MutzumWeissraum, FurchtvorderLeere

Kunst.
BaZ Kompakt | Donnerstag, 21. April 2016 | Seite 12
Ausstellung
Rezept
Kinderbuch
Peter Hase
Von Kerstin Binggeli
Peter Hase bläst Trübsal und
hätte am liebsten einen Tapetenwechsel. Aber sein Freund Benjamin Kaninchen warnt ihn vor
den Gefahren, die auf ihn
zukommen könnten, Adler,
Eulen und die Wagen auf der
Strasse. Von den vielen Gefahren
entmutigt will der kleine Hase
zur Aufmunterung ein paar
Salatblätter in McGregors Garten
mopsen. Doch was ist das? Dort
steht ein grosser Korb, und darin
duftet es sehr lecker. Peter steigt
in den Korb und macht sich über
die Gurkensandwiches her.
Zufrieden und satt macht er es
sich im Korb gemütlich und
beschliesst ein Nickerchen zu
machen. Als er wieder aufwacht,
bekommt er einen grossen
Schreck, denn es schaukelt
extrem. Als er den Kopf rausstreckt, stellt er fest, dass er sich
auf einem Wagen befindet. Als
der Wagen hält und Mrs. McGregor den Korbdeckel lüftet, damit
sie und ihr Mann ihren Proviant
essen können, gelingt es Peter zu
fliehen. Nun befindet er sich weit
weg von zu Hause. Zum Glück
wird der Ausreisser von einem
grossen Kaninchen im Schottenrock gefunden. Voller Staunen
begleitet Peter seinen neuen
Freund Finlay zu einem Wettkampf, bei dem man schwere
Gegenstände werfen muss.
Peter Hases neues Abenteuer
weit weg von zuHause ist aus der
Feder von Oscar-Preisträgerin
Emma Thompson. Die liebevollen Illustrationen, die nahe am
Original von Beatrix Potter sind,
sind von Eleanor Taylor.
Emma Thompson:
«Peter Hase – Ein neues Abenteuer»
72 Seiten, gebunden,
Annette Betz Verlag 2016.
ISBN 978-3-219-11680-9.
Ab 4 Jahren.
Kerstin Binggeli, Mitarbeiterin der Kinderbuchabteilung bei Bider & Tanner
www.biderundtanner.ch
Mut zum Weissraum,
Furcht vor der Leere
Ausstellungen bei von Bartha und Stampa
Von Annette Hoffmann
Basel. Man kann sich gut die sich
steigernde Begeisterung Florian Slotawas vorstellen: Atlantic Blue! Light
Blue Metallic! Tropic Orange! Reddish Silver! So wenig man in Berlin
auf Äusserlichkeiten achtet, so extravagant sind die Farben der Autos. Alles eine Frage der Distinktion. Für
seine Ausstellung in der Galerie von
Bartha in Basel hat Slotawa gefundene Objekte mit Autolack überzogen.
Durch welche Berliner Quartiere der
1972 geborene Künstler sich treiben
liess, ist nicht bekannt. Aber Understatement ist dort nicht zu Hause.
Slotawas Vorgehen ähnelt den
Kinderspielen, mit denen man sich
Familienfahrten verkürzt. Bevor er
die Lackfarbe eindeutig benennen
konnte, musste er Marke und Baujahr bestimmen: BMW A13, Toyota
802, VW LA2Y, Suzuki Z6B. Erst
dann konnte er sie sich von einem
Lackierer mischen lassen.
Florian Slotawa spielt gern, auch
mit hohem Einsatz, so verfrachtete
er während seines Studiums seinen
Hausstand ins Atelier, wo er Haushaltsgeräte, Möbel und andere praktische Dinge zu einer Skulptur von
eher geringem Nutzwert auftürmte.
Eine andere Arbeit bestand im Umrangieren von Hotelzimmerinventar. Nachdem er ein Foto gemacht
hatte, versetzte er alles wieder in
den Originalzustand.
