Interview Braunvieh 1/ 2014 Fotos mal ganz natürlich Lustenberger natural pictures verzichtet auf das Bearbeiten seiner Kuhbilder am PC D ie professionelle Tierfotografie hat sich in den letzten zehn Jahren enorm verändert. Durch die digitale Fotografie und Bildbearbeitungsprogramme ist es möglich, die Kühe auf den Bildern nachträglich zu bearbeiten. Die gängigste Korrektur ist, die Oberlinie der Kühe zu begradigen. Auch Korrekturen an den Zitzen, im Halsbereich oder an anderen Körperstellen sind üblich, beim einen Fotografen mehr, beim anderen weniger. Mit diesem Beitrag möchten wir niemanden ›in die Pfanne hauen‹. Profifotografen liefern lediglich genau das ›Produkt‹, das ihre Kunden verlangen. Fotografen, die diesen Trend nicht mitmachen, verschwinden vom Markt, weil ihre Bilder nicht den Kundenwünschen entsprechen. Wenn sich aber ein Fotograf selbst die Vorgabe macht, keine Bilder zu bearbeiten, dann finden wir das bemerkenswert. Konrad Lustenberger aus dem Kanton Schwyz hat genau das getan. BRAUNVIEH: Sie fotografieren unter dem Label ›Lustenberger natural pictures‹. Wofür steht dieses Prädikat? . Lustenberger: ›Lustenberger natural pictures‹ steht für eine natürliche Fotografie der Kühe, Rinder und Stiere. Die Tiere werden so perfekt wie irgendwie möglich gestellt und abgelichtet. Manipulationen am Tier werden vor und nach dem Fotografieren nicht vorgenommen. Zum Prädikat zählt auch, dass wir mit den Tieren ruhig arbeiten und respektvoll umgehen, auch wenn es mal etwas länger dauert. Perfekte Vorbereitung wie Halftertraining, Scheren, Waschen und Styling ist für mich aber ein Muss! BRAUNVIEH: Welche Veränderungen machen Sie mit Photoshop oder einem anderen Bildbearbeitungsprogramm, welche nicht? Lustenberger: Erlaubte Änderungen am Bild sind bildkosmetischer Art: Eine Stromleitungsstange oder ein Auto im Hintergrund retouchiere ich weg. Auch kleine Stellen an der Kuh erlaube ich mir zu verbessern, etwa Fliegen und Bremsen im Sommer, eine haarlose Stelle oder Hautverletzungen. Keine Änderung gibt es bei der oberen Linie, bei der Zitzenstellung, in der Nacheuterhöhe oder der Voreuterlänge. Der Hals wird nicht geschmälert oder verlängert und die Rippenzeichnung bleibt, so wie sie ist. BRAUNVIEH: Wie ist die Idee entstanden? Lustenberger: Als ich nach einer längeren kreativen Pause wieder vermehrt zum Fotografieren angefragt wurde, wollte ich mich etwas abheben und habe das Label ›Foto-Team Lustenberger‹ gegen ›Lustenberger natural pictures‹ getauscht. Zudem habe ich keine Zeit, noch BRAUNVIEHINTERVIEW Foto privat 6 Konrad Lustenberger »Ich bin 40 Jahre alt, ausgebildeter Landwirt mit Weiterbildung zum Ing. Agr. FH Fachbereich Tierproduktion und Wirtschaftsingenieur. Ich arbeite als regionaler Verkaufsleiter mit Fachrichtung Milchviehfütterung.« Lustenberger ist verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter. Der älteste Sohn ist bereits aktiv als Fotoassistent dabei und wurde schon vom Viehzuchtfieber gepackt. LUSTENBERGER ZUCHT »Abseits des Fotografierens nenne ich ein paar Braunviehtiere mein Eigen, nebst Teileigentum bei vier OB-Tieren ist sicher Huray KalingaET aus Denmark Kobra meine bekannteste in der Herde. Zusätzlich sorgen ein paar sehr interessante US-Embryonen noch für Nervenkitzel, bis diese endlich geboren sind.