Grundschule beendet Kreidezeit - HLS

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KREIS PINNEBERG
Hamburger Abendblatt
Mittwoch, 3. Juni 2015
T E R M I N E , N O T D I E N S T E , K I N O S
Projektleiterin Vicky Lodemann erklärt im Unterricht mit der 4b, wie das neue Smartboard als elektronische Schultafel genutzt werden kann
Burkhard Fuchs
Grundschule beendet Kreidezeit
Ellerbeks Hermann­Löns­Schule ist landesweite Modellschule für digitale Medien. Schüler lernen an Smartboard und Laptops
BURKHARD FUCHS
:: Schneller hätte es
kaum laufen können. Mitte Mai reichte
die Hermann-Löns-Grundschule in Ellerbek ihre Bewerbung beim Bildungsministerium in Kiel ein. Wenige Tage
später konnte Schulleiterin Thorina
Nielsen die Urkunde in Empfang nehmen. Ihre Schule, in der 140 Kinder von
zwölf Lehrern unterrichtet werden, ist
zu einer von zwölf Modellschulen in
Schleswig-Holstein ernannt worden,
die beispielhaft mit den Schülern nach
dem Motto „Lernen mit digitalen Medien“ arbeiten. Sie ist die einzige Modellschule im Kreisgebiet und neben
Müssen, Wahlstedt und Bargteheide
eine von landesweit vier Grundschulen,
die auf diesem Gebiet Vorreiter sind.
„Wir haben zehn von zehn Punkten
erreicht“, sagt Projektleiterin Vicky Lodemann stolz. Eines der Jurymitglieder
habe ihr gesagt, von den 111 Schulen,
die Anträge einreichten, habe das Ellerbeker Konzept herausgeragt. „Bei der
Hermann-Löns-Schule in Ellerbek fiel
uns sofort auf, dass das gesamte Kollegium von den digitalen Medien in positiver Art und Weise infiziert ist“, heißt
es in der Laudatio der MinisteriumsJury. „Dies und die einzelnen Unterrichtsideen, die stets die Inklusion mit
bedenken, haben die Jury überzeugt.“
Die Schule hat viele Jahre Erfahrung
ELLERBEK
IMPRESSUM
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ANZEIGE Schulleiterin Thorina Nielsen vor dem Plakat, mit dem sich die Schule beworben hat Englischlehrerin Gitta Stein hat festgestellt, dass die Kinder am Tablet lieber Vokabeln lernen als im Buch
mit digitalen Medien. Vor zehn Jahren
wurde ein Computerraum eingerichtet.
Seit zwei Jahren arbeiten die Schüler
mit 22 gespendeten Tablets in allen
möglichen Fächern bestimmte Lernaufgaben, erläutert Schulleiterin Nielsen. Dies ermögliche einen Unterricht,
der individuell auf die Stärken und
Schwächen und den Leistungsstand der
Schüler eingeht. So rechne beispielsweise das eine Kind schon mit großen
Zahlen, das andere mit niedrigeren,
und das geistig behinderte Mädchen in
der vierten Klasse löse wiederum andere Aufgaben als ihre Mitschüler.
Zudem gibt es WLAN an der Schule
und in jedem Klassenraum zwei internetfähige PCs. Für 5000 Euro wurde
ein digitales Smartboard angeschafft,
das je zur Hälfte aus Adventsbasareinnahmen und einem Zuschuss der Ge-
meinde finanziert werden konnte. Dieses elektronische Gerät ist etwa so groß
wie eine normale Kreidetafel und bietet verschiedene Anwendungsmöglichkeiten. Es lässt sich darauf schreiben,
E-Mails empfangen, digitale Daten herunterladen und Lernprogramme bearbeiten. Mit der Suchmaschine „Blinde Kuh“ können zudem jede Menge Informationen über bestimmte Begriffe
herausgefunden werden. Zudem würden die Kinder auch über den richtigen
Umgang und die Gefahren aufgeklärt,
die im weltweiten Datennetz lauern.
„Wir sehen das als wichtige Ergänzung, als Bereicherung zum Unterricht,
die heute unbedingt notwendig ist“, betont Rektorin Nielsen. Aber nach wie
vor werde in Schulbüchern gelesen, gerechnet und geforscht. „Wir wollen
nicht papierlos werden“, beschreibt
Projektleiterin Vicky Lodemann das
Modell. „Aber wir sind auf dem Weg,
kreidefrei zu werden.“
Damit dieses Vorhaben auch in naher Zukunft verwirklicht werden kann,
braucht die Grundschule acht weitere
Smartboards, um alle Klassen damit
auszustatten. Im Moment wechseln
sich die Klassen bei der Nutzung des
einzigen Geräts ab. Um dies finanzieren zu können, wofür etwa 40.000 Euro
benötigt werden, haben Schule und Gemeinde alle Haushalte und Betriebe in
Ellerbek angeschrieben und um Unterstützung geworben.
Ob der Einsatz der digitalen Medien die Schüler besser und nachhaltiger lernen lässt, soll jetzt in dem zwei
Jahre währenden Modellversuch herausgefunden und überprüft werden,
berichtet Schulleiterin Nielsen. Dabei
werde sich die Ellerbeker Schule mit
den drei anderen Modell-Grundschulen vernetzen und Erfahrungen austauschen und Lehrer aus dem ganzen Land
zu Hospitationen einladen. Denn auch
die Fortbildung der Lehrkräfte wird
sich durch den Einsatz digitaler Medien verändern.
Englischlehrerin Gitta Stein hat
jedenfalls festgestellt, dass ihre Schüler
intensiver und engagierter bei der Sache sind, wenn sie mit dem Tablet Vokabeln lernen als wenn sie dieselbe
Aufgabe auf einem Arbeitsbogen lösen.
