transparenz in internationalen lieferketten

T R A N S PA R E N Z
I N I N T E R N AT I O N A L E N
LIEFERKETTEN
Hintergrundinformation zur Fairen Woche 2015
11.-25. September 2015
www.fairewoche.de
11.-25. September 2015
www.fairewoche.de
INHALT
Herausgeber: Forum Fairer Handel e.V.
Redaktion:
Christoph Albuschkat (Weltladen-Dach­verband e.V.), Julia Lesmeister (Forum Fairer Handel e.V.),
Daniel Debray (TransFair e.V.)
Gestaltung: Dreimalig Werbeagentur, Köln
Stand: Juni 2015
Diese Hintergrundinformation erscheint nicht in gedruckter
Form, sondern ausschließlich im PDF-Format.
Vorwort
Seite 3
Transparenz in internationalen Lieferketten –
Das Thema der Fairen Woche 2015
Seite 4
Transparenz im Fairen Handel
Seite 9
Fotonachweise:
Titelbilder 1 und 2: © lobOlmo
Titelbild 3: © Fotolia / piberger
Titelbild 4: Weltladen Bornheim / Christian Schilling
Seite 4: ©Fair Trade Advocacy Office / Camille Poulie
Seite 7: ©Germanwatch
Seite 9: ©Fairtrade / Eduardo Martino
Weiterführende Informationen
Seite 12
Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
Seite 7
Gefördert aus Mitteln des Kirchlichen Entwicklungsdienstes durch Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, MISEREOR sowie
ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des BMZ.
Für den Inhalt dieser Publikation ist allein das Forum Fairer Handel e.V.
verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH und dem Bundesministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.
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VORWORT
Die Faire Woche beschäftigt sich in diesem Jahr mit dem
Thema „Transparenz in internationalen Lieferketten“. Gleich
mehrere Gründe sprechen für die Wahl dieses Themas.
Zum einen ist Transparenz eines der Grundprinzipien des
Fairen Handels. Ein offener, partnerschaftlicher Umgang
zwischen allen Akteuren entlang der Lieferkette ist die Basis
des Fairen Handels und zugleich ein zentrales Element, um
die Glaubwürdigkeit des Fairen Handels abzusichern.
Zweitens gewinnt der Wunsch nach mehr Transparenz über
die Herstellungs- und Lieferbedingungen immer mehr an
Bedeutung für Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch sowie die
zahlreichen Lebensmittelskandale der letzten Jahre haben
ihren Teil dazu beigetragen, dass immer mehr Menschen
genauer hinschauen, wo und wie die Produkte, die sie kaufen, hergestellt wurden. Transparenz in der Lieferkette ist
dabei der Schlüssel zu einer selbstbestimmten und verantwortungsvollen Kaufentscheidung.
Und schließlich steht die Regulierung der Verantwortung von
Unternehmen für ihr Handeln entlang ihrer Produktions- und
Lieferketten in diesem Jahr in Deutschland weit oben auf der
politischen Agenda. Denn derzeit erarbeitet eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Auswärtigen Amtes einen
nationalen Aktionsplan, um die UN-Leitlinien für Wirtschaft
und Menschenrechte umzusetzen. Ein transparentes unternehmerisches Handeln ist Voraussetzung dafür, dass Firmen
für die Folgen ihres Wirtschaftens verantwortlich gemacht
werden und Betroffene ihre Rechte einklagen können.
In dieser Broschüre geben wir Ihnen zu den drei genannten
Punkten einige Hintergrundinformationen an die Hand. Wir
möchten Sie so in die Lage versetzen, Ihre Kund/innen bzw.
die Besucher/innen Ihrer Veranstaltungen zur Fairen Woche
auf das Problem der mangelnden Transparenz in internationalen Lieferketten anzusprechen und diesem die Prinzipen
des Fairen Handels gegenüberzustellen. Zur weiteren Unterstützung stellen wir Ihnen neben dieser Broschüre ein Plakat sowie ein Faltblatt zum Thema zur Verfügung.
Vielleicht kommt das Thema Transparenz bei Ihren Veranstaltungen nur am Rande zur Sprache. Eventuell überlegen
Sie aber auch, eine Veranstaltung gezielt zum Thema Transparenz zu organisieren – sei es eine öffentlichkeitswirksame
Aktion auf der Straße oder eine Podiumsdiskussion mit
Vertreter/innen der lokalen Wirtschaft, der Politik und des
Fairen Handels. Wir möchten Sie anregen, sich an der aktuellen Unterschriftensammlung von Weltladen-Dachverband
und Forum Fairer Handel zur Stärkung der Transparenz und
der Unternehmensverantwortung zu beteiligen. Je mehr
Unterschriften Sie und wir sammeln können, umso größer
ist das Gewicht, das die politischen Forderungen an die
Bundesregierung, für mehr Transparenz in internationalen
Lieferketten zu sorgen, haben. Hinter die Lieferkette von
Kaffee blicken Sie übrigens in diesem Jahr zum Coffee Fairday am 25. September.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und gutes
Gelingen bei Ihren Veranstaltungen zur Fairen Woche.
Christoph Albuschkat
Weltladen-Dachverband e.V.
Daniel Debray
TransFair e.V.
Julia Lesmeister
Forum Fairer Handel e.V.
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TRANSPARENZ IN INTERNATIONALEN LIEFERKETTEN –
DAS THEMA DER FAIREN WOCHE 2015
„Transparenz auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette verwandelt diese in eine Wertschätzungskette.“
der Kohleproduktion sowie im Baubereich. Diese Fallstudien
machen die fatalen Auswirkungen von mangelnder Transparenz und Machtmissbrauch zu Lasten von Mensch und
Umwelt deutlich.
