Kurzer Dank an Marianne Huttel Zu ihrer Verabschiedung am 11.07.2015 in der Reinhardswaldschule Rudolf Messner Ehe Marianne Huttel in der Podiumsdiskussion als Moderatorin es möglich machen wird, sechs Personen mit unterschiedlichen Lebenshintergründen aus sechs verschiedenen Institutionen zum komplexen Thema INKLUSION zu einem Bilanzgespräch zusammenzuführen, bitte ich für einige Worte des Dankes an Frau Huttel um Ihre Aufmerksamkeit. Frau Prof. Bosse, die Vorsitzende des Zentrums für Lehrerbildung, hat mich darum gebeten. Mit ihr bin ich der Meinung, dass es geboten ist, die heutige Gelegenheit und Öffentlichkeit an DIESEM ORT, nämlich an Marianne Huttels Ort, der Reinhardswaldschule, dazu zu nutzen. Ich bin Herrn Prof. Matzdorf dankbar, dass er dieser Entscheidung zugestimmt hat. Heute ist Frau Huttel, die im August ihre Tätigkeit beendet, noch in Amt und Würden. Marianne Huttel hat ein wichtiges Amt inne. Sie trägt in der Hessischen Lehrkräfteakademie als Direktorin die Verantwortung für die Qualifizierung der Ausbildnerinnen und Ausbilder der 2. Phase der Lehrerbildung in Hessen. Das sind, um es in Zahlen auszudrücken, insgesamt 30 Studienseminare für Gymnasien, den beruflichen Bereich sowie Grund-, Haupt, Real- und Förderschulen mit 800 haupt- und nebenberuflich tätigen Personen. Die Qualifizierung der Ausbildnerinnen und Ausbilder der 2.Phase – diese komplexe Aufgabe lässt ahnen, wofür Du, liebe Marianne, eine Expertin bist: als federführend handelnde Person im hessischen Bildungsbereich das Unmögliche möglich zu machen. Diese Fähigkeit deutet sich schon im Lebens- und Berufsweg von Marianne Huttel an. Sie hat zwischen 1969 und 1975, nebeneinander an der Uni Gießen nicht nur ein Psychologiestudium mit dem Diplom (Diplomarbeit: „Sprechängste von Kindern“) absolviert, sondern auch ein Lehramtsstudium für Haupt- und Realschulen. Zudem hat sie therapeutsche Kompetenz erworben. Von 1976-1993 war sie als Schulpsychologin in Borken bei Fritzlar tätig, nicht ohne, wiederum typisch, in dem im selben Gebäude untergebrachten Studienseminar Fortbildungen für Referendare über Beratung in der Schule durchzuführen. Und sie zog während dieser Zeit zwei Kinder auf. Ab 1993 war Huttel mit Aufgaben in der Lehrkräfte – und Schulleiterfortbildung hier in der Reinhardswaldschule (RWS) tätig. Sie hat dabei – in einer wahren Odyssee durch mehrere Häuser, Funktionen und Ämter den ständigen Wandel der Institution vom HILF zum HeLP, zum PI Nordhessen, zur Außenstelle des Landesinstituts für Pädagogik und schließlich zur Außenstelle der Hessischen Lehrkräfteakademie in der Tagungsstätte RWS mitgemacht, besser: ertragen müssen. Frau Huttel hat dabei unverdrossen an ihrem Arbeitsort RWS ausgeharrt und ihren Arbeitsbereich, zuletzt in ständigem Wechsel zwischen Kassel und Frankfurt, in Zusammenarbeit mit Dezernatsleiterin Helga Kennerknecht zu konsolidieren und auszubauen vermocht. WIE hat Frau Huttel das Unmögliche möglich gemacht? 1 Dadurch, dass sie diese Aufgabe nicht durch VERWALTEN gelöst hat, sondern in einem sehr modernen innovativen Verständnis von staatlicher Bildungstätigkeit, das ich KOOPERATIVE LEADERSHIP, Ausübung kooperativer Führungsqualität, nennen würde. Das heißt, sie hat – mit ungeheurem Einsatz an Kooperations- und Verständigungsbereitschaft, deren Zeuge und Nutznießer auch ich oft sein durfte – die für die Bewältigung dieser scheinbar unmöglichen Aufgabe notwendige Steuerungs-, Management- und Koordinationsleistung zu dem ihren ganzen Tag bestimmenden Arbeitsprinzip gemacht. BILDUNGSMANAGEMENT UND STEUERUNG: Marianne Huttel ist von allen Personen, die ich kenne, am besten über die Neuerungen der Lehrerbildung aller drei Phasen informiert. Sie hat dieses Wissen durch die Wachheit und Beteiligung erworben, mit der sie auf allen relevanten Tagungen die Entwicklungen von Bremen über Bad Berka in Thüringen bis Hamburg, Potsdam und Paderborn verfolgt und mitgetragen hat. Sie hat dazu ein länder- und phasenübergreifendes Netzwerk von Lehrkräften und Ausbildnern in der ganzen Republik aufgebaut, das auch viele prominente Bildungsforscher einschließt. Von 2001–2003 war sie Mitherausgeberin des „journals für lehrerInnenbildung“. Gleichzeitig hat sie sich mit der Situation, dem Fortbildungsbedarf, den personellen Veränderungen und den Sorgen der hessischen Studienseminare bis ins Detail vertraut gemacht. Und: Frau Huttel hat beiderlei Wissen – Innovationen in der Lehrerbildung und Bedarf der Studienseminare – unter der steuernden Dezernatsleitung von Frau Kennerknecht planend zusammengeführt. In Klausurtagungen sind daraus unter Einbeziehung der Leitungspersonen aus dem Hessischen Kultusministerium und der Lehrkräfteakademie, aber auch der Adressaten, durch alle