34 B et r ie bsw ir tsch af t erk l är t Controlling in der Arztpraxis Eine wesentliche Aufgabe eines Betriebes ist es, Unternehmensziele festzulegen. Eine Arztpraxis sollte sich sowohl strategische und mitarbeiterbezogene als auch betriebs- und finanzwirtschaftliche Ziele setzen. Das Erreichen dieser Ziele sollte zu festgelegten Zeitpunkten (Quartal, Jahresmitte, Jahresende) überprüft werden. Neudeutsch bezeichnet man diese Aufgabe als Controlling. V ereinfacht ausgedrückt handelt es sich beim Controlling um eine Abweichungsanalyse. Die buchhalterisch erfassten Daten bilden dabei die Grundlage für eine betriebswirtschaftliche Planung zukünftiger Zeiträume und den späteren Plan-Ist-Vergleich. Eine gut geführte Arztpraxis sollte einen solchen Wirtschaftsplan haben. Häufig wird er von der Hausbank ohnehin gefordert. Die geplanten Daten sollten dann mit den erzielten Ergebnissen abgeglichen werden. Dieser Vergleich liefert dem Praxisinhaber oder den Partnern einer Kooperation Informationen über die Abweichungen der ermittelten Kosten- und Ertragsdaten von den Planungszielen. Jeden Kostenbereich individuell hinterfragen Eine etablierte Praxis kann festlegen, mit welchen Erträgen aus KVEinnahmen, Selbstzahlerleistungen, Selektivverträgen oder Gutachten sie rechnen kann (Plan). Auch die Kostenplanung ist anhand der bisherigen Ergebnisse möglich. Bei Neupraxen wird sie anhand von Erfahrungswerten aufgestellt. Allerdings ist dringend anzuraten, nicht einfach nur die Vorjahreswerte oder Durchschnittswerte anderer Praxen zu übernehmen, sondern jeden Kostenbereich individuell zu hinterfragen und abzuschätzen, K V B F O R U M 6/2015 welche Entwicklung die Position zukünftig nehmen wird. Warum wird überhaupt eine kontinuierliche Überprüfung der wirtschaftlichen Daten einer Arztpraxis für notwendig erachtet? Die Antworten darauf sind schnell gegeben. Auch in einer Arztpraxis ist ein Kostendruck vorhanden. Dieser ergibt sich allein schon aus den regelmäßigen Personalkostenänderungen, Mietpreisanpassungen, gestiegenen Materialbeschaffungskosten etc. Andererseits kann es auch zu Kosteneinsparungen kommen, zum Beispiel bei Anschlussfinanzierungen aufgrund der derzeit günstigen Zinssituation. Abweichungen können aber auch durch veränderte Wettbewerbssituationen auftreten. Alternativen und Maßnahmen Wenn Sie nun größere Abweichungen, die sowohl unter als auch über den Planwerten liegen können, feststellen, sollten Sie dafür nach den Ursachen suchen. Eine weitere Aufgabe des Controllings ist es, Alternativen oder Maßnahmen zu finden, und diese zu bewerten, um doch noch die anvisierten Ziele zu erreichen oder diese anzupassen. Auf diese Weise entsteht ein überarbeiteter Plan, der die Basis für die sich anschließenden Abweichungsanalysen darstellt. Insgesamt han- delt es sich bei einer unternehmerischen Planung und dessen Controlling um einen rollierenden Prozess, der selbst bei stets positiver Entwicklung nicht außer Kraft gesetzt werden sollte. Informationsquellen nutzen Ein umfassendes Controlling bezieht aber nicht nur die eigenen Plan- und Istwerte bei einer Analyse mit ein, sondern richtet den Blick auch immer auf Vergleichspraxen. Dazu gibt es mittlerweile einige Informationsquellen. So verfügt Ihr Steuerberater über Branchenvergleiche, das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht im Zipp-Panel Vergleichsdaten und das Statistische Bundesamt ist bekannt für seine Kostenstrukturanalyse. Darüber hinaus bezieht ein umfassendes Controlling auch den privaten Bereich mit ein. So ist es von Vorteil, insbesondere mit Blick auf die stets notwendige Liquidität, hier auch die Einnahmen- und Ausgabensituation zu planen und auf Abweichungen hin zu überprüfen. Franz Riedl (KVB) B et r i eb sw ir ts c haf t erk l är t Bei Finanzierungen auch an Forward-Darlehen denken Aktuell haben wir in Deutschland historisch niedrige Zinsen. Wann diese Niedrigzinsphase enden wird, weiß zurzeit niemand. Andererseits müssen viele Ärzte noch Darlehen mit höheren Zinssätzen bedienen. Eine vorzeitige Ablösung ist wegen der Vorfälligkeitsentschädigung oft nicht zu empfehlen. Will man sich für eine demnächst