Lokale Kultur MITTWOCH 25. NOVEMBER 2015 BI9 r<`^ÛUZV Zde UZV Y`YV <f_de} @ek\im`\n1 Nina Kühner führt Regie bei Rossinis kompakter Opernfarce „La Scala di Seta – Die seidene Leiter“. Der Einakter hat am Samstag Premiere im Theater Frau Kühner, kannten Sie Rossinis „Seidene Leiter“, bevor Sie den Regieauftrag bekamen? NINA KÜHNER: Nein. Aber mein Mann, der Orchestermusiker ist, kannte sie. In der Ouvertüre sind bekannte Vorspielstücke, deshalb kennt jeder Musiker die Oper, aber nicht den Inhalt. Warum wird die Oper selten gespielt? KÜHNER: Das ist eine witzige Komödie, aber ich glaube, sie wird so wenig gespielt, weil sie nur gut anderthalb Stunden dauert. Sie wurde ja auch sehr lange nicht gespielt und erst nach dem Krieg wieder ausgegraben. Jetzt taucht sie wieder überall auf. Wo siedeln Sie diese Geschichte an? KÜHNER: Wir haben uns eine Hintergrundgeschichte ausgedacht, die für uns zum Spielen funktioniert. Die Szenen spielen meist sehr spät am Abend. Wir spielen in einer italienischen Bar in Paris. Eine Bar hat Momente von Einsamkeit, kann aber auch ein Zuhause sein. Dormont ist ein alter Mafioso, dessen Bar nicht mehr so gut läuft. Deswegen macht er ein Geschäft mit Blansac. Der soll, wenn er Giulia heiraten will, auch die Bar kaufen. Das ist der Hintergrund, den man nicht immer mit einem Ausrufezeichen sieht, der aber das Spiel auf der Bühne erleichtert. Aber den Hintergrund bekommen die Zuschauer schon mit? nur als Hintergrundmusik läuft und wir schöne Bilder dazu machen. Rossini hat das ja nicht umsonst so geschrieben. Das ist aber Ansichtssache. Es gibt Regisseure, die lieber gegen die Musik arbeiten als mit der Musik. An einer Stelle habe ich auch etwas gegen die Musik inszeniert. KÜHNER: Das hoffe ich. Nicht, dass man alles sieht, aber das Spiel miteinander und den Grund versteht man. Es ist sehr viel los, und die Sänger sind sehr engagiert. Cornelie Isenbürger sagt immer, sie sitzt anderthalb Stunden auf einer Hochspannungsleitung. Was ist die besondere Herausforderung bei diesem Werk? KÜHNER: Komödie ist die hohe Kunst, und ich habe großen Respekt davor. Ich bin groß geworden mit Loriot, wir haben uns aber auch ein bisschen am Stummfilm orientiert, an Charlie Chaplin und Buster Keaton, was die Figur des etwas tölpelhaften Dieners Germano angeht. Bei Loriot und Chaplin herrscht eine große Präzision. Das sind riesige Steilvorlagen. In dieser Oper spielt das Verstecken hinter Türen eine große Rolle. Wir haben uns gegen Türen entschieden und zeigen sie in ihren absurden Verstecken: unter einem Lampenschirm oder hinter einer Zeitung. Das ist viel schwieriger zu spielen. Wie sieht das aus? KÜHNER: Bei der Arie der Lucilla gibt es Piccoloflöten, die wahnsinnig nerven, aber eine Spannung erzeugen, als würde Lucilla auf einem Dampfkochtopf sitzen und jeden Moment explodieren. Ich habe gesagt: Entweder engagieren wir jetzt den Spielmannszug und sie bekommt eine Riesentanznummer, oder wir brechen das. Aber es ist ganz, ganz schwierig, nichts zu machen, still zu halten, die Spannung nach innen zu spielen und nur in den Augen zu zeigen. Für Sänger ist es wesentlich anstrengender, gegen die Musik zu arbeiten als mit der Musik. Manchmal muss man ein bisschen dagegenhalten, aber mir ist es auch nicht egal, ob es den Sängern damit gut geht oder nicht. Ich finde es befruchtender, wenn es ein Miteinander ist und nicht ein Gegeneinander. Haben Sie ein Beispiel? KÜHNER: Germano kommt in die Bar. Er sieht sie, aber sie sieht ihn nicht. Sie singt und geht zur Bar, er taucht ab und stellt ein Bier hin, was sie dann nimmt. Das muss auf den Punkt sein, weil es sonst nicht mehr komisch ist. Man darf aber auch nicht über das Ziel hinausschießen und muss eine Grenze finden. Sie haben neben Oper auch Musical inszeniert. Was würden Sie noch gern inszenieren? KÜHNER: Operette. Das ist noch mal schwieriger als komische Oper, weil das so belastet ist von Klischeevorstellungen. Ich komme vom Gärtnerplatztheater in München, da gehörte Operette dazu, und