Natur soll für alle erlebbar sein
Neue Internetseite in leichter Sprache in Appen vorgestellt. Angebot ist per QR­Code erreichbar
:: Um die Natur im Kreis
Pinneberg für alle Menschen erlebbar
zu machen, haben verschiedene Vereine, Stiftungen und Verbände ein ganz
besonderes Projekt umgesetzt. Auf der
Internetseite www.umwelt-barrierefrei.de werden Informationen zu Naturerlebnisräumen im Kreis Pinneberg
in leichter Sprache angeboten. „So können auch Menschen mit Lernschwäche
oder Behinderung, aber auch Migranten und ältere Menschen, die nicht
mehr so gut lesen können, die Natur
verstehen und sich informieren“, sagt
Rainer Adomat, Geschäftsführer der
Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie.
Zunächst umfasst das Online-Angebot das Elbmarschenhaus in Haseldorf mit der Integrierten Station
Unterelbe und dem Garten für alte
Obstsorten, den Wassererlebnisbereich
des Abwasserzweckverbandes (Azv),
den Bereich Archäologie im Schaugarten auf dem Schäferhof in Appen, sowie
den Appener See und die Liether Kalkgrube. Die Stiftung Hamburger Arbeiter-Kolonie tritt als Projektträgerin
auf, als Partner sind die Kulturgemeinschaft Tornesch, der Azv Südholstein,
Tourismus in der Marsch, der Naturschutzbund (Nabu) sowie die Stiftung
Lebenshilfe Südholstein beteiligt.
Die Idee ist so simpel wie genial:
An den Hinweis- und Info-Tafeln in
den Naturerlebnisräumen werden sogenannte QR-Codes angebracht. MitAPPEN
tels Smartphone können diese QR-Codes eingescannt werden. Nach einer
kurzen Bestätigung wird der Nutzer auf
die Internetseite in leichter Sprache
umgeleitet. Ein vergleichbares Projekt
gibt es in Schleswig-Holstein nicht.
Auf der Internetpräsenz gibt es sowohl allgemeine Informationen, beispielsweise zum Garten mit alten Obstsorten oder zur Entstehung des Appener Sees, als auch weiterführende Infos
zu den einzelnen Einrichtungen und
Organisationen. Die Projektleitung
hatte Carola Neu inne. „Wir haben etwa
ein halbes Jahr an der Umsetzung des
Projekts gearbeitet“, sagt Neu. Dabei
waren nicht nur die Vertreter der Institutionen, Verbände und Stiftungen involviert, sondern auch Menschen mit
Behinderungen. Dennis Vogel von der
Lebenshilfe nahm gemeinsam mit an-
deren die Texte für die Internetseite
unter die Lupe. „Wir haben probiert,
wie gut man die Texte verstehen kann“,
sagt er. An vielen Stellen musste nachgebessert werden. In leichter Sprache
zu schreiben, sei gar nicht so einfach,
sagt Carola Neu. „Frau Neu hat das gut
gemacht und schön geschrieben“, sagt
Vogel. Außerdem durften er und seine
Mitstreiter die Naturerlebnisbereiche
selbst testen und Vorschläge machen,
wie diese interessanter oder eben barrierefrei gestaltet werden könnten.
Die neue Internetseite ist aber
noch nicht fertig. „Das Angebot soll
möglichst laufend ergänzt werden“,
sagt Rainer Adomat. Ab sofort ist die
Seite auch unter www.natur-fuer-alleim-kreis-pinneberg.de zu erreichen.
Gefördert wurde das Projekt durch das
Land Schleswig-Holstein (mme)
Sie wollen die Na­
tur im Kreis Pinne­
berg für alle Men­
schen erlebbar machen: die Betei­
ligten des Projekts zeigen die Schilder mit QR­Codes
Marvin Mertens
Videowagen im Kreis
Pinneberg soll dieses Jahr
abgeschafft werden
:: Die Gewerkschaft der Polizei schlägt Alarm: „Wir
befürchten, dass im Kreis Pinneberg
auf Bundes- und Landesstraßen absehbar keine Überwachung von schweren
Verkehrsdelikten mehr stattfindet“,
sagt Reimer Kahlke, Vorsitzender der
Regionalgruppe Segeberg-Pinneberg
der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Grund sei die noch für 2015 geplante
Abschaffung des einzigen Videofahrzeugs der Polizei, das bisher vom Bezirks- und Autobahnrevier genutzt
wird und in Pinneberg stationiert ist.
Laut Kahlke muss Innenminister
Stefan Studt in dieser Woche über ein
Konzept entscheiden, das Einschnitte
bei der Verkehrsüberwachung vorsieht.
In diesem Bereich will die Landesregierung einen Teil des Stellenabbaus bei
der Landespolizei vornehmen. Das
Konzept sehe vor, im Kreis Pinneberg
2015 und 2016 insgesamt 3,5 Stellen zu
streichen. Betroffen sei die zentrale
Unfallauswertung (2,5 Stellen), die
künftig in abgespecktem Umfang von
Kiel aus erfolgen soll. Eine weitere
Stelle betreffe die Videoüberwachung.
Sie solle mit sieben statt bisher
20 Fahrzeugen landesweit von Neumünster (A 7, A 23, A 210, A 215) und
Bad Oldesloe (A 1, A 24, A 20, A 21) aus
erfolgen. „Die Intensität wird abnehmen“, prognostiziert Kahlke. Er hält
dies für das falsche Signal. „Herr Studt,
stoppen sie diesen Irrsinn!“ (kol)
KREIS PINNEBER G