auslaufende Finanzierung oder eine Investition den aktuellen Niedrigzins sichern, könnte man mit seiner Bank auch über ein Forward-Darlehen verhandeln. Dabei handelt es sich um ein Darlehen, das erst nach einer bestimmten Vorlaufzeit in Anspruch genommen wird. Während der Forward-Periode fallen für das Darlehen keine Zinsen an, der Zinsaufschlag auf die marktüblichen Zinsen ist gering, aber abhängig von der Dauer der Forward-Periode. Auf ein aktuell kleines Risiko möchten wir dennoch hinweisen: Würden die Zinsen später noch weiter sinken, müssten Sie den vereinbarten Zins bezahlen. Arzt als „freier Mitarbeiter“ in einer Vertragsarztpraxis Laut Definition zeichnet sich ein freier Mitarbeiter hauptsächlich dadurch aus, dass er selbstständig sowie nicht weisungsgebunden tätig wird und nicht in die betriebliche Arbeitsorganisation eingebunden ist. Der Grundsatz der „persönlichen Leistungserbringung“ wiederum verpflichtet jeden an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsarzt, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben (Paragraf 32 Absatz 1 Ärzte-ZV, Paragraf 15 Absatz 1 BMV-Ä). Zulässige Durchbrechungen dieses Prinzips ergeben sich im Vertragsarztrecht zum einen im Rahmen der Delegation vertragsärztlicher Leistungen an ärztliches („angestellte Ärzte“ und Assistenten) sowie nichtärztliches Praxispersonal. Und zum anderen im Rahmen der Vertretung in der Vertragsarztpraxis bei Abwesenheit des Vertragsarztes. Somit lässt das Vertragsarztrecht Raum für eine „freie Mitarbeit“ als Arzt eigentlich nur im Rahmen der Vertretung. Während eine Delegation vertragsärztlicher Leistungen prinzipiell immer unter Weisung, Aufsicht und Verantwortung des zur persönlichen Leistungserbringung verpflichteten Vertragsarztes – mithin also „weisungsgebunden“ in je nach Adressat der Delegation mehr oder weniger ausgeprägter Form – er- folgt, was regelhaft eine abhängige Beschäftigung im Sinne eines Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraf 622 BGB impliziert, wird ein Vertreter in Abwesenheit des Vertragsarztes an dessen Stelle selbstständig und weisungsungebunden tätig, was in der Regel als Dienstvertragsverhältnis im Sinne des Paragrafen 611 BGB zu qualifizieren ist. Ärzte in unzulässiger Weise als freie Mitarbeiter einzubinden und die vertraglichen Regelungen entsprechend auszugestalten, kann dramatische bis existenzvernichtende Folgen haben. Neben vertragsarzt- und berufsrechtlichen Maßnahmen (zum Beispiel Honorarrückforderungen, Disziplinarmaßnahmen, Zulassungsentzug) drohen auch arbeits-, steuer- und sozialversicherungsrechtliche sowie gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen. Selbst bei der Vertretung ist Vorsicht geboten: So können auch regelmäßig immer wiederkehrende oder dauerhafte Vertretungen in ausschließlich ein und derselben Vertragsarztpraxis Gefahr laufen, als abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft zu werden. Letztlich kommt es unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen immer darauf an, wie eine Beschäftigung im konkreten Einzelfall tatsächlich „gelebt“ wird. Berufshaftpflichtprämien aktiv verfolgen Das ZI hat im Rahmen einer Befragung von niedergelassenen Ärzten Informationen zur Entwicklung der Berufshaftpflichtprämien erstellt, die Sie unter www.kbv.de in der Rubrik Aktuell/Praxisnachrichten/Praxisnachrichten vom 9.4.2015/Berufshaftpflicht nachlesen können. Das Thema ist nicht nur für Gynäkologen und operativ tätige Ärzte aufgrund der Prämienentwicklung von Relevanz. Besonders wichtig für die betriebswirtschaftliche Praxisführung ist der folgende Hinweis des ZI: Rechtzeitig vor Ende der meist zwölfmonatigen Laufzeit der Versicherung sollten Ärzte das Gespräch mit dem Versicherer suchen und die Vertragsinhalte so gestalten, wie dies dem Risiko und der Versicherungshistorie entspricht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Schadensmeldungen zu Beitragserhöhungen führen können, obwohl spätere Schadenersatzansprüche durch die Versicherung abgewehrt werden konnten. Franz Riedl, Stephan Pechtl (beide KVB) K V B F O R U M 6/2015 35
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