alle haben das gern gemacht. Weil sonst das Komische ins Al- Die Handlung ¥ Giulia (Cornelie Isenbürger) hat ohne das Wissen ihres Onkels und Vormunds Dormont (Vladimir Lortkipanidze) den jungen Dorvil geheiratet. Ihr Liebster darf zwar jede Nacht unbemerkt über die „Scala di seta“, die seidene Leiter, zu ihr schleichen, doch das reicht ihm nicht mehr aus. Außerdem plant Giulias ahnungsloser Onkel gera- de, sie mit dem Weiberhelden Blansac (Yoshiaki Kimura) zu verheiraten. Um ihre Ehe mit Dorvil nicht zu gefährden, möchte Giulia ihre Cousine Lucilla (Nohad Becker) mit Blansac verkuppeln. Ihr Angestellter Germano (Caio Monteiro), seinerseits in Giulia verliebt, soll ihr dabei helfen, trägt aber nur zu weiterer Verwirrung bei. 8Vdaác Wácd <`^ZdTYV+ Die Bad Hersfelderin Nina Kühner gab ihr Regiedebüt 2002 an der Nürnberger Oper. berne umschlägt? KÜHNER: Genau. In Rossinis Farce gibt es Stereotype wie in der Commedia dell’Arte, aber die Beziehungen der Figuren sind nicht ganz klar. Giulia hat einen Vormund, aber wer ist das? Ihr Onkel? Wenn er ihr Onkel ist, ist dann Lucilla, Guilias Cousine, seine Tochter? Das haben wir uns ge- fragt, weil es wichtig ist für den Umgang miteinander auf der Bühne. Wie gehen Sie mit den Stereotypen um? KÜHNER: Mir ist es sonst immer sehr wichtig, auch zu zeigen, dass die Bösen nicht nur böse und die Guten nicht nur gut sind. Aber in so einer Ko- mödie ist das nicht unbedingt gefragt. Es ist auch manchmal schön, auf dem Stereotyp rumzureiten, das macht Spaß und fördert die Komik. Blansac zum Beispiel ist ein Weiberheld. Wir versuchen aber auch zu zeigen, dass es nicht nur lustig ist, ein Weiberheld zu sein, sondern dass das auch ein bisschen was Ekelhaftes hat. FOTO: WOLFGANG RUDOLF Es heißt, Sie inszenieren stark aus Musik und Wort heraus. KÜHNER: Rossinis Musik ist eine Steilvorlage, die ich gern bediene. Auch bei Donizetti oder Britten findet man in der Musik komplette Bilder, die man nur nehmen muss. Ja, ich bediene das. Das kann man gut finden oder nicht. Ich finde es schön, wenn die Musik nicht Kurz: Warum sollte man sich die Oper unbedingt anschauen? KÜHNER: Weil ich glaube, dass es ein sehr, sehr unterhaltsamer Abend wird, und das Ensemble so zu erleben, ist sehenswert. ´ Die Premiere ist am Samstag, 28. November, 19.30 Uhr, Stadttheater. Kartentel. 55 54 44. Das Gespräch führte Anke Groenewold :^acVddZ`_V_ Rfd 2^deVcUR^ 7RdkZ_ReZ`_ 4V]]` N\`\ M`ccX1 Studenten zeigen ihre fotografischen Arbeiten, Le`m\ij`kkjfiZ_\jk\i1 Kammerkonzert mit über 20 kurzen die in Amsterdam entstanden sind. Die Schau ist bis Mai 2016 im Ravensberger Park zu sehen Werken im Audimax VON ANKE GROENEWOLD ¥ Bielefeld. Mit dem Ziel, die in die Jahre gekommene „street photography“ neu zu beleben, reisten Studierende der Fachhochschulen Bielefeld und Dortmund im Mai nach Amsterdam. Warum Amsterdam? Weil dort die Stadtkulisse aus dem 17. Jahrhundert die Bühne bildet für ein modernes, internationales, pulsierendes Großstadtleben. „In Amsterdam ist viel zu holen“, sagt Roman Deppner, der mit seiner Dortmunder Kollegin Cindy Gates das Projekt geleitet hat. Tatsächlich bilden die rund 120 Arbeiten der 17 Studierenden, die eine Jury ausgewählt hat, ein breites Spektrum ab – von der Modefotografie über Architekturfotografie bis zur Videoarbeit, die das das Selbstinszenatorische in Haltung und Gestik von Menschen auf der Straße entlarvt. Manche Fotos fangen das ein, was sich gerade zufällig auf der Straße abgespielt hat. Andere sind inszeniert, „zum Teil wurde auch auf eine inszenierte Situation gewartet“, erklärt Deppner. Das Stadtbild war nicht der einzige historische Anknüpfungspunkt. Die Studierenden waren auch im Museum und holten sich Anregungen – unter anderem von Rembrandts „Nachtwache“. „Das ist auch ein Straßenbild“, so Roman Deppner. Der Bielefelder Student Felix Nürmberger zum Beispiel rückt sich in seiner Serie „Collateral Damage“ inmitten des Treibens auf der Straße selbst ins Bild. Es geht ihm um die Menschen, die rein