Fermi-Aufgaben im Mathematikunterricht der zweiten Klasse Als aktive Sinusschule ist es für uns wichtig, gute Aufgabenformate im Mathematikunterricht umzusetzen. Um Aufgaben und mathematisches Handeln zu verknüpfen ist es sinnvoll, Kinder an sogenannten FermiAufgaben arbeiten zu lassen. Die Kinder lernen, eine Behauptung zu überprüfen, indem sie sich einen Vorgehensplan entwerfen, Fragen stellen und Lösungswege ausprobieren. Dabei überlegen sie, was sie zum Lösen der Aufgabe wissen müssen und welche Informationen ihnen weiterhelfen. Fermi-Aufgaben sind auf der PikAs-Seite der Universität Dortmund wie folgt definiert: 1. Was ist eine Fermi-Aufgabe? Das Aufgabenformat „Fermi-Aufgabe“ geht auf den Physiker und Nobelpreisträger Enrico Fermi (1901-1954) zurück, der seinen Studenten die Aufgabe stellte, „Wie viele Klavierstimmer gibt es in Chicago?”. Die Besonderheit dieses Aufgabentyps besteht darin, dass keine exakte Lösung verlangt, sondern nur ein plausibles oder unplausibles Ergebnis möglich ist. Eine Fermi-Aufgabe für den Primarbereich ist zum Beispiel die Frage: „Wie viele Autos stehen in einem 3 km langen Stau?“ ( vgl. Peter-Koop 2003, S. 121). Hierbei handelt es sich um eine offene, realitätsbezogene und herausfordernde Aufgabe, die Grundschulkinder zum Schätzen, Überschlagen, Messen, Recherchieren von Daten, dem Finden verschiedener Lösungswege und der Interpretation und Bewertung der erlangten Ergebnisse motiviert. Im Gegensatz zu den meisten traditionellen Sachaufgaben steht das mathematische Handeln an einem authentischen Sachproblem im Mittelpunkt. Dadurch weckt dieses Aufgabenformat aus sich heraus das Interesse der Kinder, sodass sie sich mit dem Sachproblem identifizieren können – sofern sie selbst schon mal im Stau standen. Im Gegensatz zu stereotypen Textaufgaben werden in einer Fermi-Aufgabe nur wenige Zahlen verwendet, damit die Schülerinnen und Schüler nicht zu vorschnellem Rechnen verleitet werden. Da Fermi-Aufgaben einen großen Gesprächs- und Diskussionsanlass bieten, ist es sinnvoll, die Kinder in Kleingruppen arbeiten zu lassen. Die Gruppenergebnisse können anschließend im Klassenplenum präsentiert und erläutert werden. (Zitat aus Schemel 2010 © by PIK AS (http://www.pikas.uni-dortmund.de/ , Seite 1 und 2) Wie die Arbeit an Fermi-Aufgaben konkret aussehen kann, möchte ich anhand eines Beispiels aus der Klasse 2 berichten. Die Kinder beschäftigen sich mit folgender Aufgabe: Kann das stimmen? Ein Klassenzimmer voller Hefte Wenn dein Klassenraum leer geräumt wäre, könnten die Kinder aus deiner Klasse mit ihren Heften und Büchern den ganzen Fußboden abdecken. Im Sitzkreis geben die Kinder zunächst ihre Meinung ab, ob es stimmen kann oder nicht. Danach sammeln wir, was wir wissen müssen, um die Aufgabe zu beantworten. Erste Vorschläge zur Vorgehensweise werden gemacht: 1. Wir messen die Klasse aus. 2. Wir messen einen Quadratmeter aus und legen Hefte hinein. 3. Wir legen Hefte in einem Meter Breite einmal ganz durch die Klasse. Wir haben folgendes heraus bekommen: Der Klassenraum ist ca. 70 m2 groß. Ein Kind kann einen und einen halben Quadratmeter mit seinen Heften abdecken. Bei 25 Kindern ist das eine Fläche von 37,5 m2. In der Länge würden wir es schaffen, die gesamten Hefte und Bücher dreieinhalbmal durch die ganze Klasse zu legen. Das reichte demnach also auch nicht – die Kinder waren aber der Meinung, dass man mit den Büchern aus den Regalen und den Bastelpapieren sicherlich zur Lösung kommen könnte. Es war interessant zu sehen, mit welcher Ernsthaftigkeit und Motivation die Kinder an der Aufgabe gearbeitet haben. Sie konnten ihre Ideen umsetzen und überprüfen. So soll angewandte Mathematik aussehen! Stefanie Paarmann
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