Information Chinesische Schlupfwespe

Direktion des Innern
Amt für Wald und Wild
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Zug, 11. September 2015
INFORMATION
Edelkastanien in Walchwil: Auf den Schädling folgt der Nützling
Für das Edelkastanienvorkommen an der «Walchwiler Riviera» wurde das schlimmste befürchtet. Als ob der Befall der Kulturbaumart durch den Kastanienrindenkrebs nicht
schon genug bedrohlich gewesen wäre, wurden in diesem Sommer viele Bäume durch
die eingeschleppte Edelkastanien-Gallwespe befallen. Dabei verkrüppeln die Triebe, die
Baumkrone lichtet sich und die Bäume drohen abzusterben.
Jetzt ist dem ersten Eindringling aber ein zweiter gefolgt. Wissenschaftler der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) konnten nachweisen, dass viele Larven dieser Edelkastanien-Gallwespe nun selbst parasitiert werden.
Dies erfolgt durch die ebenfalls aus China stammende Chinesische Schlupfwespe. Es
wird erwartet, dass die kastanienschädigende Gallwespe durch ihren natürlichen Feind
dezimiert wird und die Kastanien profitieren könnten. Alles in allem ist das Ganze aber
eine unsichere Erfolgsgeschichte, denn die beteiligten Protagonisten sind allesamt eingeschleppte Arten, deren langfristiges Verhalten und Wirken niemand genau einschätzen
kann.
Die zu Marroni gebratenen Kastanien sind Früchte von veredelten Kastanienbäumen, welche
vorwiegend südlich der Alpen wachsen. Vereinzelt gedeihen Edelkastanien jedoch auch in
warmen Lagen auf der Alpennordseite, so etwa in der Gemeinde Walchwil. Dort herrschen an
sonnenexponierten Hängen und unter Föhneinfluss äusserst gute klimatische Verhältnisse für
diese Baumart.
Allerdings leiden viele Edelkastanien seit einigen Jahren an zwei eingeschleppten Krankheiten.
Einerseits bringt der Kastanienrindenkrebs ganze Kronenteile zum Absterben. Anderseits werden die jungen Triebe von der im Jahr 2009 eingeschleppten Edelkastanien-Gallwespe (Dryocosmus kuriphilus) befallen. Dadurch verkrüppeln die Triebe und die Baumkronen lichten sich
auf.
Noch bevor die Edelkastanien-Gallwespe in der Schweiz nachgewiesen wurde, hinterliess sie
in Kastanienkulturen in Italien sehr grosse Schäden. Der Marroni-Ertrag brach um 70 % ein. In
Italien wurde 2005 als biologische Bekämpfungsmassnahme die ebenfalls aus China stammende Edelkastanien-Schlupfwespe als natürlicher Feind der Edelkastanien-Gallwespe eingeführt. Die Chinesische Schlupfwespe (Torymus sinensis) legt ihre Eier in die heranwachsenden
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Gallwespen-Larven. Als Parasit entwickelt sich die Schlupfwespe in den Larven und bringt diese zum Absterben. Dies führte zu einem markanten Rückgang der Gallenbildung und die Kastanienbestände erholten sich rasch.
Obwohl die Edelkastanien im Tessin sehr stark durch die Gallwespe befallen wurden, verweigerte das Bundesamt für Umwelt eine aktive Einführung der Chinesischen Schlupfwespe in der
Schweiz. Die biologische Bekämpfung einer eingeschleppten Art durch das aktive Aussetzen
einer anderen nicht heimischen Art, wurde als zu grosses Risiko beurteilt. Es ist nämlich unklar, wie sich die Chinesische Schlupfwespe in unserem Ökosystem mittel- und langfristig verhält. Trotz Verbot der aktiven Aussetzung wurde die Chinesische Schlupfwespe vor zwei Jahren erstmals im Tessin nachgewiesen.
"Der aktuelle Nachweis einer chinesischen Schlupfwespe in Walchwil kommt für uns völlig unerwartet", äussert sich Beat Forster von der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und
Landschaft WSL. Beat Forster und seine Kollegen haben die Schlupfwespe genetisch analysiert. "Es handelt sich um einen Erstnachweis in der Deutschschweiz", meint er weiter. Man
kann hoffen, dass dadurch die Ausbreitung der Edelkastanien-Gallwespe in Walchwil gestoppt
wird und die Kastanienbestände gerettet werden. Das wäre der Idealfall. Der worst-case aber
besteht darin, dass die eingeschleppte Chinesische Schlupfwespe aber ganz andere, heute
noch nicht absehbare Folgen für unser Ökosystem hat.
Amt für Wald und Wild
Weitere Auskünfte:
Martin Ziegler
Waldschutzbeauftragter, Amt für Wald und Wild
Tel. 041 728 39 58 / 079 507 24 63
Eine
Chinesische
Schlupfwespe
durchsticht die Galle und legt ihre
Eier in die Larven der Kastaniengallwespe ab.
Foto: Ambra Quacchia, WSL Bellinzona