Mitverbrennung gefährlicher Abfälle in Hausmüllverbrennungsanlagen SAM, 11. Fachtagung Abfallrecht Budenheim, 25. Juni 2015 Andreas Ellerkmann – Präsident BDSAV Inhalt Vorstellung BDSAV Sonderabfallverbrennungsanlagen (SAV) in Deutschland Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen in Hausmüllverbrennungsanlagen (HMV) Entwicklung der Tonnage Zulassung der Anlagen Mengen in einzelne HMV Erzeuger der Abfälle Vergleich SAV – HMV Verbrennungsbedingungen Schlackequalität Rostdurchfall Diskussionsansätze des BDSAV Vorbehandlung und Vermischung Genehmigung und Technik der Anlagen Transparenz der Entsorgung 1 BDSAV – Mitglieder BDSAV vertritt 8 Mitglieder Mitglieder betreiben 22 Drehrohre Kapazität rd. 1.000.000 t/a rd. 70 % der SAV – Kapazität (ohne Spezialanlagen) Interessenvertretung gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Behörden Mitwirkung bei Gesetzen und Verordnungen national Mitwirkung bei Richtlinien und Verordnungen auf EU – Ebene über Mitgliedschaft im europäischen Verband EURITS Garant für hochwertige, sichere und umweltverträgliche Entsorgung von gefährlichen Abfällen Damit Rückgrat der Entsorgung von gefährlichen Abfällen zur Sicherung der industriellen Produktion in Deutschland 2 Sonderabfallverbrennungsanlagen in Deutschland Gesamtmenge gefährliche Abfälle in 2010: ~ 20,8 Mio. Mg 13 von 30 SAVen in NRW Gesamtkapazität SAVen: 1,6 Mio. t/a hohe Auslastung (80% Inland, 20 % Ausland) Problem: wachsende Mengen von gefährlichen Abfällen in HMV Konsequenzen auf Sonderabfallverbrennungsanlagen ( >10.000 t/a) Wirtschaftlichkeit Anlagenbetrieb 3 Mitverbrennung gefährlicher Abfälle in HMV (2010) 4 Entwicklung der Mengen gefährlicher Abfälle in HMV Mengensteigerung von 142.500 t (2010) auf 220.000 t (2013) in NRW Mengensteigerung von 242.500 t (2010) auf 340.000 t (2013) in Deutschland Über 60% der gefährlichen Abfälle werden in HMV in NRW mitverbrannt (2011) 60% als vorgemischte Abfälle (191211*, 190204*, 190304*) (2011) Mehr als 60% aus Vorbehandlungsanlagen (2011) 5 Entsorgte Mengen gefährlicher Abfälle in HMV in NRW * 6 Anlagen in NRW entsorgen 80 % der Gesamtmenge in NRW: MVA Düsseldorf GMVA Oberhausen MVA Iserlohn MVA Asdonkshof MVA Herten MVA Bonn Mengen in einzelnen Anlagen schwanken von Jahr zu Jahr Die Importmengen von gefährlichen Abfällen aus dem Ausland nehmen zu Einzelne Anlagen füllen bis zu 10 % ihrer Kapaziät mit gefährlichen Abfälllen *: Gesamtmenge von RZR I + RZR II 6 Verteilung der gefährlichen Abfälle in HMV nach AVV in NRW 7 Zulassung der Anlagen in NRW für vorgemischte Abfälle Anlage 190204* 191211* Leverkusen nein ja Bielefeld nein ja ja ja Iserlohn nein ja Bonn nein ja Düsseldorf nein ja Oberhausen nein ja Wuppertal nein ja Herten nein ja Kamp‐Lintfort Definition 19 12 11*: sonstige Abfälle (einschließlich Materialmischungen) aus der mechanischen Behandlung von Abfällen, die gefährliche Stoffe enthalten Es handelt sich in der Regel um Sortierreste oder um Materialmischungen, … . Fraktionen wie Glas, Boden und Steine, Kehricht und Siebreste aus der mechanischen Abfallaufbereitung, aber auch organisches Material wie Öle, Farben und Lacke sowie Aufsaugmaterial (z. B. Holzspäne). In der Regel werden in diesem Abfall die Grenzkonzentrationen der in Bezug auf die Störfall‐Verordnung relevanten Gefahrenmerkmale nicht erreicht. Definition 19 02 04*: vorgemischte Abfälle, die wenigstens einen gefährlichen Abfall enthalten Es kann sich um feste sowie flüssige Abfälle handeln, die zum Zweck der weiteren Entsorgung, z. B. in Verbrennungs‐ oder anderen Behandlungsanlagen, zusammengestellt werden. 