Von einer Wertschätzungskette ist der weitaus größte Teil
des Welthandels weit entfernt. Ausbeuterische Kinderarbeit, Arbeitsbedingungen, die an Sklavenarbeit erinnern
und mangelnde Sicherheit an Arbeitsplätzen sind für Millionen Menschen schreckliche Realität. In jüngster Zeit
hat vor allem der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in
Bangladesch im April 2013 diese Arbeitsbedingungen offensichtlich werden lassen und viele Verbraucher/innen und
Politiker/innen zum Nachdenken gebracht. Dieses schreckliche Ereignis, bei dem über 1.000 Menschen ihr Leben
verloren, hat in Bezug auf das Thema Transparenz in internationalen Lieferketten zwei Dinge deutlich werden lassen:
Zum einen bleiben die Bedingungen, unter denen Millionen
Menschen weltweit leben und arbeiten, weitgehend verborgen. In vielen Fabriken rund um den Globus herrschen
ähnlich katastrophale Arbeits- und Sicherheitsbedingungen.
Es ist somit nur eine Frage der Zeit, bis sich ein ähnliches
Unglück in einem anderen Land wiederholen wird. Den
Produkten, die in diesen Fabriken hergestellt werden, sieht
man die Produktionsbedingungen dahinter weder an, noch
erwähnen es die Firmen, die in diesen Fabriken produzieren
lassen, in ihren Nachhaltigkeitsberichten und Werbeprospekten. Zweitens hat das Unglück gezeigt, dass intransparente Produktions- und Lieferbedingungen es den Unternehmen erleichtern, sich der Verantwortung für die Folgen ihres
Handelns zu entziehen. Es hat mehr als zwei Jahre gedauert, bis auch die letzten Firmen, die dort haben produzieren
lassen, in den von der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO) kontrollierten Entschädigungsfonds eingezahlt haben.
Die Leidtragenden sind die Menschen am Anfang der Lieferkette, die eine zu schwache Lobby haben und denen der
Zugang zu juristischem Beistand durch administrative Hürden erschwert ist.
Die aktuelle Studie „Who’s got the power?“ („Wer hat die
Macht?“) des Fair Trade Advocacy Office (FTAO) in Brüssel
untersucht Machtkonzentrationen und Handelspraktiken in
landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten am Beispiel von
Bananen, Kakao, Kaffee und Rohrzucker. Sie kommt zu dem
Schluss, dass die Marktmacht bestimmter Akteure strukturell verankert sei und dass sie oftmals missbraucht werde
– mit fatalen Folgen für die schwächeren Glieder der Lieferkette. Diese befänden sich oft in einer starken Abhängigkeit
von den großen Konzernen, die ihnen z. B. die Abnahme­
preise diktieren oder den Zugang zu Weiterverarbeitungsan­
lagen oder zur Exportinfrastruktur verwehrten. Hinzu komme,
dass es keine adäquaten politischen Instrumente gäbe,
um diesen Problemen zu begegnen. Die Autor/innen der
Studie richten die Forderung an die Politik, die Marktmacht
der großen Konzerne einzudämmen, um die Einhaltung
der Menschen- und Arbeitsrechte entlang der Lieferketten
sicherstellen zu können. Dazu zähle auch eine Verbesserung
der Transparenz in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten sowie die Förderung kleinbäuerlicher Strukturen, wie
es im Fairen Handel der Fall sei. Die Studie kann in einer
Lang- und Kurzfassung u. a. heruntergeladen werden unter
www.fairtrade-advocacy.org/power.
Alnatura Magazin 12/2014
Missstände öffentlich machen
Das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung hat
in Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen eine Reihe
von Steckbriefen zum Thema Unternehmensverantwortung
und Transparenz in internationalen Lieferketten herausgegeben, die unter www.cora-netz.de/cora/steckbriefe/ abrufbar
sind. Sie dokumentieren Fälle in ganz unterschiedlichen
Branchen – z. B. im Textilsektor, in der Kaffeewirtschaft, in
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Mangelnde Transparenz in internationalen Lieferketten ist
somit ein Faktor, der die Marktmacht der Anbieter von
Agrar­betriebsmitteln sowie Handelskonzernen und Einzelhändlern begünstigt.
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TRANSPARENZ IN INTERNATIONALEN LIEFERKETTEN –
DAS THEMA DER FAIREN WOCHE 2015
Verbraucher/innen fordern Transparenz ein
Unter welchen Umständen wurde mein T-Shirt produziert?
Wie viel bekommt der Kaffeebauer für einen Sack Kaffee?
Wurde mein Tee mit Pestiziden behandelt? Immer häufiger
wollen sich Verbraucherinnen und Verbraucher über die
Hintergründe der Dienstleistungen und Produkte, die sie
kaufen und konsumieren, informieren. Das Bedürfnis der
Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr Transparenz
hat einen hohen und weiter wachsenden Stellenwert – vor
allem im Hinblick auf Lebensmittel. Transparenz über ein
Produkt und über das Unternehmen, das dieses Produkt
anbietet, ist in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen
Faktor geworden, der in den Augen der Verbraucher/innen
die Qualität eines Produktes zu weiten Teilen mit prägt.