Fachgebiete hindurch NEUE FORMATE für die Qualifizierung der Ausbildnerinnen und Ausbilder entwickelt worden. Marianne Huttel ist den Weg zur praktischen Umsetzung der Programme zu Ende gegangen und hat auch an ihrer Realisierung in der RWS mitgewirkt, u.a. durch die Einwerbung von ReferentInnen. Sie ist damit aus meiner Sicht zu einem Handlungsvorbild für die hessische Bildungsszene geworden, gleichsam zu einem Modellversuch Marianne Huttel. Auch für die Lehrerbildung an der Kasseler Universität war es ein besonderer Gewinn, an der Netzwerk-Kompetenz von Frau Huttel teilzuhaben, nämlich ihrem Vermögen, Menschen zu gemeinsamer produktiver Tätigkeit zusammenzubringen und deren zielgerichtete Verflechtung am Leben zu erhalten. Beides ist gleich wichtig. Dies erfolgte zunächst über die von Prof. Heinrich Dauber in einem innovativen Schub beim Aufbau des Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) ab 20001 mit Unterstützung durch Wolfgang Gabler neu geschaffenen erweiterten Kooperationsformen und Projekte. Dann besonders auch in der Zusammenarbeit mit Prof. Frauke Stübig und Dorit Bosse als Vorsitzenden des ZLB. 1 Damit wurde an der Universität Kassel – m.W. als erster hessischer Hochschule – die von der Kommission zur Neuordnung der Lehrerausbildung an hessischen Hochschulen vorgeschlagene Einrichtung von „Zentren für Bildungsforschung und Lehrerausbildung“ studienbezogen umgesetzt (vgl. „Neuordnung der Lehrerausbildung“. Opladen 1997: Leske+Budrich, S. 136 ff. 2 Um nur Wichtigstes zu nennen: Frau Huttel hat seit 15 Jahren an allen Vorhaben des Kooperations- und Zentrumsrats mitgewirkt. Am Projekt Psychosoziale Basiskompetenzen, mit dem an der Uni Kassel ein bundesweit anerkanntes Modell zur Selbstüberprüfung der Eignung für den Lehrerberuf kreiert worden ist, war sie mithandelnd beteiligt. Unermüdlich hat sie Uni-Expertise in die von ihr gestalteten Fachtagungen in der RWS einbezogen. In der Schrift „Auf dem Weg zu einer phasenübergreifenden Lehrerbildung Nordhessen“ sind mehr als 20 Beispiele von durch Frau Huttel mit initierten Kooperationen aus dem Bereich Universität, Studienseminar und Schule dokumentiert. Mehr als 150 Namen von beteiligten Personen werden genannt.2 Ein besonderes Anliegen von Marianne Huttel war der Aufbau einer Bildungsregion Nordhessen. Dass es darin eine für Hessen beispielhafte Zusammenarbeit der Ersten und Zweiten Phase der Lehrerbildung gibt, ist wesentlich ihr zu verdanken. In einem früheren Text hat sich mir bei der Charakterisierung von Dir, liebe Marianne, unabweisbar das Bild des Sisyphos aufgedrängt. Ich habe dich in gebotener geschlechtlicher Spezifizierung als in Nordhessen für eine bessere Lehrerbildung und Schule kämpfende SISYPHA bezeichnet, die unermüdlich für die Verwirklichung menschenwürdiger Verhältnisse kämpft, in denen Schüler und Lehrpersonen bei der Entwicklung ihrer Stärken gefördert werden. Aber ich habe hinzugefügt, dass du dem Mythos des heroisch-vergeblichen Steine-Hinaufwälzens eine überraschende WENDUNG gegeben hast, die das scheinbar unentrinnbare Paradoxon der existenzialistisch gefeierten Vergeblichkeit des Einzelkämpfertums (Camus: „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen“) überwindet. Die Sysipha Marianne Huttel hat gezeigt, dass es möglich ist, den Stein nach oben zu bringen: Durch die klug vernetzte Kooperation von Vielen, die für das gleiche Ziel gewonnen werden. Nur in einem Fall ist es Dir trotz aller Bemühungen bisher nicht gelungen, den Stein ins Ziel zu bringen. Ich meine die dauerhafte Erhaltung der Reinhardswaldschule als besonderer Ort der Bildung, die als „Campus für Lehrerfortbildung mit Akademiecharakter und als landschaftlich konkurrenzloser Lernpark“ – wie du einmal formuliert hast – alle Voraussetzungen einer Stätte nachhaltiger Bildung erfüllt.3 Denn in ihr sind Präsenz und der Aufbau vertrauensvoller Arbeitsbeziehungen möglich. Mit dem Dank an Marianne Huttel verbinde ich den Wunsch, dass gerade durch ihren anstehenden Weggang das Besondere und Bewahrenswerte des Bildungsortes Reinhardswaldschule den in Hessen für Bildungspolitik Zuständigen bewusst wird. Dir Dank und gute Wünsche! 2 3 Vgl. Dorit Bosse, Marianne Huttel, Ann-Kristin Schneider, Lucia Stabik: Auf dem Weg zu eine phasenübergreifenden Lehrerbildung Nordhessen. Dokumentation bestehender Kooperationsbezüge 2010, Fuldatal: Amt für Lehrerbildung 2010, 55 S. Vgl. Anne Werderich (Hrsg.): Rückblick nach vorn. 60 Jahre Reinhardswaldschule. Fuldatal 2011. Mit Beiträgen von Wolf-Peter Betz, Fritz Bohnsack, Heinrich Dauber, Christoph Edelhoff, Marianne Huttel, Rudolf Messner, Jochen Pabst, Karlheinz Rebel, Klaus Schäfer, Bernd Wollring u.a. 3
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