15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Klausurbesprechung im Propädeutikum SS 2015 Modul 55100 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 1 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 SACHVERHALT Folie 2 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 2 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Aufgabe 1: Hat E einen Schadensersatzanspruch gegen P? Gehen Sie in Ihrem Gutachten – falls nötig hilfsgutachterlich – auf alle im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein. Folie 3 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 3 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Vorüberlegungen zu Aufgabe 1: Schadensersatzanspruch des E gegen P Ausgangspunkt: § 7 Abs. 1 StVG: Haftung des Halters, Schwarzfahrt (1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Folie 4 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 4 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Vorüberlegungen zu Aufgabe 1: Tatbestandsvoraussetzungen § 7 Abs. 1 StVG: Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. 1. Kraftfahrzeug (Legaldefinition in § 1 Abs. 2 StVG) 2. Rechtsgutverletzung (Sache beschädigt) 3. Rechtsgutsverletzung beim Betrieb 4. Halter 5. Schaden Folie 5 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 5 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Vorüberlegungen zu Aufgabe 1: WENN alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 StVG vorliegen, DANN tritt die Rechtsfolge ein Schadensersatz ABER - Ausschluss nach § 7 Abs. 3 S. 1 StVG: Benutzt jemand das Fahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Fahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. 1. Ohne Wissen und Willen des P 2. Benutzung des Fahrzeugs von S durch Verschulden des P ermöglicht Folie 6 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 6 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Vorüberlegungen zu Aufgabe 1: Obersatz Wer will was vom wem woraus? WER? E WILL WAS? Schadensersatz i.H.v. 1500 € VON WEM? P WORAUS? gem. § 7 Abs. 1 StVG Obersatz: E könnte gegen P einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 1500 EUR gemäß § 7 Abs. 1 StVG haben. Folie 7 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 7 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 1: A. E könnte gegen P einen Schadensersatzanspruch i.H.v. 1500 EUR gemäß § 7 Abs. 1 StVG haben. I. Der Porsche 911 müsste ein Kraftfahrzeug im Sinne des StVG sein. (Obersatz/Voraussetzung) Nach § 1 Abs. 2 StVG gelten als Kraftfahrzeuge alle Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. (Definition) Der Porsche ist ein Fahrzeug, das sich unabhängig von Bahngleisen über Land bewegen lässt. Er wird mit einem Verbrennungsmotor angetrieben und somit durch Maschinenkraft bewegt. (Subsumtion) Demnach ist der Porsche 911 ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 1 Abs. 2 StVG. (Ergebnis) Folie 8 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 8 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 1: II. Rechtsgutverletzung Beschädigung einer Sache: Kotflügel eingedrückt und Stoßstange verbeult Beschädigung einer Sache (+) III. Rechtsgutverletzung bei Betrieb des Porsche eingetreten In Betrieb befinden sich alle KFZ, die sich im öffentlichen Verkehrsbereich bewegen oder innerhalb diesem in verkehrsbeeinflussender Weise ruhen. öffentliche Straße und Wagen rollte als der Wagen des E gerammt wurde Bei Betrieb (+) Folie 9 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 9 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 1: IV. Haltereigenschaft des P: Kfz für eigene Rechnung gebrauchen und Verfügungsgewalt inne haben 1. Für eigene Rechnung: P ist Eigentümer und trägt alle Kosten verbunden mit dem Porsche selbst für eigene Rechnung (+) 2. Verfügungsgewalt: Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen zu können, wobei eine nur kurze oder vorübergehende Erlangung der Sachherrschaft noch keine Haltereigenschaft begründet. Grds. fährt P den Porsche selbst Zeitpunkt des Unfalls: der P liegt im Bett und schläft Relevanz für die Haltereigenschaft? P hat Sachherrschaft für nur wenige Stunden an S verloren, also Haltereigenschaft des P (+) Folie 10 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 10 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 1: V. Schaden Schaden an Kotflügel und Stoßstange i.H.v. 1500 € (+) VI. Ausschluss nach § 7 Abs. 3 S. 1 StVG Benutzt jemand das Fahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Fahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Nutzung des Porsche durch S ohne Wissen und Willen des P Verschulden des P könnte darin zu sehen sein, dass P den Zündschlüssel innerhalb seines Haushalts frei zugänglich am Schlüsselbrett aufbewahrte vorsätzlich: (-) fahrlässig: gebietet die angemessene Sorgfalt, den Zündschlüssel unzugänglich aufzubewahren? Folie 