Fachbeitrag Werkstoffe für Erdspeicher „Entscheidungskriterien für Fachplaner und Fachbetrieb“ von Enrico Götsch Öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger Bestellungsgebiet: Sanitärtechnik, Betriebs- und Regenwassernutzung Brückenstraße 11 08297 Zwönitz Fax: 037754/75584 E-Mail: [email protected] erschienen in der Fachzeitschrift „Sanitär + Heizungstechnik“ Heft 6/2000 WERKSTOFFE für Erdspeicher Entscheidungskriterien für Fachplaner und Fachbetrieb Die heute üblichen umfangreichen Produktbeschreibungen erschweren es vielen Fachleuten bei der Breite ihres Fachgebietes alle Hintergründe einzelner Bereiche zu ertasten. Gewährleistungsforderungen und enttäuschte Kunden sind meist die Folge. Erst praktische Erfahrung und die Betrachtung unter physikalisch statischen Gesichtspunkten helfen weiter. Alle aufgeführten Behältermaterialien besitzen ihre individuellen Vorteile und Einsatzgrenzen. Eine grundsätzliche Favorisierung einer Materialgruppe ist nicht möglich und sollte in jedem Einzelfall abgewogen werden. Grundsätzlich kann in Europa nach dem Zisternenmaterial im Erdreich in drei Hauptgruppen unterschieden werden. Zisternen im Erdreich in monolitischer Bauweise Stahltanks Betonbehälter Kunststofftanks Die monolitische Behälterbauweise hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen und prägt wesentlich den Stand der Technik. Als monolitische Behälter werden Zisternen bezeichnet, deren Speicherraum aus einem Stück besteht, oder als fertig montierte Einheit vom Hersteller angeliefert werden. Einzige Besonderheit stellen noch Großbehälteranlagen dar, die in Ortbeton oder in speziellen Segmentbauweisen gefertigt werden. v links: Zisterne in Ringbauweise v rechts: undichte Ringzisterne Die aus dem Kläranlagen- und Schachtbau bekannte Ringbauweise konnte sich wegen häufig auftretender Gewährleistungsansprüche in der Regenwassernutzung nicht durchsetzen. Im Kläranlagenbereich werden noch entstandene Risse an Mörtelfugen, die durch Setzen des Bauwerks hervorgerufen werden, durch Schlamm verschlossen. In der Regenwassernutzung bedeutet dies meist Wasserverluste und Beeinträchtigung der Wasserqualität. Alle aufgeführten Behältermaterialien besitzen ihre werkstoffeigenen Vorteile und Einsatzgrenzen. Die Behälterauswahl sollte individuell erfolgen. Die in meiner Tätigkeit häufig ausschlaggebenden Entscheidungskriterien sind: Entscheidungskriterien Transport Auftrieb Überfahrbarkeit Seite 2 Eine früher aufgestellte Hypothese bezüglich einer möglichen Beeinflussung der Wasserqualität durch Zisternenwerkstoffe, sollte seit Veröffentlichung unzähliger Untersuchungen kein Entscheidungsmerkmal mehr darstellen. (König, Dr. Holländer) Bei dieser Konstellation sollte sich das Fachunternehmen im Rahmen der VOB-C schriftlich über den Hinweis der Belastungsklasse an den Bauherren absichern. Eine Belastung dieser Behälter mit Möbelwagen oder Heizoelfahrzeug muß dauerhaft ausgeschlossen sein. In der Kategorie der Überfahrbarkeit nehmen Stahl- und Betonzisternen aufgrund ihrer Eigenfestigkeit eine besonders geeignete Stellung ein. Kunststoffzisternen müssen nach Angaben vieler Hersteller zusätzlich mit einer Betonummantelung versehen werden, um die zusätzlichen statischen Kräfte einer Befahrung aufzunehmen. Bei der Überfahrbarkeit wird in verschiedene Belastungsklassen unterteilt. Die kleinste