Laut Stiftung Warentest greift heute mehr als jede/r dritte
Verbraucher/in häufig zu sogenannten ethischen Produkten,
also Produkten aus ökologischer Landwirtschaft, Fairem
Handel oder zu Waren, bei deren Herstellung anderweitig
die Umwelt geschont und Rechte der Arbeiter/innen geachtet wurden. Neben den oben genannten Skandalen dürfte
die zunehmende Komplexität der Produkte und Dienstleistungen dazu führen, dass Verbraucher/innen sich zunehmend verunsichert fühlen und nach mehr Informationen
verlangen. Hubertus Primus, Vorstand der Stiftung Warentest, stellt fest: „Transparenz nimmt im Zuge der fortschreitenden Globalisierung und Deregulierung in vielen Märkten
ab.“ Umso wichtiger sind Organisationen, die sich darum
bemühen, mehr Transparenz über Herstellungsbedingungen,
Zutaten und Auswirkungen auf Mensch und Umwelt in die
Öffentlichkeit zu tragen. Ihre Arbeit zielt darauf ab, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine qualifizierte Kaufentscheidung zu ermöglichen, die dann wiederum einen Anreiz
für Unternehmen darstellt, entsprechend umwelt- und
sozialverträglich zu handeln. Unter anderem folgende Organisationen erfüllen diese Informationsaufgabe, teilweise in
staatlichem Auftrag und mit öffentlicher Finanzierung, teilweise durch Spenden finanziert:
Produktverpackungen richtet. Einen anderen
Schwerpunkt legt die Verbraucher Initiative
mit ihrer Seite www.nachhaltig-einkaufen.de/
unternehmens-check/unternehmens-check2:
Dort werden Anbieter von Produkten und Dienst­leistungen daraufhin überprüft, ob sie verantwortungsbewusst handeln und entlang ihrer Lieferkette sorgsam mit
Mensch und Umwelt umgehen.
Stiftung Warentest
Ökotest
Foodwatch
Verbraucherzentralen
Verbraucher Initiative
Zahlreiche Unternehmen nehmen ihre Verantwortung für
Mensch und Umwelt sehr ernst. Sie versuchen, die negativen Auswirkungen ihres Handelns auf die involvierten
Menschen und die Umwelt möglichst gering zu halten und
machen diese Bemühungen transparent – indem sie sich
externen Kontrollen und Überprüfungen unterziehen (z. B.
EMAS, SA 8000, FLO-CERT, Gemeinwohlbilanz, …) und
darüber informieren (Nachhaltigkeitsberichte, Website, …).
Andere Unternehmen versuchen, durch Transparenz bei
www.test.de
www.oekotest.de
www.foodwatch.org
www.vzbv.de
www.verbraucher.org
Die Verbraucherzentrale bietet mit der Seite
www.lebensmittelklarheit.de ein Informationsportal, das
den Fokus auf Zutaten von Lebensmitteln und Angaben auf
Neben den Dienstleistungen der o. g. Organisationen
bieten Umwelt- und Sozialsiegel Orientierung für Verbraucher/innen für die Wahl der Waren, die ihren Kriterien am
ehesten entsprechen. Angesichts der über 1.000 Siegel,
Zeichen und Label, die mittlerweile Produkte und Dienstleistungen auszeichnen, erreichen sie jedoch oft das Gegenteil
von dem, was sie erreichen sollen: Sie tragen zur Verwirrung
bei. Auch, weil die Unabhängigkeit der Vergabe bzw. deren
externe Kontrolle bei vielen Zeichen fraglich bzw. unklar ist.
Die Bundesregierung will mit dem neu geschaffenen Portal
www.siegelklarheit.de für mehr Transparenz sorgen, wofür
die einzelnen Zeichen stehen. Auf Seiten der Nichtregierungsorganisationen bietet die Verbraucher Initiative mit
ihrer Seite www.label-online.de Hintergrundinformationen
sowie eine Bewertung von knapp 600 Labeln. Die Bewertung erfolgt nach den Kriterien Anspruch, Unabhängigkeit,
Kontrolle und Transparenz.
Unternehmen und Transparenz
Viele Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass Transparenz zu einer wichtigen Kaufentscheidung für Verbraucher/innen geworden ist. Eine Agentur für Unternehmenskommunikation bezeichnet Transparenz dementsprechend
als einen „Erfolgsfaktor“. Mittlerweile gibt es kaum ein
Produkt oder eine Dienstleistung, die vom jeweiligen Anbieter nicht mit dem Attribut „Transparent“ beworben wird
– angefangen bei Fertighäusern über Versicherungen bis hin
zu Bestattungen.
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TRANSPARENZ IN INTERNATIONALEN LIEFERKETTEN –
DAS THEMA DER FAIREN WOCHE 2015
einigen Produkten von Defiziten in anderen Bereichen
abzulenken. So werben beispielsweise große deutsche
Lebensmitteldiscounter mit Transparenz in Bezug auf die
Herkunft ihrer Fisch- und Fleischwaren, verschweigen aber,
dass sie gleichzeitig ihre Marktmacht u. a. dazu benutzen,
ihre Einkaufspreise für andere Lebensmittel zu drücken.