« LUSTENBERGER ONLINE Die Fotos von Konrad Lustenberger sind zu sehen unter www.facebook. com/LustenbergerNaturalPictures LUSTENBERGERVORLIEBEN Ich mag Fleisch und Salat, eigentlich alles, was unsere Bauern produzieren. Gerne trinke ich Wasser, Saftschorle und Wein. Mein Musikgeschmack: Von Volksmusik bis Heavy Metal. stundenlang hinter dem PC zu sitzen und die züchterischen Mängel einer Kuh ›zu verbessern‹ – das überlasse ich lieber den Züchtern bei der nächsten Anpaarung. BRAUNVIEH: Wie ist die Reaktion der Züchter, Verbände und Stationen? Lustenberger: Ich bekam sehr schnell positive Rückmeldungen. Von den Zuchtverbänden, vor allem Braunvieh Schweiz, war der Tenor sehr einhellig und positiv. Die KB-Organisationen hingegen sind momentan kaum für diese Art Tierfotografie zu begeistern. Züchter begrüßen die ehrliche Abbildung der Kühe, es gibt ganz wenige Ausnahmen. Die Rückmeldungen kommen aus einem breiten Züchterpublikum von OB-Züchtern bis zu BSZüchtern. BRAUNVIEH: Gibt es auch Rückmeldungen von potenziellen Kunden, die nicht von Ihnen fotografieren lassen, weil die Bilder nicht so ›optimiert‹ und im Zweifelsfall für den Wettbewerb nicht so perfekt sind? Lustenberger: Ja, die gibt es schon, allerdings kommen diese Stimmen selten direkt zu mir, ich höre darüber über Umwege. BRAUNVIEH: Wie ist die Auftragslage? Dieses Jahr habe ich aufgrund der hohen Schaudichte sehr viele Tiere fotografiert. Nach wie vor ist die Nachfrage nach gutem Bildmaterial ungebrochen. Ich war an der Berner BraunviehKantonalschau, den drei Luzerner Eliteschauen, der Schwyzer Züchtergruppe, bei der AHG in Buchloe, der Braunviehschau Appenzell, dem Stierenmarkt Zug und natürlich auf zahlreichen Betrieben für Einzeltiere. Ich kann auf die Mithilfe eines tollen Teams zählen. Wir sind meist zu viert tätig, vor allem an Ausstellungen. BRAUNVIEH: Wo sehen Sie die Zukunft in der professionellen Tierfotografie? Lustenberger: Die Fotos werden noch perfekter in Schärfe und Bildqualität. Aus den USA kommt der Trend, die Kühe im Laufhof zu fotografieren und dann mittels Computer-Technologie in eine spezielle Kulisse zu setzen und zusätzlich die Kuh noch komplett umzugestalten. Das wird auch in Europa und der Schweiz nicht Halt machen. Diese Bilder haben wir in den Inseraten und Katalogen ja bereits jetzt bei Importgenetik. Diesen Trend werde ich nicht mitmachen. Ich bin nur in der Freizeit als Fotograf unterwegs und kann kaum das ganze Viehzuchtland Schweiz abdecken. Ich bin aber überzeugt, dass meine Art zu fotografieren einen gewissen Markt hat und diesen auch weiterhin haben wird. Mir bereitet dies großen Spaß. Ist dieser nicht mehr vorhanden, lege ich die Kamera auf die Seite. Interview: Josef Berchtold Fotos und Bildunterschriften: Lustenberger 7 »Wagor-Tochter Wyona. Ihr Besitzer Richard Studer wollte schon länger ein Bild dieser Kuh, wenn sie frisch gekalbt hat. Wir konnten Wetter und Vegetation diesen Sommer miteinbeziehen. Die Kuh wurde wunderbar vorbereitet. Das Foto ist ein klares Beispiel, dass tolle Kühe keine Nachbesserungen am PC benötigen.« »Stuward Fantasia war Siegerkuh an der AHG-Schau in Buchloe, an der unser Team erstmals außerhalb der Schweiz tätig war. Die Kuh hat uns schon am Vortag gefallen. Der Besitzer sagte uns nach den Aufnahmen, dass er sich nun wirklich auf ein unmanipuliertes Bild freue.« Fotoshooting mit Vigor Hawaii bei Rolf Stocker. Ziel war eigentlich ein Fressbild der Kuh, und dass der Hund dabei in die Kamera schaut. Über die FacebookVeröffentlichungen kam das Bild nach England, wo es der dortige Zuchtverband als Titelbild veröffentlichte. »PTT Starbuck Kendra (links) und U.S. Selection Sliker Sagita. Es sind die beiden einzigen Kühe von Ueli Schwegler. Er wünschte ein Bild mit hohem Erinnerungswert, obwohl er von beiden schon Profibilder hatte.« »Mocambo Joya ist eine Kuh, die mir persönlich sehr gefällt. Langlebige starke Milchkühe mit super Euter – mehr brauchen wir nicht. Für mich verkörpert diese Kuh das Zuchtziel.« »Vigor-Tochter Faith gewann ihre Abteilung in Buchloe. Sie ist eine tolle Kuh, deren Oberlinie man am Computer noch weiter verbessern könnte. Das ist aber nicht unser Ziel. « »Das Foto von Moiado Prune entstand bei Stephane Baumgartner auf einer Tour mit Michael Eugster. Mein Helfer Hugo Studhalter hatte die Idee mit dem Bild am Gartenzaun. Das Foto kam auf die Titelseite von Braunvieh Schweiz.«
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