11 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 11 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 1: besonderes Vertrauensverhältnis, welches – jedenfalls mangels gegenteiliger Erfahrungen oder Anzeichen – soweit reicht, dass man sich darauf verlassen kann, dass der S nicht entgegen des ausdrücklich geäußerten Willens von P auf seine Gegenstände zugreift S ist im Besitz des Führerscheins und in einem Alter in dem man ihm verlässliches und verantwortungsbewusstes Handeln zutrauen kann Sorgfaltspflichtverstoß des P (-) P hat die Nutzung des Porsche durch S also nicht schuldhaft ermöglicht und P scheidet als Anspruchsgegner des E aus Ergebnis: B. Der E hat gegen P keinen Schadensersatzanspruch i.H.v. 1500 € gem. § 7 Abs.1 StVG. Folie 12 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 12 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Häufige Fehler Gutachtenstil wird nicht beherrscht: z.B. Obersätze als Fragen formuliert, Ergebnisse vorangestellt, Subsumtion fehlt Normen werden nicht genau genug zitiert (insbes. die AGL) Definitionen werden mutwillig gekürzt Es wird nicht Merkmal für Merkmal der Definition abgearbeitet (Alle) Merkmale des Tatbestandes in § 7 Abs. 1 StVG müssen logisch bejaht werden, um die folgenden Absätze prüfen zu können: Das gilt BESONDERS für die Haltereigenschaft des P. Wäre P nicht Halter, käme es auf ihn in § 7 Abs. 3 S. 1 StVG gar nicht mehr an (ohne Wissen und Willen, Verschulden). Höhere Gewalt (§ 7 Abs.2 StVG) ist nicht einschlägig. Das schädigende Ereignis ist im Betrieb eingetreten und war auch nicht „betriebsfremd“. Folie 13 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 13 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Aufgabe 2: R möchte seinen Schaden ersetzt haben. Prüfen Sie gutachterlich, ob Ansprüche nach dem StVG gegen P bestehen. Folie 14 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 14 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 2: A. Der R könnte gem. § 7 Abs. 1 StVG gegen den P einen Anspruch auf Zahlung von 50 EUR Schadensersatz haben. I. Kfz (s.o.) (+) I. Rechtsgutverletzung Sache beschädigt: Lenker und vordere Felge sind beschädigt (+) III. Rechtsgutverletzung bei Betrieb Der Porsche bewegte sich bei Eintritt der Rechtsgutverletzung auf einer Straße und damit im öffentlichen Verkehrsraum. (+) IV. P ist auch Halter des Porsche (s.o.). V. Folie 15 Dem R ist ein Schaden von 50 EUR entstanden. 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 15 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 2: V. Ausschluss nach § 7 Abs. 2 StVG Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit in Kauf zu nehmen ist. (Definition) Folie 16 Auftauchen des Rehs: nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Kfz damit betriebsfremd und ein von außen einwirkendes Ereignis Ereignis aber weder durch elementare Naturkräfte noch durch eine Handlung Dritter herbeigeführt Waldgebiet / Dämmerung – häufig unvermitteltes auf die Straße treten oder überqueren von Rehen; regelmäßig auftretender und allgemein bekannter Vorgang plötzliches Auftauchen des Rehs also nicht als nach menschlicher Erfahrung unvorhersehbar einzustufen 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 16 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Lösungsskizze zu Aufgabe 2: Folglich wurde der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht und die Schadensersatzpflicht des P ist nicht gem. § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen. VII. Ausschluss nach § 7 Abs. 3 S. 1 StVG: Fraglich ist, ob der S den Porsche auf dem Heimweg immer noch ohne Wissen und Willen des P benutzt hat. Telefonat: P will, dass S den Wagen sofort nach Hause bringt Nutzung des Porsche erfolgte demnach mit Wissen und Willen des P Schadensersatzpflicht des P ist somit nicht nach § 7 Abs. 3 S. 1 StVG ausgeschlossen ERGEBNIS: B. R hat somit gem. § 7 Abs. 1 StVG einen Anspruch auf 50 EUR Schadensersatz gegen P. Folie 17 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 17 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 Häufige Fehler Die Tatbestandsmerkmale Kfz, bei Betrieb, Halter, Schaden wurden nicht mehr geprüft oder nur teilweise angesprochen ABER: dies ist ein neuer Sachverhalt! Also müssen die Voraussetzungen erneut geprüft oder zumindest kurz festgestellt werden (s.o.) Die Prüfung der höheren Gewalt erfolgte unstrukturiert und enthielt zumeist nicht alle Merkmale der Voraussetzung auch hier: die Definition muss Merkmal für Merkmal abgearbeitet werden, so kann auch nichts wichtiges vergessen werden! Folie 18 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 18 15.12.2015 Propädeutikum – Klausurbesprechung SS 2015 VIELEN DANK FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT! Folie 19 15.12.2015 Rechtswissenschaftliche Fakultät 19
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