Wieder andere Firmen versuchen, sich mit positiven Eigendarstellungen und selbst kreierten Labeln, die oft schwer
nachvollziehbar und nicht unabhängig kontrolliert sind, den
Anschein großer Transparenz zu geben. Lockere gesetzliche
Regelungen erleichtern es Unternehmen zusätzlich, sich Formulierungen zu bedienen, die mehr versprechen, als sie halten. So ist z. B. der Begriff „Aus der Region“ nicht gesetzlich geregelt. Illustriert mit ein paar glücklichen Kühen auf
einer saftigen Wiese zeichnet er ein positives Bild eines Produktes, das mit dem tatsächlichen Herstellungsprozess nicht
viel gemein haben muss. An dieser Stelle sei angemerkt,
dass der Begriff „Fairer Handel“ ebenfalls nicht gesetzlich
geregelt ist, so dass jedes Unternehmen von sich behaupten
kann, Fairen Handel zu betreiben. Umso wichtiger sind klare
Kriterien und effektive Prüfsysteme, wie es sie im Fairtrade-System oder bei den Mitgliedern des Forum Fairer Handel
(FFH) gibt, die die Einhaltung der Kriterien sicherstellen.
Nach Angaben des CorA-Netzwerkes informiert derzeit
jedoch nur ein kleiner Teil der Unternehmen mit seriösen
Zahlen und Fakten zu Nachhaltigkeitsthemen. Hinzu kommt,
dass die Berichte schwer miteinander vergleichbar sind
und dass Unternehmen nicht verpflichtet sind, Aussagen zu
menschenrechtlichen und ökologischen Auswirkungen ihres
Handelns zu machen. Die im CorA-Netz zusammengeschlossenen Organisationen sehen daher Transparenz als einen
essenziellen Bestandteil gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung. Sie fordern von der Bundesregierung u. a.,
eine Offenlegungspflicht für alle großen und mittelgroßen
Unternehmen einzuführen, die auch Tochterunternehmen
und Zulieferbetriebe umfasst.
Die Politik ist gefordert!
Das Unglück von Rana Plaza hat die Folgen mangelnder
Transparenz auf schreckliche Weise deutlich gemacht. Für
Bundesentwicklungsminister Müller war das Unglück ein
Impuls, das Thema Transparenz in internationalen Lieferketten weit oben auf seiner Tagesordnung anzusiedeln. Er
bezeichnet es als „eine zentrale entwicklungspolitische
Herausforderung unserer Zeit“. Eine konkrete Folge daraus
ist die Gründung des Textilbündnis – eine Initiative des
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BMZ, die darauf abzielt, gemeinsam mit der Textilwirtschaft
„die sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen entlang der gesamten Lieferkette des Textil- und
Bekleidungssektors nachweislich zu verbessern.“ „Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf, dass
wir hier gemeinsam Verbesserungen erreichen und mehr
Transparenz für die Kaufentscheidung geschaffen wird“,
sagte Minister Müller bei der Gründungsveranstaltung des
Textilbündnisses. Der derzeitige Prozess zur Erarbeitung
eines nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte (siehe Seite 7) ist eine Möglichkeit, auf politischer
Ebene mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in internationalen Produktions- und Lieferketten zu verankern. Darüber
hinaus haben Minister Müller sowie Bundesarbeitsministerin
Nahles in einem Zukunftspapier angekündigt, das Thema
„gute Arbeit weltweit“ im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft in diesem Jahr auch auf die internationale Tagesordnung zu bringen.
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DIE UN-LEITPRINZIPIEN FÜR WIRTSCHAFT UND MENSCHENRECHTE
In Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte
ist festgeschrieben: „Jeder, der arbeitet, hat das Recht
auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und
seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende
Existenz sichert.“ Dieses Recht wird tagtäglich in Fabriken,
auf Plantagen, auf Containerschiffen und in vielen anderen
Arbeitszusammenhängen millionenfach mit Füßen getreten.
Die Macht großer Konzerne hat im Zuge der fortschreitenden Globalisierung ständig zugenommen. Mehr als 3.200
bilaterale Investitionsschutzabkommen haben seit den
1950er Jahren die Handlungsspielräume für Unternehmen
erweitert. Politische Leitlinien, die die Unternehmen entlang
ihrer Produktions- und Lieferketten zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichten, sind nicht in gleichem Umfang
verbindlich festgeschrieben worden. Somit wurde es transnationalen Konzernen erleichtert, ihre Macht auszunutzen
– oftmals zu Lasten von Mensch und Natur.
Der UN-Menschenrechtsrat hat im Juni 2011 einstimmig Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beschlossen,
die zum Ziel haben, genau solche Regulierungslücken zu
schließen. Diese Leitprinzipien beruhen auf drei Säulen:
• Staatliche Pflicht, alle Menschen vor Verletzungen ihrer
Menschenrechte zu schützen
• Verantwortung der Unternehmen zur Achtung der
Menschenrechte
• Zugang zu effektiven Rechtsmitteln für Betroffene von
Menschenrechtsverletzungen
Während andere EU-Länder bereits einen nationalen
Aktions­plan zur Umsetzung dieser Leitprinzipien erarbeitet
haben, hat sich die vorherige Bundesregierung einer entsprechenden Aufforderung durch die EU-Kommission verweigert. Erst 2014 wurde in Deutschland ein entsprechender
Dialogprozess gestartet. Unter Federführung des Auswärtigen Amtes entwickelt dazu eine Steuerungsgruppe, in
der Vertreter/innen der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft
unter Einbezug von Expert/innen und der Öffentlichkeit mitarbeiten, einen Aktionsplan für Deutschland. In den nächsten Monaten werden die verschiedenen Themenbereiche
des Aktionsplans diskutiert, bevor ab Dezember die Erstellung des Textes beginnt. Die Bundesregierung wird Mitte
2016 alleine über diesen Aktionsplan entscheiden.