Gruppe ist die Klasse A für begehbar und setzt sich bis zur Klasse D für Schwerlastverkehr fort. Auch die Kraft des Auftriebs von Behältern, die durch Grundwasser hervorgerufen wird, sollte nicht unterschätzt werden. Auch Behälter mit einem Eigengewicht von mehreren hundert Tonnen sind in der Vergangenheit „Opfer“ dieser Kräfte geworden. Hier sind auch in der neu entstehenden Regenwassernorm DIN 1989 entscheidende Eckwerte zu finden. So einigte sich die Fachwelt darauf, daß Betonzisternen das 1,1 fache und Kunststoffzisternen das 1,3 fache ihres Gewichtes FG (einschließlich Erdüberdeckung) der Auftriebskraft FA entgegenzusetzen haben, um als auftriebssicher zu gelten. Die Angabe der Belastungsklasse sollte vor Beginn einer Bautätigkeit ausnahmslos feststehen, eine Nachbesserung am bestehenden Behälter ist nicht möglich. Nach der Anforderung der Überfahrbarkeit wird der gesamte Behälter gefertigt und nicht wie fälschlicherweise oft angenommen, nur die Behälterabdeckung. Im öffentlichen Bau sollte unabhängig von der Position der Zisterne grundsätzlich die höchste Belastungsklasse gewählt werden, um eine prinzipielle Überfahrbarkeit durch ein Feuerwehrfahrzeug zu gewährleisten. Diese Anforderung wird gesetzlich von vielen Landesbauordnungen und deren Fachbehörden, wie dem „Amt für Brandund Katastrophenschutz“ durchgesetzt. Auftrieb : FA = V ⋅ ς ⋅ g und FG = m ⋅ g Neueste Materialien oder besonders ausgewählte geometrische Formen ermöglichen auch einigen Kunststoffherstellern eine bedingte Überfahrbarkeit für PkW‘s ohne zusätzliche Betonummantelung. Seite 3 Stahl- und Kunststoffzisternen müssen unter dieser Betrachtung fast ausschließlich durch zusätzliche Maßnahmen beschwert oder abgesichert werden. Die Absicherung kann durch das Umspannen des Speichers mit Edelstahlbändern und deren Verankerung auf einer Bodenplatte erfolgen. Das Beschweren erfolgt meist durch das Aufbringen und Verfüllen der Baugrube mit Beton. In der Praxis ist das Beschweren von Kunststoffspeichern mit Beton umstritten. Auftretende Kräfte zwischen Auftrieb und Erdüberdeckung sind schwer einschätzbar und können zu einer Verformung und langfristiger Materialbeeinflussung der Zisternen führen. Um ein Installationsrisiko zu umgehen, sollte eine detaillierte Abklärung mit dem Hersteller erfolgen. v beschädigte und verformte Zisterne durch Grundwassereinfluß (Auftrieb) Die sicherste Variante für Fachplaner und Fachbetrieb ist bei hohem Grundwasserstand meist die Betonzisterne, die durch ihre massive Bauart und deren Eigenmasse ein beträchtliches Gewicht dem Auftrieb entgegensetzt. Sollte dies nicht ausreichend sein, wird der Behälter im unteren Bereich durch einen Betongürtel kostengünstig verstärkt. Seite 4 Bei den Transporteigenschaften sind Kunststoffzisternen durch ihr geringes Gewicht im Vorteil. Mühelos können vier Mitarbeiter eine 5 qm Zisterne von Hand transportieren und selbst bei schwierigen Baulagen problemlos versetzen. Stahl- und Betonzisternen- Hersteller versuchen diese Besonderheit durch eine komfortable Anlieferung auszugleichen. Die Hinweise in diesem Artikel sollen mehr Planungs- und Ausführungssicherheit geben und helfen, Gewährleistungsverpflichtung abzudecken und Ihre Kunden auch langfristig zufrieden zu stellen. Enrico Götsch Öbv. Sachverständiger Seite 5
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