KVB FORUM Ausgabe 6.2015

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B et r ie bsw ir tsch af t erk l är t
Controlling in der
Arztpraxis
Eine wesentliche Aufgabe eines Betriebes ist es, Unternehmensziele festzulegen.
Eine Arztpraxis sollte sich sowohl strategische und mitarbeiterbezogene als auch
betriebs- und finanzwirtschaftliche Ziele setzen. Das Erreichen dieser Ziele sollte
zu festgelegten Zeitpunkten (Quartal, Jahresmitte, Jahresende) überprüft werden.
Neudeutsch bezeichnet man diese Aufgabe als Controlling.
V
ereinfacht ausgedrückt handelt es sich beim Controlling um eine Abweichungsanalyse. Die buchhalterisch erfassten Daten bilden dabei die Grundlage für eine betriebswirtschaftliche Planung zukünftiger Zeiträume und den späteren Plan-Ist-Vergleich. Eine gut geführte Arztpraxis sollte einen solchen Wirtschaftsplan haben. Häufig wird er von der
Hausbank ohnehin gefordert. Die
geplanten Daten sollten dann mit
den erzielten Ergebnissen abgeglichen werden. Dieser Vergleich liefert dem Praxisinhaber oder den
Partnern einer Kooperation Informationen über die Abweichungen
der ermittelten Kosten- und Ertragsdaten von den Planungszielen.
Jeden Kostenbereich individuell
hinterfragen
Eine etablierte Praxis kann festlegen, mit welchen Erträgen aus KVEinnahmen, Selbstzahlerleistungen,
Selektivverträgen oder Gutachten
sie rechnen kann (Plan). Auch die
Kostenplanung ist anhand der bisherigen Ergebnisse möglich. Bei
Neupraxen wird sie anhand von
Erfahrungswerten aufgestellt. Allerdings ist dringend anzuraten, nicht
einfach nur die Vorjahreswerte
oder Durchschnittswerte anderer
Praxen zu übernehmen, sondern
jeden Kostenbereich individuell zu
hinterfragen und abzuschätzen,
K V B F O R U M 6/2015
welche Entwicklung die Position
zukünftig nehmen wird.
Warum wird überhaupt eine kontinuierliche Überprüfung der wirtschaftlichen Daten einer Arztpraxis für notwendig erachtet? Die
Antworten darauf sind schnell gegeben. Auch in einer Arztpraxis ist
ein Kostendruck vorhanden. Dieser ergibt sich allein schon aus den
regelmäßigen Personalkostenänderungen, Mietpreisanpassungen,
gestiegenen Materialbeschaffungskosten etc. Andererseits kann es
auch zu Kosteneinsparungen kommen, zum Beispiel bei Anschlussfinanzierungen aufgrund der derzeit günstigen Zinssituation. Abweichungen können aber auch durch
veränderte Wettbewerbssituationen
auftreten.
Alternativen und Maßnahmen
Wenn Sie nun größere Abweichungen, die sowohl unter als auch über
den Planwerten liegen können, feststellen, sollten Sie dafür nach den
Ursachen suchen. Eine weitere
Aufgabe des Controllings ist es,
Alternativen oder Maßnahmen zu
finden, und diese zu bewerten, um
doch noch die anvisierten Ziele zu
erreichen oder diese anzupassen.
Auf diese Weise entsteht ein überarbeiteter Plan, der die Basis für die
sich anschließenden Abweichungsanalysen darstellt. Insgesamt han-
delt es sich bei einer unternehmerischen Planung und dessen Controlling um einen rollierenden Prozess, der selbst bei stets positiver
Entwicklung nicht außer Kraft gesetzt werden sollte.
Informationsquellen nutzen
Ein umfassendes Controlling bezieht aber nicht nur die eigenen
Plan- und Istwerte bei einer Analyse mit ein, sondern richtet den
Blick auch immer auf Vergleichspraxen. Dazu gibt es mittlerweile
einige Informationsquellen. So
verfügt Ihr Steuerberater über
Branchenvergleiche, das Zentralinstitut für die Kassenärztliche
Versorgung (Zi) veröffentlicht im
Zipp-Panel Vergleichsdaten und
das Statistische Bundesamt ist
bekannt für seine Kostenstrukturanalyse.
Darüber hinaus bezieht ein umfassendes Controlling auch den privaten Bereich mit ein. So ist es von
Vorteil, insbesondere mit Blick auf
die stets notwendige Liquidität,
hier auch die Einnahmen- und Ausgabensituation zu planen und auf
Abweichungen hin zu überprüfen.