Nichtregierungsorganisationen (NROs) wie das CORA-Netzwerk und das Fair Trade Advocacy Office sowie die gemeinsame Kampagne von Weltladen-Dachverband und Forum
Fairer Handel Mensch. Macht. Handel. Fair. fordern von
der Bundesregierung, einen ambitionierten Aktionsplan zu
erarbeiten und umzusetzen. Jörg Asmussen, Staatssekretär
im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, hat bei einer
Konferenz zum Stand des Erarbeitungsprozesses am 6. Mai
genau dies zugesagt und sich dafür ausgesprochen, dass
ein deutscher Aktionsplan verbindliche Vorgaben für Unternehmen enthalten müsse. Erwartungsgemäß äußerten Vertreter/innen der Wirtschaft Vorbehalte gegen verbindliche
Regelungen.
Die im CorA-Netzwerk zusammengeschlossenen NROs
haben ihre Erwartungen an den Aktionsplan in einem Positionspapier zusammengetragen. Sie fordern unter anderem,
• dass der staatliche Schutz vor Verstößen gegen die Men schenrechte nicht an den eigenen Staatsgrenzen enden
dürfe, vor allem im Hinblick auf das Agieren transnationa ler Konzerne;
• dass deutsche Unternehmen gesetzlich zur Sorgfalt
gegenüber Menschenrechten verpflichtet werden;
• dass die gesetzlichen Vorgaben zur sozial verantwort lichen öffentlichen Beschaffung verbindlich gestaltet
werden;
• dass Betroffene einen erleichterten Rechtszugang
erhalten;
• dass die Bundesrepublik Deutschland Ausführungsricht linien für menschenrechtliche Sorgfalt erarbeitet, die
deutschen Unternehmen und Finanzinstitutionen als
verbindliche Maßgabe dienen;
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DIE UN-LEITPRINZIPIEN FÜR WIRTSCHAFT UND MENSCHENRECHTE
• dass bei gravierenden Menschenrechtsverstößen von Tochterfirmen auch die entsprechenden Mutterunter nehmen haftbar gemacht werden können;
• dass durch Rechtsreformen in Deutschland auch Unter-
nehmen strafrechtlich verfolgt werden können;
• …
Gleichzeitig machen die NROs deutlich, dass sie die UN-Leitlinien nur als Mindeststandard ansehen, der „umfassend
und ohne Abstriche umzusetzen“ sei. Ergänzend verweisen
sie auf weitere internationale Abkommen, in denen die
staatliche Berücksichtigung menschenrechtlicher Belange
festgeschrieben ist, und fordern eine stärkere Beachtung
und Kohärenz dieser Abkommen.
Die aktuelle politische Kampagne
„Mensch. Macht. Handel. Fair.“ von
Weltladen-Dachverband und Forum
Fairer Handel knüpft an die Forderung
nach effektiven Klagemöglichkeiten
gegen Menschenrechtsverstöße sowie
nach einer gesetzlichen Verankerung einer
menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht für
Unternehmen an. Die konkreten Forderungen:
Die Bundesregierung soll ein Gesetz erarbeiten, dass
• deutsche Unternehmen dazu verpflichtet, die Auswir-
kungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt entlang der gesamten Lieferkette zu identifizieren, negativen Auswirkungen entgegenzuwirken und eingetre-
tene Schäden zu beheben;
• klarstellt, dass Unternehmen für eingetretene Schäden haftbar gemacht werden können, wenn sie die Einhaltung dieser Sorgfaltspflicht nicht nachweisen können;
• Betroffenen aus dem Ausland ermöglicht, deutsche Unternehmen wegen der Verletzung der gebührenden menschenrechtlichen Sorgfalt vor deutschen Gerichten verklagen zu können.
Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, führen
Weltladen-Dachverband und Forum Fairer Handel in diesem
Jahr eine Unterschriftensammlung durch, die auch noch
während der Fairen Woche andauern wird. Die Unterschriften werden im Winter von Weltladen-Dachverband und
Forum Fairer Handel an die Bundesregierung übergeben, so
dass die Forderungen in den Prozess zur Erarbeitung eines
nationalen Aktionsplans einfließen.
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Das von TransFair ins Leben gerufene Bananenforum vereint alle Akteure entlang der Bananenlieferkette, also
Importeure, Händler und Konsument/innen an einem Tisch, um Ansatzpunkte für eine nachhaltigere Wertschöpfungs­
kette zu finden. Es hat zum Ziel, den gesellschaftspoliti­
schen Dialog über den Bananenmarkt anzuregen und eine
Charta der Verantwortung zu entwickeln. Diese soll im
Herbst 2015 verabschiedet werden.
Fairtrade International begegnet dem Problem mangelnder
Transparenz unter anderem mit dem neuen Händler-Standard. Er wurde grundlegend überarbeitet und Anfang 2015
vorgestellt. Mehr Transparenz in Fairtrade-Wertschöpfungsketten, mehr Respekt für Arbeitsrechte und Umweltschutz und die Gelegenheit, über die Kernanforderungen
hinauszuwachsen, sind die zentralen Anliegen des überarbeiteten Standards.
Mit dem Fairtrade-Textilstandard wird die wohl längste Lieferkette transparenter – die der Kleidung, die wir tragen.
Fairtrade International entwickelt derzeit den neuen Standard für die komplette Wertschöpfungskette, so dass nicht
nur die Baumwollproduktion, sondern die gesamte Produktionskette nach Fairtrade-Kriterien ablaufen wird.