zufällig und ungefragt auf seinen Selbst- bildnissen gelandet sind. Er deckt ihre Gesichter ab. Sie sind der Kollateralschaden. „Heute werden immer mehr Bilder online geteilt, und in Verbindung mit Gesichtserkennungssoftware wirft das Fragen auf“, sagt Nürmberger. Amsterdam eigne sich auch deshalb als Experimentierfeld für die Straßenfotografie, weil die Niederlande eine liberalere Form der Bildrechte hätten. „Bei uns ist die Straßenfotografie im alten Sinn nicht mehr möglich“, betont Deppner. Wer durch die Schau 6Z_Vc g`_ "(+ Felix Nürmberger nennt seine Serie „Kollateralschaden“. schlendert, hört Geräusche der Großstadt. Über den Fotos finden sich Aussagen berühmter Vertreter der street photography wie Garry Winogrand, Elliott Erwitt und Helen Levitt. ´ „Photography in Streets of History – Amsterdam im Fokus“ ist bis 20. Mai 2016 in der Weißen Villa/Museum Huelsmann im Ravensberger Park zu sehen. Öffnungszeiten: di.-sa. 14 – 18 Uhr, so. 11 – 18 Uhr. Mittwochs freier Eintritt für Studierende und Auszubildende. FOTO: MARIA ARNDT VON CLAUDIA VIOTTO ¥ Bielefeld. Zum ersten Mal erklang vom Universitätsorchester ein Titel der US-Metalband Metallica: „Nothing Else Matters“ stand am Ende des musikalischen Programms, das sieben Frauen und Männer der Cello-Riege des Universitätsorchesters vor über 300 Besuchern aufführten. Lara Venghaus moderierte das Konzert unter dem Titel „Cellissimo!“. Die künstlerische Leitung lag bei Tobias Schmidt-Detering, der selbst im Septett mitspielte. Mit glänzend-hellem Klang gab er zum Beispiel in einer Celli-Bearbeitung von Paganinis „Hexentanz“ den Ton an, eingerahmt vom Pizzikato dreier Kolleginnen. Über 20 kurze Werke für drei bis sieben Spieler standen auf der Playlist, die zeitlich vom Mittelalter bis heute reichte und die Faszination für das Cello, das Instrument mit dem großen Klangspektrum nachvollziehbar machte. Neu war auch der Einsatz eines Bühnenbilds: ein 14 Quadratmeter großes Acrylgemälde, entworfen vom Maler Rolf Fässer und ausgeführt von der Studentin Lisa Knoche von der Abteilung Kunst und Musik. Das farbenfrohe Bild verlieh dem Audimax etwas Wohnliches. Mit einer Cello-Version von Eric Saties „Je te veux“ im Walzertakt legte die siebenköpfige Crew los. Diese und einige andere Bearbeitungen stammen von Sigurd Müller, einem Bielefelder Cellisten, der die Gruppe in den letzten Wochen auf das Konzert vorbereitet hat. Locker-lässig präsentieren seine „Schüler“ nun Versionen von Songs aus dem Musical „My Fair Lady“ oder der Comedian Harmonists. Beim Hit „Veronika, der Lenz ist da“ klingen ihre Instrumente dem Sänger-Vorbild ähnlich zusammen. Die Musiker spielen auf verschiedenen Niveaus. Regina Disse spielt seit 29 Jahren im Orchester, wohingegen Franziska Hiller Cellospielen erst seit zwei Jahren erlernt. Am breitesten, in fünf Stimmen, verzweigt sich der Klang des Septetts in einem mittelalterlichen Trinklied. Polyphon im Bachschen Sinne kommt eine anspruchsvolle Gambensona- te daher, welche die drei Fortgeschrittensten vortragen. Langsam, etwas zaghaft, aber doch mit berührender Präsenz spielt die Gruppe das von Bach bekannte Kirchenlied „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Eine Herausforderung bildet wiederum das als deutsche Nationalhymne bekannte „Gott erhalte Franz den Kaiser“ aus Haydns Streichquartett, das mitsamt zwei Variationen gut gelingt. Franziska Hiller tauscht ihr Cello auch mal gegen den Flügel, um etwa „Caroline’s Air“ einzuleiten, dessen irisch-folkloristische Stimmung sich gut entfaltet. Weitere musikalische Bonbons gibt es mit Disse als Melodieführerin im leicht beschwingten „Menuetto“ von Boccherini und im neapolitanisch-volkstümlich inspirierten „Santa Lucia“. Am Ende bekommt das Publikum ein Arrangement des MetallicaHits zu hören, die zentralen Melodien vielfach abgewandelt und effektvoll eingerahmt, in höchsten, silbrigen Tönen von Svea Kramers Cello klingt es aus. Hierfür gibt’s kräftigen Applaus.
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