Wann ambulant, wann stationär operieren?

Wann ambulant,
wann stationär
operieren?
Der Patient kommt morgens in
die Klinik, in ein Operationszentrum, in die Ambulanz oder auch
in eine Arztpraxis. Er wird dort
noch am gleichen Tag operiert und kann am Abend wieder nach Hause gehen – das Prinzip des ambulanten
Operierens, dem eine große Zukunft vorausgesagt wird.
Lange Liegezeiten im Krankenhaus werden vermieden;
das ist effektiv, spart Kosten, und der Patient ist schnell
wieder zu Hause. Pro Jahr ließen sich so 5,3 Milliarden
DM einsparen. Inzwischen lassen sich zwei Millionen
Menschen jährlich ambulant operieren. Zur Zeit können
über 400 verschiedene Operationen ambulant durchgeführt werden, von der Entfernung entzündeter Rachenmandeln über die Korrektur eines Bandscheibenvorfalls bis hin zur gynäkologischen Bauchspiegelung.
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?
Der Arzt wird sich bei
der Entscheidung für
eine ambulante Operation von mehreren
Faktoren leiten lassen,
so von dem Allgemeinzustand des Patienten,
möglichen Vorerkrankungen, dem sozialen
Umfeld (Angehörige,
betreuender Hausarzt,
Nachbehandlungsmöglichkeiten), der
Frage, ob sich der Eingriff als ambulante
Operation eignet.
Was für den Patienten verlockend klingen mag, setzt Bedingungen voraus, die der Arzt und die Klinik erst einmal erfüllen müssen. Die hygienischen Auflagen für die
Erlaubnis zu ambulanten Operationen sind immens. So
muß es zum Beispiel Räume für Voruntersuchungen und
Untersuchungsboxen geben; auch Aufwachräume und
Liegeboxen werden benötigt, in denen sich der Patient
mit einer Begleitperson aufhalten kann. Umkleideräume
dürfen ebenfalls nicht fehlen. Der Operateur muß Facharzt sein, zum Beispiel Chirurg oder Orthopäde. Er wird
genau abwägen, ob die Operation, die an ihn herangetragen wird, seine Möglichkeiten in der Praxis nicht
übersteigt. Er wird sich davor hüten, jeden Eingriff, nur
weil er im Abrechnungskatalog aufgeführt wird, auch zu
machen. Allerdings gibt es unter Ärzten zum Teil sehr
unterschiedliche Auffassungen darüber, was ambulant
operiert werden kann. Der Patient sollte den Arzt daher
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Was muß ich über Operationen wissen?
nie bedrängen! Schließlich ist er wie bei stationären Eingriffen auch für Probleme während und nach ambulanten Operationen verantwortlich.
Welche Komplikationen drohen?
Selbst nach örtlichen Betäubungen kann es schon zu
Komplikationen kommen, die der Operateur in den Griff
bekommen muß. So treten Allergien oft innerhalb kürzester Zeit schon während der Narkose und der örtlichen
Betäubung auf. Blutdruckschwankungen, Herzrhythmusstörungen oder Atemkrämpfe sind innerhalb der ersten
vier bis sechs Stunden beobachtet worden. Schwellungen nach der Operation können zu Durchblutungsstörungen an den operierten Extremitäten führen. Nachblutungen können sich zu tödlichen Komplikationen ausweiten, etwa bei größeren Eingriffen wie Blinddarmoperationen! Die meisten und schwersten „postoperativen
Komplikationen“ entstehen innerhalb von 24 bis 48
Stunden nach der Operation.
Dieses Schlüsselproblem hat den prophezeiten Boom
beim ambulanten Operieren gedämpft. Komplikationen,
die nach der Operation zu Hause auftreten und nicht
rechtzeitig behandelt oder gar nicht erkannt werden,
übersteigen die Kosten einer stationären Behandlung bei
weitem. Alleine bei einer Blutungskomplikation wegen
einer nicht erkannten Gerinnungsstörung entstehen Kosten von 10 000 bis 20 000 DM für Blutersatzmittel.
Im nächsten Jahrtausend werden mehr als die Hälfte
der Patienten älter als 50 sein. Damit steigen auch die
Nebenerkrankungen, die gegen ambulante Operationen
sprechen. Auch beklagen Mediziner die schlechte Art, in
der Arzt und Patient heute Krankheiten verarbeiten. Und
das spricht dafür, über die weitere Abnahme von Liegezeiten in Kliniken und Ausweitung ambulanter Operationen weiter ernsthaft nachzudenken.
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Nicht geeignet für
ambulante Operationen sind Sie zum
Beispiel wenn,
• bei Ihnen Ohnmachtsanfälle bei Bewegungen oder beim
Sport bekannt sind
oder Ohnmacht nach
dem 60. Lebensjahr
aufgetreten ist;
• Ihr Blutdruck zu
hoch ist;
• Sie Bluter sind;
• Sie schwer behindert sind;
• Sie eine schwer
kontrollierbare Zukkerkrankheit haben
oder stark insulinabhängig sind.