Am 25. September 2015 will TransFair gemeinsam mit Städten, Schulen, Weltläden, gastronomischen Betrieben, dem
Handel, der Politik und Privatpersonen durch viele Aktionen
zum Coffee Fairday mehr Fairness für Kaffeebauern erreichen – eine gute Gelegenheit, um einmal hinter die Lieferkette des liebsten Heißgetränks der Deutschen zu schauen.
Fairtrade Kaffee
Kleine Bohne
Grosse Wirkung
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TRANSPARENZ IM FAIREN HANDEL
Transparenz genießt im Fairen Handel einen hohen Stellenwert, u. a., weil sie ein entscheidender Faktor ist, um
seine Glaubwürdigkeit zu untermauern. Die grundlegende
Bedeutung der Transparenz im Fairen Handel wird z. B.
dadurch deutlich, dass sie im ersten Satz der Definition des
Fairen Handels als einer von drei Werten genannt wird: „Der
Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog,
Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt.“ Transparenz ist für
Fair-Handels-Organisationen ein zentraler Wert ihrer Unternehmenskultur, der sich an vielen Stellen niederschlägt. Ihr
transparentes Handeln belegen Fair-Handels-Organisation
durch ihre große Auskunftsbereitschaft und indem sie sich
durch externe Umwelt- oder Sozialzertifizierungssysteme
überprüfen lassen (z. B. FLO-CERT, EMAS, Gemeinwohlbilanz) und die Ergebnisse offenlegen.
werden können. Etwa 70 % ihrer Lebensmittel stammen
zusätzlich aus biologischem Anbau, wo die Rückverfolgbarkeit der biologischen Zutaten gegeben ist. Bei der
Auswahl der Verarbeiter in Deutschland legen die Fair-Handels-Akteure Wert auf Unternehmen, die die Kriterien des
Fairen Handels respektieren und z. B. für eine getrennte
Verarbeitung der fair gehandelten Rohstoffe sorgen. Hierfür
müssen z. B. die Anlagen angehalten, gesäubert und ggf.
neu eingestellt werden. Auch im Fairtrade-System ist die
Rückverfolgbarkeit der Produkte bis hin zu den Produzentenorganisationen gewährleistet, außer bei den Produkten, die
mittels Mengenausgleich oder Rohstoffprogramm gehandelt
werden, um auch kleinen Produzentenorganisationen ohne
eigene Verarbeitungsanlagen einen Zugang zum FairtradeSystem zu ermöglichen. Würde man die physische Rückverfolgbarkeit für alle Fairtrade-Produkte voraussetzen,
wäre die Folge, dass manchen Produzenten-Organisationen
dadurch Nachteile bis hin zum Marktausschluss entstehen
könnten, da die produzierte Rohstoffmenge zu gering ist, um
eigene Produktionslinien zu bestücken.
Was Transparenz als zentrales Prinzip des Fairen Handels in
der Praxis bedeutet, sei an einigen Beispielen verdeutlicht:
Die Prinzipien des Handels sind transparent und werden
überprüft
Der Faire Handel basiert auf Grundsätzen, die international
abgestimmt und anerkannt und im FINE-Grundlagenpapier
festgelegt sind. Dazu zählen:
• „Die Partner begegnen einander mit Respekt und berück sichtigen unterschiedliche Kulturen und Rollen.“
• „In der Darstellung der Organisation, ihrer Finanzen und
Struktur wird transparent und verantwortlich gehandelt,
sowohl gemäß der jeweiligen Rechtsprechung als auch
gemäß den Vereinbarungen des Fairen Handels.“
• „Die Kommunikation ist offen und konstruktiv“
Fair-Handels-Akteure arbeiten auf dieser Grundlage und
machen damit transparent, wie sie Handel betreiben. Die
Umsetzung dieser Prinzipien wird anhand verschiedener
externer Zertifizierungs- und Monitoringverfahren überprüft. Bei einer Zertifizierung handelt es sich um eine externe punktuelle Kontrolle, die zu einem bestimmten Datum
festgelegte Kriterien überprüft und gemäß dem Ergebnis ein
Siegel vergibt oder nicht. Monitoring ist ein fortlaufender
Prozess, bei dem im Dialog Schwachstellen gefunden und
analysiert sowie Verbesserungsschritte festgelegt werden.
Diese Überprüfungsverfahren sind ein essentieller Beitrag
zur Transparenz im Fairen Handel.
Transparenz in der Kommunikation
Eine Aufgabe der Fair-Handels-Akteure besteht darin, klar
zu kommunizieren, welche Produkte bzw. welche Bestandteile von Produkten aus Fairem Handel stammen. Das
geschieht z. B. über unabhängig kontrollierte Siegel, wie
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Rückverfolgbarkeit der Produkte
Bei den Mitgliedern des Forum Fairer Handel, die ihre
gesamte Unternehmenspolitik am Fairen Handel ausrichten,
ist gewährleistet, dass ihre Produkte bis zum Handelspartner, oft sogar bis zum/r einzelnen Produzent/in nachverfolgt
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TRANSPARENZ IM FAIREN HANDEL
z. B. das Naturland Fair- und das Fairtrade-Siegel, die auf
den jeweiligen Produkten zu finden sind. Neben den Siegeln
stehen die Marken der vom Weltladen-Dachverband anerkannten Fair-Handels-Unternehmen für Fairen Handel. Weltläden, die Mitglied im Weltladen-Dachverband sind, verpflichten sich, ihr Sortiment nur mit Waren von anerkannten
Fair-Handels-Organisationen zu bestücken – abgesehen von
wenigen, gekennzeichneten Ausnahmen, die das Sortiment
abrunden. Die transparenten und intensiven Handelsbeziehungen ermöglichen den Fair-Handels-Organisationen die
Erstellung von authentischen Portraits der Handelspartner,
sowohl im Internet, teilweise aber auch direkt auf den Produktverpackungen. Auf Anfrage stellen die Fair-Handels-Unternehmen weitergehende, aktuelle Informationen über die
Handelspartner zur Verfügung. Mit Hilfe des Fairtrade-Codes
(www.fairtrade-code.de) können Verbraucher/innen direkt
Bilder und Hintergrundtexte über ausgewählte Produkte und
ihre Herstellungsbedingungen erhalten. Außerdem werden
auf der Verpackung weitere Informationen über das Produkt
kommuniziert, wie die mögliche Anwendung eines Mengenausgleichs sowie die Vermarktung von Zucker, Kakao
oder Baumwolle im Rahmen der Fairtrade-Programme. Diese
Information ist wichtig für die Konsument/innen, weil sie
transparent darstellt, dass in diesen Fällen die physische
Nachverfolgbarkeit der Rohstoffe nicht möglich ist.
