Goldenen Zeitalters in der Hermitage noch bis Ende nächsten Jahres 30 eindrucksvolle Gruppenporträts aus dem 17. und 18. Jahrhundert bestaunen, von denen viele seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich zu sehen waren. Und was macht man am Abend, wenn die Museen geschlossen sind? Dann sollte man auf jeden Fall versuchen, Karten für das am Museumsplein gelegene Royal Concertgebouw zu ergattern, einen der schönsten Konzertsäle der Welt mit fantastischer Akustik und einem exzellenten Programm. Leicht ließe sich diese Aufzählung fortsetzen, doch der Einfachheit halber sei gesagt, dass eigentlich das ganze historische Amsterdam mit seinem Grachtengürtel und Backsteinprunk ein einziges riesiges Freilichtmuseum ist, in dem man tagelang umherspazieren könnte. Doch wir wollen noch weiter ins nur eine Stunde mit der Bahn entfernte Den Haag, um zwei weitere große holländische Künstler, diesmal aus dem 20. Jahrhundert, näher kennenzulernen: Piet Mondrian und M. C. Escher. Das in einem hübschen Artdéco-Gebäude ansässige Gemeentemuseum verfügt über die größte Sammlung von Werken Mondrians, des wichtigsten modernen Künstlers der Niederlande. Schön lässt sich hier nachvollziehen, mit welcher Konse- GEMEENTEMUSEUM, DEN HAAG Das in einem hübschen Art-déco-Bau ansässige Museum zeigt neben der weltweit umfangreichsten Sammlung an Werken Piet Mondrians auch viele Arbeiten der »De Stijl«-Bewegung – etwa den Rot-blauen Buchenholzstuhl (ca. 1918) von Gerrit Rietveld, der auf der vorherigen Seite abgebildet ist. quenz dieser typisch holländische Sturkopf sein Programm der Abstraktion entwickelte. Wie er nach Anfängen in der Tradition der heimischen Landschaftsmalerei, wo die Bäume, Kirchtürme und Horizonte schon als vertikale und horizontale Linien die Bilder dominieren, immer mehr die Außenwelt aus seinen Werken tilgt, dabei bewusst mit dem Rücken zum Fenster in seinem kleinen Malkämmerchen am Montparnasse sitzend, bis am Ende nur noch reine geometrische Prinzipien übrig bleiben. Ein Malen unter dem selbst formulierten Dogma des Neoplastizismus, das ausschließlich Primärfarben sowie Schwarz, Weiß und Grau erlaubt, ja, in dem sogar Diagonalen verboten sind. Aus dieser So nah ist die Kunst mit KLM Wer schnell und komfortabel in die Niederlande reisen möchte, findet bei KLM ein attraktives Flugangebot mit mehreren täglichen Verbindungen. Die Flugzeit nach Amsterdam ist kurz, egal für welchen der 10 deutschen Abflughäfen (München, Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf, Köln/Bonn, Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin-Tegel) Sie sich entscheiden. Ein Hin- und Rückflugticket nach Amsterdam ist auf www.klm.de ab 98 Euro buchbar, inklusive Steuern und Gebühren. Ihren Check-in erledigen Sie bequem online oder per Handy. Und als Mitglied des Meilenbonusprogramms »Flying Blue« können Sie nicht nur von tollen Prämien und exklusiven Services profitieren, sondern genießen auch einen Preisvorteil beim Online-Kauf für aufzugebendes Gepäck. äußersten Reduktion entsteht dann Mondrians prägnanter Stil, der inzwischen eine Art Logo geworden ist. Vor dieser Radikalität verblassen dann etwas die Arbeiten seiner Kollegen aus der Künstlergruppe De Stijl, die hier ebenfalls umfassend präsentiert werden. Genauso eigensinnig ist auch Maurits Cornelis Escher seinen Weg gegangen, dem im Het Palais ein kleines Museum gewidmet ist. Der geniale Grafiker hat mit »Treppauf, Treppab« (1960) oder »Wasserfall« (1961) einige der geistig anregendsten Bilder unserer Zeit geschaffen. Sein großes Thema waren Unendlichkeit und Ewigkeit, er unternahm visuelle Reisen an die Ränder von Raum und Zeit, die nur schwer zu denken sind. Für ein wissenschaftlich interessiertes Publikum ist er damit zum künstlerischen Popstar geworden, während sich der Kunstbetrieb mit ihm noch immer schwer tut. »Verwunderung«, die neue Kabinettausstellung im Het Palais mit dem Untertitel »Von Langeweile zu optischer Illusion: die Abenteuer im Kopf eines Teenagers«, schließt nun eine Lücke in der Escher-Forschung. Sie weist nach, welchen bisher unbekannten Einfluss seine Schulzeit in der »Hölle von Arnim« auf das Werk Eschers hatte. Das ist ein schöner Anlass, sich wieder einmal mit diesem einzigartigen Grenzgänger zwischen Kunst und Mathematik, der übrigens ein ähnlich schlechter Schüler war wie Einstein, zu beschäftigen. Rembrandt, Van Gogh, Mondrian, Escher: vier Heilige der Kunst, jeder auf seine Weise typisch holländisch. Sie trugen die Kul tur dieses kleinen, aber wirkungsmächtigen Landes in die Welt hinaus. Wer sie intensiv erleben möchte, dem sei eine Reise nach Ams terdam und Den Haag ans Herz gelegt. × Möchten Sie mehr wissen aus der Welt der Kunst von ihren Anfängen bis heute? Dann legen wir Ihnen unser Monatsmagazin weltkunst ans Herz. Die neue Ausgabe mit dem Schwerpunkt Wien sowie unser Sonderheft zur Münchner Kunstszene können Sie bestellen unter: WELTKUNST Leserservice, 20080 Hamburg www.weltkunst.de/abo [email protected] +49 (0)40 55 55 78 68 10 IMPRESSUM Herausgeber: NBTC Holland Marketing Redaktion: WELTKUNST, Dorotheenstr. 33, 10117 Berlin Chefredakteurin: Dr. Lisa Zeitz Stv. Chefredakteur: Matthias Ehlert, Dr. Sebastian Preuss Artdirektorin: Anja Büchner Bildredakteurin: Nora Ströbel Grafik: Peggy Seelenmeyer Verlag: ZEIT Kunstverlag GmbH & Co KG Buceriusstr., Eingang Speersort 1 20095 Hamburg Verlagsleiter: Jan Henrik Groß Anzeigenleiter: Michael Menzer Herstellung: Jan Menssen Druck: Frank Druck GmbH & Co. KG, Preetz Bilder: Gerrit Schreurs; Christoph Niemann K U N S T I N HOL L A N D täglIch geöffnet von 9 bIs 17 Uhr Rijksmuseum.nl Jan DavIdsz. de Heem, stIllleben mIt Blumen In eIner Glasvase, 1650–1683 Rijks museum WILLKOMMEN!
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