Die Arbeiten für Basel sind alle in
diesem Jahr entstanden und nach
Automodellen und Farbnamen betitelt. Drei Metallblöcke im Eingangsbereich der Galerie wurden mit roter
und blauer Farbe übersprayt. Auch
auf dem Kabel, das aus der Wand
tritt, finden sich zwischen dem
Weiss einige Zentimeter Türkis. Die
Objekte, unter denen sich Stehlampen, Metallplatten oder eine Kinderkette mit bunten Papageien neben
einer Schwimmbrille mit grünen
Gläsern befinden, sind extrem luftig
und mit Mut zum Weissraum gehängt. Dadurch erhält die Präsentation einen eigenen Rhythmus, und
eine Aura, die durch die Trivialität
der Dinge unterlaufen wird. Slotawa
ist ein Konzeptkünstler, der sich
über Konzeptkunst und Farbfeldmalerei amüsiert. Wenn Kunst zum
Mit Autolack überzogen. Florian Slotawa, «BMW A13 (Atlantic Blue)»,
in der Galerie von Bartha. Foto Andreas Zimmermann © Pro Litteris
Fetisch wird, gibt es immer jeman- Strom stochert, bietet Halt. Ausgehend von ihr nimmt man den Urden, der das mit Humor nimmt.
sprung dieser Überschwemmung
Belangloses und Bedeutendes wahr. Sie entspringt einer Öffnung,
In der Galerie Stampa ist alles wo auch ein niedergesunkenes Kind
handgemacht. Sabine Hertig be- zu sehen ist. Ob tot oder eingeschlazeichnet ihre Papierarbeiten aus- fen, lässt sich kaum sagen, der Strom
drücklich als analoge Collagen. jedoch greift antike Vorstellungen
Wohl wissend, dass man sie einge- des Styx auf. Schaut man genauer
hend auf ihre Gemachtheit prüfen hin, erkennt man zwischen den
wird, dass man die Schnittstellen schwarz-weissen Zeitungsschnipzwischen den Schnipseln als Beleg seln Tiere, einzelne Glieder, tote
dafür sucht, dass diese Bildwelten Körper.
Sabine Hertig, die 1982 in Basel
nicht am Computer simuliert wurden. Hertigs Collagen in Farbe und geboren wurde und an der HGK stuSchwarz-Weiss sind oft bildfüllende diert hat, verfolgt in ihren Collagen
Kompositionen, in denen der Horror narrative Stränge. Die Arbeit «Head»
Vacui regiert. Ihr Material stammt ist deutlich als Schädel zu erkennen.
von Kochrezepten, Du-Heften, aus Unter den Elementen ist ein Gesicht
der Tagespresse. Pornografisches auszumachen. Tafelaufsätze, die auf
und Politisches ist darunter, als ob einem silbernen Tablett präsentiert
die visuelle Kakofonie das Neben- werden, sind unter anderem aus
einander von Belanglosem und Be- Händen konstruiert, die wie Pouletdeutendem, das den Alltag und die flügel abstehen. In Hertigs Collagen
Medienwelt bestimmt, spiegeln gibt es immer wieder Elemente, die
würde. Wie ein Maler setzt sie dra- sich nicht der Komposition untermatische
Hell-Dunkel-Kontraste ordnen, sondern die die Künstlerin
und lenkt den Blick des Betrachters bewusst als Motiv einsetzt. Damit
das Auge für einen Moment
durch den Bildaufbau.
Das kann in einem überwälti- innehält.
genden Bildstrudel enden oder dazu Florian Slotawa: Von Bartha, Kannenverführen, das Auge schweifen zu feldplatz 6. Sa, 11–16 Uhr. Di–Fr, 14–18
lassen. In Hertigs grossformatiger Uhr. Bis 28. Mai. www.vonbartha.com
Collage «Landscape» reisst eine Flut Sabine Hertig: Stampa, Spalenberg 2,
den Betrachter fort. Allein eine Figur Sa, 11–17 Uhr. Di–Fr ,12–18.30 Uhr.
links, die mit einem Werkzeug im Bis 28. Mai. www.stampa-galerie.ch