Neben der Kommunikation gegenüber den Verbraucher/
innen spielt im Fairen Handel auch der Austausch zwischen
Importeur und Handelspartner eine große Rolle. In der
Regel bestehen direkte und langjährige Kontakte zwischen
den Produzentenorganisationen und den Fair-Handels-Organisationen in Deutschland, die u. a. durch gegenseitige
Besuche mit Leben gefüllt werden. Eine offene und frühe
Kommunikation, z. B. über mutmaßliche Liefermengen oder
auch über schwierige Themen wie das mögliche Auslaufen
einer Handelsbeziehung, ist wichtig und Ausdruck einer vertrauensvollen Partnerschaft.
Offenlegung der Preiskalkulation
Endverkaufspreise werden durch die Beteiligung verschiedener Akteure an der Wertschöpfungskette sowie deren
Marktverhalten beeinflusst. Aus wettbewerbsrechtlichen
Gründen ist es verboten, dass Anbieter Endverbraucherpreise festlegen. Das gilt auch für Hersteller fairer Produkte. Unabhängig vom Endverkaufspreis, bekommen die
Produzent/innen im Fairen Handel Mindestpreise und klar
definierte Mehreinnahmen wie bspw. Bio-Zuschläge oder
die Fairtrade-Prämie für gemeinschaftliche Projekte. Exemplarisch legen Fair-Handels-Organisationen Preiskalkulationen einzelner Produkte offen. Sie ermöglichen somit einen
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Einblick, aus welchen Einzelposten sich der Preis eines Produktes zusammensetzt und welchen Anteil die Handelspartner am Anfang der Lieferkette erhalten. Auf diese Weise
demonstrieren die Fair-Händler an einer besonders sensiblen
Stelle ihren Anspruch an eine transparente Unternehmenskultur und geben so konventionellen Anbietern ein Beispiel.
Die Offenlegung der Preiskalkulation hat somit einen sehr
großen symbolischen Wert. Sie ermöglicht jedoch keine Aussage darüber, wie viel die Partner des Fairen Handels mehr
verdienen als im konventionellen Handel, weil dieser seine
Kalkulation nicht offenlegt. Auch eine Verallgemeinerung
oder Übertragung dieser Kalkulation auf andere Produkte
ist nicht möglich, da eine Kalkulation immer nur für einen
bestimmten Zeitpunkt mit einem bestimmten Wechselkurs
und einem spezifischen Produkt gilt.
11.-25. September 2015
www.fairewoche.de
TRANSPARENZ IM FAIREN HANDEL
Klarheit bei Zutaten und Verarbeitung
Wie Anbieter konventioneller Lebensmittel auch unterliegen
Fair-Handels-Organisationen gesetzlichen Anforderungen,
was die Kennzeichnung ihrer Produkte betrifft. Vielfach
gehen die Kennzeichnungen fair gehandelter Produkte
über diese Mindestanforderungen hinaus und enthalten
außerdem Hinweise auf die regionale Herkunft der Zutaten,
den Anteil fair gehandelter Zutaten sowie die Art der Verarbeitung. Rund 70 % der fair gehandelten Lebensmittel
stammen gleichzeitig aus ökologischem Anbau, wodurch
die physische Nachverfolgbarkeit der Produkte sowie eine
bestimmte Produktqualität gewährleistet ist.
Transparenz im Umgang mit Herausforderungen
Der Faire Handel ist eine Handelsbewegung, die nicht perfekt ist und sich ständig weiterentwickelt. Eigene Untersuchungen, Erkenntnisse der Mitarbeiter/innen vor Ort und
externer Expert/innen benennen kontinuierlich Bereiche, in
denen Standards und Handlungsmechanismen optimiert und
angepasst werden müssen. Als Beispiele seien Bedrohungen
durch den Klimawandel, die Optimierung von Verpackungen
oder die Abwägung, ob Produkte im Ursprungsland oder in
Deutschland weiterverarbeitet und verpackt werden sollen,
genannt.