Franz Riedl (KVB)
B et r i eb sw ir ts c haf t erk l är t
Bei Finanzierungen auch
an Forward-Darlehen denken
Aktuell haben wir in Deutschland historisch niedrige
Zinsen. Wann diese Niedrigzinsphase enden wird,
weiß zurzeit niemand. Andererseits müssen viele
Ärzte noch Darlehen mit höheren Zinssätzen bedienen. Eine vorzeitige Ablösung ist wegen der Vorfälligkeitsentschädigung oft nicht zu empfehlen. Will
man sich für eine demnächst auslaufende Finanzierung oder eine Investition den aktuellen Niedrigzins
sichern, könnte man mit seiner Bank auch über ein
Forward-Darlehen verhandeln. Dabei handelt es sich
um ein Darlehen, das erst nach einer bestimmten
Vorlaufzeit in Anspruch genommen wird. Während
der Forward-Periode fallen für das Darlehen keine
Zinsen an, der Zinsaufschlag auf die marktüblichen
Zinsen ist gering, aber abhängig von der Dauer der
Forward-Periode. Auf ein aktuell kleines Risiko möchten wir dennoch hinweisen: Würden die Zinsen später noch weiter sinken, müssten Sie den vereinbarten Zins bezahlen.
Arzt als „freier Mitarbeiter“ in
einer Vertragsarztpraxis
Laut Definition zeichnet sich ein freier Mitarbeiter
hauptsächlich dadurch aus, dass er selbstständig
sowie nicht weisungsgebunden tätig wird und nicht
in die betriebliche Arbeitsorganisation eingebunden
ist. Der Grundsatz der „persönlichen Leistungserbringung“ wiederum verpflichtet jeden an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsarzt, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben (Paragraf 32 Absatz 1 Ärzte-ZV, Paragraf 15
Absatz 1 BMV-Ä). Zulässige Durchbrechungen dieses Prinzips ergeben sich im Vertragsarztrecht zum
einen im Rahmen der Delegation vertragsärztlicher
Leistungen an ärztliches („angestellte Ärzte“ und
Assistenten) sowie nichtärztliches Praxispersonal.
Und zum anderen im Rahmen der Vertretung in der
Vertragsarztpraxis bei Abwesenheit des Vertragsarztes. Somit lässt das Vertragsarztrecht Raum für
eine „freie Mitarbeit“ als Arzt eigentlich nur im Rahmen der Vertretung.
Während eine Delegation vertragsärztlicher Leistungen prinzipiell immer unter Weisung, Aufsicht und
Verantwortung des zur persönlichen Leistungserbringung verpflichteten Vertragsarztes – mithin also
„weisungsgebunden“ in je nach Adressat der Delegation mehr oder weniger ausgeprägter Form – er-
folgt, was regelhaft eine abhängige Beschäftigung
im Sinne eines Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraf
622 BGB impliziert, wird ein Vertreter in Abwesenheit des Vertragsarztes an dessen Stelle selbstständig und weisungsungebunden tätig, was in der
Regel als Dienstvertragsverhältnis im Sinne des Paragrafen 611 BGB zu qualifizieren ist.
Ärzte in unzulässiger Weise als freie Mitarbeiter einzubinden und die vertraglichen Regelungen entsprechend auszugestalten, kann dramatische bis existenzvernichtende Folgen haben. Neben vertragsarzt- und berufsrechtlichen Maßnahmen (zum Beispiel Honorarrückforderungen, Disziplinarmaßnahmen, Zulassungsentzug) drohen auch arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche sowie gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen.
Selbst bei der Vertretung ist Vorsicht geboten: So
können auch regelmäßig immer wiederkehrende oder
dauerhafte Vertretungen in ausschließlich ein und
derselben Vertragsarztpraxis Gefahr laufen, als abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft zu werden. Letztlich kommt es unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen immer darauf an, wie eine Beschäftigung im konkreten Einzelfall tatsächlich „gelebt“ wird.
Berufshaftpflichtprämien aktiv
verfolgen
Das ZI hat im Rahmen einer Befragung von niedergelassenen Ärzten Informationen zur Entwicklung
der Berufshaftpflichtprämien erstellt, die Sie unter
www.kbv.de in der Rubrik Aktuell/Praxisnachrichten/Praxisnachrichten vom 9.4.2015/Berufshaftpflicht nachlesen können. Das Thema ist nicht nur
für Gynäkologen und operativ tätige Ärzte aufgrund
der Prämienentwicklung von Relevanz. Besonders
wichtig für die betriebswirtschaftliche Praxisführung ist der folgende Hinweis des ZI: Rechtzeitig vor
Ende der meist zwölfmonatigen Laufzeit der Versicherung sollten Ärzte das Gespräch mit dem Versicherer suchen und die Vertragsinhalte so gestalten,
wie dies dem Risiko und der Versicherungshistorie
entspricht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass
Schadensmeldungen zu Beitragserhöhungen führen
können, obwohl spätere Schadenersatzansprüche
durch die Versicherung abgewehrt werden konnten.
Franz Riedl, Stephan Pechtl (beide KVB)
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