8 Erzeuger der gefährlichen Abfälle in HMV [2011] Bei der Betrachtung der Erzeuger fällt auf: > 2/3 der Mengen aus Vorbehandlungsanlagen, nur < 1/3 der Mengen von Direkterzeugern Bei einigen Vorbehandlungsanlagen fehlen technische Möglichkeiten zur Vorbehandlung Bei einigen Anlagen bleibt unklar, wie Mengen auf dem Standort behandelt werden können Die Mengen werden teilweise über weite Strecken transportiert, teilweise > 400 km Entsorger Menge [t/a] Anteil In der Nähe dieser Vorbehandlungsanlagen ist eine SAV vorhanden => Der Abfall sucht den billigen Weg 1 75.488 63% 2 15.950 13% 3 6.376 5% 4 5.932 5% 5 4.512 4% 6 3.244 3% 7 2.130 2% 8 2.085 2% Rest 4.714 4% 9 Verbrennungsbedingungen HMV - SAV HMV: Verbrennungstemperaturen + Rückstände SAV: Verbrennungstemperaturen + Rückstände 10 Vergleich Asche HMV – Schlacke SAV Schlacke SAV Asche HMV 11 Rostdurchfall und Unverbranntes HMV Aus Asche aussortiertes Unverbranntes Rostdurchfall aus Rostfeuerung 12 Kreislaufwirtschaft und Schadstoffsenke Ausschleusen von Schadstoffen Quelle: EU‐Kommission 13 Schema Abfallentsorgung in HMV mit Vorbehandlung Asche Erzeuger Vor‐ behandlung HMV Rost‐ durchfall 14 Diskussionsansätze des BDSAV: Vorbehandlung 1. Vermischungsverbot mit verfehlter Steuerungswirkung Intention des Gesetzgebers für ein Vermischungs- und Verdünnungsverbot (§ 9 KrWG) läuft ins Leere Vermischung aus Sicht der SAV – Betreiber nicht notwendig Forderung des BDSAV: klare gesetzliche Regelungen zu Vermischen/Verdünnen durch Erlass einer Verordnung gemäß der Ermächtigung in § 10 (1) Nr. 2 KrWG 2. Vorbehandlung nicht notwendig Vorbehandlung gefährlicher Abfälle: potentiell größere Risiken als die direkte Verbrennung im Drehrohrofen (Emissionen, Handling, Transport, …) Verwertung von gefährlichen Abfällen in HMV findet nur für flüssige oder hochkalorische Abfälle im Rahmen der Stützfeuerung statt (Gutachten Versteyl/Jacoby 2011), nicht allgemein für alle Abfälle 3. Vorbehandlung nur sinnvoll wenn hochwertig Eine Vorbehandlung ist in vielen Fällen nicht sinnvoll, da nicht hochwertig und keine anderen Abfälle entstehen als bei einer direkten Verbrennung Der Charakter des Abfalls bleibt gefährlich Eine Verdünnung von Schadstoffen darf nicht stattfinden Inputkriterien der HMV sind für jeden Abfall einzuhalten 15 Diskussionsansätze des BDSAV: Betrieb MVA 4. Anlagensicherheit, Arbeitsschutz + Brandschutz MVA, die gefährliche Abfälle thermisch behandeln, müssen bei Anlagensicherheit, Arbeits- und Brandschutz entsprechend organisiert und ausgerüstet sein Personal muss ausgebildet und erfahren sein 5. Anwendung Störfallverordnung Zuordnung von Abfällen und Abfallarten (AVV) zum Anhang I der StörfallV (KAS 25) Unterscheidung 190204 – 191211 6. Probenahme + Analytik Kenntnis der chemischen und physikalischen Eigenschaften der angelieferten Abfälle ist erforderlich Dies erfordert Probenahme, Analytik, Dokumentation 7. Eignung der HMV - Hauptzweck der Anlage Betriebstechnik ist nicht geeignet für den Einsatz von 100% gefährlicher Abfälle im Gegensatz zur SAV Ändert die Mitverbrennung von gefährlichen Abfällen (bis zu 10 %) den Charakter der Anlage? 8. Abgasreinigung Die Abgasreinigung der HMV muss höhere Belastungen durch gefährliche Abfälle sicher und zuverlässig abfangen Mindestvoraussetzung ist in der Regel eine nasse Abgasgasreinigung 9. Verwertung von MVA – Schlacken Der Einsatz von gefährlichen Abfällen in einer HMV kann die Verwertung der Aschen gefährden Voraussichtlich verschärfte Anforderungen aus ErsatzbaustoffVO 16 Diskussionsansätze des BDSAV: Erzeuger + Gesamtverfahren 10. Mangelnde Transparenz Verlust der Transparenz innerhalb der Entsorgungskette; der Endverbleib ist nicht belegbar Schadstoffe werden verdünnt, Verbleib ist nicht mehr nachvollziehbar Weiß der Erzeuger, was mit seinen gefährlichen Abfällen passiert? 11. Potentieller negativer Einfluss auf Mensch + Umwelt Arbeits- und Gesundheitsschutz Emissionen Fazit: Ökodumping aus wirtschaftlichen Gründen Wirtschaftlich vorteilhaft, über nicht angemessene Verfahren gefährliche Abfälle nicht hochwertig zu entsorgen Erhöhte Risiken für Mensch und Umwelt 17 Ausblick Der BDSAV schließt nicht generell die Mitverbrennung gefährlicher Abfälle in HMV aus. Er stellt aber bestimmte klare Forderungen im Sinne eines „level playing field“ Ziel: Sachbezogene Diskussion Gleiche Bedingungen bei der Behandlung gefährlicher Abfälle Klare gesetzliche Regelungen für den Gesamtprozess 18
© Copyright 2025 ExpyDoc