Manche Themen gehen jedoch über den Einfluss von
Fair-Handels-Organisationen hinaus. Dazu zählt z. B. der
Bereich des Warentransportes von Übersee nach Deutschland, wo auch Fair-Handels-Organisationen mangels
Alternativen auf die Dienstleistungen konventioneller
Transportunternehmen zurückgreifen müssen. Da die
Fair-Handels-Organisationen nur einen kleinen Teil zur transportierten Ware beisteuern, haben sie kaum Möglichkeiten,
etwas über die Arbeitsbedingungen an Bord der Container­
schiffe in Erfahrung zu bringen bzw. zur Verbesserung der­selben beizutragen. Andere Beispiele sind der teilweise
mangelnde Zugang zu Land und die Höhe von Import­
zöllen für verarbeitete Produkte. Diese Themen müssen auf
anderen Ebenen behandelt werden - durch Regierungen,
Gewerkschaften oder andere Institutionen. Es gehört
jedoch zum Transparenz-Verständnis des Fairen Handels,
diese mannigfaltigen Herausforderungen zu benennen und
Lösungsansätze zu erarbeiten.
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11.-25. September 2015
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WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN
Literatur und Medien
BMAS/BMZ (2015): Gute Arbeit weltweit. Zukunftspapier.
CORA-Netzwerk/Forum Menschenrechte (2013): Positionspapier: Wirtschaft und Menschenrechte – Erwartungen an
einen deutschen Aktionsplan
Weltladen-Dachverband e.V./Forum Fairer Handel e.V.
(2015): Begleitheft zur Kampagne und zum Weltladentag
2015 (zu bestellen unter www.weltladen.de)
Organisationen
CorA-Netzwerk/Forum Menschenrechte; Steckbrief zu
UN-Leitprinzipien
Unter: www.cora-netz.de/cora/steckbriefe
Fair Trade Advocacy Office/Plate-Forme Franchise du Commerce Equitable/Tradecraft/Fairtrade Deutschland (2014):
Who’s got the power?
(Die deutsche Übersetzung „Wer hat die Macht“ wurde
von Forum Fairer Handel, GEPA – The Fair Trade Company,
MISEREOR, TransFair und Weltladen-Dachverband herausgegeben. Sie kann in einer Lang- und einer Kurzfassung
unter www.fairtrade-advocacy.org/power heruntergeladen
werden. Dort findet sich auch die englische Originalfassung
sowie ein Kurzvideo mit den Kernbotschaften der Studie)
CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung
www.cora-netz.de
Forum Fairer Handel
www.forum-fairer-handel.de
Fairtrade Deutschland
www.fairtrade-deutschland.de
Fair Trade Advocacy Office
www.fairtrade-advocacy.org
Weltladen-Dachverband
www.weltladen.de
Forum Fairer Handel (2013): Fairer Handel in der Wertschöpfungskette
www.forum-fairer-handel.de/nc/service/materialien
Kampagnen
Forum Fairer Handel (2015): Forderungen des Fairen Handels
an die Welthandelspolitik
www.forum-fairer-handel.de/nc/service/materialien
Christliche Initiative Romero: Supply Cha!nge. Make Supermarkets Fair.
http://supplychainge.org/startseite/
TransFair (2015): Der Fairtrade-Textilstandard
www.fairtrade-deutschland.de/produzenten/
baumwolle/fairtrade-textilstandard/
Supermarktinitiative: Supermarktmacht
www.supermarktmacht.de
TransFair (2015): Fairtrade Jahres- und Wirkungsbericht
www.fairtrade-deutschland.de/jahresbericht-2014-2015/
Germanwatch/MISEREOR (2014): Globales Wirtschaften und
Menschenrechte: Deutschland auf dem Prüfstand.
http://germanwatch.org/de/8225
Weltladen-Dachverband e.V./Naturland e.V. (2013): Videoclip
„Agraprofit“ – totale Transparenz an einem Marktstand.
www.youtube.com/user/agraprofit
Weltladen-Dachverband e.V./Forum Fairer Handel e.V.
(2015): Videoclip „Unternehmen haftbar machen“.
www.youtube.com/watch?v=Eqt41JCgVbU
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Weltladen-Dachverband e.V./Forum Fairer Handel e.V.:
MENSCH. MACHT. HANDEL. FAIR.
www.forum-fairer-handel.de/nc/mitmachen/
machthandelfair/petition/
BanaFair e.V. und andere: Make Fruit Fair!
www.makefruitfair.de
TransFair e.V.: Coffee Fairday 2015
www.coffee-fairday.de
11.-25. September 2015
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WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN
Erkennungszeichen des Fairen Handels:
Folgende Zeichen weisen verlässlich auf Fairen Handel hin:
Produktsiegel kennzeichnen Produkte, die unter Einhaltung
der Kriterien des Fairen Handels hergestellt und gehandelt
wurden. Die bekanntesten Siegel für fair gehandelte Produkte in Deutschland sind das Fairtrade- und das Naturland
Fair-Siegel.
Weltläden sind Fachgeschäfte des Fairen Handels. Die Mitglieder des Weltladen-Dachverbandes haben sich verpflichtet, die Kriterien der Konvention der Weltläden einzuhalten
und sich daraufhin überprüfen zu lassen.
Vom Weltladen-Dachverband anerkannte Lieferanten vertreiben ihre Produkte vor allem über Weltläden, aber auch über
Supermärkte, Bioläden und den Onlinehandel. Sie richten
ihr ganzes Handeln an den Kriterien des Fairen Handels aus.
www.fairtrade-deutschland.de
www.naturland.de
www.weltladen.de
www.banafair.de
www.dwp-rv.de
www.el-puente.de
www.gepa.de
Globo
Fair Trade Partner
www.globo-fairtrade.de
Das Label der World Fair Trade Organization (WFTO) wird
an Unternehmen vergeben, die alle Kriterien des Fairen
Handels erfüllen. Produkte mit diesem Label finden Sie vor
allem in Weltläden.
www.wfto.com
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